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Der Aufsatz spricht sich für eine intensivere Auseinandersetzung der germanistischen Mediävistik mit den Postkolonialen Studien aus. Diese haben seit den 1970er Jahren im englischsprachigen Raum eine wirkmächtige Diskussionskultur ausgebildet, die seit der Jahrtausendwende auch auf die Mediävistik übergreift, im deutschsprachigen Raum aber bisher kaum rezipiert wird. Um zu zeigen, dass eine Postkoloniale Mediävistik möglich und sinnvoll ist, wird die Frage diskutiert, ob es einen mittelalterlichen Kolonialismus gibt und es wird erörtert, worauf sich das ›Post‹ in ›postkolonial‹ bezieht. Ein kurzer Blick auf die angloamerikanische Forschung zeigt, welche Wege bereits beschritten wurden. Schließlich werden anhand von fünf hochmittelalterlichen Texten (Gesta Francorum, Willehalm, Rolandslied, Parzival, Herzog Ernst) exemplarische postkoloniale Lektüren vorgestellt. Solche Postkolonialen Lektüren sind, so die grundlegende Annahme, keine kulturwissenschaftliche Spielerei, sondern ein Verfahren zur Auseinandersetzung mit elementaren kulturellen und narrativen Konstellationen.
Die vorliegende Arbeit untersucht das Verhältnis von Postcolonial Studies und der materialistischen Klassentheorie: Wie wird in den Postcolonial Studies mit materiellen gesellschaftlichen Unterschieden umgegangen? Auf welche Leerstellen in der Klassenanalyse weist wiederum der „postkoloniale Blick“ hin? Die materialistische Klassentheorie geht auf Karl Marx zurück, wenngleich er selbst keine separate Klassentheorie entwickelt hat; die kapitalistische Wirtschaftsform ist für ihn jedoch ohne die zentrale Berücksichtigung von Klassen nicht denkbar. ‚Klasse’ als Kategorie erscheint bei Marx auf verschiedenen Ebenen der Abstraktion, ohne jedoch den Anspruch auf eine erschöpfende und umfassende Erklärung gesellschaftlicher Unterschiede erheben zu wollen. Unter Punkt 2 wird anhand der Ritsertschen Interpretation dargestellt, wie eine materialistische Klassentheorie aussehen könnte. Punkt 3 behandelt die Postcolonial Studies, ein von der Postmoderne inspiriertes und berührtes Forschungsfeld, welches vornehmlich in der angelsächsischen Universitätswelt seit Ende der 1980er Jahre von sich Reden macht. Hier stelle ich die zentralen Merkmale und Fragestellungen, vor allem in Bezug auf materialistische Theorie, dar. Da es für eine Magisterarbeit jedoch reichlich vermessen wäre, sämtlichen Nischen und Richtungen der Postcolonial Studies hinsichtlich ihrer Beachtung von Klassentheorien Gerechtigkeit widerfahren zu lassen – diese erstrecken sich von Kulturstudien über verschiedene Zweige der neueren Literaturwissenschaft bis hin in die Geschichtswissenschaften – wird unter Punkt 4 dieser Arbeit exemplarisch ein Teilgebiet analysiert, welches sich selbst Subaltern Studies nennt. Der Begriff „subaltern“ verweist hier auf soziale Ungleichheit und setzt sich in einen Bezug zu Gramsci. Es stellt sich die Frage, inwiefern ‚Klasse’ eine sinnvolle Kategorie für die Analyse kolonialer oder postkolonialer Gesellschaften ist. Die Subaltern Studies sind, vor allem in ihren frühen Texten, darum bemüht, dies aus der Perspektive der Kolonialisierten zu beschreiben. Vor dem Hintergrund der in Punkt 2 diskutierten Klassenanalyse in der Interpretation Jürgen Ritserts analysiere ich beispielhafte Texte der Subaltern Studies, hierbei wird der je verwendete Klassenbegriff einer genaueren Untersuchung unterzogen. Anhand einer Periodisierung der Entwicklung der Subaltern Studies werden die internen Veränderungen in der Analyse und Schwerpunktsetzung bezüglich der Verwendung von Klassenbegrifflichkeiten herausgearbeitet. Unter Punkt 5 wird die Verwendung von Klassentheorie in den Subaltern Studies resümiert und die wesentlichen Kritiken zusammengetragen. Unter Punkt 6 wird zuletzt versucht, auf Grundlage der erarbeiteten Erkenntnisse eine gegenseitige Kritik herbeizuführen und das Potential für eine gegenseitige Weiterentwicklung diskutiert. Dies geschieht vor allem in Hinblick auf die Einarbeitung einer internationalen Perspektive in die Klassentheorie. Da Klassen aus der Arbeitsteilung einer Gesellschaft entspringen und eng mit der Frage nach der Aneignung von Mehrwert verbunden sind, muss die ‚internationalen Arbeitsteilung’ oder Globalisierung in einer aktuellen Klassentheorie eine zentrale Berücksichtigung finden.
