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Es geht im Folgenden vor allem darum zu untersuchen, wie männliche Autoren in ihren literarischen Texten das Verhältnis von Familienmännlichkeit und künstlerisch-literarischer Arbeit modellieren. Das impliziert, dass es um den Blick auf männliche Autorenexistenzen geht, nicht aber um die Rekonstruktion und Interpretation etwa von x-beliebigen Vater-Sohn-Verhältnissen in der Literatur. Gefragt werden soll, wie Männer ihr Leben als Partner, Ehemänner, Väter und zugleich als literarisch Schreibende formen; wie sie ihre Zeit auf die Familie und auf das Arbeiten verteilen; schließlich, wie sich die Schriftsteller-Protagonisten in dieser geteilten Existenz räumlich einrichten. Letzteres ist besonders interessant angesichts der Tatsache, dass Schriftsteller bzw. Intellektuelle oftmals zu Hause arbeiten und von daher nicht in der räumlichen Aufspaltung von Arbeitsplatz (Büro) und privater Wohnung leben.
Weiter lässt sich fragen, wie die geistigen Arbeiter in den literarisch-autobiographischen Texten den Verlust an Autonomie, an Unabhängigkeit, an Ruhe, Einsamkeit und Konzentration vor allem in der Lebensphase erleben, in der sie Väter werden und sich mit Frau und Kind zu Hause einrichten müssen. In welcher Weise sorgen sie sich um ihr Kind? Wie betrachten sie das Verhältnis zu ihrer jeweiligen Lebensgefährtin, welche Bilder und Projektionen stellen sich in ihnen angesichts einer sie als Familienmann ganz neu und anders fordernden Situation ein? Und schließlich: In welcher Weise verändern sich durch die Tatsache, in einer eigenen Familienbeziehung zu leben, ihre Wahrnehmungen, ihr intellektuelles Selbstbild, ihre Einstellung zur literarischen Arbeit, die Bedingungen, Umgebungen und Formen des Schreibens (sowohl im Sinne des Schreibprozesses als auch im Sinne des Produkts, der literarischen Form)?
In fast jedem autoritär regierten Staat werden von den Machthabern Maßnahmen wie Repressalien und Strafen ergriffen, die die erwünschten Verhaltensweisen der Menschen erzwingen und diese dazu bringen sollen, sich einer bestimmten Ideologie unterzuordnen. Die Kunst ist ein besonders empfindlicher Bereich des öffentlichen Lebens und entzieht sich zumindest teilweise diesen Methoden. Eine Kontrolle über die Künstler und ihr Schaffen erfordert seitens der Staatsgewalt deshalb meistens ein subtileres Instrumentarium. Aber auch andere, "weiche" Faktoren haben einen Einfluss auf das politische Verhalten der Künstler und die Gestaltung der Kunstinhalte.
Die Fragestellung gehört ins Gebiet der literarischen Imagologie, die sich mit der Entstehung von Fremdbildern und von Selbstbildern von Nationen beschäftigt. Was für die Bilder ganzer Nationen und Völker gilt, das besitzt auch seine Geltung für das Bild einzelner, in besonderem Maße öffentlichkeitsrelevanter Personen. Die Verbindung von Rezeptionsforschung und Imagologie kann Ergebnisse über Entstehung, Konstituierung und Entwicklung von Selbstinszenierungs-Strategien erbringen, die über bisher angestellte Untersuchungen hinausgehen. Dabei gehören Fragen nach dem Selbstverständnis des Dichters und nach der Übereinstimmung zwischen Selbstbild und Erscheinungsbild ebenso dazu, wie Fragen nach der Historizität dieser imagotypen Strukturen.
