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Im Zeitraum von 1991 - 1992 wurden 2000 Stuhlproben von a) Tropenreisenden (n = 600), b) Patienten mit Durch fall (n = 500) und c) Patienten mit gastrointestinalen Symptomen, jedoch ohne Durchfall (n = 900) auf Campylobacter spp. untersucht Hierfür wurden drei Kultivierungsmethoden parallel eingesetzt: 7. eine Filtermembranmethode, 2. ein blutfreies Campylobacter-Selektivmedium und 3. ein Blutmedium mit Butzler-Supplement Zusätzlich wurde der Einfluß von Transportbedingungen untersucht mittels Vergleiches zwischen Nativ-Stuhlproben versus Stühlen, die in ein Transportnährmedium (Cary-Blair-Medium) gegeben worden waren (n = 517).
Insgesamt waren 54/2000 (2,7%) Stuhlproben positiv. Die Campylobacter-Auffindungsrate in flüssigen Stühlen (Gruppe B) lag dreifach höher im Vergleich zu nicht-durchfälligen Proben (p < 0.01). In den Gruppen b) und c) waren Patienten, die älter als 40 Jahre waren, signifikant seltener mit Campylobacter infiziert als jüngere Personen, während es bei den Tropenreisenden keinen Alterseffekt gab. Unter den drei Kultivierungsmethoden war das Filtermembranverfahren dasjenige mit der besten Campylobacter-Ausbeute (p < 0.01): Methode 1 ergab 57,5%, Methode 2 50% und Methode 3 40,7% positive Isolate. Durch den Einsatz von Cary-Blair-Transportmedium konnte die Campylobacter-Isolierungsrate um 25% gesteigert werden. Die am häufigsten isolierten Spezies waren C. jejuni und C. coli.
Über erste Erfahrungen mit dem Immunoassaysystem Access® wird berichtet. Die Impräzision von Tag zu Tag lag unter Verwendung von kommerziellem Kontrollmaterial meist unter 5%, betrug aber vereinzelt bis zu 8,6%. Die Richtigkeit bezugnehmend der Sollwerte von Richtigkeitskontrollseren zeigte eine gute Vergleichbarkeit. Ein Methodenvergleich an Patientenproben mit anderen kommerziellen Immunoassaysystemen wurde ebenfalls durchgeführt. Die Korrelationskoeffizienten für alle Methoden liegen zwischen 0.92 und 0.99. Es gibt jedoch Unterschiede in der Steigung und dem Intercept, die aber toleriert werden können. Unsere ersten Erfahrungen zeigen, daß mit dem Access® Immunoassaysystem hinsichtlich Impräzision und Richtigkeit eine Zuverlässigkeit erreicht wird, die anderen Immunoassaysystemen vergleichbar ist.
18-OH-Corticosteron (18 ) wird als die unmittelbare Vorstufe der Aldosteron-Synthese angesehen. In-vitro-Untersuchungen sowie vereinzelten klinischen Beobachtungen zufolge sollen Nebennierenrinden-Adenome, im Gegensatz zu Nebennierenrinden-Hyperplasie, vermehrt 8- bilden. In der vorliegenden Studie wurde an 1.272 Patienten einer Hochdruckambulanz, wobei bei 84 Patienten mit primärem Aldosteronismus infolge eines Adenoms sowie bei 110 Patienten infolge einer Nebennierenrinden-Hyperplasie die Diagnose gesichert werden konnte, der diagnostische Stellenwert von 8- im Vergleich zu den Aldosteron-Metaboliten Aldosteron-18-Glucuronid (ALD-18-G) und Tetrahydroaldosteron (TH-ALD) untersucht. Dies im Hin blick auf: 1. die Erkennung eines primären Aldosteronismus, und 2. der differentialdiagnostischen Unterscheidung zwischen einem Adenom und einer Hyperpläsie.
Bezüglich der ersten Fragestellung wurde für 18-OHB - hinsichtlich der Unterscheidung zwischen dem primären Aldosteronismus infolge eines Adenoms und einer essentiellen Hypertonie-eine diagnostische Sensitivität von 99,2% bei einer diagnostischen Spezifität von 95,2% berechnet. Deutlich geringer war mit einer diagnostischen Sensitivität von 79,7% bei einer diagnostischen Spezifität von 60,9% die Abgrenzung zwischen dem primären Aldosteronismus infolge einer Hyperpläsie und einer essentiellen Hypertonie.
18-OHB war bei 11 der 84 Adenom- und 5 der 110 Hyperplasie-Patienten zunächst das einzig erhöhte Steroid im 24 h-Urin. Bei ihnen konnte erst innerhalb einer bis zu 2jährigen Beobachtungszeit ein langsamer Anstieg der Aldosteron-Metabolite beobachtet werden. Somit stellt das 18-OHB einen „Frühmarker" der Erkrankung dar.
In der Unterscheidung zwischen einem Nebennierenrinden-Adenom und einer -Hyperplasie besitzt 18-OHB mit einer diagnostischen Sensitivität von 84,5% bei einer diagnostischen Spezifität von 96,4% ein höheres Abgrenzungsvermögen als Tetrahydro-Aldosteron und Aldosteron-18-Glucuronid dar.
