Vom Rausch zur Ernüchterung : die Wortgewalt deutschsprachiger Autoren und Autorinnen im Ersten Weltkrieg

  • Nicht selten waren es im Übrigen dieselben Autoren, die zunächst mit heftig-expressiven Worten den Krieg herbeigeredet hatten; die ihn als existenzielles, ästhetisches und erotisches Überwältigungserlebnis feierten und die – zumal nach den blutigen Ernüchterungen von Langemarck und anderen Schlachterlebnissen in der Frühphase des Ersten Weltkriegs – sein Zerstörungswerk und die mit ihm verbundenen materiellen und ideellen Katastrophen entsetzt und erschüttert, leidenschaftlich und in messianisch-erlösungsgieriger Manier zu verbannen versuchten. Die sog. expressionistische Generation ist für diese "Ambivalenz" das immer wieder zitierte Beispiel; auch wenn der Terminus "Ambivalenz" in meiner Sicht für einen solchen Wandel vom Kriegstaumel zum Pazifismus eigentümlich euphemistisch klingt. Ich möchte im Folgenden an einigen Beispielen den rhetorischen und thematischen, den stilistischen und den analytischen Überschwang veranschaulichen, mit dem Autoren und Autorinnen vor, während und nach dem Ersten Weltkrieg die Gewalt der Zerstörung entweder ersehnten oder beklagten, bejubelten oder betrauerten (vgl. Buelens 2014). Das Spektrum von hierfür möglichen Autoren und Texten, Positionen und Publikationen ist viel zu groß, als dass die folgenden Überlegungen Anspruch auf Repräsentativität erheben könnten; mit der getroffenen Auswahl soll gleichwohl der hier interessierende Konnex zwischen Wortgewalt und Kriegserfahrung möglichst aussagekräftig vergegenwärtigt werden.
  • Quite a number of authors yearned for and welcomed the conglobation and the beginning of World War I with expressionist emphasis and apocalyptic visions, among them Georg Heym, Rainer Maria Rilke, and Georg Trakl. Eloquently and at the same time with avant-garde language power, an entire generation of young authors celebrated war as a cathartic state of rapture, and death on the battlefield as the fulfilment of an uneventful flow of life. Yet the pacifist and war-critical voices among the male and female German-speaking authors also tried to develop an extremely high degree of innovative word power to stand against the destructive events of war. Józef Wittlin’s fragmentary novel "Das Salz der Erde (Salt of the Earth, 1937) is an excellent example, since it shows the violence of war as the militarization of the individual and the collective inner life and as a 'cult of subordination' permanently threatening civilization.

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Metadaten
Author:Irmela von der Lühe
URN:urn:nbn:de:hebis:30:3-566733
URL:https://wp.sung.sk/szfg-2017-jahrgang-9/
ISSN:1338-0796
Parent Title (German):Slowakische Zeitschrift für Germanistik
Title Additional (English):From Rapture to Disillusion: the Eloquence of Male and Female German-speaking Authors in World War I
Publisher:Verband der Deutschlehrer und Germanisten der Slowakei
Place of publication:Bratislava
Document Type:Article
Language:German
Date of Publication (online):2021/08/20
Year of first Publication:2017
Publishing Institution:Universitätsbibliothek Johann Christian Senckenberg
Release Date:2021/08/20
Tag:Expressionism; Georg Heym; Józef Wittlin; Militarization; Word power; World War I
GND Keyword:Wittlin, Józef; Heym, Georg; Weltkrieg <1914-1918>; Expressionismus; Großmacht; Militarismus
Volume:9
Issue:2
Page Number:11
First Page:9
Last Page:19
HeBIS-PPN:48721756X
Dewey Decimal Classification:4 Sprache / 43 Deutsch, germanische Sprachen allgemein / 430 Germanische Sprachen; Deutsch
8 Literatur / 83 Deutsche und verwandte Literaturen / 830 Literaturen germanischer Sprachen; Deutsche Literatur
Sammlungen:Germanistik / GiNDok
BDSL-Klassifikation:17.00.00 20. Jahrhundert (1914-1945) / BDSL-Klassifikation: 17.00.00 20. Jahrhundert (1914-1945) > 17.04.00 Studien
Zeitschriften / Jahresberichte:Slowakische Zeitschrift für Germanistik / Slowakische Zeitschrift für Germanistik 9.2017,2
:urn:nbn:de:hebis:30:3-566801
Licence (German):License LogoDeutsches Urheberrecht