Journal of religious culture = Journal für Religionskultur
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1
Die Bedeutung der Theologie Martin Luthers für die Begründung einer multireligiösen Gesellschaft
(1997)
Wenn wir nach der Bedeutung der Theologie Martin Luthers für die Begründung einer multikulturellen und einer multireligiösen Gesellschaft fragen, dann müssen wir zunächst auf die realen religionspolitischen Positionen des Reformators eingehen und in einem zweiten Schritt seine theologischen Ideen zur Begründung einer polymorphen Gesellschaft behandeln. Dieser Zweierschritt ist nötig, weil ansonsten ein einseitiges Bild über Luthers multireligiöse Vorstellungen entsteht, das seiner ganzen Wirklichkeit nicht entspricht. Einseitig ist seine Idealisierung: sie unterschlägt seine Bereitschaft zur Unterdrückung von Andersgläubigen und einseitig ist seine pauschale Diffamierung: sie ignoriert seine Bedeutung für die religiöse Befreiung. Beide Seiten Luthers werden zur Sprache gebracht. Zugleich wird versucht, ihre jeweilige historische Bedeutsamkeit zu ermitteln. Aus dieser Differentialanalyse soll dann die gestellte Frage eine mögliche Antwort finden. Zunächst jedoch werden die realen religionspolitischen Optionen Luthers behandelt. Dazu werden seine Stellungnahmen zu Muslimen und Juden unter Berücksichtigung der Katholiken ausgewählt und auf ihre höchst unterschiedliche Bewertung der drei Religionen hin befragt.
3
Prolegomena Protestantische Theologie in der Nachfolge Martin Luthers hat allein Gesetz und Evangelium zum Gegenstand. Ihre Aufgabe besteht allein in der Unterscheidung der beiden verba Dei. Als ars practica hat sie für jede Epoche existenzrelevant herauszufinden, was hier und jetzt heißt: 1. Erlösungswille Gottes, d.h. was Christum treibet und im Unterschied dazu 2. Erhaltungswille Gottes, d.h. was das Gesetz treibet. Das Evangelium ist allein Sache des geistlichen Regiments. Das Gesetz ist allein Sache des weltlichen Regiments.
5 a
Moderne Hindus verwenden die Bezeichnung Hinduismus in einem positiven Sinn. Sie gilt nicht mehr als lästige Fremd-, sondern als identitätsstiftende Selbstbezeichnung. Der historisch wirksamste Ideologe dieser neuen, man muß fast sagen genuinen Hinduismusbewegung, ist der in Kalkutta gebürtige Narendra Nath Datta (1863-1902). Dieser hochbegabte Sohn einer angesehenen Juristenfamilie wurde Schüler von Ramakrishna, dem glühenden Verehrer und Priester der Göttin Kali. Als Sannyasi erhielt er den Namen Swami Vivekananda und gründete den hochberühmten Ramakrishna-Orden. ...
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"Die indischen Götzen, die sind mir ein Greuel", soll Goethe, der übrigens dem Islam durchaus zugetan war, ungestraft von sich gegeben haben. Sollte er wirklich viel von dem gewußt und begriffen haben, was er da voreilig diffamierte? Oder muß man ihm das Diktum B. Brechts aus dessen "Leben des Galilei" zugute halten: "Es ist nicht alles groß, /was ein großer Mann tut, / Und Galilei aß gern gut"?! Wir jedenfalls sind weder Goethe noch leben wir in einer ähnlichen Epoche solch diffuser Unkenntnis, wie sie vor und um 1800 über Indien und das, was wir heute unter "Hinduismus" verstehen, in Deutschland bestanden hat. Heute müssen und können wir uns in die Lage versetzen, differenziertere Urteile, Auskünfte und gut begründete Einschätzungen über die Grundstruktur des sinnstiftenden Systems des Hinduismus abzugeben, dem sich immerhin zehn bis fünfzehn Prozent der Weltbevölkerung zuzurechnen pflegen. ...
