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Hatten wir zu zeigen versucht, daß in der Romantik die "glückliche Vereinigung des Entgegengesetzten" - Kritik und Ethos - konstitutiv für die Gattung der Charakteristik wurde, so stoßen wir am Ende des Idealismus und der Kunstperiode auf die Verbindung von Kritik und Humor. [...] War freilich die Charakteristik in der Romantik mit ihrer Synthesebildung aus Philosophie, Philologie, Historie und Poesie die höchste Form der Kritik, ist sie jetzt im Vormärz nur noch eine gewichtige Vorübung für andere Bildungsarten.
Öffentlichkeit bedarf, um zu gedeihen, einerseits bestimmter staatlicher und rechtlich abgesicherter Außenbedingungen [...] anderereits bestimmter kommunikativer und urbaner Binnenbedingungen. Öffentlichkeit ist und wird aber auch geprägt von bestimmten Erfahrungs- und Wahrnehmungsformen. Eine Gelehrtenöffentlichkeit kann z.B. lokalitätsüberschreitend durch Schrift [...] und vor Ort in bestimmten Formen der Oralität, etwa der Vorlesung oder Disputation, stattfinden. Unter diesem Gesichtspunkt ist die Physiognomie der Öffentlichkeit in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts nicht mehr dominant von einer exzessiven Lese- und Schreibsucht geprägt wie noch im 18. Jahrhundert, sondern von einem unersättlichen Bilderhunger. Geht man auf die Suche nach den eigentümlichen Konstitutionsbedingungen literarischer Öffentlichkeit in der Epoche der Spätromantik und des Vormärz, so darf man nicht bei der Literatur stehen bleiben, sondern muß von der Interferenz von Literatur und Bild (wie in anderer und paralleler Weise von Literatur und Lied) ausgehen.
Mit der Trias "Neue Zeit - Neue Kunst - Neue Technik" sind die Leitideen vormärzlicher Kunsttheorie und -praxis päzis umschrieben. Zunächst schien es so, daß mit der neuen Zeit, dem in der Julirevolution sichtbar gewordenen Bündnis von König und Volk eine schöne, bedeutungsvolle Zeit anbrechen würde, [...]
Dieser Enthusiasmus sollte allerdings nicht lange anhalten. An die Stelle der Schöheit trat bekanntlich die Karikatur des Bürgerkönigs, an die Stelle des Pathos die Farce, an die Stelle von Geist das Geld, ein Umstand, der freilich nicht auf Frankreich besschränkt blieb [...]
Verbote erregen Neugier und verstärken die Nachfrage, das mußte auch die vormärzliche österreichische Zensur zur Kenntnis nehmen. Immer wieder ist vom "Einschwärzen", d.h. vom Schmuggel durch Privatpersonen die Rede, aber auch die Buchhändler versuchten, den Wünschen ihrer Kunden nach im Ausland erschienenen, in Österreich aber verbotenen Werken gerecht zu werden. Verschiedene im Allgemeinen Verwaltungsarchiv erhaltene Akten der für die Zensur zuständigen Polizeihofstelle dokumentieren die – nicht immer erfolgreichen – Bemühungen, die ausgesprochenen Verbote auch durchzusetzen. Selbstverständlich wurden alle aus dem Ausland für Wiener Buchhändler eingelangten Bücherballen genauestens auf verbotene Titel hin durchsucht. Damit nicht genug, visitierte man gelegentlich auch die Geschäftslokale.
Am Ende des in den Mitteilungen Nr. 2, Herbst 1999, enthaltenen Beitrags über die Aushebung eines Lagers verbotener Bücher bei dem Wiener Buchhändler Gerold wurde ein Polizeibericht zitiert, in dem davon die Rede ist, dass zwei Angestellte Gerolds instruiert seien, verbotene Ware aus dem Revisionsamt zu schmuggeln. Wie man sich diesen Vorgang im einzelnen vorzustellen hat, ist einem Artikel in der Österreichisch-ungarischen Buchhändler-Correspondenz Nr. 46 vom 14. November 1900, S. 618-619, mit dem Titel „Die Censur vor siebzig Jahren. Aus den Briefen Eduard Liegel’s an seinen ehemaligen Lehrherrn Josef Sigmund in Klagenfurt“ zu entnehmen. In den in diesem Artikel auszugsweise abgedruckten Briefen beschreibt Liegel, der später selbst eine Buchhandlung in Klagenfurt führte, die 1831, während eines Ausbildungsjahres in der Wiener Buchhandlung von Mösles Witwe, gemachten Erfahrungen im Umgang mit dem Revisionsamt. Für Sigmund waren diese Informationen von besonderer Bedeutung, weil Mösles Witwe seine Wiener Kommissionärin war, also eine große Zahl von für ihn bestimmten Bücherpaketen aus dem Ausland über die Wiener Buchhandlung bzw. das Wiener Revisionsamt liefen. Die für Buchhändler in den Provinzen bestimmten Bücher wurden allerdings nicht in Wien revidiert, d. h. auf verbotene oder noch zu verbietende Ware durchsucht, sondern erst in der Provinzhauptstadt. Die Bücher wurden „vom Censuramtslokale aus uneröffnet unter Beipackung der inländischen Artikel nach der Provinz spedirt.“ Dieses umständliche Verfahren ermöglichte den Zugriff der daran beteiligten Buchhandlungsangestellten.
