Geschichtswissenschaften
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Nachdem Padua dem Proto-Signore Ezzelino III. da Romano entrissen worden war und derselbe wenige Jahre später den Schlachtentod gefunden hatte, verfasste der Paduaner Rolandino eine Chronik, in der er die Ereignisse in der Trevisaner Mark vom späten 12. Jahrhundert bis ins Jahr 1260 schildert. Der vorliegende Aufsatz veranschaulicht, bei weiter Auslegung des Kommunikationsbegriffs, vier Kommunikationsebenen in der und über die Chronik. Anhand ausgewählter Beispiele werden einige Kommunikationskontexte im spätmittelalterlichen Ostoberitalien sowie Darstellungsabsicht, Vorgehensweise und Gegenwartsinteresse des Chronisten und auch die frühe Rezeption des Werkes seitens der paduanischen Bürgerschaft aufgezeigt.
Auswertungen der Ausgrabungen von Oursi, Oursi Village und Saouga führten zu einer zeitlichen Gliederung der keramischen Fundinventare. Anhand von Entwicklungen in Keramikform, -herstellung und -verzierung wurden drei Phasen unterschieden. Die frühe Eisenzeit, die zeitlich in einen Bereich von Christi Geburt bis zur Mitte des ersten nachchristlichen Jahrtausends einzuordnen ist, zeichnet sich durch die Verzierung der Randpartie mit Riefen, Ritzverzierungen auf dem Gefäßkörper in Kombination mit anderen Verzierungselementen und durch Einführung der Topfform aus. Diese Elemente unterscheiden sie von der Keramik der Endsteinzeit. Der polierte Kammstich ist das neue Verzierungselement der mittleren Eisenzeit. Um 1000 AD beginnt die späte Eisenzeit. Sie wird bis in das 14. Jahrhundert auf den Siedlungshügeln des Oudalan nachgewiesen. Mit der Einführung des Verzierungselementes "Bastroulette" sowie der Gefäßformen Flasche mit Deckel, Siebgefäße und Dreibeingefäße wird das bisherige Keramikspektrum erweitert. Bei Begehungen im Oudalan, der nördlichsten Provinz des Landes, wurden Siedlungshügel entdeckt, die an der Oberfläche die jeweils typischen Keramikelemente der eisenzeitlichen Epochen aufweisen. Die letzte Besiedlungsphase dieser Siedlungshügel läßt sich demnach ebenfalls chronologisch einordnen. Das Besiedlungsmuster während der Eisenzeit zeigt eine Bevorzugung von fruchtbaren Böden, die auf den Dünenzügen und am Fuß der Inselberge verfügbar waren, sowie die Nähe von Wasser für die Wahl des Siedlungsplatzes. Dort siedelten Menschen über lange Zeit am selben Ort. Das führte zur Akkumulation von Siedlungsabfällen und damit zur Bildung von Siedlungshügeln. Die Wirtschaftsweise während der Eisenzeit bestand aus Herstellung und Verarbeitung von Eisen. In der Eisenzeit wurde Hirse angebaut sowie Vieh gehalten (Schaf, Ziege und Rind). Darüber hinaus erweiterte das Sammeln von wilden Früchten und Samen und der Fischfang das Nahrungsangebot zur damaligen Zeit. Die Besiedlungskontinuität über 14 Jahrhunderte während der Eisenzeit des Oudalan findet im überregionalen Kontext Entsprechungen. Bei Vergleichen der Siedlungsform und der Keramikverzierung des nördlichen Burkina Faso mit anderen Regionen werden die Beziehungen zwischen den Gruppen der Savannenbevölkerung von Westafrika, aber besonders zum Bereich des Nigerbogens im südlichen Mali deutlich. Die vielfältigen Parallelen innerhalb des Fundgutes des Oudalan und des südlichen Mali vermitteln während der Eisenzeit den Eindruck einer Epoche der Stabilität, in der sich über lange Zeiträume Siedlungen entwickelten und expandierten. Auch der Austausch von Gütern mit den ländlicheren Gegenden, wie dem Oudalan, war zu dieser Zeit genauso intensiv wie mit denjenigen der Handelsrouten. Die Eisenzeit in den Savannen Westafrikas weist durch die Siedlungshügel und durch die Verwendung der unterschiedlichsten Rouletteformen als Keramikverzierung, die gleichsam als Leitform betrachtet werden können, eine einheitliche Erscheinungsform auf, die wahrscheinlich erst durch politische Umwälzungen in weiten Teilen Westafrikas um das 14. Jahrhundert zu einem Ende kam.
