Auswirkung intrathekaler Methotrexatgabe auf die biogenen Amine im Liquor bei Kindern und Jugendlichen mit Akuter Lymphoblastischer Leukämie im Rahmen der ALL-BFM-2000-multizentrischen Therapiestudie

  • Ziel der vorliegenden Arbeit war es die Bedeutung von Veränderungen im Neurotransmitterstoffwechsels für die Entstehung der Methotrexat assoziierten Neurotoxizität zu untersuchen. Des Weiteren sollte die Messung der Methyl-Tetrahydrofolsäure als Methode in das Spektrum der Liquordiagnostik des Stoffwechsellabors integriert werden. Es wurden bei 19 Patienten im Rahmen der ALL-BFM 2000 Studie die Konzentrationen der Neurotransmittermetaboliten HVA und 5-HIAA im Liquor gemessen. Begleitend wurde ein klinisches Monitoring durchgeführt um zu untersuchen ob zwischen Veränderungen auf Ebene der biogenen Amine und neurologischer Symptomatik ein Zusammenhang besteht. Bei der Betrachtung des Gesamtkollektives von 19 Patienten zeigte sich unter HDMTX in Protokoll M über den Zeitraum von 6 Wochen zunächst ein diskreter Anstieg der Liquorspiegel von 5-HIAA und HVA, gefolgt von einer deutlichen Konzentrationsminderung der beiden Metaboliten. Die 5-HIAA zeigte dabei einen ausgeprägteren Abfall der Konzentration. Während des zweiten Zyklus MTX in Protokoll M gab es einen transienten Anstieg der Liquorkonzentrationen der biogenen Amine. Der Grund dafür ist wahrscheinlich eine gehemmte Elimination der Metaboliten aus dem Liquor, weil MTX in niedriger Konzentration um dasselbe Auswärtstransportsystem konkurriert, nicht aber ein erhöhter Neurotransmitterumsatz. Die Abnahme der Liquorspiegel in der zweiten Hälfte von Protokoll M kann durch Hemmung der Neurotransmitterbiosynthese durch höhere MTX-Spiegel bei zuvor alterierter Bluthirnschranke bedingt sein. Bei alleiniger intrathekaler Applikation von MTX in Protokoll I und II war keine signifikante Veränderung der biogenen Amine nachweisbar. Die Synthese der biogenen Amine scheint daher nur unter Behandlung mit HDMTX betroffen zu sein. Dass auch das Auftreten von klinisch-neurologischen Ereignissen in Protokoll M gegenüber den übrigen Behandlungsabschnitten erhöht war legt sowohl eine Beteiligung des Neurotransmitterstoffwechsels an der Neurotoxizität, als auch eine Abhängigkeit von der MTX-Dosis in diesen Zusammenhang nahe. Trotzdem bei den Einzelverläufen der 19 Patienten im Verlauf der Therapie kein einheitliches Muster feststellbar ist, spricht die Tatsache, dass die Konzentrationen von HVA und 5-HIAA an Tagen mit neurologischem Ereignis signifikant niedriger waren als an den ereignisfreien Tagen, für die Beteiligung erniedrigter Spiegel der biogenen Amine an der Genese der Methotrexat assoziierten Neurotoxizität. Da Patienten, die im Verlauf neurologische Komplikationen aufwiesen, gegenüber nichtbetroffenen Patienten keine generellen Unterschiede der Neurotransmitterkonzentrationen aufweisen, kann aufgrund des bei Therapiebeginn gemessenen Ausgangswertes eines Patienten keine prädiktive Aussage für die weitere Intensivphase gemacht werden. Demgegenüber könnten Patienten, die unter Behandlung mit MTX bereits zu Beginn einen deutlichen Abfall der biogenen