Eine neuere biographische Arbeit über den vielseitigen Gelehrten und Staatsmann Christian Carl Josias Bunsen ist seit langem ein Desiderat. Obgleich er zusammen mit seinen Weggefährten Barthold Georg Niebuhr und Alexander von Humboldt zu den universellen Geistern des deutschen Kultur- und Geisteslebens gezählt werden kann, die einen europäischen Horizont besaßen, hat es bisher nur wenig Ansätze für eine nähere biographische Beschäftigung gegeben. Die nachfolgenden Ausführungen geben einen Kurzbericht über eine Untersuchung, die als Dissertation 1999 in Marburg angenommen wurde.
Schon vor Mitte des 19. Jahrhunderts war mit der Romantik auch der frühromantische, von Friedrich Schlegel vorgebrachte Grundsatz, Poesie kann nur durch Poesie kritisiert werden, zusamt der ihn begleitenden Konzentration auf Dichtungskritik obsolet geworden. Heine prägte 1831 die berühmte - Romantik und Klassik umgreifende - Formel vom Ende der Kunstperiode. Der konstatierte Paradigmenwechsel von einer autonomen, alltagsabgehobenen Dichtung hin zu einer politisch lebensbezogenen Literatur bedeutete aber nicht, dass poetische Ansprüche aufgegeben worden wären. Dies war, was keines neuerlichen Nachweises bedarf, weder bei Heine selbst der Fall, noch bei einer Vielzahl seiner gleichfalls innovativen literarischen Zeitgenossen im Vor- und Nachmärz. Es ist ferner geläufig, dass sie zumeist darin übereinkamen, eine neue Poesie, eine mehr oder weniger zukünftige Poesie des Lebens zu fordern und zu suchen - im einzelnen freilich auf unterschiedlichen Wegen. Vernachlässigt hingegen hat man die Rolle der Literaturkritik bei diesen Bemühungen. Zu fragen ist nicht nur nach dem Verhältnis von politischen und poetologischen Schriftstellerkonzepten, sondern insbesondere nach der ästhetischen Fundierung politisierter literaturkritischer Feststellungen, Wertungen und Forderungen der Zeit um 1850. Es geht um die Praxis damaliger Literaturkritik, die bisher hinter einem Forschungsinteresse an der Theorie und an programmatischen Selbstbekundungen der Kritiker zurückstand. Versucht wird deshalb zunächst ein Umriss am Beispiel dreier exponierter Autoren: Ludolf Wienbarg, Friedrich Theodor Vischer und Julian Schmidt - Literaturkritiker alle drei, die beiden erstgenannten zudem Schriftsteller und Ästhetiker.
Die Produktion historischer Romane wurde von den Versuchen der Zeitgenossen begleitet, sich über die Neuerung - da sie einmal als solche empfunden wurde - zu verständigen und über ihren Wert Gewißheit zu erlangen. Von diesen Versuchen wird der vorliegende Beitrag handeln. In ihm geht es also weder um allgemeine Überlegungen zur Literaturtheorie, die Romantheorie eingeschlossen, noch speziell um die Theorie des historischen Romans überhaupt. Größtenteils muss zudem außer Betracht bleiben, was die Forschung der letzten Jahrzehnte an empirischem Wissen über die Verfasser historischer Romane im Vormärz und diese selber zu Tage gefördert hat, auch an Abhandlungen zur Interpretation. Der vorliegende Beitrag zielt lediglich auf einen einzigen Punkt: die Theorie des historischen Romans in Autor-Reflexionen aus dem Vormärz (unter gelegentlichem Einschluss von Äßuerungen aus dem Nachmärz). Sie stammen von einigen der wichtigsten Schriftsteller der Epoche, ob sie nun selber Beispiele der Gattung schufen oder nicht, und lauten in der Regel entweder ablehnend, manchmal sogar krass ablehnend, oder befürwortend, von milder bis zu enthusiastischer Zustimmung.