BDSL-Klassifikation: 04.00.00 Allgemeine Literaturgeschichte > 04.03.00 Vergleichende Literaturgeschichte
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Im Lichte der "Redevielfalt" basiert textuelle (Über‑)Heiligkeit auf drei Punkten: erstens auf einer Polyphonie, d. h. einer Vielzahl von divergenten Heiligkeitsdeutungen und -perspektiven sowie Weltanschauungen, die sich in der Orchestrierung des Autors brechen und ergänzen. Zweitens: Ein Mehrwert dieser textuellen (Über‑)Heiligkeit liegt darin, dass postmoderne und postkoloniale Literatur sich gegen religiöse und kulturelle Vorstellungen von dogmatischer Homogenität wendet und sich in dieser literarischen Opposition gegen dogmatische Denkvorstellungen von Heiligkeit richtet. Insofern entsteht eine "Ästhetik des Überschreitens" (Michael Hofmann), also eine neue Weltliteratur, die den Herausforderungen der Globalisierung entgegentritt und sich jeder engen nationalen, kulturellen sowie religiösen Zuschreibung definitiv entzieht. Meine Behauptung der Überheiligkeit bzw. der textuellen Redevielfalt über das Heilige ließe sich drittens und schließlich mit einer Beobachtung begründen: Viele Arbeiten über die Darstellung von 'heiligen Texten' in der Literatur untersuchen das Heiligkeitskonzept mit einem Fokus auf die Buchreligionen. Dabei wird oft übersehen, dass es auch Praktiken des Heiligen gibt, die nicht in einer Buchreligion entstehen bzw. die jenseits von Buchreligionen ihren Bestand haben. Es ist diese Überschreitung von gewohnten Apperzeptionen des Heiligen, nämlich die Vorstellung des Heiligen mit und ohne Buchreligion, die ich im Folgenden näher betrachten werde.
Der Wissenschaftshistoriker Arthur O. Lovejoy (1873–1962) äußerte in den 1930er Jahren eine für damalige Verhältnisse provokante Ansicht. Als Begründer der Ideengeschichte kam er nämlich zur Überzeugung, dass die Geschichte menschlichen Denkens eine verblüffende Uniformität oder sogar Trivialität an den Tag lege: "Die scheinbare Originalität vieler Systeme beruht allein auf der neuartigen Verarbeitung und Anordnung der bereits bekannten Bestandteile, aus denen sie hervorgehen". Diese Bestandteile verglich Lovejoy mit den chemischen Elementen des Periodensystems und sah die primäre Aufgabe der Ideengeschichte analog zur analytischen Chemie darin, unter der Oberfläche der scheinbaren Verschiedenheit historischer Konzepte tiefer liegende Strukturanalogien, Redundanzen und Gemeinsamkeiten aufzuspüren. Solche wiederkehrenden sowie disziplinübergreifenden Denkfiguren in der Geschichte der Philosophie und Wissenschaften nannte Lovejoy 'Elementarideen'.
Mein Beitrag geht dem russischen Interesse an Vitalität und Transformation im ersten Drittel des 20. Jahrhunderts nach. Dabei rücken insbesondere kulturspezifische Unterschiede zu vergleichbaren Phantasmen und Phänomenen in Westeuropa ins Blickfeld, die sich aus der Berücksichtigung der ostkirchlichen Tradition, insbesondere der orthodoxen Anthropologie, ergeben. Das Auferweckungsparadigma der russischen Moderne zeichnete sich zum einen durch seine Doppelreferenz auf Religion und Wissenschaft aus und manifestierte sich zum anderen durch die Synthese von Glauben und Technik, Kunst und Leben. Wie es zunehmend den russischen und sowjetischen Alltag durchdrang, wird anhand folgender Faktoren nachvollzogen: der Begründung der genuin russischen religionsphilosophischen Strömung des "Kosmismus", der aufkommenden performanzorientierten Konzepte des Lebendigen in Sprach- und Literaturtheorie und schließlich der Versuchsanordnungen zur Vitalisierung und Immortalisierung in Wissenschaft, kultureller Praxis und Literatur.
Die Interaktion von Bildern und Schrift definiert zwar den Comic nicht; dieser Interaktion in Comics nachzugehen, bietet jedoch wesentlichen Aufschluss darüber, was die spezifische historische und moderne Ästhetik dieser unter den vielen denkbaren Kunstformen ausmacht, die mit Bildern in Sequenz Sinn oder Narration generieren. Der Beitrag geht dieser Spur an drei Beispielen aus 'Astérix', aus Demian5s 'When I am King' und aus Matt Fractions 'Hawkeye' nach; er stützt sich dabei auf Jacques Rancières Beschreibungen des ästhetischen Regimes.
