Geschichtswissenschaften
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Kriegslärm und seine Wirkungen auf die ‚Akteure‘ sind für die Antike ein noch ungenutzter Betrachtungsgegenstand. „Sensory History“ darf als innovativer Beitrag zur Geschichtswissenschaft insgesamt gelten. Schlachtbeschreibungen thematisieren Sinneseindrücke aller Art: Die Geräusche des Krieges gehören zu den lautesten, die sich in der Menschheitsgeschichte finden lassen, der Kampf war eine multisensorische Angelegenheit mit Geschrei und Musik. Im Beitrag soll die Aufmerksamkeit auf diese Phänomene und ihre literarische Verarbeitung gelegt werden. Was bedeuteten Geräusche und Eindrücke des Krieges für die Beteiligten? Die in der Antike verbreitete Auffassung, dass „in jeder Schlacht zuerst die Augen erliegen würden“ (Tac. Germ. 43,5), ist zu relativieren! Die Kakophonie der Schlacht blieb nicht ohne Wirkung: sie bedeutete "terror" und konnte Menschen paralysieren!
Im Bellum Iudaicum des Flavius Josephus geht es sehr häufig um Schuldzuweisungen und Niederlagenerklärungen bzw. Deutungen und Umdeutungen von Scheitern: Das eigene Versagen des Josephus als Feldherr der Juden in Galiläa, das Scheitern des syrischen Statthalters Cestius Gallus und dessen Niederlage bei Beth Horon, das ‚Versagen‘ (?) des Titus als Kommandeur beim Brand des Tempels. Josephus nimmt durchaus verschiedene Perspektiven ein, die es genauer zu betrachten gilt. Was war die Absicht hinter seinen Deutungen, Umdeutungen, bei eventuellem Verschweigen und Verdrängen? Wer war jeweils sein Publikum? Wie kann man insbesondere die Darstellung des Titus verstehen? Mit Bezug auf die Zerstörung des Tempels von Jerusalem, schließlich religiöses wie politisches Symbol jüdischer Integrität und Identität, ist die Darstellung des Feldherrn jedenfalls objektiv vernichtend – er verliert die Kontrolle über die Truppen. Josephus findet die Lösung zur Entlastung des Titus, aber auf Kosten seines Renommees als Feldherr!
Die Studie der Frankfurter Historikerin ruht auf ihren früheren Arbeiten über frühneuzeitliche politische Predigten, vor allem in den Forschungsbibliotheken Gotha und Wolfenbüttel, sowie auf einem Projekt im Exzellenzcluster "Die Herausbildung normativer Ordnungen". Ein Forschungskonzept "Politische Kommunikation in der Frühen Neuzeit" lag bereits seit 2007 vor. Daraus ist nun ein Buch geworden, an dem man aus mehreren Gründen die innere Balance vermisst und das viel enger zugeschnitten ist, als der weite Titel verheißt. Die Autorin möchte in der vielstimmigen religiös-politischen Semantik des 16. und des frühen 17. Jahrhunderts jene Position besonders herausheben, die als "politica christiana", "Christliche Politik" oder "Christen-Staat" bezeichnet wurde. Sie unterstreicht, im Einklang mit der neueren Forschung, dass solche christlichen und naturrechtlichen Begründungen eines Widerstandsrechts und die Betonung der Frömmigkeit für Herrschende und Beherrschte keine Außenseiterpositionen und keine Spezialität des Luthertums waren, sondern in Europa konfessionsübergreifend diskutiert und weitgehend akzeptiert wurden. Das Thema eines möglichen Widerstands gegen eine religiös-konfessionell unterdrückerische Obrigkeit ist nur ein Aspekt jener weiter gefassten "christlichen Politik". Dass auch die Lutheraner über das Widerstandsrecht diskutierten, vor allem im 16. Jahrhundert, ist unbestreitbar. Sie taten dies ebenso wie Katholiken oder Calvinisten, wenn sie konfessionspolitisch in Bedrängnis waren. Das war naheliegend. Aber genügt es, um den vielfach bestätigten Gesamtbefund, das Luthertum habe aufgrund seiner an die weltliche Obrigkeit angelehnten Struktur auch stärker obrigkeitlich gedacht, zum Vorurteil zu erklären? ...