Für die Unterscheidung des Adenoms von der Hyperpläsie ließ sich für 18-OH-Corticosteron im 24 h-Urin ein Wert von 7,9 [ig/die als eine optimale Diskriminanzschwelle berechnen. Bei einer höheren Ausscheidung ist in 84,5% der Fälle mit einem Nebennierenrinden-Adenom zu rechnen. Hinsichtlich der diagnostischen Wertung von 18-OHB sind weder geschlechts- noch altersspezifische Abhängigkeiten zu berücksichtigen.
Die Bestimmung von Tetrahydro-Aldosteron (oder Aldosteron-18-Glucuronid) in Kombination mit 18-OH-Corticosteron stellt die optimale Methode zur Diagnostik des primären Hyperaldosteronismus, insbesondere infolge eines Adenoms, dar.
Die Befundung individueller Fallkonstellationen bei geeigneten Parameterkonstellationen und Fragestellungen ist ein zentraler Bestandteil der medizinischen Aufgabenstellung des Fachgebietes Laboratoriumsmedizin.
Um den labormedizinischen Anteil der medizinischen Diagnostik umfassend zu unterstützen, sollte unabhängig vom Einsatz wissensbasierter Systeme die labormedizinische Spezialbefundung generell bei entsprechenden Fragestellungen und Kenngrößenkonstellationen sowie bei Verfügbarkeit der jeweils geeigneten Methodik, bei Vorhandensein der entsprechenden Krankheitsprävalenzen und der entsprechenden labormedizinischen Kenntnisse durchgeführt werden. Dieser Notwendigkeit wird aber oft wegen des Aufwandes der individuellen fallbezogenen Befunderstellung nicht im erforderlichen Umfang entsprochen.
Bei richtigem Einsatz wissensbasierter Systeme kann die labormedizinische Spezialbefundung effizient unterstützt und auf hohem Niveau optimiert und, soweit sinnvoll, standardisiert werden. Dies ist eine der wesentlichen Zielsetzungen der Pro.M.D.-Entwicklung (Prologsystem zur Unterstützung Medizinischer Diagnostik). Weitere zum Teil ebenfalls bereits zu einem großen Teil erreichte Ziele bei der Pro.M.D.-Entwicklung sind die Schaffung einer gemeinsamen Notationsebene für das bei der labormedizinischen Spezialbefundung formalisierbare Wissen und die dadurch erreichbare Verbesserung des fallbezogenen Erfahrungsaustausches.
Bedeutung der Retikulozytenbestimmung zur Differenzierung und Behandlungskontrolle der Anämie
(1994)
Die Retikulozytenbestimmung hat eine wesentliche Bedeutung in der Differenzierung und Behandlungskontrolle von Anämien. Dies insbesondere, seitdem die mikroskopische Retikulozytenzählung durch die Bestimmung mit automatisierten Blutzellzählgeräten abgelöst und somit die Retikulozytenzahl mit geringer Impräzision bestimmt werden kann. Somit ist es möglich, die Regeneration derErythropoese gut zu verfolgen. In der Differenzierung der Anämien hat die Retikulozytenbestimmung ihre wesentliche Bedeutung zur Unterscheidung der nprmozytären Anämie formen. Ist bei normozytärer Anämie die Retikulozytenzahl normal oder vermindert, muß eine Knochenmarkpunktion in Erwägung gezogen werden. Bei mikro- und makrozytären Anämien ist die Retikulozytenbestimmung weniger bedeutsam. Für die Behandlungskontrolle der Anämien kann die Retikulozytenzahl ein wichtiger Indikator sowohl für eine beginnende Regeneration der Erythropoese als auch für die erfolgreiche Behandlung einer die Erythrozytenlebenszeit verkürzenden Erkrankung sein.
The accumulation and distribution of characteristic secondary products in the different organs of an Aloe plant (A. succotrina Lam.) were studied by high performance liquid chromatography for the first time. In the leaves of the Aloe plant, only anthrone-C-glycosyls of the 7-hydroxyaloin type and, for the first time in plant material, the free anthraquinone 7-hydroxyaloeemodin were found. In contrast to previous reports on the distribution of secondary products in Aloe plants, anthrone-C-glycosyls were also detected in flowers, bracts and the inflorescence axis of the species examined. Aloesaponol I, a tetrahydroanthracene aglycone, was only present in the underground organs and in the stem. The 2-alkylchromone-C-glucosyl aloeresin B showed no specific occurrence as it was found in every type of organ. Based on these results and the findings of recent studies on Aloe roots and flowers, a distribution scheme of polyketide types in the Aloe plant was established. It suggests a separate and independent anthranoid metabolism for underground Aloe organs and stem on the one hand, and for leaves and inflorescence organs on the other hand. In the latter structures anthranoid metabolism seems to be additionally compartmentalized as the anthranoid pro files of inflorescence organs and leaves differ in two points relevant to anthranoid biosynthe sis: firstly, the occurrence of anthrone aglycones and secondly, the individual content of corresponding anthrone-C-glucosyl diastereomers.
