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Die Untersuchung der Eigenschaften von Hadronen und ihren Konstituenten (Quarks und Gluonen) in heißer und/oder dichter Kernmaterie ist eines der Hauptziele der Physik mit schweren Ionen. Der Zustand dichter und heißer Materie kann im Labor für kurze Zeit in der Reaktionszone von relativistischen Schwerionenkollisionen geschaffen werden. Einen Einblick über die Eigenschaften der starken Wechselwirkung und über die Massenerzeugung der Hadronen geben Dileptonen-Experimente, da Leptonen nicht von der starken Wechselwirkung beeinflusst werden. Unabhängig von der Strahlenergie zeigen die invarianten Massenspektren der Dileptonen in Schwerionenkollisionen im Vergleich zur Superposition der erwarteten hadronischen Zerfälle im Vakuum einen Überschuss im invarianten Massenbereich 0,2 - 0,6 GeV/c². Während dieser Überschuss bei CERN-SPS Energien in Zusammenhang mit der In-Medium-Modifikation der Spektralfunktion des Rho-Mesons gebracht wird, konnte die hohe Zahl der Dileptonen, die von der DLS Kollaboration in C + C und Ca + Ca bei 1 GeV/u beobachtet wurde, bis zum Erscheinen der HADES Daten nicht zufrieden stellend erklärt werden. Die Diskrepanz zwischen experimentellen Daten und Transportrechnungen erhielt den Namen "DLS Puzzle". In diesem Zusammenhang wurde eine kontroverse Diskussion über die Validität der Ergebnisse der DLS Kollaboration geführt. Das HADES Detektorsystem (High Acceptance Di-Electron Spectrometer), das sich am Schwerionensynchroton der Gesellschaft für Schwerionenforschung (GSI) in Darmstadt befindet, ist zur Zeit das einzige Experiment, das Dielektronen bei Projektilenergien von 1 - 2 GeV/u misst. Es tritt somit die Nachfolge des DLS Experiments an. Jedoch ist HADES durch zahlreiche technische Verbesserungen, u.a. Massenauflösung und Akzeptanz, im Vergleich zum Spektrometer DLS ein Experiment der 2. Generation. Erste Ergebnisse der Messung 12C + 12C bei 2 GeV/u der HADES Kollaboration bestätigen den generellen Trend einer erhöhten Zählrate im Vergleich zu den erwarteten Beiträgen von hadronischen Zerfällen. Es stellt sich die Frage, wie sich diese Beobachtung zu kleineren Strahlenergien hin fortsetzt. Im Rahmen der vorliegenden Arbeit wird die mit dem HADES Detektorsystem durchgeführte Messung der Dielektronenproduktion in der Schwerionenkollision 12C + 12C bei einer Projektilenergie von 1 GeV/u ausgewertet. Wesentliche Zielsetzungen sind u. a. die Überprüfung der DLS Daten und die Bestimmung der Anregungsfunktion des Überschusses. In der Analyse wird demonstriert, dass Leptonen effizient nachgewiesen werden. Die dargestellte Paaranalyse zeigt, dass der kombinatorische Untergrund erfolgreich reduziert und die Menge der wahren Dielektronen weitgehend erhalten werden kann. Nach Abzug des kombinatorischen Untergrundes werden die effizienzkorrigierten und normierten invarianten Massen-, Transversalimpuls- und Rapiditätsverteilungen der Dielektronen untersucht. Die Ergebnisse werden mit hadronischen Cocktails verschiedener theoretischer Ansätze verglichen. Diese beinhalten die Beiträge kurz- und langlebiger Dileptonenquellen einer thermischen Quelle (PLUTO) sowie mikroskopische Transportrechnungen (HSD,IQMD). Im Massenbereich 0,2 - 0,6 GeV/c² wird der gemessene Überschuss relativ zu den Vorhersagen bestätigt. Zusammen mit den Ergebnissen der Messung 12C + 12C bei 2 GeV/u zeigt sich, dass der Überschuss mit abnehmender Strahlenergie relativ zunimmt. Eine detaillierte Analyse zeigt, dass der Überschuss in dem Massenintervall 0,15 - 0,5 GeV/c² als Funktion der Projektilenergie entsprechend der Zahl der produzierten neutralen Pionen und nicht wie die Zahl des Eta-Mesons skaliert. Der direkte Vergleich der HADES mit den DLS Ergebnissen zeigt, dass die Daten der vorliegenden Arbeit mit den für lange Zeit angezweifelten DLS Resultaten übereinstimmen. Die Frage nach dem physikalischen Ursprung des Überschusses rückt somit erneut in den Vordergrund. In diesem Zusammenhang ist das Studium der Dileptonenproduktion in elementaren Reaktionen p + p und d + p wichtig. Neuere Rechnungen mit einem One Boson Exchange (OBE) Modell deuten darauf hin, dass die Beiträge von p-p und hauptsächlich p-n zur Bremsstrahlung signifikant höher sind als bisher vermutet. Eine aktualisierte Transportrechnung (HSD), deren Parametrisierung der Bremsstrahlung durch dieses OBE Resultat inspiriert ist, scheint in der Lage zu sein, die Ergebnisse der Messungen 12C + 12C bei 1 GeV/u der HADES und DLS Kollaboration recht gut zu beschreiben. Die entsprechenden Vergleiche sind dargestellt und werden diskutiert. Aber auch die Transportrechnung IQMD erklärt die HADES Daten recht gut. Daher ist es offensichtlich, dass eine direkte Gegenüberstellung der OBE Modellrechnungen und der von der HADES Kollaboration gemessenen und derzeit analysierten Daten zur Dileptonenproduktion in p + p und d + p Reaktionen erforderlich ist. Nur so können sichere Schlüsse über den Ursprung der Dileptonen bei SIS Energien gezogen werden.
The search for a modification of hadron properties inside nuclear matter at normal and/or high temperature and density is one of the more interesting issues of modern nuclear physics. Dilepton experiments, by providing interesting results, give insight into the properties of strong interaction and the nature of hadron mass generation. One of these research tools is the HADES spectrometer. HADES is a high acceptance dilepton spectrometer installed at the heavy-ion synchrotron (SIS) at GSI, Darmstadt. The main physics motivation of HADES is the measurement of e+e- pairs in the invariant-mass range up to 1 GeV/c2 in pion- and proton-induced reactions, as well as in heavy-ion collisions. The goal is to investigate the properties of the vector mesons rho, omega and of other hadrons reconstructed from e+e- decay pairs. Dileptons are penetrating probes allowing to study the in-medium properties of hadrons. However, the measurement of such dilepton pairs is difficult because of a very large background from other processes in which leptons are created. This thesis presents the analysis of the data provided by the first physic run done with the HADES spectrometer. For the first time e+e- pairs produced in C+C collisions at an incident energy of 2 GeV per nucleon have been collected with sufficient statistics. This experiment is of particular importance since it allows to address the puzzling pair excess measured by the former DLS experiment at 1.04 AGeV. The thesis consists of five chapters. The first chapter presents the physics case which is addressed in the work. In the second chapter the HADES spectrometer is introduced with the characteristic of specific detectors which are part of the spectrometer. Chapter three focusses on the issue of charged-particle identification. The fourth chapter discusses the reconstruction of the di-electron spectra in C+C collisions. In this part of the thesis a comparison with theoretical models is included as well. The conclusion and final remarks are given in chapter five.
In der Stadt Wolfenbüttel wurde 1592 am damaligen Hof der Welfenherzöge von Braunschweig und Lüneburg das erste stehende Theater in Deutschland mit einem festen Ensemble gegründet. Das heutige "Lessingtheater" wurde im klassizistischen Stil erbaut und 1909 eröffnet. Es wird als Bespieltheater betrieben. Zur Zeit bietet der "Kulturbund der Lessingstadt Wolfenbüttel e. V." (gegr. 1946) im Auftrage der Stadt ein Programm von 50 bis 70 Vorstellungen jährlich auf dieser Vollbühne (10 m x 8 m) an mit jetzt ca. 600, später dann ca. 500 Zuschauerplätzen. Dieses Programm setzt sich zusammen aus Tourneetheateraufführungen, aus Gastspielen des Nordharzer Städtebundtheaters Halberstadt/ Quedlinburg und der Landesbühne Rheinland-Pfalz. Zu seinem 100-jährigen Bestehen im Jahr 2009 steht eine umfangreiche und umfassende bauliche Erneuerung an, um das Gebäude den Erfordernissen der Zeit in bühnentechnischer wie architektonischer Hinsicht anzupassen. Die Vorstellungen darüber, wie das Theater zukünftig räumlich gestaltet und ausgestattet und welche bühnentechnische Ausstattung dazu eingerichtet werden sollte, werden seit einiger Zeit in Rat und Verwaltung, bei möglichen Geldgebern sowie in der kulturpolitisch interessierten Öffentlichkeit Wolfenbüttels erörtert.
Die Suche nach einem geeigneten Photosensor für das PANDA-Experiment wurde durch folgende Anforderungen eingegrenzt: • Tauglichkeit in einem starken Magnetfeld • Funktionsfähigkeit trotz niedriger Temperatur • geringe Bauhöhe • interne Verstärkungsstufe wegen der geringen Lichtausbeute von PbWO4 • stabiler Betrieb trotz hoher Strahlenbelastung Diese Punkte werden von Large Area Avalanche-Photodioden (LAAPDs) erfüllt. Da diese Si-Halbleiterdioden im laufenden Experiment einer hohen Strahlenbelastung ausgesetzt sein werden, ist es erforderlich, die Strahlenhärte im Vorfeld intensiv zu testen. Im Rahmen dieser Diplomarbeit wurden Strahlenhärtetests mit geladenen und neutralen Teilchen an (inter-)nationalen Instituten und der Universität Frankfurt durchgeführt, wobei das Hauptaugenmerk auf der Neutronenbestrahlung lag. Dazu wurde eine Messvorrichtung entwickelt und funktionstüchtig aufgebaut, mit der dann die Messungen an fünf verschiedenen Dioden mit einer Kapazität von 180 pF vorgenommen wurden. Während der Bestrahlung wurde der Dunkelstrom in Abhängigkeit von der Bestrahlungszeit bei konstanten Temperaturen gemessen. Vor und nach den Tests wurden die APD-Parameter charakterisert, um später durch den Vergleich der Daten Aussagen zur Strahlenhärte der Photodetektoren machen zu können. Die Ergebnisse und Vergleiche zeigen, dass die APDs nach der Bestrahlung mit Photonen weiterhin gut funktionieren. Die Quantenausbeute verändert sich nicht. Der durch Protonen- (Rate ≈ 1013 p/cm2 (90 MeV) und Neutronenbestrahlung (Rate ≈ 1010 n/cm2 (1 MeV) und 1014 n/cm2 (14 MeV)) erzeugte hohe Dunkelstrom der APDs ist aufgrund seiner Temperaturabhängigkeit und den Ausheilungseffekte reduzierbar. Es ist zu erwarten, dass die APDs im laufenden Experimentbetrieb trotz dieser Strahlung funktionsfähig bleiben werden. Sobald die mit Neutronen bestrahlten APDs abgeklungen sind, werden ihre Parameter zum Vorher-/Nachher-Vergleich vermessen. Dazu gehören der Dunkelstrom in Abhängigkeit von der Verstärkung, die Verstärkung in Abhängigkeit von der Spannung und Wellenlänge und die Quantenausbeute. Um die Ausheilung bestrahlter Photodioden in Abhängigkeit von der Temperatur genauer zu bestimmen, sollen sie (unter Vorspannung) in einem Ofen bei T = 80◦C ausgebacken werden, bis der Dunkelstrom sich wieder in einem Gleichgewicht befindet. Nach diesem Vorgang werden dann alle APD-Parameter noch einmal vermessen, um einen Vergleich mit den Werten vor der Bestrahlung zu ziehen. Neben diesen nachbereitenden Arbeiten wird an ersten rechteckigen APD-Prototypen, die sich in der Entwicklungsphasen befinden, geforscht. An diesen außergewöhnlich großen APDs müssen alle an den quadratischen Photodioden bereits durchgeführten und noch folgenden Tests ebenfalls vorgenommen werden.
