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Am 9. und 10. Mai 2019 fand die internationale Tagung des Germanistischen Instituts der Universität Pécs statt. Die Tagung wurde durch die Förderung von der Konrad-Adenauer-Stiftung, vom Österreichischen Kulturforum Budapest, von Grawe Életbiztosító Zrt., von Herrn Lorenz Kerner, Vorsitzendem des Kulturvereins Nikolaus Lenau und von der Universität Pécs durchgeführt. Die Konferenz hat sich die Untersuchung der Frage der Freiheit des Geistes in der deutschen Literatur im Laufe der europäischen Geschichte zum Thema gemacht. Rund 30 Teilnehmende aus acht Ländern diskutierten darüber, wie Geistesfreiheit in der deutschen Literatur zwischen Autonomie und Fremdbestimmung zum Vorschein kommt oder eben nicht. Die Vorträge umfassten einen Zeitraum von beinahe 300 Jahren. Die Liste der behandelten Autoren ist ebenfalls lang, von Lessing und Goethe bis zu den Schriftstellern und Journalisten unserer Zeit.
Kafka in der Türkei : Transkription des Literaturworkshops mit dem Kafka-Biografen Reiner Stach
(2019)
Die Abteilung für Germanistik an der Hacettepe Universität (mit Unterstützung des Goethe-Instituts Ankara) lud am 02. November 2018 Studierende zu einem Kafka-Workshop mit Dr. Reiner Stach ein. Reiner Stach hat mit seiner Kafka-Biographie die Möglichkeiten der literarischen Biographie neu ausgelotet. International gilt sie längst als die definitive Biographie Kafkas. Ergänzt hat Reiner Stach sein Opus magnum nun um den Dokumentationsband "Kafka von Tag zu Tag". Basierend auf Stachs jahrzehntelangen Forschungen erlebt man als Leser, was Tag für Tag in Kafkas Leben geschah: in seiner Familie, seinem Freundeskreis bis hin zu weltpolitischen Ereignissen seiner Zeit. Ein einzigartiges Dokument, das eine schier unendliche Fülle an Material übersichtlich und beeindruckend ordnet und so das Leben und die Zeit des großen Autors unmittelbar erfahrbar macht.
One of the main controversial topics of German language is the definition of word types and the classification of the principles. There are different views on the definition of 'particle' and 'intensive particle'. An interesting object of study of linguistics in this context are primarily grammaticalized words that lose their actual lexical meaning, assume grammatical functions and act as lexical intensifiers. In the first part of this article, general information is given about the definition and classification of the concepts of 'particle' and 'intensive particle'. The second part of the study handles the 'intensive particle', so called by the German language linguist Hentschel (1998), which have partly metaphorical features. The use of these words as 'intensive particle' in certain areas has been examined with German and Turkish examples and the differences and similarities have been revealed in two languages.
Im Rahmen der vorliegenden Fallstudie zur Bewusstmachung der Lese- Verstehens- und Recherchekompetenz bei Studierenden des Fachbereichs Übersetzen und Dolmetschen wird der Vorschlag einer didaktischen Progression bei der Strukturalisierung des Unterrichts für literarische Übersetzung erarbeitet. Dies wird am Beispiel der türkischen Übersetzungen von Goethes Briefroman "Genç Werther'in Acıları" versucht darzustellen. Zu unterstreichen ist hier jedoch, dass die Unterrichtseinheit nicht, wie es nach übersetzungstheoretischem Ansatz zu verfolgen ist, mit der Analyse des Ausgangstextes "Die Leiden des jungen Werther" (Goethe, 1774) strukturiert ist. Diese Arbeit hat zum Ziel, den Versuch einer (in Anlehnung an die kognitions- und psychologisch wissenschaftlichen Erkenntnisse) didaktisch modellierten Vorgehensweise mehrerer aufeinanderfolgenden Unterrichtsphasen zu veranschaulichen. Der Fokus liegt jedoch hierbei auf dem Einstieg in die Unterrichtseinheit, wobei der Lese- und Verstehensprozess auf seinen Verlauf hin empirisch zu untersuchen gilt. Dazu wird die Datenerhebungsmethode angesetzt, die in der Kognitionspsychologie und der Übersetzungsprozessforschung fundiert. Die Datenauswertung erfolgt deskriptiv. Dieses Orientierungsmuster, welches zum Ziel hat, die Selbstsicherheit der Studierenden in Bezug zu unterschiedlichen Teilkompetenzen wie Lesen, Verstehen und Recherchieren, zu fördern, soll aus der Grundvorlage selbstkritischer Unterrichtserfahrung zur Durchführung des angegebenen Materials im Übersetzungsunterricht anregen.
Yabancı dil öğreniminde kullanılan en önemli materyallerden biri de sözlüktür. Öğrenci öğreneceği kelimenin anlamını ilk önce sözlükten bakmaktadır. Yabancı dil öğreniminde sözlük anahtar konumdadır. Günümüzde yabancı dil öğrenirken aranan kelimenin anlamına mobil ve çevrimiçi sözlükler vasıtasıyla oldukça hızlı ulaşılmakta, yabancı dil öğrenenler artık akıllı telefonlara yüklenen programlardan ve çevrimiçi çeviri internet sitelerinden sıklıkla yararlanmaktadır. Bu çalışmada Almanca Öğretmenliği Hazırlık programı sınıflarındaki öğrencilerin sözlük kullanım durumları incelenmiş, öğrencilerin basılı sözlük ve mobil-çevrimiçi sözlükleri kullanım durumları nitel ve nicel açılardan incelenmiştir. Çalışmada OMÜ Yabancı Diller Yüksekokulu, Almanca hazırlık sınıflarında öğrenim gören 42 öğrenciye anket uygulanmış, mobil-çevrimiçi ve basılı sözlükleri kullanım durumları karşılaştırmalı olarak incelenmiş ve belirlenen alt problemlere cevap aranmıştır. Ayrıca öğrencilerin kullandığı mobil-çevrimiçi ve basılı sözlüklerin isimleri ve kullanım sıklıkları tespit edilmiştir. Araştırma sonuçlarına göre öğrencilerin % 95' e yakını çevrimiçi ve mobil sözlük kullanmakta, yarıya yakını (%47,6) ise nadiren basılı sözlük kullanmaktadır. Mobil /çevrimiçi sözlükler söz varlığı açısından kısmen yeterli görülürken, basılı sözlükler büyük oranda yeterli görülmektedir. Kelimeye hızlı erişim ve kullanım kolaylığı mobil sözlüklerin avantajlı tarafı olarak belirlenmiştir. "Google Translate" (% 65,7) en sık kullanılan çevrimiçi sözlük olarak belirlenmiştir. TDK Almanca-Türkçe sözlük (% 41,5) en çok kullanılan basılı sözlük olarak belirlenmiştir.
Wir haben alle in- und auswendig gelernt, dass der Lehrerberuf "heilig" ist, zumal Lehrer "Persönlichkeiten" ausbilden würden. Aber auch Ärzte retten Menschenleben, womit sie einen "heiligen Akt" vollziehen. Das heißt, dass jedes Berufsfeld eigene Relevanz hat. Allerdings auch dieser Arzt aus dem Beispiel hatte eine Lehrperson, die ihn beeinflusst und in seinen Entscheidungen "gesteuert" hat. Das bedeutet, neben der Tatsache, dass die Lehrer auf uns entweder einen postiven oder negativen Einfluss haben können, spielen sie auch bei den grundlegenden Entscheidungen unseres Lebens eine wichtige Rolle, was dazu führt, dass sie uns in allen Facetten unseres Lebens "begleiten". Zudem sprechen sie i.d.R. große Zielgruppen an. Wenn die Ausbildungsphase nicht effektiv erfolgt, dann ist es unvermeintlich, dass all die erhofften gesellschaftlichen aber auch individuellen Ziele nicht realisiert werden. Das Ziel dieses Aufsatzes ist, den (Fremdsprachen-) Lehrerausbildungsprozess zu beleuchten. Aus diesem Grund wird zunächst einmal auf die gesellschaftlichen und digitalisierungsbedingten Herausforderungen eingegangen, vor denen die Schule steht. Danach wird recherchiert, über welche Kompetenzen Lehrerschaften verfügen sollen, damit sie auf die Anforderungen entsprechend reagieren können. Nachdem diese inhaltlichen Aspekte der Lehrerausbildung erläutert werden, wird auf die oft ignorierten, strukturellen und organisatorischen Schwerpunkte eingegangen. Abschließend wird die Rolle eines Praktikums und eines Praxissemesters im zielsprachigen Land verdeutlicht.
İletişim artık sadece bilimsel literatürün değil aynı zamanda günlük hayatın da konusu olmuştur. Bu gerçekten hareketle iletişimin daha detaylı bir şekilde mercek altına alınmasında yarar vardır çünkü iletişimin genellikle sadece iki kişinin karşılıklı konuşması olarak algılanması bu alanda bazı yanlış anlaşılmaların ortaya çıkmasına sebebiyet vermektedir. Çalışmanın amacı iletişim kavramını eylem odaklı bir bakış açısıyla analiz etmektir. Bunun için iletişim kavramı öncelikle Bühler’in bakış açısıyla ele alınacaktır; çünkü Bühler’in iletişim modeliyle biraz daha anlaşılır hale gelen iletişim eylemi, Schulz von Thun'un mesajın dört yönünü ortaya koyduğu modeliyle daha net bir izahata kavuşmuştur. Thun iletişimi "nesnel ifade", "ilişki düzeyi", "iç dünyanın ifşası" ve "çağrı" kavramlarıyla çok ayrıntılı bir şekilde izah ederek bu alanda var olan önemli bir boşluğu doldurmayı başarmıştır. İletişim alanına katkı sunan bir başka bilim adamı ise Watzlawick ve arkadaşlarıdır. Watzlawick ve arkadaşları "iletişim kuramamak imkânsızdır." düsturuyla hiçbir şey söylememenin de bir iletişim şekli olduğunu ortaya koyar. Bir başka deyişle Watzlawick hiçbir şey söylememenin de bir şey söylemek olduğu gerçeğini savunarak bu alana yeni sayılabilecek bir bakış açısı kazandırmıştır.
