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Plattformen für Social Communities im Internet, wie Facebook, StudiVZ und XING, haben in den vergangenen Jahren rasant an Popularität gewonnen. Auf ihnen versammeln sich bereits heute Millionen von Nutzern weltweit. Sie verbinden sich über virtuelle Freundeslisten und tauschen sich über gemeinsame Interessen und Aktivitäten aus. Immer häufger werden dazu auch mobile Endgeräte wie Handys verwendet, erlauben diese doch ständig in Kontakt mit der Community zu bleiben. Allerdings wollen viele Nutzer längst nicht jedem Mitglied einer Community alles preisgeben. Doch wie lässt sich die Privatsphäre in solchen Communities besser schützen? Dieser Frage geht das Forschungsprojekt PICOS nach.
Mit Kuppel und Minarett? Häufig wird die Frage nach der Form einer Moschee als Stellvertreterfrage nach der Akzeptanz des Islam wahrgenommen. Doch könnten offene Diskussionen über die Gestaltung neuer Moscheen auch einen Weg zur funktionierenden Zivilgesellschaft darstellen, ohne dass Muslime und Nichtmuslime ihr eigenes Profil aufgeben müssen.
Echoortende Fledermäuse verfügen über ein hochauflösendes Gehör. Sie können anhand einer geringen Zeitverzögerung zwischen ausgesendetem Echoortungsruf und dem Echo die Entfernung von Objekten bestimmen. Je nach Spezies und deren spezifischer Ortungsstrategie gibt es unterschiedliche Typen von Ortungslauten. Die meisten Fledermäuse verwenden frequenzmodulierte (FM) Ortungssignale und zählen zu den FM-Fledermäusen. CF-FM-Fledermäuse verwenden dagegen zusätzlich zu FM-Komponenten konstantfrequente Signalelemente (CF-FM). Diese sind besonders zur Detektion flügelschlagender Beuteinsekten in dichter Vegetation von Vorteil. Im auditorischen Kortex (AC) von Fledermäusen existieren so genannte FM-FM-Neurone, die auf die Auswertung der Verzögerungszeiten zwischen Rufaussendung (FM-Ruf) und Echo (FM-Echo) spezialisiert sind. Eine Besonderheit von FM-FM-Neuronen ist, dass sie bei CF-FM-Fledermäusen systematisch, entsprechend ihrer bevorzugten Echoverzögerungen, im AC angeordnet sind. Somit sind die FM-FM-Neurone chronotop entlang einer rostro-kaudalen Achse organisiert. Solche FM-FM-Neurone wurden bislang auch in FM-Fledermäusen nachgewiesen, jedoch waren sie nicht chronotop organisiert. Ein Ziel dieser Promotionsarbeit war es, FM-FM-Neurone bei der FM-Fledermaus Carollia perspicillata hinsichtlich ihrer Eigenschaften und ihrer räumlichen Anordnung im AC zu untersuchen. Die Befunde der vorliegenden Studie an C. perspicillata zeigen, dass alle untersuchten Neurone im dorsalen AC sowohl auf hochfrequente Reintöne als auch auf FM-FM-Stimulation reagierten. Die Echoverzögerungen, auf welche die Neurone im Areal reagierten, lagen zwischen 1 und 32 ms, was einer Distanz zwischen Fledermaus und Objekt von 16 cm bis 5,3 m entspricht. Überraschenderweise waren die kortikalen FM-FM-Neurone bei C. perspicillata chronotop organisiert, ähnlich wie bei insektenfressenden CF-FM-Fledermäusen. Warum eine chronotope Anordnung von FM-FM-Neuronen im AC bei CF-FM-Fledermäusen von Nutzen sein kann, ist nicht geklärt. Bislang wurde vermutet, dass eine systematische Anordnung die Zeitverarbeitungsprozesse optimiert und vor allem beim Insektenjagen