CompaRe | Allgemeine und Vergleichende Literaturwissenschaft
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Wenn sich die Kernfrage des erkenntniskritischen Diskurses ein wenig salopp auf die Formel bringen läßt: "Wo bitte gehts zur Wirklichkeit?", so könnte man ähnlich salopp die für das "Subjekt"-Projekt zentrale Frage so formulieren: "Wer sind wir eigentlich?" Oder drastischer: "Sind wir wer?" Wer immer über das Subjekt und seine aktuelle Problematik spricht, scheint jedenfalls nicht ohne Anführungszeichen auszukommen: Dem Bewußtsein, vor einem, vielleicht dem Kernproblem der gegenwärtigen Diskurslandschaft zu stehen, steht eine erhebliche Konfusion der Begriffe und Diagnosen gegenüber.
Mit der in Analogie zu Lehrwerken konzipierten Modellierung eines imaginären Universums verbinden sich bei Serafini implizit Reflexionen über Medien und Medialität, über Texte, Sprache und Schrift, über Zahlen und klassifikatorische Systeme sowie über Bildformen verschiedener Art - vom mimetischen Bild bis zum abstrakten Schaubild. Da die dargestellten Gegenstände und die ihnen zugeordneten Wissensdisziplinen imaginär sind, verweist die Darstellung in besonderem Maße auf sich selbst; das Serafinische Universum besteht gleichsam nur aus seiner Darstellung. (Implizit reflektiert der 'Codex' als phantastisches Kompendium auch über die Leitdifferenz von Fiktion und Nichtfiktion, schon weil einzelne Bauelemente der serafinischen Welt wiedererkennbar sind, ihre Ordnung hingegen erfunden wurde.)
Die aktuelle Macht und Allgegenwart der Bilder in der Alltagswelt zwingt die Literatur keineswegs dazu, gegenüber den Bildmedien in die zweite Reihe zurückzutreten. Tatsächlich aber wachsen ihr neue Aufgaben zu. Die Proklamation eines 'iconic turn' impliziert die gerade für das literarische Schreiben in der Moderne maßgebliche Frage nach der Sprache und ihren Grenzen, nach der Beziehung sprachlich-literarisch übermittelter Ideen, Konzepte und Modelle zu Bildern und visuellen Strukturen, sowie nach der latenten oder offen manifesten Sprachlichkeit von Bildern. Wenn aber die Rede vom 'iconic turn' einen bewußteren Umgang mit Bildern und visuellen Strukturen impliziert, dann wird er wohl von der Literatur sogar in besonderem Maße unterstützt und wäre demnach ein von dieser und der Bilderwelt gemeinsam getragenes inter-mediales Projekt.
In den im Folgenden vorgestellten Romanen werden Uhrensammlungen beschrieben, die nicht nur auf der Ebene der Handlung von Bedeutung sind, sondern auch als Reflexionsmodelle der Romanwelten, in denen sie ihren Ort haben. Von ihrer Konzeption und Darstellung her erschließt sich auch die Poetik dieser Romane, insbesondere mit Blick auf deren implizite Konzeptualisierung von Zeit, Geschichte und Erinnerung. Und auf jeweils spezifische Weise gleicht sich die Darstellungsweise der Romanerzähler gerade anlässlich der beschriebenen Uhrensammlungen dem eigenen Gegenstand an.
Alphabetisch organisierte Texte haben seit Jahren Konjunktur, und ein Blick ins Verzeichnis der Neuerscheinungen bestätigt deren Kontinuität. Belehrende und unterhaltende ABC-Bücher sowie vielfältige Mischformen von Belehrendem und Unterhaltendem scheinen sich bei Autoren wie bei Lesern großer Beliebtheit zu erfreuen. Daß die Matrix des Alphabets neben lexikographischen oder pseudo-Iexikographischen Büchern über alles Mögliche auch als Kompositionsprinzip für große und (nicht nur quantitativ) gewichtige Romane dienen kann, verdeutlicht der neueste Roman von Günter Grass, der dem Wörterbuch der Brüder Grimm sowie dessen alphabetischer Struktur in mehr als einer Hinsicht verbunden ist: 'Grimms Wörter' (Grass 2010).
