Die Bildungsreform Karls des Großen
- Überarbeitete Fassung eines Vortrags, der im Rahmen des Jubiläums "1200 Jahre Oberursel" am 18.XI.1991 im Ferdinand-Balzer-Haus gehalten wurde. 791, vor genau 1200 Jahren also, ließ ein gewisser Suicger dem Kloster Lorsch eine Schenkung in "Ursella" und im benachbarten Stierstadt zukommen; er tat dies mithin, wie im Codex der Abtei ausdrücklich vermerkt ist, zur Zeit des Königs Karl und des Abtes Richbold. So fallen die Anfange Oberursels, von denen vor fast vier Jahrzehnten Ferdinand Neuroth in seiner "Geschichte der Stadt Oberursel und der Hohemark" gehandelt hat und auf die auch in diesem Band eingegangen wird, in eine Epoche, da unter eben diesem Karl dem Großen das Frankenreich zur Vormacht im lateinischen Europa aufstieg. Die Grundlagen hierfür waren aber bereits von seinen Vorfahren geschaffen worden. Es ist an Pippin den Mittleren zu erinnern, der 687 die Hausmeierämter in allen drei Teilreichen des "regnum Francorum" in seiner Hand vereinigt hatte; an Karl Martell, der die fränkische Macht nach erfolgreicher Abwehr der Araber in den Süden Galliens vorangetragen und diese Gebiete erstmals wirklich an das Frankenreich angebunden hatte. Schließlich verfügte Pippin der Jüngere über solche Macht, daß er, gestützt auf die Autorität des Papstes, wagen konnte, 750/751 die Merowinger als Herrschergeschlecht abzusetzen und das fränkische Königtum an sich und seine Familie übergehen zu lassen. Doch der entscheidende politische und militärische Aufstieg vollzog sich dann unter seinem Sohn Karl, der namengebend für die gesamte Dynastie - eben der Kar(o)linger - werden sollte und selber in allen Sprachen den Beinamen "der Große" erhielt. Zu den wichtigsten politischen und militärischen Aktionen seiner fast fünf Jahrzehnte währenden Regierung (768-814) zählte die Liquidation des Langobardenreichs in Italien; seit 774 war er in Personalunion ,,rex Francorum atque Langobardorum" und trat als Schutzherr der römischen Kirche in enge Verbindung zum Papsttum, das allen Autonomiebekundungen zum Trotz seine staatsrechtliche Zugehörigkeit zum fernen Byzanz mit zunehmender Abhängigkeit von den Franken vertauschte. Des weiteren zwang Karl in langjährigen, blutigen Auseinandersetzungen die Sachsen in sein Reich, was mit der - teilweise gegen erbitterten Widerstand durchgesetzten - Einführung des christlichen Glaubens und der fränkischen Gesellschafts- und Wirtschaftsordnung verbunden war. Krieg und Mission gingen ebenfalls Hand in Hand bei den gegen die Awaren gerichteten Unternehmen, welche sich an die Beseitigung des bairischen Herzogtums Tassilos III. anschlossen. Erfolgreich - wenn auch vorerst folgenlos - waren Feldzüge gegen westslawische Stämme; die erstmals als Feinde auftauchenden Normannen und Sarazenen stellten noch keine ernstliche Bedrohung dar. Solcher Expansion entsprach im Innern ein nicht minder energischer Auf- und Ausbau der Verwaltung und Kirchenorganisation sowie des Bildungswesens. Auch dieser, uns hier vorrangig interessierende Bereich war gleich den anderen entscheidend von Vorstellungen und Absichten Karls geprägt. Ohne Geschichte unzulässig auf Haupt- und Staatsaktionen "großer Männer" verengen zu wollen, ist in diesem Fall die HerrscherPersönlichkeit sicher besonders prägend und bestimmend gewesen, deren Wille sich allerdings erst dank konkret vorgegebener (und hier noch zu erörtender) Konstellationen und Traditionen erfolgreich in die Tat umsetzen ließ. ...
Author: | Heribert MüllerGND |
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URN: | urn:nbn:de:hebis:30-52117 |
Parent Title (German): | Mitteilungen des Vereins für Geschichte und Heimatkunde Oberursel (Taunus) e. V. |
Publisher: | Verein für Geschichte und Heimatkunde |
Place of publication: | Oberursel |
Document Type: | Article |
Language: | German |
Date of Publication (online): | 2008/04/02 |
Year of first Publication: | 1991 |
Publishing Institution: | Universitätsbibliothek Johann Christian Senckenberg |
Release Date: | 2008/04/02 |
Volume: | 33 |
First Page: | 43 |
Last Page: | 55 |
Source: | Mitteilungen des Vereins für Geschichte und Heimatkunde Oberursel (Taunus) e. V., 33, S. 43–55 |
HeBIS-PPN: | 197450466 |
Institutes: | Philosophie und Geschichtswissenschaften / Geschichtswissenschaften |
Dewey Decimal Classification: | 9 Geschichte und Geografie / 94 Geschichte Europas / 940 Geschichte Europas |
Licence (German): | Deutsches Urheberrecht |