Amine zeigen, ohne dass es bis dahin zu neurologischen Komplikationen gekommen ist, möglicherweise von einer erweiterten supportiven Therapie profitieren. Dabei könnten die Neurotransmittervorstufen L-Dopa und 5-Hydroxytryptophan, sowie Tetrahydrobiopterin eingesetzt werden. Außerdem können Adenosinantagonisten, und Präparate zur Behandlung der Hyperhomocysteinämie verabreicht werden. Durch diese Behandlung kann das Risiko für neurologische Ereignisse eventuell vermindert werden. Veränderungen im Neurotransmitterstoffwechsel unter MTX und deren Bedeutung für das Auftreten von neurologischen Komplikationen wurden in zahlreichen Arbeiten und Fallberichten beschrieben. Dabei konnte allerdings bisher keine eindeutige Beziehung abgeleitet werden. Die gegenseitige Beeinflussung mit den Veränderungen im Stoffwechsel von Adenosin, Homocystein und den schwefelhaltigen exzitatorischen Aminosäuren macht eine multifaktorielle Genese der neurologischen Ereignisse wahrscheinlich. Dabei könnte durch eine Verminderung der biogenen Amine eine Prädisposition geschaffen werden, die durch Wechselwirkung mit den anderen beschriebenen Mechanismen zum Auftreten eines unerwünschten Ereignisses führt. Es ist dabei durchaus möglich, dass es bestimmte Stoffwechselveränderungen gibt, deren Kombination regelhaft zum Auftreten von neurologischen Komplikationen führt. Aufgrund des absolut gesehen seltenen Auftretens der Methotrexat assoziierten Neurotoxizität konnten solche möglichen Risikofaktoren-Profile allerdings bisher nicht charakterisiert werden. Es ist wahrscheinlich dass Methotrexat auch in Zukunft eine bedeutende Rolle bei der Behandlung der kindlichen Leukämie spielen wird. Daher ist eine weitere Aufklärung der Pathomechanismen der Neurotoxizität anzustreben um durch erweiterte supportive Maßnahmen die Therapie für die Patienten weiter verbessern zu können. Ein wesentlicher Fortschritt in der Aufklärung der MTX-Neurotoxizität könnte durch eine prospektive Studie erreicht werden, die standardisierte zusätzliche Liquorpunktionen beinhaltet. Durch die Auswertung dieser Messungen könnte der Verlauf der Konzentrationen der biogenen Amine und weiterer MTX induzierter Stoffwechselveränderungen sehr viel besser beurteilt werden. Eine wichtige Rolle spielt auch die Bestimmung der Methyl-Tetrahydrofolsäure, deren Messung im Liquor als Bestandteil dieser Arbeit in das Leistungsspektrum des Labors integriert wurde. Nach Durchführung des beschriebenen Qualitätskontrollprogramms, welches die Bestimmung einer Messkurve, Reproduzierbarkeit, Stabilitätstestung und Wiederfindungsrate beinhaltet, kann die MTHF-Messung als sichere und reproduzierbare Analyse angewendet werden. Bei den in dieser Studie untersuchten 19 Patienten war kein Zusammenhang zwischen der MTHF-Konzentration im Liquor und den Spiegeln von HVA oder 5-HIAA feststellbar. Auch zum Auftreten von klinisch-neurologischen Komplikationen besteht keine Korrelation. Neben der Bestimmung der Methyl-Tetrahydrofolsäure in weiteren Arbeiten zur Methotrexat assoziierten Neurotoxizität ist diese Messung in der Diagnostik anderer neurologischer Krankheitsbilder einsetzbar.
