940 Geschichte Europas
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St. Stephanstag zu Pfingsten : einige Bemerkungen zu Enikels Weltchronik Verse 28447 und 28471
(1998)
In einem kurzen Aufsatz aus dem Jahre 1888 beschreibt Oswald Redlich eine eigentümliche Erscheinung in der mittelalterlichen Chronologie. In österreichischen Urkunden des späten Mittelalters werden gelegentich die Namen der Festtage nach Weihnachten auf die entsprechenden Tage nach den beiden anderen kirchlichen Hochfesten Ostern und Pfingsten bezogen. Die wichtigsten Feste der Weihnachtswoche sind: Dezember 26 - St. Stephan Dezember 27 - St. Johannes Dezember 28 - Unschuldig-Kindleintag "Stephan" ist also liturgisch synonym mit dem zweiten Weihnachtstag, "Johannes" mit dem dritten, usw. Redlich erkannte als erster, daß im 14. und 15. Jahrhundert in Österreich die Feste der Oster- und Pfingstwochen analog genannt werden, wobei der "Kindleintag zu Ostern" den Mittwoch nach Ostersonntag oder "Johannes zu Pfingsten" den Dienstag nach Pfingstsonntag bezeichnen, obwohl die benannten Heiligen an diesen Festen in Wirklichkeit nie geehrt wurden. Grotefend, der die Belege zuerst anders gedeuter hatte, zog seine frühere Ansicht zurück und akzeptierte diese Ergebnisse. Interessant für unsere Zwecke ist der Terminus "St. Stephan zu Pfingst" für den Pfingstmontag, der in zwei Urkunden - 1361 in Buchsenstein und 1416 in Pankraz im Ultenthal - vorkommt.
Für die internationale Diskussion gibt es zunächst das Problem der Wissenschaftssprachen. In Polen spricht man, soweit ich das verstehe, stets vom "Staat der Piasten", selbst frühere Herrschaftsbildungen werden "Staat" genannt. Diese Gewohnheit der polnischen Kolleginnen und Kollegen steht in auffälligem Kontrast nicht nur zu deutschsprachigen, sondern auch zu frankophonen und anglophonen Historikern. In Frankreich unterscheidet man État und état. Die Orthographie (kleines oder großes "é") markiert das Konzept. Nur État mit Majuskel E bedeutet Staat, mit "l'état Carolingien" sagt niemand "der karolingische Staat". ...
Zum Gegenstand der Polizeiwissenschaft gehörte – jedenfalls unter der Herrschaft eines weiten Polizeibegriffs – auch die staatliche Sorge für die Wirtschaft. Die Herausbildung der Wirtschaft als eines eigenständigen gesellschaftlichen Teilsystems, also eines sozialen Bereichs, für den die Geltung von Leitprinzipien eigener Art beansprucht wird, fällt auf das Ende des 18. Jahrhunderts. Am Beginn der nachhaltigen Durchsetzung eines staatsunabhängigen wirtschaftlichen Denkens steht das Werk von Adam Smith, der die klassische Nationalökonomie begründete. Die Polizeiwissenschaft traf nun auf einen Gegenstand, für den eine überaus mächtige Theorie die Erklärungshoheit beanspruchte. Welche Konsequenzen ergaben sich daraus? Dieser Frage soll am Beispiel der staatlichen Kapitalhilfen für Unternehmen nachgegangen werden. ...
Staatsgründung als pädagogische Herausforderung : die Politisierung des Pädagogischen im Vormärz
(2017)
Im Jahr der deutschen Revolution 1848 schrieb der politische Journalist und Paulskirchenabgeordnete Arnold Ruge:
Die freie Staatsform braucht freie Menschen und erst die freie Staatsform bringt mit Sicherheit freie Menschen hervor. Ja, so ist es, dieser Zirkel ist vorhanden.
