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Mit den Brüdern Grimm [etablierte sich] zusehends eine ernstzunehmende Konkurrenz für den marktbeherrschenden von der Hagen [...] "Ganz allein regieren’" [...], die Vorherrschaft im neuentstehenden Fach zu gewinnen bzw. zu behaupten, danach trachtete indes nicht nur von der Hagen, danach trachteten auch die Brüder Grimm [...]. Der von ihnen beim Eintritt in die gelehrte Welt eingeschlagene Weg ging - nicht zuletzt wegen der verschiedenen Ausgangsbedingungen - allerdings in eine völlig andere Richtung als bei von der Hagen; ihr Ansatzpunkt war die Kritik und ihr Mittel die Polemik. [...] Die Geschichte dieses "Kriegs" ist zwar nur kurz, aber außerordentlich verwirrend, da nicht nur die Grimms und von der Hagen, sondern noch weitere Parteien mit jeweils eigenen Interessen involviert waren und das Streitgeschehen durch eine nicht immer ganz durchschaubare Stafette von Intrigen, Zurechtdeutungen, Halb- und Unwahrheiten sowie der durchaus gängigen Praxis der Verschleierung und des heimlichen Vorbehalts begleitet wurde.[D]er Eddastreit, auf den sich in der Folge die Charakterisierung dieses umfassenderen Wissenschaftskriegs konzentrieren soll, [ist] nur eine von mehreren Frontsetzungen im Wissenschaftskrieg zwischen den Grimms und von der Hagen.
Die in Deutschland seit etwa den 80er Jahren andauernde Konjunktur der Kulturwissenschaften, die nicht mit den aus Konzepten der Birmingham-School hervorgegangenen Cultural Studies zu verwechseln sind, führt als ihr theoriegeschichtliches Apriori den Diskurs über Differenzen zwischen Natur- und Geisteswissenschaften mit sich, dessen Konstellation im 19. Jahrhundert Wilhelm Dilthey 1910 in Gestalt eines Standardwerkes beschrieben hat. Die vor fast fünfzig Jahren von dem englischen Physiker und Romancier Percy Charles Snow getroffene Diagnose zweier sich entfremdet und kommunikationslos gegenüberstehender Kulturen, einer traditionalistisch literarischen und einer naturwissenschaftlichen, deren Trennung Snow als ein Problem analysierte und als ein Dilemma beklagte, wurde entgegen der Absicht ihres Erfinders zu einem ebenso bequemen wie die aufgerufenen Probleme verwirrenden Schema kanonisiert. Verwirrend war (und bleibt) der Dualismus eines Modells, das von Befürwortern wie Gegnern als Voraussetzung angenommen wurde und schließlich sogar durch Anbauten einer dritten (soziologischen) Kultur erweitert und ergänzt wurde, der Wolf Lepenies im Vergleich zwischen Frankreich, England und Deutschland eine wissenschaftsgeschichtliche Begründung zu geben versuchte. "Seit der Auseinandersetzung zwischen P. C. Snow und F. R. Leavis ist der Gegensatz von Natur- und Geisteswissenschaften zum Schlagwort von den zwei Kulturen geworden. Ich bin der Auffassung, dass man die Sozialwissenschaften als eine dritte Kultur bezeichnen kann, in der seit ihrem Entstehen szientifische und literarische Orientierungen einander gegenüberstehen."