Was charakterisiert Universität? Welchen Leitbildern folgten – und folgen – Hochschulreformen? Unter diesen zentralen Fragestellungen den bundesrepublikanischen Diskurs im Spannungsfeld von universitärem Selbstverständnis und gesellschaftspolitischen Anforderungen näher zu beleuchten, seine Entwicklung zu dokumentieren und zu deuten, war Anliegen der Tagung „Zwischen Idee und Zweckorientierung. Vorbilder und Motive von Hochschulreformen seit 1945“.[1] Die im Rahmen des Forschungskollegs „Wissenskultur und gesellschaftlicher Wandel“ von den Teilprojekten Soziologie und Neuere Geschichte an der Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt vom 2. bis zum 4. März 2006 ausgerichtete Veranstaltung wurde von der Fritz Thyssen Stiftung für Wissenschaftsförderung unterstützt. ...
In der Dissertation mit dem Titel „Verrechtlichung von Geschichte. Parlamentarische Debatten um die gesetzlichen Bestimmungen gegen Holocaustleugnung in Österreich und Deutschland“ wurden die strafrechtlichen Bestimmungen gegen Holocaust-Leugnung in Deutschland und Österreich untersucht. Im Vordergrund stand die Frage, wie ein historisches Ereignis mit Hilfe politischer und juristischer Terminologie so gefasst und normiert werden konnte, dass die Leugnung desselben seitdem mit Hilfe des Rechts bestraft werden kann. Dazu wurden vor allem jene parlamentarischen Vorgänge und Debatten untersucht, die der Verabschiedung der Gesetze vorausgegangen sind. Die Auswertung dieser Quellen hilft auch zu verstehen, weshalb und in welcher Form die Logik dieser Gesetze in den letzten zwanzig Jahren von anderen Staaten übernommen und auf andere historische Ereignisse ausgeweitet worden ist. Neben diesem umfangreichen empirischen Teil, der auf die jeweiligen historischen Spezifika eingeht, beinhaltet die Dissertation einen stärker analytisch ausgerichteten resümierenden Schlussteil, in dem versucht wurde, mit thesenhaften Beobachtungen das Phänomen und die ideengeschichtliche Genese der Holocaust-Leugnungsgesetze nachzuzeichnen. Diese Beobachtungen umfassen unter anderem die Bereiche Geschichtspolitik, Rechtspolitik, Sprachpolitik oder auch Wissenschaftspolitik und gehen aus unterschiedlichen Blickwinkeln der Frage nach, auf welche Weise die Gesetze begründet, legitimiert und kritisiert worden sind und immer noch werden.
Die kulturwissenschaftlich gewendeten Geistes- und Sozialwissenschaften sind in den letzten Jahren in einem spannenden Umbruchsprozess begriffen, der die Frage nach ihrem künftigen Aussehen und ihren beherrschenden Fragestellungen aufwirft: Wohin geht die Reise und welches neue Meisternarrativ könnte sich abzeichnen? Im Kontext der von Deutschland aus initiierten Anschlussbemühungen an die international freilich längst geführten Debatten zu Phänomenen einer verflochtenen und globalisierten Welt der Vormoderne sowie zu einer transkulturell perspektivierten Geschichtswissenschaft war zwischen Oktober 2008 und Oktober 2010 am Deutschen Historischen Institut Paris (DHIP) die Forschungsgruppe "FranceMed. La France et la Méditerranée. Espaces des transferts culturels", bestehend aus Rania Abdellatif, Dr. Yassir Benhima, Dr. Daniel König (Koordinator) und Dr. Élisabeth Ruchaud, angesiedelt, die sich der eingehenden Untersuchung der zahlreichen transkulturellen und transreligiösen Austauschprozesse des Mediterraneum zwischen dem 7. und 15. Jahrhundert widmete und hierzu ein europaweites Netzwerk der mit diesen Fragen beschäftigten Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen aufbauen konnte. Zwischen Juni 2009 und März 2011 richtete die Gruppe neben anderen individuellen und gemeinsamen Aktivitäten insgesamt fünf Ateliers aus, von denen vier von der DFG und dem DHIP zum Thema "Transferts culturels en Méditerranée médiévale" und eine fünfte gemeinsam vom DHIP und der Casa de Velázquez, Madrid, organisiert und gefördert wurden. Leider wurden wohl aus Zeit- und Kostengründen nur die meisten Beiträge der ersten beiden Ateliers in den hier zu besprechenden Bänden veröffentlicht. ...
