The role of rule knowledge in inductive reasoning
- Die Dissertation befasst sich mit den kognitiven Prozessen die Intelligenz ausmachen und ist in drei Teile aufgeteilt. Der erste Teil rezensiert den Beitrag kognitiver und nicht-kognitiver Variablen zur Vorhersage von Hochbegabung in einer Altersspanne die von der Geburt bis zur Einschulung reicht. Aus dem nicht-kognitiven Bereich stammen Konstrukte wie Schlafverhalten, motivationale Faktoren wie Neugier und Interesse, und deren Interaktion mit dem sozialen Umfeld. Kognitive Variablen stellen frühe, außergewöhnliche Sprach-, Lese-, Schreib- und Rechenfähigkeiten dar, sowie Intelligenzquotienten, die mit den gängigsten testpsychologischen Verfahren ermittelt werden, und Komponenten der Informationsverarbeitung wie Habituation und Arbeitsgedächtnis. Trotz der Berichte über mittlere Korrelation ist die aktuelle Datenlage kritisch zu betrachten und weist eine niedrige Vorhersagevalidität der Frühprognose von Hochbegabung auf. Es wird mit dem dynamischen Modell der Intelligenz argumentiert, nach dem die mangelnde prognostische Validität und die Unzuverlässigkeit der kognitiven Vorhersageindikatoren auf die Annahme zurückzuführen sind, dass kognitive Prozesse unabhängig voneinander sind. Erst im Laufe des Lebens werden diese immer häufiger miteinander verknüpft und korreliert (Mutualismus). Das bedeutet, es findet eine zunehmende Integration kognitiver Prozesse statt und daraus resultiert der g-Faktor.
Doch das Arbeitsgedächtnis spielt weiterhin eine zentrale Rolle in Bezug auf Intelligenz, wenn nicht im Säuglingsalter, dann zumindest ab dem Vorschulalter und besonders im Erwachsenenalter. Arbeitsgedächtniskapazität stellt das Ausmaß an Fähigkeit dar, Informationen simultan zu speichern und zu verarbeiten, ohne die Notwendigkeit auf Vorwissen zurückzugreifen. Es kann damit als eng umschriebener kognitiver Prozess aufgefasst werden. Vorherige Forschungsarbeiten haben bereits deutlich gezeigt, dass Arbeitsgedächtnis und Intelligenz korrelativ stark zusammenhängen. Das ist durchaus überraschend, denn die Aufgaben und Tests mit denen die Konstrukte jeweils erfasst werden können sich oberflächlich stark unterscheiden. Um fluide Intelligenz valide erfassen zu können, sind Aufgaben zum induktiven Denken, wie zum Beispiel Matrix-Aufgaben, sehr beliebt. Im Rahmen der zweiten Arbeit hat man sich dem Einfluss der Prozesse Zielmanagement und Regel-Induktion auf den Zusammenhang zwischen Arbeitsgedächtnis und Problemlösung der Matrix-Aufgaben gewidmet. Zielmanagement wurde bereits zuvor mit dem Arbeitsgedächtnis in Verbindung gebracht jedoch war die Befundlage hinsichtlich der Regel-Induktion unklar. Daher sollte die Hypothese ob Regel-Induktion unabhängig vom Arbeitsgedächtnis ist, in einem kritischen Experiment überprüft werden. Bei Neutralisierung der Notwendigkeit für Regelinduktion, indem den Probanden die Regeln im Voraus erklärt wurden, konnte man einen erhöhten Zusammenhang zwischen dem Arbeitsgedächtnis und der Leistung in der Matrix-Aufgabe erkennen. Das deutete in der Tat darauf hin, dass Regel-Induktion nicht vom Arbeitsgedächtnis abhängig ist, zumindest nicht im gleichen Maße wie Zielmanagement. Darüber hinaus zeigte sich: Die Kenntnis der Regeln beeinflusst den Problemlöseprozess. Eye-Tracking-Messungen weisen auf eine konstruktive Anpassungsstrategie in der Experimentalbedingung (mit Regelwissen) hin. Basierend auf den Erkenntnissen aus vier Experimenten, wird mit zwei möglichen Mechanismen argumentiert, die die Steigerung des Zusammenhangs zwischen Arbeitsgedächtnis und Matrix-Problemlösen in der Experimentalgruppe erklären könnten.
Alternativ zur zuvor angenommenen Unabhängigkeit von Regel-Induktion und Arbeitsgedächtnis, könnte die erhöhte Korrelation bei bekannten Regeln auch mit der beobachteten Strategieänderung erklärbar sein. Die dritte und letzte Arbeit widmete sich deshalb erneut dieser Fragestellung. Erneut kamen Matrix-Aufgaben zum Einsatz und es wurden Testleistung, Augenbewegung und Reaktionszeiten erhoben, um den Einfluss von Regelwissen zu erfassen. Es zeigte sich die Anwendung einer effektiveren Lösungsstrategie in der Experimentalbedingung. Anhand der Eye-Tracking Messung wurde gezeigt, dass Probanden mit Regelwissen über einen längeren Zeitraum das problemrelevante Areal der Matrix-Aufgabe fixieren, und eine niedrigere Frequenz an Sakkaden zwischen diesem Areal und den Antwortalternativen aufwiesen.
Weitere Einflussvariablen auf die Lösestrategie stellen Schwierigkeit der Aufgabe und Fähigkeiten des Probanden dar. Diese weisen einen differenziellen Einfluss auf zwei Subgruppen von Indikatoren der Augenbewegungsmessung auf, die in Relation zu den Reaktionszeiten gesetzt wurden um ein besseres Verständnis dieser Variablen zu erzielen. Es wird vermutet, dass Variablen wie Augenbewegungen und Reaktionszeiten das Ausmaß des Entstehens von mentalen Modellen während des logischen Denkens widerspiegeln. Unter der Annahme dass die Komplexität von Mentalen Modellen mit einer gewissen Belastung für das Arbeitsgedächtnis einhergeht, lassen sich auch vorherige Ergebnisse mit dieser Hypothese in Einklang bringen. Abschließend werden die grundlegenden kognitiven Prozesse des induktiven Denkens diskutiert und ein Ausblick auf zukünftige Intelligenzmessung angeboten.