Das Steroid-Hormon 17ß-Estradiol ist maßgeblich an der Entstehung und Entwicklung von Brustkrebs beteiligt. Die intrazelluläre Verfügbarkeit des aktiven Estrogens, 17ß-Estradiol, wird durch die 17ßHydroxysteroiddehydrogenase (17ßHSDl) reguliert, die die NADPH-abhängige Reduktion von Estron zu Estradiol katalysiert. Damit stellt die 17ßHSD1 einen interessanten Ansatzpunkt für die Entwicklung neuer Inhibitoren im Hinblick auf potente Wirkstoffe gegen Brustkrebs dar. Die 17ß-Hydroxysteroiddehydrogenase 2 bevorzugt hingegen die oxidative Aktivität und wandelt die biologisch aktiven Hydroxysteroide wie Estradiol in ihre inaktiven Ketoformen um. Ein möglicher Inhibitor der 17ß-HSD1 sollte demnach die Funktion der 17ß-HSD2 nicht beeinträchtigen. Im Rahmen dieser Arbeit wurden Strategien und Methoden entwickelt, die 17ßHSD1 durch heterologe Expression erstmals in E. coli darzustellen. Durch NMR-Spektroskopie in Kombination mit Docking konnten detaillierte Aussagen über die Bindungsepitope der untersuchten Liganden gemacht werden. Diese Informationen sind für eine gerichtete Optimierung von Leitstrukturen von großer Bedeutung.
Die Loreley : große romantische Oper in 3 Akten / Musik von Max Bruch. Dichtung von Emanuel Geibel
(1864)
Turandot : eine chinesische Fabel nach Gozzi ; in zwei Akten / Worte und Musik von Ferruccio Busoni
(1920)
In vergangenen Studien wurde gezeigt, dass die körperliche Leistungsfähigkeit stark von der diastolischen Funktion beeinflusst wird. Es wurde postuliert, dass eine sich unter Belastung verschlechternde diastolische Füllung zu einer Beeinträchtigung des Schlagvolumens führt und auf diese Weise die körperliche Belastbarkeit einschränkt. Der Sauerstoffpuls als Indikator des Schlagvolumens bietet eine einfache Möglichkeit das Verhalten des Schlagvolumens unter Belastung zu untersuchen. Es sollte festgestellt werden, von welchen Faktoren die Kinetik des Sauerstoffpulses unter Belastung bei Patienten mit arterieller Hypertonie und diastolischer Dysfunktion bestimmt wird. Eine Spiroergometrie wurde bei 102 Patienten zwischen 25 und 75 Jahren sowie bei 15 jungen gesunden Probanden durchgeführt. Um gleiche Testzeiten bei unterschiedlichem Trainingszustand zu ermöglichen, wurden unterschiedliche Rampenprotokolle ausgewählt. Die Berechnung der Steigung des Sauerstoffpulses erfolgte korrigiert um die individuelle Leistung und das fettfreie Körpergewicht für die ersten und letzten zwei Minuten der Belastung (O2P*Start, O2P*Ende). Zusätzlich wurden bei jedem Teilnehmer eine Echokardiographie sowie Blut- und Urinuntersuchungen durchgeführt. Echokardiographisch zeigten die Patienten gegenüber den Probanden Zeichen der linksventrikulären Hypertrophie sowie der diastolischen Dysfunktion. Die Gruppen unterschieden sich nicht hinsichtlich des Erreichens der alters- und geschlechtsabhängigen Sollwerte für die maximale Sauerstoffaufnahme und den maximalen Sauerstoffpuls. Die Probanden erreichten signifikant höhere Laktatkonzentrationen und einen höheren respiratorischen Quotienten. O2P*Ende unterschied sich nicht. Entsprechend O2P*Ende wurden die Patienten in Tertile eingeteilt. Die auf diese Weise entstandenen Gruppen unterschieden sich bezüglich der Basisparameter nur hinsichtlich des HbA1c und der Ruheherzfrequenz. In der Spiroergometrie erreichte das Tertil mit dem geringsten O2P*Ende einen höheren respiratorischen Quotienten, eine höhere maximale Laktatkonzentration und einen größeren Anstieg der Herzfrequenz. In allen Tertilen wurden gleiche Werte für die maximale Sauerstoffaufnahme, die Testdauer und die erreichte Leistung erzielt. Die multivariate Analyse ergab RQmax und HFincr als einzige unabhängige Prädiktoren für ein niedriges O2P*Ende. Es bestand eine starke inverse Korrelation zwischen HFincr und dem HbA1c sowie der Einnahme von Betablockern und dem chronologischen Alter. O2P*Ende unterschied sich nicht zwischen Patienten und Probanden und erreichte in beiden Gruppen ein Plateau. Damit ist die Plateaubildung des Schlagvolumens bei Belastung ein physiologischer Prozess, der unabhängig von Alter und Trainingszustand ist. Bei Patienten mit arterieller Hypertonie wird die Steigung des Sauerstoffpulses bei maximaler Belastung vom Anstieg der Herzfrequenz und des RQ bestimmt und ist nicht zur Beurteilung der Eigenschaften der Diastole geeignet. Physiologischerweise erreicht der Sauerstoffpuls bei maximaler Belastung ein Plateau, das Schlagvolumen wird nicht weiter gesteigert. Eine chronotrope Inkompetenz infolge Alter, Betablockereinnahme oder autonomer Dysfunktion führt zu einem Ausbleiben der physiologischen Plateaubildung und mutmaßlich zu einer Belastungsintoleranz mit Abbruch noch vor Erreichen einer metabolischen Ausbelastung. In Anbetracht der außerordentlichen prognostischen Bedeutung einer chronotropen Inkompetenz ist es denkbar, dass eine anhaltende Steigerung des Sauerstoffpulses bei maximaler Belastung selbst auf ein erhöhtes kardiovaskuläres Risiko hinweist. Die enge Korrelation des Anstiegs der Herzfrequenz mit dem HbA1c obwohl dieser im Mittel nicht pathologisch erhöht war, lässt darauf schließen, dass bereits leichte Störungen der Glukosetoleranz zu Schädigungen des autonomen Nervensystems des Herzens führen.
Mannheimia haemolytica und Pasteurella multocida gehören zu den Verursachern der unter Rindern weltweit verbreiteten Enzootischen Bronchopneumonie. Derzeitige Impfstoffe und Antibiotika gegen diese Bakterien können die Verbreitung der Krankheit nicht maßgeblich einschränken, weshalb Bedarf an neuen Medikamenten besteht. Bei der Besiedelung der Lunge treffen M. haemolytica und P. multocida auf Eisenmangel. Die Aufnahme von Eisen ist ein wesentlicher Faktor bei der Kolonisierung und Persistenz pathogener Bakterien im Wirt, da Eisen essentiell ist. Medikamente, die an Proteinen der Eisenversorgung angreifen, können deshalb zur Eindämmung der Bronchopneumonie beitragen. Um einen Überblick über die Gene von M. haemolytica und P. multocida zu erhalten, die bei der Adaptation an Eisenmangel beteiligt sind, wurden die Bakterien in der vorliegenden Arbeit in vitro unter Eisenmangel kultiviert, denn die meisten bakteriellen Gene, die an der Eisenaufnahme beteiligt sind, werden erst bei Eisenmangel transkribiert. Mittels Mikroarray-Analyse der Transkriptome wurden erstmals die in vitro eisenregulierten Gene von M. haemolytica und erstmals auch die eisenregulierten Gene eines Rinder-Isolats von P. multocida identifiziert. Der in dieser Arbeit verwendete Mikroarray war ein Multigenom-Mikroarray und stellt die offenen Leserahmen beider Bakterien dar. Mit der Mikroarray-Analyse wurden 129 Gene von M. haemolytica identifiziert, die bei Wachstum unter Eisenmangel eine veränderte Transkription aufwiesen. Die größte Gruppe der Gene mit verstärkter Transkription bildeten die Gene, die für Rezeptoren und Transporter kodieren. Von diesen kodieren etwa drei Viertel für Proteine, die an der Aufnahme von Eisen aus verschiedenen Quellen beteiligt sind. Die größte Gruppe der Gene mit verminderter Transkription wurde von Genen gebildet, die für Proteine des Energie-Stoffwechsels kodieren. Damit wurde auch für M. haemolytica das Prinzip bestätigt, dass Bakterien bei Eisenmangel verstärkt Gene transkribieren, deren Proteine an der Eisenaufnahme beteiligt sind, während Gene für eisenhaltige Proteine des Energie-Stoffwechsels vermindert transkribiert werden. Bei der Analyse des Transkriptoms von P. multocida wurden 173 Gene mit veränderter Transkription identifiziert. Auch bei P. multocida konnte mit der funktionellen Klassifizierung der kodierten Proteine die größte Gruppe an Genen mit verstärkter Transkription den Transport- und Bindungsproteinen zugeordnet werden. Die größte Gruppe an Genen mit verminderter Transkription wurde auch bei P. multocida von Genen gebildet, die für Proteine des Energie-Stoffwechsels kodieren. Beim Vergleich des Transkriptoms von M. haemolytica mit dem von P. multocida wurden mehr Unterschiede als Gemeinsamkeiten festgestellt. Nur 40 der 1424 homologen Gene zeigten die gleiche Richtung in der Änderung in der Transkription. Unter den 15 homologen Genen mit verstärkter Transkription waren die Gene, die für einen Hämoglobin-Rezeptor, die ABC-Transportsysteme FbpABC und YfeABCD sowie das Energie liefernde System TonB-ExbBD kodieren. In den 25 homologen Genen mit verminderter Transkription waren 15 Gene enthalten, deren kodierte Proteine am Energie-Stoffwechsel beteiligt sind. Dies waren die Proteine NapABCDFGH des Nitrat-Reduktase-Komplexes, die Proteine NrfABCD des Nitrit-Reduktase-Komplexes und die Proteine FrdABCD des Komplexes der Fumarat-Reduktase. Ein auffälliger Unterscheid war, dass bei M. haemolytica die gesamten Gene verstärkt transkribiert wurden, deren Proteine an der Aufnahme von Eisen aus Transferrin beteiligt sind. Bei P. multocida dagegen konnte das Gen für den Transferrin-Rezeptor nicht nachgewiesen werden. Somit gehört das in dieser Arbeit verwendete Isolat von P. multocida vermutlich zu den 30% der Rinder-Isolate von P. multocida, die keinen Transferrin-Rezeptor besitzen, aber die Rinderlunge besiedeln können (Ewers et al., 2006). Im Vergleich zu M. haemolytica fielen bei P. multocida die vielen verstärkt transkribierten Gene auf, die an der Aufnahme von Eisen aus dem Blut beteiligt sind. Die Transkription dieser verschiedenen Transporter deutet auf eine gute Adaptation von P. multocida für die Verwendung von Eisen aus dem Blut des Wirts hin, die bei M. haemolytica in diesem Maß nicht gegeben scheint. Für M. haemolytica wurde die in vivo-Relevanz einiger eisenregulierter Gene überprüft, die in der Mikroarray-Analyse eine erhöhte Transkription zeigten. Dazu wurde die RNA untersucht, die aus dem Lungengewebe von infizierten Rindern isoliert worden war. In diesem Gewebe wurde die Transkription von 11 Genen mittels RT-PCR nachgewiesen. Für die Gene, die für die Hämoglobin-Rezeptoren von M. haemolytica kodieren, wurde mittels quantitativer real time PCR auch eine Verstärkung der Transkription im Lungengewebe nachgewiesen. Die Verstärkung der Transkription in vivo war der transkriptionellen Verstärkung in vitro vergleichbar, was auf eine Funktion der Hämoglobin-Rezeptoren bei der Infektion in vivo hindeutet. Zur Untersuchung der Regulation des Eisenhaushalts von M. haemolytica wurde versucht, das Gen fur zu deletieren, das für den Hauptregulator des Eisenhaushalts kodiert, was jedoch nicht gelungen ist. In einem antisense-Ansatz konnte jedoch gezeigt werden, dass der Stamm mit dem fur-antisense-Plasmid ein signifikant verzögertes Wachstum hatte, was auf die essentielle Funktion des Gens fur in M. haemolytica hinweist. Ein antisense-Ansatz ist noch kein Beweis für die essentielle Funktion eines Gens. Doch die mit Gioia et al. (2007) übereinstimmenden Schwierigkeiten bei der Herstellung einer ∆-fur-Mutante von M. haemolytica sowie das verringerte Wachstum in Gegenwart der fur-antisense-mRNA deuten stark auf eine essentielle Funktion dieses Gens hin.
