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In Kinderhörspielen werden, so die Herausgeber im Vorwort, "bestimmte Gesellschaftsnormen, Rollenbilder, Handlungsentwürfe und unterschiedliche Vorstellungen des Politischen" vermittelt. Dies geschieht "keineswegs wertfrei", dafür jedoch "simplifizierend – und damit scheinbar kindgerecht – oder unreflektiert".
Ziel des Sammelbandes ist es, den Wertehaushalt der besprochenen Werke zu untersuchen. Methodisch soll dies erreicht werden, indem in den einzelnen Beiträgen "eine theoretische Perspektive konsequent auf ein Kinderhörspiel angewendet wird". ...
In den vergangenen Jahren wurde der Ruf nach einer fundierten literaturwissenschaftlichen Auseinandersetzung mit Fantasyliteratur lauter, hatten sich doch seit Helmut W. Pesch – mit Fantasy – Theorie und Geschichte (1982) – im deutschsprachigen Raum nicht viele WissenschaftlerInnen intensiv mit dem Genre auseinandergesetzt. Erwartungsvoll geht also der Blick nach Wien, wo Paul Ferstl, Thomas Walach und Stefan Zahlmann mit Fantasy Studies einen vielversprechenden Sammelband vorgelegt haben, der das Genre als intermediales Phänomen des 20. und 21. Jahrhunderts aus kulturwissenschaftlicher Perspektive profilieren möchte. Der kundigen Einleitung folgen 14 Aufsätze, die sich sehr unterschiedlichen Bereichen der Fantasy Fiction widmen und dabei die gesteckten Genregrenzen bisweilen verlassen. ...
Die Bezeichnung 'Unglaubensgenosse' geht auf Heinrich Heine zurück; sie bildet den plastischen Ausdruck für eine Tendenz in der deutschsprachigen Literatur des 19. Jahrhunderts, der die Autorin in ihrer Erfurter Dissertation nachspürt. Sie tut das nicht, indem sie etwa die behandelten Texte in das Säkularisierungsparadigma einzuordnen und damit die Säkularisierungsthese wiederzubeleben versuchte, die mit der Wiederkehr der Religion in den letzten Jahrzehnten als "Großtheorie der Moderne" abgedankt hat. Fritz verwendet statt dessen den von Charles Taylor und Hans Joas geprägten, wesentlich bescheideneren Terminus säkulare Option und meint damit die ab etwa 1800 "innerhalb vielschichtiger poetologischer Netze erzählbar" werdende "Möglichkeit, nicht zu glauben": 'Wir Unglaubensgenossen' möchte damit einerseits einen Beitrag zur Untersuchung säkularer Tendenzen und andererseits textueller Verfahren und narrativer Strukturen in diesem thematologischen Umfeld leisten. Ihr Ziel hat die Untersuchung erreicht, wenn sie die kontingente Genese der säkularen Option als literarisches Thema sichtbar macht, das in Wechselwirkungen mit gesellschaftlichen Entwicklungen steht; und wenn sich spezifische Textverfahren und poetologische Charakteristika des 'Unglaubens' herausarbeiten lassen, die die poetologische Dimension der literarischen Fassung der säkularen Option ausmachen. Dabei folgt sie recht unkritisch Joas' These von den drei Säkularisierungsschüben (1791-1803 vor allem in Frankreich; 1848-1880 in Deutschland; 1969-1973 in Westeuropa) und beschränkt sich bei der Auswahl ihrer Texte und Autoren auf die ersten beiden Phasen.
Die Freiheit der Welt ist solidarisch. Wo man für oder gegen sie kämpft, kämpft man für oder gegen die Freiheit der ganzen Welt.
G. H. 'Nachgelassene Aphorismen und Reflexionen'
Die auf insgesamt sechs Bände angelegte kritische und kommentierte Herwegh-Ausgabe umfasst in ihren drei Werkabteilungen jeweils zwei Bände Lyrik, Prosa bzw. publizistische Beiträge und Briefe. In allen Bänden sind die Texte bzw. Briefe chronologisch angeordnet, wobei der jeweils erste Band mit dem Jahr 1848 endet und der zweite von 1849 bis 1875, Herweghs Todesjahr, reicht. Diese Bandeinteilung ist, so die Herausgeberin, "sowohl aus dem Charakter als auch dem Umfang der Überlieferung" geschuldet, zudem spiegelt sich in ihr die in der Vormärzforschung viel diskutierte Frage der literaturgeschichtlichen Relevanz der gescheiterten Revolution von 1848/49. Nach der Briefabteilung liegt nun mit dem zweiten Gedichtband auch die Lyrikabteilung der Ausgabe vollständig vor. Georg Herwegh veröffentlichte 1841/43 mit den "Gedichte[n] eines Lebendigen" eine Sammlung politischer Gedichte, die in Preußen und den übrigen Staaten des deutschen Bundes sofort verboten wurde. Da sie aber in Fröbels Literarischen Comptoir in Winterthur zensurfrei gedruckt werden konnte, fand sie dennoch eine ungeheure Verbreitung. In anderthalb Jahren brachte sie es auf sieben Auflagen mit über 19.000 Exemplaren und machte den Autor umgehend zum gefeierten Dichter. Trotz dieses überwältigenden Erfolgs hat Herwegh selbst zu Lebzeiten keinen zweiten Gedichtband veröffentlicht, stattdessen beschränkte er sich darauf, seine nachfolgenden Gedichte ausschließlich in unterschiedlichen Zeitungen und Zeitschriften zu publizieren.
Der vorliegende Band enthält sämtliche von Herwegh selbst publizierten Gedichte aus der Zeit von 1849 bis 1875 sowie alle Gedichte aus dem Nachlass, angefangen mit seinen Jugendgedichten aus den 30er Jahren bis zu politischen Warnungen vor zunehmendem Chauvinismus und verstärkter Militarisierung Deutschlands der frühen 70er Jahre.
Die öffentliche Wahrnehmung und der kulturelle Stellenwert von Comics haben sich im deutschsprachigen Raum im vergangenen Jahrzehnt grundlegend gewandelt. Das zeigt auch der Titel dieser Studie, in dem einerseits von "graphischem Erzählen" und andererseits von "Autorencomics" die Rede ist. Comics werden hier also selbstverständlich – und zu Recht – als eine mediale Erscheinungsform von Literatur betrachtet. Mit der Fokussierung auf das Thema Adoleszenz schließt die Arbeit an entsprechende Diskurse in der Kinder- und Jugendliteraturforschung und der Jugendsoziologie an, während die transmediale Narratologie als Analysewerkzeug eine Brücke zu literatur- und medienwissenschaftlichen Ansätzen baut. Damit ist das interdisziplinäre Feld umrissen, in welchem die Dissertation von Felix Giesa verortet ist. ...