Die Disposition des anzuzeigenden Buches lässt sich auf folgende Kurzformel bringen: drei antike Historiographen und zwei schlechte Kaiser. Indessen, wie schreibt man als antiker Autor über einen der damnatio memoriae verfallenen Kaiser, wenn ihn (1.) seine Zeitgenossen positiv oder zumindest neutral darstellten, man (2.) gleichzeitig auf eine panegyrische Überlieferung zurückgreifen musste, die von der Angst vor Sanktionen gekennzeichnet war, und (3.) man seinem eigenen Publikum gefallen mochte? Ziel des Buches ist nicht etwa die Rekonstruktion historischer Realität, oder die retrospektive Diagnose des vom Friedensnobelpreisträger Ludwig Quidde unterstellten Caesarenwahnsinns, sondern die Analyse der literarischen Strategien römischer Historiker und Biographen zur Konstruktion eines negativen (und bis heute wirksamen) Herrscherbildes von Nero und Domitian. Damit wird von Anfang an der Weg bezeichnet, auf dem vorangeschritten werden soll: Es ist eher der eines Hayden White und nicht der eines Ronald Syme. ...
Am 1. Juni fanden im großen Konferenzsaal des DHI Warschau zum dritten Mal die mittlerweile fest im Veranstaltungs-Repertoire verankerten Lelewel-Gespräche statt. Sie sind als ein Diskussionsforum zu aktuellen Fragen der polnischen Forschung angelegt. Als Diskutanten waren auf das Podium die Mediävisten Bernhard Jussen (Frankfurt a.M.) und Jerzy Strzelczyk (Posen) sowie der Archäologe Przemysław Urbańczyk (Warschau) geladen. Gegenstand der kontroversen Debatte sollten Konzeptionen von Staatlichkeit und die Anwendbarkeit dieses Begriffes auf das frühmittelalterliche Herrschaftsgebilde der ersten Piasten sein. ...
