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Während sich das deutsche Erziehungs-, Bildungs- und Sozialsystem durch Achtung und Expansion „institutioneller Vielfalt“ auszeichnet, wird in Spanien spätestens seit 1990 mit unterschiedlicher Intensität, je nach Regierung, ausgehend von der LOGSE Reform an einer „Schule für alle“ gearbeitet. Es werden vergleichsweise wenige Kinder in Sondereinrichtungen beschult. Die Strategien und die dahinter liegenden Vorstellungen, wie Partizipation zu realisieren sei, waren Ende letzten Jahrhunderts in beiden Ländern deutlich verschieden. Die in der Dissertation vorgestellten Daten zeigen jedoch, dass zu wenige Kinder die Kompetenzen für eine gegenwärtige und zukünftige persönlich und wirtschaftlich erfolgreiche Lebensführung erwerben. Zentral für die Arbeit ist die von Urie Bronfenbrenner entwickelte systemökologische Theorie der menschlichen Entwicklung. Im Kern geht es bei dieser Theorie immer um die Suche, das Finden und Gestalten optimaler Bedingungen für menschliche Entwicklung. Die Fragestellung der Arbeit ist, wie in Deutschland und Spanien, aber auch wie Professionelle, interdisziplinär die Aufgabe der Integration und Partizipation im Rahmen ihrer Vorgaben bewältigen. Die Arbeit ist in zwei große Teile unterteilt. Die ersten Kapitel sind eine Sammlung von Daten, Theorien, Praxen, Diskussionen und geschichtlichen Entwicklungen, die die schulische Integration von Kindern mit Behinderungen bzw. mit schwierigen Lebenslagen, darstellt. Ab Kapitel sieben wird dann mit Methoden der qualitativen Sozialforschung nach Ressourcen und Kompetenzen, die in Spanien wie in Deutschland vorliegen bzw. entwickelt werden müssen gesucht, um auch Kindern mit Schwierigkeiten eine für sie persönlich erfolgreiche Bildung zur ermöglichen. Nach einem Einführungskapitel werden im zweiten Kapitel Theorien und Modelle der Integrationspädagogik und der an ihr beteiligten Disziplinen diskutiert. Das folgende Kapitel stellt ausgewählte Studien vor, die sich mit Lern- und Lebenslagen von Kindern befassen, denn der gesellschaftliche wie der wissenschaftliche Blick auf die Kindheit hat sich gewandelt. Ein integratives bzw. inklusives Erziehungs- und Bildungssystem wäre eine passende Antwort auf den Wandel. Das vierte Kapitel gibt einen Einblick in das bundesdeutsche Bildungssystem und stellt statistische Daten zur integrativen Beschulung in den Bundesländern vor. Das fünfte Kapitel befasst sich mit dem spanischen Bildungssystem. Das starke Engagement der Katholischen Kirche im 19. und auch noch im 20. Jahrhundert, die Francozeit und die Transición sind die Basis, auf der in den 90 ziger Jahren des letzten Jahrhunderts die, auf 10 Jahre angelegte LOGSE Reform geplant und teilweise umgesetzt wurde. Diese als top-down zu bezeichnende systemische Reform, wird mit ihren Elementen der integrativen und der kompensatorischen Erziehung dargestellt. Die Beschreibung der spanischen Reformentwicklungen endet im Jahr 2004. Der empirische Teil der Arbeit beginnt im Kapitel sechs mit Gedanken zur Qualitativen Sozialforschung. Im Kaptitel sieben wird die Gegenstandsnahe Theoriebildung vorgestellt. Das achte Kapitel befasst sich mit dem Zirkulären Dekonstruieren. Im neunten Kapitel werden die deutschen und die spanischen Interviewpartner in ihrer professionellen Expertenrolle als Grundschullehrerin, Sozialarbeiterin, Erziehungswissenschaftler, Psychologe, Unterstützungslehrerin, Physiotherapeut und Förderschullehrerin vorgestellt. Sechs Interviews fanden Ende 1999, also zu einer Zeit in der die LOGSE Reform bereits fast abgeschlossen sein sollte, statt. Das siebte Interview mit der Förderschullehrerin wurde 2001 geführt. Verständigung und Bewertung konnten aus den Kategorien der Interviews als wichtige Ressourcen für integrative schulische Arbeit erkannt werden. Im Kaptitel zehn wird der ökosystemische Ansatz vertieft dargestellt. Im elften Kapitel werden dann systematisch die Definitionen der Ökosystemischen Theorie auf die Lebensbereiche, die ein Kind betreffen, bzw. die herausgearbeiteten Kategorien angewendet. In diesen Lebensbereichen werden interdisziplinär und über die Ländergrenzen hinweg, die Kategorien diskutiert, um zu Aussagen über gute Entwicklungsbedingungen zu kommen. Die Kapitel zwölf bis vierzehn verbinden die Ergebnisse der Auswertung mit den zusammengetragenen Daten und Fakten zur Situation in Deutschland und Spanien. Als förderlich für die Integration, die auf allen Systemebenen angelegt sein sollte, werden beispielhaft folgende Kriterien beschrieben: eine integrative Grundhaltung, ein moderat konstruktivistischer Unterricht, die Anerkennung und Förderung aller Kompetenzen der Kinder, die Arbeit mit dem entwicklungsfördernden Potential, Kontinuität in den Beziehungen, Strukturen und Räumen, Bestreben nach müheloser Kommunikation. Seitenzahl: 400 Abbildungen: 55 Tabellen: 52
Entgegen der Vielschichtigkeit und Komplexität pädagogischen Denkens und Handelns im Vormärz zeigen sich in der Forschungslage jedoch Desiderate. So wurden pädagogische Themen bis dato nur wenig wahrgenommen. Ausgehend von diesem Befund fokussiert der vorliegende Thementeil des Jahrbuchs das Thema "Zwischen Emanzipation und Sozialdisziplinierung. Pädagogik im Vormärz". In den folgenden Beiträgen werden pädagogische Handlungs- und Themenfelder aus verschiedenen disziplinären Perspektiven aufgegriffen. Dabei wird es deutlich, dass im pädagogischen Diskurs des Vormärz nicht nur verschiedene Positionen unter Aufnahme der gesellschaftlichen, kulturellen und politischen Situation gegeneinander geführt, sondern dass auch verschiedene Modi und Medien der Artikulation genutzt wurden. Der vormärzliche Diskurs über Erziehung und Bildung ist daher Gegenstand verschiedener Disziplinen und geht über den Interessenbereich der Erziehungswissenschaft deutlich hinaus. Er ist auch ein geschichtswissenschaftliches, literaturwissenschaftliches, kulturwissenschaftliches, philosophisches und theologisches Thema, was sich in den Beiträgen dieses Jahrbuchs niederschlägt.
Die Klasse gliedert sich in Zwergstrauchheiden (Ordnung Calluno-Ulicetalia Tüxen 1937 em. Preising 1949) und Borstgras-Rasen (Ordnung Nardetalia Preising 1949). Die Zusammenfassung dieser beiden Vegetationsformationen in einer Klasse ist umstritten (Oberdorfer 1978: 208), erscheint aber aus mitteleuropäischer Sicht aufgrund floristischer Gemeinsamkeiten gerechtfertigt. Gegenüber der gebräuchlichen Bezeichnung Nardo-Callunetea Preising 1949 ist der ältere Name Calluno-Ulicetea maßgeblich.