Der Sprachwandel ist ein lebendiges Geschehen, ein Prozess, den man in der Sprache selbst kaum merkt. Er wird u. a. sichtbar im Gebrauch von anachronistischen Redensarten, die in ihrer Substanz veraltete Inhalte verwenden und in ihrem aktuellen Gebrauch dadurch oft für den Laien unerklärbar sind. Die ältere Sprichwörterforschung stellt nützliche Hilfsmittel, aber zur Erläuterung muss man manchmal Interpretationen suchen. Ältere Redensarten beruhen oft auf (ebenso veralteten) Vorurteilen, sind aber häufig interessante Zeugnisse zur Kulturgeschichte. Für uns heute völlig unverständlich ist zum Beispiel die traditionelle Verachtung des Schneiders, die sich in Redensarten niederschlägt. Andere Redensarten sind Überreste von "Rechtsaltertümern", die seit langem nicht mehr gelten. Überlieferte Vorurteile, im Orientalismus (Interesse und Begeisterung für die Osmanen u. a.) allerdings durchaus positiv assoziiert, verbinden sich im Deutschen mit dem Begriff des "Türkischen" [richtig: Osmanischen]. Dazu gibt es viele Beispiele, auch z. B. historische Brunnen mit der Figur des Osmanen, die mit der Zeit erklärungsbedürftig, also ebenfalls "anachronistisch", geworden ist. Gegenläufig sehen wir viele positive Einflüsse "westlicher" Staatsstrukturen auf den modernen türkischen Staat.
Der Konflikt zwischen den Herrschenden und denen, die die Herrschaft begründen, kann durch kulturelle Artikulation verhindert werden. Einer der Faktoren, die zu diesen kulturellen Artikulationen beitragen, sind die Noemata der Kultur. Man kann also sagen, dass Noemata zur Bildung, Veränderung und Transformation von kultureller Gedächtnisakkumulation führen. Kulturelle Gedächtnisakkumulation ermöglicht den kulturellen Vergleich verschiedener Kulturen, indem die subjektive Identität einer Nation definiert wird. Die Grenzen des Raumes entsprechen auch einer abstrakten und symbolischen Verlängerung. Das Symbol ist mit der Sprache verbunden, das heißt mit dem Diskurs. An dieser Stelle kann man die Existenz von Noema in der Kultur und die Auswirkung auf den Punkt des Umsetzens in der Literatur sehen, der die Periodenmerkmale widerspiegelt. Das Ziel dieser Arbeit ist es, in den Werken "Wie kommt das Salz ins Meer?" von Brigitte Schwaiger und "Kadının Adı Yok" ['Die Frau hat keinen Namen'] von Duygu Asena anhand Edmund Husserls Begriffen Intentionalität und Noemas zu untersuchen.
Edebiyatta Polisiye Roman olarak adlandırılan bir türün ortaya çıkmasının en önemli nedenlerden biri, insanoğlunun gizem karşısında duyduğu meraktır. Ölüm, cinayet ve suç gibi içerisinde gizem barındıran konuları bir dedektif titizliği ile çözmeye çalışan polisiye roman okuru, okuma serüveni boyunca kendini gerilimin hiç eksilmediği bir evrende bulur. Bu suç evrenindeki en büyük destekçisi, suçluyu bulmak için görevlendirilmiş olan dedektif ya da polis memurudur. Okur, eserin içerisine yerleştirilen ipuçlarından yola çıkarak ve akıl yürüterek suçluyu bulmaya çalışır. Polisiye roman türünün böylesine ilgi görmesinin bir sebebi de, okurun kendisini eserin bir parçası olarak hissetmesidir. Polisiye romanda, dedektif karakteri genellikle kurnaz, atik, analitik, detaycı ve meraklı olarak betimlenir. Bu noktadan hareketle çalışmada, iki kurnaz kadın dedektif karakter ele alınmıştır. Çalışmanın amacı, Ernst Theodor Amadeus Hoffmann'ın "Das Fräulein von Scuderi" ("Matmazel Scuderi") ve Agatha Christie'nin "Ölüm Çığlığı" ("The Murder at the Vicarage") eserlerindeki kadın dedektif karakterleri Matmazel Scuderi ve Jane Marple'ı tanıtmak ve her iki kadın karakter arasındaki benzerlikleri ve farklılıkları ortaya çıkarmaktır. Çalışmada, eserler karşılaştırmalı ve metin odaklı bir yöntemle irdelenecektir.
Bu çalışmada Almanya'ya işçi olarak giden ilk Türk neslin torunları olan üçüncü ve dördüncü kuşak gençlerin Alman toplumunda yaşadıkları sosyo-kültürel ve psikolojik sorunları saptanmaya çalışılacaktır. Araştırma nesnesi olarak "kurmaca" dalında 2007 Adolf Grimme ödülünü alarak Türk-Alman sinemasında önemli bir başarıya imza atmış bulunan yönetmen Züli Aladağ'ın 2006 yılında çektiği, Almanya'daki Türk gençliğini konu alan "Öfke" adlı filmi incelenecektir. Almanya'da çok kültürlü ortamda yetişen gençlerin, toplumda egemen kültür dışında kendi aralarında oluşturdukları dia-kültür ve bu alt kültürleri oluşturmaya iten sorunlar film çerçevesinde nitel yöntemle gözlemlenecektir. Almanya'daki Türk gençliğin dâhil olduğu dia-kültürleri bağlamında yapılan incelemede gençlerin toplandıkları mekânlar, kullandıkları dil ve ifade biçimleri, dinledikleri müzikler, giyim tarzları ve takıları esas alınacaktır. Belirlenen sorunlar incelenirken nesiller arası çatışmaya, aile içi ilişkilere, iki kültür arasında bocalama ve yaşanan bunalımlara, toplumdan uzaklaşarak özgür olma düşüncelerine ve buna bağlı paradoksal durumlarına, suç ve uyuşturucuya olan eğilimlerine neden-sonuç ilişkisi bağlamında filmden alıntılar yapılarak örnekler verilecektir. İncelemede filmin çekildiği 2006 yılından günümüze kadar yaşanan süreçteki sorunlar ve günümüze yansımaları karşılaştırılarak buna yönelik çözüm yolları önerilecektir.
The reformation in Germany and Martin Luther did not come out of nothing. A whole century before, the era was characterized by a series of attempts at religious reform. Two of Luther's predecessors lived in Bohemia: Jan Hus (about 1369-1415) and Jerome of Prague (about 1378/79-1416). The latter studied in Oxford where he was inspired by the teachings of John Wyclif and brought these ideas to Prague. There they inspired the Dean of the Arts Faculty, Jan Hus, to deliver great sermons. Jan Hus also received enthusiastic support from the Bohemian aristocracy, the Prague middle class and the common people. His reformation was therefore more than just a theological affair; it became a political power factor and a revolutionary project. In 1415 Hus was summoned to the Council of Constance, where he was condemned and burnt to death, despite being promised safe passage. His death as a martyr triggered revolts in Bohemia, leading to the Hussite civil wars. The Hussites' most important demands (free sermons based on the Bible, Communion provided in bread and wine, separation of church and state rule, the overcoming of social injustices) and church services in the national language were to become central demands of Luther, but they had already been implemented in Bohemia a hundred years earlier.
Franz Kafka Almanca yazılan edebiyat içinde dünyada en çok okunan ve eserleri en çok yorumlanan yazarlardan biridir. Farklı dillere çevrilerek uluslararası büyük yankı bulan Kafka'nın eserlerinin Türkçe'ye çevrilmesi Türkiye'de 1950'li yıllarda başlar. Türkiye'deki Kafka alımlanmasının temelini oluşturan bu çevirilerin aynı zamanda Türk Edebiyatı ve entelektüel dünyanın gelişimini devamlı etkilediği görülür. Türkiye, kültürel ve toplumsal yapısı itibarıyla Franz Kafka'nın doğup büyüdüğü ve sosyalleştiği ortamdan birçok açıdan farklılık gösterir. Bu farklılığa bağlı olarak ortaya çıkan alımlanma şartları Kafka ve eserlerini anlama ve yorumlamada da farklılıkları beraberinde getirir. Bu kapsamda bu makalede amaç Franz Kafka ve eserlerinin Türkiye'deki alımlanmasını, alımlanma süreci ile birlikte Kafka'nın eserlerinin Türk okuyucusu ve Modern Türk Edebiyatı üzerine etkisi, ülkenin tarihsel, kültürel, toplumsal ve siyasi gelişimleri de dikkate alınarak incelemektir.
Hofmannsthal ist seit seiner Kindheit mit der orientalischen Welt vertraut. Erst nach langjähriger Beschäftigung mit dem Orient hat Hofmannsthal eine Reise in den Orient unternommen. Hofmannsthals "Reise nach Nordafrika" im Jahre 1925 war sein erster und letzter direkter Kontakt mit dem Orient. Er reiste mit der Familie Zifferer nach Marokko, Algerien und Tunesien. Die Städte Fés und Saleh hatten ihn beeindruckt. Er schrieb einen Reisebericht über diese Reise. Der erste Teil seines Reiseberichts Fez berichtet über die Atmosphäre der Stadt und die Einwohner sowie Hofmannsthals Eindrücke und Wahrnehmungen. Er wurde am 12. April 1925 im Berliner Tageblatt publiziert. Im zweiten Teil des Berichts "Das Gespräch in Saleh" handelt es sich um ein Gespräch über das Vorhandensein der Franzosen in Marokko und Reflexionen über die französische und die deutsche Sprache und Kultur. Er wurde am 31. Mai 1925 in der Wiener Freien Presse veröffentlicht. In diesem Aufsatz wird Hofmannsthals Orientbild anhand seines Reiseberichts analysiert.
