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Der Beitrag zeigt, dass sich die Etablierung des Phänomens der 'Prager deutschen Literatur' auf den beiden Konferenzen von Liblice von 1963 und 1965 ganz im Zeichen der Dichotomie von Zentrum und Peripherie vollzog. Diese fand vor allem in der wertenden Abgrenzung einer vermeintlich durchgängig humanistischen 'Prager deutschen Literatur' (als Zentrum) gegen eine umfassend nationalistische, ja präfaschistische sudetendeutsche Literatur (als Peripherie) Anwendung. Erstaunlicherweise findet sich jedoch sowohl im Beitrag zur Weltfreunde-Konferenz von Paul Reimann als auch dem von Eduard Goldstücker zudem ein Argumentationsmuster, in dem Prag als Peripherie zu den Hauptstädten vermeintlich 'welthistorischer Völker' (Reimann) oder zu Wien (als Hauptstadt Österreich-Ungarns bei Goldstücker) profiliert wird und die besondere Bedeutung der 'Prager deutschen Literatur' gerade aus dieser peripheren Lage abgeleitet wird. Insgesamt ergibt sich die Diagnose einer inkonsistenten Begründung der einen 'Prager deutschen Literatur', die nach einer Neukonzeption dieses Phänomens verlangt.
Der Beitrag untersucht das Thema des kulturellen Zentrums Mitteleuropa in einer Reihe von literarischen und essayistischen Texten des Schriftstellers und Diplomaten Jiří Gruša. Die Texte beziehen sich auf politische und kulturpolitische Auseinandersetzungen während der gesamten Lebenszeit des Autors. Am Beginn steht die Reminiszenz des Autors an die Symbiose zwischen der deutschen und tschechischen Kultur in Prag bis zum Jahre 1938, auf die die Beobachtung der Zerstörung durch die faschistische und die sozialistische Diktatur folgt ('Gebrauchsanweisung für Tschechien und Prag'). Danach werden die Gesellschaftskritik des Autors im Roman 'Der 16. Fragebogen' und die Auseinandersetzung um die 'Charta 77' in der Polemik seiner Essays behandelt. Gezeigt wird, dass in den Texten, die der Autor noch in seiner Zeit als Botschafter in Deutschland und Österreich schrieb, dieses Thema des geistigen Zentrums Mitteleuropa und seiner Gefährdung in Vergangenheit und Gegenwart durchgehend präsent war. Am Ende wird eine Würdigung Grušas als zweisprachiger Schriftsteller in der besten Tradition Mitteleuropas wiedergegeben.
Schlesien ist eine Region mit einer komplizierten multinationalen Vergangenheit, seit Jahrhunderten ein multikultureller Übergangsraum, stets Peripherie einer größeren territorialen und sprachlichen Einheit. Ein Großteil dieser heute überwiegend in Polen gelegenen Region gehörte vor dem Zweiten Weltkrieg zum deutschen Sprachraum. Polnisch sprach nur eine Minderheit der Bevölkerung. Nach dem Krieg hat sich das Blatt gewendet, und heutzutage gibt es im überwiegend polnischen Sprachgebiet nur vereinzelt deutsche Sprachinseln. Der nachstehende Beitrag befasst sich mit der Situation der deutschsprachigen Schlesier in Polen und der Überlebensfähigkeit der deutschen Sprache in der Region.
Der Beitrag enthält eine Analyse des 1927 erschienenen Romans Der Sprung ins Ungewisse von Paul Zifferer, einem wenig bekannten, aus Mähren stammenden österreichischen Schriftsteller. Dieses Prosawerk bietet eine bemerkenswerte Auffassung des Phänomens Zentrum und Peripherie aus territorialer, sozialer, psychologischer, kultureller und politischer Sicht. Überdies stellt es ein wenig erforschtes Kapitel der literarischen Moderne dar.
In diesem Beitrag wird ein Aufzeichnungsbuch aus der Großstadt, der Prosaband "Die Kurve" (1920) von Elisabeth Janstein (1891-1944), einer bis heute ziemlich unbekannten Autorin aus dem Umfeld des sogenannten Prager Kreises, mit dem für die Gattung vorbildhaften "Spleen de Paris" von Charles Baudelaire (1869) und einigen motivverwandten, teils auch auf Baudelaire beziehbaren Texten von Rilke in Verbindung gebracht. Als weiterer Bezugspunkt dient das Tagebuch der Russin Maria Bashkirtseff (1898). Auf die Großstadtthematik lassen sich dabei verschiedene Aspekte der Antithese von Zentrum und Peripherie projizieren, die anscheinend transkulturell verbreitet sind: die Gegensätze von moderner Zivilisation und einfachem Leben; Armut und Reichtum; Drogen, Künstlertum und Alltagsleben.