Synästhetische Normativität
(2017)
Im Herzen Frankreichs, südlich von Paris und Orléans, östlich von Blois, in einem ausgedehnten Waldgebiet liegt das Schloss von Chambord, das prächtige, das unvergleichliche Chambord, Prunk- und Jagdresidenz Franz’ I., architektonischer Höhe- und Wendepunkt der französischen Renaissance. Karl V., Kaiser des Heiligen Römischen Reiches und des allerchristlichsten Königs ewiger Rivale, soll das Schloss, als er es 1539 zu Gesicht bekam, gepriesen haben als den "Inbegriff dessen, was menschliche Kunst vermag.". ...
Wer den Ehrgeiz hat, sein Fach zu revolutionieren, der sollte sich zu seiner Liebe bekennen und keine Arbeitsvorhaben formulieren, schon gar nicht sollte er wie ein Kassenwart erst einmal "Bilanz ziehen". Fernand Braudel wusste das. "Ich habe das Mittelmeer leidenschaftlich geliebt", schrieb er 1946 im berühmten Vorwort zur ersten Auflage von "La Méditerranée et le monde méditerranéen à l’époque de Philippe II", "der beste Leser dieses Buches wird vielleicht der sein, der mit eigenen Erinnerungen, eigenen Bildern des Mittelmeeres an meinen Text herangeht, ihm eigene Farbe verleiht und mir dabei hilft, worum ich mich mit aller Kraft bemüht habe: die gewaltige Präsenz dieses Meeres erfahrbar zu machen". Aus dem missionarischen Eifer, anderen die narkotisch-erotische Ausstrahlung des mare nostrum zu vermitteln, der er selbst erlegen war, schöpfte er die Kraft für ein gewaltiges Œuvre, das in der Geschichtsschreibung des 20. Jahrhunderts seinesgleichen sucht. ...
Nietzsche unterscheidet in seiner so unzeitgemäßen wie unvergleichlichen Schrift "Vom Nutzen und Nachtheil der Historie für das Leben" bekanntlich drei Arten von Historie, die, wenn sie sich vereinigen, dem Lebendigen dienen, anstatt es zu Grunde zu richten. Zumindest zwei dieser drei Anforderungen (vielleicht auch alle drei) erfüllt Fleckners wegweisende, von Reinhard Zimmermann betreute Regensburger Dissertation: Sie ist dem Inhalt nach "kritisch", da sie die Kraft hat, "eine Vergangenheit zu zerbrechen und aufzulösen, um leben zu können", und sie ist der Form nach "antiquarisch", da sie durch Pietät gleichsam den Dank für ihr Dasein abträgt. ...
Gelehrte bedürfen einander. Eine soziale Gruppe, die es nicht als ihre vornehmste Aufgabe ansieht, sich die materiellen Grundlagen des Lebens zu erarbeiten, ist auf Solidarität angewiesen. Nicht immer steht ein reicher Gönner, ein Mäzen, ein Patron zur Verfügung, der gewillt ist, antiquarische, philologische oder sonstige "zweckfreie" Interessen zu fördern. Der vom Schicksal Benachteiligte hofft in dem Fall auf die Unterstützung derer, die seine Interessen teilen und die materielle Bedrängnis aus eigenem Erleben nachvollziehen können. Gelehrte bedürfen ferner auch insoweit einander, als in der Regel nicht alle für die Realisierung eines wissenschaftlichen Vorhabens benötigten Informationen, Schriften und Artefakte vor Ort vorhanden sind. Also begibt man sich auf Reisen, zieht in ferne Länder in der Hoffnung, dort Gleichgesinnte zu treffen, die im Besitz der erstrebten ideellen Güter sind und dazu bereit, andere daran teilhaben zu lassen. ...
Über kaum einen Gegenstand wissen wir so wenig wie über die Wirklichkeit des juristischen Denkens. Am besten sind wir noch – dank Richard Posner ("How Judges Think" – Cambridge, MA/London 2008) und anderer (überwiegend) anglo-amerikanischer Autoren – über die Untiefen und Irrläufe richterlicher Entscheidungsfindung informiert. Rechtswissenschaft und Rechtspolitik werden hingegen nach wie vor nur selten in kognitiven Kategorien vermessen. ...