Diyalog 2019/1
(2019)
Im Fachbereich der Deutschen Literatur beschäftigt sich der erste Artikel mit Hofmannsthals Orientbild anhand seines Reiseberichts "Reise im nördlichen Afrika". Der zweite Beitrag verfolgt den Rezeptionsprozess von Kafkas Werken in der Türkei, wobei die Interpretationen von Kafkas Werken durch türkische Rezipienten und ihre Einflüsse auf die türkische Literatur und Leserschaft im Zusammenhang mit den geschichtlichen, gesellschaftlichen, kulturellen und politischen Entwicklungen des Landes berücksichtigt werden. Im dritten Beitrag handelt es sich um die Ursachen des Misserfolgs von drei historischen Persönlichkeiten (Huldrych Zwingli, Jean Calvin und Jan Hus), die etwa 100 Jahre vor Martin Luther einige wichtige protestantische Gedanken geäußert hatten. Die Rubrik Migrantenliteratur wird mit einem einzigen Artikel vertreten, in dem der Film "Wut" des deutsch-türkischen Regisseurs Züli Aladağ im Fokus steht. Die Rubrik Komparatistik beinhaltet zwei Beiträge. Der erste Artikel vergleicht die Kriminalromane von Ernst Theodor Amadeus Hoffmann ("Das Fräulein von Scuderi") und Agatha Christie ("The Murder at the Vicarage") miteinander und beschäftigt sich mit den listigen weiblichen Detektiven am Beispiel von dem Fräulein von Scuderi und Jane Marple. Im zweiten Artikel geht es um Werke "Wie kommt das Salz ins Meer?" von Brigitte Schwaiger und "Kadının Adı Yok" [Die Frau hat keinen Namen] von Duygu Asena, die mit Hilfe von Edmund Husserls Begriffen Intentionalität und Noemas untersucht werden. [...]
Drei französische Romane der 70er Jahre von Robert Merle, Raymond Jean und Pascal Lainé stehen im Zentrum des Beitrags von Luís Gonçalves. Die Bemühungen um das theoretische Werk Marx' - so seine Analyse - bleiben dabei deutlich hinter dem Wunsch, sich selbst zu befreien, zurück. Die theoretischen Gewährsmänner dieser Bewegung waren nicht die Klassiker des Sozialismus, sonder eher Wilhelm Reich und Guy Debord.
Ach, waren das Zeiten, damals! Noch immer verbinden sich nicht nur mit der deutschen Studentenbewegung im Jahre 1968 Erinnerungen und Diskussionen, die weit über die oftmals historischen Jubiläen gewidmeten Aufmerksamkeiten hinausgehen. Viel stand damals auf dem Spiel, gesellschaftliche Umbrüche, sexuelle Befreiung, die Öffnung der Universitäten, die Bewegung gegen den Vietnamkrieg. Einige dieser Aspekte möchten wir in der 8. Ausgabe der REAl betrachten.
Viele der Protagonisten der 68er-Bewegung stammten aus bürgerlichen Verhältnissen, ihre sporadischen Besuche in Fabriken waren oftmals die erste und manchmal einzige Berührung mit der Welt der Arbeiter, die sie doch befreien wollten. Anders aber war dies für Karin Struck, bei der die Frage, "was es bedeutet, eine Arbeitertochter zu sein (...) in ihrem Leben, ihrer Politik und ihrer Literatur zur zentralen Frage" wurde, wie Sven Glawion in seinem Beitrag zeigt.
Zu den Vordenkern der Neuen Linken zählt Herbert Marcuse mit seiner weit verbreiteten, aber nicht ganz unumstrittene Theorie vom eindimensionalen Menschen. Roman Kowert untersucht in seinem Beitrag die Auseinandersetzung Marcuses auch mit Heidegger und Freud und seine damit verbundene "Intention einer Revitalisierung des Marxschen theoretischen Erbes", die für die Diskurse der 68er bedeutsam war.
Viel wurde bei den 68ern debattiert und diskutiert, Seminare, Workshops, Schulungen und Arbeitsgruppen waren Teil der Bewegung. Mit dem Kursbuch und dem Literaturmagazin untersucht Josch Lampe "zwei Beispiele solcher unabhängigen Diskussionsorgane einer linken Gegenöffentlichkeit", zugleich belegt sein Vergleich "einen intellektuellen Wechsel marxistischer Debatten in Westdeutschland".
Den deutschen Linksterrorismus der RAF und ihre gesellschaftlichen Folgen behandelt Gerald Bär anhand der Filme "Deutschland im Herbst" und "Der Baader Meinhof Komplex", berücksichtigt wird dabei auch die Aufnahme dieser Ereignisse in Portugal, so wie das Lied "Sedas a Vento", das Vitorino Salomé der toten Ulrike Meinhof widmete.
Jochen Vogt erinnert an den Autor und "Bürgerpolitiker" Heinrich Böll, einst von Millionen gelesen, heute als Klassiker der Moderne vom Vergessen bedroht. Und es ist auch eine Erinnerung an einen Autor, "der sich nicht an Parteiprogrammen, politischen Theorien oder gar Machtperspektiven orientierte, der vielmehr aus einer elementaren Sorge um das Wohl der Menschen in dieser unserer Zeit, oft um den einzelnen Menschen, sprach und handelte, wo er dies für angebracht oder notwendig hielt."
Noch immer verbinden sich nicht nur mit der deutschen Studentenbewegung im Jahre 1968 Erinnerungen und Diskussionen, die weit über die oftmals historischen Jubiläen gewidmeten Aufmerksamkeiten hinausgehen. Viel stand damals auf dem Spiel, gesellschaftliche Umbrüche, sexuelle Befreiung, die Öffnung der Universitäten, die Bewegung gegen den Vietnamkrieg. Hannes Kraus sieht diese Zeit der akademischen Revolte und der eigenen Sozialisation rückblickend sehr persönlich und freundlich nüchtern "als nachgeholte Adoleszenz", bei der "die Besetzung des Germanischen Seminars" in Berlin im Rückblick auch als "Abenteuer und Pfadfinderspiel" erscheinen kann.
The Austrian poet Franz Grillparzer is often presented in scholarly literature as an opponent of nationalism. Indeed, Grillparzer did oppose nationally motivated separatist tendencies, which he viewed as a threat to the existence of the supranational Habsburg Monarchy. However, his tragedy 'König Ottokars Glück und Ende' includes clear examples of the early Habsburg ideology which emerged along with the Austrian Empire during the Napoleonic Wars (a time of nationalist tensions) and which - at least initially - was imbued with a form of German Romantic nationalism. This ideology is displayed by the character of Rudolf von Habsburg, who - in the spirit of Romantic nationalism - is depicted as the embodiment of Germany. Rudolf's fervent Germanness - which appears to have been one of the reasons behind Grillparzer's problems with censorship under the Metternich regime - is not only evident in the character's words, but also in the clothes he wears. The grey coat that is one of Rudolf's most distinctive features may be a reference to what was known as an 'Old German' folk costume ('Altdeutsche Tracht'); after the Napoleonic Wars, this garment became a symbol used by the German nationalist student movement known as the 'Burschenschaftler'.
The article analyzes Marlen Haushofer's novel 'The Wall' by means of the innovative research methods of Cultural and Literary Animal Studies. The paper focuses particularly on the analysis of human‑animal interactions in the novel and the differences in the behaviour of the literary human and animal characters (Animal Agency).
This paper has the double objective of introducing the reader to a derivational and comparative valency dictionary compiled from 2015 to 2018 at Masaryk University in Brno and of analyzing certain cross‑linguistic contrasts between German and Czech nominal derivation that are apparent from the material covered in the dictionary. The analysis suggests that there are fewer restrictions on forming verbal nominals in Czech than there are on forming nominalized infinitives in German.
Zu ausgewählten Aspekten der Selbstdarstellung von Ärzten auf deutschen Arztbewertungsportalen
(2019)
Doctors, like other professional groups, are subject to competition rules on the market. As a result, the issue of marketing in the field of medical services is becoming increasingly important. In recent years, the growing importance of doctor evaluation websites can be viewed from this perspective, as these websites give doctors opportunities for online self-presentation. The subject of this analysis is the profiles of doctors on one of the leading German doctor evaluation websites. The starting point for the analysis is the assumption that these websites not only contain information, but also appeal to readers, attempt to influence readers' attitudes, and consequently also contribute to the creation of a positive image of the doctor. Profiles are analyzed starting from a division into thematic blocks, with the help of which specific functions of these texts are implemented.
Together with its central complements, verbs model basic patterns of interaction. The constellations of these complements in turn correspond to central patterns of the argument structure. Nominative and accusative complements formally occupy the first and second positions (subject and object), but they also have certain semantic preferences. The formal function of the dative is less pronounced, where it occurs (ditransitive verbs) the semantic imprint of the frame ("transfer") is very strong. This corresponds to the meaning of a core group of corresponding verbs. Other verbs that allow this pattern are used more often in other valence structures and the ditransitive use appears as a systematic way of personal extension of object‑related activities. This will be discussed with reference to the verbs 'zeigen' and (in a different way) 'lehren'.
In der Zeitschrift Studia Germanistica werden Forschungsergebnisse zu aktuellen Themen auf dem Gebiet der germanistischen Linguistik, Literaturwissenschaft und DaF-Didaktik publiziert, die den Stand der Forschung in Tschechien sowie im Ausland dokumentieren. Bestandteile der Zeitschrift sind kulturwissenschaftliche Studien und Rezensionen. Alle Beiträge werden in Deutsch - mit einer Annotation und Schlüsselwörtern in Englisch - publiziert.
Die Tagung fand vom 23. bis 25. 5. 2019 am Institut für Germanistik der Universität Wrocław statt und wurde vom Lehrstuhl für Angewandte Linguistik und Institut für Slavistik der Universität Leipzig organisiert. An der Tagung haben sich 85 TeilnehmerInnen aus 16 Ländern der Welt beteiligt, die an drei Tagen 7 Plenarvorträge und 75 Vorträge in 12 Sektionen in drei Sprachen gehalten haben.
'Die schlesischen Weber' is one of the most famous German poems of all time. Frequently interpreted, the focus for the most part has been on its alleged political, historical and philosophical content, while its aesthetic form has been given only selective and fragmented attention. Based on Roman Jakobson's determination of the poetic function as combinatorial equivalence principle, this analysis acknowledges the poem as an important poetic work. It is demonstrated that all levels of its linguistic structure - rhythmic, phonetic, syntactic, lexical‑semantic, as well as its imagery - are interconnected in a complex way through both similar and contrasting relationships. Indeed, because of these relationships the formation of meaning is possible.
Vulgarisms, swear words and insults are a considerable and integral part of everyday language. They are used in various circumstances, such as releasing negative emotions and/or to hurt one’s feelings. These terms are also present in German and Polish song lyrics. The aim of the data analysis is to investigate functions and meanings of the lexeme 'Arsch' / 'dupa' in order to verify whether their usage in song lyrics is consistent with their definitions in dictionaries or exceeds them. The data sample comprises vulgarisms from 200 German and Polish rap and rock song lyrics. The main research area was the lexeme 'Arsch' / 'dupa', which is present in many word formation constructions in rock and rap song lyrics.