Kieferorthopäden beschreiben die Anordnung der Zähne und die Stellung der Kiefer üblicherweise mittels Winkel und Strecken in der sagittalen Gesichtsebene. Im vorliegenden Fall werden fünf Winkel betrachtet und jedes Individuum lässt sich als Punkt in einem 5-dimensionalen Raum darstellen. Individuen, die laut Experten ein gut funktionierendes Gebiss und ein harmonisches Äußeres besitzen, formen eine Punktwolke, die im Folgenden als die Norm Population bezeichnet wird. Individuen fern von der Wolke benötigen kieferorthopädische Behandlung. Welche Form sollte dieser Eingriff annehmen? Durch Hilfsmittel der modernen Kieferorthopädie lassen sich die beschriebenen Winkel nahezu nach Belieben ändern. Dies ist natürlich verbunden mit einer unterschiedlichen Menge an Problemen, Arbeitsaufwand und Unannehmlichkeiten, abhängig vom individuellen Patienten. Diese Arbeit präsentiert eine Methode, die auf jedem Computer leicht implementierbar und auf k Variablen verallgemeinerbar ist. Sie ermöglicht Kieferorthopäden eine Visualisierung, wie verschiedene denkbare Anpassungen der Winkel eines Patienten dessen relative Position zur Norm Population verändern. Damit unterstützt sie Kieferorthopäden bei der Entscheidung für einen Behandlungsplan, der die besten Ergebnisse verspricht.
Das Gedicht "Die Künstler" eröffnet sozusagen Schillers theoretische Beschäftigung mit ästhetischen Fragestellungen, die ihrerseits die "klassische" Epoche seiner Kunstproduktion einleitet. Gerade wegen dieser Eingangsposition des Gedichtes und auch infolge einer späteren Behauptung von Schiller selbst, der im Nachhinein die ersten zehn Bogen seiner "ästhetischen Briefe" als eine philosophische Weiterführung des Gedichtes bezeichnete, hat man in ihm immer wieder nach Antizipationen der späteren ästhetischen Theorien gesucht. Solche Ermittlungen konnten jedoch höchstens zur Erkenntnis entweder ganz allgemeiner oder umgekehrt bloß punktueller Übereinstimmungen führen, da die Hauptgegenstände von Schillers späterer ästhetischer Reflexion über das Erhabene und die tragische Kunst, über die objektive Autonomie der Kunst und die "ästhetische Erziehung" oder schließlich über Ähnlichkeiten und Unterschiede zwischen der Poesie der Antike und der Moderne, im Gedicht nicht thematisiert werden. Darüber hinaus bildet Schillers Studium der Kantschen Philosophie und insbesondere von dessen Kritik der Urteilskraft eine kaum zu überbrückende Wasserscheide, die die im Gedicht Die Künstler enthaltene Kunstauffassung von jener der späteren ästhetischen Überlegungen Schillers trennt, welche ausnahmslos von diesem Werk ausgehen und sich mit ihm auf verschiedene und zunehmend kritischere Art und Weise auseinandersetzen.
Verteufelte Humanität und erstaunliche Modernität, mit diesen beiden Begriffen läßt sich die zentrale und doch prekäre Stellung von Goethes Iphigenie im Rahmen der deutschen Klassik umschreiben. Mit dem Versuch einer Neubegründung des griechischen Humanitätsbegriffs steht Goethe dabei nicht allein. Auf vergleichbare Weise entwirft Novalis in den Hymnen an die Nacht ein modernes Bild des Menschen in Auseinandersetzung mit der griechischen Antike. Daher bietet es sich an, den Humanitätsbegriff in Novalis Hymnendichtung und Goethes Iphigenie zu vergleichen, um zu einer kritischen Bewertung der Versuche zu kommen, dem griechischen Mythos ein neues, versöhnliches Gewand zu geben.
Das Thema des Todes manifestiert sich im Werk Friedrich Schillers auf den ersten Blick vor allem in den Dramen [...] Doch das Drama ist nicht die einzige Gattung, innerhalb derer der Tod von Bedeutung ist. Seit jeher waren kleinere literarische Genres wie Elegie, Epicedium oder Epitaph diesem Thema gewidmet. Die Flut an elegischen und melancholischen Gedichten der Empfindsamkeit, etwa in der englischen "Graveyard"-Poesie oder in der Dichtung des "Göttinger Hain", belegt, daß gerade seit der Mitte des 18. Jahrhunderts die Lyrik in besonderer Weise als geeignet galt, Empfindungen wie Schmerz und Trauer zum Ausdruck zu bringen. Auch für die Werkgeschichte Friedrich Schillers ist es von nicht zu unterschätzender Bedeutung, daß in seiner frühen Lyrik, besonders in den Gedichten, die er in der von ihm selbst herausgegebenen Anthologie auf das Jahr 1782 veröffentlichte, die Todesthematik (in einer von der Empfindsamkeit deutlich abweichenden Weise) eine herausragende Stellung einnimmt – auch wenn Schiller diese Gedichte später als "die wilden Produkte eines jugendlichen Dilettantism" bezeichnete.
Der Blick hinter den Spiegel : Sinnbild und gedankliche Bewegung in Hölderlins "Hälfte des Lebens"
(2004)
Hölderlins Gedicht "Hälfte des Lebens" besitzt jene Überzeugungskraft des Vollkommenen, welche die Interpreten zu der Annahme verleitet, mit profaner Rede sei hier kaum etwas Wesentliches aufzuhellen. Der Innenraum, so scheint es, bleibt ohnedies verschlossen und evident zugleich, und so schickt man die Interpretationssprache selbst ins Dunkle, damit sie dort das Gedicht treffe, oder man konzentriert sich auf Fragen der Form umschweift das Gedicht im biographischen Umraum und versucht, einzelne Bilder punktuell durch Parallelstellen aufzuhellen. Doch Hölderlins Gedichte sind nicht nur wohlgeformter, assoziativer Ausdruck einer "Stimmung", so tiefgründig diese auch sein mag. Sie sind gedanklich kohärente Gebilde. – Für die Interpretation ergibt sich daraus die Aufgabe, den gedanklichen Vorgang zu rekonstruieren. Denn nur in seinem Kontext erhalten die Bilder ihre aktualisierte Bedeutung, werden sie "monosemiert", werden auch die Elemente der Form zu Bedeutungsträgern. Mag der Kern auch "inkommensurabel" oder, wie man neuerdings sagt, "polyvalent" sein, – so ist doch schon viel gewonnen, wenn das Geheimnis (oder auch die "Dialektik") nicht an der falschen Stelle vermutet wird.
Das Thema von Literaturnachahmung und Eigenständigkeit stellt sich für die deutsche Literatur des 18. Jahrhunderts in ganz anderem Maße als für die Barockliteratur. Soziale und wissenschaftliche Gründe - Formierung eines selbstbewußten Bürgertums und Aufstieg der naturwissenschaftlichen Disziplinen - bewirken eine gravierende Verschiebung. Zunächst tritt die Relativierung des Kanons ein. An die Stelle der unbesehen übernommenen Tradition rückt die urteilende Vernunft und der gute Geschmack. Mit der Aufwertung der Natur und des rationalen Denkens verkehrt sich die traditionelle Hierarchie von imitatio und Mimesis. An die Stelle eines "blinden" Nachahmens von Vorbildern tritt die Orientierung an der Vernunftnatur.
Mich interessiert bei meiner Analyse von Herders Länderbildern die Frage, ob Herders eigene Erfahrung sein Urteil beeinflusst und dadurch die tradierte, oft klischeehafte imago revidiert hat. Dies ist in drei Fällen gegeben: Herder kannte aus eigener Anschauung das Baltikum, einen Teil Frankreichs, Holland und Italien. Ich klammere hier das Baltikum aus drei Gründen aus: erstens weil Herders persönliche Bindung sein Urteil beeinflussen konnte, dann weil die Baltikum-Frage in enger Verbindung zur Slawen-Frage steht und weil schließlich dieser Komplex – angesichts der Fülle der vorhandenen Publikationen – sich nicht in einem kurzen Beitrag abhandeln lässt. Holland wird wegen der Unergiebigkeit der Quellenlage ausgespart.
Vorbehalte der Aufklärung und deren Dämonisierung Spinozas gegenüber finden sich immer wieder in der Literatur der Goethezeit. Allen voran beschäftigen sich die Autoren des Sturm und Drang, später dann die jungdeutschen Literaten mit dem revolutionären Impetus spinozistischer Kultur- und Religionskritik. Zum Sprachführer dieses Aufbegehrens gegen die Naturfeindlichkeit der bürgerlichen Kultur wird nicht selten der Teufel erkoren. Den Vergleich zwischen Spinozas Theologie einer göttlichen Natur und den Mythen der Aufklärung leisten in der Zwischenzeit die Frühromantiker, die sich mit ihrer Forderung nach einer Neuen Mythologie gegen den bigotten Vernunftkultus ihrer Zeit wenden. Im Gegenzug pochen sie auf die "Rechte der Individualität", welche sich nur dort behaupten können, "wo vom Höchsten" eben nicht die "Rede" ist.
Weil "Felder und Bäume" ihn "nichts lehren, wohl aber die Menschen in der Stadt", pflegte Sokrates die Natur zu meiden. Warum er dann doch mit Phaidros einst am anmutigen Ufer des Illisos ein Lehrgespräch führte, begründet er merkwürdig genug: "Ich kann noch immer nicht nach dem Delphischen Spruch mich selbst erkennen." Sollte es also möglich sein, in einer Landschaft auf vernünftige Weise etwas über das eigene Wesen zu erfahren? Mehr als zweitausend Jahre später, auf seiner Reise von Velletri nach Neapel bewegt Goethe eine ähnliche Frage. Sehnsüchtig eilt er der Stadt entgegen und erlebt dabei die Fahrt wie eine Folge möglicher Landschaftsbilder. Nun gilt Goethes Grand Tour nicht zuletzt dem Besuch Jakob Philipp Hackerts, dem damals bekanntesten Vedutista Italiens, der den malerisch noch dilettierenden Dichter in die Landschaftskunst einführen soll. Als Scholar jedenfalls bewährt sich Goethe, noch bevor er in Neapel eintrifft. Seine Schilderung der Gegend um den Palazzo Chigi verrät eine Naturanschauung, die auf Hackerts durchkomponierte Ideallandschaften vorausweist: "Hier bildet sich eine wahre Wildnis: Bäume und Gesträuche, Kräuter und Ranken wachsen, wie sie wollen, verdorren, stürzen um, verfaulen. Das ist alles recht und nur desto besser. Der Platz vor dem Eingang ist unsäglich schön. Eine hohe Mauer schließt das Tal, eine vergitterte Pforte läßt hineinblicken, dann steigt der Hügel aufwärts, wo dann oben das Schloß liegt. Es gäbe das größte Bild, wenn es ein rechter Künstler unternähme."
Das Verschwinden des Autors und die Spaltung des Textes in zwei Teile, einen offiziellen Strang, der die "Lebensansichten des Katers Murr" wiedergibt und einen fragmentarischen, der die "Biografie des Kappellmeisters Kreisler" enthält, stellen die erzähltechnischen Vorgaben E.T.A. Hoffmanns zu seinem Spätwerk dar. Kunstgriff und formales Experiment zugleich, sind sie Ausdruck der Prämissen seiner Ästhetik (auch oder gerade wenn Hoffmann nicht als Theoretiker gilt) und eines hochpotenziert subversiven Denkens (das leider allzu oft als biographischer Reflex abgetan wird). Anstelle der üblichen Präsentation und einleitenden Begründung zur Entstehungsgeschichte des Buches gelingt es Hoffmann im "Vorwort des Herausgebers" zu den "Lebensansichten des Katers Murr" durch mehrfache Täuschung und artifizielle Verwirrspiele um Erzähler, Herausgeber und Autor, den Ursprung des Textes mit jedem weiteren Baustein zu seiner Legitimation zum Verschwinden zu bringen.
