Untersuchungen zum Krankheitsverlauf bei 15 Patienten mit thrombotisch-thrombozytopenischer Purpura zwischen 1982 und 2001 unter besonderer Berücksichtigung von vWF:Ag, vWF-spaltender Protease, C-reaktivem Protein, Thrombozytenzahl und Lactatdehydrogenase hinsichtlich Rezidivgefährdung und Prognose

  • Die thrombotisch-thrombozytopenische Purpura (TTP, Moschcowitz-Syndrom) ist eine seltene, durch mikroangiopathische hämolytische Anämie mit Fragmentozyten, Thrombopenie und neurologische Symptome gekennzeichnete Erkrankung, die 1924 erstmals durch Eli Moschcowitz beschrieben wurde. Nachdem über viele Jahre hinweg aufgrund der unbekannten Pathophysiologie und mangelnder Therapieoptionen eine Mortalität der akuten Erkrankung von mehr als 90% beobachtet wurde, haben in den letzten Jahren die Entdeckung zugrundeliegender Pathomechanismen und die sich daraus ergebenden Therapiemöglichkeiten zu einer wesentlichen Prognoseverbesserung geführt. So konnte 1998 durch Furlan et al. eine Metalloprotease (von Willebrand factor-cleaving protease) dargestellt und quantifiziert werden, deren Mangel oder Fehlfunktion zu einer unzureichenden Lyse von abnorm großen von Willebrand-Faktor Multimeren führt, die bei gesunden Menschen physiologischerweise durch die Protease abgebaut werden, mit der Folge einer thrombotischen Obliteration kleiner und mittlerer Gefäße. Einerseits findet sich eine familiäre Form des Proteasemangels mit autosomal rezessivem Erbgang, andererseits in der Mehrzahl der Fälle eine erworbene Form mit Nachweis eines gegen die Protease gerichteten IgG-Inhibitormoleküles. Als Triggerfaktoren der akuten TTP gelten unter anderem virale und bakterielle Infektionen, verschiedene Medikamente und Chemikalien, Autoinununerkrankungen, Tumore und Schwangerschaft. In vielen Fällen bleibt der auslösende Faktor jedoch auch unklar. Grundlage der modernen Therapie ist der Plasmaaustausch durch Plasmapherese, wodurch einerseits die Inhibitoren der Protease ausgewaschen werden, andererseits Protease substituiert wird. Begleitend werden meist Steroide, in therapieresistenten Fällen ergänzt durch Vincristin oder Immunsuppressiva gegeben. Diese Arbeit untersucht den Krankheitsverlaufbei 15 TTP-Patienten zwischen 1982 und 2001 retrospektiv mittels der Auswertung stationärer und ambulanter Krankenakten. Neben der Beschreibung der wichtigsten präklinischen und klinischen Symptome und Begleiterkrankungen, der Dauer bis zur Diagnose der Erkrankung, der eingeleiteten Therapiemaßnahmen und des klinischen Verlaufes, wurde die Bedeutung der von Willebrand-Faktor: Ag-Konzentration, der vWF:Ag-spaltenden Protease, des C-reaktiven Proteines sowie der Thrombozytenzahl und Lactatdehydrogenase hinsichtlich Verlauf, Prognose und Rezidivgefahrdung besonders berücksichtigt. Das Verhältnis von weiblichen zu männlichen Patienten lag bei 3:2, das mittlere Erstmanifestationsalter der Frauen bei 30,2, das der Männer bei 44,8 Jahren. Nikotinkonsum fand sich überdurchschnittlich häufig und stark. Bei mehr als einem Drittel der TTP-Ereignisse fand sich vorausgehend ein gastrointestinaler oder Atemwegsinfekt, bei 2 Patientinnen waren 4 Ereignisse schwangerschaftsassoziiert. 