Translation is a complex activity which does not involve merely the translation of the given text from the source language to the target one, but also means observing many other aspects which need to be preserved in translation. What is more, every type of text has different requirements, depending on stylistic norms, cultural aspects etc. This paper focuses on popular science literature for children. In this area, the precision of the translation is not the sole criterion, but also the degree of equivalence in the comprehension of the source and target language texts plays a substantial role. Taking the example of a popular science book entitled "Tiere im Hohen Norden" by Hensel and Thiemeyer (1994) and its translation into Czech entitled "Severská zvířata", based on Göpferich's dimensions of comprehension, it is examined how the comprehension is preserved in the process of translation. Furthermore, it explores how and where modifications occur and their impact on the resulting translation.
Diverse approaches within linguistic-stylistic analysis clarify that the emotions at various text levels are conveyed appropriately in terms of this novel's narrative. This paper focuses on the emotions in the text with regard to the female character Klementine. Based on her speech profile, it can be demonstrated that she deliberately employs all the different aspects of both explicit and implicit conveyance of emotions. From the linguistic-stylistic viewpoint, it is manifest that with respect to her environment, the emotions surrounding this figure include a racial element. The analysis shows that the author is an outstanding narrator capable of creating suspense and depicting emotionally detailed situations. However, the expectations of the reader may not have been completely met.
The aim of this study is to examine economic terminology using the terminology database developed in the e-learning platform Moodle. The focus is on English terms from the daily press, their current position in German and Czech, and also on different equivalence types in their translation. Using digital reference works (Duden online, Management Mania, the English-German-Czech specialist dictionary Magnus Expert), the definitions and translations were searched for and interpreted, and the selected terms subsequently categorized into groups. It is shown that the terminology database in Moodle is not a well-studied source for lexicographical, translational and general linguistic research, although it offers a wide range of different Internet-based methodological approaches.
The paper will focus on the analysis of selected linguistic markers of argumentation structures in Czech and German. On the basis of corpus‑based analysis, I work with the assumption that argumentation structures are one of the parameters of equivalence in translation. The theoretical starting point for this analysis is the hypothesis that the linguistic form of arguments has a significant impact on their identification and potential. In my paper, I will pursue the following specific questions: 1) What are the linguistic markers of argument strength / weakness in German and in Czech? 2) How do the mutual relationships between structure and linguistic outcome change as a result of the translation? 3) Might the effects resulting from the translation of the argumentation structures be interpreted as processes of explicitation and implicitation? 4) What are the advantages and disadvantages of working with a parallel corpus as a basis for the analysis of the translation of local argumentative structures? Since the structures of argumentation are one of the elementary fundamentals of a text, issues connected to their translation represent one of the central research interests in Translation Studies.
In der Zeitschrift Studia Germanistica werden Forschungsergebnisse zu aktuellen Themen auf dem Gebiet der germanistischen Linguistik, Literaturwissenschaft und DaF-Didaktik publiziert, die den Stand der Forschung in Tschechien sowie im Ausland dokumentieren. Bestandteile der Zeitschrift sind kulturwissenschaftliche Studien und Rezensionen. Alle Beiträge werden in Deutsch - mit einer Annotation und Schlüsselwörtern in Englisch - publiziert.
›Digitalisierung‹ bedeutet für die Germanistik weit mehr als die Entwicklung neuer digitaler Forschungsmethoden und die Identifizierung von Forschungsfeldern im Bereich der ›Digital Humanities‹. Die Digitalisierung verändert das Fach vielmehr grundlegend und geht mit einem tiefgreifenden forschungs-kulturellen Wandel einher, der weitreichende Konsequenzen sowohl für das Selbstverständnis als auch für die Forschungs- und Kommunikationspraxis in der Germanistik hat. Konnte man vor 25 Jahren vielleicht noch glauben, dass >das Internet< lediglich zur Übersetzung altbekannter Arbeitstechniken und Formate in ein neues und deutlich bequemeres Medium führen würde, ist inzwischen evident, dass völlig neue Praktiken und Konzepte entstanden sind und weiterhin entstehen, die zu jenen der analogen Welt in einem komplexen Verhältnis stehen.
Spätestens seit jener Entwicklung, die man heute als "Web 2.0" bezeichnet, verfließen die Grenzen zwischen Publizieren und partizipativem Interagieren im Netz. In unterschiedlicher Weise verstehen sich Blogs und Microblogging-Dienste als Medien der Wissenschaftskommunikation nach außen, als Werkzeuge interaktiver wissenschaftlicher Forschung oder als Möglichkeit der wissenschaftsinternen Vernetzung. Gemeinsam ist diesen verschiedenen Spielarten, dass sie in der traditionellen Anerkennungskultur des Faches bzw. der Geistes- und Kulturwissenschaften allgemein nach wie vor einen ungeklärten oder prekären Staus haben, so dass sich für die Akteure die Frage nach dem symbolischen "Ertrag" des investierten Aufwands stellt. Alexander Lasch problematisiert in seinem einführenden Beitrag zu Blogs in der Wissenschaft insbesondere, dass sich aktive Wissenschaftsblogger häufig einem "Prokrastinationsverdacht" aussetzen; in den auf Prestigeerwerb angelegten wissenschaftlichen Qualifikationswegen kann das Bloggen also sogar negativ wirksam werden.
"Digitalisierung" bedeutet für die Germanistik weit mehr als die Entwicklung neuer digitaler Forschungsmethoden und die Identifizierung von Forschungsfeldern im Bereich der "Digital Humanities". Die Digitalisierung verändert das Fach vielmehr grundlegendund geht mit einem tiefgreifenden forschungskulturellen Wandel einher, der weitreichende Konsequenzen sowohl für das Selbstverständnis als auch für die Forschungs- und Kommunikationspraxis in der Germanistik hat.
Digitales Publizieren umfasst eine Vielfalt von Praktiken, die vom Tweet über den wissenschaftlichen Artikel in einer Online-Zeitschrift bis zum Bloggen reicht. Die online technisch vereinfachte Selbstpublikation hat zur Folge, dass die Strukturierung der wissenschaftlichen Landschaft von anderen medialen Voraussetzungen ausgeht, als es in der Printwelt der Fall ist, in der Qualitätskontrolle zwangsläufig vor der Publikation kommt.
In disem Beitrag möchte ich argumentieren, dass die Germanistik diese neuen medialen Bedingungen nicht als Verlust über die Qualitätskontrolle bzw. als Bedrohung wahrnehmen muss und dass im Gegenteil konkrete Vorschläge angebracht sind, damit die Fachgemeinschaft sich diese medialen Voraussetzungen aneignet und sie für sich fruchtbar macht. Die folgenden Überlegungen basieren auf einer Betrachtung der Publikation an sich, die sich nicht in Selbstpublikation einerseits und evaluierter Publikation andererseits gliedert, sondern die öffentliche Verbereitung von Informationen im digitalen Kontextals Grundlage nimmt. Der erste Teil befasst sich mit digitalen Publikationen und deren Bedeutung für die Germanistik, der zweite Teil mit der Philosophie von Open Access und deren möglicher Umsetzung.
Je mehr Ressourcen in zentralen "virtuellen" Orten zusammengefasst werden, desto mehr stellt sich die Frage nach der Rolle der lokalen Bibliothek und der dort angesiedelten germanistischen Fachreferentinnen und Fachreferenten. Karolin Bubke zeigt in ihrem Beitrag am Beispiel einer mittelgroßen Universitätsbibliothek, wie zum einen die Erwartungen einer mit "Google und Co." aufgewachsenen Studierendengeneration, zum anderen aber auch digitalisierte Rechercheinstrumente wie Online-Fachbibliographien und "Discovery Systeme" den Bedarf an Unterstützung und Beratung vor Ort bei der Literaturrecherche eher erhöhen als vermindern. Deutlich wird aber auch, dass die Anschaffungspolitik lokaler Bibliotheken angesichts der Lizenzierungsmodelle für digitale Literatur vor erheblichen Herausforderungen steht.
Gekommen, um zu bleiben : der Fachinformationsdienst Germanistik als digitaler Forschungsbegleiter
(2019)
Aktuell erleben wissenschaftliche Bibliotheken in Deutschland einen Paradigmenwechsel, maßgeblich initiiert von der Deutschen Forschungsgemeinschaft als wichtigste bibliotheksrelevante Förderinstitution: "Fachinformationsdienste für die Wissenschaft (FID)" heißt das Infrastrukturprogramm der Stunde, das eine alte Förderlinie ersetzt. Das vorherige, am Gedanken einer Art "Universalbibliothek" angelehnte Programm ist nun stärker fachspezifisch ausgerichtet und bietet so Raum für neue Infrastrukturen im Fach, beispielsweise im Bereich einer auf das Fach zugeschnittenen Literaturrecherche. Diese bietet für Forschende einen erheblichen Mehrwert, denn jetzt gilt die Devise: Eine Bibliothek muss nicht mehr alles besitzen, aber (fast) alles soll man finden können. Dies gilt auch in der germanistischen Sprach- und Literaturwissenschaft. Verfolgt wird dieser Leitgedanke seit Juli 2018 im "Fachinformationsdienst (FID) Germanistik".
Wozu sind Akademiker*innen auf Twitter? Im Unterschied zu Blogs, deren Funktion für die Wissenschaftskommunikation unstrittig ist, werden Aktivitäten auf Twitter und in anderen sozialen Medien immer noch vielfach skeptisch gesehen. Wissenschaft in 280 Zeichen? Abschreckend wirkt neben dem Verdacht extremer und letztendlich unsinniger Komplexitätsreduktion eine pauschale Kritik am Twittern. Zu den Topoi dieses Diskurses, der so verbreitet ist, dass man fast von einem eigenen journalistischen Genre sprechen könnte, gehört die Vorstellung, dass man sich auf Twitter in einem abgeschlossenen Kommunikationsraum, einer ›Bubble‹ oder ›Gemeinde‹, befinde. Diese Pauschalkritik wird, ebenso wie die weniger häufige positive Berichterstattung, auf Twitter intensiv diskutiert. Am häufigsten finden sich zwei Hinweise: erstens, dass es eben nicht die eine Twittererfahrung gibt, sondern individuelle Formen der Präsenz und der Interaktion; zweitens, dass sowohl die Idee der ›Bubble‹ als auch der ›zwei Welten‹, von Twitter auf der einen und ›realem Austausch‹ auf der anderen Seite, nicht erfasst, wie Kommunikation auf Twitter funktioniert und von Wissenschaftler*innen produktiv genutzt wird. Wer verstehen will, dass Twitter für Akademiker*innen attraktiv sein kann, sollte sich bewusst machen, dass Twitter viel Verschiedenes bietet.