Die Anthroposophie gilt als eine der großen Lebensreformbewegungen des 20. Jahrhunderts. Auch in den böhmischen Ländern fand sie seit ihrer Entstehung 1913 Anhängerinnen und Anhänger, die sich sowohl im Zentrum Prag als auch in verschiedenen Städten der böhmischen, mährischen und schlesischen Provinz organisierten. Parallel zu ihren Studienaktivitäten waren zahlreiche AnthroposophInnen auch künstlerisch und in diesem Zusammenhang literarisch aktiv. Eine Rezeption ihrer Werke fand bislang jedoch aus verschiedenen Gründen kaum statt. Im Artikel werden exemplarisch einige Künstlerbiographien angeführt, die verdeutlichen sollten, inwieweit die kosmopolitisch-esoterische und pazifistische, übernationale Ausrichtung der Lehre Rudolf Steiners vielleicht eine Einreihung in die klassische 'Schublade' der Prager, deutschböhmischen oder deutschmährischen Literatur verhindert hat.
Der folgende Beitrag thematisiert zunächst den Paradigmenwechsel um 1900 zwischen den marginalisierten Humanwissenschaften und den zentrierten Naturwissenschaften und stellt zugleich die Positionierungen der bedeutendsten Zeitgenossen wie Julius Hart, Hermann Bahr, Wilhelm Scherer, Arno Holz und Wilhelm Bölsche dar. Im zweiten Teil wird die in ihrer Zeit marginale ideengeschichtliche Konzeption von Ricarda Huch angesprochen, die sich als Dichterin und Literaturkritikerin für die Überwindung der ausschließlich rationalen, technisch orientierten Erkenntnis einsetzt und ihrem Lesepublikum ein Synthesekonzept präsentiert, welches sich an der Biographie und am künstlerischen Werk von Novalis orientiert sowie das Zusammenwirken von Geist und Natur im literarischen und sprachlichen Bild festhält.
Franz Grillparzers Trauerspiel 'König Ottokars Glück und Ende' wurde lange Zeit als ein patriotisches Festspiel (miss-)verstanden. Ebenso interessant wie die Frage nach der Berechtigung dieses (Miss-)Verständnisses ist jedoch die Frage, wie Grillparzer in diesem Drama den Lauf der Geschichte darstellt. Die zwei rivalisierenden männlichen Hauptfiguren, nämlich Ottokar von Böhmen und Rudolf von Habsburg, lassen sich als Repräsentanten zweier historischer Epochen interpretieren. Während Rudolf eine neue Zeit proklamiert und sich gleich in deren Zentrum stellt, bleibt Ottokar dem Vergehenden verpflichtet und stirbt an der Peripherie einer kommenden Epoche, deren Gebot er zu spät erkennt.
Vorgänge der Kommunikation und solche der medialen Vermittlung sind an Prozessen von Marginalisierung oder auch Zentralisierung beteiligt. Die Neukonstruktion und Neukategorisierung des Raums wird daher an sprachlichen Zeugnissen (briefliche Selbstauskünfte, Lyrik, Publizistik) nachgezeichnet. Der Beitrag verfolgt die allmähliche kulturelle Entperipherisierung der pommerschen Insellandschaft und insbesondere Rügens, indem drei Phasen unterschieden und behandelt werden: 1. die mittelalterliche und frühneuzeitliche Abwertung oder Bewertung des Nordens unter dem Blickpunkt christlicher Mission und biblischer Ordnungsvorstellungen, 2. das Entstehen einer Kunstmythologie um 1800, die sich auf Shakespeare, Rousseau, Ossian sowie die germanisierte skandinavische Überlieferung berief und Pommern zur utopisch idyllischen wie zur unwirtlich-wilden, das heißt auch erhabenen Landschaft formte und 3. die Durchdringung Gesamtpommerns durch die Zentralitätsstruktur preußischer Institutionalisierungs- und Ordnungsprozesse nach 1815.
Der Artikel geht auf die Darstellung des kulturellen Engagements des Grafen Albert Joseph Hoditz (1706 - 1778) ein, das im Rosswalder Schloss und in dessen Garten entwickelt wurde. Die Rosswalder Gartenlandschaft wird im Bezug auf die europäische Literaturgeschichte vorgestellt. Darüber hinaus spiegelt sie künstlerische Interessen des Grafen Albert Joseph Hoditz wider und weist auf die Phänomenalität dieses an der Peripherie liegenden Dominiums hin.