Transportstudien von Nanopartikeln an verschiedenen Blut-Hirn-Schranke-Modellen in-vitro

  • Die Blut-Hirn-Schranke macht das Gehirn zum streng kontrollierten extraterritorialen Raum. Die sensiblen Hirnfunktionen laufen unabhängig und ungestört von den vielfältigen Prozessen der anderen Organe ab. Neben den wichtigen Funktionen dieser Barriere hält sie jedoch auch nötige Medikamente von ihrem Wirkort, dem Gehirn, fern. Die in-vitro-BHS soll Mechanismen aufklären und Tierversuche ersetzen. In den letzten Jahren konnte so das Bild von einem statischen Computer, Gehirn, durch das Bild eines hoch plastischen Arbeitsspeicher-Netzwerkes mit verschiedensten Verbindungen ersetzt werden. Die vorliegende Arbeit ist ein zwei Bereiche gegliedert: 1. Transportstudien von Nanopartikeln und Substanzen im Transwell-System 2. Aufklärung von Transportmechanismen für Nanopartikel an der BHS Die Transportuntersuchungen erfolgten in einem Zwei-Kammer- Transwell-System. Dieses besteht aus zwei Kompartimenten, die zum einen das Blut-Kreislauf-System und zum anderen das Gehirn darstellen sollen. Diese Kompartimente sind durch eine Membran getrennt, auf welche Gehirn-Kapillar-Endothelzellen ausgebracht werden. Membran und ausgebrachte Zellen stellen die BHS dar. Der Transport von Nanopartikeln oder Substanzen wurde durch den Nachweis von Fluoreszenz im Medium der zwei Kompartimente nachgewiesen. Die fluoreszierenden Nanopartikel oder die fluoreszierende Substanz wurden in das obere Donor-Kompartiment gegeben und zu den Zeitpunkten 2, 4, 6 und 24 Stunden wird die Fluoreszenz in Donor- und Akzeptor-Kompartiment gemessen und beurteilt. Bei diesen Transportstudien konnte gezeigt werden, dass dieses System für den Nachweis von Nanopartikel-Transport ungeeignet ist. So benötigen die Nanopartikel zur Überwindung der Membran ohne Zelllayer schon über 24 Stunden. Die Menge der ankommenden Nanopartikel im Akzeptor-Kompartiment war sehr gering. Substanz-Transport und BHS-charakteristische Eigenschaften lassen sich in diesem Modell jedoch gut nachweisen. So konnte die Aktivität der Efflux-Pumpe PgP anhand des Transportes von Rhodamin, einem PgP-Substrat, belegt werden. Während der Transport von Rhodamin nach Zugabe des PgP-Substrates nur eingeschränkt beobachtbar war, konnte der Transport des Rhodamins vom Donor-Kompartiment in das Akzeptor-Kompartiment nach Zugabe des PgP-Hemmers Verapamil innerhalb 4 Stunden nachgewiesen werden. Auch die TEER-erhöhende Wirkung von Hydrokortisol und somit verbesserter Barriereeigenschaften der Zellschicht konnte an diesem Modell nachgewiesen werden. Zur Aufklärung des Mechanismus eines erfolgreichen Nanopartikel-Transports über die Blut-Hirn-Schranke wurde zunächst der rezeptor-vermittelte Transport über den LDL-Rezeptor untersucht. Der LDL-R ist ein Mitglied der LDL-R-Familie welche neben anderen Organen vermehrt in Gehirn und BHS lokalisiert sind. Als Ligand fungiert bei dieser Rezeptorfamilie und insbesondere bei dem LDL-R das ApoE. Mittels ApoE-modifizierter HSA-Nanopartikel sollte eine spezifische Bindung der Transportsysteme über den gebundenen Liganden ApoE an zielspezifische Transport-Mechanismen wie den LDL-R nachgewiesen werden. Über diesen könnten die Nanopartikel endocytiert und der Arzneistoff an seinen Wirkort gebracht werden. Untersuchungen zu diesem Transport-Mechanismus erfolgten in verschiedenen Arbeitsschritten. So wird erst eine Optimierung des LDL-R-Nachweises auf den Zellen durchgeführt. Eine Leberzelllinie wurde auf LDL-R hin untersucht und die Rezeptorkonzentration durch Mehrfachkultivierung der Zellen optimiert. Nach 2-tägiger Kultivierung in lipidfreiem Serum und dem zweimaligen Sorten der Zellen mit einem Antikörper gegen den LDL-Rezeptor konnte ein Nachweis des Rezeptors von 70-90% erreicht werden. Nächster Schritt war die Untersuchung der Bindung von ApoE-modifizierten Nanopartikeln an verschiedenen Zelllinien mit unterschiedlichem LDL-R-Nachweis, gefolgt von Untersuchungen zur Bindungsspezifität. In diesen Untersuchungen sollte die Spezifität dieser