Die vorliegende Arbeit vereint das Material von 54 Gräbern des bronzezeitlichen Tamassos, die in einem Zeitraum von 1889 bis 1995 ausgegraben wurden. Es ist daher verständlich, daß die verwertbaren Befunde heute qualitativ und quantitativ disparat vorliegen. Die Methodik der Ausgrabungen und die Art der schriftlichen Aufzeichnungen über diese Feldarbeit, die Auswahlkriterien für das Aufbewahren von Funden und deren überlieferte Beschreibung, die Grundlagen der Fundteilung sowie die Verwahrung und Registrierung des Fundgutes – all diese für die archäologische Arbeit grundlegenden Faktoren haben in den letzten einhundert Jahren wesentliche Veränderungen erfahren. Insofern war es notwendig, auf der Grundlage der verwertbaren Informationen möglichst einheitliche Prinzipien für die Darstellung der einzelnen Grabungsbefunde zu schaffen. Dieses Vorhaben ist nicht immer vollständig durchzuführen, da uns für die Ausgrabungen der Jahre 1889 und 1894 viele Informationen nicht mehr verfügbar sind. Ohnehin hat der Erstausgräber M. Ohnefalsch–Richter in diesen Jahren wesentliche Veränderungen bei seiner Fundaufnahme und Dokumentation vollzogen. Der heute erreichbare Erkenntnisstand ist ganz besonders davon abhängig, wohin die Objekte nach der Fundteilung gelangten, ob sie dort überhaupt als archäologischer Besitz aufbewahrt oder verschenkt bzw. verkauft wurden. Es ist außerdem nicht unwesentlich, wie die Sammlungen von Kypriaka in Deutschland durch die Wirren des zweiten Weltkrieges gebracht wurden. Schließlich ist von großer Bedeutung, welche schriftlichen Zeugnisse des Erstausgräbers, die sämtlich schon als Kriegsverlust galten, heute noch erreichbar oder rekonstruierbar sind. Diese Promotionsschrift wird in den nächsten Jahren in Zusammenarbeit mit H.–G. Buchholz zu einer eigenständigen Veröffentlichung der Prähistorie von Tamassos ausgebaut. Die vorliegende Teil faßt die bisher unpublizierten Funde des für die mittlere Bronzezeit zentralen Bereichs Tamassos–Lambertis incl. des westlichen Dorfrandes von Politiko zusammen, während die ebenfalls bemerkenswerten Nekropolen in den Gemarken Troulia und Kamara sowie die riesige spätkyprische Nekropole jenseits des Pediaios–Flusses der späteren Publikation überlassen bleiben. Dabei wird nur das Material bearbeitet, das mit einer gewissen Sicherheit einem bestimmten Grab zugewiesen werden kann.
Die Behandlung Kriegsgefangener war immer auch konstitutiv für das rituelle Selbstverständnis der Gemeinschaft, für das Ansehen als Krieger und für die Wahrung des kosmologischen Gleichgewichts zwischen antagonierenden Gruppen. Dem lag ein ganzer Komplex von Kategorisierungen und Praktiken zugrunde, der mit Abwandlungen bei den Pflanzervölkern des östlichen Waldlandes verbreitet war und somit auch agrarische Fruchtbarkeits- und Wachstumskonzepte durch das Prinzip des Menschenopfers widerspiegelte. Obwohl beide Geschlechter zur rituellen Tötung bestimmt werden konnten, waren es fast stets die Männer, die sich im Einvernehmen mit der gegnerischen Gemeinschaft den Folterritualen unterzogen, um die Feinde zur Freisetzung ihrer spirituellen Lebenskraft herauszufordern. Wie ein Stich von Le Page du Pratz auf eindringliche Weise wiedergibt, geschah das Zu-Tode-Foltern häufig in Verbindung mit Feuer, indem der Gefangene auf ein Rahmengerüst gespannt und mit brennenden Pfeilen beschossen wurde. Diese symbolträchtige Aufstellung dürfte im Süden häufiger vorgekommen sein als bei den Irokesenvölkern, wo die Feuertötung von der Dorfgemeinschaft eher als eine Hatz auf den Gefangenen veranstaltet wurde. Das Rahmengerüst symbolisiert die vier Kardinalspunkte der Welt, das Feuer die Sonne bzw. die heliomorphe höchste Gottheit, eine Ikonografie, die nicht nur im Tempelfeuer zum Ausdruck kommt, sondern auch in der poske-tau (Busk)-Zeremonie der Creek. Nach