Die tschechische und die deutsche Wissenschaftssprache sind sich aufgrund der direkten geographischen Nachbarschaft und einer jahrhundertelangen Verbundenheit ähnlich. Dennoch bestehen Unterschiede, die im interkulturellen Kontakt zu Irritationen und Missverständnissen führen können. Agnes Goldhahn stellt kulturell bedingte Differenzen der sprachlichen Gestaltung tschechischer und deutscher Wissenschaftssprache am Beispiel Wissenschaftlicher Artikel aus dem Bereich der Linguistik vor. Neben einer Analyse des äußeren Textaufbaus geht sie auf die Sprachhandlung 'Textkommentierung' ein, was vor allem in den Bereichen der Personalität und Modalität große Unterschiede zwischen den tschechischen und den deutschen Texten offenbart.
[Goldhahn, Agnes: Tschechische und deutsche Wissenschaftssprache im Vergleich : wissenschaftliche Artikel der Linguistik / Agnes Goldhahn. - Berlin : Frank & Timme, [2017]. - 218 Seiten : Illustrationen. - (Forum für Fachsprachen-Forschung ; Band 133)
ISBN 978-3-7329-0332-0]
Öffentliche Diskussionen über Kinder- und Jugendliteratur sind spätestens seit 2013 maß- geblich von der Debatte um eine diskriminierungsfreie Sprache geprägt. Diese entzündete sich an der Praxis des redaktionellen Veränderns von Kinderbüchern, die gemeinhin als "Klassiker" wahrgenommen werden. Differenzierte Wortmeldungen waren selten, argumentiert wurde eher aufgrund persönlicher bzw. generationaler Erfahrungen, und so glitten viele Beiträge in Polemik ab, die in Denis Schecks "Blackfacing" ihren Höhepunkt fand. Eine wissenschaftliche Publikation zu diesem Thema war längst überfällig. ...
Es ist sinnvoll, sich zu vergegenwärtigen, dass die Geschichte der Kinderliteratur eng mit der Pädagogik und der Schule als Vermittlerin verbunden war, in besonderer Weise seit der Epoche der Aufklärung. So meint der Begriff "Schulbücher" ein breites Spektrum, das sich aus wachsendem öffentlichen und staatlichen Interesse an einer bildenden Wirkung durch Bücher auf SchülerInnen und Lehrpersonen entwickelt hat. Der Band dokumentiert Vorträge der Jahrestagung 2012 des Wolfenbütteler Arbeitskreises für Bibliotheks-, Buch- und Mediengeschichte. Es geht um Fibeln, Lernbücher für Kinder, Lesebücher über die zunehmenden Wissensbereiche, die Morallehre, Kinderbibeln – vieles auch an Erwachsene adressiert; dazu kommen methodische Handreichungen und pädagogische Abhandlungen, die bis in Gelehrtenkreise hineinwirkten. Der erkennbare Bildungsaufbruch seit der Mitte des 18. Jahrhunderts ist der Beginn des bis in unsere Gegenwart reichenden Bemühens um Bildung durch Bücher. ...
Volksaufklärung im 19. Jahrhundert? Der Autor dieser monumentalen vierbändigen Teilausgabe - die das betreffende "Biobibliographische Handbuch" nunmehr für das 19. Jahrhundert fortschreibt - stellt sich selbst programmatisch diese Frage und verweist auf die Widerstände, die sich ergaben, als an die bisher erbrachten Forschungsleistungen zur Volksaufklärung im 18. Jahrhundert für diesen Zeitraum angeknüpft werden sollte. Aber allen Vorbehalten zum Trotz erwies sich, dass die Volksaufklärung nach den zwei Jahrzehnten ihres Höhepunkts - und zwar 1780-1800 - keinesfalls abbrach. Die anfängliche Befürchtung, "Rückgang, Verfall", gar "ein Dahinsiechen der Aufklärung“ beobachten zu müssen, wich, so der Autor, einer "Riesenüberraschung" (Bd. 3.1, S. XLIII). Am Ende erscheint zumindest anhand der Literatur, die als "Volksaufklärung" klassifiziert werden kann (und in der Einleitung zu den Bänden findet sich nochmals ein präzisierender Eingrenzungs- und Definitionsversuch), die Epochenschwelle 1800 als hinfällig. Denn mit Blick auf diese Textgattung war "Aufklärung" keinesfalls an ein Ende gelangt. Es gab bemerkenswerte Kontinuitäten, aber auch Diskontinuitäten, und teilweise veränderten sich Inhalte und Themen.
Vor allem erfolgte Volksaufklärung nunmehr, so der Autor nicht ohne einen sichtlich kämpferischen Duktus, der angesichts der vorliegenden und eher in eine andere Richtung weisenden Resultate vielleicht als etwas ideologisch eingeübt erscheint, "meist ohne staatliche Unterstützung und oft gegen massive staatliche und ultramontane Repression" (Bd. 3.1, S. LXIX).
Narrative Delikatessen stellt den Auftakt der Schriftenreihe für Kulturökologie und Literaturdidaktik dar, die das Ziel verfolgt, Forschung zu präsentieren, die sich mit Motiven und Inhalten im Kontext von Kulturökologie auseinandersetzt, wobei interdisziplinär und anwendungsorientiert vorgegangen werden soll.
Diese Intention wird ausgezeichnet umgesetzt: Als Grundlagen für die Untersuchungen kommen u. a Gender Studies, Raumtheorie, Ethik, Erzähltheorie und Spieltheorie zum Einsatz. Mit Kochbuch, Tugendlehre, dramatischer Inszenierung, Roman und TV-Serie werden zahlreiche Genres, die mit unterschiedlichen narrativen Mitteln arbeiten, aufgegriffen. ...
In ihrer Dissertation nimmt Margarete Hopp 287 Bilderbücher zu den Themen Sterben, Tod und Trauer in den Blick, die zwischen 1946 und 2011 in Westdeutschland erschienen sind. Das Korpus besteht aus Sach- und Tierbilderbüchern, realistischen, fantastischen sowie märchenhaften Bilderbüchern. Nur zehn der insgesamt 287 Texte stammen aus der Zeitspanne zwischen 1946 und 1971, d. h. der Zeit vor dem kinderliterarischen Paradigmenwechsel. ...