Insgesamt ist die mediävistische Germanistik, speziell die Literaturwissenschaft, trotz ›digital turn‹ in der deutschsprachigen Blogosphäre unterrepräsentiert. Linguist*innen sind bei der Gestaltung von Blogs, die nicht an eine Institution angebunden sind, viel aktiver.
Während solche Plattformen und sozialen Medien von Linguist*innen und Historiker*innen häufig zur Fachkommunikation und darüber hinaus genutzt werden, ist für die mediävistische Germanistik eine große Berührungsscheu zu
diagnostizieren. Als Gründe dafür sind eine traditionelle Veröffentlichungsstruktur, Angst vor Prestigeverlust oder Fremdeln mit den Digital Humanities an sich denkbar. Es stellt sich auch die Frage, welchen Wert das Bloggen für die
eigene Publikationsliste haben kann, wenn z.B. ein halb-privat initiiertes Word-Press-Blog keine Qualitätskontrolle der Beiträge außer der die Beiträge verfassenden Person(en) selbst aufweist. Insgesamt ist die Ältere deutsche Literatur
also in diesem ›Limbo‹ so gut wie nicht vertreten. Das interdisziplinäre 'Mittelalterblog' bietet mediävistischen Germanist*innen eine Möglichkeit, diese Bedenken zu reevaluieren. Im Folgenden sollen daher die Entstehung des Projektes, seine Publikationsformate und auch der Bezug zur
Älteren deutschen Literatur- und Sprachwissenschaft beschrieben werden.
Deutschbücher dürfen auch aktuell als zentrales Lehr-Lernmittel des Deutschunterrichts gelten, dennoch findet kein Diskurs um ihre Inhalte und Konzeption statt, der die Schulpraxis und die Autorenteams zufriedenstellend einbinden würde. Zudem wird das Deutschbuch weder vonseiten der Fachdidaktik noch der Fachwissenschaften systematisch und kontinuierlich beforscht. Anliegen des Beitrags ist es, bisherige Forschungsaktivitäten sichtbar zu machen, neuere Entwicklungen sowie Entwicklungsfelder aufzuzeigen und für mehr Engagement der Deutschdidaktik im Bereich der Schulbuchforschung zu werben.
Wissenschaftsnahes Publizieren im digitalen Zeitalter : oder: Machen wir es doch einfach selber!
(2019)
Warum publizieren wir Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler unsere Arbeitsergebnisse nicht einfach selber für jeden frei zugänglich im Netz, zum Beispiel auf der Internetseite unseres Instituts oder in einem zentralen Online-Fachrepositorium (wie z.B. GiNDok des Fachinformationsdienstes Germanistik)? Die Digitalisierung macht's möglich, denn sie befreit den Publikationsvorgang von einer Fessel, in die ihn die Erfindung Gutenbergs - der Buchdruck mit beweglichen Lettern - dereinst gelegt hatte: Jahrhundertelang benötigte jeder, der einen Text veröffentlichen wollte, einen Verleger, der ihm den relativ teuren Publikationsvorgang vorfinanzierte und sich den Kapitaleinsatz dann durch einen erheblichen Anteil am Verkaufserlös der gedruckten Exemplare plus saftiger Gewinne wieder zurückholte. Nun aber kosten Reproduktion und Verbreitung so gut wie nichts mehr, Webspace steht in Hülle und Fülle zur Verfügung.
Das literarische Internet lässt sich auch als ein Raum des experimentellen Storytelling bezeichnen. Die Verlinktheit der digitalen Welt und ihre Möglichkeiten sowie Gefahren wurden zur Inspiration oder zum Thema von Experimenten, die untersuchten, welche Geschichten, Stories dadurch entstehen und wie sie digital erzählt werden können, beziehungsweise wie die RezipientInnen an dem Erzählen auch teilnehmen können.
Der österreichische Autor Clemens J. Setz erregte bereits in relativ jungen Jahren die Aufmerksamkeit der literarischen Welt. Ab seinem 26. Lebensjahr wurden ihm bedeutende literarische Auszeichnungen verliehen. Seine Bücher zeichnen sich durch einen experimentellen Zugang zur narrativen Struktur aus, indem er beim Schreiben technische Möglichkeiten der Neuen Medien verwendet, kanonisierte Texte umschreibt und durch tiefe Einblicke in das Innere seiner Figuren Tabus bricht. In seinen Prosawerken gelingt es ihm, die dringlichsten Probleme von Individuum und Gesellschaft zu benennen. Die Schicksale und Einstellungen seiner ProtagonistInnen wirken kontrovers, weshalb sein literarisches Schaffen ambivalent rezipiert wird.
Laborsituationen, Sinnbewegungen : Poetologie des Experiments bei Ann Cotten und Oswald Egger
(2019)
Der Beitrag ist eine Annäherung an die Poetologie des Experiments im Werk von Ann Cotten und Oswald Egger. Drei Aspekte der Poetologie - Definition von Dichtung, Anschaulichkeit des Gedichteten, Ich-Verdichtung – stehen dabei im Vordergrund; die Analyse wird durch Bezüge zu poetologischen Aussagen von Ernst Jandl, Monika Rinck und Ferdinand Schmatz begleitet.
Das Werk der österreichischen Autorin Brigitta Falkner beruht auf einem unerschöpflichen Prozess der Grenzüberschreitung und der Hybridisierung. Daraus folgt u. a. eine Erweiterung der Grenzen des Literarischen: Biologie, Mathematik, Physik und andere Wissenschaften werden überraschende Akteurinnen in der neuen 'Ordnung der Dinge', die Falkner in ihren Produktionen verwirklicht.
Das Palindrom, ein seit der Antike geübtes anagrammatisches Buchstabenspiel, galt einerseits als magische und numinose Praxis, andererseits, vor allem in der Moderne, als bloßes l'art pour l'art. Wie die Form als hintersinniges experimentelles Genre genützt werden kann, zeigt Brigitta Falkners Band 'TobrevierSCHreiverbot' (1996): Hier erweist sie sich als ironisches, satirisches und (sprach-)philosophisches Bild-Text Medium mit inhärenter autoreflexiver Bedeutung.
Der Aufsatz stellt die Frage nach dem Zusammenhang von Topografien und experimentellen sprachlichen Verfahren bei Gert Jonke mit Blick auf seine Textsammlung 'Himmelstraße - Erdbrustplatz oder das System Wien' (1990) und interpretiert die Topografie Wiens beziehungsweise die Raumsemantiken, wie sie in dem aus Fragmenten eines Wien-Romans entstandenden Band Jonkes auftauchen, als Modelle. Die Topografie und der Raum haben, so die These, für Jonkes eigentümliche Bedeutungserweiterungen, -verschiebungen und Gegenüberstellungen eine modellierende Funktion und geben seine semantischen 'Experimente' gleichsam methodisch genau vor. Anhand verschiedener Begriffe von 'experimenteller Literatur' wird gezeigt, dass Jonkes Texte sich trotz ihrer widersprüchlichen Zuordnungen zur (post-)experimentellen Literatur mit Fragmenten einer wissenschaftlichen Sprache und Denkweise auseinandersetzen.
Die vorliegende Arbeit untersucht die Motivation des Wechsels von der Lyrik zur Prosa im Frühwerk von Thomas Bernhard und bemüht sich zu zeigen, wie sich die 'neue' Gattung als Experimentierraum sprachlicher Konstruierbarkeit einer literarischen Wirklichkeit und die Existenzialphilosophie als neues Ausdrucksmittel des leidenden Subjekts erweist. Beide bilden die Voraussetzungen für den neuen Bernhard'schen Ton, der sich im Roman 'Frost' (1963) zum ersten Mal zeigt. Das Experimentelle im Romanerstling Bernhards ist soziologisch motiviert und äußert sich sowohl erzähltechnisch als auch konzeptuell in der 'experimentellen Sprache' des Malers Strauch.
Paul Celans Beziehung zur Avantgarde, genauer zur experimentellen Poesie, war ambivalent. Sie gehörte einerseits deutlich zu seiner dichterischen Entwicklung und Herausbildung seiner eigenen poetischen Sprache bis hin zu seiner Spätdichtung; andererseits genügte ihr reiner Ausdruck nicht seinen hohen ethisch-humanistischen Ansprüchen. Doch das, was oft auch in Celans Gelegenheitsdichtung als bloßes, harmloses, ja humorvolles Sprachspiel aussah, wird in seiner 'gültigen' Dichtung zu einem ernsten Instrument der Provokation und Warnung, das eine komplexe poetische Narrenmaske entstehen lässt. Der Beitrag versucht Celans Beziehung zur experimentellen Lyrik aufgrund der Vielschichtigkeit eben dieser dichterischen Narrenmaske zu durchleuchten.
Die Rezeption der experimentellen Literatur aus Österreich, die bis in die 1980er Jahre hinein nicht zum Literaturkanon gehört hatte, wurde maßgeblich durch den Wiener Germanistikprofessor und Leiter des Österreichischen Literaturarchivs Wendelin Schmidt-Dengler (1942-2008) geprägt. In seiner Funktion als Mitbegründer und wissenschaftlicher Betreuer des Franz-Werfel-Stipendienprogramms, in dessen Rahmen NachwuchswissenschaftlerInnen nicht nur aus Osteuropa bei ihren Dissertationen zur österreichischen Literatur gefördert beziehungsweise betreut werden, baute er ein internationales Netz von jungen AkademikerInnen auf, unter denen viele seine Vorliebe für das literarische Experiment teilen. Ende Mai 2018 trafen sich im Rahmen der internationalen Konferenz des Tschechischen Germanistenverbandes, die unter dem Titel 'Experimentierräume: Herausforderungen und Tendenzen' an der Westböhmischen Universität in Pilsen stattfand, viele ehemalige SchülerInnen von Prof. Schmidt-Dengler, darunter auch einige ehemalige Franz-Werfel-StipendiatInnen, in einer Sektion, um gemeinsam die experimentelle Literatur aus Österreich zu analysieren. Ihre Beiträge bilden den Kern des vorliegenden Konferenzbandes.