Bartrams Beobachtung gehörte zu den Vorbereitungen des ersten der acht Festtage, dass Krieger auf der zuvor gefegten und mit weißem Sand bestreuten Plaza vier Baumstämme kreuzweise übereinander legten, worauf der Feuermacher, ein Mann mit tempelpriesterlichen Funktionen, die Balken anzündete . Die Sonnen-Ikonografie mit ihren im rituellen Kontext aktivierten Querverbindungen zu Krieg, Opfer und Fruchtbarkeit war ebenso Teil des Südlichen Zeremonialkomplexes wie die theokratische Macht und Verehrungswürdigkeit der Fürsten. Diese wiederum, als Götterabkömmlinge und oberste Priester ihres Volkes, kontrollierten ein größtenteils nur ihnen zugängliches Wissen über die stilistischen Symbolismen, ausgedrückt in Figurendarstellungen und Töpferei-Verzierungen . Mit dem Besitz dieser religiösen Kenntnisse manifestierten die Häuptlinge einmal mehr ihre Beziehung zu den himmlischen Mächten und konnten in Rückkopplung ihrer Hegemonialstellung Tribute in Form von Nahrungsmitteln sowie kommunale Arbeitsleistungen einfordern. Ihre Stellung im Mittelpunkt des Kosmos wurde beispielsweise in Gefäßmotiven wie den variationsreichen Kreuz-in-Kreis-Symbolen der Ramey Incised-Töpferei Cahokias wiedergegeben, die das Weltzentrum inmitten der vier Kardinalspunkte darstellen. Auch das in einer Handfläche liegende Auge, ein Symbol der Sonne, gehört in diesen Darstellungskanon, ebenso jenes Motiv, das von älteren Autoren wie Martin, Quimby und Collier oft als „tränendes Auge“ missgedeutet wurde und das in Wirklichkeit das Auge eines Falken oder anderen Greifvogels mit dem typischen dunklen Federstreif am Innenwinkel darstellt. Andere Assoziationen mit der Heil bringenden, Ordnung und Fruchtbarkeit gewährenden Oberwelt waren Schlangen und Regenbogen; ihnen standen als Vertreter der Unterwelt, des Krieges und der Unordnung die Raubtiere, zum Beispiel Katzenartige, und die ulunsu´ti-Schlange gegenüber . Durch die Permutation all dieser Themen und Motive, von den bildlichen Darstellungen über den rituellen Vollzug bis hin zur Lebensweise des Einzelnen unter den Weisungen der Gesellschaft, dementieren die Menschen das Chaos und sorgen dafür, dass die Ordnung der Welt erhalten bleibt...
Historikerkommissionen haben sich zu maßgeblichen Institutionen im öffentlichen Umgang mit Geschichte entwickelt. Nicht nur Ministerien, auch Unternehmen, Stiftungen, Verbände oder Vereine beauftragen Gruppen professioneller Historiker, wenn es darum geht, sich mit Themen der eigenen Vergangenheit auseinanderzusetzen, die in einer breiteren Öffentlichkeit als brisant erachtet werden. Vor allem seit den 1990er-Jahren haben Historikerkommissionen an Bedeutung gewonnen – und dies ist kein Zufall. Erstens entstand nach der politischen Wende 1989/90 in den Ländern Mittel- und Osteuropas die Möglichkeit und Notwendigkeit, sich mit den untergegangenen kommunistischen Diktaturen zu beschäftigen. Zweitens rückte aber auch in Westeuropa die Verantwortung für die Massenverbrechen des Nationalsozialismus und des Faschismus stärker als zuvor in den Fokus der Öffentlichkeit, da der gesellschaftliche Einfluss derjenigen Eliten und Bevölkerungsteile nachließ, die die Zeit vor 1945 aktiv mitgestaltet hatten. Die daraus folgenden gesellschaftlichen Auseinandersetzungen um die Deutung der Vergangenheit erhöhten das Bedürfnis nach geschichtswissenschaftlicher Klärung. ...
Die Abbauzone Lagoinhos im römischen territorium metallorum Três Minas / Jales (Nordportugal)
(2017)
Im römischen Goldbergwerksdistrikt von Três Minas (Freg. Três Minas, Conc. Vila Pouca de Aguiar / Portugal) haben sich in einem seitlichen Treppenschacht der Galeria dos Alargamentos Spuren eines Grubenunglücks und einer darauf folgenden Rettungsaktion erhalten. Dieser bisher einmalige Befund stellt eine interessante Bereicherung für die antike Bergbauforschung dar.