Die vorliegende Werkbiographie Mira Lobes ist Ergebnis eines Forschungsprojekts am Ludwig Boltzmann Institut für Geschichte und Theorie der Biographie in Wien. Daraus entstanden eine Ausstellung im Jahre 2014/15 mit dem Titel "Ich bin ich. Mira Lobe und Susi Weigel" anlässlich des hundertsten Geburtstags der Schriftstellerin, die der Verfasser mitkuratiert hat. Seine Forschungen wurden 2014 als Dissertation in Wien vorgelegt. Es ist die erste umfassende Darstellung zu Leben und Werk der erfolgreichen und kanonisierten Autorin, vermag über den Blick auf die Einzelperson hinaus außerdem wichtige Erkenntnisse über das kinderliterarische Leben in Österreich seit den 1950er Jahren zu vermitteln. Denn neben den Ausführungen zu Mira Lobe selbst berücksichtigt Huemer eine Vielzahl anderer Aspekte: die Publikationswege Lobes, die Verlagslandschaft, die IllustratorInnen ihrer Bücher wie auch zum Teil die Rezeption der Werke. Dies alles wurde erreicht durch eine akribische Auswertung des recht verstreuten Nachlasses sowie durch zahlreiche Interviews mit noch lebenden Weggefährten, die eine wichtige Rolle im Leben der Autorin gespielt haben. ...
Dass sich jemand nach 17 Büchern und 20 Jahren Schreib- und Übersetzertätigkeit noch einmal derart steigern kann, hätte ich mir nicht vorstellen können. Ich habe Anders (2014), Andreas Steinhöfels vorläufig letztes Buch, mit so viel Spannung gelesen, dass es mir immer noch ein Rätsel ist, wie es ihm gelingt, die LeserInnen so nah an seinen Protagonisten heranzuführen. Was diesen Anders jedoch in seinem tiefsten Inneren bewegt, ist ein Geheimnis, das ihn sichtlich bedrückt und das er trotz größter Anstrengungen nicht entschlüsseln kann. Manchmal scheint er ganz nah dran, aber ein neunmonatiges Koma, in das Anders nach einem Unfall gefallen ist, hat alles verwischt, und er leidet darunter. ...
Die Kinder- und Jugendliteratur seit der Jahrtausendwende zeichnet sich durch ein Vielfalt an Genderpositionen aus und entspricht so der aktuellen Debatte um LGBT. Das Spektrum um Gender wird erweitert und bestehende Dichotomien aufgelöst. Zu Recht bemerken die Herausgeberinnen bereits in der Einleitung, dass queere ProtagonistInnen der aktuellen Kinderund Jugendliteratur zunehmend in "alltäglichen Settings" auftreten und sich nicht nur in problemorientierten Kinder- oder Jugendromanen finden. Hinzu kommen Inszenierungen in fantastischen und dystopischen Jugendromanen. Aber trotz dieser Veränderungen existieren nach wie vor auch glitzernde Bücher für Mädchen und heldenhafte Fußballbücher für Jungen. Diesem "gender-trouble" widmet sich der vorliegende Sammelband, der von Petra Josting, Caroline Roeder und Ute Dettmar herausgegeben wurde, die aktuelle Genderdebatte in Kinder- und Jugendliteratur vorstellt und für die Kinder- und Jugendliteraturforschung fruchtbar macht. ...
Das Totengedenken an die Opfer der Shoah zählt zweifellos zu den wichtigsten Inhalten von Paul Celans Dichtung. In formaler Hinsicht ist es vor allem ihr Gesprächs- bzw. Dialogcharakter, der insbesondere die neuere Celan-Forschung beschäftigte. Diese Monografie sucht beide Aspekte zu verknüpfen: Die Darstellung der Toten ist in Celans Werk nicht denkbar ohne die gleichzeitige Reflexion auf die Bedingungen ihrer poetischen Vermittlung. Das Totengedenken gelingt erst, wenn die in der Erinnerung des überlebenden Dichters anwesenden Toten einem "ansprechbaren Du" (Celan) kommuniziert werden. Doch sind die Toten mehr als nur Gesprächsinhalt; sie müssen vielmehr selbst als integrale Kommunikationsteilnehmer angesehen werden: »nicht sprachliche Wiedergabe, sondern Vergegenwärtigung durch Sprache«, wie Celan in seinen poetologischen Notizen bemerkt. Vor diesem Hintergrund wird ein trialogisches Kommunikationsmodell postuliert, das aus den drei intratextuellen Instanzen Dichter, Gesprächspartner, Toten besteht und das sich als strukturanalog zum Modell der Zeugenschaft erweist. Neben der systematischen Auffächerung des Kommunikationsmodells anhand Celans Meridian-Poetik und zahlreicher - gerade auch von der Forschung bislang vernachlässigter - Gedichte werden die poetischen Darstellungsweisen der Toten und der Shoah umfassend analysiert sowie ihr Ort innerhalb der Memoria-Forschung bestimmt. Darüber hinaus werden im Stigma-Diskurs und im Zwiespalt zwischen Totengedenken und Todessehnsucht auch kaum erforschte Aspekte von Celans Spätwerk in den Blick genommen.
[Karr, Ruven: Die Toten im Gespräch : trialogische Strukturen in der Dichtung Paul Celans / Ruven Karr. - 1. Aufl. - Hannover : Wehrhahn, 2015. - 274 S. - Zugl.: Saarbrücken, Univ., Diss., 2014.
ISBN 978-3-86525-430-6]
"Aufstörung", "Verstörung", "Zerstörung" - damit wurde Jelineks dramatisches Schreiben von Beginn an belegt, ohne jedoch den Begriff der Störung zu definieren oder zu differenzieren. Ging es zunächst um die Zerstörung des bürgerlichen Dramas und Repräsentationstheaters, sucht das Sekundärdrama eine Auf- und Verstörung, ein komplexes Miteinander von Drama und "postdramatischem" Theatertext.
Ausgehend von kommunikations-, medien-, kultur-, literatur- und theaterwissenschaftlichen Ansätzen beschreibt Teresa Kovacs erstmals Jelineks Ästhetik der Störung und zeigt, was passiert, wenn Jelineks Sekundärdramen auf ihre "Vorlagen", auf Goethes "Urfaust" und Lessings "Nathan der Weise" treffen.
