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"Dilettantenarbeit" : Virtuosität und performative Pfuscherei

  • Im 48. Kapitel von Robert Musils "Mann ohne Eigenschaften" lesen wir folgende Beschreibung des deutschen Finanzmagnaten und 'Großschriftstellers' Paul Arnheim: "Die Ausflüge in Gebiete der Wissenschaften, die er unternahm, um seine allgemeinen Auffassungen zu stützen, genügten freilich nicht immer den strengsten Anforderungen. Sie zeigten wohl ein spielendes Verfügen über eine große Belesenheit, aber der Fachmann fand unweigerlich in ihnen jene kleinen Unrichtigkeiten und Mißverständnisse, an denen man eine Dilettantenarbeit so genau erkennen kann, wie sich schon an der Naht ein Kleid, das von der Hausschneiderin gemacht ist, von einem unterscheiden läßt, das aus einem richtigen Atelier stammt. Nur darf man durchaus nicht glauben, daß das Fachleute hinderte, Arnheim zu bewundern." Auch wenn es so scheinen mag, als werde mit diesem Zitat der Rahmen der romantischen Schöpfungsästhetik gesprengt: Hier klingen einige Leitmotive nach, die 'um 1800' die Auseinandersetzung um den 'wahren Künstler' bestimmen. So könnte man fragen, ob der Großschriftsteller Arnheim in der zitierten Passage nicht nur als Dilettant, sondern auch als Virtuose markiert .wird. Als dilettantischer Nicht-Fachmann genügt er nicht immer den "strengsten Anforderungen", zeichnet sich aber durch ein "spielendes Verfügen" über sein angelesenes Wissen aus. Deutet der Umstand, dass ihn die Fachleute bewundern, darauf hin, dass Arnheims "spielendes Verfügen" als virtuose Verbindungsgabe Ansehen findet, auch wenn die Nahtstellen die Dilettantenarbeit erkennen lassen? Und warum wird die Dilettantenarbeit mit der Naht der Hausschneiderin in Analogie gesetzt? Ganz abgesehen davon, dass mit der Maßschneiderei generell das Problem der Angemessenheit aufgeworfen wird: Warum sollte die Hausschneiderin schlechter nähen als das richtige Atelier?

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Metadaten
Verfasserangaben:Uwe Wirth
URN:urn:nbn:de:hebis:30:3-296605
URL:http://www.uni-giessen.de/cms/fbz/fb05/germanistik/abliteratur/ndlk/forschung/publikationsliste-prof-dr-uwe-wirth/resolveuid/499af57ce5e591769e4c55879903b9ae
ISBN:978-3-8260-4593-6
Titel des übergeordneten Werkes (Deutsch):Genie - Virtuose - Dilettant : Konfigurationen romantischer Schöpfungsästhetik / hrsg. von Gabriele Brandstetter ... In Verbindung mit Alexander von Bormann ...
Verlag:Königshausen und Neumann
Verlagsort:Würzburg
Dokumentart:Teil eines Buches (Kapitel)
Sprache:Deutsch
Datum der Veröffentlichung (online):03.04.2013
Jahr der Erstveröffentlichung:2011
Veröffentlichende Institution:Universitätsbibliothek Johann Christian Senckenberg
Datum der Freischaltung:03.04.2013
GND-Schlagwort:Dilettantismus; Performativität <Kulturwissenschaften>
Seitenzahl:12
Erste Seite:277
Letzte Seite:288
HeBIS-PPN:336354207
DDC-Klassifikation:8 Literatur / 80 Literatur, Rhetorik, Literaturwissenschaft / 800 Literatur und Rhetorik
Sammlungen:Germanistik / GiNDok
CompaRe | Allgemeine und Vergleichende Literaturwissenschaft
BDSL-Klassifikation:03.00.00 Literaturwissenschaft / BDSL-Klassifikation: 03.00.00 Literaturwissenschaft > 03.07.00 Ästhetik
13.00.00 Goethezeit / BDSL-Klassifikation: 13.00.00 Goethezeit > 13.13.00 Stoffe. Motive. Themen
16.00.00 Jahrhundertwende (1880-1914) / BDSL-Klassifikation: 16.00.00 Jahrhundertwende (1880-1914) > 16.14.00 Stoffe. Motive. Themen
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