This chapter explores the intrinsic relationship between weather/weathering and the imaginary of the sea, which features in the work of artist Arthur Bispo do Rosário. Bispo was a black man who spent most of his life in psychiatric institutions. There is an important interplay between his psychotic deliriums and the production of hundreds of objects, many of them ships or forms that relate to the sea. These objects open up a discussion on decoloniality as they are embedded with marks left by the transatlantic slave trade.
Let’s not forget that 1492, one of the first landmarks of Modernity, was both the year of the conquest of the Americas and of the fall or of the Reconquista of Granada, both of inner and outer ethnic cleansing of the nation state; that the national state was a colonial state and is now a securitarian state, that colonialism was the very form of Western Modernity, that the French Revolution itself was colonial, that the leader of the first Black revolutionary independence movement, Toussaint Louverture (Haiti), died in a French prison though inspired by the French Revolution. - No-one has access to reason as whole: there is no such thing as the whole of Reason, or Reason as a whole, or the Totality of reason. Reason is patched up of disconnected bits and pieces that reside at different addresses.
Through the influence of postcolonial studies one tried to cross borders by alleviating all kind of differences such as the experience of strangeness. However, these differences still exist as we can come to know in everyday life. Andrea Leskovec insists on this experience of strangeness as basis for her "Alternativer hermeneutischer Ansatz für eine interkulturell ausgerichtete Literaturwissenschaft" (2009, 2011) based on the ideas of Bernhard Waldenfels. This approach combined with Lösch' and Breinig' theory of transdifference permits a well-founded literary analysis in consideration of current experiences. The exemplary analysis of "Nur Gute kommt ins Himmel" by D. Rajčić provides a first insight into the range of this approach. This includes the terminology for describing phenomena of strangeness in literary textes such as the appropriateness of this approach considering the plurality and diversity of (literary) reality.
Ilija Trojanow gelingt es in seinem Roman 'Der Weltensammler' mit der Reflexion der wandelbaren Identität des Briten Richard Burton bewusst zu machen, dass sich die Identität von Kulturen im globalen Raum durch interkulturelle Interaktionen, Assimilation und Integration ausbildet, auch wenn dies im 19. Jahrhundert noch ein Vorrecht des Westens zu sein scheint. Heute ist es für beide Seiten – sowohl für Europäer als auch für Nichteuropäer – unumgänglich, die Rolle des 'Anderen' einzunehmen, um ein Bewusstsein von Identität zu entfalten, das der Dynamik und Flexibilität der heutigen kulturellen Bewegungen von Menschen und Gesellschaften im Kontext von Globalisierung entspricht. Trojanow wollte mit seinem Roman 'Der Weltensammler' ein Buch schreiben, "ein Buch über die Möglichkeiten kulturellen Verstehens und die Möglichkeiten, eine dynamische kulturelle Identität zu leben." (Trojanow 2006) Er wollte aber auch durch die intensive Beschäftigung mit der historischen Figur Richard Burton darauf aufmerksam machen, dass er durch das Schreiben und in der Rekonstruktion der Persönlichkeit Richard Burtons zu einer neuen Selbsterkenntnis gelangt ist: "Je mehr ich recherchiere, desto mehr interessiert mich die Wirklichkeit von anderen. Ich bin fasziniert, wie das Schreiben mir hilft, eigene Vorurteile und Verengungen zu überwinden, wie sehr der kreative Prozeß mich selber in Frage stellt." (Trojanow 2008: 94)
Aufgrund ihrer Fundierung im europäischen Naturrechtsdenken, ihrer Verstrickung mit der Geschichte des Kolonialismus und des Vorwurfs ihrer Funktionalisierung für eine westliche Interessenpolitik sind Menschenrechte als universeller normativer Maßstab weltweit umstritten. Im vorliegenden Beitrag sollen mit Martha C. Nussbaum und Gayatri Chakravorty Spivak die Menschenrechtskritik und die alternativen Menschenrechtskonzeptionen zweier feministischer Theoretikerinnen diskutiert werden, die je unterschiedliche Antworten auf den normativen Status der Menschenrechte und ihre politische Umsetzung in der postkolonialen Welt geben.