[Kovacs, Teresa: Drama als Störung : Elfriede Jelineks Konzept des Sekundärdramas / Teresa Kovacs. - Bielefeld : transcript, [2016]. - 307 Seiten. - (Theater ; Band 88) ISBN 978-3-8376-3562-1]
Der Sammelband, der das innovative Konzept verfolgt, Beiträge von Studierenden mit denen von namhaften Fachwissenschaftlern zu vereinen, vesucht den Brückenschlag, "die bisher dominante Rezeption Endes als Schriftsteller" weiterzuverfolgen und dabei die mediale Aneignung in der Populärkultur zu fokussieren. Insgesamt werden somit die Felder des Biographischen, der Intertextualität und der Philosophie mit Blick auf die unterschiedlichen medialen Umsetzungen von Endes Œuvre betrachtet. In seiner Einführung zu Endes Leben konstatiert Tobias Kurwinkel, dass Ende weit mehr als nur der Autor seiner vielfach adaptierten Werke ist, sondern auch selbst als Filmkritiker und Drehbuchautor gearbeitet hat, und begründet dadurch plausibel den intermedialen Ansatz dieses Bandes. Susanne Kröber geht in ihrem bislang unveröffentlichten, leicht provokativen Interview mit Ende der Frage nach, ob der Wunschpunsch (1989) ein resignatives Konzept von Menschheit verfolge. ...
The study presents stylistic textual analysis based on examples of film reviews and similar texts devoted to film as published in a variety of German magazines and newspapers or their online versions. The text basis is formed by 470 texts about films from Der Spiegel, Focus, Die Zeit, Neue Zürcher Zeitung, sueddeutsche.de. etc. and for the comparative stylistic analysis German–Czech also from e.g. iDnes.cz.
[Malá, Jiřina: Texte über Filme : Stilanalysen anhand von Filmrezensionen und filmbezogenen Texten / Jiřina Malá. - Erste Ausgabe. - Brno : Filozofická Fakulta, Masarykova Univerzita, 2016. - 218 Seiten. - (Masarykova Univerzita$bFilozofická Fakulta : Opera Facultatis Philosophicae Universitatis Masarykianae ; 447) ISBN 978-80-210-8353-0]
Nach der erfolgreichen Monographie 'Stilistische Textanalyse. Grundlagen und Methoden' (Brno 2009), die besonders Studierende der Germanistik (nicht nur) in Tschechien als nützliches Hilfsmittel für den Stilistikunterricht begrüßt haben, setzt sich Jiřina Malá in ihrem neuen Buch wieder mit der Problematik der Stilanalyse auseinander. Diesmal stehen im Focus ihrer Untersuchungen Filmrezensionen und filmbezogene Texte wie Filmessays, Interviews, Sprachporträts oder Filmberichterstattungen, die in renommierten deutschsprachigen Magazinen und Zeitungen (bzw. ihren Onlineversionen) publiziert worden sind.
Ein Handbuch soll grundlegende, fundierte und leicht auffindbare Orientierung und Informationen zum Thema bieten. Diesem Anspruch wird das in überzeugender Systematik entwickelte und gegliederte Marx-Handbuch zweifellos gerecht. Unter der Leitung der beiden Herausgeber setzt sich ein größerer Kreis von Autorinnen und Autoren mit dem Wirken von Karl Marx auseinander. Nach dem Wegfall der Ost-West-Konfrontation sehen sie alle die Chance für "eine unbefangenere Annäherung an dieses Werk" (S. V).
Die einzelnen, sehr unterschiedlich komplexen Abschnitte des Buches sind jeweils an ihrem Schluss namentlich gekennzeichnet und mit Literaturhinweisen versehen. Im Mittelpunkt des Buches steht erklärtermaßen das philosophische Programm von Karl Marx, da es als der Kern seines Werkes angesehen wird. Entsprechend dominieren - bei allem interdisziplinären Anspruch - die Philosophischen Fakultäten zahlreicher Universitäten des In- und Auslands als Ankerpunkte der Autorinnen und Autoren, wobei der unverkennbare Schwerpunkt im westfälischen Münster liegt
Entstanden ist das erste Jahrbuch der Deutschen Akademie für Kinder- und Jugendliteratur e.V. laut Präsidentin Claudia Maria Pecher aus zwei Gründen. Zum einen feierte die Akademie 2016 ihr vierzigjähriges Jubiläum und zum anderen sollte die Lücke geschlossen werden, die mit der Einstellung des Volkacher Boten. Zeitschrift für Kinderund Jugendliteratur entstanden ist. Die vorliegende Ausgabe basiert vor allem auf Beiträgen und Berichten der Jahrestagung zum Thema "Literarisch-kulturelle Begegnungen mit dem Judentum – heute", die, geleitet von Gabriele von Glasenapp, am 23./24. April 2015 stattfand. ...
Nachdem es schon seit den 1980er Jahren Untersuchungen zu einem gendersensiblen Unterricht mit Kinder- und Jugendliteratur gegeben hatte, interessierte man sich in Folge des PISA-Schocks nach dem Jahr 2000 plötzlich in besonderer Weise für geschlechterspezifische Unterschiede im Leseverhalten. Diese wurden dramatisiert, weil man merkte, dass der männlichen Jugend sogar die einfachsten Kompetenzen der Informationsentnahme aus Texten fehlte. "Genderkompetenz" bestand in diesem Zusammenhang zunächst daraus, dass DeutschlehrerInnen versuchten, Jungen zum Lesen zu bringen. Auf der Strecke blieb eine genaue Lektüre der Texte, die man den SchülerInnen vorlegte, zugunsten einer allein am Schülersubjekt orientierten empirischen Leserforschung. ...
Der Frage, weshalb das Lesen von Literatur so essentiell für das Menschsein ist, widmet sich Maria Nikolajeva mit ihrer theoretischen Studie, die in der Reihe "Children’s Literature, Culture, and Cognition" erschienen ist. Sie integriert kognitionswissenschaftlich basierte Ansätze in die Kinder- und Jugendliteraturforschung für die Diskussion ihrer zentralen Annahme, dass wir durch das Lesen fiktionaler Texte über die Welt lernen, Mitmenschen besser verstehen, unsere Selbsterkenntnis erhöhen und uns ethisches Wissen aneignen. ...
