Exilograph : Newsletter Nr. 24, Frühjahr 2016

  • Erfahrungen von Vertreibung und Exil nach 1933 werden in einer bemerkenswert großen Zahl von autobiografischen Texten bezeugt. Die oft traumatischen Erschütterungen, die mit Ausgrenzung, Vertreibung sowie existentiellen Verlusten einhergehen, aber auch die vielfältigen Herausforderungen durch die Konfrontation mit fremden Ländern, Sprachen und Kulturen sind offenkundig Auslöser für Schreibprojekte, die das Zerbrechen von Gewissheiten und Identitäten vorführen und reflektieren, aber auch darauf zielen, Brüche und Verletzungen zu überwinden und zu heilen. Elisabeth Bronfen hat in diesem Zusammenhang mit Bezug auf eine Formulierung Freuds davon gesprochen, dass Exilerzählungen als eine Art "Schutzdichtung" beschrieben werden könnten: Als sinnstiftende Narrative tragen sie dazu bei, den verlorenen Bezug zu vertrauten Welten zu kompensieren und Selbstvergewisserung und Neuerfindung des Selbst zu ermöglichen. Wenn sie dennoch auf Erlebtes bezogen sind, so nicht in einem Sinne einfacher Nacherzählung oder Repräsentation. Gilt prinzipiell für jede Autobiografie, dass das Schreiben des Lebens dieses nicht einfach mehr oder weniger genau wiedergibt, sondern in der sprachlichen Gestaltung immer auch konstruiert, so zeigt sich dies in autobiografischen Erzählungen über das Exil besonders zugespitzt: Ein Verstehen der Wirklichkeit erscheint nicht mehr möglich, wo die Zusammengehörigkeit von Ich und vertrauter Welt grundsätzlich in Frage gestellt ist und kulturelle Traditionen, auf die sich das Ich schreibend beziehen könnte, offenbar nachhaltig zertrümmert sind.

Volltext Dateien herunterladen

Metadaten exportieren

Weitere Dienste

Teilen auf Twitter Suche bei Google Scholar
Metadaten
URN:urn:nbn:de:hebis:30:3-428144
URL:https://www.exilforschung.uni-hamburg.de/forschung/publikationen/exilograph/pdf/exilograph24.pdf
ISSN:2366-7427
ISSN:2366-7435
Titel des übergeordneten Werkes (Deutsch):Exilograph : Newsletter der Walter A. Berendson-Forschungsstelle für Deutsche Exilliteratur
Verlag:Walter-A.-Berendson-Forschungsstelle für Deutsche Exilliteratur
Verlagsort:Hamburg
Dokumentart:Ausgabe (Heft) zu einer Zeitschrift
Sprache:Deutsch
Jahr der Fertigstellung:2016
Jahr der Erstveröffentlichung:2016
Veröffentlichende Institution:Universitätsbibliothek Johann Christian Senckenberg
Datum der Freischaltung:08.02.2017
GND-Schlagwort:Deutsch; Exilliteratur; Autobiografische Literatur
Jahrgang:2016
Ausgabe / Heft:24
Seitenzahl:20
DDC-Klassifikation:8 Literatur / 80 Literatur, Rhetorik, Literaturwissenschaft / 800 Literatur und Rhetorik
Sammlungen:Germanistik / GiNDok
CompaRe | Allgemeine und Vergleichende Literaturwissenschaft
BDSL-Klassifikation:04.00.00 Allgemeine Literaturgeschichte / BDSL-Klassifikation: 04.00.00 Allgemeine Literaturgeschichte > 04.05.00 Antike und abendländische Literatur
17.00.00 20. Jahrhundert (1914-1945) / BDSL-Klassifikation: 17.00.00 20. Jahrhundert (1914-1945) > 17.15.00 Exilliteratur
Zeitschriften / Jahresberichte:Exilograph : Newsletter der Walter A. Berendson-Forschungsstelle für Deutsche Exilliteratur
Übergeordnete Einheit:urn:nbn:de:hebis:30:3-316333
Lizenz (Deutsch):License LogoDeutsches Urheberrecht