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Friedrich Heiler und Indien
(1997)
Von F. Max Müller (1823-1900), dem englischen, deutschgebürtigen Religionsforscher und Herausgeber der "Sacred Books of the East", den Friedrich Heiler sehr verehrte, wird erzählt, er habe fast täglich das Bild der heiligen Stadt Benares auf seiner Tabaksdose meditiert. Nach Indien gefahren sei er aber nie, um sich nicht der häßlichen Alltagswirklichkeit des Subkontinents auszusetzen. Heiler dagegen war in Indien, und zwar während seiner achtmonatigen Ostasienreise (1958/59). Hier soll aber nicht Heilers Begegnung mit dem "Wunderland" Indien, in dessen Bann so viele Indienfahrer in diesem Jahrhundert (wie z.B. W. Bonsels, Hermann Hesse u.a.) standen, geschildert werden. Im Mittelpunkt wird vielmehr Heilers Bild der Indischen Religion stehen, mit der er sich in zahlreichen Untersuchungen auseinandergesetzt hat. Heiler gebraucht übrigens stets den Plural für die Religion des Subkontinents. "Indische Religionen und Buddhismus" war eine seiner Lieblingsvorlesungen. Während er 45 Minuten lang seinen Text vortrug, pflegte er mehrmals die Tafel mit Sanskritwörtern vollzuschreiben, sicher ein besonderes Merkmal des Heilerschen Forschungsansatzes: Fremde Religion erschloß sich ihm über Texte, d.h. über Sprache. Der gelernte Orientalist, der neben Sanskrit, Pali und Arabisch auch Hethitisch, Avestisch, Ägyptisch, Koptisch u.a. beherrschte, hat im Gegensatz zu Rudolf Otto keine Originaltexte übersetzt und im Druck herausgebracht. Aber er war ein intimer Kenner der entsprechenden Quellentexte, die er in Einzeluntersuchungen wie im Überblick dargestellt hat, z.B. in dem (mit anderen Forschern verfaßten) bekannten Werk "Die Religionen der Menschheit in Vergangenheit und Gegenwart" [1], wo er die "Indischen Religionen" wie folgt unterteilt: "Die vedische Religion", "Die Religion der priesterlichen Ritualtexte", "Die Erlösungsmystik der Upanishaden", "Die Übungsmystik des Yoga", "Die Erlösungslehre des Samkya", "Die heterodoxen Erlösungsgemeinschaften (A. Der Jainismus; B. Der Buddhismus)", "Die nachbuddhistischen Religionen Indiens (Der Hinduismus)". ...
12a
Daß Gott Mensch werden müsse, um den Menschen das Wesen Gottes zu offenbaren, ist kein ausschließlich im Christentum verbreiteter Gedanke. Im Bhagavata Purana, einer der heiligen Schriften der Hindus, spricht Gott Vishnu bei Gelegenheit seiner Menschwerdung als Krishna den oben zitierten Satz. In einer immer kleiner wer-denden Welt gewinnt die gegenseitige Wahrnehmung der Religionen immer größere Bedeutung. Meine Absicht ist es, mich im folgenden darüber zu äußern, welchen Beitrag die von mir vertretene theologische Disziplin, die Kirchengeschichte oder historische Theologie, dazu leisten kann, andere Religionen zur Kenntnis zu nehmen und das Gespräch mit ihnen zu suchen. Als Bezugspunkt dient mir im folgenden die Krishna-Verehrung. Meine Ausführungen gliedern sich in fünf Abschnitte: – Zwei Überlieferung, wie Gott Mensch wurde. – Problemstellung und Aufgabe der interreligiösen Begegnung. – Historische Theologie nach ihrer geschichtlichen Seite. – Historische Theologie nach ihrer theologischen Seite. – Überlegungen zum Gespräch mit anderen Religionen als Begegnung zwischen ähnlichen Größen.
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I am proposing to deal with my subject "Minorities in a Democracy with special reference to India" under the following heads: A Recent Case; Nature and Relationship, Formation and Responses; Concluding Remarks. I. A Recent Case I became a member of the National Commission for Minorities on 3rd of December, 1996. This means I have now already served more than eleven months in this office. One of the ex-ercises, which I undertook during these eleven months, was to pay as many as visits to differ-ent states of India. Already I have covered about 16 states and Union Territories. One of the most recent visits was to my home state Panjab from October 21-25, 1997. The case with which I am going to share with you was the one with which I was faced unexpectedly during this visit. ...
15 a
Die Vaishnavas [1] zählen zu den indischen Dvaitas oder Theisten. Sie verehren Vishnu bzw. Krishna als einzigen, allumfassenden und personalen Gott. Dieser Gott kommt, wenn die Weltordnung, der Dharma, in Gefahr oder gestört ist, als heilbringender Avatar in die Welt. Und Buddha war ein solcher Avatar, d.h. eine helfende Inkarnation Vishnus. Ganz in dieser Tradition stehend hat der weltbekannte Gaudiya-Vaishnava Leh-rer und Gründer-Acharya der Iskcon, Swami Bhaktivedanta [1896-1977] [2] in seiner Theologie Buddha als Mensch gewordenen Gott, als Inkarnation Krish-nas, beschrieben. Zwar ist Buddha Krishna selbst, aber dieser erledigte [und er-ledigt bis heute?] in dieser Gestalt eine eng umgrenzte Aufgabe. Swami Bhakti-vedanta zitiert diesbezüglich ein Vaishnava Gedicht, in welchem diese Aufgabe sehr schön besungen wird: "O Lord Krishna, You have assumed the form of Lord Buddha, taking compassion on the poor animals."[3] Gott kam also als Buddha in diese Welt, um als Herr und Beschützer der Tiere Ahimsa, das Nicht-verletzen von lebenden Wesen zu predigen und zu verbreiten. In seinem Kommentar zum Shrimad Bhagavatam, einer der Heiligen Schriften der Vaishnavas, entwickelt Swami Bhaktivedanta seine eigene Buddha- Theologie. ...