Der Roman Morenga, der erstmals 1978 beim Verlag Autoren-Edition veröffentlicht wurde, zählt zu den deutschsprachigen Romanen, die Göttsche als „neue Historische Afrika-Roman[e]“ bezeichnet. Laut Göttsche werfen die AutorInnen solcher Romane einen unvoreingenommenen Blick auf Afrika, anerkennen die kulturellen Realitäten Afrikas und stellen sie im Vergleich zu denen ihrer Gesellschaft als gleichwertig dar. […] Bei den literaturwissenschaftlichen Studien zum postkolonialen Diskurs unterscheidet Lützeler zwei dominante Aspekte: Einen deskriptiven und einen programmatischen Aspekt. Für ihn hebt der deskriptive Aspekt die ungleichberechtigte Beziehung zwischen den ehemaligen kolonisierenden und kolonisierten Ländern hervor. Durch den programmatischen Aspekt aber setzt man sich zum Ziel, dieses Machtherrschaftsverhältnis zu überwinden, damit eine gleichberechtigte Beziehung zwischen „Erster und Dritter Welt bzw. Nord und Süd“ möglich wird. Die Überwindung der Machtherrschaftsverhältnisse in den Beziehungen zwischen Afrika und Europa, hier im kulturellen Bereich, ist meines Erachtens eine notwendige Voraussetzung für die gegenseitige Bereicherung. Für Hofmann soll der postkoloniale Umgang der Europäer mit den außereuropäischen Kulturen nicht mehr der einer kulturellen Bevormundung sein, sondern einen Dialog zulassen, in den beide Seiten ihr jeweils Bestes einbringen5. Wie wird der postkoloniale Umgang der Europäer mit der afrikanischen Kultur im Roman Morenga inszeniert? Dies ist die Ausgangsfrage, die ich in Mittelpunkt dieses Aufsatzes stelle.
In ihrem Buch "Cultivating Humanity" formuliert Martha Nussbaum folgenden Appell: "(…) die Welt um uns herum ist unausweichlich international. Themen vom Handel bis zur Landwirtschaft – über die Menschenrechte bis hin zu der Linderung von Hungersnöten – fordern uns dazu heraus, den Blick über eng gefasste Gruppenloyalitäten hinaus zu wagen und weit entfernte Lebenswirklichkeiten zu berücksichtigen. (…) Die Kultivierung unserer Menschlichkeit in einer komplexen und ineinander verflochtenen Welt, bedarf eines Verständnisses über die Art und Weise in der gemeinsame Bedürfnisse und Ziele in unterschiedlichen Lebensverhältnissen je verschieden identifiziert und verfolgt werden" (1997, 10). Diese Forderung, die das liberale westliche Individuum dazu aufruft, sich angesichts zunehmender globaler Interdependenzen für Belange verantwortlich zu zeigen, die über das jeweilige Eigeninteresse hinausgehen, erscheint auf den ersten Blick als ein überaus lobenswertes Unternehmen.
Anfang des 20. Jahrhunderts regierte Europa über ca. 85% des globalen Territoriums in Form von Kolonien, Protektoraten und Dependancen. Die koloniale Expansion war ein exorbitanter und gewalttätiger Prozess, der durch Ausbeutung, Versklavung und Diebstahl charakterisiert war. Es stellt sich deswegen die Frage, warum sich innerhalb der westlichen wissenschaftlichen Disziplinen lange Zeit nur eine kleine Minderheit diesem Ereignis analytisch angenommen hat. Keine große intellektuelle Anstrengung ist vonnöten, um zu verstehen, dass eine solch massive territoriale Expansion, die zum Teil über Jahrhunderte gewaltvoll erhalten wurde, erstens nicht nur durch militärische Präsenz möglich war, zweitens nicht mit der bloßen formalen Unabhängigkeit der kolonisierten Staaten zu einem Ende kommen konnte und schließlich kaum nur Spuren in den kolonisierten Ländern hinterlassen haben kann, sondern auch den globalen Norden prägten. Postkoloniale Studien nähern sich dieser Komplexität und irritieren dabei die Vorstellung einer zwangsläufigen, geradezu naturwüchsigen, kolonialen Beherrschung durch Europa. Sie werfen einen Blick auf die Mannigfaltigkeit kolonialer Interventionen und deren Wirkmächtigkeit bis in die heutigen Tage (etwa Randeria/Eckert 2009).