5 von 9 weiblichen Patientinnen nahmen vor Erstmanifestation hormonelle Kontrazeptiva ein. Die Rezidivereignisse wurden erheblich früher diagnostiziert und therapiert als die Erstmanifestationen, was zu einer deutlich kürzeren Behandlungsdauer und einer erheblich geringerer Komplikationsrate führte. Das klinische Bild der Ersttnanifestationen war erheblich stärker von neurologischen Komplikationen, Hauterscheinungen und Allgemeinsymptomen gekennzeichnet als die Rezidive. Rezidive wurden teilweise noch im asymptomatischen Stadiwn ruthand von Laborkontrollen (Thrombozytenzahl, LDH, Fragmentozyten) diagnostiziert. 8 Patienten erlitten mindestens ein Rezidiv, 6 bleiben rezidivfrei, eine Patientin verstarb in der Erstmanifestation. Rezidivpatienten waren zum Zeitpunkt der Ersttnanifestation im MitteljÜßger als die Patienten ohne Rezidiv. Die Dauer der Erstmanifestation bei Rezidiv- bzw. non-Rezidivpatienten war nicht wesentlich verschieden, die Rezidive jedoch deutlich kürzer als die Erstmanifestationen, was vermutlich als Folge des früheren Behandlungsbeginnes zn werten ist. Wichtigste Laborpararneter zur Verlaufsbeurteilung der TTP waren Thrombozytenzahl und Lactatdehydrogenase (LDH). Bei den Erstmanifestationen fand sich im Durchschnitt eine wesentlich höhere LDH und niedrigere Thrombozytenzahl als bei den Rezidiven. Da gleichzeitig eine längere Behandlungsdauer gesehen wurde, kann vermutet werden, dass bei Rezidiven mit nur leicht oder mäßig ausgeprägten Veränderungen der LDH und Thrombozytenzahl im Vergleich zn Erstmanifestationen mit deutlich ausgeprägten pathologischen Laborparrunetern eine günstigere Prognose hinsichtlich Verlauf und Behandlungsdauer gestellt werden kann. Die im Akutstadium gemessenen vWF:Ag-Konzentration lag bei den schwerer verlaufenden Ers1manifestationen höher als bei den Rezidiven, so dass auch dieser Parameter zur Einschätzung der Schwere des akuten Krankheitsbildes geeignet scheint. Ob eine erhöhte Rezidivgefährdung oder eine besonders lange Behandlungspflichtigkeit bei Patienten mit im Akutstadiwn oder Remission stärker erhöht gemessener vWF:Ag-Konzentration besteht, muss arthand größerer Patientenzahlen untersucht werden. Patienten mit in Remissionsphasen deutlich erniedrigter oder nicht nachweisbarer Aktivität der vWF-cleaving protease zeigten eine höhere Rezidivhäufigkeit, als Patienten mit nur leicht erniedrigten oder normalen Werten. Ein wesentlicher Unterschied hinsichtlich der Behandlungsdauer im Akutstadium konnte nicht gesehen werden. Die Konzentration des C-reaktiven Proteines im Akutstadiwn scheint ebenso wie LDH, Thrombozytenzahl und vWF:Ag-Konzentration als Parameter zur Einschätzung der Schwere des akuten Krankheitsbildes geeignet. Ob auch eine Einschätzung der zn erwartenden Behandlungsdauer hierdurch möglich ist, müssen weitere Untersuchungen an einem größeren Patientenkollektiv zeigen.
