GiNDok
Refine
Year of publication
- 2004 (15) (remove)
Document Type
- Article (11)
- Book (1)
- Part of a Book (1)
- Part of Periodical (1)
- Review (1)
Language
- German (15)
Has Fulltext
- yes (15)
Is part of the Bibliography
- no (15)
Keywords
- Goethe, Johann Wolfgang von (15) (remove)
Vorwort
(2004)
Am 22. März 1832 stirbt Goethe. Nicht nur sein Leben, auch seine literarische Produktion reicht bis in den Vormärz hinein (wenn man ihn denn mit der Juli-Revolution von 1830 beginnen sieht) und lässt die klassizistische Ästhetik der 1790er Jahre am Ende weit hinter sich: 'Faust II' wird im Juli 1831 abgeschlossen und 1832 veröffentlicht, die letzte Fassung von 'Wilhelm Meisters Wanderjahre' war 1829 erschienen. Doch Goethes Tod (und damit auch das definitive Ende seines literarischen Werks) ruft nicht nur Trauer über den Verlust des unerreichbaren "Titanen" und den nun für unabwendbar gehaltenen Niedergang der deutschsprachigen Literatur hervor, er setzt auch Hoffnungen auf einen jetzt endlich möglichen Neubeginn bei den jungen Autoren frei, die sich von Goethes olympischer Überlebensgröße allzusehr in den Schatten gestellt gefühlt hatten.
Hatte Heine für seine Person eine Mittelstellung zwischen dem sinnlichen, indifferent pantheistischen Goethe und dem sentenziösen Freiheitsdichter Schiller angestrebt, so bevorzugt hingegen Büchner eindeutig zu Ungunsten Schillers und der rhethorischen Tendenz "Goethe und Shakspeare". Der seit Hans Landsberg (1900) und Paul Landau (1909) etwas abgestandenen Lehrtradition, dernach Büchner an Shakespeare und den "Sturmund Drang" anknüpft, gibt der folgende Beitrag im Anschluß an Friedrich Sengles Betonung des Wally-Skandals eine politisch kritischere, vormärzlichere Wendung.
Am 22. März 1832 stirbt Goethe. Nicht nur sein Leben, auch seine literarische Produktion reicht bis in den Vormärz hinein (wenn man ihn denn mit der Juli-Revolution von 1830 beginnen sieht) und lässt die klassizistische Ästhetik der 1790er Jahre am Ende weit hinter sich: 'Faust II' wird im Juli 1831 abgeschlossen und 1832 veröffentlicht, die letzte Fassung von 'Wilhelm Meisters Wanderjahre' war 1829 erschienen. Doch Goethes Tod (und damit auch das definitive Ende seines literarischen Werks) ruft nicht nur Trauer über den Verlust des unerreichbaren "Titanen" und den nun für unabwendbar gehaltenen Niedergang der deutschsprachigen Literatur hervor, er setzt auch Hoffnungen auf einen jetzt endlich möglichen Neubeginn bei den jungen Autoren frei, die sich von Goethes olympischer Überlebensgröße allzusehr in den Schatten gestellt gefühlt hatten.
Als Goethe 1832 in einem Brief an Humboldt seinen "Faust II" als "diese sehr ernsten Scherze" apostrophierte, bezog er sich auf die sehr spezifischen Traditionen einer "ernsten" und einer "scherzhaften" Dichtung, wie sie beide im Laufe des 18. Jahrhunderts entstanden waren. Der Beitrag versucht demgemäß, erstens die Referenz des Ausdrucks "ernste Scherze" historisch zu bestimmen und zweitens das Nachleben der betreffenden Dichtungstraditionen in Goethes Lebenswerk zu skizzieren. Besondere Berücksichtigung finden dabei die Dramenschlüsse von "Stella" (Erstfassung 1776) und "Faust II". Es wird gezeigt, wie Goethe in beiden Fällen versucht, in der Gattung des Dramas die Struktur einer Pointe – wie sie aus der "Formkultur des Witzes" der Frühaufklärung bzw. des bürgerlichen Rokoko bekannt ist – nachzubauen.