Saint-Simon sprach von der Organisation der Gesellschaft nach Maßgabe der Fähigkeiten ihrer Teilnehmer. Die Leitidee des "Chacun selon ses capacités" verspricht nicht Gleichförmigkeit, sondern Konstanz der Organisationsstruktur. Feudales Erbe und der vorherbestimmte Platz in der Welt sollten ersetzt werden durch komplementäre Kompetenzausübung. Gleichwohl orientierte sich die Freiheitshoffnung, die in der gerechten Ordnungsstruktur lag, wieder vertikal - das Ende der Netzmetapher, des Gewebes der Gleichheit. Die Autorin von Heinrich Heine und der Saint-Simonismus (1830-1835), Nina Bodenheimer, betont zu Recht, dass dieser Aspekt von großer Wichtigkeit ist. Sie geht mit der vergleichend angelegten Studie über das hinaus, was in im weiten Sinne kulturwissenschaftlichen Arbeiten gemeinhin geleistet wird. Die Kapiteleinteilung lautet: Heine und der Globe / Saint-Simonismus und Idealismus / Die Geschichte der Religion und Philosophie in Deutschland. Damit erfolgt die Präsentation vermittelt durch die Darstellung symbolischer Medien. Die saint-simonistische Zeitschrift zeigt Heine als Akteur im Literaturmarkt, nicht als ferne Dichterfigur zwischen den Sprechweisen von Ironie und Prophetie. Bodenheimers Studie betont die nachweisbaren Daten.
Anlässlich des Jahrestags 2014 erschienen zahlreiche Publikationen zum Ersten Weltkrieg. Ist ein weiteres Buch zu diesem Themenkomplex wirklich notwendig? Ja, ist es. Denn der vorliegende Band rückt Themen in den Mittelpunkt, die noch immer selten im Zentrum wissenschaftlicher Aufmerksamkeit stehen, wie die Herausgeberinnen Lissa Paul, Rosemary Ross Johnston und Emma Short in der Einleitung richtig feststellen. Anhand von Kinderliteratur, Spielzeug, Bildern, Jugendorganisationen und anderem wird hier die Beziehung von Kindern und Kindheit zum Ersten Weltkrieg verfolgt. Der Band versammelt 19 relativ kurze Beiträge zu unterschiedlichen Themen, die jeweils durch ein pointiertes Vor- und Nachwort gerahmt werden. Wer jedoch einen Überblick über die Kinderkultur zur Zeit des Ersten Weltkriegs sucht, wird hier nicht fündig, wenngleich einige Beiträge einen großen Rahmen aufspannen (zum Beispiel Andrew Donson: "Lives of Girls and Young Women in Germany during the First World War"). Der Band erhebt also keinen Anspruch auf Vollständigkeit oder Exemplarität, sondern konzentriert sich auf diverse Realitäten und kleine, interessante Geschichten der Geschichte, welche die Absurdität und das Grauen dieses einschneidenden Ereignisses vergegenwärtigen. Justin Nordstrom analysiert beispielsweise, wie in patriotischer US-Propaganda, insbesondere den Four Minute Men, Kindheitsbilder genutzt wurden, um die Bevölkerung zum Sparen und Spenden zu animieren. Katherine Capshaws interessanter Beitrag fokussiert die afroamerikanischen Zeitschriften Our Boys and Girls und Brownies Books und analysiert die Verstrickungen von rassistischer und kriegspatriotischer Rhetorik. ...
Der mit zahlreichen farbigen Abbildungen versehene Band wurde anlässlich von Kurt Franz’ 75. Geburtstag herausgegeben und versammelt einen "Querschnitt" (VIII) seiner Arbeiten zur Kinderlyrik, einem Thema, mit dem sich Franz "ein Leben lang beschäftigt" (V) hat. Mit der Monographie Kinderlyrik. Struktur, Rezeption, Didaktik, die der Literaturdidaktiker 1979 publizierte, hat der vorliegende Band, in dem kürzere Beiträge aus den letzten beiden Jahrzehnten versammelt sind, demnach nur den Obertitel gemeinsam. Während es Franz seinerzeit darum ging, die Kinderlyrik als "wichtigen Bereich der 'Kinderkultur' in seiner Gesamtheit zu erfassen" (Franz 1979, 7), präsentiert der aktuelle Band Aspekte der Kinderlyrik in Einzelstudien, thematisch in die Kapitel "Begriffe und Geschichte", "Tradition und Innovation", "Themen und Motive", "Formen und Strukturen" und "Rezeption und Vermittlung" gegliedert. Ein bibliographischer Anhang und ein "Nachweis der Beiträge" beschließen den Band. ...
Eine materialreiche, ansprechend illustrierte und mit zahlreichen Beispielen ausgestattete Einführung in die Lyrikvermittlung liegt hier vor, die sich vorrangig an die Lehrenden im Primarbereich richtet. Die Stärke der Darstellung liegt eindeutig im Praxisbezug, viele Modelle für konkrete Unterrichtsplanung und -durchführung können hier nachgelesen und dann erprobt werden, die Ausrichtung folgt dezidiert handlungs- und produktionsorientierten Methoden, wie man es von Franz-Josef Payrhuber auch nicht anders erwartet. Die Gliederung ist ausgerichtet an vier "Blickpunkten": Zunächst werden "Formen" präsentiert, der umfangreiche zweite Teil widmet sich den "Methoden", der dritte präsentiert einzelne "Themen" und der letzte nimmt "Autoren" in den Blick. Abgeschlossen wird der Band durch ein umfassendes Literaturverzeichnis. ...
Wer das Buch in die Hand nimmt, wird sogleich durch die sechs Freunde aus Tom Seidmann-Freuds Bilderbuch Die Fischreise (1923), die auf dem Einband zu sehen sind, zur Lektüre angeregt. Es geht hier um das Sammeln und Erwerben von Kinder- und Jugendliteratur – nicht nur von bedeutenden und kostbaren alten Bilderbüchern, wie die schöne Einbandillustration nahelegen könnte, sondern um ein "Schaufenster für Kindermedien" (159). So lautet der Untertitel des Beitrags von Birte Ebsen über die Kinderbibliothek Hamburg, der über dem gesamten Buch stehen könnte. Carola Pohlmann macht in ihrem Vorwort deutlich, dass gedruckte Publikationen nur noch ein Element unter vielen seien und in einer sich rapide verändernden Medienlandschaft nicht mehr allein für den Bestandsaufbau der Bibliotheken maßgeblich sein können (7). Medienvielfalt wird als Chance gesehen, woraus sich die Frage von Spezialisierungen einerseits und Kooperation andererseits ergibt (10). ...