Oswald Wieners sogenannter 'Roman' gilt als Kultbuch. Gleichzeitig ist es ein total 'klugscheißerisches' Buch. Ich möchte dem Gewaltpotential dieses Werkes nachspüren: Mündet dieses in einen destruktiven anti-humanistischen Karneval (M. Bachtin) und trachtet den Menschen (als sprach- und dialogbegabtes Wesen) zu vernichten? Oder sucht es als Kunstwerk doch noch den 'Dialog' mit seinen RezipientInnen?
Einfach (.) raffiniert : Friedrich Achleitners 'einschlafgeschichten' und 'und oder oder und'
(2019)
In Friedrich Achleitners Miniaturen 'einschlafgeschichten' (2003) und 'und oder oder und' (2006) schlägt sich das Multitalent eines Analytikers, eines genauen Beobachters und eines (neo-)avantgardistischen Künstlers nieder. Die Überschneidungen zwischen dem Beruf eines Architekturtheoretikers und der Rolle des Autors prägen auch die thematische und strukturelle Ebene der Texte. Im Einklang mit der Poetik der Wiener Gruppe ist das Grundelement im Baukasten der Sprache nicht die Metapher, sondern das Wort. Das stark reduzierte Textformat sowie die Ausweitung des Sprachexperimentes auf alle Sprachebenen und deren gezielte Vermischung lassen allerdings den konstruktivistischen Eifer und Ernst der Konkreten Poesie hinter sich.
Der Beitrag setzt sich mit Theatertexten der Wiener Gruppe auseinander und untersucht diese hinsichtlich ihres experimentellen Status. Bei der Analyse werden jene Themen aufgegriffen, die die Wiener Gruppe selbst beschäftigten: die Frage nach den Möglichkeiten der Abbildung von Wirklichkeit (insbesondere durch Sprache), das Verhältnis zwischen Zeichen und seiner Bedeutung sowie die Relation zwischen Realität und
Fiktion.
In dem vorliegenden Beitrag werden die markantesten intertextuellen Bezüge der beiden Kasperlstücke 'kasperl am elektrischen stuhl' (1962) von Konrad Bayer und 'Kasperlspiel vom Meister Siebentot' (1955/1965) von Albert Drach vergleichend analysiert. Die jeweilige Neukontextualisierung der Grundkonstellation des Spiels im Spiel in Kombination mit einer Hanswurst/Kasperl-Figur, die auf Ludwig Tiecks "Kindermärchen" 'Der gestiefelte Kater' (1797) zurückgeht, aber auch auf Arthur Schnitzlers Bursleske 'Zum großen Wurstel' (1901/05) Bezug nimmt, wird auf literarische Formen des Experimentellen hin untersucht. Dabei werden zwei grundlegend unterschiedliche Positionen des literarischen Experiments in den zwei Jahrzehnten nach 1945 sichtbar.
L. W. Rochowanski (1885 Zuckmantel - 1961 Wien) war auf mindestens vier scheinbar disparaten Gebieten künstlerisch tätig: als Herausgeber und Verfasser von Mundartliteratur, als Programmatiker des avantgardistischen Theaters und Tanzes, als expressionistischer Autor und als Förderer und Vermittler von angewandter Kunst aus Österreich. Im Beitrag wird zum einen die expressionistisch-avantgardistische Position Rochowanskis im Theaterbetrieb und als Autor beleuchtet. Zum anderen wird darauf hingewiesen, dass die scheinbar disparaten künstlerischen Betätigungen Rochowanskis in anthroposophisch beeinflussten Menschen- und Kunstauffassungen eine gemeinsame Wurzel haben.
Dieser Beitrag befasst sich mit der Entwicklung von Wissen und Praktiken der Dada-Bewegung im Hinblick auf die 8. Dada-Soirée in Zürich am 9. April 1919. Innerhalb der Dada-Gruppe sticht insbesondere die Figur von Walter Serner hervor, der mit anderen als VertreterInnen der Dada-Bewegung mit zentralen Themen dieser Avantgarde auftritt, wie zum Beispiel: der Ablehnung der Autorschaft, der Vermischung von Kunst und Leben, mit Spiel oder Nihilismus als Reaktion auf den Krieg oder dem propagandistischen Element.
Die Vogelperspektive lässt sich als ein experimenteller Standpunkt im Sinne des Erprobens eines den menschlichen Maßstäben nach ungewöhnlichen Blickes sowie eines Wagnisses fassen. Als solche hat sie sich nicht nur über weite Strecken der Literaturgeschichte, sondern auch für theoretische Annäherungen als Garant eines gesellschaftskritischen Standpunkts erwiesen, der ebenso dem Zirkus und v. a. seinen TrapezartistInnen und SeiltänzerInnen zugeschrieben wird. Durch Stichproben in Franz Kafkas, Erwin Herbert Rainalters und Milo Dors einschlägigen Texten wird im Beitrag diese kanonisierte Auffassung des 'Blicks von oben' auf den Prüfstand gestellt, und zwar wiederum im Sinne einer Versuchsanordnung.
Walter Benjamin spricht von 'wolkigen Stellen' in Kafkas Texten, die - stark vereinfacht gesagt - die Abkehr von 'unserer' bekannten, sinnlichen erfassbaren Welt und den Übergang in eine (wieder nach Benjamin) 'obrige' anzeigen. Diese 'wolkigen Stellen', an denen oft Kafkas 'Verwandlungen' stattfinden, sind sprachlich markiert: Hier endet der nach Kafka 'vergleichsweise' Gebrauch der Sprache, die ,empirische‘ Ebene wird verlassen und eine 'parabolische' (nach Fülleborn) erreicht.
Der Aufsatz beschäftigt sich mit der tschechischen Aufnahme der deutschsprachigen Literatur um 1900 und ihrem Anteil an der Profilierung des literarischen Experiments. Tschechische Übersetzungen und Buchausgaben dieser Zeit zeichneten sich der deutschen Literatur gegenüber durch einen traditionellen Zugang aus, durch den die eigentliche deutschsprachige Moderne eher ausgeschlossen wurde und die ausgewählten Werke im Geiste des Parnassismus interpretiert und modifiziert wurden.
Die im Band behandelten 'Experimentierräume in der österreichischen Literatur' reichen wie das literarische Experiment als Programmatik bis in die Romantik zurück. Insbesondere in Österreich steht seit Wittgenstein und seiner intensiven Rezeption in der Moderne und dann wieder nach 1945 vor allem die Sprache als Material literarischen Experimentierens im Vordergrund. Die Übertragung des naturwissenschaftlichen Versuchs auf die literarische Produktionsweise wurde in diesem Sinne eingehend diskutiert und auch im speziell österreichischen Kontext reflektiert. In diesem Band soll der Begriff des Experimentellen jedoch nicht nur auf die Sprache selbst, sondern auch auf ihre Inhalte und über die diesbezüglich relativ gut beforschte Lyrik hinaus auf andere Formen der Literatur bezogen werden. Die Erprobung neuer literarischer Strategien und Techniken rückt die experimentelle Literatur in die Nähe der Avantgarde; im vorliegenden Buch sollen die beiden Begriffe, deren kleinster gemeinsamer Nenner das Innovative darstellt, jedoch klar von einander abgegrenzt werden.
In dieser Studie wird Ernst Jandls experimentelle Dichtung unter Einbeziehung seiner komplexen Sprachwelt und verschiedener Interpretationsansätze beschrieben. Um seine poetologischen Überlegungen und Schreibverfahren zu erfassen, werden einige zum Kanon gehörende Texte vorgeführt. Dabei wird von den selbstreferenziellen Positionen des Autors und den diversen Untersuchungen aus der Sekundärliteratur ausgegangen, die vordergründig die innovatorischen Qualitäten der Dichtungen hervorheben.
Der Beitrag von Patrick Eiden-Offe schließlich verlässt den Komplex der Wissenschaftssprache und untersucht Deutsch als Literatursprache in der Hymnik Friedrich Hölderlins. Man könne Hölderlins Werk mit gutem Recht auf die Frage festlegen, "wie und ob überhaupt das Deutsche eine Sprache der Dichtung sein oder werden kann". Ähnlich wie die Wissenschaft und ihre Sprache werde Deutsch von Hölderlin dabei nicht als eine "Gegebenheit", sondern als eine "Aufgabe" betrachtet, die die eigene Lyrik maßgeblich (mit) zu realisieren habe. Hölderlin lasse dieses Projekt in eine komplexe geschichtsphilosophische Reflexion ein, die seine hochartifizielle Sprache der 'Natur' gerade wieder (oder überhaupt erst) nahebringen solle. Dass ein solches literarisches Programm strukturelle Affinitäten sowohl zur Grimm'schen Sprachwissenschaft als auch zum (system-)philosophischen Bemühen um Verständlichkeit und Popularität birgt, ist evident.
Der Entwicklung einer sprachwissenschaftlichen Terminologie bei Jacob Grimm gilt das Interesse von David Martin. Für das Problem sowohl des Deutschen als auch der Wissenschaftssprache bilde Grimm insofern ein schlagendes Beispiel, als eine potentielle Unterscheidung zwischen Objekt- und Metasprache die (frühe) Sprachwissenschaft zwangsläufig vor besondere Herausforderungen habe stellen müssen. Grimms Lösung dieses Problems bestehe nun darin, eine solche Differenz gar nicht erst aufbrechen zu lassen, das Subjekt dem Objekt der Erkenntnis regelrecht 'auszuliefern' und weniger "über die Sprache" als "mit ihr" zu sprechen. Dadurch komme es bei Grimm zwar durchgehend zu einer Annäherung der Darstellung an ihren Gegenstand, doch dürfe diese über die tendenzielle Artifizialität insbesondere seiner Fachausdrücke nicht hinwegtäuschen. Grimm untersuche eine Sprache, "die er zu deren Beschreibung zugleich entdeckt und erfindet".
Die enorme Bedeutung der performativen Rede für den philosophischen Diskurs um 1800 macht Andrea Polaschegg auch für Friedrich Schlegels Wiener Vorlesungen "Geschichte der alten und neuen Literatur" von 1812 geltend. Nicht über deren weitgespannten Gegenstandsbereich, sondern über den Gebrauch des Deutschen reihe sich Schlegel in genau die Literaturgeschichte ein, die seine Vorlesungen überhaupt erst begründeten. Das entscheidende Medium dieser Geschichte sei für Schlegel unweigerlich die Muttersprache, denn nur in ihr könnten sich jene Nationalerinnerungen artikulieren, die eine Literatur bildeten. Von daher müsse der Ort seiner Rede in deren Analyse stets einbezogen werden, schließlich sei das Deutsche in Habsburg weder Schul- noch Amtssprache gewesen.