in dichter Vegetation vorteilhaft sein könnte. Der vorliegende Befund ist außergewöhnlich, da er zeigt, dass auch bei der überwiegend frugivoren Fledermaus C. perspicillata FM-FM-Neurone chronotop angeordnet sind, und damit verdeutlicht, dass der funktionelle Rückschluss hinsichtlich des Beutefangs neu diskutiert werden muss. Neben der Charakterisierung von FM-FM-Neuronen bei adulten C. perspicillata war Ziel der vorliegenden Arbeit, die postnatale Entwicklung des AC im Hinblick auf die Frequenzrepräsentation zu untersuchen. Während der Entwicklung von C. perspicillata wurden drei wichtige Veränderungen festgestellt: (1) Das Audiogramm zeigt, dass der Hörbereich von Neugeborenen charakteristische Frequenzen (CF) zwischen 15 und 80 kHz aufweist. Dieser Frequenzbereich entspricht etwa 72% des Hörbereichs von Adulten. Während der ersten vier postnatalen Entwicklungswochen findet eine Frequenzverschiebung um etwa 0,4 Oktaven hin zu höheren Frequenzen statt. Insgesamt erhöhen sich die CF der Neurone im dorsalen AC von Neugeborenen bis hin zu Adulten um 30 kHz. (2) Die Sensitivität der hochfrequenten Neurone nimmt während der ersten postnatalen Woche um 15 dB zu und bleibt ab dieser Entwicklungsphase relativ konstant. (3) Die Sensitivität der tieffrequenten Neurone im ventralen AC nimmt im Laufe der Entwicklung um etwa 30 dB zu. Die CF der tieffrequenten Neurone sinken unerwartet während der postnatalen Entwicklung von Juvenilen zu Adulten um etwa 10 kHz. Diese Ergebnisse könnten auf eine bidirektionale Ausreifung der Cochlea hinweisen. Eine dritte ontogenetische Teilstudie der vorliegenden Arbeit befasste sich erstmalig mit den FM-FM-Neuronen und deren Organisation während der postnatalen Entwicklung. Die Befunde zeigen, dass während der Ontogenese drei wichtige Modifikationen auftreten: (1) Bereits bei Neugeborenen liegt der Anteil an FM-FM-Neuronen bei 21% im Vergleich zur Aktivität auf Reintöne. Dieser Anteil nimmt in der ersten Entwicklungswoche auf 56% zu und steigt einhergehend mit der beginnenden Flugtüchtigkeit der Tiere in der dritten Entwicklungswoche abrupt auf 84%. (2) Bei Neugeborenen werden im Vergleich zu älteren Entwicklungsphasen ausschließlich Entfernungen zwischen Fledermaus und Objekt von 50 cm bis 2,5 m auf neuronaler Ebene mittels FM-FM-Neurone codiert. Bereits nach der ersten postnatalen Woche sind die CD ähnlich verteilt wie bei adulten Tieren. Die Sensitivität an den CD nimmt während der Entwicklung vom Neugeborenen zum Adulten um etwa 20 dB zu. (3) Bereits bei Neugeborenen sind die FM-FM-Neurone im dorsalen AC chronotop angeordnet und über alle Altersgruppen hinweg bleibt die Chronotopie bestehen. Die Befunde der vorliegenden Studie zeigen erstmalig, dass die kortikalen Zeitverarbeitungsareale und die Chronotopie pränatal angelegt werden.
Schlangengifte enthalten einen ganzen Arzneischrank voller hochwirksamer Stoffe, die binnen kurzer Zeit zu Schock, Lähmung oder unstillbaren Blutungen führen können. Forscher interessieren sich vor allem für Verbindungen, welche die Blutgerinnung hemmen, denn sie könnten pharmakologisch interessante Leitstrukturen für neue Wirkstoffe sein, die das Risiko eines Herzinfarkts, Gehirnschlags und anderer Thrombosen mindern.