In diesem Zitat äußert Ruge ein von ihm wahrgenommenes Kernproblem der Situation während des Vormärz und der Revolution: Die Einführung der auf einem souveränen Volk basierenden demokratischen Staatsform, ohne dass das Volk zur politischen Selbstbestimmung in der Lage sei. Ruge verstand den politischen Systemwechsel als Aufgabe eines jeden Menschen, der das 'monarchische Prinzip' selbst überwinden müsse, um die Demokratie zu schaffen. Dazu bedürfe er jedoch der pädagogischen Unterstützung. Ebenso projektierte Ruge im Jahr 1849 einen sozialdemokratischen Staat der Zukunft, in dem die demokratische Erziehung der Jugend eine staatserhaltende Funktion hat. Ruge machte damit sowohl die Schaffung als auch die Erhaltung des projektierten demokratischen Staates zu Aufgaben des Individuums, die der pädagogischen Förderung bedürfen. Im vorliegenden Beitrag sollen beide politischen Funktionen des Pädagogischen dargestellt werden: die schaffende sowie die erhaltende Funktion.
Als allererste synthetische Darstellung der vollständigen Rechts- und Verfassungsgeschichte Osteuropas stellt Küppers Buch eine beachtenswerte Leistung dar, deren Stärke eine getreue Schilderung rechtshistorischer Fakten bildet. Hin und wieder gelingen Küpper aber auch tiefschürfende, obgleich nicht immer ganz neue, analytische Einsichten, etwa dass Ostmitteleuropas bis heute nachwirkende Rückständigkeit auf den sogenannten zweiten Feudalismus zurückgehe, in dessen Folge Böhmen, Ungarn und Polen im 16. – 18. Jahrhundert in verschiedenem Maße ihre Unabhängigkeit eingebüßt haben (24 f.). Die daraus entstandene "Staats- und Rechtsferne der Bevölkerung" gelte erst recht für das ein halbes Jahrtausend lang von den Osmanen beherrschte Südosteuropa (27), dem Küpper außerdem in der nachfolgenden Nationalstaatenperiode des 19. Jahrhunderts das starke Auseinanderklaffen des Modernisierten in den Städten und des Alten auf dem Lande treffend attestiert (368, 397). ...
Der neue "Spezialwagen" hatte sich bewährt. Früher als erwartetwar Emanuel Schäfer in der Lage, seinen Berliner Vorgesetzten den reibungslosen Vollzug seines Auftrags zu melden. "Serbien judenfrei!", lautete im Juni 1942 Schäfers Notiz an das Reichssicherheitshauptamt. Dass die "Endlösung der Judenfrage" im Kernland des ehemaligen jugoslawischen Königreiches derart zügig vonstatten gehen konnte, war dem Einsatz einer fahrbaren Gaskammer zu verdanken, in der mehr als 5000 Menschen den Tod fanden. Die Organisation dieser "Spezialwageneinsätze" oblag dem seinerzeitigen Befehlshaber der Sicherheitspolizei und des SD in Serbien – dem promovierten Juristen Emanuel Schäfer. ...
The importance of Transylvanian records of court proceedings from the end of the 17th century relies, in terms of content, on preserving the day by day life of ordinary people in Transylvania such as craftsmen, tradesmen, and peasants. Regarding linguistics, they are challenging due to the specific tension between feigned orality and literacy, when historical “spoken” language is documented. The research question pertains to describe, from a qualitative point of view, the complex sentences structure. Thereby, we look upon the different ways to construct complex sentences and their specific use according to the communicative functions of text parts: Which is the proportion between hypotaxis and parataxis in combining clauses? How deep is the hierarchy of subordinate clauses? Which subordinate clause functions are most used? Which composition types are relevant for complex sentence structure?
Thomas Horstmann und Heike Litzinger haben ein bemerkenswertes Buch mit dem – zunächst irritierend – weit gefassten Titel "An den Grenzen des Rechts" herausgegeben. Erst der Untertitel "Gespräche mit Juristen über die Verfolgung von NS-Verbrechen" konkretisiert das Thema. Es geht um die Frage der strafrechtlichen Behandlung von Systemunrecht: ob und inwieweit NS-Verbrechen mit rechtsstaatlichen Instrumentarien abgeurteilt werden können. ...
Im Zeitraum vom 7. bis zum 9. Dezember 2017 fand an der Universität Breslau (Wrocław) in Kooperation mit der Ruhr-Universität Bochum die Winterschool "Europa: Poetik und Politik" statt. Die gut zwanzig Teilnehmerinnen und Teilnehmer – darunter Professor*innen, wissenschaftliche Mitarbeiter*innen und Studierende beider Universitäten – diskutierten die neuere Geschichte von Europa-Diskursen von der Romantik bis in die Gegenwart. Ausgangspunkt der Tagung war die gegenwärtige Krise der Europäischen Union, die – so zeigte sich im Verlauf der Tagung – als Fortführung der leitmotivischen 'Schwellensituationen' zu verstehen ist, die als das Gemeinsame der diskutierten Texte und somit in gewisser Weise als konstitutiv für den Europa-Diskurs erkannt wurden.