  • The purpose of the present work was to examine the importance of changes in neurotransmitter metabolism in the pathogenesis of methotrexate (MTX)-related neurotoxicity. In addition, the laboratory measurement of methyltetrahydrofolate (MTHF) was integrated into the panel of metabolites analysed in cerebrospinal fluid (CSF). The CSF concentrations of homovanilic acid (HVA) and 5-hydroxyindole acetic acid (5-HIAA) were measured in 19 patients treated with the ALL-BFM 2000 protocol. Simultaneously, a clinical monitoring was conducted in all patients to assess a possible relationship between changes at the level of biogenic amine neurotransmitters and neurological symptoms. Considering the group of 19 patients as a whole and under high-dose (HD) MTX therapy for a period of 6 weeks, there was a discreet increase in the CSF levels of 5-HIAA and HVA, followed by a distinct decrease of both metabolites. The decrease in 5-HIAA, however, was more apparent than that of HVA. During the second course of MTX within protocol M, there was a transient elevation of the biogenic amine levels in the CSF. This is most likely to be caused by a blocked egress of the metabolites from CSF at lower MTX levels, which competes at the same active transport sites, than by an increased neurotransmitter turnover. The decrease in CSF biogenic amine levels in the second half of protocol M may be due to inhibition of neurotransmitter biosynthesis by higher MTX levels in the brain because of a previously altered blood brain barrier. During protocols I and II where the patients receive intrathecal MTX only, no significant changes in biogenic amine levels were noted. This suggests that biogenic amine synthesis is only affected under treatment with HDMTX. The fact that neurological adverse events were also more frequently observed in protocol M compared to the other treatment periods indicates that neurotransmitter metabolism plays a role in the pathogenesis of the neurotoxicity and that there is a possible correlation with the MTX dose. Despite the fact that analysis of individual patients did not reveal a consistent neurotransmitter pattern, taking the group as a whole, the concentrations of HVA and 5-HIAA were significantly lower on those days with neurological adverse events than on those without. This suggests that reduced levels of biogenic amines are partially responsible for the development of MTX-related neurotoxicity. Since patients who had adverse events during the course of treatment did not have generally different neurotransmitter levels compared to event-free individuals, a prediction for the following courses during intensive therapy cannot be made based upon the first value measured at the beginning of therapy. On the other hand, patients who show a distinct decrease in biogenic amines during the first few courses of MTX therapy without having an adverse event during the same period of time might benefit from extended supportive care. For this purpose, neurotransmitter precursors such as L-Dopa and 5-hydroxytryptophan, as well as tetrahydrobiopterin could be used. In addition, adenosine antagonists and drugs for the treatment of hyperhomocysteinemia can be administered. This might help reduce the risk for the appearance of adverse events. Changes in neurotransmitter metabolism in patients under MTX therapy and their relevance for the occurrence of neurological adverse events have been the subject of numerous studies and case reports. However, up to now no unequivocal correlation could be derived. The complex interaction of changes in the metabolism of adenosine, homocysteine and the sulphur-containing excitatory amino acids makes a multifactorial pathogenesis of MTX neurotoxicity likely. It is possible that reduced levels of biogenic amines create a situation in which mutual reaction with the other described mechanisms leads to the manifestation of an adverse event. It is possible that there are certain metabolic changes whose combination regularly leads to the appearance of neurological adverse events. However, on account of the rarity of MTX-related neurotoxicity, such a possible risk factor profile has not been characterized so far. It is likely that MTX will also continue to play a significant role in the treatment of childhood leukemia. It is therefore desirable to further elucidate the pathomechanism of the neurotoxicity in order to improve patient treatment and care. Considerable progress in the investigation of MTX neurotoxicity could be made by conducting a prospective study with additionally scheduled standardized lumbar punctures. The inclusion of these additional measurements would be most advantageous in the evaluation of changes in the CSF levels of biogenic amines and other metabolites.

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Metadaten
Author:Michael Nitsche Pufahl
URN:urn:nbn:de:hebis:30-53388
Referee:Hansjosef BöhlesGND, Albert SmolenskiGND
Advisor:Hansjosef Böhles, Stefan Vlaho
Document Type:Doctoral Thesis
Language:German
Date of Publication (online):2007/12/13
Date of first Publication:2007/12/13
Publishing Institution:Universitätsbibliothek Johann Christian Senckenberg
Granting Institution:Johann Wolfgang Goethe-Universität
Date of final exam:2007/12/13
Release Date:2008/03/25
Page Number:106
Note:
Diese Dissertation steht außerhalb der Universitätsbibliothek leider (aus urheberrechtlichen Gründen) nicht im Volltext zur Verfügung, die CD-ROM kann (auch über Fernleihe) bei der UB Frankfurt am Main ausgeliehen werden.
HeBIS-PPN:313734895
Institutes:Medizin / Medizin
Dewey Decimal Classification:6 Technik, Medizin, angewandte Wissenschaften / 61 Medizin und Gesundheit / 610 Medizin und Gesundheit
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