  • The thrombotic thrombocytopenic purpura (TTP), first described by Moschcowitz in 1924, is a rare disease, characterized by microangiopathic hemolytic anemia with fragmentocytes, thrombocytopenia and neurological symptoms. Since then, because of the unknown pathophysiology and ineffective therapy options, a mortality of 90% and more has been documented. In recent years, the discovery of some of the pathomechanisms and the more effective treatments have led to a steady improvement in prognosis. Therefore a metalloprotease (von Willebrand factor-cleaving protease, cp) was able to be described and quantified by Furlan et a!. in 1998. A lack or dysfunction of this protease leads to an inadequate degradation of the ultra large multimeres (ULM) of von Willebrand factor, with the result of an obstruction of the small and medium sized vessels. On the one hand there is a familiar type of deficiency with autosomal recessive transmission. On the other hand, in the majority of cases, there is an acquired fonn with evidence of an inhibitor (lgG-autoantibodies), which neutralizes the protease. Viral and bacterial infections, various medications and chemicals, autoimmune diseases, tumours and pregnancy count as triggering factors of acute TTP. In many cases the triggering factor still remains unclear. The basis of modem treatment is plasma exchange by plasmapheresis. Through this the plasma is cleansed of protease inhibitors while protease is substituted by FFP. Steroids are augmented with vincristine or immunosuppressive agents in therapy resistant cases. This study examines the course of illness in 15 TTP patients between 1982 and 2001 through a retrospective analysis of in- and out-patient clinical records. The most important pre- and postclinical symptoms and accompanying illnesses, the duration until diagnosis of the disease, the type and course of treatment are discussed. Particular emphasis is made upon vWF:Ag concentration, vWF:Ag cleaving protease, c-reactive protein, lactate dehydrogenase and thrombocyte count in regards to the course, prognosis and likelihood of relapses of the disease. The ratio of female to male patients is 3 :2, with the average age of first manifestation in women at 30,2 years old, and at 44,8 in men. An above average rate of nicotine consumption, both in number and intensity, was found amongst the study group. In more than a 1/3 of the TTP episodes, a precursory gastrointestinal or respiratory infection was found. In 2 cases, 4 episodes were associated with pregnancy. 5 of the 9 female patients had taken hormonal contraceptives before the first manifestation of the disease. Relapses were diagnosed and treated earlier than in the initial manifestation. This led to a shOlter duration of treatment and a decrease in the rate of complications. The cutaneous bleedings, neurological complications and general symptoms were especially stronger in the first manifestation than in the relapses. Relapses were partly diagnosed in the latent stages through blood tests (thrombocyte count, fragmentocytes, lactate dehydrogenase). 8 patients suffered at least one relapse, 6 remained relapse free and one died in the first manifestation. Relapse patients were generally younger at the time of first manifestation than the patients who had not suffered a relapse. The duration of the first episode in patients with and without relapses was not particularly different. The relapses were clearly shorter in duration than the initial episode, presumably due to earlier treatment. A higher level of lactate dehydrogenase and a lower thrombocyte count in the first episode than in the relapses were generally found. At the same time a longer treatment period in the first episode can be seen. The conclusion can be drawn, that in relapses with a slight or moderate change in the lactate dehydrogenase and thrombocyte count in comparison with first manifestation, a more favourable prognosis can be made, especially in regards to the course and treatment duration. A higher vWF:Ag concentration was measured in the more severe first episodes than in the relapses. This seems to be a suitable indicator of the severity of the acute illness. To see if there is an increased likelihood of relapses or a need for an extended treatment period in patients who in acute stages or remission have an especially high concentration ofvWF:Ag, a larger number of patients must be examined. Patients in remission with clearly lowered or immeasurable activity ofvWF:Ag- cleaving protease, showed a higher occurrence of relapses than patients with only slightly lowered or normal values. A clear difference regarding the length of treatment in the acute stage could not be seen. The concentration of the c- reactive protein in the acute stage seems to be just as suitable as lactate dehydrogenase, thrombocyte count, and vWF:Ag concentration for the assessment of the severity of the acute stage of TTP. Examination of a larger number of patients would have to be carried out, to see if an assessment of the expected duration of treatment is possible through this.

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Metadaten
Author:Ulf Mosebach
URN:urn:nbn:de:hebis:30-76225
Referee:Inge ScharrerGND
Document Type:Doctoral Thesis
Language:German
Date of Publication (online):2010/04/16
Year of first Publication:2003
Publishing Institution:Universitätsbibliothek Johann Christian Senckenberg
Granting Institution:Johann Wolfgang Goethe-Universität
Date of final exam:2004/05/25
Release Date:2010/04/16
HeBIS-PPN:222812214
Institutes:Medizin / Medizin
Dewey Decimal Classification:6 Technik, Medizin, angewandte Wissenschaften / 61 Medizin und Gesundheit / 610 Medizin und Gesundheit
Licence (German):License LogoDeutsches Urheberrecht