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In der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts entwickeln sich in der neu etablierten Kulturgesellschaft moderne Denk- und Wertvorstellungen, die um 1800 in umfassenden Systemen geordnet, bis weit in unser Jahrhundert hinein als allgemeingültig anerkannt und tradiert werden. Eine der kontroversen Themen dieser Zeit bildet auch die Problematik der (Un-)Mündigkeit und Geschlechtsvormundschaft der Frauen. Gerade in diesem Zeitraum wird die bereits seit dem 16. Jahrhundert tradierte Domestikation der Frauen als freiwillig idealisiert, was zur Unmündigkeit als "Einschätzungsmuster des Weiblichen" führte. Weiter wird danach getrachtet, das uralte, biblische Gegenverhältnis beider Geschlechter aufrechtzuerhalten, ja sogar noch stärker zu festigen. Die Frauen werden infolgedessen auf einen Sonderweg verwiesen, weil in der zeitgenössischen Anthropologie und Philosophie mit dem Individuum, das für seine Naturrechte auf Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit kämpft, nur der Mann, genauer der Bürger gemeint war. "Ausdrücklich wird sie [die Frau] zur beruflichen und politischen Unmündigkeit (Unselbstständigkeit als Person) in der androzentrischen Gesellschaft bestimmt, was für ihre Mündigkeit sowie ihre außerfamiliäre, kulturschaffende Tätigkeit weitreichende Konsequenzen hat."
Die deutschsprachige literarische und publizistische Produktion aus dem Gebiet der heutigen Slowakei wurde in der germanistischen Forschung lange Jahre vernachlässigt. Besonders wenig weiß man über die Beteiligung der Frauen am Literaturbetrieb. Dabei gibt es Belege für deutsch geschriebene literarische Texte von Frauenhand bereits im frühen 19. Jahrhundert (Meier 2001:252). Um die Forschungslücke zu füllen, entstand das Projekt "Vergessene Texte, vergessene Literatur", das am Lehrstuhl für Germanistik der UPJŠ unter der Leitung von Ingrid Puchalová realisiert wird. Das Ziel des Projektes ist es, die literarische und publizistische Produktion deutschsprachiger Frauen, die dem Gebiet der heutigen Slowakei entstammten, wieder aufzudecken und ihren Beitrag zur Literatur- und Kulturgeschichte der Region kritisch zu bewerten. Der Schwerpunkt der ersten Forschungsphase wurde auf den Zeitraum um 1900 gelegt. Angesichts der vielen individuellen Schicksale deutschsprachiger Frauen scheint es sinnvoll, das Augenmerk auf den geschichtlichen sozialen und kulturellen Kontext zu lenken, in dem sie lebten und schufen. Der folgende Beitrag fokussiert deswegen drei Themenbereiche:
- Entwicklung von Ungarn und insbesondere Oberungarn um 1900
- Stellung der Deutschen in Ungarn im gegebenen Zeitraum
- Bürgerliche Frauen, ihre Stellung, Erziehung und Bildung
Die Österreichische Dichterin Paula Ludwig ist eine tragische Figur der Exilgeschichte deutschsprachiger Autoren in Brasilien. Der vorliegende Artikel behandelt den Weg der Autorin, die am Verlust ihrer Liebe, Iwan Goll, und vor allem ihrer Sprache nahezu zerbricht. Anhand verschiedener Stationen, Publikationen und anderen Lebensereignissen wird ihr Werdegang nachvollzogen. Hier soll es primär um die von der Exilerfahrung geprägte persönliche Geschichte einer Dichterin gehen, die ein nahezu vergessenes lyrisches Erbe hinterlassen hat, das womöglich weitaus bedeutender hätte ausfallen können.
Grundlegend und vereinfacht gefasst sind zwei Prinzipien in der Tradierung literaturhistorischen Wissens zu unterscheiden, das umfassende lexikalische Sammeln zum einen und das auswählende Herausheben zum anderen. Literaturhistorisches Wissen in einem doppelten Sinn (in einem allgemeinen und in einem engeren Verständnis) wird seit der Antike in Form umfassender Verzeichnisse und Kataloge zusammengestellt, vor allem als Wissen über konkrete Werke und Autoren.
Betrachtet man die Lesebiographien vieler Schüler:innen und Studierender, so fällt auf, dass diese meistens von weißen, deutschen, männlichen Autoren geprägt sind bzw. ausschließlich aus diesen bestehen. Dies widerspricht jedoch ganz klar der Vielfalt und Diversität der Literaturlandschaft. Angeregt durch das Seminar "Was lesen? Kanonfragen an Universität und Schule" bei Frau PD Dr. Wernli im Wintersemester 2021/22 habe ich mir als Lehramtsstudent und angehender Deutschlehrer folgende Frage gestellt: Inwieweit wird diese ungerechte Geschlechterdifferenz und Unterrepräsentanz von Autorinnen institutionell von unserem Lehrplan Deutsch gefördert und wie verankert ist diese Differenz in unseren Lehrplänen?