Endlich mal wieder eine Veröffentlichung zur Didaktik der Kinderlyrik! Aber was hat der Haupttitel mit dem missverständlichen Untertitel zu tun? Nichts. Nach der Einleitung "Kind und Gedicht. Variationen über eine Affinität zwischen Euphorie und Melancholie" von Hans Ulrich Gumbrecht gelangt man über drei Kapitel mit je einer Handvoll Aufsätzen aus den Bereichen Pädagogik – Psychologie, Literaturwissenschaft – Musikwissenschaft, Literaturdidaktik – Sprachdidaktik zum abschließenden Beitrag der Herausgeberin, in dem sie der nicht neuen Frage nachgeht: "[...] was heißt: Literarisches Lesenlernen?" Ach so! ...
Nadia Preindl behandelt in ihrer Dissertation die Kinderliteratur für russische Kinder im Exil, ein Thema, das bisher wenig Beachtung fand. Eine Ausnahme sind die Bilderbücher emigrierter russischer Illustratoren, abgesehen davon befassen sich die seit den 1990er Jahren veröffentlichten Arbeiten zur russischen Kinderliteratur fast ausschließlich mit der sowjetrussischen Kinderliteratur. ...
Innerhalb der historischen Kinder- und Jugendliteraturforschung gilt Karin Richter als ausgewiesene Kennerin der ostdeutschen Kinderund Jugendliteratur von 1949 bis 1990. Noch in der ehemaligen DDR habilitierte sich Richter zur Wirkungsästhetik und Poetik in der Kinder- und Jugendliteratur (1987) an der Universität Halle/ Wittenberg, von 1993–2008 war sie Professorin für Literarische Erziehung/Kinder- und Jugendliteratur an der Erziehungswissenschaftlichen Fakultät der Pädagogischen Hochschule/Universität Erfurt. In den vergangenen Jahren konzentrierten sich Richters Aktivitäten nur noch vereinzelt auf die kinder- und jugendliterarischen Texte der DDR (vgl. III). Auch dieser Band präsentiert keine neue Forschung, sondern eine persönliche Aufsatzsammlung von Beiträgen, deren Erstveröffentlichungen z. T. bis in die DDR zurückreichen. ...
Leider ist der Untertitel des hier rezensierten Werkes keineswegs übertrieben, denn auch aktuelle deutschsprachige Kinder- und Jugendliteratur mit interkulturellen Aspekten ist teilweise immer noch gutmeinende, mit Stereotypen versetzte Literatur, die letztlich weniger der Völkerverständigung als vielmehr der Zementierung alter, abwertender Darstellungen anderer Kulturen und Menschen dient. Wo spielt aus welchem Blickwinkel eine Handlung? Wer sind die ProtagonistInnen respektive die handlungstragenden Figuren, die zu Wort kommen? Will der Text unterhalten oder hauptsächlich belehren/erziehen? Es sind Fragen wie diese, die auf mögliche Stolperfallen im interkulturellen Minenfeld hinweisen. ...
2017 war in Deutschland eine Ausstellung zu erleben, deren Idee darauf beruhte, durch die Gestaltung einer "Magic City" der Kunst der Straße (Street Art) in einem künstlich geschaffenen Raum Ausdruck zu verleihen (www.magiccity.de). Street Art Künstler aus fünf Kontinenten schufen dabei eine urbane Welt, indem sie aus multimedialen Installationen oder Wandgemälden mit 3-D-Effekt wahrhaft magische Räume konstruierten, die vor allem jugendliche Besucher zu begeistern wussten. Fiktionale Räume trafen auf Realität, und es kam zu lebendigen und interaktiven Diskursen, die neben dem ästhetischen Reiz der Präsentationen auch vielfältige Fragen nach dem Wechselverhältnis zwischen Mensch und Raum in der modernen Welt debattierten. ...
1992 wurde an der Universität Vigo unter dem Titel "Anglo-German Children’s Literature and its Translation" von VertreterInnen der Germanistik, Anglistik, Romanistik und der Translationswissenschaft eine Forschungsgruppe ins Leben gerufen, um Studierende vor und während ihrer Doktorarbeiten in diesen Fächern zu unterstützen. Inzwischen wurden innerhalb dieser Forschungsgruppe mehr als 20 nationale und internationale Forschungsprojekte in Deutschland, Österreich, Argentinien, Italien und Mexiko durchgeführt. 2006 wurde die Forschungsgruppe als "Group of Excellence" ausgezeichnet. Während zu Beginn vor allem deutsche und englische Kinder- und Jugendliteratur im Fokus stand, weitete sich das Forschungsfeld immer mehr aus; nicht nur didaktische Fragen werden berücksichtigt, vor allem auch literaturwissenschaftliche Aspekte wurden immer wichtiger. ...
Das seit Jahren anhaltend steigende Interesse am ästhetisch anspruchsvollen Bilderbuch und seinem Erfahrungs- und Bildungspotenzial zeigt sich in zahlreichen nationalen und internationalen Forschungsprojekten, die vor allem kindliche Rezeptionsprozesse und ihre bedingenden Faktoren untersuchen. Der Band zur zweiten Bilderbuch-Tagung an der Universität Koblenz-Landau (2015) bildet einen Ausschnitt dieser vielfältigen Forschungslandschaft ab. ...
Im Jahr 2015 wurden im Segment "Kinder- und Jugendliteratur" 9081 Novitäten – die Zahl versteht sich ohne Neuauflagen – auf den Buchmarkt gebracht. Mehr neue Bücher für Kinder und Jugendliche gab es in der gesamten Geschichte des Buchdrucks noch nie! Ganz von allein stellt sich da die Frage, wie denn all diese Bücher ihre LeserInnen finden werden. Oder im Umkehrschluss, wie gelingt es LeserInnen, in diesem Riesenangebot die passende Lektüre zu entdecken? Entsprechend dieser Problematik lauten die Schlüsselwörter: Literaturvermittlung, (außerschulische) Förderung und Austausch. ...