Nach den Worten des Bundesverfassungsgerichts ist die Gewaltenteilung ein tragendes Organisationsprinzip des Grundgesetzes (BVerfGE 3, S. 225 ff. [247]). Keine Gewalt darf ein von der Verfassung nicht vorgesehenes Übergewicht über die andere Gewalt erhalten (BVerfGE 9, S. 268 ff. [279]). Wo in der deutschen Verfassungswirklichkeit im Verhältnis zwischen Exekutive und Judikative solche Organisationsstrukturen von zureichender Wirkungskraft zu finden sind, stellt das Bundesverfassungsgericht nicht klar. Die allein mit rechtswissenschaftlichen Instrumentarien nicht zu klärende Frage, ob die Bundesrepublik Deutschland bereits Organisationsstrukturen besitzt, die ein psychosoziales Übergewicht der Exekutive über die Rechtsprechung ausschließen, begegnet bei näherer Betrachtung der Verfassungswirklichkeit in Deutschland (Kapitel III., Schwerpunkt der Dissertation) erheblichen Zweifeln. Die nach dem Ende des 2. Weltkriegs vorgefundene und bis heute in ihrer Grundstruktur unveränderte Verwaltung der Dritten Gewalt durch die Exekutive entspricht nicht den Zielen des Gewaltenteilungsprinzips. Ein Prinzip ist eine Einsicht, ein Ziel und eine Handlungsregel, die methodisch am Anfang eines theoretischen Aufbaus oder Systems von Handlungsorientierungen steht. Montesquieu umschreibt die seinem Gewaltenteilungsprinzip zu Grunde liegende anthropologische Einsicht mit den Worten: „Eine ewige Erfahrung lehrt jedoch, dass jeder Mensch, der Macht hat, dazu getrieben wird, sie zu missbrauchen. Er geht immer weiter, bis er an Grenzen stößt. Wer hätte das gedacht: Sogar die Tugend hat Grenzen nötig“. Die deutsche Verfassungswirklichkeit der Rechtsprechung kennt keine Schutzgrenzen gegenüber der Exekutive. Es gibt keine Organisationsstrukturen, die subtile Übergriffe der vollziehenden Gewalt auf die Rechtsprechung von vornherein objektiv unmöglich machten. Deutschland begnügt sich mit Appellen an die mit der Justizverwaltung betrauten Regierungsmitglieder (i.d.R. Justizminister) und an die ihnen nachgeordneten Staatsorgane (z.B. Gerichtspräsidenten); sie hofft auf deren Rechtstreue und Augenmaß. Deutschland folgt dem Hoffnungsprinzip, nicht dem Gewaltenteilungsprinzip. Das im Grundgesetz festgeschriebene Prinzip der Gewaltenteilung organisatorisch umzusetzen, ist ein Ziel und eine Handlungsregel und damit eine vom Grundgesetz gestellte Aufgabe (a.M. BVerfGE 55, S. 372 ff. [388]). Die der Dreiteilung der Staatsgewalten (Art. 20 II 2 GG) vorausgehende anthropologische Einsicht Montesquieus ist überdies einer der bei der Auslegung des Grundgesetzes anzulegenden Maßstäbe. Der Wortlaut des Art. 92 erster Halbsatz GG ist die an die Spitze des Abschnitts „IX. Die Rechtsprechung“ gestellte Bestätigung der Grundentscheidung des Art. 20 II 2 GG für die Gewaltenteilung. Er bringt den Willen des Grundgesetzes zum Ausdruck, dass in der Verfassungswirklichkeit Deutschlands die rechtsprechende Gewalt in einer organisatorisch gleich wirkungsvollen Weise den Richtern anvertraut sein möge wie die gesetzgebende Gewalt den Parlamentsabgeordneten.
Untersuchung der Konformation und Dynamik von RNA mit Hilfe fluoreszierender Farbstoffmoleküle
(2010)
Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit der Untersuchung der konformationellen und elektronischen Eigenschaften sowie der Dynamik verschiedener RNA-Systeme. Zur Durchführung dieser Experimente wurde zusätzlich zu bereits vorhandenen statischen und zeitaufgelösten Absorptionsspektrometern im Rahmen dieser Arbeit eine Apparatur zur Messung von Fluoreszenzlebensdauern entwickelt, die durch die integrative Verwendung zweier verschiedener, etablierter Technologien (TCSPC und Aufkonvertierung) über einen weiten Zeitbereich von 9 Größenordnungen (100 fs - 0,1 ms) operiert. Mit diesem Aufbau konnten neben den RNA-Studien wichtige Beiträge zum Verständnis der Isomerisierung eines Retinalproteins, des Transportprozess des Membrantransportproteins TbSMR und der im Infraroten liegenden Fluoreszenz des Radikalkations von Astaxanthin gewonnen