Zweizahn-Melden-Ufergesellschaften : Bidentetea tripartitae Tüxen, Lohmeyer & Preising in Tüxen 1943
(1990)
Zweizahn-Melden-Ufergesellschaften besiedeln Standorte, die vom Winter bis in das Frühjahr hinein lange unter Wasser stehen und wo nach Rückzug des Hochwassers offene Böden zurückbleiben oder neue Sedimente abgelagert werden. Auf diesen häufig sehr nährstoffreichen (stickstoffreichen) Schlammböden, die erst spät im Jahr abzutrocknen beginnen, entwickelt sich innerhalb von nur drei bis fünf Monaten eine Pioniervegetation aus Sommerannuellen, die im August und September optimal entwickelte Aspekte zeigt und danach rasch abstirbt. Flußmelden-Gesellschaften (Verband Chenopodion rubri) besiedeln vor allem Flußufer, während Zweizahn-Gesellschaften (Verband Bidention tripartitae) häufiger an Teich- und Grabenufern, nassen Wegrändern sowie landwirtschaftlich beeinflußten Plätzen wachsen.
Der Speierling ist eine südeuropäisch-submediterrane Baumart. Wegen seiner essbaren und als Weinzusatz nutzbaren Früchte wird er seit dem Altertum kultiviert. Dadurch ist der Status in Mitteleuropa teilweise unklar. In Deutschland befindet sich der Speierling an der Arealnordgrenze. Er kommt hier als Waldbaum selten an wärmebegünstigten und zumeist basenreichen Standorten vor, insbesondere im Zusammenhang mit ehemaliger Nieder- oder Mittelwaldnutzung. In Hessen hat der Speierling keine ursprünglichen Vorkommen. Die Vorkommen im Rhein-Main-Tiefland (Region SW) sind kulturbedingt oder es handelt sich dabei um spontane Einzelvorkommen. Die bisher als indigen angesehenen Vorkommen im Oberen Mittelrheintal, Rheingaugebirge, Wispertaunus (alle Region NW) und Rheingau (Region SW) werden aufgrund von Quellenrecherchen neu bewertet und als Kulturrelikte (Verwilderung) angesehen (Statusvorschläge: T für die Regionen Nordwest und Südwest).
Der Beitrag nimmt kritisch zum gegenwärtig anhängigen EU-Gesetz über digitale Dienste (Digital Services Act, DSA) Stellung. Die Kernthese lautet: Big Tech muss reguliert werden, aber nicht wie im DSA vorgesehen. Zur Untermauerung dieser Position werden fünf grundlegend problematische Aspekte des DSA benannt. Es wird gezeigt, dass die derzeit verhandelten Fassungen des DSA (1) die Vertragsfreiheit nicht kommunikationsmächtiger Vermittlungsdienste missachten, (2) automatisiertes Overblocking begünstigen, (3) auch legale, aber in unspezifischer Weise „schädliche“ Äußerungen ins Visier nehmen, (4) einen vagen und für die Kommunikationsregulierung generell unpassenden Risikopräventionsansatz verfolgen und (5) eine Kommunikationsüberwachungsbürokratie errichten, die ihrerseits keinen zureichenden öffentlich-demokratischen Kontrollen unterliegt. Als Reaktion auf diese Befunde wird vorgeschlagen, (1) nur sehr großen Online-Plattformen inhaltliche Vorgaben im Hinblick auf ihre AGB zu machen, (2) die Verpflichtung/Berechtigung zum Einsatz automatischer Moderationssysteme auf offensichtlich rechtswidrige Inhalte zu beschränken, (3) im DSA auch keine indirekten Pflichten zur Unterdrückung legaler, aber „schädlicher“ Inhalte vorzusehen, (4) das systemische Risiko des Art. 26 Abs. 1 Buchst. c DSA ersatzlos zu streichen und (5) die DSA-Bürokratie staatsfern auszugestalten und einer parlamentarischen Kontrolle zu unterwerfen.
Die Zigarettenalben entwickelten sich in den 1930er Jahren zu einem vitalen Instrument der Wirtschafts- und Gesellschaftskommunikation. Da sowohl die Zigarettenindustrie als auch das NS-Regime manipulativ auf soziale Gruppen einwirken wollten, war es folgerichtig, dass Wirtschaft und Politik das beliebte Massenmedium als Kommunikationsinstrument einsetzten, um von dem propagandistischen Synergieeffekt zu profitieren. In den Zigarettenbildern mit NS-Inhalten manifestiert sich die Assimilation ökonomischer und propagandistischer Interessen, die seit Beginn der Professionalisierung von Werbung und Propaganda eingesetzt hatte. Die NS-Propaganda knüpfte bei der strategischen und operativen Planung an die Forschung der Weimarer Zeit an, die sich mit den sozialpsychologischen Grundlagen der Propaganda, Massenkommunikation und Werbewirkung sowie der Propaganda der Entente während des Ersten Weltkrieges auseinandergesetzt hatte.
Die kommunikationspolitische Allianz zwischen Politik und Wirtschaft beruhte nicht auf gesellschaftspolitischer Konformität, sondern auf einem vielschichtigen, beidseitigen Abhängigkeitsverhältnis. Die Beteiligung der Zigarettenindustrie an der NS-Propaganda war bis auf wenige Ausnahmen kein Ausdruck einer politischen Gesinnung, sondern rein monetären Motiven geschuldet oder wie bei Reemtsma auch unternehmenspolitische Strategie. Letztendlich profitierten die Zigarettenfabrikanten wirtschaftlich, denn sie konnten an dem gesellschaftpolitischen Interesse der Bevölkerung in Bezug auf NS-Themen im Rahmen der Sammelwerke partizipieren. Aber auch das NS-Regime profitierte wirtschaftlich. Neben den finanziellen Vorteilteilnahmen und der Multiplikation der NS-Ideologie profitierte das NS-Regime von den Zigarettenbildern auch als psychologisches Instrument der Truppenbetreuung, denn das Oberkommando der Wehrmacht erachtete die Zigarettenbilder für die Betreuung der Soldaten als unerlässlich.
Mit der Nutzung der Zigarettenalben begab sich aber auch das NS-Regime in Abhängigkeit zur Zigarettenindustrie, denn Populärkultur erfordert effektive Produktionsmittel und Distributionskanäle, die die Multiplikation der Medien gewährleisten sowie ambitionierte Unternehmer, die eine Gewinnmaximierung verfolgen. Das RMVP musste der Wirtschaft daher einen gewissen Freiraum bei der Themenwahl belassen, damit das Medium insgesamt nicht an Akzeptanz bei der Bevölkerung verlor. Angesichts der Tatsache, dass die so genannte Bekenntnisliteratur bei der Bevölkerung nie auf große Resonanz gestoßen und ab 1934 kaum noch nachgefragt war, bildeten die Zigarettenalben eine der wenigen Plattformen, auf der das NS-Regime über soziale Schichten hinweg Bevölkerung erreichen konnte. Die Einflussnahme des NS-Regimes war damit ebenso begrenzt, wie die der Unternehmen, denn beide mussten den sozialpsychologischen Bedürfnissen der Bevölkerung Rechnung tragen. Sowohl Wirtschaft als auch Politik mussten, um Akzeptanz zu finden, die Themen bedienen, die vom Rezipienten nachgefragt wurden.