The LOEWE-project “Prehistoric Conflict Research” is determined in several new ways to interpret the archaeological evidence of Bronze Age fortifications. One way is the comparison with other non-modern cultures of conflict and their use of fortifications. In this paper, the conquest of Aquitaine by the Carolingian rulers of the Franks (760–769 CE) is taken as such an example. By analysing the (near-)contemporary historiographical record, the military role of fortifications in post-Roman warfare is discussed. It turns out that in the historiographers’ view, fortified settlements were focal points of military activity, and that combat occurred around them far more often than in the open field. Nonetheless, warfare in the surroundings of fortifications signified more than only sieges: the historiographical sources show a great variety of events connected to them as part of the war. Furthermore, a semantic inquiry of the material shows a special notion in texts concerning the “capture” of fortified settlements. This could be achieved not only by force, but also with diplomatic means, and the historiographers valued success higher than bravery. Moreover, the amount of violence seems to have been limited, as is indicated by the small number of destroyed fortifications and by the debates ensuing about one particular massacre (Clermont-Ferrand in 761 CE), which obviously was at odds with contemporary ideas about appropriate warfare. These results imply that archaeological research on conflict would benefit greatly from broadening its scope beyond actual battle events, in order to disclose the conflicts of Bronze Age Europe in all their complexity.
The purpose of history education in Austria has changed over at least the last decade. While the focus used to be to give students a master narrative of the national past based on positivist knowledge, the current objective of history education is to foster historical thinking processes that enable students to form transferable skills in the self-reflected handling and creation of history. A key factor in fostering historical thinking is the appropriation of learning tasks. This case study measures the complexity of learning tasks in Austrian history textbooks as one important aspect of their quality. It makes use of three different approaches to complexity to triangulate the notion: general task complexity (GTC), general linguistic complexity (GLC), and domain-specific task complexity (DTC). The question is which findings can be offered by the specific strengths and limitations of the different methodological approaches to give new insights into the study of task complexity in the domain of history education research. By pursuing multidisciplinary approaches in a triangulating way, the case study opens up new prospects for this field. Besides offering new insights on measuring the complexity of learning tasks, the study illustrates the need for further research in this field – not only related to the development of analytical frameworks, but also regarding the notion of complexity in the context of historical learning itself.
Nicht die Entwicklung des Sakraments der Taufe während der tausendjährigen byzantinischen Geschichte gilt es hier zu erörtern; der liturgiewissenschaftliche Aspekt wird in diesen Zeilen bestenfalls einen Randaspekt darstellen. Stattdessen werde ich mich auf einige Aspekte konzentrieren (wenn auch in unterschiedlicher Intensität), die dem vorgegebenen Thema – (gesellschaftliche) Inklusion und Exklusion – entsprechen. Es soll also um ausgewählte Aspekte des Themenkomplexes "Taufe" gehen, die Relevanz für die Rechtsgeschichte, aber auch für die Gesellschaftsgeschichte in einem allgemeineren Sinne (inklusive gewisser Bezüge zur politischen Geschichte bzw. zur Missionsgeschichte) aufweisen. ...
This article, based on extensive source material from Denmark, Sweden and Norway, is about the changing norms for children’s media, childhood and art in Scandinavia in the late 1960s and early 1970s. The analysis demonstrates how changes within welfare state institutions converged with the youth rebellion’s wider criticism of children’s low status in traditional power hierarchies, and contributed to new definitions of the role of media in children’s lives. After establishing a wider historical contextualisation, the article moves on to show how the criticism of existing norms in the realm of children’s literature in the mid-1960s grew into a critique of the prevailing ideologies and existing narratives in all children’s media (including film, theatre and television) at the end of the decade. A key figure in the redefinition of norms for children’s media was the Swede, Gunilla Ambjörnsson. Her 1968 book, Trash Culture for Children, led to discussions about the role of media in children’s lives all over Scandinavia. Her core belief in the innate social and political interests of children had a great impact on the ways in which the possibilities for an explicit political agenda in children’s media were conceptualised in Scandinavia at large.