Thorsten Roelcke beleuchtet sowohl die Koexistenz als auch die Reflexion auf den Gebrauch von Volkssprache und Latein in Barock und Frühaufklärung. Dabei interessiert er sich insbesondere für die 'Arbeitsteilung' von Latein und Deutsch etwa in Kirche und Universität und für ihren Strukturvergleich unter grammatischen wie lexikalischen Gesichtspunkten im Hinblick auf die 'Eignung' der jeweiligen Sprache im Rahmen bestimmter (Spezial-)Kommunikationen.
Um 1800 verstärkt sich das Problembewusstsein für eine der wissenschaftlichen Reflexion adäquate Darstellung, da sich die Überzeugung durchsetzt, die Sprache sei nicht nur ein Werkzeug, sondern vielmehr ein "bildendes Organ des Gedankens" (Wilhelm v. Humboldt). Das enge Verhältnis von Aussage und Ausdruck rückt die Wissenschaft in der deutschen Tradition geradezu zwangsläufig in die Nähe zur Literatur. Dabei zeigt sich das wissenschaftliche Selbstverständnis dieser Jahre in der Frage v.a. seiner Adressierung von einer interessanten Paradoxie geprägt. So soll der jeweilige Sprachgebrauch überhaupt erst den szientistischen Anspruch wissenschaftlicher Projekte beglaubigen und diese gleichsam als Spezialdiskurse legitimieren, zugleich muss der ideale Adressat der Wissenschaft solche Spezialdiskurse aber immer auch überschreiten. J. G. Fichte etwa weist den Vorwurf der "Unverständlichkeit" seiner "Wissenschaftslehre" als implizites Verlangen nach "Seichtigkeit" seitens der Leser zurück, zugleich aber erlegt er dem Wissenschaftler die Aufgabe auf, einen Beitrag zum "Fortgang des Menschengeschlechts" zu leisten. Derartigen Spannungen spürt der Band im Kontext vornehmlich des Niedergangs (wie Fortlebens) der Rhetorik und der Neubegründung der Universität nach.
Die Motivation, weshalb der bayerische Autor Bernhard Setzwein für seine Texte Tschechien ins Auge fasst, hat mehrere Ursachen. Der vorliegende Artikel geht den Spuren vom literarischen Interesse Setzweins an dem östlichen Nachbarland nach und erläutert, warum sich Setzwein Tschechien als Experimentierraum für sein Schaffen ausgewählt hat.
Für eine Literatur, die sich im Interim von Territorien und kulturspezifischen Denkstilen bewegt, ist das verbindende Dazwischen von anthropologischen Themen wie Heimat, Geschlecht, Tod, Identität etc. ebenso von Bedeutung wie Reflexionen über ihre literarische Gestaltung. In dieser Hinsicht gehören die Romane der Schriftstellerin und Übersetzerin Esther Kinsky "Am Fluss" (2014) und "Hain: Geländeroman" (2018) sicherlich zu den aktuell sehr interessanten und facettenreichen Texten. Der River Lea wird in Esther Kinskys Roman "Am Fluss" zur Grenzmarkierung und zugleich zu einem Wegweiser für zahlreiche Erzähltraditionen. Gleiches gilt für die Kleinstadt Olevano, die die Ich-Erzählerin in "Hain: Geländeroman" bereist. Der Beitrag möchte der Frage nachgehen, worin in beiden Texten Anteile eines gestalteten sowie gestaltenden Schreibens im Zusammenhang von Migration als einem literarästhetischen Experimentierfeld zu suchen sind.
Zahlreiche Romane einschließlich ihrer Verfilmungen, Diskussionen, Dokumentationen und historische Filme zeugen vom zeitgeschichtlichen Interesse. Hervorgehoben werden in diesem Beitrag Beispiele der Romane des 21. Jahrhunderts, in denen wichtige historische Ereignisse des 20. Jahrhunderts reflektiert werden. Gezeigt werden dabei am Beispiel der Romane von Julia Franck "Die Mittagsfrau" (2007) und "Rücken an Rücken" (2011) die Wege solcher Vergangenheitsvermittlung, die sowohl Lust am Lesen und Experimentieren wecken als auch die eigene Kreativität der Studierenden unterstützen.
Der Text geht der Frage nach, inwieweit der Begriff des literarischen und künstlerischen Experiments heute zu einem beliebig vergebenen Etikett geworden ist. Dazu werden einige Stationen aus seiner Geschichte sowie sein Verhältnis zum naturwissenschaftlichen Experimentbegriff kurz erörtert; ebenso einige Beispiele experimenteller Arbeiten, die ihren Anfang und ihr Ende verschleiern.
Pirsig und die Deutschen
(2019)
Der US-Autor Robert M. Pirsig hat zwei philosophische Romane über die Qualität geschrieben: "Zen und die Kunst, ein Motorrad zu warten: Ein Versuch über Werte" (1974) und "Lila – Oder ein Versuch über Moral" (1991). Beide sind literarische Experimente, die mit der deutschen Literatur und Philosophie zwar subtil, aber eng verbunden sind. Der Beitrag möchte diese Verbindungen aufzeigen und charakterisieren.
Das "Prager Wintermärchen" als literarisches Motiv "Böhmen liegt am Meer" (Shakespeare, 1611, Das Wintermärchen) entstand vor etwa fünfzig Jahren neu. Ingeborg Bachmann schuf ein bedeutsames Gedicht während einer Reise durch Prag. Gleichzeitig erlebte Volker Braun 1968 ein "Böhmen im Meer von Blut". Eine aktuelle Biografie zu I. Bachmann von Ina Hartwig zwingt zum neuerlichen Umgang mit dem literarischen Motiv.
Um seine deutschtümelnden Leser zu unterhalten, die auch zur Faschingszeit die deutsch-nationale Bewegung nicht vergessen sollten, verwendete "Der Treue Eckart" (Brünn, 1884-1887) verschiedene Textsorten. Angesichts der politischen Entwicklung in Wien, wo Alois Pražák in den Jahren 1879-1892 als Minister-Landsmann in der Regierung von Eduard Taaffe tschechische Interessen vertrat, verstärkt das Brünner Periodikum seine antitschechische Tendenz. Nicht nur die ernsthaften journalistischen Textsorten, wie Leitartikel, Bericht oder politischer Kommentar, sondern auch leicht satirische Korrespondenz mit einem Autor von Leserbriefen, gehen in diese Richtung. Eine dieser Satiren ist Gegenstand der Analyse.
Der Beitrag enthält eine Analyse der Repräsentationsweisen der mährischen Walachei in den Werken der aus dieser Region stammenden, hier ebenden oder vorübergehend wirkenden deutschschreibenden Autoren. In der Lyrik Nina Wostalls (1901–1996) ist die Walachei Zentrum einer mythisch anmutenden Gemeinschaft mit multikulturellem Hintergrund. Marianne Bohrmann (1849–1916) zeigt die Walachei in ihrem Prosaband "Mährische Novellen" als beschauliche Idylle, die eine Gegenwelt zu allem Neuen und Authentischen darstellt, das sich gegen gesellschaftliche Konventionen stemmt. In Paul Zifferers (1879–1929) Roman "Die fremde Frau" entpuppen sich die idyllische Gegend als permanentes Konfliktfeld und die harmonische Gemeinschaft als Quelle für soziale und nationale Probleme. Walter Seidl (1905–1937) transformiert in seinem Roman "Der Berg der Liebenden“ die mährischwalachische Idylle in eine moderne Utopie.
Franz Carl Weiskopf wurde in der sozialistischen Literaturwissenschaft als politischer Autor interpretiert. Schaut man sich seine literarischen Anfänge im Prag der 1920er Jahre an, wird ein weiterer Aspekt seines Schaffens sichtbar: die Arbeit als Mittler zwischen deutscher und tschechischer Literatur. In diesem Beitrag wird sein Frühwerk in die Experimentierräume der Avantgarde und urbanen und kulturellen Zwischenräume Prags eingeordnet.
Vorgestellt werden zwei Neuerungen im DaF-Curriculum an der Westböhmischen Universität Pilsen: KOMIN ist ein Komplexpraktikum, in dem die Studierenden einen literarischen Text unter literatur- und sprachwissenschaftlichen Aspekten analysieren und darauf aufbauend einen Unterrichtsentwurf entwickeln. IMAG bedeutet "Einführung in die komparatistische Imagologie": an literarischen Beispielen wird gezeigt, wie Images entstehen und im interkulturellen Dialog funktionieren.
Alfred Döblins Roman "Berlin Alexanderplatz" zählt seit seinem Erscheinen im Jahr 1929 zu den wichtigsten Werken der Großstadtliteratur des Jahrhunderts. Seine Bedeutung für die experimentelle Qualität des Montageromans fußt jedoch nicht nur auf der Großstadterfahrung an sich, sondern ganz wesentlich auf den Folgen des Ersten Weltkriegs, die in "Berlin Alexanderplatz" in einer spezifischen Weise wirksam werden. Es werden die Möglichkeiten und Grenzen des literarischen Schreibens über Traumata der Nachkriegszeit untersucht und Bezüge zur Interpretation von Rainer Werner Fassbinder hergestellt. Die gängige Interpretation des experimentellen Montageromans wird dabei in Frage gestellt.
Mit der Idee, neue Ansätze und Querverbindungen zwischen verschiedenen Disziplinen und Traditionen zu fördern, rückte die Konferenz des Tschechischen Germanistenverbands an der Westböhmischen Universität Pilsen im Mai 2018 sprachliche, literarische und didaktische Experimente in den Mittelpunkt der Betrachtung. Aus Sicht der Veranstalter sollten dabei die positiven Potenziale betont werden. Das Experimentieren wurde als Lust, Spiel und Herausforderung verstanden. Diese Perspektive haben die Teilnehmer auch mit großem Interesse aufgenommen. Zu den Experimentierräumen in der Literatur haben sich zwei getrennte Sektionen zur deutschen und zur österreichischen Literatur gebildet, die unterschiedliche Dynamiken in Bezug auf die Thematik entwickelt haben. In der Sektion zur deutschen Literatur, die die Grundlage des vorliegenden Bandes bildet, gingen die Ansichten zum literarischen Experiment sehr auseinander. Die meisten Positionen, die in der Zusammensicht eine kleine Auswahl von Wegen quer durch das 20. bis ins 21. Jahrhundert aufzeichnen, unterscheiden sich deutlich von der Affirmation des Experimentierens mit Sprache, wie sie noch vor 100 Jahren nach dem Ersten Weltkrieg die Avantgarden propagiert haben. Dies hängt nicht nur mit dem zeitlichen Abstand und der Wahrnehmung unterschiedlicher kultureller Perspektiven zusammen.