Skandalöse Eröffnungen bilden den Auftakt der "Marquise von O...." wie des "Marionettentheaters": Eine angesehene Dame sucht vor ihrer Niederkunft per Zeitungsannonce nach dem ihr unbekannten Vater des Kindes; der erste Tänzer der Oper stellt die Behauptung auf, ein Tänzer, der sich ausbilden wolle, könne mancherlei von einer Marionette lernen, um dann im weiteren Verlauf des Gesprächs darzulegen, eine beliebige Figur aus dem Marionettentheater besitze mehr Grazie als die Mehrzahl der Mitglieder seiner Truppe. Beide Male steht ein Verlust zur Debatte, beide Male wird im Verzeichnen einer körperlichen Abwesenheit (das Fehlen des Vaters, der Verlust der jedem Menschen eigenen natürlichen Anmut) die gesellschaftliche Prägung des Körpers zum Thema. Die Rede über den Körper und sein Entzug als – in der Regel ganz wörtlich dargelegtes – Verschwinden in die Abwesenheit greifen ineinander. Das Wissen um die sexuelle Herkunft wird in "Die Marquise von O...." problematisiert, es stellt ein machtloses Wissen dar und kann allein mit den Mitteln der Sprache, im "Geständnis", nicht verifiziert werden. Im "Marionettentheater" steht der Prozeß der kulturellen Normierung des Körpers und der damit verbundenen Ängste zur Debatte. Dieses Wissen ist eng an die Produktion von Macht geknüpft und überschreitet die Sprache, die Kleist immer wieder entlang der Grenze ihrer Unzulänglichkeit darzustellen versucht hat.
Jean Pauls "Schulmeisterlein Wutz" beendet kurz vor seinem Tod mit einer eigenwilligen und ein wenig melancholisch gestimmten Geste die umfangreiche schriftstellerische Arbeit seines Lebens: er beschwört die Erinnerung an die Bilderwelten seiner Kindheit herauf, indem er ein Sortiment von abgelegten Gebrauchsgegenständen und Besitztümern auf dem Krankenbett ausbreitet, welche unter der Treppe im Hausflur (chronologisch geordnet) die Zeit überdauert haben. Neben einem Schreibbuch und der Miniaturausgabe eines Exzerpteheftchens sind eine grüne Kinderhaube dabei, ein Finkenkloben, eine "mit abgegriffenen Goldflitterchen überpichte Kinderpeitsche" und - zur weiteren Vertiefung - ein Kalender mit "abscheulichen", jahreszeitlich gestalteten Vignetten.
Jean Pauls sorgfältig komponierte Sterbeszenen werden zu phantasievollen, anräuhrenden Inszenierungen. In ihnen zeigt sich aber auch die Auseinandersetzung mit dem Unbewussten im Reich der Traumwelten: Sie folgt den Debatten des 18. Jahrhunderts und weist voraus auf die psychoanalytischen Positionen des 20. Jahrhunderts.
[Es ist überraschend], dass mit Novalis und Hölderlin zwei der bedeutendsten modernen Hymnendichter die Figur der Maria in der geschichtlichen Sattelzeit um 1800 erneut in ihren Werken zur Geltung bringen. Neben den relativ konventionellen Mariengedichten von A. W. und Friedrich Schlegel sowie dem breiten Eingang der Marientradition in das Kirchenlied stellen Novalis "Hymnen an die Nacht" aus dem Jahre 1800 und Hölderlins Hymnenentwurf "An die Madonna" von 1802 Höhepunkte moderner Marienlyrik dar. In ihrer Adaption des Marienstoffes können sie sich auf Herder berufen. [...] Herder erkennt die Idee der Jungfrau Maria als Ausdruck einer von den Mustern der griechischen Antike unterschiedenen Dichtungsform und damit als eine der möglichen Grundlagen moderner Dichtung an. Vor dem Hintergrund des erneuten Interesses an der Gestalt der Jungfrau Maria lassen sich zugleich drei Fragen stellen, die der Untersuchung im Folgenden als Leitfaden dienen. Ein erster Komplex betrifft die Frage, inwiefern Novalis und Hölderlin in ihren Hymnen an die reiche mittelalterliche Tradition der Marienlyrik anknüpfen. Im Kontext trinitarischer Konzepte, die in der Tradition der Marienlyrik eine bedeutende Rolle spielen, stellt sich darüber hinaus das Problem, welche Position der Jungfrau und Mutter Maria in der Grundkonstellation der bürgerlichen Kernfamilie von Vater, Mutter und Sohn zugewiesen wird. Den Abschluss der Untersuchung bildet die Diskussion der geschichtsphilosophischen Konstruktionen, auf die Novalis und Hölderlin wie auch Friedrich Schlegel in ihren Gestaltungen des Marienbildes zurückgreifen.
Für beide Aspekte, die Abwertung der scheinbar bloß mechanischen Allegorie wie die der höfischen Kunst der Dissimulation, ist Karl Philipp Moritz ein entscheidender Stichwortgeber: zum einen durch die psychologischen Analysen im Magazin zur Erfahrungsseelenkunde und im Anton Reiser, zum anderen durch die Kritik der Allegorie im Zeichen einer Theorie der Schönheit, die zugleich den Weg für das Klassisch-Symbolische ebnet, den Goethe beschreitet. Im Rahmen eines genuin ästhetischen Bildungskonzeptes ist der Begriff der Schönheit bei Moritz dabei doppelt besetzt: Schönheit, für Moritz eine Form der inneren Vollkommenheit oder Vollendung in sich, bezieht sich zum einen auf Werke der Kunst, zum anderen aber auf das Ideal eines Lebensentwurfs, das dem Leitbild harmonischer Selbstverwirklichung folgt.
Zwei nahe verwandte, zugleich aber antinomische Begriffe markieren das Spannungsfeld, in dem vorliegender Beitrag einige Koordinaten aufzuweisen versucht: Geschichte und Geschichten. Ihr Verhältnis soll aus drei Perspektiven erörtert werden, zunächst hinsichtlich ihrer Rolle in der aktuellen Selbstaufklärung der Historie über ihren Status als "Textwissenschaft". Ein weiterer Abschnitt argumentiert historiographiegeschichtlich; er geht zurück auf die goethezeitliche Genese der Geschichte aus Geschichten. Ziel ist es, den poetikgeschichtlichen Ort der Geschichten, welche die Historie heute schreibt und denkt, zu umreißen. Wie "poetisch" und wie modern, lautet diese dritte Frage, sind die Texte der Geschichte - oder genauer: können sie sein?
Zu den wichtigsten Neuerungen der "Sattelzeit", dem Übergang von der alteuropäischen zur "modernen" Gesellschaft um 1800, gehört die Herausbildung und Etablierung einiger Begriffe, die sich durch ihre Fähigkeit auszeichnen, eine Vielzahl verstreuter Erscheinungen als kontinuierliches Ganzes zu präsentieren. "Kollektivsingulare" hat Reinhart Koselleck diese Begriffe genannt, zu denen beide Definienten des im vorliegenden Band umrissenen Forschungsbereichs zählen: "die Geschichte" ebenso wie "die Literatur". Diese und andere Kollektivsingulare integrieren, was in einer von der Erfahrung beschleunigter Veränderung geprägten Welt, in der das Wißbare beständig wächst, dem verstehenden Zugriff zu entgleiten droht. In der modernen Welt kommt oder – hier muß mittlerweile vielleicht einschränkt werden – kam ihnen daher eine kaum zu überschätzende kognitive wie lebenspraktische Funktion zu.
Die zunehmende Bedeutung der Anthropologie zeigt sich [...] in der poetologischen Diskussion des Verses, der Metrik und Prosodie. Während zu Beginn des 18. Jahrhunderts der Vers in der Rhetorik seine Begründung fand, führte die Ausdifferenzierung der Poesie aus der Rhetorik zu einer Grundlagenreflexion, in deren Verlauf in Moritz Versuch einer deutschen Prosodie ein "wesentliche[r] Fortschritt" in der prosodischen Schätzung der Silben erreicht wurde. Die an der Diskussion beteiligten Theoretiker rekurrierten zunehmend auf anthropologische Konzeptionen. Dieser Prozeß ist im folgenden zu rekonstruieren. Einen Überblick über die Ausgangslage bietet Gottscheds Versuch einer Critischen Dichtkunst. Die Diskussion um den Hexameter als Leitfrage der Verslehre des 18. Jahrhunderts bündelte die wesentlichen Argumente und warf Anschlußprobleme auf: die Frage nach der Differenz der Einzelsprachen, die Anreicherung der Verstheorie mit geschichtsphilosophischen Deutungsmustern, d.h. die Verortung von Metrik und Prosodie in einer Theorie des Zivilisationsprozesses, schließlich die Verwissenschaftlichung bis zur Jahrhundertwende.
Die Semantik von Liebe in der Empfindsamkeit soll im folgenden anhand der prägenden Diskursteilnehmer rekonstruiert werden, wobei die weiterführenden Fragen der Geschlechterdifferenz und der Sexualität nicht mehr behandelt sind. Die erste Phase des empfindsamen Liebesmodells reicht von den vierzigern bis in die siebziger Jahre des 18. Jahrhunderts. Gellert veranschaulicht sein Konzept der vernünftigen Liebe im "Leben der Schwedischen Gräfinn von G***"; es bleibt mit einigen immanenten Akzentverschiebungen für Sophie von La Roches "Geschichte des Fräuleins von Sternheim" maßgeblich. Der durchschlagende Erfolg des empfindsamen Liebesmodells wäre allerdings ohne die typisch deutsche religiöse Überhöhung der Liebe nicht denkbar gewesen, die Klopstock entfaltet und popularisiert hat. Goethes Roman "Die Leiden des jungen Werthers" autonomisiert die enthusiastische Liebe und läßt so das empfindsame Liebesmodell an seinen eigenen Aporien kollabieren. Weiterführungen dieses Modells können davon nicht mehr absehen, sie versuchen die Werthersche Destruktion aufzuheben. Johann Martin Miller bindet im Siegwart mit kurzfristig enormem Erfolg Werthers enthusiastische Liebe wieder an die empfindsame Liebesehe zurück. Friedrich Heinrich Jacobi hingegen zielt auf die Probleme einer enthusiastischen Reformulierung des Modells. Damit aber war der Plausibilitätsverlust der empfindsamen Liebessemantik nicht mehr rückgängig zu machen.
In nahezu allen Texten von Karl Philipp Moritz spielt "Zerstörung" eine zentrale Rolle. Moritz verwendet die Vokabel weit über den Zusammenhang seiner ästhetischen Reflexionen hinaus geradezu terminologisch. Die Intensität seiner obsessiven Reflexion der "Zerstörung" kann verstanden werden als Ausdruck von Kontingenzbewußtsein,2 und die langjährige Auseinandersetzung mit diesem Phänomen als Versuch, das Problem aufbrechender Kontingenz im Medi-um philosophischer, poetischer und ästhetischer Reflexion mittels eines metaphysischen Konzeptes zu lösen und zu kodieren.
Ausgangspunkt der folgenden Überlegungen ist die Beobachtung, daß sich in einigen Arbeiten aus dem Bereich der Frauen- und Geschlechterforschung ein Richtungswechsel bemerkbar zu machen beginnt, der Bewegung in manch (un)lieb gewordene Annahme der Forschung bringt und darauf zielt, feministische und allgemeine Literaturwissenschaft zu einer Geschlechtergeschichte der Literatur zu verbinden. Diesem Perspektivenwechsel möchte mein Beitrag anhand einer Diskussion wichtiger Neuerscheinungen nachgehen. Im Zentrum stehen drei Problemfelder, die die Forschungsdebatte der letzten Jahre wesentlich geprägt haben und zugleich ihre Neuorientierung anzeigen, nämlich 1. die Polarisierung der Geschlechtscharaktere, 2. die literarischen Gattungen und 3. die Kanonbildung. Bevor jedoch erste Ergebnisse dieses Perspektivenwechsels diskutiert werden können, muß dieser selbst dargestellt werden.