werden. Der Schwerpunkt der vorliegenden Arbeit liegt auf der Untersuchung verschiedener RNA-Systeme: So werden die optischen Eigenschaften einer 1-Ethinylpyren-modifzierten RNA-Adeninbase allein und in RNA-Strängen eingebunden untersucht. Statische Fluoreszenzmessungen zeigen einen ausgeprägten Ladungstransfercharakter des Chromophors und eine generell große Wechselwirkung zwischen Ethinylpyren und Adenin, die in einer substanziellen Änderung der optischen Eigenschaften des Pyrens resultiert. Die Untersuchung der schnellen Photodynamik von Pyrenadenin zeigt zudem eine Verringerung der Lebensdauer von Pyren um etwa 2 Größenordnungen. Pyrenadenin zeigt sowohl Fluoreszenz eines neutralen (100-200 ps), als auch eines energetisch tiefer liegenden Ladungstransferzustands (1-2 ns). Die Formationszeit des Ladungstransferzustandes fällt mit steigender Polarität des Lösemittels. Eingebunden in Modell-RNA-Stränge ist Fluoreszenzquantenausbeute des Chromophors ein deutlicher Indikator für seine Interkalation. Nur in der stabileren Umgebung von GC-Basenpaaren ist das Pyren in der Lage, sich dauerhaft innerhalb des Duplex aufzuhalten, während in einer flexibleren AU-Umgebung eine Position außerhalb des RNA-Duplex präferiert wird. Transiente Absorptionsmessungen zeigen, dass die Photophysik des in RNA eingebundenen Pyrenadenins nur kleine Variationen im Vergleich zur Photophysik des Labels allein aufweist. Die deutliche Abnahme der Quantenausbeute des interkalierten Chromophors geht hauptsächlich auf Kosten der langlebigeren Ladungstransferfluoreszenz, so dass interkaliertes Pyren insgesamt schneller in den Grundzustand zurückkehrt als nicht interkaliertes. Mit Hilfe eines doppelt modifizierten Duplex, bei dem sich jeweils ein Farbstoff an einem der beiden Stränge befindet, kann nachgewiesen werden, dass aufgrund von Exzimerwechselwirkungen eine Verschiebung des Fluoreszenzmaximums von 35 nm auftritt. Kurzzeitspektroskopische Messungen zeigen Signale, die als Superposition von Monomeren und Exzimeren interpretiert werden können, wobei die Lebensdauer des letzteren mit 18,5 ns die der Monomerkomponente um ein Vielfaches übertrifft. Ein weiterer Teil dieser Arbeit beschäftigt sich mit einer Studie zur Bindung des fluoreszenten Liganden Tetrazyklin an das Tetrazyklin bindende Aptamer. Hier wird auf Basis verschiedener Mutanten mit Hilfe des TCSPC eine Analyse der Stabilität der Bindetasche sowie mit der Stopped-Flow-Methode eine Beobachtung des Bindungsprozesses durchgeführt. Insgesamt folgt die Bindung des Tetrazyklins an das Aptamer einer zweistufigen Kinetik, deren zweiter Schritt irreversibel ist. Die Bindung läuft, verglichen mit anderen Aptameren, sehr schnell ab. Während die Mutationen von A13 und A50,die direkte Kontakte zum Substrat bilden, nur einen leichten Einfluss auf beide Bindungsschritte ausüben, führt eine Mutation der für die Präformation verantwortlichen Base A9 zu einer Verlangsamung des Bindungsprozesses um mehr als einen Faktor 20 durch eine immens gesteigerten Rückreaktionsrate des ersten Bindungsschritts. Hieraus lässt sich schließen, dass bei fehlender Präformation des Aptamers nur wenige Tetrazyklinmoleküle ein für vollständige Bindung geeignetes Aptamer vorfinden. Die Bindung an A13 und A50 geschieht bereits im ersten Schritt des Bindungsprozesses. Ferner konnte anhand von Lebensdauermessungen gezeigt werden, dass nach dem Wildtyp die Mutante A9G die stabilste Bindetasche aufwies. Das Fehlen eines direkten Kontaktes wirkt sich deutlich stärker aus. Insbesondere führt die Abwesenheit der Fixierung des Gegenions durch A50 zu der instabilsten Bindetasche. Wie in dieser Arbeit gezeigt wird, ist die zeitaufgelöste optische Spektroskopie insbesondere in Verbindung mit fluoreszierenden Molekülen ein ausgezeichnetes Mittel zur Beobachtung von Struktur und Dynamik von RNA. Die Empfindlichkeit von Fluoreszenz auf die Veränderung der Umgebung des Chromophors erlaubt es, Konformationsdynamik und elektronische Konfigurationen in Echtzeit zu beobachten.