Unter den literaturwissenschaftlichen Nachschlagewerken dürften vor allem die Handreichungen Gero von Wilperts, die wohl in jeder Forscherbibliothek zu finden sind, den Status von Klassikern erreicht haben. Nicht nur das 'Sachwörterbuch der Literatur', auch Nachschlagewerke wie die 'Erstausgaben deutscher Dichtung', die 'Schiller-Chronik' und das 'Goethe-Lexikon' oder neuerdings die 'Deutschbaltische Literaturgeschichte' bieten einen kurzen, informativen Überblick, der als Einstieg in das jeweilige Thema häufig grundlegend ist. Ein weiterer Klassiker aus dem Hause von Wilperts liegt nun in seiner vierten und wahrscheinlich letzten Auflage vor: Das 'Lexikon der Weltliteratur', das seit 1963 in zahlreichen Auflagen und Ausgaben zum Teil recht kostspielig, zum Teil aber auch wohlfeil verbreitet wurde, ist durch seinen enormen lexikographischen Umfang und seine Übersichtlichkeit zu einem von vielen Seiten gebrauchten Standardwerk geworden. Die "völlig neu bearbeitete", vierte Auflage präsentiert in drei Bänden 12000 Personeneinträge und dürfte damit eines der umfangreichsten Werke seiner Art sein.
Sieht man von Beispielen strikter Ghettoisierung ab, bleibt der Fremde nicht sein Lehen lang fremd, und auch der interkulturelle Schriftsteller läuft Gefahr, sich der Mehrheitssprache anzupassen, bis er schließlich seinen Sonderstatus verliert und ein "normaler" deutscher Autor wird. Im allgemein-gesellschaftlichen Bereich spricht man hier von Assimilierung. Spätestens seit der massiven Eingliederung westeuropäischer Juden im 19. und frühen 20. Jahrhundert weiß man, daß der Anpassungswille von Außenseitern oftmals den von "Einheimischen" übertrifft, die sich um ihre kulturelle Identität ohnehin keine Gedanken machen. Auch heute kann man dieses Phänomen immer wieder beobachten. Im Bereich der Literatur gibt es Autoren, [...] die sich um ein besonders gutes, besonders literarisches Deutsch bemühen - so als müßte der Zuwanderer erst einmal seine Sprachkompetenz unter Beweis stellen (und im gesellschaftlichen Leben muß er das ja auch). In sprachlicher Hinsicht, nicht in bezug auf den Inhalt seiner Geschichten, gibt er damit seine spezifische Differenz auf, die ihn in die Lage versetzen könnte, etwas Neues, bislang Unerhörtes zu schaffen. Kein Problem - auch gut geschriebene Erzählungen ohne innovative Ansprüche haben ihre Daseinsberechtigung. Sie teilen den Angehörigen der Mehrheitskultur subjektive Erfahrungen aus einer fremden Kultur mit, die in keinem Medium, abgesehen vielleicht vom Kinofilm, so gut mitteilbar sind wie in dem der Literatur. Allerdings gilt das auch für übersetzte Werke, so daß die Bereicherung der deutschen Sprachkultur in erster Linie eben doch von jenen Autoren ausgeht, die zunächst einmal das Risiko eingehen, "schlecht" zu schreiben.
Die zunehmende Unübersichtlichkeit des Buchmarkts, ein in seinem Selbstbewusstsein erstarkendes Bürgertum und eine von politischen und sozialen Umwälzungen geprägte Zeit befördern das Lesen in den Brennpunkt des öffentlichen Interesses. Kontroversen und Debatten entzünden sich daran, und die Obrigkeit reagiert mit Furcht auf etwaige Leser, die, angeregt durch eine bestimmte Lektüre, das Gesellschaftsmodell hinterfragen und ihre Position darin neu bestimmen könnten. Immer schärfer werdende Zensurmaßnahmen in der Zeit des Vormärz erschweren eine ohnehin radikal veränderte Kommunikationssituation zwischen Autor und Leser, die nichts mehr gemein hat mit dem noch im 18. Jahrhundert vorherrschenden "apriorische[n] Vertrauensverhältnis". Textproduzenten und -rezipienten entfernen sich immer weiter voneinander, und die literarische Kommunikation ist als solche infrage gestellt, wie der nun folgende Blick in ausgewählte Werke zeigen soll.
