Von der (Un)gleichzeitigkeit des (Un)Gleichzeitigen : moderne Literatur und die Poiesis eines unbequemen Verhältnisses
- Wie vielleicht schon die kippenden Bezüge, insbesondere des timeshifters "Now", in den ersten Versen von "Richard III" aufzuzeigen vermögen, adelt Tom Bishop (Shakespeare and the Theatre of Wonder) Shakespeare völlig zu Recht dafür, auf metatheatrale Weise die Zuschauer*innen auf das Spiel zwischen den Zeiten, auf die Gleichzeitigkeit von Ungleichzeitigem in der Performanz des Theaters aufmerksam zu machen. Shakespeares Tanz auf der Fiktionsgrenze, zwischen den Zeiten, beschränkt sich aber nicht auf Aufklärungsarbeit über die Funktionsweise des Mediums Theater. Sein Spiel mit dem schillernden "Now" ist radikaler, weil es auch die rahmende Gegenwart (der Rezeption) - die Gleichzeitigkeit - erfasst, auf der das theatertypische Spiel zwischen den Zeiten bequem aufruht. Diese These soll im Folgenden an Shakespeares Tempest knapp skizziert werden. [...] Der zweite Text, den ich einer ausführlicheren Lektüre im Hinblick auf ein unbequemes Verhältnis der Zeiten unterziehen möchte, ist so klassisch, dass die Beschäftigung mit ihm fast verzichtbar erscheint: Laurence Sternes "Tristram Shandy". Sternes Meisterwerk ist für die Frage nach der Poiesis der Un(-Gleichzeitigkeit) des Un(gleichzeitigen) aber nicht nur ein historischer Meilenstein, sondern erweist sich bei näherem Hinsehen auch als herausfordernd komplex. [...] Sternes "Tristram Shandy" stellt den Leser*innen den Zwie-gang ('di-gression') einer (Un)gleichzeitigkeit des (Un-)Gleichzeitigen vor Augen. Die sonderbare Erzählmaschine konfrontiert die Leser*innen mit ihrem bizarren, staunenerregenden und erheiternden Mechanismus - der sich zu erkennen gibt, thematisch aber nicht in die erzählte Welt rückgebunden ist. Die Maschine hat zudem außerhalb der Narration kein Korrelat, sie kann deshalb ein Kuriosum bleiben, das wenige Folgen zeitigt für die Art, wie wir 'unsere' nichtfiktive Welt ordnen und ihr Sinn geben. In just jenem Zug unterscheidet sich Sternes Roman von Marcel Prousts monumentaler "À la recherche du temps perdu", der die verbleibenden Seiten dieses Artikels gewidmet sein sollen.
Author: | Johannes UngelenkORCiDGND |
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URN: | urn:nbn:de:hebis:30:3-672066 |
ISBN: | 978-3-8498-1659-9 |
ISBN: | 978-3-8498-1726-8 |
ISBN: | 978-3-8498-1727-5 |
ISSN: | 1432-5306 |
Parent Title (German): | Komparatistik : Jahrbuch der Deutschen Gesellschaft für Allgemeine und Vergleichende Literaturwissenschaft |
Publisher: | Aisthesis |
Place of publication: | Bielefeld |
Document Type: | Article |
Language: | German |
Date of Publication (online): | 2022/03/22 |
Year of first Publication: | 2021 |
Publishing Institution: | Universitätsbibliothek Johann Christian Senckenberg |
Release Date: | 2022/03/22 |
GND Keyword: | Shakespeare, William; The tempest; Sterne, Laurence; The life and opinions of Tristram Shandy, gentleman; Proust, Marcel; À la recherche du temps perdu; Zeit; Gleichzeitigkeit; Ungleichzeitigkeit |
Volume: | 2019 |
Page Number: | 26 |
First Page: | 96 |
Last Page: | 120 |
HeBIS-PPN: | 494119861 |
Dewey Decimal Classification: | 8 Literatur / 80 Literatur, Rhetorik, Literaturwissenschaft / 800 Literatur und Rhetorik |
8 Literatur / 82 Englische, altenglische Literaturen / 820 Englische, altenglische Literaturen | |
8 Literatur / 84 Französische und verwandte Literaturen / 840 Literaturen romanischer Sprachen; Französische Literatur | |
Sammlungen: | CompaRe | Allgemeine und Vergleichende Literaturwissenschaft |
CompaRe | Allgemeine und Vergleichende Literaturwissenschaft / Aisthesis Verlag | |
Zeitschriften / Jahresberichte: | Komparatistik : Jahrbuch der Deutschen Gesellschaft für Allgemeine und Vergleichende Literaturwissenschaft / Komparatistik : Jahrbuch der Deutschen Gesellschaft für Allgemeine und Vergleichende Literaturwissenschaft ; 2019 |
: | urn:nbn:de:hebis:30:3-671977 |
Licence (German): | Creative Commons - Namensnennung-Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0 |