Dass Max Aubs Biographie über den Maler Jusep Torres Campalans einer fiktiven Person gilt, dass nicht nur die hier gebotenen Informationen zum Leben und Wirken dieser Figur fingiert sind, sondern auch das im Zusammenhang damit präsentierte 'OEuvre' des Künstlers von Max Aub selbst stammt, sieht man dem Buch Aubs zunächst einmal nicht an; auf den zweiten Blick mögen sich Auffälligkeiten ergeben (wie etwa nicht zueinander stimmende Detailangaben), aber dergleichen kann ja auch Nachlässigkeiten bei der Recherche, beim Lektorieren oder bei der Drucklegung geschuldet sein. Der Roman wird in Form und Ausstattung nach dem Vorbild einer Künstlerbiographie gestaltet. Dazu gehören neben den biografisch-narrativen Teilen des Buchs diverse Abschnitte, die den Duktus faktografischer Darstellungen imitieren; so ein chronikalischer Teil, der JTCs Leben und Wirken in Form einer annalistischen Tabelle in das zeitgenössische historische und kunsthistorische Umfeld einordnet, ferner auch ein umfangreicher Anmerkungsteil, der die Ausführungen weiter historisch und forschungsgeschichtlich kontextualisiert. Und dazu gehören insbesondere auch Reproduktionen und Beschreibungen angeblicher Werke des fiktiven Protagonisten, welche die Suggestion der Existenz dieses Malers schon insofern verstärken, als hier Beschreibung und Beschriebenes, Bildteil und Katalog gemeinsam präsentiert werden. Bilder, die man sieht, so die immanente Logik der Suggestion, sind evidenterweise ‚wirkliche‘ Bilder. Und wenn man, hiervon ausgehend, akzeptiert, dass die Kommentare zu diesen Bildern 'faktografisch' sind, dann ist es nur ein weiterer Schritt zur Akzeptanz auch der übrigen Mitteilungen als 'faktografisch': ein Analogieschluss zwar, aber ein naheliegender.
Autoreflexiv sind Tezukas Mangas in ihrer Eigenschaft als Theater-Comics unter verschiedenen Aspekten. Sie setzen auf strukturelle Gemeinsamkeiten zwischen Theater und Bilderzählung, um der jungen Kunstform des Manga eine Vor-Geschichte und eine ästhetische Fundierung zu verschaffen. (Vor allem 'Literatur'-Comics und Schauspielkunst haben Entscheidendes gemeinsam; konstitutiv für beide ist die Inszenierung von Texten der Weltliteratur im Medium von Bild und Sprache.) Die These von der Autoreflexivität von Tezukas Verfahren sei im folgenden noch präzisiert.
Daß in die Visionen des Jorge Luis Borges Reminiszenzen an Werke der bildenden Kunst eingeflossen sind, erscheint evident, wenn man etwa die Beschreibung der 'La biblioteca de Babel' (Borges 1989a, 465-471) mit den Kerkerphantasien Giovanni Battista Piranesis ('Carceri', 1745-1750) oder auch mit der Darstellung des Babylonischen Turmbaus (1563) durch Pieter Breughel d.Ä. vergleicht. Auch bestehen vielfaltige Beziehungen der Borges'schen Labyrinth-, Spiegel- und Doppelgängerphantasien zu Gemälden der Surrealisten sowie zu anderen Werken, insbesondere der modernen Kunst. Inzwischen hat Borges der bildenden Kunst gleichsam mit Zinsen zurückerstattet, was er ihr verdankt. Bildende Künstler verschiedener Stilrichtungen haben aus seinen Werken Anregungen bezogen, Borges'sche Visionen visualisiert, mit Gemälden, Photographien und Graphiken auf die Denkbilder des Argentiniers geantwortet.
Daß Texte sich auf andere Texte beziehen und jedes literarische Werk als eine Art Schnittpunkt von Linien auffaßbar ist, welche, ihrerseits aus einer komplexen literarischen Tradition kommend, in ihm zusammenlaufen, gilt nicht erst seit der rezenten Karriere des Intertextualitätsbegriffs als eine Leitprämisse der Literaturwissenschaft. Doch auch Werke der bildenden Kunst befinden sich inmitten dieses Geflechts. Sie bilden oftmals - um ein weiteres räumliches Gleichnis zu verwenden - eine "Lage", welche zwischen dem einen Text und dem anderen Text situiert ist. Solche bildlichen Zwischen-Lagen stiften auch Intertextualitätsbeziehungen eigener Art: Der spätere Text nimmt auf den oder die früheren Bezug, schließt an diese an oder stellt sich in eine historische Reihe von Texten hinein, und zwar durch Vermittlung des Bildes, welches dazwischentritt und das explizite Bezugsobjekt bildet. Indem über ein Bild oder eine Folge von Bildern gesprochen wird, werden also mittelbar und indirekt zugleich Texte thematisiert, interpretiert, fortgesetzt. Um dies zu erläutern, sei im folgenden ein Beispiel genauer in den Blick genommen - das der literarischen Rezeption der Werke William Turners. Hier wiederum möchte ich mich darauf beschränken, Prosatexte vorzustellen, statt das weite Feld der Bildgedichte zu Turners Werken einzubeziehen.
Mayer wirkte mehr als sechs Jahrzehnte als unermüdlicher Vermittler, Ausleger und Anreger der Literatur. Er veröffentlichte Buch um Buch, zuletzt seine "Erinnerungen an Willy Brandt". Für das eigene Leben und Wirken hat er selbst die Schlüsselworte geprägt. "Ein Deutscher auf Widerruf" ist der Titel seiner 1982 in zwei Bänden veröffentlichten Lebenserinnerungen. Und "Gelebte Literatur" nannte er seine Frankfurter Poetik-Vorlesungen von 1986/87.