Zur Wette im Faust
(2004)
Die Inbrunst, mit der die Frage nach dem Ausgang der Wette(n) im Faust früher erörtert wurde, mutet heute fast grotesk an, ist aber immerhin ein Beleg dafür ist, daß man den Text auch in seinem literalen Ablauf ernst nahm. Heute schlägt das Pendel ins Gegenteil hinüber. Der Ausgang scheint uninteressant geworden zu sein. Ob Goethe da nicht unterschätzt wird? Es ist zwar wohltuend, wenn die Fixierung auf den "juristischen" Abschluß der causa Faust und damit der harte Zugriff auf ein "Ergebnis" suspendiert wird. Aber die so gewonnene Unbefangenheit sollte zu einem erneuten Blick auf diese pragmatische "Hauptgräte" des Textes genutzt werden: Die Wette, so sei vorweg behauptet, spielt nicht einfach "so oder so keine Rolle mehr"; Goethe hat vielmehr das Handlungsmuster derart mit Bedeutung versehen, daß es sich am Ende selbst aufhebt und dabei den Sinn des Dramas pointiert.
Lessings Schrift "Die Erziehung des Menschengeschlechts" wirkt bis heute widersprüchlich. Sie scheint zugleich zu behaupten, daß die Offenbarung die Entwicklung der menschlichen Vernunft uneinholbar transzendiert, wie daß sie diese nur beschleunigt. Der scheinbare Widerspruch hat jedoch seine Funktion in der Rhetorik des Textes, wie eine intertextuelle Lektüre zeigt: Vor dem Hintergrund der Reimarus-Fragmente und mit Blick auf die ethischen Implikationen der Ringparabel offenbart sich die logische Konsistenz eines säkularen eschatologischen Modells.
Daß die Geschichte der deutschen Literatur auf dem amüsanten Gebiet der Komödie ihrerseits nur wenig Erfreuliches und Gültiges zu bieten hat, gehört seit langem zu den leidigen Gewißheiten der Forschung. Auch die Ausnahmen sind bestens bekannt. Im Gegensatz aber zu Goethe und Schiller, zu Friedrich und August Wil-helm Schlegel (und einer Reihe anderer) scheint einer von dieser Klage durch hö-here Unzuständigkeit freigesprochen. Sein dichterisches Naturell erheischt die produktionspsychologische Forderung nach der Komödie so wenig wie seine philosophisch-theoretischen Grundbegriffe eine solche auch nur zuzulassen scheinen – nämlich gar nicht. Die Rede ist von Friedrich von Hardenberg, genannt Novalis.
"Das Drama muß, weil es seinem Inhalte wie seiner Form nach sich zur vollendetesten Totalität ausbildet, als die höchste Stufe der Poesie und der Kunst überhaupt angesehen werden". Mit solchen, enthusiastisch gestimmten Worten formuliert Hegel in seinen Vorlesungen zur Ästhetik zugleich Summe und Nachklang der idealistischen Dramentheorie in Deutschland. [...] Gerade die Besonderheit [...], die das Drama – einerseits – zum Gipfel der Künste qualifiziert, ist – andererseits – für dessen sicheren Untergang verantwortlich. [Novalis] bislang von der Forschung vernachlässigte Bemühungen um eine "Poetik des Dramas" sollen [...] im folgenden [...] etwas genauer untersucht werden. Wenn dabei auch ein zusätzliches Licht auf Novalis dichterisches Werk und vor allem auf einen auffälligen motivischen wie stilistischen Zug desselben fallen sollte, so wäre dies nur willkommen.
Die psychohistorische Dimension der Gesellschaftsgeschichte wird zuweilen an den literarischen Niederschlägen deutlicher greifbar als an anderen Quellen. Nicht in dem Sinne, daß Literatur eine wie immer geartete Wirklichkeit einfach darstellt oder "widerspiegelt", sondern in dem Sinn, daß sie auf Probleme, häufig ungelöste Probleme, referiert. Die folgenden Überlegungen operieren mit zwei Voraussetzungen, die eng miteinander verknüpft sind. Erstens: Die zweite Hälfte des 18. Jahrhunderts ist eine begriffsgeschichtliche "Sattelzeit", in der die Dynamik der modernen Welt irreversibel wird und auch die Begriffe in beschleunigten Wandel geraten. Diese Vorstellung von der "Sattelzeit" stammt aus den Vorüberlegungen des Wörterbuchs Geschichtliche Grundbegriffe und wurde durch das Wörterbuch selbst auf eindrucksvolle Weise bestätigt. Wenn man "Begriffe" generell als Instrumente des Begreifens oder Konstruierens von Welt auffaßt, ergeben sich zwanglos Anschlüsse zu weiträumigeren Theorien der Modernisierung. So entspricht die Zäsur zeitlich und auch in einigen inhaltlichen Momenten dem, was Michel Foucault als Umstellung von der Episteme der Repräsentation zu der der Reflexivität und Bewegung ansetzt. Und als metatheoretischer Erklärungsrahmen bietet sich die von Niklas Luhmann auf der Basis früherer Entwicklungstheoreme ausgearbeitete These von der Umstellung des Differenzierungsmodus von Stratifikation auf Funktion mit seinen Folgen an. Unter dem Druck der Differenzierungsprozesse zerfallen die alten Inklusionsformen der Individualität, wird Individualität durch Exklusion begründet und so mit enormen Lasten für die Identitätsbegründung versehen. - Die zweite Voraussetzung ist, daß in diesem Zusammenhang die Poesie eine besondere Funktion entwickelt, indem sie als Stätte der Formulierung ungelöster Probleme ausdifferenziert wird. In einem von unmittelbarem Entscheidungs- und Handlungsdruck entlasteten Formulierungsraum können neue Begriffe und Begriffsverschiebungen erprobt werden, bis hin zu ihren (auf dem Papier) tödlichen Konsequenzen, können Themen angeschlagen werden, nur damit sie intersubjektiv verfügbar bleiben und nicht der Sprachlosigkeit anheimgegeben werden, können semantische Vorräte angelegt werden.
Die Gedichte Goethes [...] sind keine autonomen Einzelgebilde. Das lyrische Gebilde muß in seiner momenthaften Abgeschlossenheit mit anderen Mitteln als eine "Rolle" der Wahrheit kenntlich gemacht werden. Auch ein konsequenter zyklischer Bau wäre dafür ungeeignet, denn auch er ergäbe schließlich ein abgeschlossenes Gebilde. Das probateste Mittel, Kontingenz der Oberfläche und Consensus der "Wahrheit" zu gestalten, ist das lyrische Ensemble.
Der "preßhafte Autor" : Biedermeier als Verfahren in E.T.A. Hoffmanns späten Almanach-Erzählungen
(2004)
Die Wertschätzung von E.T.A. Hoffmanns Erzählungen, die sich in den letzten Jahren als Spielwiese für mannigfaltige texttheoretische und verwandte Ansätze erwiesen haben, erstreckt sich nach wie vor nicht auf die sogenannten "späten Almanach-Erzählungen". Die im 19. und weiten Teilen des 20. Jahrhunderts vorherrschende Verurteilung von Hoffmanns Werk als effekthaschend und unausgewogen ist für diesen, nicht wie die meisten anderen Erzählungen Hoffmanns in einem Sammelband zusammengefaßten Werkteil bis heute nur in Ansätzen revidiert worden. Diese "moralisch-ästhetischen Ansichten" finden sich in nur leicht modifizierter Form z.B. noch 1988 in Stefan Diebitz Untersuchung der 1822 aus dem Nachlaß veröffentlichen Erzählung "Datura fastuosa", wenn als Kategorie der Abwertung die negative Antwort auf die Frage nach der "Vernünftigkeit des Vorsatzes" gesetzt wird, als hätte nicht gerade das Werk Hoffmanns eine solche Bestimmung bis ins Mark erschüttert. Die Erzählung ist "insgesamt als mißlungen anzusehen", weil Diebitz einen Bruch konstatiert zwischen dem von ihm für die ersten drei Kapitel konstruierten "Vorsatz, die Problematik einer ins Spießige verirrten Existenz" darzustellen und dem letzten Teil des Textes, in dem Hoffmann nach Diebitz "eine zweite und durchaus triviale Geschichte beginnen" läßt.
Zeitungsberichte im Alltagsgespräch : Mediennutzung, Medienwirkung und Kommunikation im Kaiserreich
(2004)
Der Artikel untersucht Mediennutzung und Medienwirkung im Kaiserreich. Er prüft anhand von Polizeiberichten, die heimlich in Kneipen angefertigt wurden, ob und wie Unter- und Mittelschichten über die Zeitungsmeldungen kommunizierten. Eine Analyse von Gesprächen über ausgewählte Skandale ergänzt und vertieft diesen Fokus, der in Beziehung zu unterschiedlichen Ansätzen der Medienwirkungsforschung gesetzt wird. Als Hauptergebnis lässt sich für die Jahrzehnte um 1900 eine starke Medienwirkung ausmachen. Die Kneipengäste griffen schnell und ausführlich Medienthemen auf und entwickelten daraus politische Gespräche. Alle geprüften Skandalfälle fanden sich in verschiedenen Unterhaltungen wieder. Aus den Spitzelberichten lassen sich erstaunlich detaillierte Kenntnisse bei den Mediennutzern nachweisen, selbst wenn die Ereignisse nicht unmittelbar ihrer Lebenswelt nahe standen. Insbesondere die Arbeiter übernahmen zwar häufig Positionen aus der sozialdemokratischen Presse, zeigten dabei aber zugleich eine eigensinnige Aneignung. Die Zeitungsmeldungen wurden mit persönlichen Erfahrungen verbunden, spielerisch-humorvoll gewendet oder mit emotionalen Affekten übersteigert.
Einsatz entomopathogener Pilze gegen die Kirschfruchtfliege Rhagoletis cerasi : erste Feldresultate
(2008)
Die Kirschfruchtfliege Rhagoletis cerasi Loew (Diptera: Tephritidae) ist der wichtigste Schädling im Süßkirschenanbau in Europa. Bei unbehandelten Bäumen können bis zu 100% der Kirschen Madenbefall aufweisen. Da Handel und Verbraucher nur einen Befall von maximal 2% tolerieren, sind effiziente Bekämpfungsmaßnahmen gefragt. Der bisher verwendete Wirkstoff Dimethoate könnte im Zuge der Re-Evaluation von Pflanzenschutzmitteln in der EU seine Zulassung verlieren. Danach stünde die gesamte Kirschenproduktion in Europa vor der gleichen Situation wie derzeit der ökologische Landbau: eine Regulierung der Kirschfruchtfliege wäre nur noch über Leimfallen oder durch den Einsatz von Netzen möglich. Beide Methoden sind sehr arbeitsintensiv und oft nicht ausreichend wirksam. Im Labor wurden mehrere Pilzstämme gegen verschiedene Entwicklungsstadien der Kirschfruchtfliege geprüft, mit dem Ergebnis, dass nur adulte Fliegen befallen werden. Dabei zeigten die Pilze Beauveria bassiana und Paecilomyces fumosoroseus die beste Wirkung. Diese beiden Pilze, die bereits in kommerziellen Produkten formuliert sind, wurden 2006 in zwei Feldversuchen gegen adulte Kirschfruchtfliegen appliziert.