The marine diatom Ditylum brightwellii (West) Grunow isolated from the Baltic Sea could be synchronized by a light/dark rhythm of 6.5:17.5 h (white light intensity 8 W m-2) at 18 °C and 0.035 vol.% CO2. Content of protein, DNA and RNA increased linearly up to the end of the cell cycle. Pigments (chlorophyll a, chlorophyll c1 + c2, carotenoids) and galactolipids were synthesized in the light period only. A lag phase of 2 h was observed in the biosynthesis of sulphoquinovosyl diacylglycerol and phosphatidylglycerol. Formation of phosphatidylglycerol and phosphatidylcholin continued in the dark period (30% and 28%, respectively). The pattern of major fatty acids (C14:0, C16:1, C16:0, C18:1 and C20:5) varied during the cell cycle of Ditylum.
Biosynthesis of acyl lipids was reduced in dependence on the UV-B dose. The most sensitive lipid was digalactosyl diacylglycerol (total inhibition at 585 J m-2), whereas phosphatidylcholin was less affected (20% reduction). UV-B radiation during the dark period had no effect on the lipid and pigment content. Strongest inhibitory effect of UV-B on cell division, synthesis of protein, pigments, sulphoquinovosyl diacylglycerol and phosphatidylglycerol was found after UV-B radiation at the beginning of the cell cycle (0.-2. h). An exposure time at the end of the light period (4.-6. h) led to a marked damage on the synthesis of monogalactosyl diacylglycerol and phosphatidylglycerol. These findings indicate a stage-dependent response of Ditylum to UV-B irradiance. The impact of UV-B resulted in an increase of unsaturated long chained fatty acids (C18, C20) and in a diminution of short chained fatty acids (C14, C16). Content of ATP was not affected by UV-B radiation under the used conditions. The inhibitory effect of UV-B on synthesis of DNA, RNA, protein and acyl lipids was mainly reversible. Results were discussed with reference to UV-B damage on the enzymes involved in the biosynthesis of acyl lipids and by a reduction of available metabolites.
Starting from (MeO)3SiCH2Cl (10) and Ph2(H)SiCH2OH (16), respectively, the (hydroxymethyl)diphenyl(piperidinoalkyl)silanes (HOCH2)Ph2Si(CH2)2NC5H10 (6) and (HOCH2)Ph2Si(CH2)3NC5H10 (8) have been synthesized [10→Ph2(MeO)SiCH2Cl (11)→Ph2(CH2=CH)SiCH2Cl (12)→Ph2(CH2=CH)SiCH2OAc (13)→Ph2(CH2=CH)SiCH2OH (14)→Ph2(CH2=CH)SiCH2OSiMe3 (15)→6; 16→Ph2(H)SiCH2OSiMe3 (17)→8; NC5H10 = piperidino]. N-Quaternization of 6 and 8 with MeI gave the corresponding methiodides 7 and 9, respectively. As shown by IR-spectroscopic studies, compounds 6 and 8 form intramolecular O-H···N hydrogen bonds in solution (CCl4). In the crystal, 6 (space group Pna21; two crystallographically independent molecules) also forms intramolecular O-H···N hydrogen bonds whereas 8 (space group P1̅) forms intermolecular O-H···N hydrogen bonds leading to the formation of centrosymmetric dimers (single-crystal X-ray diffraction studies). The (hydroxymethyl) silanes 6-9 and the related silanols (HO)Ph2Si(CH2)2NC5H 10 (sila-pridinol; 1), sila-pridinol methiodide (2), (HO)Ph2Si(CH2)3NC5H10 (sila-difenidol; 3) and sila-difenidol methiodide (4) were investigated for their antimuscarinic properties. In functional pharmacological experiments as well as in radioligand competition studies, all compounds behaved as simple competitive antagonists at muscarinic M1-, M2-, M3- and M4-receptors. In general, the silanols 1-4 displayed higher receptor affinities (up to 100-fold) than the corresponding (hydroxymethyl) silanes 6-9 . In the (hydroxymethyl)silane series, compound 7 was found to be the most potent muscarinic antagonist [pA2/pKi= 8,71/8,6 (M1), 8,23/7,8 (M2), 8,19/7,8 (M3); pKi = 8,2 (M4)]. In the silanol series, the related compound 2 showed the most interesting antimuscarinic properties [pA2/pKi = 10,37/9,6 (M1), 8,97/8,8 (M2), 9,08/8,8 (M3); pKi = 9,4 (M4)].
Bis(N,N-diethyl-N′-benzoylselenoureato)lead(II) has been prepared and characterized by single-crystal structure analysis. Pb(C12H15N2OSe)2 crystallizes in the non-centrosymmetric orthorhombic space group Iba2. The cell parameters are a = 13.206(3), b = 20.542(4), c = 10.089(2) A and Z = 4. R = 0.025. The direction of the polar axis was determined unambig uously. Pb(II) is bidentally coordinated to two N,N-diethyl-N′-benzoylselenourea molecules. The coordination polyhedron is a distorted pseudo-trigonal bi-pyramid with one equatorial position occupied by an electron lone-pair. The Pb-Se and Pb-O bond lengths are 2.876(1) and 2.444(4) Å, respectively. In the crystal lattice, each Pb atom also shows interactions with two Se atoms of a neighboring molecule. The Pb-Se distance of that interaction is 3.643 Å.