Die vorliegende Dissertationsschrift befasst sich mit der molekulargenetischen Analyse zweier Basalganglienerkrankungen. Zum einen wurden Patienten mit M. Parkinson genetisch untersucht, zum anderen Patienten mit autosomal dominanter zervikaler Torsionsdystonie. Die Aufgabe bestand in der passenden Wahl der Methode zur jeweiligen humangenetischen Fragestellung. Der erste Teil handelte von der Suche der krankheitsverursachenden Mutation für die autosomal dominante zervikale Torsionsdystonie mit Spätmanifestation auf Chromosom 18p (Kandidatenlokus DYT7). Die erkrankte Familie deutscher Herkunft zeigt dystone Symptome mit Betonung auf kraniozervikale und brachiale Körperabschnitte und ist somit die weltweit einzige bekannte Familie mit Vererbung dieser ansonsten sporadisch auftretenden Erkrankung. Die PCR-Sequenzierung der Kandidatengene ZFP161, LOC390828, NDUFV2 und PTPRM auf dem DYT7 Lokus erbrachte bei den sieben erkrankten Familienmitgliedern im Vergleich zu nicht verwandten Kontrollen (Ehepartner und 96 Kontrollen der Blutbank) keinen Aminosäureaustausch, der ausschließlich bei den erkrankten Probanden zu finden war. Technisch konzentrierte sich diese Untersuchung auf die Amplifizierung und anschließende Sequenzierung jedes einzelnen Exons in den zu untersuchenden Proben, und die Bestätigung einer putativen Mutation mittels Verdau der PCR-Produkte durch Restriktionsendonukleasen. Die Auswahl der Kandidatengene erfolgte aufgrund der Annahme pathobiochemischer Mechanismen, die durch andere Formen der vererbten Torsionsdystonie oder zellbiologische Experimente als krankheitsverursachend gelten. Auch wenn keine Mutation gefunden wurde, so konnten bereits bekannte und neue single nucleotide polymorphisms (SNP) etabliert werden. Die zweite Thematik befasste sich mit der Frage, ob das bereits bekannte Parkinson-Gen UCH-L1 auf dem PARK5 Lokus krankheitsverursachend für den autosomal dominanten M. Parkinson in einer spanischen Familie ist. Diese parametrische Kopplungsanalyse wurde mithilfe der heißen Polyacrylamid-Gelelektrophorese (PAGE) durchgeführt. Dabei konnte in allen Patienten und den Verwandten ersten Grades über Analyse der Mikrosatelliten nördlich und südlich der Kandidatenregion (UCH-L1) in einem Bereich sehr niedriger Rekombinationswahrscheinlichkeit eine Haplotypisierung erfolgen. Die Haplotypisierung zeigte nicht die erforderliche Identifizierung eines Krankheitsallels bei allen betroffenen Probanden. Somit ist hier neben der einzig bekannten deutschen PARK5 Familie keine weitere Familie mit UCH-L1 Mutation bestätigt worden. Dementsprechend ist die Ätiologie dieser Erkrankung in dieser Familie noch unklar, was aber der Bedeutung des Ubiquitin-Proteasom Systems in der Parkinson-Entität keinen Abbruch getan hat. Da alle anderen autosomal dominanten Parkinson-Loci ausgeschlossen sind, muss sich die Ursache für den M. Parkinson in dieser Familie in einem heute noch unbekannten Gen befinden. Weitere Untersuchungen im Rahmen eines Genomscans sind aufgrund der geringen Fallzahl nicht möglich. Die letzte Aufgabe dieser Arbeit bestand in der Durchführung einer Assoziationsstudie mit den putativen PINK1 (PARK6) Interaktoren NME4 und MTIF3 für den mehrheitlich sporadisch auftretenden M. Parkinson. Dabei wurden in zwei unabhängigen Studiengruppen mit insgesamt 453 sporadischen Parkinsonpatienten und 370 Kontrollen jeweils zwei SNPs auf gekoppelte Vererbung mit der Erkrankung untersucht. Der Unterschied zwischen den Testgruppen bestand im Studiendesign, da zum einen mit den Patienten nicht verwandte Kontrollen und zum anderen verwandte Kontrollen verwendet wurden. Die mit beiden Studientypen normalerweise auftretenden Probleme durch Stratifikation bzw. erniedrigte statistische Power konnten durch Kombination der Studien ausgeglichen werden. Das Methodenspektrum umfasste PCR und Restriktionsverdau, was zum Auffinden eines Kopplungsungleichgewichts für das Gen MTIF3 führte. Ein heterozygoter Basenaustausch für den Polymorphismus rs7669 erhöht signifikant das Relative Risiko an M. Parkinson zu erkranken, wohingegen der homozygote Basenaustausch das Krankheitsrisiko des Trägers signifikant erniedrigt. Bezüglich des Relativen Risikos wurde der Effekt der molekularen Heterosis nachgewiesen. Bei diesem mitochondrial lokalisierten Gen handelt es sich um einen Initiator der mitochondrialen Translation. Demzufolge besteht hier Einfluss auf die Homöostase und somit Funktionalität der Atmungskettenkomplexe, die als bedeutend für die Pathogenese des M. Parkinson angesehen werden. Die Verbindung zum mitochondrial lokalisierten PINK1 besteht aufgrund seiner Kinase-Aktivität in der An- und Abschaltung des mitochondrialen Translations - Initiationsfaktors. Aber auch die Wichtigkeit von NME4 konnte in dieser Studie trotz fehlender Assoziation nicht ausgeschlossen werden, da vorangehende experimentelle Ergebnisse dieses Protein bereits in den PINK1 Signalweg zuordnen konnten. MTIF3 könnte wohlmöglich ein wichtiger genetische Risikofaktor für den idiopathischen M. Parkinson sein. Es bleibt abzuwarten, ob zukünftige genetische und zellbiologische Experimente die Wichtigkeit, die in diesem Protein zu liegen scheint, bestätigen können.