Der Garten : zur Einführung
(2000)
Comics wurden als Unterrichtsgegenstand in deutschen Schulen und in der pädagogischen Literatur zum ersten Mal in den 1970er Jahren aufgegriffen. Zumeist ging es im Kunst- und Deutschunterricht darum, das Medium als Phänomen zu betrachten, seine Ästhetik und Inhalte zu analysieren und kritisch zu hinterfragen. Nicht selten mit dem Ziel, die Comics als triviales, populistisches und stereotypes Massenmedium zu charakterisieren. Die Zeiten haben sich geändert: Comics werden heute selbstverständlich als ein geeignetes Unterrichtsmedium gesehen, mit dem auf anschauliche und attraktive Weise fachspezifische und fächerübergreifende Kompetenzen vermittelt werden können. So können sie Geschichtsbewusstsein schaffen, zum kreativen Schreiben und Literaturverständnis anregen, Sprachkompetenzen ausbilden, interkulturelles Lernen fördern und bieten in Eigenproduktion eine kreative Möglichkeit Geschichten zu erzählen. Der Landesverband Berlin des BDK bot in seiner Fachtagung Kolleg_innen in sieben Workshops innovative Anregungen für einen Einsatz von Comics im Unterricht.
The present essay outlines a project, which aims to catalogue and tap the potential of medieval German manuscripts in the collections of both church and secular libraries and archives in Romania. The project complements current efforts to catalogue and explore medieval German manuscripts in Eastern European countries. At the same time, the project prepares the ground for a regionally oriented literary history of Transylvania. Here, too, the aim is to build on current trends in medieval German studies in particular. Instead of a concept of literary history based almost exclusively on individual authors and their work, these trends advocate a literary historiography that turns to regional factors and manuscript transmission in describing literary activity in a particular area.
Die Melusinen und Undinen geben ihre menschliche, unbegrenzte Liebe für eine Gegenleistung, in der die Liebe des Menschenmannes sich verkörpert: die Wahrung eines Tabus, das Gelöbnis ewiger Treue. Anders Isolde und Mélisande: sie lieben bedingungslos, die Liebe läßt kein Zögern, kein Verhandeln zu (...). Da gibt es kein Versagen der des männlichen Partners von der Allgewalt der liebenden Frau, die Liebe als Weltmacht erfaßt beide und beide geben ihr Leben für die ‚höchste Lust’, der Tod wird zur Vollendung der Liebe. Doch Tristan und Isolde, wie Pellèas und Mélisande erweisen sich zwar als gleich vor der höheren Macht: diese hat jedoch ihr Zentrum in der Frauengestalten.
„Man kann zu keinem gebildeten Deutschen von Dantes göttlicher Komödie sprechen“, sagt der Romanist Karl Voßler, „ohne ihn an Goethes Faust zu erinnern.“ Und weiter: „Die Zusammenstellung des größten italienischen mit dem größten deutschen Gedicht ist uns seit den Tagen der Romantik zur Gewohnheit geworden und hat ihre Berechtigung: aber nicht so sehr in einer tatsächlichen und quellenmäßig erweisbaren, als in einer inneren und eben darum tieferen Verwandtschaft der beiden Werke.“ (Karl Voßler: Die Göttliche Komödie. 1. Bd. Heidelberg: 1925, S. 1.)
(...) Was den Begriff ‚Weltliteratur’ betrifft, kann die aktuelle Goethe-Philologie indes geltend machen, daß die von Voßler bezeugte monumentale Auslegung weiter von Goethe entfernt ist als das prozessual-kommunikative Verständnis, das die neuere Forschung herausstellt. (...) Im Kompositum ‚Weltgedicht’ sind (...) im Blick auf Goethes Drama beide Singulare unpassend. (...) So wie in diese, Gedicht eine Pluralität von Dichtungen herrscht (...), so ist das Dargestellte nicht mit dem totalisierenden Singular ‚Welt’, sondern besser mit dem Plural zu benennen. Diese Vielfalt auf die Einheit ‚Weltgedicht’ zu bringen ist (...) der Versuch, Goethes „Faust“ Katholizität zuzusprechen. Dieser Versuch ist heute als Wirkungsgeschichte der suggestiven, doch unpassenden Dante-Analogie zu beschreiben und zu beenden.“
Der Comic ist für die Jugendlichen eine Kunstform, in der eine experimentelle Identitätssuche in ganz konkreten Interaktionen inszeniert werden kann. Lebensweltliche Zusammenhänge werden dabei in ihren fiktionalen narrativen Entwürfen und in der "Logik der Bilder" gestaltet und variiert. Dabei zeugen die Arbeiten der Jugendlichen von einer Auseinandersetzung mit medialen oder fiktiven Vorbildern. Selbstpositionierungen werden in den Zeichnungen erprobt und in den Rollenentwürfen der Charaktere des Comics ausgehandelt. Die Szene der Comiczeichner_innen wird dabei zur sekundären Sozialisationsinstanz für die Jugendlichen. Hier spielt – vor allem auf der Ebene der 'Fan-Art' – die Aushandlung von Sexualität und Geschlecht innerhalb der 'Peergroup' eine entscheidende Rolle. Der 'Shojo'-Manga, die Eigenart der Manga-Kultur und Manga- und Anime-Fanszene ermöglichen Identitätsaushandlungen, in denen Homosexualität positiv konnotiert ist. Die Jugendlichen können sich in ihren Bildgeschichten mit lesbischer und schwuler Lebensführung und verschiedenen Geschlechtsidentitäten auseinandersetzen und in ihren Zeichnungen und Geschichtendiese Handlungsoptionen und Orientierungen erproben.