Jüdische Studien - Literatur
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This paper is an attempt to peel out the core of historical and autobiographical reality in Klara Blumʼs poems, to show their militant character and ideological limits, and to analyze them as contemporary documents whose relevance lies less in the originality of their language than in the consistency of their historical and intellectual substance.
"Gewiß ist die Zerstörung der deutschen Judenheit, die wir staunend an uns selber miterleben, wir Zeitgenossen des Frühjahres 1933 - gewiß ist die Unterdrückung, Beschmutzung, wirtschaftliche Vernichtung eines schöpferischen Bestandteiles der deutschen Bevölkerung [...]." Mit dieser Gewißheit machte sich Arnold Zweig unmittelbar nach dem Reichstagsbrand - schon auf der Flucht über die Schweiz und Frankreich nach Palästina - daran, eine Bilanz der deutschen Judenheit zu ziehen, so der 1934 in Amsterdam erschienene Essay, in dem er die Leistung der deutschen Juden in Wirtschaft, Technik und vor allem in Wissenschaft und Kultur aufzeigte. Zweigs Perspektive ist symptomatisch für die Selbstwahrnehmung der unmittelbar betroffenen deutschen Juden angesichts des Jahres 1933. Sie ist geleitet von zwei Elementen: erstens dem rasch sich einstellenden Bewußtsein eines endgültigen Endes des jüdischen kulturellen Lebens in Deutschland nach der Machtergreifung der Nazis 1933, wie Zweig auch im ernüchternden Satz "Die Sache der deutschen Juden [...] ist rund, abgeschlossen darstellbar" unterstreicht; zweitens - und von diesem Standpunkt aus gesehen - der Aufgabe eines erinnernden Rückblicks auf die 150 Jahre zwischen Aufklärung und Weimarer Republik als einer denkbar kreativen Phase jüdischer Geschichte in der Diaspora.
"Judenaufnahmen fürs Archiv" : das dokumentarische Filmmaterial "Asien in Mitteleuropa", 1942
(2009)
„Himmler betreibt augenblicklich die große Umsiedlung der Juden aus den deutschen Städten nach den östlichen Ghettos. Ich habe veranlasst, dass hier im großen Umfange Filmaufnahmen gemacht werden. Das Material werden wir für die spätere Erziehung unseres Volkes dringend brauchen.“ Das Interesse der Nationalsozialisten, Bildmaterial ihrer Opfer über die Zeit der Vertreibung und Vernichtung hinaus zu bewahren, ist ein Aspekt, der von der geschichtswissenschaftlichen Forschung bislang nur am Rande betrachtet worden ist. Die Existenz zahlreicher Bildquellen sowie Hinweise und Spuren bezüglich ihrer Produktion, Sammlung und Archivierung sprechen aber deutlich für verschiedene Projekte, in denen versucht wurde, von nationalsozialistischer Seite Material für eine spätere Verwendung zu schaffen. Anhand des „Jüdischen Zentralmuseum der SS in Prag“ wurde die Idee und Vorgehensweise, selektiv bestimmte Aspekte des jüdischen Lebens von Seiten der Nationalsozialisten zu archivieren, schon in einigen Untersuchungen sehr gut nachgezeichnet und bietet so Anstoß für weitere Forschungen in diese Richtung. In diesem Zusammenhang lassen sich auch einige Filmaufnahmen dokumentarischer Art einordnen, die eine ähnliche Tendenz aufweisen. Hauptsächlich handelt es sich dabei um Filmaufnahmen aus den Jahren 1941 und 1942 über die Umsiedlung der Juden in die polnischen Ghettos sowie um Aufnahmen aus den Ghettos, unter anderem im Warschauer Ghetto, in Dombrowa und Bendzin, sowie vermutlich in Lublin. Allen Aufnahmen ist bei näherer Betrachtung gemein, dass nicht willkürliche, sondern bewusst ausgewählte Motive aufgegriffen wurden, die stereotype Vor- und Darstellungen des europäischen Judentums transportieren. Vor dem Hintergrund großangelegter Bestrebungen des Propagandaministeriums, Dokumente für die Zukunft zu bewahren, erscheint es daher naheliegend, dass von offizieller Seite systematisch ein spezifisch verfasstes Repertoire an Bildmaterial über das europäische Judentum geschaffen werden sollte, auf das für eine zukünftige Propaganda hätte zurückgegriffen werden können. In der 1937 gegründeten „Kommission zur Bewahrung von Zeitdokumenten“ konkretisierte sich erstmals die Idee, bewusst Material zu produzieren. In seiner Rede anlässlich der Gründung der Kommission sah Propagandaminister Joseph Goebbels ihre Aufgaben darin: „…dass der menschliche Geist ohne weiteres in der Lage ist, Mittel und Wege zu finden, um diese Vorgänge nicht nur für den Tagesbedarf zu reproduzieren, sondern sie auch für eine weite Zukunft zu erhalten.“ Diese vorab geschaffene Deutung äußert sich in dem Filmmaterial durch die Visualisierung einer bestimmten konstruierten Repräsentationsform des europäischen Judentums. Dafür sollte ein bestimmtes „Bild des Judentums“ inszeniert, hier speziell im Medium Film gespeichert und somit für die Zukunft archiviert werden. Im Folgenden soll am Beispiel des im Warschauer Ghetto gedrehten Filmmaterials „Asien in Mitteleuropa“ (Archivtitel) diese Inszenierung nachgezeichnet werden. Nach einer kurzen Einordnung der vorhandenen Hinweise zum Produktionshintergrund soll anhand filmanalytischer Bezugspunkte, wie inhaltliche Leitlinie, Kameratechnik und Schnittfolge, aufgezeigt werden, auf welches „Bild des Juden“ in der Zukunft zurückgegriffen werden sollte und wie dieses Bild im Medium Film umgesetzt wurde.