Der G-Protein-gekoppelte Histamin-H3-Rezeptor (H3R) ist einer von vier bekannten Histamin-Rezeptorsubtypen. Die Verbreitung erstreckt sich hauptsächlich auf das ZNS, wo der Rezeptor maßgeblich an der Regulation des Schlaf-Wach-Rhythmus, der Kognition, der Aufmerksamkeit und dem Ernährungsverhalten beteiligt ist. Als Autorezeptor reguliert er die Darstellung und Freisetzung von Histamin im Gehirn und moduliert darüberhinaus als Heterorezeptor auch die Konzentration anderer wichtiger Neurotransmitter. Ein Ansatz für die Entwicklung neuer Arzneistoffe bei multifaktoriellen Erkrankungen entspringt der Hybridtheorie. In dieser Arbeit wurde der Hybridansatz durch verschiedene Varianten realisiert, bei denen die jeweiligen Pharmakophore durch Überlappung oder Aneinanderkopplung verknüpft wurden. Als Grundstruktur für das H3-Pharmakophor diente das 4-(3-Piperidin-1-ylpropoxy)-phenyl-Element, als andersartige Pharmakophore dienten neben Arzneistoffen aus der Gruppe der Neuroleptika, Antidepressiva und SSRI auch solche Pharmakophore, die das Wirkprofil von H3R-Liganden durch spezifische Eigenschaften (z. B. neuroprotektiv) ergänzen können. Bei der Kopplung der Pharmakophore lag der Fokus auf der Untersuchung von Aminvariationen. Mit Hilfe des Hybridansatzes wurden in dieser Arbeit zahlreiche neue und potente Histamin-H3-Hybridliganden entwickelt. Es wurden hohe Bindungsaffinitäten im nano- bis subnanomolare Bereich erzielt und wichtige Struktur-Wirkungsbeziehungen abgeleitet. In-vitro zeigte sich eine hohe Toleranz des H3R bezüglich der heterogenen Liganden, darunter solche mit sterisch anspruchsvollen, stark basischen und sauren Gruppen.
Einführung Seit Einführung der Diffusionstensorbildgebung- (DTI) basierten Traktographie von zerebralen Bahnsystemen besteht der Verdacht einer zu dünnen Ausdehnung der Faserbahnen in der unmittelbaren Nachbarschaft von zerebralen Läsionen. Der gegenüber der tatsächlichen Ausdehnung verminderte Durchmesser verjüngt sich zusätzlich mit zunehmendem Abstand von dem sog. seed-Volume (“seed-VOI”). Die unterrepräsentierte Ausdehnung der Faserbahnen stellt in der neurochirurgischen Operationsplanung und intraoperativen Neuronavigation ein erhebliches Problem bei der Beurteilung der Resektionsgrenzen von Tumoren bzw. der Grenze dringlich zu erhaltender eloquenter Faserbahnen dar. Mit einem zusätzlichen, auf die Läsion fokussierten Traktographie-Algorithmus – Lesion-based Fibertracking (LBFT) – soll die Auswertbarkeit von Faserbahnen in der Umgebung von intrazerebralen Läsionen verbessert werden. Der Algorithmus von LBFT wird vorgestellt und das Verfahren anhand der Darstellung von Bahnen des Tractus corticospinalis (TCS) mit dem Standardverfahren verglichen. Methode In 40 Patienten mit intrazerebralen Läsionen in Nachbarschaft zu kortikospinalen Bahnen (Pyramidenbahn) wurde eine Diffusionstensor-bildgebung und fMRT basierte Faserbahndarstellung des Tractus corticospinalis auf Grundlage eines „tensor-deflection-Algorithmus“ (TEND) durchgeführt. Hierfür wurden Bahnen von den kortikalen motorischen Repräsentationen der Hand, des Fußes und der Zunge zum Hirnstamm visualisiert. Im Standardverfahren wird ein würfelförmiges Volumen – das sog. seed-Volume oder Ursprungsvolumen – im Gyrus praecentralis entsprechend der anatomischen und funktionellen Bildgebung definiert. Ein zweites würfelförmiges Volumen, lokalisiert im Hirnstamm selektiert ausschließlich Fasern welche durch beide Volumen verlaufen. Die resultierenden Fasern werden bezüglich ihres Verlaufes durch typische anatomische Landmarken kontrolliert und ggf. korrigiert. Anschließend wird das Faserbündel mittels einer Oberflächenrekonstruktionstechnik („surface rendering“) dreidimensional rekonstruiert (iPlan 2.5Cranial, BrainLab®, Feldkirchen, Germany). Für das neue Verfahren des LBFT wird die Region