Die Bewunderung war ziemlich einseitig. Schon im späten 18. Jahrhundert pilgerte, wer sich zur "geistigen Welt" rechnete oder von ihr sich angezogen fühlte (im Besonderen auch, wer klassische künstlerische Weihen für den eigenen Kunstehrgeiz erhoffte), in das mitteldeutsche Residenzstädtchen Weimar. Es kam durchaus darauf an, Kontakt zum vielseitig interessierten und daher vielbeschäftigten, vielgerühmten Geheimen Rat zu suchen. Excellenz war exclusiv, hatte sich als Mittelpunkt
einer nun schon vom gebildeten Europa bewunderten "deutschen Geistescultur" herauskristallisiert.
Es gibt vernünftige Gründe, die Ära des Vormärz auf die Zeit zwischendem Sommer 1830, als in Europa verschiedene Insurrektionen aufflammten, und dem Vorfrühling des Jahres 1848 zu begrenzen. Im Sinn dieser Beschränkung gehört die nicht zustande gekommene Zusammenarbeit zwischen dem Weltliteraturschöpfer und dem aufstrebenden, aber be-reits 1826 in den Musikerhimmel abberufenen Weber kaum zum Thema "Goethe und die Musik des Vormärz", da die Sache zu weit im Vorfeld liegt. Doch erscheint sie im Hinblick auf das Verhältnis von Goethe zu den Jüngeren, den beiden Generationen der Künstler im Vormärz, ebenso symptomatisch wie das konfliktöse Verhältnis zu Ludwig van Beethoven.
Beethovens kompositorische Tätigkeit wird zum Paradigma musikalischen Denkens, und seine Kompositionen bilden im 19. Jahrhundert die zentrale Basis musikalischer Formenlehre. In diesem institutionalisierten Modus erscheint Beethoven - mit Avital Ronell formuliert - "wie der Höhepunkt eines Bildungsromans", auf den "nur noch ein Abstürzen
folgen kann." Der damit initiierte "Goethe-Effekt" bestimmt in hohem Maße die ästhetischen Diskussionen der folgenden Jahrzehnte: Beethoven bleibt kompositorischer Referenzpunkt, gegen dessen Autorität ein neueres sinfonisches Schaffen sich nur mit größten Schwierigkeiten zu etablieren vermag.
Die ästhetische Autorität, die Beethoven wie Goethe in der doppelten Bewegung des Begründens und des Vollendens einer Gattung zugesprochen bekommen, erstreckt sich nicht zuletzt aber auch auf das künstlerische Medium selbst. Beethoven erscheint als herausragende Gestalt am Höhe- und Endpunkt einer langen kompositorischen Entwicklung, in der die Potentiale der Musik - ihr "innigstes Wesen" - zur vollen Entfaltung gelangen
Rezension zu Karl August Varnhagen von Ense/Heinrich Düntzer: "durch Neigung und Eifer dem Goethe'schen Lebenskreis angehören": Briefwechsel 1842-1858. Herausgegeben von Berdt Tilp. Teil 1: Einführung und Text. Teil 2: Kommentar (Forschungen zum Junghegelianismus, hrsg. v. Konrad
Feilchenfeldt und Lars Lambrecht, Band 7), Peter Lang Europäischer Verlag der Wissenschaften, Frankfurt/Main 2002
Bei der Durchsicht von literarischen und literarkritischen Werken der 1830er und 40er Jahre wird schnell deutlich, daß jedes einen anderen 'Goethe' hat. Damit ist nicht nur den Tatsachen Rechnung getragen, daß jeder der Autoren seine ganz individuelle Sicht auf Goethe zur Geltung bringen will - um des eignen Profils und der Distinktionsgewinne willen - und daß jede der sich ausdifferenzierenden ideologischen Positionen,
die dem Vormärz sein besonderes Gepräge geben, sich ihre spezielle, pejorative oder verklärende Mystifikation zurechtlegt.