Die Untersuchungen belegen, dass die Zigarettenalben, die in den 1930er Jahren publiziert wurden, nicht ausschließlich zur Verbreitung nationalsozialistischer Propaganda verwendet wurden, sondern auch von Gemeinschaften genutzt wurden, die ihre spezifischen politischen und ideologischen Interessen vertreten wollten. Neben den Vertretern des sozialistischen Lagers war es die SA, die die Zigarettenalben als Sprachrohr für ihre eigenen Interessen in Anspruch nahm. Bei der Parteiarmee war es insbesondere der sozialistisch geprägte Flügel um Ernst Röhm, der mit den Alben der sympathisierenden Firma Sturm seine Interessen vertrat, die primär darin bestanden, eine Partizipation an der Macht zu legitimieren und einzufordern. Darüber hinaus boten die Zigarettenalben der Parteiarmee die Möglichkeit, die eigene Historie in der deutschen Geschichte zu verorten und eine Traditionslinie bis zu den Freiheitskriegen zu ziehen. Damit konnte die SA mit den Sturm-Alben sowohl eine faschistische Bewegungskultur etablieren, als auch eine eigene Historie installieren. Die SA und ihre Mitglieder erhielten so einen Identifikationsraum, der ihnen die Möglichkeit bot, sich als selbstbewusste und eigenständige Organisation zu definieren.
Die Lenkungshoheit über die Medien und die nationalen Symbole erlaubte es dem NS-Regime, die kommunikationspolitischen Maßnahmen stringent nach den eigenen politischen Zielen auszurichten. Da die Autonomie des Öffentlichkeitssystems völlig aufgehoben und alle Publikationen der staatlichen Kontrolle unterlagen, mussten auch die Zigarettenfabrikanten die Inhalte der Sammelalben regimekonform ausrichten. Den-noch konnten weder Politik noch Industrie bei der Kommunikationspolitik völlig autark agieren, denn aufgrund der Wechselbeziehung zwischen Kommunikator und Rezipient waren beide Parteien gezwungen, die Bedürfnisse der Bevölkerung und ihre sozialpsychologischen Identifikationsräume zu berücksichtigen. Die Propaganda des Nationalsozialismus war daher, wie in den Kommunikationswissenschaften vielfach dargestellt, kein dispositionales Konzept, bei dem das Individuum einem Reiz-Reaktions-Schema folgt.
Die Berücksichtigung der sozialpsychologischen Bedürfnisse der Rezipienten wurde insbesondere bei der Integrationspropanda verfolgt.
In der vorliegenden Arbeit wird die enge Verbindung von Zeitvorstellungen und gesellschaftlicher Zeitorganisation zu gesellschaftlichen Zukunftsvorstellungen und individuellen Lebensperspektiven herausgearbeitet. Erfasst und analysiert werden auch jene Faktoren, die die Manipulationsmacht des Menschen und der gesellschaftlichen Systeme bei temporalen Gestaltungsvorhaben begrenzen. Kernaussage und zentrale Fragestellungen: Zeitbewusstsein und Zeitvorstellungen prägen die Vorstellungen von Zukunft. Bestimmte Formen von Zeit und gesellschaftlicher Zeitorganisation können die Entstehung und Entwicklung von Zukunftsvorstellungen hemmen oder fördern. Damit ragen Zeitbewusstsein und Zeitorganisation in die Wahrnehmung und Entwicklung von Zukunft hinein. Zentral ist u.a. die Form, in der Zeit zur Verfügung steht. Sind es immer nur kurze Momente, die für Reflexion, Retrospektion oder Prospektion zur Verfügung stehen oder längere zusammenhängende Sequenzen? Stehen solche Zeiten nur dem auf sich gestellten Individuum oder ganzen gesellschaftlichen Gruppen gemeinsam zur Verfügung? Liegen diese Zeiten so und sind sie so gestaltet, dass sie sinnvoll zur Entwicklung und Gestaltung von Zukunft genutzt werden können? Aufbau der Arbeit: Im ersten Kapitel wird das Thema expliziert und werden Aufbau, Methode und Grenzen der Fragestellung werden. Im zweiten Kapitel werden verschiedene Formen des Umgangs mit Zukunft und unterschiedliche Methoden der Vorausschau beschrieben. Dabei liegt der Fokus auf den zeitlichen Voraussetzungen für individuelle und kollektive Entwicklung von Zukunftsvorstellungen und für die demokratische Gestaltung von Zukunft. Im dritten Kapitel werden auf Basis naturwissenschaftlicher, medizinischer und psychologischer Quellen die zeitlichen Strukturen und Bedürfnisse des Menschen erläutert. Es wird dargestellt, wie diese bewusst und unbewusst auf Zeitvorstellungen und den Umgang mit Zeit und Zukunft einwirken. Der Bogen wird gespannt von der Naturzeit bis zu einer von Menschen in unterschiedlicher Form wahrgenommenen und gestalteten Zeit. Herausgearbeitet werden die negativen Folgen und die positiven Möglichkeiten unterschiedlicher Formen des Umgangs mit Zeit. Zugleich wird verdeutlicht, wie die Gestaltung von Zeit das Denken über Zukunft beeinflussen, ermöglichen oder blockieren kann. Im vierten Kapitel wird gezeigt, wie sich die gesellschaftliche Zeitorganisation und das Zeitbewusstsein historisch verändert haben, während Zukunftsvorstellungen und Zukunftsentwürfe sich gleichzeitig wandelten. Die historische Spanne reicht dabei von den handlungsorientierten Zeitvorstellungen primitiver Gesellschaften, über zyklische, naturnahe Zeitvorstellungen der Agrargesellschaften, bis zur Entstehung linearer Zeitvorstellungen in der Religion und weiter über die entwickelten linearen Zeitvorstellungen der bürgerlichen Gesellschaft hin zur fragmentierten oder digitalisierten Zeit der Gegenwart. Diese Entwicklung verläuft parallel zur Entwicklung der Zukunftsvorstellungen von einer klaren Handlungsorientierung, über Paradieseskonzeptionen und große gesellschaftliche Utopien, zu einer zunehmend individualisierten und verkürzten Vorstellung von Zukunft. Im Mittelpunkt der Analyse steht die enge Verbindung zwischen diesen beiden Elementen. Es wird betrachtet, wie auf frühere Phasen der Geschichte, in denen Zukunft in einem diesseitigen Sinn kaum eine Rolle spielte, Phasen folgen, in denen Zukunft als langfristige Gestaltung der Welt und des eigenen Lebens das Denken der Menschen präge, während heute die kurzfristige Gestaltung des individuellen Lebens im Vordergrund steht. In einem kurzen Schlusskapitel werden zwei zentrale Ergebnisse formuliert: 1. Der Mensch ist in zeitlicher Sicht grundsätzlich abhängig von den Zeiten der Natur. Die Natur (die innere und die äußere) ist rhythmisch strukturiert und diese Rhythmen sind gekennzeichnet durch eine Vielfalt von Zeitformen und Bedürfnissen. Die Gesellschaft muss auf diese Vielfalt Rücksicht nehmen und sie in ihre Zeitorganisationsentscheidungen integrieren, um eine Balance von Stabilität und Flexibilität zu entwickeln. 2. Zeitvorstellungen und Zukunftsvorstellungen sind epochal unterschiedlich. Dabei prägt die jeweilige Zeitvorstellung zentral die Vorstellungen von Zukunft. Auch wenn heute immer mehrere Zeitvorstellungen nebeneinander existieren, die individuelle Wahl- und Orientierungsentscheidungen ermöglichen, gibt es doch dominante Vorstellungen von Zeit und eine gesellschaftliche Ordnung der Zeit, die diese Optionsvielfalt wesentlich verringern. Abschließend werden kurze Hinweise auf einen zukunftsfähigen Umgang mit Zeit und Zukunft unter den Stichworten Zukunftsgestaltung, Zeitbrachen, Chillout, individuelle Reflexion und Zukunftsoffenheit gegeben.
Die Arbeit gibt einen Einblick in die Rolle, die Wochenschau und Wahlwerbung während der 1920er Jahre im Zuge der politischen Propagandaarbeit in der ersten deutschen Demokratie einnahmen. Zu diesem Zweck werden nicht nur politische Filme analysiert, sondern es wird auch ein Blick auf die Verbindungen der Weimarer Politik in die Filmbranche und die vorherrschende Zensurpraxis geworfen.
Die Globalisierung hat nicht, wie es sowohl ordoliberale als auch kritische Theorien einer globalen „economic constitution“ erwarten, eine einheitliche Weltwirtschaftsverfassung hervorgebracht, sondern eine fragmentierte Kollisionsverfassung, d.h. eine Metaverfassung von Verfassungskonflikten. Als deren kollidierende Einheiten fungieren nicht mehr die Nationalstaaten, sondern transnationale Produktionsregimes. Die von Böhm und Sinzheimer für den Nationalstaat formulierte Alternative von ordoliberaler Wirtschaftsverfassung und sozialdemokratischer Wirtschaftsdemokratie ist in der transnationalen Wirtschaftsverfassung vom Gegensatz zwischen den neokorporatistisch organisierten Produktionsregimes Kontinentaleuropas und den finanzkapitalistisch geprägten Produktionsregimes anglo-amerikanischer Prägung, abgelöst worden. Entgegen allen Voraussagen haben die neo-korporatistischen Wirtschaftsverfassungen Kontinentaleuropas trotz Globalisierung und Wirtschaftskrise eine erstaunliche Resilienz bewiesen. Einer wirtschaftsdemokratischen Konstitutionalisierung eröffnen sich hier neue Chancen dadurch, dass, wie am Beispiel der Corporate Codes gezeigt wird, unternehmensexterne gesellschaftliche Kräfte, also neben staatlichen Interventionen rechtliche Normierungen und „zivilgesellschaftliche“ Gegenmacht aus anderen Kontexten so massiven Druck auf die Unternehmen ausüben, dass sie gezwungen sind, gemeinwohlbezogene Selbstbeschränkungen aufzubauen.
Im Jahr 1943 wurde die 1926 gegründete "Abteilung Westen" des Instituts für Konjunkturforschung, Berlin (heute: Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung, DIW) als "Rheinisch-Westfälisches Institut für Wirtschaftsforschung e.V." (RWI) verselbstständigt.
Rainer Fremdling untersucht im ersten Teil bis 1945 die Umorientierung von der Konjunkturforschung in der Weimarer Republik zur Raumforschung unter dem Nationalsozialismus und der Kriegswirtschaft, wobei die enge Verzahnung des RWI und des DIW mit dem NS-Herrschaftssystem deutlich wird.
Toni Pierenkemper widmet sich der Geschichte des RWI seit Kriegsende. Hierzu gehört die Wiederbegründung und Neuorientierung des RWI (1945 bis 1952) ebenso wie die Rolle des Instituts im wirtschaftlichen Strukturwandel und in der neuen Wirtschafts- und Währungsordnung (1952 bis 1974), in den Krisen der folgenden Jahre (1974 bis 2000) und schließlich die Neuausrichtung im neuen Jahrtausend (2000 bis 2018). Die komplexen Beziehungen zwischen Wirtschaft, Politik und wirtschaftspolitischer Beratung werden dabei offenbar.
Ziel des Projekts ist es, nicht nur die Geschichte des RWI zu dokumentieren, sondern diese in die jeweiligen politischen, wirtschaftlichen und wissenschaftlichen Entwicklungen einzubetten. Das so entstehende umfassende Bild geht weit über eine reine "Institutshistorie" hinaus und lässt die deutsche Wirtschaft und Wirtschaftspolitik im Untersuchungszeitraum lebendig werden.
This article provides an overview and critical assessment of WIPO ALERT. It locates this initiative in the broader context of transnational IP enforcement schemes on the Internet. These initiatives are classified into two categories according to their point of attachment and geographical effect. Whereas source-related measures (e.g. website takedowns) tend to have a transnational and possibly even a global effect, recipient-related measures (e.g. website and ad blockings) typically mirror the territorially fragmented IPR landscape. This fragmentation is where WIPO ALERT comes into play. It can be understood as a matching service which interconnects holders of information about copyright infringing websites (“Authorized Contributors”) and actors of the online ad industry who want to avoid these outlets (“Authorized Users”). The critical assessment of WIPO ALERT calls for more transparency and the establishment of uniform substantive and procedural standards that have to be met if a new “site of concern” is added to the global ad blacklist.
Im Rahmen des von der KfW Stiftung geförderten Artenschutzprojektes „Erhaltungskulturen von bedrohten Pflanzen in Hessen“ wurden in den Jahren 2014–2018 von 15 gefährdeten Pflanzenarten in verschiedenen Regionen Hessens Samen gesammelt und im Botanischen Garten der Stadt Frankfurt am Main vermehrt. In Zusammenarbeit mit Naturschutzbehörden, Forstämtern und Naturschutzverbänden wurden dokumentierte Wiederansiedlungsmaßnahmen oder Populationsstärkungen durchgeführt. Überzähliges Saatgut wurde im Botanischen Garten eingefroren und kann für zukünftige Artenschutzprojekte verwendet werden. Bei den 15 gefährdeten Arten handelt es sich um Allium strictum, Festuca albensis, Fumana procumbens, Iris spuria, Jurinea cyanoides, Mibora minima, Moenchia erecta, Nigella arvensis, Poa badensis, Scleranthus verticillatus, Sedum villosum, Spergula pentandra, Ventenata dubia, Veronica acinifolia und Vicia orobus. Alle diese Arten sind als Verantwortungsarten Bestandteil der hessischen Biodiversitätsstrategie. Im Jahr 2021, also drei Jahre nach dem Ende des Projektes, ergab eine Erfolgskontrolle folgendes Ergebnis: Von insgesamt 50 Wiederansiedlungsversuchen an 34 Orten sind immerhin 25 (50 %) erfolgreich. Weitere 5 (10 %) sind möglicherweise ebenfalls gelungen, jedoch sind die neu begründeten Populationen sehr klein. Eindeutig misslungen sind 20 (40 %). Die Gründe für das Misslingen sind meist klar erkennbar und werden thematisiert: Manchmal war der Zielort ungünstig gewählt, oder die verwendete Ansiedlungsmethode erwies sich als ungeeignet. Das Projekt konnte dazu beitragen, unser Wissen über Ökologie und Verbreitung sowie Gefährdung und Schutzbedarf dieser Verantwortungsarten teils erheblich zu vermehren. Damit leistet es auch einen Beitrag zum Schutz der bereits bestehenden Altpopulationen.
Weimarer Beiträge 51/2005
(2005)
Die Weimarer Beiträge sind eine Zeitschrift für Literaturwissenschaft, aktuelle ästhetische Theorie und Kulturwissenschaft. Zu Ihren Schwerpunkten gehören moderne Literatur im Rahmen anderer Künste und Medien, die Wechselbeziehungen von Literatur, philosophischer und ästhetischer Reflexion sowie die kritische Analyse der Gegenwartskultur.
Die Periode des Vormärz steht zwischen zwei Reise-Epochen, die alten schematisierten Reisen der Grand Tour existierten kaum noch, und die moderne, durch die Eisenbahn und ihre Streckennetze nicht minder normierte touristische Bildungsreise existierte unter den Deutschen damals noch nicht. Im Gegenteil, die touristisch organisierte Zukunft des Reisens kam den deutschen Literaten des Vormärz noch ausgesprochen komisch vor, insbesondere wenn diese in Gestalt der Briten, der europäischen Pioniere des Tourismus auftrat [...] Natürlich versuchten sich die englischen wie die deutschen Literaten von den bloß touristisch Reisenden abzusetzen und dringend neue Reisewege und Reiseerfahrungen zu erschließen, die sich möglichst stark von denen der "Neckermänner" des 19. Jahrhunderts unterschieden. Musste in der Klassik noch ein Kunst- und Besichtigungsprogramm abgearbeitet werden, um so Bildung dokumentieren zu können, galt bald das Gegenteil für wünschenswert: Das gesehen zu haben, was eine immer größere Anzahl an Reisenden gesehen hat, musste zwar sein, war aber nicht mehr unbedingt der literarischen Rede wert. Man war stattdessen auf der dringenden Suche nach einem eigenen, individuellen Zugang, den man bevorzugt abseits des 'beaten track', des ausgetrampelten Pfads, zu finden hoffte.
Diese Datei enthält die wesentlichen Informationen des gedruckten Vorlesungsverzeichnisses. Gegenüber dem Druckwerk bestehen Unterschiede in der Seitenformatierung; der redaktionelle Teil und die Anzeigen sind nicht wiedergegeben. Beide können dem Druckwerk entnommen werden, das in der Universitätsbibliothek zur Verfügung steht.
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Die zunehmende Durchdringung nahezu aller Lebensbereiche der Gesellschaft mit neuen digitalen Technologien, insbesondere mit künstlicher Intelligenz, hat zur Entstehung von smarten Ordnungen geführt. Darunter werden Ordnungen verstanden, die darauf ausgerichtet sind, durch intelligentes Design und mit Hilfe algorithmischer Operationen Abweichungen von ihren Normen zu minimieren oder ganz unmöglich zu machen. Der Beitrag erläutert einige Beispiele smarter Ordnungen und zeigt auf, dass zumindest im Grundsatz zwischen einer algorithmisch optimierten, normadressatenorientierten Prävention und einer adressatensubstituierenden Präemption abweichenden Verhaltens durch digitale Technologien unterschieden werden kann. Den Schwerpunkt des Beitrags bildet sodann die Frage ob und, gegebenenfalls, in welchem Sinne, smarte Ordnungen überhaupt noch normative Ordnungen sind. Im Verlauf der Analyse zeigt sich, dass Rechtsordnungen und andere normative Ordnungen zwar das Ziel einer effektiven Durchsetzung ihrer Normen verfolgen, aber nicht das Ideal vollständiger Nicht-Abweichung. Es wird deutlich, dass es zu den wesentlichen Aspekten normativer Ordnungen gehört, dass sie an Personen adressiert sind, die sie sich als autonome und zugleich fehlbare Personen zu eigen machen müssen und dabei unvermeidlich über die faktische Freiheit zur Normabweichung verfügen. Smarte Ordnungen hingegen erfüllen diese Kriterien nicht oder nur in geringem Maße. Letztlich sind sie nur in einem schwachen Sinne normativ, soweit die in technischen Prozessen implementierte Normativität für die Betroffenen noch präsent ist. In dem Maße jedoch, wie Normativität und ihre technische Realisation sich vermischen, bis ihre erfahrbare Präsenz abnimmt, verlieren sie ihren normativen Charakter.
"Von der Freizeit in die Delinquenz" - Der Titel der vorliegenden Arbeit impliziert die Unterstellung, dass Freizeit als ein Bereich des menschlichen Lebens zu verstehen sei, welcher stets mit abweichendem und insbesondere strafbarem Verhalten einhergehe. Es ist hier zu betonen, dass bestimmte Verhaltensweisen, die in der Freizeit gezeigt werden, nicht zwangsläufig mit Delinquenz in Beziehung stehen müssen. Dieser Arbeitstitel wurde vielmehr gewählt, um zu provozieren. Er ist zugleich eine Anspielung auf die derzeit aktuellen öffentlichen Diskussionen über das Freizeitverhalten von Jugendlichen und dessen mögliche Auswirkungen auf delinquente Handlungen. Ziel dieser Arbeit ist eine Bestandsaufnahme der Zusammenhänge von Freizeitverhalten und Delinquenz im Jugendalter. Zur Beschreibung des theoretischen Rahmens werden vornehmlich soziologische Begriffsdefinitionen und Erklärungsansätze herangezogen. Die aufgestellten Hypothesen sowie die Ergebnisse verschiedener Untersuchungen zum Thema werden anhand eines Datensatzes von 3661 Jugendlichen überprüft. Es handelt sich dabei um eine im Rahmen der "Schülerbefragung 2006" des Kriminologischen Forschungsinstitut Niedersachsen getätigte Vollerhebung aller Schüler der neunten Jahrgangsstufe in Hannover, d. h. die zum Zweck dieser Arbeit durchgeführte Auswertung ist sekundäranalytisch. Die Betrachtung dieser Schülergruppe ist dazu geeignet, als Beispiel der Datenlage einer deutschen Großstadt zu dienen, in der sich viele Zusammenhänge (auch die in der Literatur beschriebenen) widerspiegeln könnten. Bei Neuntklässlern, die im Mittel 15 Jahre alt sind, ist der "eigentliche Kern des Jugendalters" zu finden, da in diesem Altersabschnitt die Ausformung jugendtypischen Verhaltens beginnt und gleichzeitig persönliche Grundausrichtungen verfestigt werden. Da männliche Jugendliche weitaus häufiger zu delinquenten Handlungen neigen als weibliche Jugendliche, wird sich diese Arbeit insbesondere mit dem Verhalten von Jungen befassen.
Was hat das Internet mit der Welt der Mode zu tun? In beiden Bereichen könnte das Recht, wie wir es kennen, auf dem Rückzug sein – wobei das bei der Kleiderordnung tatsächlich schon länger so ist. Das Völkerrecht dagegen gilt mittlerweile als fast schon zu stark. Und vielleicht kehren die Gebote der Religionen in einem neuen – womöglich „popkulturellen“ – Gewand wieder. Auch auf der jüngsten Internationalen Jahreskonferenz des Exzellenzclusters „Die Herausbildung normativer Ordnungen“ gaben dessen Wissenschaftler und kooperierende Gäste Einblicke in aktuelle Forschungsthemen.
Die Entwicklung des europäischen und deutschen Markenrechts in den letzten Jahrzehnten lässt sich auf die Kurzformel „vom Warenzeichen zum Markeneigentum“ bringen. An die Stelle einer lauterkeitsrechtlich fundierten Gewährleistung unverfälschten Wettbewerbs ist ein abstrak-tes, fungibles Eigentum an allen potentiell unterscheidungskräftigen Zeichen getreten. Im Beitrag wird dieser Paradigmenwechsel in Anlehnung an Thesen des 1944 erschienenen, wirtschaftssoziologischen Klassikers „The Great Transformation. Politische und ökonomische Ursprünge von Gesellschaften und Wirtschaftssystemen“ von Karl Polanyi gedeutet. In einem ersten Schritt wird erläutert, inwieweit Po-lanyis Ausgangsthese, wonach in einer Marktwirtschaft alle In- und Outputfaktoren kommodifiziert wer-den müssen, auf Marken und andere Kennzeichen übertragbar ist. Sodann wird Polanyis zentrale Er-kenntnis, dass die Kommodifizierung von Arbeit und Boden, aber eben auch von Zeichen als Kommu-nikationselementen kontingent, sogar fiktional und insgesamt alles andere als unproblematisch ist, für eine Kritik des gegenwärtigen Markenrechts fruchtbar gemacht. Und in der Tat ist auch in diesem Be-reich eine Entbettung des Marktes aus der Gesellschaft zu beobachten: Die Markenkommunikation wird gegenüber nicht-marktlicher Kommunikation abgeschirmt, z.B. vor Markenparodien und -kritik. Dies löst nach Polanyi Gegenbewegungen aus, die im Markenrecht bereits so stark geworden sind, dass es nicht einmal mehr ausgeschlossen erscheint, dass sie das Markenrecht auf seinen Ausgangspunkt zurück-werfen: auf das Recht gegen unlauteren Wettbewerb.
Der urheberrechtlich konnotierte Begriff des Plagiats zählt zu den anerkannten Grundtatbeständen wissenschaftlichen Fehlverhaltens. Der Beitrag zeigt indes, dass das Urheberrecht und das Wissenschaftsrecht keine konzentrischen Kreise bilden, sondern unterschiedliche Zwecke mit je anderen Regelungskonzepten verfolgen. Die Übernahme urheberrechtlicher Argumentationsmuster in die Wissenschaftsethik und das Wissenschaftsrecht erschwert die Herausbildung spezifisch wissenschaftsbezogener Kriterien zur Beurteilung wissenschaftlichen Fehlverhaltens. Als Alternative entwickelt der Beitrag ein Konzept wissenschaftlicher Redlichkeit, das sich am Recht gegen unlauteren Wettbewerb orientiert. Dazu werden weitreichende teleologische und strukturelle Gemeinsamkeiten des Lauterkeitsrechts und der Regeln zu wissenschaftlichem Fehlverhalten aufgedeckt. Insbesondere verfolgen beide Materien eine funktionale Teleologie. Das Lauterkeitsrecht gewährleistet die Funktionsbedingungen des wirtschaftlichen Wettbewerbs, das Verbot wissenschaftlichen Fehlverhaltens sichert die Funktionsbedingungen und damit zugleich den Zielerreichungsgrad des offenen Wissenschaftsprozesses und des Wettbewerbs um wissenschaftliche Reputation.
On the basis of the economic theory of network effects, this article provides a novel explanation of the so-called patent paradox, i.e. the question why the propensity to patent is so strong when the expected average value of most patents is low. It demonstrates that the patent system of a country resembles a telephone network or a social media platform. Patents are perceived as nodes in a virtual network that, as a whole, exhibits network effects. It is explained why patents are not independent of other patents but that they complement each other in several ways both within and beyond markets and fields of technology, and that patents thus create synchronization value over and above individual interests of patent holders in exclusivity. As a consequence, the more patents there are, the more valuable it is to also seek patents, and vice versa. Since patents thus display increasing returns to adoption, the willingness to pay for the next patent slopes upwards. This explains why, after a phase of early instability and a certain tipping point, many countries’ patent systems expanded quickly and eventually became a rigid standard (“lock-in”). The concluding section raises the question what regulatory measures are suitable to effectively address the ensuing anticommons effects.
Der Beitrag bietet eine Einführung in das Thema „Vertrauen als Topos der Plattformregulierung“. Dazu wird in einem ersten Schritt das allgemeine Verhältnis zwischen dem sozialen Tatbestand „Vertrauen“ und dem Recht als das einer komplementären, wechselseitigen Wirkungsverstärkung beschrieben. Im Hinblick auf die vertrauensfördernde Rolle des Rechts wird in einem zweiten Schritt zwischen der Funktion des Vertrauens bzw. der Vertrauenswürdigkeit als Tatbestandselement einer Vorschrift und den hieran geknüpften Rechtsfolgen unterschieden. Auf der Basis dieser Grundlagen gibt der Aufsatz in einem dritten Schritt einen Überblick über Bezugnahmen auf „Vertrauen“ in der deutschen und europäischen Plattformregulierung seit 2015. Hierzu zählen sektorale Regelungen gegen Hasskriminalität und Desinformation sowie zum Schutz des Urheberrechts, die 2022 in den horizontal angelegten Digital Services Act mündeten, der ein insgesamt „vertrauenswürdiges Online-Umfeld“ gewährleisten soll. Viertens stellt der Beitrag ein abstrakt-analytisches Konzept des Vertrauens vor, das sich gut zur Analyse der aufgezählten Vertrauensbeziehungen und ihrer rechtlichen Regelungen eignet. Ein abschließender Ausblick deutet die Proliferation des Vertrauenstopos als Ausdruck einer Vertrauenskrise im digitalen Zeitalter. Die erstrebte Vertrauenswürdigkeit des Online-Umfelds bildet ein normatives Minimum, das über gesetzliche Verhaltenspflichten und Privilegien für vertrauenswürdige Akteure der Zivilgesellschaft erreicht werden soll. Ob dies gelingt und überhaupt wünschenswert ist, ist freilich offen. Die juristische Auseinandersetzung mit dem Topos des Vertrauens in der Digital- und Plattformregulierung hat gerade erst begonnen.