Unter der aus dem deutschen Feuilleton stammenden Bezeichnung "literarisches Fräuleinwunder" wurden Ende der Neunziger Jahre deutsche Autorinnen nach außerliterarischen Faktoren unter einem Etikett zusammengefasst. Judith Hermann war eine der ersten, die vom Kritiker Volker Hage im Zuge der Veröffentlichung ihres Debüts "Sommerhaus, später" mit dem Begriff in Verbindung gebracht wurde. Charlotte Roches Debüt "Feuchtgebiete" bedeutete für Dirk Knipphals knapp zehn Jahre später das Ende des literarischen Fräuleinwunders. Einige der Autorinnen, die mit der Bezeichnung in Berührung kamen, hatten mit ihren Werken große kommerzielle Erfolge und wurden in mehrere Sprachen übertragen. Ihre literarischen Texte wurden auch für den amerikanischen Markt übersetzt und fanden Beachtung in der Presse, auch wenn die Etikettierung hier keine Rolle spielte, sondern diese unabhängig voneinander rezipiert und kontextualisiert worden sind – wie in diesem Aufsatz, der dafür in einigen Fällen auch vergleichende Seitenblicke auf die deutsche Rezeption wirft, dargestellt wird.
FRAUEN.SCHREIBEN. So hieß das Thema des Symposiums, in dessen Zusammenhang dieser Text entstand. Die Frage, wie "Frau" in Texten von Schriftstellerinnen aus Österreich und China "geschrieben" wird, sollte dabei in den Blick genommen werden - Elfriede Jelinek stand dabei mit im Fokus der Analysen und ist auch meine Wahl im nachfolgenden Text. Diese Frage, nach dem "Wie-Frauen-Schreiben", die zunächst scheinbar recht simpel und unproblematisch gestellt werden kann, evoziert eine komplexe Auseinandersetzung mit Themen und Problemen, die der Literaturwissenschaft und Literaturtheorie konstitutiv zugrunde liegen - Fragen etwa nach einer potentiellen ('weiblichen') Autorschaft, einer 'weiblichen' Ästhetik, Fragen der Repräsentation 'von Frauen', hier im Besonderen 'in Texten von Frauen'.
Hans-Georg Soldat rezensiert für NDR 3 / Radio 3 die 1999 im Berliner Transit-Verlag erschiene Biographiesammlung "Die Welt ist eine Schachtel" von Ines Geipel. Vier Autorinnen der frühen DDR werden von ihr behandelt: Susanne Kerckhoff, Evelyn Kuffel, Jutta Petzold und Hannelore Becker. Hans-Georg Soldat skizziert in seiner Rezension nochmal alle vier außergewöhnlichen Lebensläufe im Kontext ihrer Literaturproduktionen und resümiert: "Gespenstische Lektüre, bedrückende Leben, die hier nicht weiter kommentiert werden sollen - sie aufgehoben zu haben als Erinnerung für die Spätgeborenen ist ein Verdienst Ines Geipels, das gar nicht genug gewürdigt werden kann."
Die Forschung zur Rolle und zum Anteil von Frauen in der Geschichte der Literatur hat sich in den letzten Jahrzehnten rasant entwickelt und damit begonnen, ihr Profil weiter aufzufachern. Sie hat dabei inzwischen einen hohen Standard erreicht. Allerdings klaffen die Komplexität der Theorien, die literaturhistorische Praxis und die häufig immer noch schlecht dokumentierte und daher, im Verhältnis zum Vorhandenen, kleine Materialbasis immer stärker auseinander, obwohl zu den vielen Publikationen der letzten Jahre auch eine Reihe von Bestandsaufnahmen und literaturhistorischen Studien, Literaturlexika und Datenbanken gehört, die sich mit Frauen als Autorinnen beschäftigen. Im Zentrum dieser Arbeiten stehen die Suche nach vergessenen, verdrängten undJoder nie wahrgenommenen Autorinnen und Texten, die Biographien von Autorinnen unter Einschluss der bibliographischen wie faktischen Sicherung der Texte und die Beschreibung der Rolle von Autorinnen iin Literaturbetrieb ihrer Zeit.
Rezension zu Tebben, Karin (Hg.): Deutschsprachige Schriftstellerinnen des Fin de siècle. Darmstadt (Wissenschaftliche Buchgesellschaft) 1999. 350 Seiten.
Der vorliegende Sammelband, so erläutert die Herausgeberin, Germanistin an der Universität Oldenburg, in ihrem Vorwort, "führt die von Frauen repräsentierte Literatur des Fin de siècle einem aufgeschlossenen Leserkreis zu, der den bislang fast ausschließlich auf männliche Autoren begrenzten literarischen Kanon überdenken und neu gestalten möchte". Behandelt wurden insgesamt sechzehn Autorinnen.