Kafka und die Weltliteratur
(2005)
Tagungsbericht zum internationalen Symposion an der Universität des Saarlandes, Saarbrücken, vom 20. bis 23. September 2004
Die Veranstalter des Saarbrücker Symposions 'Kafka und die Weltliteratur', Manfred Engel (Saarbrücken) und Dieter Lamping (Mainz), wußten, daß sie mit ihrer Tagung die vielfältigen Differenzen innerhalb der Kafka-Forschung nicht würden ausräumen können. Wohl aber hofften sie, die schmale Konsensbasis der Kafka-Forschung durch einen neuen Zugangsweg zu vergrößern: Statt den Autor, wie schon so oft, als (bewunderten) Einzelgänger innerhalb der klassischen literarischen Moderne zu betrachten und alle Anstrengungen auf eine Deutung der Einzeltexte zu konzentrieren, ging es in Saarbrücken erstmals darum, Kafkas Dichtungen in komparatistischer Hinsicht zu kontextualisieren.
Rolf Schneider gehörte zu jenen DDR-Schriftstellern, deren Romane um 1970 überwiegend in der Bundesrepublik herauskamen. Auch war er Teil der Gruppe von Autoren, die von 1978 bis 1981 langfristige Visa erhielten und zwischen Ost- und Westdeutschland hin- und herpendelten. Es ist anzunehmen, dass der Umstand, gleichsam zwischen den Stühlen zu sitzen, Schneiders Autorschaft in hohem Maß bedingte. Damit ist zugleich die Frage aufgeworfen, in welcher Weise dies der Fall war. Im Beitrag soll dem anhand der 1965 erschienenen Erzählung Metamorphosen nachgegangen werden. Sie bietet sich hier deshalb als Textgrundlage an, da sie eine intertextuelle Relation zu Die Verwandlung von Franz Kafka aufweist, dessen Werk von den Kulturfunktionären der DDR bis in die 70er Jahre hinein abgelehnt und aus dem offiziellen "Erbe"-Kanon ausgeschlossen wurde. Vor diesem Hintergrund ist davon auszugehen, dass die in Metamorphosen enthaltenen Anspielungen auf den Kafka-Text Schneider zur Inszenierung seiner regimekritischen Autorschaft dienten. Wie dies im Einzelnen aussah, ist Gegenstand der Untersuchung, die sich den intertextuellen Bezügen von verschiedenen Seiten annähern wird, um so die Aspekte zu beleuchten, die für die literarische Selbstdarstellung Schneiders maßgeblich sind.
Webportal Polyphonie. Mehrsprachigkeit_Kreativität_Schreiben http://www.polyphonie.at
Das Webportal Polyphonie. Mehrsprachigkeit_Kreativität_Schreiben ist 2012 aus dem gleichnamigen Forschungsprojekt entstanden, das 2009 von einer Gruppe von ForscherInnen aus Italien und Österreich ins Leben gerufen wurde. Das Projekt untersucht die vielfältigen Zusammenhänge zwischen Mehrsprachigkeit und Kreativität im Schreiben systematisch und aus interdisziplinärer Perspektive. Es setzt sich zum Ziel, den mehr oder weniger stringenten Zusammenhang von individueller oder gesellschaftlicher Mehrsprachigkeit und Kreativität im Allgemeinen bzw. literarischer Kreativität im Besonderen zu erforschen.
Von Passivität, Abneigung, gar einem "tief verwurzelte[n] Mißtrauen" gegenüber dem Interview, wie es Volkmar Hansen als typisch für Schriftstellerinnen und Schriftsteller diagnostiziert, kann im Falle Peter Kurzecks keine Rede sein. Der Autor zeigt sich in journalistischen Gesprächen deutlich engagiert, er gibt bemerkenswert ausführlich Auskunft: über den Inhalt seiner Romane, den Prozess des Schreibens und dessen Motivation; über die Erinnerung an die eigene Kindheit im hessischen Staufenberg und die Flucht aus Westböhmen dorthin; über bereits geschriebene oder noch zu schreibende Bücher, über Möglichkeiten und Grenzen der eigenen autobiographisch grundierten Erinnerungsarbeit. Wo andere mit Abneigung reagieren und ausweichen, legt Kurzeck sein Schreiben bereitwillig offen, um dabei eben nicht nur zu erläutern, worum es in den Texten seiner "Serie" inhaltlich, motivisch oder konzeptionell geht oder gehen wird, sondern auch, um dezidiert Einblicke in die eigene Dichterwerkstatt zu ermöglichen.