definiert, in welcher die Faserbahn des Standardverfahrens der Läsion am nächsten kommt und hier, um die Faserbahn des Standardverfahrens, ein neues seed-Volume platziert, welches das Standardfaserbündel um 10 mm überragt. Traktographie und Segmentierung werden analog dem Standardverfahren durchgeführt. Fasern, die nicht den Gyrus praecentralis erreichen oder nicht durch den Pedunculus cerebri verlaufen, werden eliminiert. Die Faserzahl, die Größe der Faserbahnen und die Größendifferenz zwischen den Bahnen des Standardverfahrens und LBFT werden verglichen und das Verfahren auf inter- und intra-rater Reliabilität geprüft. Ergebnisse Das Standardverfahren und LBFT waren in allen 40 Patienten durchführbar. Die Faserzahl bei LBFT erhöhte sich signifikant gegenüber dem Standardverfahren um 383,27% (p<0,0001). Der maximale Durchmesser in der Ebene, in welcher das Faserbündel der Läsion am nächsten kommt, sowie der Durchmesser in Richtung der Läsion erhöhen sich signifikant um 171,75 % bzw. 196,45 % (jeweils p<0.0001). Daraus folgt eine durchschnittliche Zunahme des Durchmessers in Richtung der Läsion um 4.48mm (± 2.35). Fazit Die Fehleinschätzung des Durchmessers und der Distanz des TCS zu subkortikalen Läsionen bei Anwendung des Standardverfahrens DTI-basierter Traktographie stellt ein erhebliches Problem in der funktionellen neurochirurgischen Operationsplanung und intraoperativen Neuronavigation dar. Durch den zusätzlichen Schritt des LBFT kann die Fehleinschätzung korrigiert und der in vorhergehenden Studien eingeforderte Sicherheitsabstand standardisiert robust und reliabel realisiert werden.
Die lutherische Reformation war nicht nur eine Reformation von Glauben und Leben, sondern auch eine solche von Tod und Sterben. Mit den Predigten Luthers bei den Begräbnisfeierlichkeiten für die sächsischen Kurfürsten Friedrich den Weisen (1525) und Johann den Beständigen (1532), der Predigt bei Luthers eigenem Begräbnis (1546) und den jeweils begleitenden biographischen orationes Philipp Melanchthons formte sich eine neue Gattung der Totenmemoria aus, die von den Wittenberger Theologiestudenten an ihre späteren Wirkungsorte getragen wurde. Sie selbst waren es dann, in ihrer Funktion als Prediger, die das neue Medium der Leichenpredigt zu ihrer eigenen Verortung in der frühneuzeitlichen Gesellschaft nutzten, indem sie die Gruppe der evangelischen Geistlichen, in der Gestalt des jeweils Verstorbenen, als nachahmenswertes Vorbild christlicher Tugend priesen und ihre Rolle für den gesellschaftlichen Zusammenhalt herausstellten. Das so gezeichnete Bild bringt nicht nur das Amtsverständnis zum Ausdruck, sondern wirft auch Licht auf die jeweiligen Zeitumstände, den Bildungsweg der Verstorbenen, ihre Berufung als Prediger, Heiratsstrategien, Kinder und deren Entwicklung, Zuständigkeitsverteilungen im Amt, gesundheitliche und andere Beschwerden, ihren seelsorgerlichen Einsatz, ihre konfessionelle Ausrichtung und schließlich das ritualisierte Sterben. Somit sind gedruckte Leichenpredigten eine vielseitig auswertbare Quelle zur frühneuzeitlichen Alltagskultur, insbesondere hinsichtlich der Bevölkerungsgruppe, die uns sowohl als deren Autoren, wie als Verstorbene gegenübertritt. Die lutherische Reichsstadt Frankfurt am Main, deren Geistliche sich zur gemeinsamen Beratung in einem „Predigerministerium“ zusammenfanden, bietet hier ein besonders lohnendes Untersuchungsfeld. Die gute Überlieferungslage, die Bedeutung Frankfurts im Alten Reich, wie auch das, gerade am Beginn der Reformationsepoche, spannungsreiche Miteinander von Rat und Predigern ermöglichen es, an ausgewählten Beispielen die Etablierung, das Selbstverständnis und die wechselnden theologischen Herausforderungen der mit der Reformation entstandenen neuen Sozialgruppe der evangelischen Geistlichkeit im Wandel dreier Jahrhunderte zu verfolgen.