Bindung durch Präinkubationen mit einen Antikörper gegen die Liganden-Bindungsstelle und freiem ApoE nachgewiesen werden. Eine Bindung der ApoE-modifierten HSA-Nanopartikel konnte an Endothelzellen des Gehirns nachgewiesen werden. Sowohl die primär isolierten porcinen brain capillary endothelial cells (pBCEC), als auch die Maus-Gehirn-Endothelzelllinie bEnd3 wiesen eine prozentuale Bindung von ApoE-modifizierten Nanopartikeln von über 70% auf. Eine Bindung dieser Partikel an andere getestete Zelllinien mit BHS-Eigenschaften oder einem hohen Nachweis an LDL-R konnte nicht gezeigt werden. Eine Hemmung der Bindung von ApoEmodifizierten Nanopartikeln an Gehirn-Endothelzellen war nicht oder nur geringfügig möglich. So konnte durch eine Präinkubation mit dem Antikörper keine Reduktion der Bindung erreicht werden. Die Präinkubation mit freiem ApoE führte hingegen zu einer sehr geringen Erniedrigung der Bindungsaffinität der ApoE-modifizierten Nanopartikel. Zu beachten war hierbei noch die geringe nachweisbare Bindung von freiem ApoE an die Zellen. In Versuchen zur Bindung von freiem ApoE war eine prozentuale Bindung von freiem ApoE an die Zellen von nur etwa 20% nachweisbar. Bei einer solch geringen Bindung des freien Liganden kann also auch nicht von einer hohen Hemm-Wirkung ausgegangen werden. Es muß nach diesen Untersuchungen davon ausgegangen werden, dass ein ApoE- und Gehirn-Endothelzell-spezifischer Mechansimus am Transport von ApoEmodifizierten Nanopartikeln beteiligt ist. Der untersuchte LDL-R spielt hierbei keine oder nur eine sehr untergeordnete Rolle. Abschließend wurden noch Nanopartikel mit gebundenen ApoE-Mutanten auf ihre Bindung an Zellen getestet. Die modifizierten ApoE-Liganden unterschieden sich in dem Austausch von Aminosäuren in der Ligand-Bindunsdomäne. In Bindungsuntersuchungen konnte bei diesen ApoE-Varianten kein Unterschied in deren Affinität zu Zellen aufgezeigt werden. Dieser Austausch von Aminosäuren in der Liganden-Bindungsstelle hatte keinerlei Auswirkung auf deren Bindung an die Zellen, was wiederum für einen LDL-R unabhängigen Transport-Mechanismus spricht. Am Ende der vorliegenden Arbeit wurde noch ein alternativer Transport-Mechanismus untersucht. Das Heparansulfat-Proteoglykan (HSPG) als alternativer Mechansimus weist Heparin-Bindungsdomänen auf, die der LDL-R Bindungsdomäne sehr ähnlich sind und bekannterweise in der Lage sind, LDL-Partikel zu internalisiseren. Heparinase I kann die anionischen Heparansulfat-Seitenketten entfernen und somit den Internalisierungsmechanismus über das HSPG beeinträchtigen. Untersuchungen zum HSPG und eine Vorinkubation mit verschiedenen Konzentrationen an Heparinase I deuteten auf eine wichtige Rolle des HSPG im Bindungs- und Internalisierungsmechanismus für ApoE-PEG-HSA-NP hin. Die Affinität der ApoE- modifizierten Nanopartikel konnte durch einen Heparinase-Enzymverdau deutlich erniedrigt werden. Auch führte der Einsatz unterschiedlicher Heparinase I-Konzentrationen zu der Annahme, dass es sich um eine konzentrationsabhängige Beeinträchtigung des Mechanimus handelte. So erreichten 10 Units/ml eine weitaus größere Hemmung der ApoE-PEG-HSA-NP-Bindung als Konzentrationen von 2-5 Units/ml. Strukturelle Ähnlichkeiten des ApoEs mit zellpenetrierenden Peptiden sprechen dafür, dass neben dem HSPG noch andere Translokationsmechanismen von Bedeutung sein könnten.

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Metadaten
Author:Anke Schwedat
URN:urn:nbn:de:hebis:30-28157
Document Type:Doctoral Thesis
Language:German
Date of Publication (online):2006/06/20
Year of first Publication:2006
Publishing Institution:Universitätsbibliothek Johann Christian Senckenberg
Granting Institution:Johann Wolfgang Goethe-Universität
Date of final exam:2006/06/06
Release Date:2006/06/20
HeBIS-PPN:178923648
Institutes:Biochemie, Chemie und Pharmazie / Biochemie und Chemie
Dewey Decimal Classification:5 Naturwissenschaften und Mathematik / 54 Chemie / 540 Chemie und zugeordnete Wissenschaften
Licence (German):License LogoDeutsches Urheberrecht