1,4-Bis(trimethylsiloxy)benzene has been crystallized both by vacuum sublimation and from «-heptane solution, which each yielded colourless plates with identical monoclinic unit cell dimensions (P2/n, Z = 4). The conformation of C[ symmetry shows the two (H3C)3SiO-substituents to be conrotationally twisted around the O-( C6H4)-O axis by dihedral angles o f ± 60°. According to the photoelectron spectroscopic ionisation pattern and its Koopmans’ assignment, IEVn = -εJAM 1, by AM 1 eigenvalues, the gas phase structure should also be of C, symmetry. The results of geometry-optimized MNDO , AM 1 or PM 3 calculations for the monosubstituted derivative H5C6-OS i(CH3)3 are compared with respect to the quality of their fit to the measured data.
The one-electron transfer to large π-delocalized hydrocarbons provides an interesting possibility to crystallize solvent-separated ion-pair salts containing optimally solvated cations. Accordingly, the reduction of 9.9′-bianthryl in aprotic 1.2-dimethoxyethane (DME) solution at a sodium metal mirror allows to grow dark blue, brick-like crystals of its radical anion and threefold DME-solvated sodium cation. The structure of the radical anion is very similar to that recently published for the neutral molecule. According to AM 1 enthalpy hypersurface calculations based on the structural data, the torsion angle between 60° and 120° is determined by the lattice packing and the negative charge is -π-delocalized predominantly within only one anthracene subunit. The counter cation [Na⊕(DME)3], reported only three times so far, shows a sixfold propeller-like coordination of approximate D3 skeletal symmetry with contact distances Na⊕···O between 232 and 243 pm and angles ≮ONa⊕O varying between 69° and 159°. Due to the small repulsion between the chelating DME molecules, the isodesmically calculated Na⊕ solvation enthalpy is more negative than that of the analogous tetrahydrofuran complex [Na⊕(THF)6] - as confirmed by the laboratory experience that salts of less stable anions are preferentially crystallized from a strongly cation solvating DME solution.
The sodium salt of the most simple polynitro-substituted hydrocarbon anion. Na⊕⊖C(NO2)3, (for a hazard warning cf. [***]) crystallizes from ether solutions without and with addition of 18-crown-6 either in a polymer band. [(Na⊕⊖C(NO2)3)dioxane]∞, or as a solvent- separated ion pair, [(Na⊕/18-crown-6)(THF2]⊕[(Na⊕/18-crown-6)(O2N-C⊖(NO2)2)2]⊖. The Na⊕ cations are each 8-fold coordinated in hexagonal bipyramidal arrangement. According to extensive quantum-chemical calculations based on the structure coordinates, the formation of these novel salts can be traced back to the charge distribution in the anions ⊖C(NO2)3. which due to negatively charged oxygen centers are favorable complex ligands. The structure determining effects of solvation are discussed.
Tetraphenyl-p-benzoquinone, according to its single crystal structure, shows some steric congestion: its quinone ring is distorted by 7° to a chair conformation, and its phenyl substituents are twisted around their CC axes between 46° and 72°. The half-wave reduction potentials of -0.57 and -1.25 V in acetonitrile confirm negligible π interaction of the phenyl substituents. Addition of alkalimetal tetraphenylborate salts lowers the second reduction potential due to contact ion formation, which can be confirmed by UV/VIS spectra recorded under aprotic conditions. Extensive ESR/ENDOR investigations prove the formation of the following species in THF solution: Tetraphenyl-p-benzosemiquinone radical anion contact ion pairs [M·⊖ Me⊕solv]' (Me⊕: Li⊕, Na⊕, Rb⊕, Cs⊕) and contact triple ion radical cations both with identical cations [M·⊖ (Me⊕solv)2]·⊕ (Me⊕: Li⊕, Na⊕, Cs⊕) and different cations [M·⊖ (Li⊕solv)(Me⊕solv)]·⊕ (Me⊕: Na⊕, Cs⊕). Addition of crown ethers can lead to external solvation of the Me⊕ counter cations, whereas cryptands form internal solvation complexes. The radical anion of 2,6-diphenyl-p-benzosemiquinone adds cations at its phenyl-free molecular half. The radical anion salt [tetraphenyl-p-benzosemiquinone·⊖ (Na⊕(tetrahydropyrane) 2)] could be crystallized and its structure determined at 200 K. In agreement with the Hirota sign rules for contact radicals in solution, the Na⊕ ion is found 62 pm above the π plane and 29° outside the axis of the CO bound, which is elongated due to one-electron reduction by 5 pm to 127 pm.
Crystals of lemon yellow dipotassium nitranilate and of yellow disodium nitranilate dihydrate have been grown and their structures determined at 290 and 200 K. The six-member- ed, O2N-disubstituted rings show a pronounced cyanine distortion with all four CO bonds identical and the two (OCC(NO2)CO)⊖ chains connected by single CC bonds of each 156 pm length. In the anhydrous K⊕ salt, the ring is planar, but in the Na⊕ hydrate salt it exhibits a twist conformation. Quantum chemical calculations allow to reproduce the structure in every detail, demonstrate strong charge alternation along the cyanine chains with considerable delocalization into the O2N acceptor substituents, and suggest that the rather long connecting CC bonds contain positively charged carbon centers on both ends. In addition, metal ion coordination effects as well as the rather high pKa value of nitranilic acid are rationalized.
The isobaric melting and boiling diagrams for the systems: trimethylchlorosilane/pyridine and trimethylchloromethane/pyridine are reproduced. Some measurements of the molar volume of mixtures between trimethylchlorosilane and pyridine and trimethylchloromethane and pyridine are reported. For both systems the molar excess volume has been calculated as a function of the mole fractions
The isobaric melting and boiling diagrams for the systems: dimethyldichlorosilane/pyridine and 2,2-dichloropropane/pyridine are reproduced. The existence of the incongruently melting addition compounds (CH3)2SiCl2 · (Pyridine)2 and [(CH3)2CCl2]3 · Pyridine could be proved. Some measurements of the molar volume of mixtures of pyridine and dimethyldichlorosilane, and pyridine and 2,2-dichloropropane are reported. For both systems the molar excess volume has been calculated as a function of the mole fractions.
Die Geschichte des ästhetisch Wunderbaren läßt sich in drei Schritten oder Phasen nachzeichnen: vom Wunder zum Wunderbaren und vom Wunderbaren zum Phantastischen. Das Phantastische ist die höchste Emanzipationsstufe, wo das freie Spiel der Einbildungskraft in seiner autonomen, auf sich selbst gestellten Gesetzlichkeit das Reale, Vertraute unserer gewöhnlichen Welt in Frage stellt. Diese Entwicklung vom Wunder zum Wunderbaren und vom Wunderbaren zum Phantastischen wird von Jacob Grimm jäh unterbrochen. [...] Jacob Grimm leitet eine Denkbewegung ein, die ich die Rettung des Wunderbaren aus der Zerstörung durch das Phantastische nennen möchte. Dieser Rettungsversuch kann und will nicht mehr zur Rehabilitierung des theologischen Wunders zurückführen. Statt dessen zielt er auf das "Unvordenkliche" der eigenen Herkunft, das auf den Glauben an das eigene Volk gründet.
Inhalt
Vorwort
Zum 80. Geburtstag von Dr. Erich Meyn
Zum 70. Geburtstag von Prof. Dr. Jiri Kosta
Zur Person: Prof. Dr. Renate Neubäumer
Prof. Dr. Renate Neubäumer: Der ostdeutsche Arbeitsmarkt-Ein Arbeitsmarkt wie jeder andere?
Prof. Dr. Herfried Münkler: Wo liegt Europa? Mythos und politische Idee
Aufsatz aus der gewerkschaftlichen Frauenzeitung vom 1.Februar 1923
Errichtung der Preller-Stiftung
Verzeichnis der Lehrveranstaltungen
Organe der Akademie
Lehrkräfte der Akademie
Teilnehmer/innemdes 58. Lehrgangs 1992/93
Teilnehmer/innen des 59. Lehrgangs 1993/94
Aufnahmeantrag für den Verein der Freunde und Förderer der Akademie der Arbeit e. V
Metaleptea, vol. 15, no. 1, july 1994 : the orthopterists' newsletter / The Orthoperists' Society
(1994)
Zwar trifft für alle romantischen Schriftsteller zu, ob für Kleist oder die beiden Schlegel, für Görres oder Arndt, für Chamisso oder Steffens, für Novalis oder Heine, daß die Thematisierung Frankreichs nicht zu trennen ist von der eigenen kulturellen und nationalen Identitätsfindung. Das Sprechen über Frankreich ist für alle Genannten ein Reden über sich selbst, über das Selbstverständnis als Territorialpatriot, als Deutscher und als Schriftsteller. Und doch gilt dies in besonderer Weise von Achim von Arnim.
Acompanha-se, aqui, a pertinência do lema de Engels, que concebe o marxismo como "herdeiro do idealismo alemão" nas teorias de Lukács, Horkheimer e Adorno. Enquanto Lukács assenta o método marxista na vertente da filosofia hegeliana e Horkheimer assume explicitamente o legado kantiano, Adorno não se propõe a ser herdeiro, mas sim crítico do idealismo alemão.
Habermas relê Adorno e Horkheimer à luz do seu próprio modelo, isto é, do "paradigma lingüístico" que substitui a práxis transformadora pela argumentação. Assim, Habermas não percebe que, em Adorno, a competência comunicativa subordina-se a algo essencialmente diferente, a um impulso emancipatório. As características deste a priori transcendental racionalmente mediado devem ser buscadas não na Dialética do esclarecimento, mas em Minima moralia.
Frente a quienes afirman que la «razón anamnétíca» es una cultura ausente del pensamiento occidental, Habermas defiende en este artículo que es la «razón comunicativa» su natural heredera. Habermas reconoce que a esa cultura que viene de Jerusalén debe la filosofía europea la Inspiración de sus topoi más sobresalientes: los de sujeto, autonomía, liberación, historia... Pero en tiempos postmetafísicos sólo la pragmática universal de su «razón comunicativa» puede hacerse con el potencial semántico inserto en la cultura del monoteísmo judío.
Dansk medieforsknings historiske gæld til Jürgen Habermas's "Struk- turwandel der Öffentlichkeit" fra 1962 kan næppe overvurderes. Den norkse oversættelse "Borgerlig Offentlighet" fra 1971 blev fast pensum for flere generationer af mediestuderende, og trods en ofte dybdebo- rende kritik af bogen blev offentlighedsteorien dén sociologiske forståel- sesramme, som den kritiske medieforskning og -politik til stadighed tog udgangspunkt i. Ved nyudgivelsen af bogen i 1990 skrev Habermas et nyt forord, som vi her bringer den anden halvdel af. Habermas tegner her et kritisk billede af bogens forudsætninger: Adornos kritiske teori, datidens medieforskning og Habermas' begrænsede kendskab til de nye massemedier. Han trækker endvidere en række forbindelseslinier mellem offentlighedsteorien og hans senere større arbejder, især "The- orie des kommunikativen Handelns" fra 1981, og giver et diskurs-teo- retisk normativt grundlag for udøvelse af offentlighed. Under indtryk af medieforskningens senere udvikling og de samfundsmæssige forand- ringer i 1970'erne og 1980'erne, specielt det civile samfunds øgede betydning for udviklingen i både Vest- og Østeuropa, revurderer han holdbarheden af sin gamle tese om en overordnet historisk overgang fra et kulturræsonnerende til et kulturkonsumerende publikum. Over- sættelse ved John Mortensen.
Con la finalidad de responder positivamente a la pregunta planteada en el título de este trabajo, el autor presenta y cuestiona, en primer Jugar, el supuesto filosófico tradicional, por el que se hace depender al lenguaje unilateralmente de la intenciones moralmente relevantes de los individuos. Expone luego las estaciones del fracaso de los intentos de fundamentación moral sobre la base del solipsismo metódico de la filosofía moderna antes del giro pragmático-lingüístico. Y defiende finalmente la posición de la fundamentación pragmático-trascendental última frente a las interpretaciones relativistas del mencionado giro de la filosofía contemporánea.
El artículo somete a discusión la concepción de la ética discursiva, tanto desde una perspectiva inmanente como desde una perspectiva feminista. En cuanto a lo primero, critica el uso equívoco que dicha concepción hace de la noción de "acuerdo" (Zustimmung) pues transfiere ilegítimamente un momento consensual al ámbito cognitivo e intelectivo de la moral. En cuanto a lo segundo, muestra que la ética discursiva se guía por una visión masculina unilateral, que atiende sólo a las relaciones simétricas entre seres personales, sin prestar atención al fenómeno moral, tradicionalmente femenino, del cuidado de los seres humanos sin integridad personal.
Primärtexte und Briefausgaben werden entsprechend dem für das HJb zugrundegelegten Siglenverzeichnis zitiert. Briefe und Notizen, die erstmals in der Kritischen Ausgabe abgedruckt wurden, bleiben hier unberücksichtigt. Jede bibliographische Angabe erhält eine Ordnungsnummer, ausgenommenn davon sind in der Regel Rezensionen. Einzelkritiken zu aktuellen Inszenierungen sind nur in Ausnahmefällen aufgenommen.
In den ersten beiden Dezennien nach der Wende zum 20. Jahrhundert revoltierte die junge, intellektuelle Generation in mehreren Wellen sowie zahlreichen Lebensbereichen gegen das erstarrte Selbstbild einer "Gesellschaft der Väter", die im ausgehenden 19. Jahrhundert zu Macht und Selbstbewusstsein gekommen war. Die Revolte fand ihren Ausdruck in verschiedenen Bewegungen der Zeit wie beispielsweise dem Anarchismus und dem Linksradikalismus in der politischen Theorie und Praxis oder dem Expressionismus und dem Dadaismus in den Künsten. Für die im Zusammenhang einer Erziehung zum "neuen Menschen" besonders interessierende Erziehungspraxis und Erziehungstheorie dieser Jahre schlug sich die Revolte in den Jugendbewegungen unterschiedlicher Couleur, praktischen Initiativen zur Lebensreform und einer Reformpädagogik nieder, die eine "Erziehung vom Kinde aus" auf ihr Banner schrieb.
"Kruzifix, errichtet vom Verschönerungsverein" : Ödön von Horváth und die Semantik der Moderne
(1994)
Das 20. Jahrhundert ist ein Jahrhundert der Geschwätzigkeit. Das zu beklagen und die Schuldigen anzuzeigen, gehört zu den liebsten Tätigkeiten der Kulturkritik. Diese - so monieren kritisch andere - trägt freilich allzuoft selbst nur zum allgemeinen Gerede bei. Daß aber die Kunst dem Terror korrumpierten Sprechens zu widerstehen habe, darüber herrschte lange Zeit Konsens: Die literarische Moderne hatte Schwätzer durch das Widerständige ihrer Form zum Schweigen zu bringen und - um ihrer Würde willen - lieber gar nichts zu sagen, als das Verkehrte und Falsche.
Daß diese Inhaltslosigkeit der Avantgarde zum Leerlauf einer korrumpierten Sprache nicht nur die Antithese darstellt, sondern zugleich eine Art geheimen Äquivalents, ließ man im Interesse einer klaren Frontenbildung besser nicht lautwerden. Wo das allgemeine Gerede sich auch in der Literatur der Moderne selbst bemerkbar machte, wurde einigermaßen stereotyp auf deren konstitutiv sprachkritischen Impetus verwiesen. Und wo Geschwätzigkeit ganz und gar die Textur literarischer Werke durchdrang, lag die Annahme nahe, die Moderne habe sich hier freiwillig auf gegnerisches Gebiet begeben, um den Feind - in einer Art Guerilla-Taktik - mit seinen eigenen Mitteln zu schlagen.
Als vornehmster Vertreter dieser Art literarischer Sprachkritik war seit den 1960er Jahren Ödön von Horváth wiederzuentdecken
Meine Lektüre, die Canettis "Die gerettete Zunge" und Fontanes "Meine Kinderjahre" nebeneinanderstellt und gegeneinander führt, will nachweisen, daß beide Texte durch ein gemeinsames Bezugssystem definiert sind, durch das sie bedingt und hervorgebracht werden, das in ihnen aber auch mimetisch dargestellt ist und sich selbst thematisch wird. Die Koordinaten dieses Bezugssystems sind der Tod einerseits, die Kunst, genauer die Wirkungsmöglichkeiten der eigenen Dichterexistenz, andererseits. Beide Sujets stehen bei Fontane und bei Canetti in einem Ausschließungs- und einem Bedingungsverhältnis: der Tod, der allem Dichten ein Ende macht, ist gleichzeitig das, was den Schriftsteller dazu veranlaßt, gegen ihn anschreibend Leben in die Literatur zu retten - und damit auch, das ist der dialektische Umschlag: als Leben zu zerstören. Dieses Schreiben gegen den Tod, das Beschreiben des Todes und die Inszenierung des eigenen Dichtertums als Annihilation der Todesgefahr finden sich mit signifikanten Kongruenzen und ebenso signifikanten Inkongruenzen bei Fontane und Canetti. Versucht werden soll eine Annäherung an die beiden autobiographischen Texte durch eine Rekonstruktion der Schreibsituation von "Meine Kinderjahre" und "Die gerettete Zunge".
Felix Salten (eigentlich Siegmund Salzmann, 1869-1945) ist bekanntlich der Autor von "Bambi" gewesen, jener rührenden 'Lebensgeschichte aus dem Walde', die durch die gleichnamige Disney-Verfilmung weltberühmt geworden ist. Felix SaIten wird aber auch eine andere, berüchtigte 'Lebensgeschichte' zugeschrieben: die der 'wienerischen Dirne' "Josefine Mutzenbacher". Mit seinem Namen verbinden sich zwei offenbar höchst disparate literarische Gattungen: 'Tiergeschichte' und 'Pornographie'.
Die Disparität dieser Gattungen bedarf anscheinend keines Nachweises. Gewöhnlich wird nicht einmal die eine auf die andere als ihren Gegensatz bezogen. Auch "Bambi" und "Josefine Mutzenbacher" haben dazu bisher selten herausgefordert. "Bambi" bietet das Panorama einer luftigen Wald-und-Wiesen-Idylle, die sich immer dann als trügerisch erweist, wenn der Mensch auf den Plan tritt; im Modus der Kontemplation beschreibt das Buch ein schicksalhaftes, mal rührendes, mal trauriges Ineinander von Unglück und Glück.
In seinem ersten Schweizer Jahr (1919/20) verfaßte Rilke zwei Arbeiten in Prosa, die auf den ersten Blick nichts miteinander gemein haben: Sein bereits im Oktober 1919 veröffentlichtes Essay "Ur-Geräusch " sowie das Fragment "Entwurf einer politischen Rede". Während das "Ur-Geräusch" wiederholt Gegenstand eingehender Betrachtungen gewesen ist und als ein Schlüsseltext für Rilkes "Ästhetik" gelten darf, wurde dem "Entwurf einer politischen Rede" bislang keine Würdigung zuteil, die seine Bedeutung für das Verständnis von Rilkes entschieden poetischem Politikverständnis erkennen ließe. Im "Ur-Geräusch" hatte sich Rilke für die sinnliche Nachvollziehbarkeit wissenschaftlicher Forschung ausgesprochen und das Experiment als Ort der Vereinigung des Geistigen mit dem Stofflichen vorgestellt; Intellekt und Sinnlichkeit sah Rilke im Erlebnis des Experimentierens identisch werden. In poetischer Hinsicht mochte für Rilke die Beschreibung eines solchen fiktiven Experiments, dessen Pseudowissenschaftlichkeit nicht nur ins Auge fällt, sondern von ihm beabsichtigt gewesen sein dürfte - im Sinne einer Parodie der zunehmenden Verwissenschaftlichung des Lebens -, vor allem auch eine sprachliche Herausforderung gewesen sein, ein Sprach-Experiment geradezu. Auch sein "Entwurf einer politischen Rede" betont den Erlebniswert.