"Jüdische Irrlehre" oder exegetisches Experiment? : die Restitution Israels im 16. Jahrhundert
(2011)
Angaben zum Autor: Universitätsprofessor Dr. Andreas Lehnardt Geboren 1965 Professor für Judaistik an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz Kontakt: andreas.lehnardt@uni-mainz.de Veröffentlichungen: Qaddish. Untersuchungen zu Entstehung und Rezeption eines rabbinischen Gebets, Tübingen 2002; Pesahim – Pesahopfer, Übersetzungen des Talmud Yerushalmi, Tübingen 2004; Die Kasseler Talmud-Fragmente, Kassel 2007; Taaniyot – Fasten, Übersetzungen des Talmud Yerushalmi, Tübingen 2008. Forschungsprojekte: „Le-Haman“ – Edition, Übersetzung und Kommentar eines Purim-Spiels (Gefördert durch die Fritz Thyssen-Stiftung); „Genizat Germania“ – Hebräische und aramäische Einbandfragmente in deutschen Archiven und Bibliotheken (DFG); Die alte jüdische Bibliothek in Mainz (Rothschild Foundation).
Die „Schöne Jüdin“ ist ein Begriff, ein Themenkomplex, der sofort und unmittelbar eine starke Suggestivkraft entwickelt und wohl im Kopf eines jeden Bilder entstehen lässt, die in dem Spannungsfeld zwischen Hure und Heiliger angesiedelt sind. Mit diesem Phänomen hat sich auch Jean-Paul Sartre in seinen 1946 erstmals erschienenen „Réflexions sur la question juive“ („Betrachtungen zur Judenfrage“) beschäftigt und seine Gedanken in einem ebenso kurzen wie viel zitierten Abschnitt zusammengefasst: ...
Eine Ausstellung des Jüdischen Museum Frankfurt zeigte vor einigen Jahren eine umfangreiche Sammlung von Postkarten mit antisemitischen Darstellungen, Abbildungen und Zeichnungen. Die Ausstellung führte vor Augen, wie gängig antisemitische Motive bereits bei der Einführung der Postkarte 1870 im alltäglichen Leben waren. Auf Grußkarten zu Geburtstagen und aus dem Urlaub wurden – mal unzweideutig, mal in Form subtiler Karikaturen – antisemitische Bildpolemiken verbreitet. Die kleinen Zeichnungen, die tausendfach ihren Weg in Privathaushalte gefunden haben mussten (anders lassen sich die zahlreichen Exemplare, die man noch immer auf Flohmärkten erwerben kann, nicht erklären), zeigen genauso wie wissenschaftsgeschichtliche Forschungen zur Rassenlehre und Anthropologie, dass der spezifisch „jüdische Körper“ keine Erfindung der Nationalsozialisten war. Diese griffen für ihre antisemitische Ideologie auf Ideen, wissenschaftliche Forschungen und rassistische Paradigmen zurück, die bereits seit dem 19. Jahrhundert entwickelten. Judenfeindliche Bilddarstellungen freilich gab es bereits im frühen Mittelalter. Und doch kann man die „Herstellung des jüdischen Körpers“ als nationalsozialistisches Projekt bezeichnen, waren doch Zentrum und Fundament der nationalsozialistischen Weltanschauung der propagierte Unterschied zwischen Rassen, allen voran zwischen „Ariern“ und Juden. Welche Bedeutung und Dimension die Vorstellung von der jüdischen Physiognomie während des Nationalsozialismus, vor allem für die Verfolgten hatte, und welche Auswirkungen dies auf die Praxis der Verfolgung und die Praktiken des Sich-Entziehens hatte, wird im Folgenden zu schildern sein. Juden wurden aus einem einzigen Grund gejagt: weil sie Juden waren. Die nähere Betrachtung der Verfolgungspraxis soll zeigen, dass die rassistische und antisemitische Ideologie auch unmittelbare Auswirkungen auf die Wahrnehmung des „jüdischen Körpers“ hatte.