Die Virtuelle Fachbibliothek Biologie (www.vifabio.de) bündelt die Recherche nach wissenschaftlich hochwertigen Quellen aus Bibliotheken, Aufsatzbanken und Internet. Zentrales Element von vifabio ist dabei der Virtuelle Katalog: Mit einer Suchanfrage werden mehrere Kataloge zoologisch bzw. ornithologisch relevanter Bibliotheken, Zeitschriftendatenbanken wie Zoological Record (Nationallizenz 1864 bis 2007 für Nutzer in akademischen Einrichtungen), BioLIS und der Aufsatzkatalog OLC, sowie Landesbibliographien und der Internetquellen-Führer von vifabio durchsucht. Verlinkungen zur Elektronischen Zeitschriftenbibliothek Regensburg (EZB), zum Lieferdienst subito sowie zum Karlsruher Virtuellen Katalog (KVK) erleichtern den Zugang zum Volltext oder zum gedruckten Exemplar. Weitere Module von vifabio wie der Internetquellen-Führer bzw. der Datenbank-Führer eröffnen zusätzliche Rechercheoptionen.
Die Allmacht der göttlichen Gnade in der Gaudiya-Vaisnava-Theologie Srila Bhaktivinoda Thakuras
(2010)
Yajnavalkya : seine Philosophie – seine Soteriologie ; Klaus Mylius zum 80. Geburtstag gewidmet
(2010)
Rezension zu: Gaye Suse Kromer: Obszöne Lust oder etablierte Unterhaltung? Zur Rezeption pornografischer Filme. Hamburg: Diplomica Verlag 2008. 232 Seiten, ISBN 978-3-8366-6730-2, € 39,50 Die Autorin befragte vier Männer und vier Frauen zu ihrer Pornografienutzung und ihren Rezeptionserfahrungen mit dem pornografischen Film Adrenalin (Italien 2003). Selbst nach Maßstäben einer Qualifikationsarbeit überzeugen die Überblickskapitel zu Rechtsgrundlagen, Definition und Geschichte des pornografischen Films, zur theoretischen und fachlichen Verortung nicht; diese werden später auch nicht auf die Interviews bezogen. Den Hauptteil stellen die Interviews dar. Der Autorin gelingt es nur teilweise – so bei der Entwicklung der Leitfragen –, stringente Kategorien für die Auswertung der qualitativen Interviews zu entwickeln. Die im Anhang des Buches abgedruckten Interviews stellen eine interessante Quelle für die Erforschung der Rezeption pornografischer Filme dar.
Wassergefiltertes Infrarot A (wIRA) ist eine spezielle Form der Wärmestrahlung mit hohem Penetrationsvermögen ins Gewebe bei geringer thermischer Oberflächenbelastung. wIRA entspricht dem Großteil der Sonnenwärmestrahlung, die in gemäßigten Klimazonen die Erdoberfläche wasserdampfgefiltert erreicht. wIRA steigert die drei energetisch für die Wundheilung wichtigen Faktoren Temperatur, Sauerstoffpartialdruck und Durchblutung im Gewebe. wIRA mindert Schmerzen, Entzündung und Wundsekretion. Entsprechend kann wIRA sehr gut zur Verbesserung der Wundheilung bei akuten und chronischen Wunden eingesetzt werden.
Im Rahmen der vorliegenden Arbeit wurde eine allgemein anwendbare Methode zur Identifizierung und Quantifizierung kleiner Moleküle mittels MALDI-TOF-MS entwickelt. Dabei wurden zahlreiche Analyten, wie unterschiedliche Arzneistoffe, Neurotransmitter und Lebensmittelinhaltsstoffe in verschiedenen Probenmatrizes analysiert. Bei den verwendeten Matrizes wurden mit a-Cyano-4-Hydroxy-Zimtsäure (CHCA) die besten Ergebnisse erzielt. