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Mit dem josefinischen Toleranzpatent von 1781 wurden "Akatholiken" im Habsburgerreich rechtsfähig. Unter dieser Bezeichnung wurden die Evangelischen Augsburger und Helvetischen Bekenntnisses (neben den mit Rom nicht unierten Griechen, also Griechisch-Orthodoxen) zusammengefasst, die auf der Grundlage einer schmalen Duldung und eingeschränkten individuellen Religionsfreiheit aus dem Untergrund ihres praktizierten Geheimprotestantismus hervortreten und im Wege des Dispens Bürger- , Meister- und akademische Rechte erwerben und unter limitierten Bedingungen eigene "Kultus"-Gemeinden bilden, d. h. Schulen, Bethäuser und Friedhöfe errichten sowie Pastoren und Lehrer berufen und einsetzen konnten. [...] Eine Sonderstellung beanspruchte schließlich die evangelische Gemeinde in Triest/Trieste/Trst, wo zeitgleich mit dem Toleranzpatent die öffentliche Religionsübung zugestanden wurde. Mit dieser Stadt, dem österreichischen Tor zur Adria, wird sich der folgende Beitrag eingehender befassen, denn von Triest aus wurden entscheidende Schritte im Emanzipationsprozess der Akatholiken getan - freilich auch nicht vor dem März 1848.
Jede wissenschaftliche Debatte im 19. Jahrhundert, unabhängig von der Disziplin, musste sich auf den Boden von Tatsachen, im zeitlichen Sprachgebrauch 'facta' oder 'data', stellen. Die Theologie bildete darin keine Ausnahme, besonders nicht auf den Gebieten der Dogmen- und Kirchengeschichte oder der Evangelien-Forschung. Um neue Fakten in die Diskurse einzubringen, mussten diese zunächst "im Feld" gewonnen, in Daten transformiert und als neues Wissen veröffentlicht werden. Genau dies war der Grund für Tischendorfs Orientreise gewesen. Nur so war eine auf Autopsie, Authentizität, Interdisziplinarität und Historizität basierende wissenschaftliche Forschungspraxis in der Theologie möglich. Diese These soll durch den Vergleich des Vorgehens zweier Forschungsreisender - der Gemeinsamkeiten und Unterschiede berücksichtig - belegt werden.
Der vorliegende Beitrag befasst sich mit den religionskritischen Tendenzen im Werk Louise Astons. Ausgehend vom grundsätzlichen, in der Forschung bereits gut dokumentiertem, Befund des Zusammenschlusses von religiöser Opposition, Frauenemanzipation und demokratischer Bewegung in der Mitte des 19. Jahrhunderts soll ein Blick auf die spezifisch kirchenkritischen Einflüsse und Ausprägungen des Schreibens einer Autorin geworfen werden, die Renate Möhrmann als Kämpferin für die "Revisionierung der christlichen Krämerwelt" beschreibt. Dabei konzentriert sich die Betrachtung vor allem auf Louise Astons journalistisches und schriftstellerisches Engagement, weniger auf ihren Status als "enfant terrible des Feminismus" im 19. Jahrhundert. Diese Perspektive ermöglicht zum einen eine stärkere Kontextualisierung Louise Astons innerhalb religionskritischer und liberaldemokratischer Strömungen des Vormärz. So steht ihr Schreiben, wie zu zeigen sein wird, in Auseinandersetzung mit dem Saint-Simonismus, auf dessen Rezeption sie nicht explizit verweist, an dessen Gedanken zur Neubestimmung der Rolle der Frau sie jedoch offenkundig anknüpft. Zum anderen offenbart sie einen exemplarischen Blick auf die Beteiligung von Frauen am öffentlichen Diskurs jener Zeit und den Wandel von der beschriebenen zur schreibenden Frau.
Louise Dittmar gehört zu den wenigen Autorinnen ihrer Zeit, die sich auf das für Frauen eher ungewöhnliche Gebiet der Philosophie wagten. Ungewöhnlich nicht deshalb, weil sie philosophische Schriften rezipierte, denn das war durchaus kein Einzelphänomen. Gerade in den 1840er Jahren setzten sich viele Vormärzautorinnen mit den modernen Strömungen und deren Studien auseinander, insbesondere mit frühsozialistischem und junghegelianischem Gedankengut. Das Ungewöhnliche war vielmehr, dass Louise Dittmar Werke publizierte, in denen sie Ludwig Feuerbachs Philosophie "systematically and seriously" zu entfalten versuchte, aber ebenso ihre eigenen Erkenntnisse selbstständig (fort-)entwickelte.
Friedrich Feuerbach (1806-1880), einer der Brüder des berühmten Philosophen Ludwig Feuerbach, aus dessen Schatten er zeitlebens nie treten konnte, verfasste zwischen 1843 und 1845 eine Schriftenreihe unter dem Titel "Die Religion der Zukunft", die in pädagogischer Absicht ein zentrales Argument Ludwig Feuerbachs wiederaufnimmt, dass die neue Philosophie des Menschen und für den Menschen zur Religion werden müsse. Nicht zufällig paraphrasiert Friedrich Feuerbach mit seiner dreibändigen Schriftenreihe, dessen erster Band im gleichen Jahr erschien wie Ludwig Feuerbachs "Grundsätze der Philosophie der Zukunft", deren Titel. Offensichtlich versteht er seinen Entwurf einer Religion der Zukunft als die konsequente und praktische Fortsetzung der in den "Grundsätzen" geleisteten theoretischen Auflösung der spekulativen Philosophie Hegels, die als "letzte rationelle Stütze der Theologie" galt. Jedenfalls schließt Friedrich Feuerbach sich der Forderung der Grundsätze an, dass die neue Philosophie nicht nur an die Stelle der alten Philosophie treten müsse, welche die ethischen Fragen der Theologie überlassen habe. Vielmehr müsse die neue Philosophie selbst zur Religion werden, also wie die Religion ein ethisches Gerüst stiften, nur eben in Form einer an der realen menschlichen Natur orientierten, säkularen Ethik.
Der Theologe Bruno Bauer (1809-1882) war in der Zeit von etwa 1836 bis 1842 einer der führenden Köpfe unter den Junghegelianern, gar der 'linken' Hegelschule. Er hat jedoch als Rechtshegelianer begonnen; nach der gescheiterten Revolution von 1848 ist er schließlich zum Vertreter einer nationalistischen und antisemitischen Rechten mutiert. Dem Weg Bauers vom theologischen Konservativismus zu einer radikalen Religionskritik soll anhand dreier exemplarischer Texte nachgegangen werden. Dabei wird deutlich, wie sich im Laufe weniger Jahre die Wahrnehmung von Kritik fundamental verändert und sie sich dennoch, so die Grundthese dieses Beitrags, aus Hegelschen Bahnen im Grunde nie zu lösen vermochte. Am Anfang jedoch steht eine kurze biographische Skizze.
An einem Novemberabend des Jahres 1837 umstellten zwei Bataillone preußischer Infanterie das Palais des Erzbischofs von Köln, Clemens August Droste zu Vischering. Als der nicht auf die Aufforderung der preußischen Regierung einging, seine Diözese freiwillig zu verlassen, wurde er eine Stunde später in einer Kutsche nach Minden verfrachtet, wo er von da an unter Hausarrest stand. Die deutsche Presse- und Verlagslandschaft reagierte auf die skandalöse Verhaftung des Kölner Erzbischofs mit einer wahren Publikationslawine: Zahllose polemische Essays und Pamphlete widmeten sich dem 'Kölner Ereignis' und bezogen Stellung zu den beteiligten Parteien. Unter den Verfassern solcher Kommentare verdient Karl Gutzkow besondere Aufmerksamkeit, da er sich in so unterschiedlichen Formen mit dem Kölner Kirchenstreit befasst hat wie kaum ein anderer Zeitgenosse: Er verarbeitete das Geschehen nicht nur in einer eigenständig erschienenen Streitschrift und einer Reihe von Zeitschriftenartikeln, sondern griff es fast zwei Jahrzehnte später in einem ganz anderen literarischen Zusammenhang erneut auf: in seinem neunbändigen Roman "Der Zauberer von Rom" (1858-1861), den er in der zweiten Hälfte der 1850er Jahre zu Papier brachte. Ein Vergleich dieses Romans mit Gutzkows älteren Schriften zum Kirchenstreit verspricht deshalb Aufschluss darüber, wie einer der einflussreichsten zeitgenössischen Autoren je zehn Jahre vor und nach der Märzrevolution das Verhältnis von Religion, Kirche, Staat und Geschichte konzipiert. Dass Gutzkow bestimmte Sachverhalte im komplexen Gefüge des Erzähltextes anders darstellt als in den erheblich kürzeren Streitschriften, ist dabei nicht ausschließlich dem Wechsel in eine andere Gattung geschuldet, sondern lässt auch einen Wandel der Funktion religiöser Diskurse in seinem Werk erkennen.
In der Lenau-Forschung gibt es verschiedene Deutungsansätze des Epos "Die Albigenser". Dabei wurde die Rolle der einzelnen Figuren sowie deren Verhältnis zum epischen Erzähler insofern vernachlässigt, als man kein Versuch unternommen hat, diese in einer klassischen Figurenkonstellation verschiedenen, deutlich voneinander abgegrenzten religiös-weltanschaulichen und poetologischen Positionen zuzuordnen. Ausgehend von einer die bisher formulierten Ansätze modifizierenden Interpretation des epischen Erzählers und unter Rückgriff auf Konstellationen im "Faust "und im "Savonarola" soll in der Folge das äußerst heterogene Figurenarsenal der "Albigenser" in die Gesamtdeutung des Versepos mit einbezogen werden. Dabei stellt sich die Frage nach dem spezifischen Verhältnis der beiden Lager in Fragen der Religion, Moral und Kunst: Einer katholischen Position, die eine Religion der Liebe vertritt, die Menschen belehren und bekehren will und der Kunst dabei eine wichtige Rolle zuerkennt, steht - so die erste These der folgenden Untersuchung - eine Position der Ketzer gegenüber, die im Kampf gegen die etablierte Kirche aggressiv, intolerant und eher kunstfeindlich auftritt. In unbestimmtem Verhältnis zu diesen beiden Konfliktparteien stehen die Troubadours, die sich durch einen weitgehenden religiösen Indifferentismus, eine liberale Grundhaltung und ein Kunstverständnis auszeichnen, das jegliche Funktionalisierung zugunsten rein ästhetischer Positionen ablehnt. Jeder dieser drei Positionen - so die zweite These dieses Beitrags - werden im Rahmen der "Albigenser" Stärken und Schwächen zugesprochen, und auf Basis einer kalkulierten Vielstimmigkeit soll offen bleiben, welchem Konzept von Dichtung der Vorrang gebührt.
Annette von Droste-Hülshoff schreibt ihre 1842 erschienene Novelle "Die Judenbuche" in einer Zeit fortdauernden Wandels religiöser Anschauungen. Der Übergang eines sozial verbindlichen Christentums im Ancien Régime zu einer privaten und konfessionell liberalen Religion in der säkularisierten bürgerlichen Gesellschaft spiegelt sich in der Haltung der katholischen Schriftstellerin. Diese oszilliert zwischen theoretischer Glaubenstoleranz und effektiver Parteilichkeit, aufgeklärter Religiosität und unkritischem Fideismus, zwischen religiösen Skrupeln und intuitiver Frömmigkeit. [...] "Die Judenbuche" ist der romantische Versuch, "das Reich Gottes zu realisieren". Ihr Realismus ist ein metaphysischer, theologischer. Damit erhebt sich der Text selbst zum eschatologisch-soteriologischen Medium. Die Inbesitznahme des Geistes durch den Buchstaben wird im Dazwischen der 'Blicke' (Auge um Auge), die die beiden Lektüreweisen sind, gewendet. Das 'Angeblicktwerden' durch den unverständlichen Text fordert eine 'Erwiderung des Blicks', die die tote Schrift 'lebendig': verstehbar und anschlussfähig macht. Hierfür steht die physiologisierte Pneumatologie Droste-Hülshoffs ein, die sie im "Geistlichen Jahr" entwirft. Das Reich Gottes entsteht durch die Interaktion zwischen Text und Leser in die Zukunft hinein. Als andauernder Prozess bewerkstelligt die Transkription den Ausstieg aus der katastrophischen Zeit der "Judenbuche" in die Heilsgeschichte, sie wendet als qualifizierter 'Kairos' den verhängnisvollen 'Chronos' zum erfüllten 'Eschaton'. Wenn diese Übertragung gelänge, würde die Schrift tatsächlich zum "Wort, das stets verständlich mir".
An den Europäischen Außengrenzen gehört der Tod von Flüchtlingen zum Alltag. Mehr als 29.000 Menschen sollen seit dem Jahr 2000 nach Recherchen von Journalist*innen auf ihrem Weg nach Europa gestorben sein. Das Projekt The Human Costs of Border Control der Universität Amsterdam hat jüngst eine Datenbank öffentlich gemacht, in der die tödlichen Umstände von über 3.000 Flüchtlingen dokumentiert werden. ...