In der Klasse Phragmitetea werden die Röhrichte und Großseggenriede im Verlandungsbereich von Gewässern zusammengefaßt. Physiognomisch ähnliche Brachen von Feuchtwiesen (wie etwa Carex-acuta-Stadien) werden aus floristischen Gründen ausgeklammert. Sie setzen sich im wesentlichen aus Kennarten der Klasse Molinio-Arrhenatheretea zusammen und sind als ukzessionsstadien von Wiesen zu bezeichnen.
Die Gliederung der Phragmitetea-Gesellschaften wird herkömmlich nach der Dominanz einzelner Arten und nicht nach den sonst maßgeblichen Merkmalen der Artenzusammensetzung vorgenommen, nach denen sich eine von der geläufigen stark abweichende Systematik ergeben würde. Da die Bestände sehr artenarm sind und meist von einer Art beherrscht werden, ist eine Gesellschaftsgliederung nach der Dominanz naheliegend und einfach, methodisch allerdings inkonsequent.
Die Untersuchung wurde im Lichte der aktuellen Diskussion um die Grundlagenkrise der Juristenausbildung durchgeführt. Hierbei wird der Anspruch erhoben, die Perspektive von Promotionsstudierenden ebenfalls zu berücksichtigen. Mit einer rechtsmethodologischen Herangehensweise wird nämlich nachgewiesen, dass die analoge (bzw. entsprechende) Anwendung des § 770 Abs. 1 BGB auf sonstige Gestaltungsrechte mit dem Willen des Gesetzgebers nicht übereinstimmt. Die Konsequenzen der Ablehnung der Anwendbarkeit des § 770 Abs. 1 BGB auf sonstige Gestaltungsrechte werden ebenso besprochen wie Wertungs- und Theoriefragen in diesem Zusammenhang. Aus dieser „methodenehrlichen“ Anwendung des § 770 Abs. 1 BGB und den sich hieraus ergebenden Konsequenzen werden sodann Schlussfolgerungen für die Stärkung der Grundlagenfächer gezogen.
Das Immaterialgüterrecht bildet eine der ältesten und inzwischen umfangreichsten Materien des Einheitsprivatrechts. Fast alle Staaten der Erde sind Mitglieder der World Intellectual Property Organization und bekennen sich als solche zur Förderung des „geistigen Eigentums“. Allerdings ist der Rechtsschutz nach dem seinerseits universell anerkannten Territorialitätsprinzip auf das Territorium des jeweiligen Gesetzgebers beschränkt. Zu dieser geografischen Fragmentierung treten fremdenrechtliche Beschränkungen des Zugangs zum lokalen Rechtsschutz hinzu. Der Beitrag erläutert, welche Akteure die Spannung zwischen globaler Kommunikation und fragmentiertem Immaterialgüterrechtsschutz auf welche Weisen regulativ bearbeiten. Dabei wird unterschieden zwischen der Rechtsangleichung bei fortdauernder Fragmentierung, der Schaffung supranational einheitlicher Verfahren, Immaterialgüterrechte und Gerichte sowie informellen Kooperationen zwischen Privaten und Patentämtern. Die Leitfrage der Bestandsaufnahme lautet, ob all diese Phänomene im Sinne von Kropholler und David als funktionales Einheitsrecht begriffen werden können, ob es sich also um Rechtssätze handelt, bei denen die Einheitlichkeit ihrer Geltung im Interesse des unverfälschten internationalen Handels zu einem besonderen Rechtszweck erhoben wurde, oder ob man lediglich objektiv-formal eine rechtlich bindende Einheitlichkeit konstatieren kann, die primär ein anderes Ziel verfolgt, nämlich: die weltweite Stärkung des Immaterialgüterrechtsschutzes. Den Abschluss bildet eine kritische Stellungnahme zur verbreiteten Annahme, die weit fortgeschrittene Vereinheitlichung des Immaterialgüterrechts sei ein großartiger Erfolg.
The essay argues that anti-suit injunctions granted in disputes on standard-essential patents are inconsistent with the general standards governing anti-suit injunctions. The section on anti-suit injunction demonstrates that the case law on anti-suit injunctions is not comparable to disputes over standard essential patents. In contrast, anti-anti-suit injunctions are a legitimate response to an extraterritorial assertion of jurisdiction by foreign courts. Under EU law, the courts of member states might even be required to issue anti-anti-suit injunctions to protect their exclusive jurisdiction over patents.
Uni-Highlights März 2022 : Einladungen zu ausgewählten Veranstaltungen der Goethe-Universität
(2022)
Unbekannte Essays von Robert Musil : Versuch einer Zuweisung anonymer Beiträge im "Losen Vogel"
(2001)
Nicht mit einer Signatur oder vergleichbaren "Zeichen" versehene d.h. anonyme Erscheinungen sind in einer Zeit der Namen eine besondere Herausforderung. In den bildenden Künsten hat sie neben Hilfsnamen wie "Meister mit den Bandrollen" oder "Petrarca-Meister" zu einer Fülle von Attributionen geführt; vor allem, weil der Markt, auf dem die Gier einzelner und der Museen nach großen Namen den großen Preis macht, danach lechzt; so dass sich der Betrachter eines Rembrandt, van Gogh usw. nicht zu Unrecht immer wieder einmal fragt, ob das stolz von einer Galerie herausgestellte Bild denn auch tatsächlich echt sei; und weil er überdies weiß, wie auch in jüngster Zeit renommierte Museen und Auktionshäuser mit ausgewiesenen Experten auf Fälschungen hereinfielen und statt durch Forschung durch bloßen Zufall dahinter kamen. Oder weil er weiß, dass die zahllosen Zuschreibungen zahlreiche Abschreibungen nach sich zogen, etwa die Anzahl der erhaltenen eigenhändigen Gemälde Rembrandts sich von 1935 festgestellten über 600 zunächst um ein rundes Drittel und inzwischen nochmals verringert hat. - Ohne jeden Zweifel: Wäre der "Lose Vogel" eine Sammlung 1911 bis 1914 entstandener und erworbener Gemälde, noch das kleinste davon wäre längst attribuiert und die Attribution diskutiert. Im Wissen um die Probleme des Attribuierens auf dem Gebiet der bildenden Künste habe ich die Herausforderung angenommen und bin das Wagnis eingegangen. Ein Teil der hier mitgeteilten Attributionen ist skizzenhaft entstanden im Zusammenhang mit den textkritischen Untersuchungen zu Kafka. Bei der Rolle, die Blei für Kafka spielt, musste dabei auch die Zeitschrift der Anonymen "Der Lose Vogel" genauer angesehen werden; denn viele der jungen Leute, die Blei gefördert hat oder die mit ihm in Kontakt waren - Carl Einstein, Karl Klammer, Robert Musil, René Schickele, Kurt Tucholsky u. a. – wählen wie Blei selbst irgendwann einmal ein Pseudonym, ein Kryptonym oder die Anonymität.