Die Kirschfruchtfliege Rhagoletis cerasi Loew (Diptera: Tephritidae) ist der wichtigste Schädling im Süßkirschenanbau in Europa. Bei unbehandelten Bäumen können bis zu 100% der Kirschen Madenbefall aufweisen. Da Handel und Verbraucher nur einen Befall von maximal 2% tolerieren, sind effiziente Bekämpfungsmaßnahmen gefragt. Der bisher verwendete Wirkstoff Dimethoate könnte im Zuge der Re-Evaluation von Pflanzenschutzmitteln in der EU seine Zulassung verlieren. Danach stünde die gesamte Kirschenproduktion in Europa vor der gleichen Situation wie derzeit der biologische Landbau: eine Regulierung der Kirschfruchtfliege wäre nur noch über Leimfallen oder durch den Einsatz von Netzen möglich. Beide Methoden sind sehr arbeitsintensiv und oft nicht ausreichend wirksam. Der Einsatz von Mikroorganismen als Biocontrol-Maßnahme könnte eine Alternative darstellen. Die Verwendung von entomopathogenen Pilzen zur Bekämpfung von Tephritiden wurde in den letzten Jahren von mehreren Autoren beschrieben (Anagnou-Veroniki et al., 2005; Ekesi et al., 2005; Konstantopoulou & Mazomenos, 2005; Yee & Lacey, 2005), wobei bisher noch keine Erfahrungen zu R. cerasi vorliegen. Ziel dieser Untersuchung war die Beurteilung verschiedener Pilzstämme (Deuteromycotina: Hyphomycetes) hinsichtlich ihrer Pathogenität und Virulenz gegen die Kirschfruchtfliege.
Vorratsschädliche Insekten sind Spezialisten, die in der Lage sind, trockene pflanzliche Materialien aufzuspüren, zu besiedeln und damit über die Befeuchtung durch Respiration dem Abbau durch weitere Organismen (Pilze, Milben, Bakterien) zuzuführen. Auf diese Weise sind sie die Auslöser eines Kompostierungsprozesses. Durch ihr hervorragendes Orientierungsvermögen entlang eines Duftstoffgradienten finden sie sich regelmäßig in Vorratslagern und Gebäuden der Lebens- und Futtermittelverarbeitung ein, falls sie nicht bereits mit befallenen Produkten passiv eingeschleppt wurden. In der Praxis der Schädlingsbekämpfung in Deutschland werden zunehmend auch Verfahren der Hitzeentwesung in Gebäuden angeboten, die der Begasung mit giftigen Gasen Konkurrenz machen und auch in Betrieben des Ökolandbaus eingesetzt werden können. Einen Überblick über den Einsatz extremer Temperaturen im Vorratsschutz vermitteln die Arbeiten von Fields (1992), Burks et al. (2000) und Adler & Rassmann (2000). Laborversuche unter definierten Temperaturen hatten zum Ziel, die Widerstandsfähigkeit bestimmter Arten und ihrer Entwicklungsstadien zu überprüfen. Darüber hinaus wird kurz über Erfahrungen in der Praxis berichtet.
Winterweizen bedeckte 1999-2004 64 % der Ackerfläche Schleswig-Holsteins, Winterraps 31 %. Die wichtigsten Schädlinge an Winterweizen waren die drei Getreideblattlausarten (Hom., Aphididae)(Sitobion avenae und Metopolophium dirhodum, selten Rhopalosiphum padi) und die beiden Oulema-Arten (Getreidehähnchen)(O. melanopus und O. lichenis) (Col., Chrysomelidae). An Winterraps traten im Untersuchungszeitraum auf: Meligethes aeneus (F.) (Rapsglanzkäfer) (Col., Nitidulidae) und Ceutorrhynchus assimilis (Payk.) (Kohlschotenrüßler) (Col., Curculionidae). In beiden Kulturen wurden sechs Feldversuche durchgeführt, mit frühen und späten Insektizid-Applikationen (an je zwei Standorten, mit vierfacher Wiederholung). Bei Weizen waren die Parzellen 50 m² groß, bei Raps 90 m². Bei Winterweizen zeigten beide Schaderreger-Gruppen negative Einflüsse auf den Ertrag, wenn sie nicht bei Bekämpfungsschwellen bekämpft wurden. Sowohl der Getreidehähnchen - als auch der Blattlausbefall waren signifikant negativ mit dem Ertrag korreliert. Die ökonomische Auswertung ergab, dass im Untersuchungszeitraum – bei Beachtung der Bekämpfungsschwellen - die frühe Bekämpfung der Getreidehähnchen-Larven wirtschaftlicher war als die spätere der Getreideblattläuse. Bei Winterraps erwies sich die Bekämpfung des Kohlschotenrüsslers als ertraglich und ökonomisch vorteilhaft, selbst ohne Auftreten von Dasineura brassicae (Winn.), der Kohlschotenmücke. Die Bekämpfung des Rapsglanzkäfers hingegen war nur in einem von sechs Versuchen ertragsmäßig und ökonomisch erfolgreich. Die Probleme bei diesem Schädling sind 1. die zu niedrige Bekämpfungsschwelle und 2. die Resistenz gegenüber synthetischen Pyrethroiden. Wurden in Schleswig-Holstein 1999 75.000 ha Ackerfläche mit Insektiziden behandelt (22.7 % AF), stieg die Fläche bis 2004 auf 220.000 (66.5 % AF). Die Anteile der einzelnen Wirkstoffe haben sich verändert.
Beyond Weltpolitik, self-containment and civilian power : United Germany´s normalizing ambitions
(1999)
Fababohnen (Vicia faba L.) nehmen in der Ökologischen Landwirtschaft als Protein- und N-Quelle eine wichtige Stellung in der Fruchtfolge ein (Lampkin 1994; Müller & von Fragstein und Niemsdorff 2006). Als ertragslimitierende Faktoren spielen neben Wasserknappheit auch Schaderreger wie Insekten, Pilze und verschiedene Viruserkrankungen (Cockbain 1983) eine wichtige Rolle. Virusbedingte Ertragseinbußen wurden von Schmidt (1984) in konventionellen Fababohnen Ostdeutschlands auf jährlich ca. 8% geschätzt. Unter den nicht-chemischen Verfahren zur Minderung von vektorvermittelten Viruserkrankungen in Ackerkulturen, mit zugleich potentieller Eignung für ökologische Anbauverhältnisse, gehört neben der Frühsaat (Heathcote & Gibbs 1962) auch die Anwendung von Strohmulch. Mulchen erzielte insbesondere bei nicht-persistenterÜbertragung durch Blattläuse virusreduzierende Effekte in Lupinen. (Jones 1994), Kartoffeln (Heimbach & al. 1998; Saucke & Döring 2004) und Raps (& al. 2002). Ziele der vorliegenden Arbeit bildeten die Anwendung von Strohmulch in Kombination mit Früh- und Spätsaat in einem faktoriellen Parzellenversuch im Ökologischen Anbau von Fababohnen hinsichtlich der Auswirkungen auf Blattlausbesiedelung, Virusinfektionen, Pflanzenentwicklung und Ertrag.
Einfluss einer Low-input-Pflanzenschutzstrategie auf tritrophische Systeme in Winterweizen und Erbse
(2008)
Zahlreiche Studien belegen, dass natürliche Gegenspieler von Blattläusen (z. B. Coccinellidae, Syrphidae, Chrysopidae, Carabidae) in der Lage sind, das Blattlauswachstum einzuschränken und einen ökonomisch relevanten Massenbefall zu verhindern. Daher ist es wichtig, die Prädatoren z. B. durch reduzierte Anwendung chemischer Pflanzenschutzmittel zu schonen. Untersuchungen zeigten, dass der Verzicht von chemischen Pflanzenschutzmitteln, z. B. im Ökolandbau, und eine verringerte Intensität der Anwendung zu positiven Auswirkungen auf die natürlichen Regelmechanismen und Biodiversität in den Feldern führte (u. a. Kromp 1990, Langmaack et al. 2001). Andere Studien belegten, dass es zwischen ökologischem und konventionellem Anbau keine großen Unterschiede gab (u. a. Purtauf et al. 2005). Bislang ist offen, wie sich im Rahmen einer konventionellen Landbewirtschaftung eine durchgängige deutliche Reduzierung der Anwendung chemischer Pflanzenschutzmittel bei Erhalt der sonstigen Rahmenbedingungen langfristig auf die ökologische Situation im Feld auswirkt. Ziel der vorliegenden 3-jährigen Untersuchungen war es daher, Phänomene der langfristigen Anpassung tritrophischer Systeme und Dominanzstrukturen von Nützlingsgesellschaften an Pflanzenschutzsysteme mit um 50 % reduzierter Anwendung von Herbiziden, Fungiziden und Insektiziden anhand von geeigneten Indikatoren zu identifizieren.
Die Wirksamkeit des entomopathogenen Pilzes (EPP) L. muscarium im Einsatz gegen F. occidentalis ist in unseren Versuchen mehrfach belegt worden. In verschiedenen Schalen-, Käfig- und Gewächshausuntersuchungen wurde festgestellt, dass die Applikation der Sporensuspension in das Wirtshabitat zur Infektion und zum Absterben der Wirte führt. Dabei konnte auch die saprophytische Entwicklung des Pilzes als Mycel mit Sporulation auf den Kadavern beobachtet werden (Hetsch 2004, Lerche et al. 2004, 2005). Ausgehend von den sporulierenden Kadavern sind die Disseminationsstrategien in der Wirt-Parasit-Beziehung F. occidentalis und L. muscarium, in Relation zum Verhalten des Wirtes sowie der physikalischen Faktoren Wasser und Luftbewegung, untersucht worden. Die Aufklärung dieser Zusammenhänge ist entscheidend für eine höhere Effizienz und Nachhaltigkeit des Pilzes im Praxiseinsatz.
Monophage Pflanzenfresser können im Gegensatz zu Polyphagen nur eine bestimmte Wirtspflanze nutzen und stehen daher auch immer in potentieller Konkurrenz zu Generalisten. Ist eine Nahrungsquelle erschöpft, so kann der Polyphage auf eine andere Nahrungsressource wechseln. Dem Spezialisten ist dies jedoch nicht möglich. Am Beispiel einer Buchenfraßgesellschaft wurde untersucht, welche Strategie ein monophager Herbivor verfolgt, um in der interspezifischen Konkurrenz mit Polyphagen zu bestehen und sich seine ökologische Nische zu sichern. Der früh im Jahr auftretende Buchenspringrüßler Rhynchaenus fagi ist in seiner Entwicklung obligatorisch an die Buche (Fagus sylvatica) gebunden. Nach dem Blattaustrieb im April führen die Käfer einen Reifefraß (Lochfraß) an Buchenblättern durch. Die Larven von Rhynchaenus fagi minieren das Buchenblatt. Sie erzeugen zunächst parallel zu den Blattnerven eine Gangmine, welche sich am Blattrand platzartig erweitert. Unbefressene Anteile des Blattes bleiben turgeszent und photosynthetisch aktiv. Der Larvenfraß induziert jedoch die Akkumulation phenolischer Verbindungen im Blattparenchym (Schardt & al. 2006). Ende Mai erscheinen die Jungkäfer, die ebenfalls die Ressource Buchenblatt für ihren Reifungsfraß benötigen. Der polyphage Schwammspinner Lymantria dispar befrißt ein breites Spektrum einheimischer Laubbäume einschließlich der Buche, die bei Übervermehrungen auch Kahlfraß erleidet (Schwerdtfeger 1981). Hier wird die Hypothese getestet, dass der monophage Buchenspringrüßler durch seine Fraßinduktion die Nahrungsqualität des Buchenblattes für den Schwammspinner herabsetzt und damit beiträgt, seine Nische gegen einen polyphagen Konkurrenten zu verteidigen.
Seit mehreren Jahren ist Sulfurylfluorid (Sulfuryldifluorid, SF) als Schädlingsbekämpfungsmittel für den Materialschutz und den Vorratsschutz gegen Insekten gelistet. Insbesondere der Ersatz des ozonzerstörenden Brommethans wird in diesen Anwendungsgebieten überwiegend mit diesem Wirkstoff realisiert. Sulfurylfluorid gilt seit langer Zeit als ein bewährtes Begasungsmittel gegen Termiten in Holzhäusern in den Vereinigten Staaten. Als 2005 die Industrienationen gemäß den Beschlüssen des Montrealer Protokolls den Ausstieg aus der Brommethantechnologie umsetzten, gab es Zulassungen für die Leerraumentwesung im Vorratsschutz und Genehmigungen für die Verwendung im Holz- und Materialschutz gegen Insekten.
