Von normativen zu smarten Ordnungen?
- Die zunehmende Durchdringung nahezu aller Lebensbereiche der Gesellschaft mit neuen digitalen Technologien, insbesondere mit künstlicher Intelligenz, hat zur Entstehung von smarten Ordnungen geführt. Darunter werden Ordnungen verstanden, die darauf ausgerichtet sind, durch intelligentes Design und mit Hilfe algorithmischer Operationen Abweichungen von ihren Normen zu minimieren oder ganz unmöglich zu machen. Der Beitrag erläutert einige Beispiele smarter Ordnungen und zeigt auf, dass zumindest im Grundsatz zwischen einer algorithmisch optimierten, normadressatenorientierten Prävention und einer adressatensubstituierenden Präemption abweichenden Verhaltens durch digitale Technologien unterschieden werden kann. Den Schwerpunkt des Beitrags bildet sodann die Frage ob und, gegebenenfalls, in welchem Sinne, smarte Ordnungen überhaupt noch normative Ordnungen sind. Im Verlauf der Analyse zeigt sich, dass Rechtsordnungen und andere normative Ordnungen zwar das Ziel einer effektiven Durchsetzung ihrer Normen verfolgen, aber nicht das Ideal vollständiger Nicht-Abweichung. Es wird deutlich, dass es zu den wesentlichen Aspekten normativer Ordnungen gehört, dass sie an Personen adressiert sind, die sie sich als autonome und zugleich fehlbare Personen zu eigen machen müssen und dabei unvermeidlich über die faktische Freiheit zur Normabweichung verfügen. Smarte Ordnungen hingegen erfüllen diese Kriterien nicht oder nur in geringem Maße. Letztlich sind sie nur in einem schwachen Sinne normativ, soweit die in technischen Prozessen implementierte Normativität für die Betroffenen noch präsent ist. In dem Maße jedoch, wie Normativität und ihre technische Realisation sich vermischen, bis ihre erfahrbare Präsenz abnimmt, verlieren sie ihren normativen Charakter.
Author: | Klaus GüntherGND |
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URN: | urn:nbn:de:hebis:30:3-567595 |
Parent Title (German): | Arbeitspapier / Fachbereich Rechtswissenschaft, Goethe-Universität Frankfurt am Main = Research paper / Faculty of Law, Goethe-Universität Frankfurt am Main, Nr. 2020,8 |
Series (Serial Number): | Arbeitspapiere / Fachbereich Rechtswissenschaft, Goethe-Universität = Research paper / Faculty of Law, Goethe University (2020, 8) |
Publisher: | Goethe-Universität Frankfurt, Fachbereich Rechtswissenschaft |
Place of publication: | Frankfurt am Main |
Document Type: | Working Paper |
Language: | German |
Year of Completion: | 2020 |
Year of first Publication: | 2020 |
Publishing Institution: | Universitätsbibliothek Johann Christian Senckenberg |
Release Date: | 2020/11/25 |
Tag: | Freiheit; KI; Normabweichung; Predictive Policing; Smart City; Smart Contracts; smarte Ordnungen |
Page Number: | 33 |
Note: | Erscheint in: Rainer Forst/Klaus Günther (Hrsg.), Normative Ordnungen, Berlin 2021 |
HeBIS-PPN: | 473539977 |
Institutes: | Rechtswissenschaft / Rechtswissenschaft |
Dewey Decimal Classification: | 3 Sozialwissenschaften / 30 Sozialwissenschaften, Soziologie / 300 Sozialwissenschaften |
3 Sozialwissenschaften / 34 Recht / 340 Recht | |
Sammlungen: | Universitätspublikationen |
Licence (German): | Deutsches Urheberrecht |