This article documents and classifies instances of transnational intellectual property (IP) enforcement and licensing on the Internet with a particular focus on the territorial reach of the respective regimes. Regarding IP enforcement, I show that the bulk of transnational or even global measures is adopted in the context of “voluntary” self-regulation by various intermediaries, namely domain name registrars, access and host providers, search engines, and advertising and payment services. Global IP licensing is, in contrast, less prevalent than one might expect. It is practically limited to freely accessible Open Content, whereas markets for fee-based services remain territorially fragmented. Overall, three layers of IP governance on the Internet can be distinguished. Based on global licenses, Open Content is freely accessible everywhere. Plain IP infringements are equally combatted on a worldwide scale. Territorial fragmentation persists, instead, in the market segment of fee-based services and in hard cases of conflicts of IP laws/rights. All three universal norms (global accessibility, global illegality, global fragmentation) are supported by a quite solid, “rough” global consensus.
A sound and well-functioning legal system will encourage growth in investment and create opportunities for investors. Trademarks as part of intellectual property play an important role in the future development of a country. A mark or symbol is needed in order to give products and services identity and to distinguish them and their qualities from identical or similar products and services of a competitor.
This research studies, examines and analyses the degree, nature and function of trademark protection within the legal system of Afghanistan and compare them with the Paris, Madrid and TRIPs agreements. It has been divided into four chapters: Chapter one provides general information and an overview of the current legal system of Afghanistan. Chapter two studies and analyses international agreements pertaining to the legal protection of trademark. It also critically assesses the ATML compatibility with these agreements: and answers the research question of to what extent the ATML provisions are compatible with them. Chapter three provides information on the different purposes of trademarks from a development perspective and compares the purposes provided by the ATML. Finally, chapter four assesses and examines the acquisition, assignment and termination of trademarks. The conclusions and findings of the thesis are the final section of this research.
Afghanistan, as a transitioning economy, has not developed a solid legal and practical foundation for providing comprehensive protection mechanisms for trademarks as have been articulated in developed countries and international agreements. Accordingly, the Afghan government has not entirely integrated these needs into its legal system and there are some inconsistencies of the ATML with these agreements.
One more challenge is the lack of appropriate legal institutions for issuing, managing, administering and protecting of trademarks. The establishment of a well-functioning administrative institution will serve to fulfil the objectives of the laws. Therefore, the CBR office holds the administrative responsibility for processing the registration of trademarks.
However, the methods and facilities of the CBR office remain outdated, and the office does not have the capacity to provide applicants with up-to-date administrative and technical facilities.
Therefore, legal protection of trademark in Afghanistan is linked not only to the existence of a well functioning of laws, regulations, clear procedures, mechanism and guidelines but also to an efficient and well-functioning administrative office.
Der Weltfrieden hängt heute mehr denn je von der Kommunikation zwischen den Menschen unterschiedlichster Kulturen ab. Jenseits der Dialoge des Westens und Ostens, des Nordens und Südens liegt das Dynamit von interkulturellen Konflikten. Obgleich zumeist lokal begrenzt, zerreißen sie mit ihrer Sprengkraft Blöcke. Kriege, Entkolonialisierungskämpfe, ökologische und soziale Krisen können ab dem 20. Jahrhundert unversehens ein globales Ausmaß annehmen. ...
According to the standard account, IPRs allocate objects to owners, just like ownership allocates real property. In this paper, I explain that this simplistic paradigm operates on the basis of three fictions: The first – truly Polanyian – fiction concerns IP subject matter that was originally not produced for sale but created for other purposes, e.g. private pleasure. The second fiction is that IP is treated as a marketable good whereas much IP, in particular works and signs, are embedded in communication. Finally, IP is a fictitious concept in that we speak of works, inventions, and other IP objects as of tangible commodities, where in fact IP objects only exist insofar and because we speak and regulate as if they exist as abstract “goods” of value.
This article provides an overview of the current state of the regulation of disinformation in the EU. It shows that the concept of disinformation, the purpose of anti-disinformation measures and their content and enforcement can only be understood if a holistic view is taken of private, hybrid-co-regulatory and public-law norms. The delicate field of disinformation is to a large extent dealt with outside of statutory law. The questions raised thereby are largely unresolved.
The article makes two points regarding the fundamental rights dimensions of intellectual property (IP). First, it explains why the prevailing approach to balancing the fundamental right to intellectual property with conflicting fundamental freedoms as if they were of equal rank is conceptually flawed and should be replaced by a justification paradigm. Second, it highlights the pre-eminent role of the legislature and the much more limited role of the judiciary in developing IP law. The arguments are based on an analysis of the jurisprudence of the European Court of Human Rights (ECHR), the Court of Justice of the European Union (CJEU) and last but not least the German Constitutional Court, the Bundesverfassungsgericht, regarding the respective inter-/supra-/national fundamental-rights regimes.
This paper reexamines the current legal landscape regarding the protection of trade marks and other industrial property rights in signs on the Internet. It is based on a comparative analysis of EU and national laws, in particular, German, U.S., and U.K. law. It starts with a short restatement of the principles governing trade mark conflicts that occur within a particular jurisdiction (part 2) and proceeds to the regulation of transnational disputes (part 3). This juxtaposition yields two basic approaches. Whereas trade mark conflicts within closed legal systems are generally adjudicated according to a binary either/or logic, transnational disputes are and should indeed be solved in a way that leads to a fair coexistence of conflicting trade mark laws and rights under multiple laws. This paper explains how geolocation technologies can alleviate the implementation of the principle of fair coexistence in concrete cases.
Given an Abelian semi-group (A, +), an A-valued curvature measure is a valuation with values in A-valued measures. If A = R, complete classifications of Hausdorff-continuous translation-invariant SO(n)-invariant valuations and curvature measures were obtained by Hadwiger and Schneider, respectively. More recently, characterisation results have been achieved for curvature measures with values in A = Sym^p R^n and A = Sym^2 Λ^q R^n for p, q ≥ 1 with varying assumptions as for their invariance properties.
In the present work, we classify all smooth translation-invariant SO(n)-covariant curvature measures with values in any SO(n)-representation in terms of certain differential forms on the sphere bundle S R^n and describe their behaviour under the globalisation map. The latter result also yields a similar classification of all continuous SO(n)-module-valued SO(n)-covariant valuations. Furthermore, a decomposition of the space of smooth translation-
invariant scalar-valued curvature measures as an SO(n)-module is obtained. As a corollary, we construct explicit bases of continuous translation-invariant scalar-valued valuations and smooth translation-invariant scalar-valued curvature measures.
Der Verband Calthion ist durch eine Reihe von Kenn- und Trennarten gut charakterisiert, von denen in unseren Vegetationsaufnahmen allerdings nur Myosotis palustris und Lychnis flos-cuculi mit hoher Stetigkeit vorkommen. Obwohl gut entwickelte Calthion-Bestände sehr artenreich sind, verfügen nur wenige Gesellschaften des Verbandes über eigene Charakterarten, die ihnen Assoziationsrang verleihen.