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Beten und Verstehen : eine religionswissenschaftliche Annäherung an Friedrich Heiler (1892 -1967)
(1998)
'Friedrich Heiler als Religionswissenschaftler' - so lautete die ursprünglich vorgesehene Formulierung des Themas. Im Prozeß des Nachdenkens gab es gute Gründe für eine Modifikation. Zunächst ist die begriffliche Näherbestimmung von 'Religionswissenschaft' weithin zu einem positionellen Unternehmen geworden. Der Bogen spannt sich von einem aufklärerisch-religionskritischen Impetus bis hin zu einer theologischen Indienstnahme der Religionswissenschaft. Welcher Position ist Heiler hier zuzuordnen? Die Frage, welches Verständnis von Religionswissenschaft bei Friedrich Heiler anzutreffen ist, hängt offenbar auch von persönlichen Einschätzungen seines Gesamtwerkes und seiner Biographie ab. Während Studenten in Marburg nach Selbstzeugnissen "Heiler nur als Religionswissenschaftler, nicht als Kirchenmann" kannten, konnte Wolfgang Philipp 1967 in einem "ökumenischen Portraits"[1] Heilers gerade das Gottesdienstlich-Liturgische in den Mittelpunkt stellen. Beide Aspekte haben ihren Anhalt auch an Heilers Biographie: 1929 wurde er Vorsitzender der Hochkirchlichen Bewegung; in dem 1948 gegründeten 'Bund für Freies Christentum' war er Vorstandsmitglied. In seinem Büchlein Schläft ein Lied in allen Dingen schreibt Rudolf Irmler: "Heilers Ziel war die Erneuerung des Gottesdienstes unter Wort und Sakrament"[2]. Udo Tworuschka, positionell eher dem 'Freien Christentum' verpflichtet, sieht in Heiler "in erster Linie den Theologen"; aber er ist für ihn "ein Theologe ganz besonderen Zuschnitts": "ein Grenzgänger zwischen Wissenschaften, Konfessionen, ja Religionen. Man kann den Religionswissenschaftler nicht ohne den Theologen, Liturgen, Musiker, Menschen- und Tierfreund verstehen. ...
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Die indischen Neo-Buddhisten, die auch Ambedkariten genannt werden, haben seit den 50er Jahren eine Bewegung entfacht, die den Buddhismus ihrer Deutung und Praxis als Höchstform der indogenen Kultur, des Dharma, versteht. Wegen der Aktualität der Dalitfrage [1] spielen diese Neo-Buddhisten in der gegenwär-tigen Politik Indiens eine gewichtige Rolle; und für den indischen Buddhismus haben sie nicht nur wegen ihrer politischen Aktivitäten an Bedeutung gewonnen, sondern einfach auch deshalb, weil sie, überwiegend der Mahar-Jati [2] zugehö-rig, inzwischen die Mehrheit der indischen Buddhisten bilden. Die Neo-Buddhisten gehen auf den sog. 'Vater der Indischen Verfassung' Dr. Bhimrao Ramji Sakpal, gen. Ambedkar (1891-1956) [3] zurück. Dieser indische Politiker entstammte der Mahar Jati [4] Maharashtras, die zu den höherrangigen Kasten der Unberührbaren zählt. Im Gegensatz zur Masse seiner Jati-Genossen war es Sakpal mit Hilfe seines brahmanischen Schullehrers Ambedkar, der ihm auch seinen Namen lieh, gelungen, eine akademische Karriere zu beginnen. Auf Grund eines Stipendiums des Maharajas von Baroda konnte er 1912 in Bombay den Grad eines Bachelor of Arts erlangen. Ein Staatsstipendium des Fürstentums Baroda ermöglichte ihm ein Studium an der Columbia Universität in New York, wo er 1915 den Grad eines Masters of Arts erwarb. In London erlaubte ihm ein Stipendium des Maharajas von Kolhapur Jura zu studieren und als Barrister-at-Law abschließen. Außerdem erwarb er noch den Doktorgrad in Ökonomie. Am-bedkar hatte damit auf Grund brahmanischer und fürstlicher Protektion eine bei-spiellose Karriere begonnen, die ihn befähigte, sofern moralisch gefestigt, die Lage der Dalits zum öffentlichen Thema in Indien zu machen.