Während die Charakterisierung des Verhältnisses zwischen Christentum und Naturwissenschaft als konkurrierend oder feindselig vor allem mit den ältesten Auseinandersetzungen der Frühen Neuzeit assoziiert wird – die Verurteilung Galileo Galileis durch die römische Inquisition (1633) fungiert gleichsam als Symbol des kirchlich-wissenschaftlichen Gegensatzes –, scheinen die jüngsten schulpolitischen Gefechte in den USA eine ungebrochene Aktualität des Konflikts bis in die Gegenwart säkularisierter Gesellschaften zu belegen. Nachdem elf Familien gegen den Beschluss der Schulbehörde von Dover (Pennsylvania) geklagt hatten, im Biologieunterricht neben der darwinschen Evolutionstheorie die Idee des "Intelligent Design" (ID) als gleichberechtigtes Alternativmodell zu präsentieren, fällte der zuständige Bezirksrichter John Jones am 20. Dezember 2005 ein Urteil, welches "Intelligent Design" als religiöse Weltanschauung klassifiziert, dessen Anspruch auf Wissenschaftlichkeit zurückweist und unter Berufung auf die verfassungsmäßige Verankerung der Trennung von Kirche und Staat, welche den Religionsunterricht an staatlichen Schulen verbietet, aus dem Lehrplan verbannt. Seit Januar 2005 waren Biologielehrer der dortigen Highschool zur Verlesung einer Erklärung am Beginn der neunten Klasse verpflichtet, welche die Lückenhaftigkeit der Evolutionslehre betont, "Intelligent Design" als alternative Erklärung über den Ursprung des Lebens vorstellt und schließlich dazu motiviert, sich mit Hilfe der Schulbibliothek über dessen Konzept zu informieren. ...
Colonia Actia Nicopolis : Überlegungen anläßlich der Neuedition von CIL III 7334 in CIPh I 1, 78
(2018)
Der marmorne Inschriftenstein des Decimus Furius Octavius ist (CIL III 7334 = ILS 2080) seit langem bekannt. Bei der editio princeps von 1888 handelt es sich um einen Rekonstruktionsversuch P.-F. Foucarts anhand einer fehlerhaften Abschrift des Textes durch A. Kontoleon, der die Inschrift εν ταις υπωρείαις του Παγγαίου όρους, παρά την Ηδωνίδα της Μακεδονίας (am Fuß des Pangaion-Gebirges, beim makedonischen Idonia) gefunden hat. R. Cagnat hat im Jahr darauf einige Verbesserungen vorgeschlagen. M. Dimitsas hat den Text Foucarts und größtenteils auch dessen Kommentare in sein Corpus der makedonischen Inschriften übernommen. Im CIL von 1902 hat Th. Mommsen, weiterhin ohne Autopsie oder Abklatsch, einige weitere Konjekturen vorgenommen. Die Inschrift wird hier Serres zugewiesen, ein Fehler, der sich in fast allen folgenden wissenschaftlichen Beiträgen zur Inschrift wiederfindet. Ebenso wird im CIL suggeriert, der Text könne nach Z. 16, die in allen bisherigen Publikationen die letzte war, nach unten beliebig erweitert werden. Tatsächlich ist lediglich noch für eine Zeile Platz vorhanden, bevor der etwas erhabene Rand des Inschriftenfeldes und das untere Abschlußprofil anschließen, die auch nach dem Verlust der linken unteren Ecke weiterhin zu sehen waren. A. Salač hatte den Stein im Jahr 1921 noch in situ gesehen, allerdings fehlte zu dieser Zeit schon die linke untere Ecke. Wiederentdeckt wurde er in den späten 1960er Jahren von Ch. Koukouli. ...