Zu den Ährenschädlingen am Winterweizen zählen die Gelbe Weizengallmücke (C. tritici (Kirby)) und die Orangerote Weizengallmücke (S. mosellana (Géhin)) (Holland & al., 1996). In Abhängigkeit vom Befallsstadium der Weizenähre und der Biologie der Erreger sind folgende Schadsymptome bekannt: Verminderung der Kornzahl pro Ähre (C. tritici) bzw. geschrumpfte oder missgebildete Körner (S. mosellana) (Mölck, 2006). Der Saatgutwert wird beeinträchtigt und die Backqualität beeinflusst (Miller & Halton, 1961). Hinsichtlich Prognose und Überwachung des Auftretens von Weizengallmücken gab es bisher keine praxistauglichen methodischen Ansätze im Bundesland Sachsen-Anhalt. Hinzu kommt, dass der derzeit verstärkt praktizierte pfluglose Anbau von Weizen nach Weizen ein höheres Befallsrisiko erwarten lässt. Mit der Identifikation von Sexualpheromonen, die als hoch attraktiv für Männchen von S. mosellana gelten (Gries & al., 2000), eröffnen sich nun neue Prognosemöglichkeiten. Die effektive Nutzung von Pheromonfallen zum Monitoring von Gallmücken könnte somit ein erster Baustein zur Erarbeitung praxistauglicher Richtwerte darstellen. In einer zweijährigen Testphase wurde in Zusammenarbeit mit der Landesanstalt für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau geprüft, ob die Pheromonfallen eine Gradationswahrscheinlichkeit der Problemschädlinge, insbesondere in Risikofruchtfolgen signalisieren können. Die Ergebnisse sowie Daten zu weiteren Überwachungsansätzen werden präsentiert.
Der Gemeine Nagekäfer Anobium punctatum ist in Mitteleuropa in Gebäuden weit verbreitet und kommt mitunter auch in Freilandhabitaten vor. Unter den verbautes Holz zerstörenden Insekten Mitteleuropas ist A. punctatum neben dem Hausbockkäfer Hylotrupes bajulus der gefährlichste Schädling und wird besonders an hölzernen Kunstgegenständen, Treppen und Möbeln gefürchtet. Das hohe Schadpotential liegt vor allem darin begründet, dass A. punctatum aufgrund seiner Ortstreue Holzobjekte über viele Generationen hinweg befällt und diese dabei weitgehend zerstört. Es kommt nicht selten vor, dass Holzkörper fast völlig ausgehöhlt und bis auf ⅓ ihrer Holzsubstanz zernagt werden, so dass nur noch die von Ausfluglöchern schrotschussartig durchbohrte Hülle stehen bleibt. Bohrgänge verschiedener Larven können dann verbunden sein. Die Weibchen von A. punctatum legen ihre Eier in der Regel an die Holzoberfläche in Risse und Spalten, die Eiablage kann aber auch im Innern von Bohrgängen erfolgen. Die Larven nagen sich dann in das Holz vor, wobei sie den Fraßgang hinter sich locker mit Bohrmehl verstopfen (Becker, 1942). Bisher wurde in der Literatur eine Vielzahl natürlicher Feinden von A. punctatum genannt, sowohl Spinnentiere als auch Insekten. Zur Biologie dieser Arten liegen einige wenige Untersuchungen vor (Becker, 1954). Die Kenntnis dieser Antagonisten ist nicht nur von grundlegendem Interesse, sondern kann potentiell auch für die Befallsüberwachung und Bekämpfung von A. punctatum genutzt werden. Um aktuelle Nachweise von Antagonisten von A. punctatum zu erlangen, wurden in der Allerheiligenkirche zu Erfurt umfangreiche Monitoringmaßnahmen durchgeführt.
Die Notwendigkeit des vorliegenden Beitrags zur Trichogramma-Fauna in Deutschland hat folgende Gründe: 1) Die Erfassung der Fauna dient der Kenntnis und der Erhaltung der genetischen und biologischen Vielfalt im Sinne der Konvention zur Biodiversität. 2) Die Gattung Trichogramma Westwood, 1833 (Hymenoptera: Trichogrammatidae) ist im biologischen Pflanzen- und Vorratsschutz weltweit von ökonomischem Nutzen. Das Spektrum möglicher Zielschädlinge umfasst in Deutschland mindestens 30 Schädlinge im Pflanzen- und Vorratsschutz (Zimmermann 2004). Als Eiparasitoide greifen sie bereits das Eistadium der Schädlinge an, was gegenüber allen anderen biologischen und chemischen Bekämpfungsmethoden ein entscheidender Vorteil ist. Trichogramma spp. werden in Mitteleuropa als einzige Nutzarthropoden großflächig im Freiland eingesetzt. Daher ist es von besonderer Bedeutung die natürlich auftretenden Arten und deren lokale Ökotypen zu charakterisieren, zu schützen und gegebenenfalls für die biologische Schädlingsbekämpfung zu nutzen. Nicht zuletzt im Hinblick auf eine zu erwartende Registrierungspflicht für Nützlinge in Deutschland ist es ein grundlegender Beitrag, die Wissenslücken hinsichtlich der einheimischen Trichogramma-Fauna aufzuzeigen.
Zehn Jahre sind seit der Vereinigung der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik vergangen. Aus zwei "Rationalstaaten" (C. Hacke) ist wieder ein Nationalstaat geworden. Die "Bundesrepublik" bildet auch heute noch einen Teil des Staatsnamens, aber die meisten haben sich wieder angewöhnt, einfach von "Deutschland" zu reden. Trotz aller Beschwörungen der Kontinuitätselemente zwischen alter und neuer Bundesrepublik überwiegt inzwischen die Differenz zwischen beiden. Diese wird in der Unterscheidung zwischen "Bonner" und "Berliner Republik" treffend eingefangen...
Der Befallsdruck durch den Erbsenwickler Cydia nigricana Fabricius (Lepidoptera: Tortricidae) hat in den letzten Jahren mit zunehmendem Erbsenanbau in allen Anbaugebieten stark zugenommen. Bedingt durch Ertragsausfälle und Qualitätsminderungen bei Futter- und Saaterbsen sowie durch eine sehr geringe Schadtoleranz von nur 0,5% bei der Gemüseerbsenproduktion ist C. nigricana heute einer der Hauptschädlinge im Erbsenanbau (Pittorf & Matthes 2004, Saucke et al. 2004, Jostock 2006). Gegenwärtig stehen im ökologischen Landbau keine wirksamen Methoden zur Kontrolle des Erbsenwicklers zur Verfügung. Infolgedessen gewinnen präventive Maßnahmen bei der Schädlingsregulierung zunehmend an Bedeutung (Schultz & Saucke 2005, Huusela-Veistola & Jauhiainen 2006). Ein Konzept zur Risikobewertung des Erbsenwicklerbefalls in Anbauregionen von Gemüseerbsen kombiniert mit einer bedarfsgerechten Option zur Direktbekämpfung soll in diesem Projekt entwickelt werden. Zur Einschätzung des Befallsrisikos soll eine empirische Begleitung und Dokumentation von Erbsenwicklerschäden in Anbauregionen von Gemüseerbsen unter Berücksichtigung der Anbauintensität von Körnererbsen erfolgen. Zusätzlich soll eine darauf abgestimmte kombinierte Anwendung von präventiver Anbauplanung und dem Einsatz natürlichen Pyrethrinen erarbeitet werden.
Der Westliche Maiswurzelbohrer (WCR) Diabrotica virgifera virgifera LeConte 1868 (Coleoptera, Chrysomelidae) ist einer der bedeutendsten Maisschädlinge weltweit. Alleine in den USA verursacht der Kosten (Schäden und Bekämpfungsmaßnahme von Larven und Adulten) von über 1 Mrd. US-Dollar Jahr. Der Hauptschaden wird durch die Larven verursacht, welche an den Wurzeln fressen und somit massive Ernteverluste herbeiführen können. Bei starkem Befall können auch die Adulten schädlich werden, sie durch Fraß an den Narbenfäden die Kornausbildung beeinträchtigen. Der Käfer stammt ursprünglich Mittelamerika und wurde Anfang der 90er Jahre in Europa (Balkangebiet) eingeschleppt. Es ist bekannt, dass sich die Larven des WCR auch an anderen monokotylen Pflanzen als Mais entwickeln können (Branson & Ortman 1967a & 1970, Moeser 2003, Oyediran & al 2004, Breitenbach & al 2005 / 2006). Dikotyle Pflanzen gehören nach heutigen Erkenntnissen nicht in das Wirtspflanzenspektrum Larven. Diese Untersuchungen fanden allerdings entweder in den USA oder im Labor statt und sind nur bedingt auf die europäische Feldsituation übertragbar. In 2004 wurden erstmals Freilandversuche Wirtspflanzenspektrum in Rumänien unter europäischen Freilandbedingungen durchgeführt (Breitenbach & al 2005). Diese Versuche wurden in 2005 und 2006 fortgeführt. Bis jetzt wurden 5 verschiedene Ungräser als mögliche Wirtspflanzen für die Larven des WCR unter Freilandbedingungen nachgewiesen.
Bei der ökologischen Bewertung des Pflanzenschutzes richtet sich die Aufmerksamkeit insbesondere auf die epigäischen Nutzarthropoden. In zahlreichen Studien wurden vor allem die Auswirkungen von Pflanzen-schutzmittelanwendungen auf bestimmte Nützlinge untersucht (Basedow 1987; Kokta 1989; Wehling & Heimbach 1991; Samaké 1999; Schützel 2005). Da besonders Laufkäfer (Carabidae), aber auch Webspinnen (Araneae) und Kurzflügelkäfer (Staphylinidae), „als Bioindikatoren für die ökologischen Auswirkungen des Pflanzenschutzes in Feldstudien“ (Freier & al. 1999) herangezogen werden können, lag die Aufmerksamkeit auf den genannten Nutzarthropoden. Beim Anbau von Zuckerrüben gilt die Aussaat von pilliertem, monokarpem Saatgut als Standard. Die zum Schutz der Kulturpflanze bei Keimung und Aufgang verfügbaren Insektizide wirken effektiv gegenüber verschiedenen Schädlingen. Eine Beurteilung der insektiziden Wirkstoffe hinsichtlich ihrer Nebenwirkungen gegenüber Nützlingen und indifferenten Arten wird im Zulassungsverfahren durch Prüfung einzelner Testorganismen entsprochen (Scharnhorst 2004). Im Rahmen einer Diplomarbeit (Weber 2006) wurde überprüft, welchen Einfluss unterschiedliche Wirksubstanzen auf epigäische Nutzarthropoden unter Freiland-bedingungen ausüben. Als Untersuchungsobjekte wurden Webspinnen, Laufkäfer und Kurzflügelkäfer aus-gewählt, da sie als natürliche Regulatoren von Schaderregern gelten und ihnen im Agroökosystem wichtige Regelfunktionen zukommen (Volkmar & Kreuter 2006).
Sand, Lehm und Aschen zur Bekämpfung von Vorrats- und Hygieneschädlingen werden seit Jahrhunderten eingesetzt. Der zunehmende Bedarf an umweltschonenden alternativen Schädlingsbekämpfungsmitteln führte zu einer Renaissance des Einsatzes inerter Stäube, insbesondere von amorphen Diatomeenerden. Bei diesen Stäuben handelt es sich um fossile Ablagerungen der Silikatskelette von Kieselalgen (Diatomeen). Der insektizide Wirkmechanismus von Diatomeenerden (DE) besteht hauptsächlich in der Physiosorption von Cuticulalipiden und damit einhergehender Zerstörung der vor Austrocknung schützenden Wachsschicht der Cuticula (Mewis & Ulrichs, 2001a). Bei höherer relativer Luftfeuchte kommt es jedoch zu einer Sättigung der DE mit Wasser und dadurch zu einer Herabsetzung der Lipidaufnahmefähigkeit, welche die Wirksamkeit von DE bestimmt. Um DE auch bei höheren relativen Luftfeuchten einsetzen zu können, werden sie nachträglich hydrophobisiert (Faulde & al., 2006) bzw. werden direkt hydrophobe, synthetische Kieselsäuren eingesetztoder DE in Kombination mit anderen natürlichen Insektiziden verwendet (Ulrichs & Mewis, 2000; Akbar & al., 2004). Eine zusätzliche Hydrophobisierung von DE ist jedoch mit zusätzlichen Kosten verbunden. Des Weiteren sind synthetische Kieselsäuren aufgrund der geringen Partikelgrößen und der schlechten elektrostatischen Aufladbarkeit alleine schwer applizierbar. In Kooperation mit der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe wurde deshalb an der Humboldt-Universität zu Berlin nach alternativen natürlichen Substanzen gesucht, die ähnliche physiko-chemische Eigenschaften aufweisen wie Diatomeenerden. Gefunden wurde ein natürlich vorkommendes Schichtsilikat mit großer Oberfläche, welches in den folgenden Versuchen mit AL06 bezeichnet wurde. In den durchgeführten Versuchen wurden insektizide Eigenschaften von AL06 im Vergleich zu weiteren natürlichen und synthetischen Silikaten untersucht.