Rudolf Kassner schrieb in einem "Avis für die künftige Philologie Hofmannsthalscher Texte", der Dichter habe das Wort "Wirklichkeit ... fast nie" gebraucht: "Um so häufiger die Worte: Gebärde, Ton, Sprache, Leben ... ". Was hier als apercu ausgesprochen wird, hat inzwischen die Qualität methodischen Verfahrens gewonnen; eine kulturwissenschaftlich geöffnete Germanistik, die den Leibraum nicht nur dichterischer, sondern selbst diskursiver Texte anvisiert, wird gerade bei Hofmannsthal auf eine Prägnanz und zugleich auf einen Variantenreichtum von Gebärden stoßen, die, auch nach den Arbeiten von Mauser und Austin, weitere Erforschung lohnen. Bezieht man in die Lektüre nicht nur die abgeschlossenen Texte, sondern auch die im Rahmen der Kritischen Ausgabe vorgelegten Dramen- und Erzählungsfragmente ein, dann wird zudem deutlich, dass Hofmannsthal mit gestischen Mustern arbeitete, die in den unterschiedlichsten narrativen Kontexten eine gewisse Stabilität bewahren und sich damit für die Beantwortung der Frage, welche schriftstellerische Strategie denn eigentlich die auseinanderstrebenden Fragmente noch zusammenhält, geradezu anbieten. Aus der Vielzahl jener Muster soll im folgenden ein relativ elementares vorgestellt werden, das seine textstrukturierende Kraft über weite Teile des Werks verbreitet.
In ihren Memoiren "Mein Leben" schreibt Alma Mahler-Werfel über ihren ersten Mann Gustav Mahler:
Er war ein Zölibatär und fürchtete das Weib. Seine Angst, 'heruntergezogen' zu werden, war grenzenlos, und so mied er das Leben ... also das Weibliche!
In diesem Satz spiegeln sich die im Wien der Jahrhundertwende zirkulierenden Weiblichkeitstheorien. Da ist die große magische Chiffre der Zeit: das Leben, als eine untere, gefährliche Macht, der man erliegen kann. Da ist ferner der Dualismus, dessen vielfaltige Varianten das Denken der Zeit bestimmen: Geist und Leben, Sittlichkeit und Sinnlichkeit, Über-Ich. Es sind die Antipoden, in denen die Jahrhundertwende die überkommenen Prinzipien der Moral und den kulturellen Bestand der Tradition den natürlichen, triebhaften Kräften des Lebendigen entgegensetzt. Da werden schließlich diese Antipoden in einer räumlichen Opposition angeordnet und in einer simplen Gleichung auf die Geschlechter verteilt. Man könnte meinen, Almas Urteil über Mahler sei inspiriert von Otto Weiningers "Geschlecht und Charakter" von 1903, besonders von dessen Vorstellung, daß das Leben den Mann von seiner Pflicht, von der Befolgung des kategorischen Imperativs abhalten könne und daß dieses Leben im Weiblichen inkarniert sei; dieses führt nach Weininger ein seelenloses, rein triebhaftes Dasein und zieht den Mann herunter, sofern er nicht zölibatär - in Weiningers Terminologie "keusch" - lebt.
"Meine Heimat habe ich behalten", schrieb der 52jährige Hofmannsthal 1926 an den Schweizer Diplomaten Carl Jakob Burckhardt, "aber Vaterland habe ich keins mehr, als Europa" - und er fügte hinzu: "ich muß dies fest erfassen, nur die Klarheit bewahrt vor langsamer Selbstzerstörung. " Selbstzerstörung meint: "den Rest [des] Lebens in unfruchtbarer Verbitterung" darüber zu verlieren, daß mit dem Zusammenbruch Österreichs so viel Erhaltenswertes und Bewahrenswertes vernichtet wurde. Das Kriegsende hatte Hofmannsthal tief erschüttert: "Welche Welt, in die wir geraten sind", schrieb er: "Das nackte Gebälk tritt hervor und zittert bis in die Grundfeste." In den Jahren, die folgten, wurde ihm zur Gewißheit, daß sich nicht nur die europäische Landkarte verändert hatte, sondern daß die politischen und sozialen Umwälzungen, die dem verlorenen Krieg gefolgt waren, eine neue geistige Fundierung des alten Kontinents erforderten. Unablässig bewegte ihn die Frage: Was kann politisch und kulturell den Weg in die Zukunft weisen? Die Antwort führte ihn immer wieder zu Europa. Die 'Idee Europa' wurde für ihn zum "umfassendsten und wichtigsten Begriff" seiner Existenz: "[...] ich sehe nicht, welcher der Ströme des wirklichen geistigen Lebens [...] nicht durch eine mutige und nüchterne Geistesoperation gezwungen werden könnte, in das Becken dieses großen Begriffes zu münden."