Erwachsen werden ist eine Krankheit, Erwachsen sein die Heilung, und jugendlicher Ungehorsam gegenüber der Einheitsgesellschaft ist ihr Symptom – so ließe sich vielleicht die Kernannahme von Iris Schäfers aus ihrer Frankfurter Doktorarbeit hervorgegangenen Monographie Von der Hysterie zur Magersucht bzw. der von ihr in dieser untersuchten Werke umschreiben. ...
Die Monographie über Körperhaltungen von Doris Schöps ist das Ergebnis eines Promotionsprojektes, das in der Arbeitsstelle für Semiotik der Technischen Universität Berlin durchgeführt worden ist. Sie ergänzt eine Reihe von semiotisch orientierten Dissertationen, die im gleichen Forschungskontext entstanden sind und die der lexikographischen Beschreibung emblematischer Gesten dienen. Die Verfasserin ließ sich in ihrem umfassenden Werk von diesem Ansatz der Gestenforschung inspirieren, wobei sie den Besonderheiten von Körperhaltungen Rechnung trägt, und ergänzt ihn um eine korpusanalytisch basierte Filmanalyse.
Aufbauend auf ihre Studie Disturbing the Universe: Power and Repression in Adolescent Literature (2000) fokussiert Roberta Seelinger Trites in Literary Conceptualizations of Growth die Metaphorik des (Heran-)Wachsens innerhalb der englischsprachigen Adoleszenzliteratur. Im erstgenannten Text hat sie dieser die Botschaft attestiert, dass das adoleszente Individuum sich stets aus seinem momentanen Zustand befreien müsse, um entweder zu "wachsen" und sich in die Erwachsenengesellschaft zu integrieren, oder aber zu sterben und somit zu scheitern. Fokussiert werde ein Wachstumsprozess, der mit einer "Besserung" gleichgesetzt werde. ...
Martina Seifert widmet sich in ihrer komparatistisch-imagologisch ausgerichteten Studie, ihrer Dissertation, dem Kanadabild in der in Deutschland erschienenen Kinder- und Jugendliteratur. Sie behandelt den Zeitraum von 1899 bis 2005. Die vielschichtig und komplex angelegte Studie untersucht anhand von ca. 1000 kinder- und jugendliterarischen Texten sowohl "die heteroimagotypen Konzeptionen in den Produktionen deutschsprachiger Autoren [...], i. e. die Heteroimages von Kanada bzw. deren Funktionen in Abhängigkeit von den historisch variablen Autoimages" (Teil I der Arbeit) als auch die Frage, "inwieweit die im Subsystem zirkulierenden Heteroimages die Übersetzungsgeschichte der kanadischen Kinder- und Jugendliteratur ins Deutsche beeinflussten, [also] inwieweit diese im zielkulturellen System Aufnahme fanden oder nicht" (Teil II, 14f.). Jedem der beiden Teile liegen komplexe Fragestellungen zugrunde, der die Autorin im Laufe ihrer Analyse mehr als gerecht wird...
Die Studie bietet eine umfangreiche Korpusanalyse von direktiven und manipulativen Matrixprädikaten des Deutschen, deren Komplemente zwischen finiten und infiniten Sätzen variieren. In synchroner Sicht sind die unterschiedlichen Varianten des Komplementsatzes zwar grundsätzlich synonym, ihre Verteilungsmuster werden aber wesentlich von konzeptuell-semantischen, gebrauchsorientierten und psycholinguistischen Faktoren beeinflusst. In der diachronen Perspektive zeigt sich, dass einige auf den ersten Blick voneinander unabhängige Entwicklungslinien Interdependenzen aufweisen und auf einen gemeinsamen Entwicklungsprozess hindeuten. Für den dass-Satz und für den zu-Infinitiv wird jeweils eine Entwicklungslinie rekonstruiert, die sich von den traditionellen Ansichten in einigen wichtigen Aspekten unterscheidet.
[Smirnova, Elena: Deutsche Komplementsatzstrukturen : synchrones System und diachrone Entwicklung / Elena Smirnova. - [1. Auflage]. - Heidelberg : Universitätsverlag Winter, [2017]. - 286 Seiten : Illustrationen. - (Sprache - Literatur und Geschichte ; Band 48)
ISBN 978-3-8253-6722-0]
Daniel Stein und Jan-Noël Thon rücken in ihrem Sammelband die Theorie und Geschichte graphischer Narrative ("Graphic Narrative") in den Untersuchungsfokus, mit dem Ziel "[to] examine some of the more salient contexts and their effects on specific narrative affordances and limitations, conventions and innovations" (8). Dass sie dabei eine enorme Vielfalt an Gegenständen, über die auch keinesfalls Eindeutigkeit herrscht, aufrufen, deutet der Haupttitel bereits an: Vom Comic Strip bis zur Graphic Novel gibt es ein weites Spektrum an möglichen Formen des graphischen Erzählens, wobei etwa das Bilderbuch in den Studien noch gar nicht berücksichtigt worden ist. ...
Ein Dialog zwischen Sohn und Vater: "Wovon handeln Bücher eigentlich?" – "Alle wichtigen Bücher handeln von Gott." So beschreibt es Guus Kuijer in Das Buch von allen Dingen (2006). Mit dieser Geschichte beginnt der vorliegende Band über religiöse Spuren in aktueller Kinder- und Jugendliteratur, der die vier Vorlesungen des Kontaktstudiums der Theologischen Fakultät Fulda im Sommersemester 2015 unter dem Dictum versammelt: "Alle wichtigen Bücher handeln von Gott." (vgl. 7) Georg Langenhorst fundiert die religionspädagogische Auseinandersetzung mit Kinder- und Jugendliteratur in "Gestatten: Gott! Religion in der Kinder- und Jugendliteratur unserer Zeit. Befund, Deutung und Perspektiven für religiöses Lernen" (11–65) mit einer Analyse des aktuellen Jugendbuchmarktes. ...
Romantik als Gegenbewegung zur vernunftfixierten, fortschrittverheißenden Aufklärung wird allzu oft klischeehaft reduziert auf gedankenverlorene Gefühlsduselei, schwärmerische Realitätsflucht und idealisierende Mittelalterverehrung. Wie die Romantik wird auch die Rheinromantik in dieser verzerrten Form heute als Topos des Tourismusmarketing missbraucht und derart im kollektiven Gedächtnis markiert. Dabei hat nicht zuletzt Rüdiger Safranskis populäre Romantikmonographie unmissverständlich hervorgehoben, dass Romantik auch als politische Emanzipationsbewegung, als Ergänzung des nüchternen Rationalismus und als Erweiterung des Wirklichen um das Geheimnisvolle verstanden werden muss.