Als ich im Verlaufe des Jahres 2000 meine Vorlesung 'Der Ewige Jude' vom 'Volksbuch' bis zu Stefan Heym für das WS 2000/01 vorbereitete, stieß ich bei Werner Zirus (1928) auf einen drei Seiten umfassenden Passus über den "Märchenroman" 'Ahasvers Wanderung und Wandlung' eines gewissen Heinrich Nelson. Selbstverständlich fand sich dieser Titel auch bei George K. Anderson (1965), dem Grundlagenwerk zum Thema. Beide Darstellungen, ohnehin einander bis in Einzelheiten hinein sehr ähnlich, wiesen eingangs auf den Befund hin, dass der Roman vor dem Ersten Weltkrieg geschrieben, aber erst 1922 veröffentlicht worden sei. Näheres über Autor und Kontext freilich suchte ich hier wie dort vergeblich. Bei solcher Sachlage empfahl es sich nicht, das Buch in das Korpus einer Vorlesung einzureihen. Das Änigma Nelson/Ahasver freilich blieb und verlangte nach Lösung, in welchem Schlendrian auch immer. Schon der erste Schritt, den ich dann allerdings doch bald unternahm, war verblüffend erfolgreich: Das Buch fand sich in meiner Hamburger Staatsbibliothek, einem Standort unter nur vier weiteren in der ganzen Republik. Die Identität Heinrich Nelsons klärte sich in Zeiten des Netzes gleichfalls bald: Heinrich war der Vater des Philosophen Leonard Nelson.
Leistung
(2019)
Das 20. Jahrhundert hat zahlreiche Begriffe seiner Selbstbeschreibung hervorgebracht: Die 'Leistungsgesellschaft' ist eine dieser gängigen Selbstzuschreibungen, die sich im Kern auf einen Begriff zurückführen lassen: 'Leistung' erscheint auf den ersten Blick als klar zu fassen - wenn nicht sogar mathematisch-physikalisch präzise definiert als 'Arbeit pro Zeit'. Doch erschöpft sich das Bedeutungsspektrum des Leistungsbegriffs in dieser Formel? Was will eine Gesellschaft von sich aussagen, wenn sie sich als 'Leistungsgesellschaft' versteht? Jasmin Brötz geht im Folgenden auf Nina Verheyens populärwissenschaftliche Vorschau (Die Erfindung der Leistung, München 2018) auf ihr Habilitationsprojekt ein. [...] Grundlegende These des Buches ist, dass in der Gesellschaft Leistung gemeinhin als "individuelle Leistung" verstanden wird. Kollektive Anteile an einer Leistung, so Verheyen, werden dabei systematisch ausgeblendet. Die Autorin wirbt daher für ein "soziales Leistungsverständnis", das kollektive Aspekte von Leistung ebenso berücksichtigt, wie es ein Bewusstsein für das historisch gewachsene und wandelbare Konzept von Leistung entwickelt. Diesen eigenen normativen Anspruch verbindet sie mit einem konstruktivistischen Ansatz, indem sie die Zuschreibungen von Leistung dekonstruiert und darüber hinaus ganz im Sinne von Foucault Leistung als Mittel der Disziplinierung und Hierarchisierung hinterfragt.
Kontingenz / Zufall
(2019)
Bis zum Jahr 2003, als Peter Vogt, auf dessen Habilitationsschrift "Kontingenz und Zufall. Eine Ideen- und Begriffsgeschichte" Verena Wirtz im Folgenden eingeht, Teil des von Hans Joas geleiteten Forschungsprojekts "Kontingenz und Moderne" wurde und der Begriff von der Peripherie ins Zentrum interdisziplinärer Forschung rückte, handelte es sich um eine noch nicht begriffene Geschichte. Dabei war 'Kontingenz' als Mode- und Schlagwort der klassischen Moderne längst zu einem Grundbegriff der Postmoderne avanciert. Zunächst und primär Gegenstand der Philosophie, dann Leitbegriff der Soziologie, Ökonomie und Politikwissenschaft, hat sich im vergangenen Jahrzehnt auch die kontingenzscheue Geschichtswissenschaft des Begriffs und Sachverhalts des Unverfügbaren in der Geschichte angenommen.
Diversität: Bemerkungen zur Begriffsgeschichte der Diversität ausgehend von drei Sammelbänden
(2019)
Auffallend an der Geschichte des Begriffs der Diversität ist die Spannung zwischen der sehr langen Geschichte seines Gebrauchs und seinem dementsprechend sehr weiten Anwendungsbereich einerseits und der spezifischen Signalwirkung in der politisch-sozialen Sprache seit den 1980er Jahren andererseits. Bis zu dieser Zeit erscheint der Ausdruck in den großen deutschsprachigen Enzyklopädien meist nur mit einer kurzen Erläuterung seiner Bedeutung als "Verschiedenheit". Bereits in der Antike fungiert dieses Wort allerdings - ebenso wie die in seinem semantischen Umfeld stehenden Ausdrücke 'ποικiλία' und 'varietas' - als ein Wertbegriff, und zwar vor allem im Kontext der Ästhetik. Das Bunt-Schillernde, das die primäre Bedeutung von 'poikilia' im Griechischen ist, wird von Platon zwar noch abgelehnt, weil es etwas Oberflächliches sei, das nur für Kinder und Frauen Unterhaltung biete und von dem Eigentlichen, das in die Tiefe geht, ablenke. Später, besonders in der römischen Antike, avanciert die Darstellung von Vielfalt aber zu einem zentralen Prinzip der Ästhetik (so dass die Vielfalt ein "römisches Prinzip" genannt wurde). Erklärt wird dies mit politischen und kulturellen Entwicklungen wie der Verfasstheit des römischen Reiches als ein Vielvölkerstaat, der den vielfältigen Sinnenfreuden nicht abgeneigten römischen Alltagskultur (der Oberschicht) und nicht zuletzt dem Polytheismus. Auch in den christlichen Kontext wird die Vorliebe für Vielfalt übernommen und der eine Gott über die Vielfalt der Erscheinungen seiner Welt gepriesen. Dieser Hintergrund des Begriffsfeldes bildete eine Bedingung für die Konjunktur des Ausdrucks Diversität am Ende des 20. Jahrhunderts. Falko Schmieder beleuchtet anhand von drei in den letzten Jahren erschienenen Sammelbänden, wie diese Konjunktur sich entfaltete.
Zukunft
(2019)
In seiner Monographie zum Konzept der Zukunft hat sich Lucian Hölscher (Die Entdeckung der Zukunft, Göttingen 2016) einer Schlüsselkategorie aus dem Begriffsfeld der Zeit zugewandt, das im Wörterbuch der "Geschichtlichen Grundbegriffe" auffällig wenig bearbeitet ist. Das Thema der Zeitlichkeit ist dem Buch dabei selbst eingeschrieben, weil es sich hier um die aktualisierte und deutlich erweiterte Neuauflage einer Studie handelt, die erstmals im Jahre 1999 publiziert wurde. [...] Das Grundgerüst der Gliederung in vier größere Epochenabschnitte, beginnend mit dem Zeitraum von 1770 bis 1830, hat Hölscher beibehalten. Dem Themenschwerpunkt der vorliegenden FIB-Ausgabe entsprechend soll im Folgenden vor allem die Darstellung der Entwicklungen des 20. Jahrhunderts - also nach Hölschers Einteilung des Zeitraums von 1890 bis 1950 und der Zeit seit 1950 - betrachtet werden, denen etwa zwei Drittel des Buches gewidmet sind.
Innovation
(2019)
Der kanadische Wissenschaftshistoriker Benoît Godin legte im Jahre 2015 die erste umfassende Begriffsgeschichte von 'Innovation' vor, die sich im Wesentlichen auf englisch- und französischsprachige Quellen bezieht. Falko Schmieder beschäftigt sich nun mit der ersten begriffsgeschichtlichen Studie zur Verwendung von 'Innovation' im Deutschen, Susanna Webers "Innovation. Zur Begriffsgeschichte eines modernen Fahnenworts". Den aktuellen Ausgangspunkt bildet die Beobachtung einer enormen Reichweite und Expansion des Begriffs in den unterschiedlichsten gesellschaftlichen Bereichen.
Hegemonie
(2019)
Perry Andersons jüngstes Buch "Hegemonie. Konjunkturen eines Begriffs" ist ein Beleg für die internationale Konjunktur der Begriffsgeschichte und speziell für deren zunehmend globale Ausrichtung. Die Geschichte des Begriffs, die Anderson erzählt, berührt nämlich "acht oder neun verschiedene Nationalkulturen". Sie hat voneinander unabhängige Ursprünge, die in der griechischen Antike und in der noch älteren chinesischen Zhou-Dynastie liegen. Anderson hält fest, dass die lange und komplexe Bedeutungsgeschichte von 'Hegemonie' in den aktuellen Verwendungen zumeist ignoriert wird oder nicht mehr präsent ist; seine Überzeugung ist aber, dass wir diese Geschichte des Begriffs "verstehen müssen, um seine Bedeutung für die Gegenwart zu erfassen". [...] Die Gegenwart spielt für die Begriffsgeschichte aber auch deshalb eine besondere Rolle, weil der Begriff Hegemonie ungeachtet seiner langen Geschichte erst in jüngerer Zeit eine allgemeinere Bedeutung erlangt hat; im englischen Sprachraum liegt der große Sprung in den 1990er Jahren, in Deutschland dürfte das ähnlich sein. In dem "maßgeblichen Kompendium 'Geschichtliche Grundbegriffe'" hat der Begriff jedenfalls, so Anderson, "signifikanterweise keinen Eintrag" erhalten . Die möglichen Gründe dafür, über die Anderson nicht spekuliert, bringt Falko Schmieder hier zur Sprache.