Wohl kaum wird der amerikanische "Imperator" den gefangenen "Barbaren von Bagdad" im Triumphwagen durch die Straßen von Washington ziehen lassen, auch wenn sich die publizistische Rhetorik seit den Kriegen gegen Afghanistan und den Irak mit Vergleichen zwischen dem antiken Rom und dem neuen Amerika förmlich überschlägt. "Sind die Amerikaner die Römer unserer Zeit?", fragt sich als einer unter vielen der Publizist und Althistoriker Peter Bender. Expansionen der alten wie der neuen Imperatoren werden miteinander verglichen, Parallelen und Unterschiede in der geographischen Lage, in den Interessen und Willen der Akteure ausgemacht. So habe bei den Amerikanern der Sendungsglaube als universale Macht schon am Anfang des Imperiums und nicht erst an dessen Ende wie bei den Römern gestanden. Roms Ostkriege und der kalteOst-West-Krieg hingegen zeitigten dasselbe historische Ergebnis: "Davor waren Rom und Amerika die ersten Weltmächte ihrer Zeit, danach waren sie die einzigen." Von "Aufstiegen" ist die Rede, nicht aber von "Untergängen", wie es die zyklischen Zivilisationsgeschichten der Kulturmorphologen verkünden. Das hat seinen Grund. Hinter der Analyse kommt Normatives zum Vorschein, wenn es um den Schutz der "Zivilisation des Abendlandes" in "einer künftigen Welt" geht, "in der andere Kulturen sich gegen den 'Westen' behaupten, stärken und vordringen …" Bender lässt das imperium romanum nicht untergehen, weil er das amerikanische Imperium als Bollwerk westlicher Kultur braucht. ...
Dieser Sammelband widmet sich sehr verschiedenen Aspekten der Konzilien von Pisa, Konstanz und Basel und des Konziliarismus des 15. Jahrhunderts. In seiner Zusammenfassung am Ende muss Werner Maleczek gestehen, dass eine thematische Gliederung der Aufsätze kaum möglich ist. Der "vielgestaltige Reichtum" der Beiträge lässt diese Gliederung nicht zu. In ihrer thematischen Unterschiedlichkeit ist ihnen aber doch eine gemeinsame Spannung eigen. Es ist schon erstaunlich, einen Sammelband zu Themen zu erhalten, über die eine nahezu unüberschaubare Fülle an Literatur erschienen ist, und bei der Lektüre gewissermaßen den Eindruck zu gewinnen, dass es sich um ein neues Forschungsfeld handelt. Es wird immer wieder nach Grundsätzlichem gefragt. Fast könnte man sagen, dass die Fragen "Was ist ein Konzil?" und "Was ist Konziliarismus?" die Hauptthemen des Buches sind. Auf diese Weise enthält der Band, aus meiner Sicht, sehr viele Gedanken, die das Potential haben, die Forschung zu alten Themen zu erneuern. Auf diesen Aspekt möchte ich mich konzentrieren, auch, wenn das heißt, dass Einiges oder sogar Vieles Erwähnenswertes übergangen werden muss. ...
Katja Kröss hat sich ein Thema gewählt, das seit der bekannten Studie von Zvi Yavetz schon häufig behandelt wurde, aber nach wie vor von hoher Relevanz ist. Vor allem nachdem Egon Flaig das Konzept des Akzeptanzsystems eingeführt hat, demzufolge Heer, Senat und stadtrömische Plebs als sozialen Sektoren herrschaftsstützende Bedeutung zukam, ist die Frage, wie die Rolle gerade der Plebs sich gestaltete, eine interessante. Denn ist es vorstellbar, dass eine riesige und entsprechend in sich heterogene Menschengruppe einmütig und also homogen handelte? Um es an einem Beispiel festzumachen: Wie lässt sich erklären, dass laut Sueton die Plebs nach dem Tode Neros einerseits Filzhüte trug, um ihre Befreiung vom Joch dieses Kaisers zu demonstrieren, andererseits nach demselben Quellenzeugnis lange um den gestürzten Herrscher trauerte? Und wie ist dementsprechend die politische Rolle der Plebs zu beurteilen? Kröss greift damit ein Problem auf, das Martin Zimmermann – einer ihrer akademischen Lehrer – formuliert hat: die Revisionsbedürftigkeit des Akzeptanzsystems. ...
Seit Egon Flaigs bahnbrechender Habilitationsschrift "Den Kaiser herausfordern" wird der Prinzipat in weiten Teilen der (deutschsprachigen) Forschung als Akzeptanzsystem betrachtet. Demnach hing die Macht des Kaisers von der Erfüllung der Erwartungen relevanter Gesellschaftsgruppen ab. Eine dieser Gruppen war der Senat. Mit dem Akzeptanzsystem als methodischem Rüstzeug rückt meist das Verhältnis zwischen Kaiser und Senat, nicht der Senat als solcher in den Fokus. Wo aber der Senat zentraler Untersuchungsgegenstand ist, geht es mitunter sehr zentral um die Angehörigen des ordo senatorius. Beide Tendenzen unterläuft Simone Blochmann in ihrer Dissertation ganz gezielt, indem sie den Senat als Institution in den Blick nimmt. ...