Dieser ursprünglichen Vieldeutigkeit des Romantischen ist auch Ulrich Meyer-Doerpinghaus mit seinem Band "Am Zauberfluss" verpflichtet. Die "Szenen aus der rheinischen Romantik" wollen das idyllisierende Klischee der efeubewachsenen Gemäuer, der weinseligen Geselligkeit und der Wehmut widerlegen.
Die hier zu besprechende Monographie ist einerseits ein Indiz für diese notwendige Zuwendung der germanistischen Sprachwissenschaft zu sprachlichen Besonderheiten der KJL, andererseits verfolgt die Arbeit Ziele, die - unabhängig von der spezifischen Quellenbasis - die Ermittlung, Systematisierung und beschreibende Erklärung eines "Sprachmittels", Phraseme/Phraseologismen, im kontrastiven und translatologischen Sinne betreffen. Neu am Buch von Valenčič Arh ist, dass konsequent die Textgebundenheit des Sprachmittels berücksichtigt wird und dass die Möglichkeiten und Grenzen der Übersetzbarkeit des ausgewählten Sprachmittels im Prozess und im Resultat der Übersetzung selbst erörtert werden.
Nach Charles de Gaulle sind die Zehn Gebote deshalb so knapp und einleuchtend, weil sie ohne Mitwirkung von Juristen zustande kamen. Analoges scheint cum grano salis auch für vorliegenden Tagungsband im Blick auf Kirchengeschichtsschreibung zu gelten: Als einziger Ordinarius dieser Zunft war Thomas K. Kuhn 2015 beim Symposion in Gera vertreten, welches vom Forschungsprojekt "Thüringen im Jahrhundert der Reformation" an der Schiller-Universität Jena in Kooperation mit dem Institut "Deutsche Presseforschung" der Universität Bremen ausgerichtet wurde. Sein Beitrag "Reformierte Aufklärung. Die Reformation bei Georg Joachim Zollikhofer" behandelt den Schweizer Prediger an der Leipziger Hugenottengemeinde. Dieser war nicht an reformatorischer Hagiographie noch an dogmatischer Fixierung reformatorischer Lehrinhalte interessiert, sondern begriff Reformation als emanzipatorischen Initialprozeß. Über Fragen nach Rechtsbindung, Befreiung von kirchlichen und staatlichen Hierarchien und Vernunftgebrauch bei Prüfung von Schrift und Bekenntnis kam es zu Spannungen mit der lutherischen Spätorthodoxie, aber auch zum überkonfessionellen Dialog mit Aufklärern wie Basedow, Campe, Garve, Gedike, Resewitz, Semler, Spalding und Weiße, ja, sogar zum Wunsch und zur Denkbarkeit einer protestantischen Union, wie sie erst nach dem Reformationsjubiläum von 1817 in Preußen realisiert wurde.
"Reformation als Aufklärung" - so eine Kapitelüberschrift Kuhns – war kein reformiertes Spezifikum Zollikhofers, sondern zieht sich als roter Faden durch den Tagungsband.
Mit der Untersuchung von vorintegrativen Sprachförderung von Neuzuwanderern unter dem Aspekt des Spracherwerbs und der Integration bewegt sich Nimet Tan mit ihrer Dissertation, die unter der Leitung von Prof. Dr. Hermann Funk entstanden ist, im weiten und interdisziplinären Feld der Spracherwerbs- sowie Sprachkontakt- und Integrationsforschung. Die Aktualität und Relevanz einer Arbeit, die sich mit dem Umgang Mehrsprachiger mit ihren sprachlichen Potenzialen und damit auch mit den gesellschaftlichen Herausforderungen kultureller und sprachlicher Heterogenität beschäftigt, soll hier dargelegt werden.
Im Vordergrund der Publikation stehen Beiträge, die sich intensiv mit dem Phänomen der Kollokation beschäftigen. Der erste Teil der Sammlung konzentriert sich auf die intra- und interlingualen Aspekte der Kollokationen. Der zweite Teil wird den didaktischen Studien der Kollokationen gewidment, mit dem Akzent auf der Wichtigkeit der Integration fester Wortverbindungen in den DaF-Unterricht.
[Kollokationsforschung und Kollokationsdidaktik / Peter Ďurčo (Hg.). - Wien : LIT, 2016. - 236 Seiten. - (Studien zur Linguistik ; Band 22) ISBN 978-3-643-50784-6]
In der Monographie 'Po stopách německy psané literatury na Hlučínsku' [Auf Spuren der deutschsprachigen Literatur in der Hultschiner Region] werden die Ergebnisse der Forschung vorgestellt, die auf das literarische und kulturelle Bild des Hultschiner Ländchens eingeht. Im Mittelpunkt der Untersuchungen steht das literarische Schaffen dieser Region, die durch multikulturelle Einflüsse geprägt wurde und neue Forschungsimpulse bietet.
Der Band Erich Kästners literarische Welten und ihre Verfilmungen schließt die zwölfbändige Reihe Bilder erzählen Geschichten – Geschichten erzählen zu Bildern, die von Karin Richter und Burkhard Fuhs seit 2006 herausgegeben wird, ab. Im Zentrum stehen mit Emil und die Detektive (1929) und Die Konferenz der Tiere (1949) zwei kinderliterarische Texte Erich Kästners, die auch verfilmt wurden und die im Hinblick auf Erich Kästners Leben und Werk in größeren, fächerübergreifenden Unterrichtsprojekten u. a zum Aufbau des Geschichtsverständnisses bei jüngeren Kindern herangezogen werden sollen (vgl. 116f. und Kapitel 1). ...
Unter dem Titel Kästner im Spiegel erscheinen aus Anlass des 40. Todestages von Erich Kästner im Jahr 2014 fünfzehn neue Beiträge zur Kästner-Forschung, herausgegeben von Sebastian Schmideler und Johan Zonneveld. Die Herausgeber, beide ausgewiesene Kästner-Kenner, fragen danach, ob und wie sich Kästner heute noch in der literaturwissenschaftlichen Diskussion spiegelt bzw. welche Spuren, Wirkungen und Erkenntnisse zu seinem Werk in der aktuellen Forschung zu finden sind. ...