Ziel des Reduktionsprogramms chemischer Pflanzenschutz ist es, die Anwendung von Pflanzenschutzmitteln (PSM) auf das notwendige Maß zu begrenzen (Backhaus & al. 2005). Als geeigneter quantitativer Indikator für die Kennzeichnung der Pflanzenschutzmittel-Anwendungsintensität findet der Behandlungsindex Verwendung. Praxisstudien sollen zeigen, wie sich eine längerfristige Reduktion der Anwendung von PSM auf betrieblicher Ebene auf den ökologischen Status quo von Ackerflächen auswirkt.
Mehr als 800 Arten von Pilzen sind als Pathogene von Insekten und anderen Arthropoden beschrieben (Tab. 1). Ohne Zweifel stellen diese Arten erst einen Bruchteil der tatsächlich existierenden Arten dar. Das zunehmende Interesse an diesen Pilzen und die um genetische Methoden erweiterten Identifikationsmöglichkeiten lassen ein rasches Ansteigen der Artenzahlen erwarten. Im Gegensatz zu den meisten anderen insektenpathogenen Organismen infizieren sie ihre Wirte durch die Kutikula. Sie sind weltweit verbreitet und spielen eine wichtige Rolle als natürliche Regulierungsfaktoren.
Engerlinge, die Larven der Scarabaeidae (Coleoptera), gehören weltweit zu den wichtigsten Bodenschädlingen und ihre Bedeutung scheint zuzunehmen. Wirksame, aber umweltschädigende und gesundheitsgefährdende Insektizide wurden verboten. In gewissen Regionen oder für bestimmte Indikationen waren nie welche bewilligt und im biologischen Anbau standen keine Bekämpfungsmittel zur Verfügung. Aus diesen Gründen wurde die Entwicklung von Mykoinsektiziden gegen Ende des letzten Jahrhunderts forciert. Heute stehen in der Schweiz zwei Produkte zur Verfügung: Ein Produkt basierend auf Beauveria brongniartii (Sacc.) Petch (Ascomycetes, Clavicipitaceae) zur Bekämpfung der Maikäfer (Melolontha melolontha L.)-Engerlinge und ein anderes basierend auf Metarhizium ansiopliae (Metschn.) Sorokin (Ascomycetes, Nectriaceae) zur Bekämpfung der Engerlinge des Juni- und des Gartenlaubkäfers [Amphimallon solostiale L., A. majale (Razoum.), Phyllopertha horticola L.]. Ersteres ist seit seiner Markteinführung 1991 zum Mittel der Wahl geworden, rund 2500 ha wurden bis heute damit behandelt (Keller, 2000a, 2004). Die Erfahrungen zeigen, dass besonderes Augenmerk auf die Qualität des Produktes und die Applikation sowie auf den Applikationszeitpunkt gelegt werden muss. Mit genetischen Markern stehen wirksame Hilfsmittel zum Studium der Ausbreitung, der Persistenz und der Nebenwirkungen zur Verfügung (Enkerli et al. 2001). Bei der Anwendung von M. anisopliae bestehen noch wenige Praxiserfahrungen. Das Produkt wurde bisher vorwiegend auf Golfplätzen eingesetzt. Über Langzeitwirkungen, die im Falle der Blastosporenanwendung von B. brongniartii gut dokumentiert sind (Keller, 2004), liegen erst wenige Daten vor. In den letzten Jahren wurden vermehrt Engerlingsschäden beobachtet, die durch zwei oder mehr Arten von Engerlingen verursacht werden. Wenn Maikäfer-Engerlinge beteiligt sind, stellt sich das Problem, dass zwei Pilzarten zur Bekämpfung eingesetzt werden müssen. Zur Zeit laufen Untersuchungen in solchen Schadgebieten, die Aufschluss geben werden über die wirksamste Art der Behandlung und über mögliche Interaktionen zwischen den Pilzen. In diesem Beitrag werden die neuesten Untersuchungsergebnisse vorgestellt.
Kurz nach ihrem Wahlsieg im Herbst 1998 verständigten sich die neuen Regierungsparteien SPD und Bündnis 90/Die Grünen im Rahmen der Koalitionsverhandlungen darauf, die Friedens- und Konfliktforschung verstärkt zu fördern. Die Koalitionsvereinbarung vom 20. Oktober 1998 formulierte im Kapitel Außenpolitik die Absicht der designierten Bundesregierung, sich "für den Aufbau einer Infrastruktur zur Krisenprävention und zivilen Konfliktbearbeitung" einzusetzen, wozu unter anderem die "finanzielle Förderung der Friedens- und Konfliktforschung" gehören sollte.
When Angela Merkel arrives at the United Nations for the opening of the 62nd session of the General Assembly on Tuesday [25 September] to deliver her first address as German chancellor she will be very well received. Just after two years in power she has already become something like a foreign policy legend...
Die Deutsche Vereinigung für Politische Wissenschaft ehrt mit dem Theodor Eschenburg-Preis das Lebenswerk herausragender deutscher Politikwissenschaftlerinnen und Politikwissenschaftler. Mit Helga Haftendorn als der diesjährigen Preisträgerin ehren wir eine Kollegin, die in einer seit mehr als 46 Jahre andauernden Schaffensphase ein sowohl quantitativ wie qualitativ beeindruckendes wissenschaftliches Œuvre vorgelegt hat, eine Kollegin, die national wie international und sowohl innerhalb der wissenschaftlichen Gemeinschaft als auch in außen- und sicherheitspolitischen Fachkreisen große Anerkennung gefunden hat...
Maize and rice constitute some of the most important cereals cultivated in the world, being used as staple food for people especially in Africa. The rice moth, Corcyra cephalonica, and the maize weevil, Sitophilus zeamais, are major pests of stored grains in the tropics. The use of parasitoids in biological pest control is already common in different agricultural and horticultural fields. At present, grain managers tend to look at alternatives to chemicals to control insects in stored grain. Lariophagus distinguendus (Förster) is a synovigenic, solitary larval and pupal ectoparasitoid of several beetle species that infest stored goods. The ability for long-range host finding of this parasitoid mediated by volatiles has been shown (Steidle & Schöller 1997). Habrobracon hebetor (Say) is a gregarious ectoparasitoid of many lepidopterous pests. This wasp occurs naturally in the stored grain ecosystem (Keever & al. 1985) where it attacks several pyralid moths, including the rice moth, Corcyra cephalonica. The present study was conducted to assess the host finding of the two parasitoids H. hebetor and L. distinguendus.
Die neue bipolare Welt
(2001)
Der 11. September 2001 wird in Zukunft für vieles stehen – unter anderem wohl auch dafür, daß er die Zukunft, wie andere historische Einbrüche zuvor, drastisch verengt hat. Die Weltpolitik war seit 1989 im Fluß. Klare Konturen hatte sie auch nach zwölf Jahren noch nicht gewonnen. Seit dem Frühherbst 2001 sind allerdings die diffusen Vorstellungen einer neuen Multi-Unipolarität unter den Bedingungen der Globalisierung wie weggewischt. Vieles spricht dafür, daß uns eine neue Bipolarität droht. Gewiß, die Perspektive des Zeitgenossen ähnelt immer dem Stochern im Nebel und die Zuflucht zu Metaphern (“Wasch mir den Pelz...”) und Analogien (“Kreuzzug für die Freiheit”) ist häufig das einzige, was Politikern wie Wissenschaftlern in Zeiten des Schocks und des daher wachsenden Orientierungsbedarfs bleibt. Die Wahrheit des Scheins, die die Wissenschaft scheut und daher im Begriff der Wahrscheinlichkeit versteckt hat, ist deshalb aber nicht weniger wirkungsmächtig. Wir können nur Vermutungen anstellen, aber wir müssen es auch, denn wir haben genauso wenig die Wahl, uns Vermutungen über die Zukunft nicht zuzumuten, wie wir die Wahl haben, in Zukunft nicht zu handeln. ...
Der Nachweis von H.a. mit Pheromonfallen bleibt weiterhin problematisch, ist aber für die Terminierung eines Nützlingseinsatzes von grundlegender Bedeutung. Die Pheromone wirken nur im unmittelbaren Umfeld des Befalls, wie auch Untersuchungen in 2006 bestätigen. Eine Distanz von 0,5-1,0km kann bereits eine nicht ausreichende Monitoringwirkung bedeuten. Prinzipiell könnten mit Pheromonfallen lediglich bekannte Befallsfelder aus dem Vorjahr überwacht werden. Da der Schädling in diesem Falle jedoch zufliegt und nicht standortgebunden überwintert, kann er unter Umständen an ganz anderer Stelle auftreten. Ein weitererBaustein der neuen Beobachtungsstrategie ist daher, einen zentralen Befallsort südlich von Freiburg, der fast jährlich angeflogen wird, mit einem engen Netz (< 500m Abstand) an Pheromonfallen zu überwachen. Zudem werden Felder und Gewächshäuser, die in den letzten Jahren mit H.a. befallen waren, soweit sie gemeldet wurden und bekannt sind, weiter mit Pheromonfallen beobachtet. Da eine Überwinterung noch nicht nachgewiesen wurde, sollte die Überwachung im späten Frühjahr im Mai beginnen, mit einem Zuflug wird, je nach Witterungslage, in der Regel ab August zu rechnen sein.
Die Larvalparasitoide Venturia canescens (Gravenhorst) und Habrobracon hebetor (Say) sind Parasitoide der Mehlmotte Ephestia kuehniella, der Dörrobstmotte Plodia interpunctella und der Tropischen Speichermotte E. cautella. H. hebetor ist ein idiobionter, gregärer Ektoparasitoid, d.h. die Wirtslarve wird vor der Eiablage paralysiert und mehrere Nachkommen entwickeln sich an einem Wirtstier (Hase, 1922). V. canescens ist ein koinobionter, solitärer Endoparasitoid, d.h. die Wirtslarve wird vor der Eiablage nicht paralysiert und nur ein Nachkomme entwickelt sich in einem Wirtstier, welches erst kurz vor der Verpuppung eingeht (1937). Press & al. (1977) zeigten in Versuchen in kleinen Versuchsgefäßen, dass V. canescens vollständig von H. hebetor unterdrückt wurde. Da bereits von V. parasitierte Larven von H.paralysiert und anschließend parasitiert wurden, konnte sich der Nachwuchs von V.nicht entwickeln. V.ihrerseits war nicht in der Lage, bereits von H.paralysierte Larven zu parasitieren. Press & al. (1977) schlussfolgerten daraus, dass V. canescens bei einer massenweisen Freilassung von H. hebetor zur biologischen Bekämpfung unter Praxisbedingungen verdrängt werden würde. Dennoch treten beide Parasitoide in Mühlen, Bäckereien und Lagerhäusern in Mitteleuropa auch bei einem Einsatz von H. hebetor zur biologischen Bekämpfung gemeinsam auf (Prozell & Schoeller, 1998; Lukas, 2002, Prozell & unveröffentl. Daten). Eine mögliche Erklärung könnte die bessere Wirtsfindungsfähigkeit von V. canescens in größeren Räumen sein. Das Wirtsfindungsvermögen beider Arten wurde bereits in einigen Arbeiten behandelt (Parra & Al., 1996; Desouhant & 2005), jedoch wurden die Auswirkungen auf die Konkurrenz dabei nicht betrachtet. Das Ziel dieser Arbeit war es daher, die räumliche Konkurrenz zwischen H. hebetor und V. canescens in Räumen mit zunehmendem Volumen zu untersuchen.