Als vor mehr als zwanzig Jahren der erste Band von Harold J. Bermans Law and Revolution erschien, kam dies selbst einer Revolution gleich. Nicht mit der Renaissance nämlich, nicht mit dem Absolutismus und nicht mit 1789 setzte der Rechtshistoriker ausHarvard The Formation of theWestern Legal Tradition (1983; dt. 1995), also die Entstehung des modernen Staates, an, sondern mit dem Sieg der Papstkirche im Investiturstreit zwischen 1075 und 1122. Die entscheidenden Ergebnisse dieser Papal Revolution seien das kanonische Recht gewesen, das elaborierteste, umfassendste seiner Zeit, und eine professionelle Methode seiner Handhabung, die Scholastik. Mit ihrer Hilfe habe die römische Kirche die Bevormundung durch weltliche Mächte abgestreift, ihren Supremat über die Laien fest etabliert, eine hoch effiziente Hierarchie geistlicher Juristen und Gerichte aufgebaut und die bis heute gültigen Prinzipien westlichen Rechts geprägt ...
Das hier zu besprechende Buch könnte durchaus im Regal der Ratgeberliteratur stehen, wo es von einem klugen Buchhändler unter Titeln wie "Easy self-business" oder "Einmaleins des modernen Karrieremanagement" eingeordnet wurde. Dabei handelt der Band gar nicht von den Schremps, McKinseys oder Kerrys unserer Tage. Seine Helden gehörten stattdessen allesamt dem vornehmsten Gremium der heiligen römisch-katholischen Kirche an, waren erfolgreich bei ihrer "Jagd nach dem roten Hut", sind einmal im Zeitraum zwischen 1500 und 1800 von Päpsten zu Kardinälen kreiert worden. Durch die Art und Weise jedoch, wie in diesem Sammelband ein gutes Dutzend purpurrote Kurienkarrieren aus dem Zeitalter des Barock nachgezeichnet werden, treten soziale Muster und Gesetzmäßigkeiten, persönliche ‚hard‘ und ‚soft skills‘ zutage, von denen man einige für verblüffend aktuell halten mag – Faktoren und Fähigkeiten, die auch heute noch nach oben befördern, und dies längst nicht nur auf Kirchentreppen. Ein solcher Befund könnte im allzu seriösen Geschichtswissenschaftler den Verdacht schüren, hier handle es sich um triviale Rückprojektionen einer viel späteren Zeit in doch so ganz andere geschichtliche Epochen hinein. Aber gerade das Gegenteil ist der Fall. Denn die Wahrnehmung historischer Alterität wird in der Einführung des Herausgebers als geradezu konstitutiv für das angewandte historiographische Konzept erklärt: Ihr hohes Credo der Unterhaltsamkeit ("Wir wollen den Leser über das Leben in der Vergangenheit informieren und ihm dabei die Beschäftigung mit dieser Vergangenheit so leicht, so angenehm, so unterhaltsam wie möglich machen", S. 7) können die Autoren erklärtermaßen nämlich nur dann erfüllen, wenn sie das "Spannungsverhältnis zwischen Vergangenheit und Gegenwart" (S. 8) wirklich herausarbeiten, also die historisch fernen Wertesysteme, Etiketten und Rahmenbedingungen aus ihrer Zeit heraus zu verstehen suchen und in ihrer ganzen Gegenwartsdifferenz auch deutlich machen. Dass am Ende dem heutigen Leser dann doch so vieles bekannt und karrieretechnisch immer noch brauchbar erscheint, spricht nicht allein – aber auch – für katholisch-konfessionskulturelle Genialität im Umgang mit anthropologischen Konstanten. Jedenfalls mag das durchweg herzerfrischend geschriebene Buch aufgrund einer solchen Aktualität seinen Weg nicht nur auf die Schreibtische der gelangweilten Zunft, sondern auch auf die Nachttische der schlaflosen Aufsteiger von heute finden! ...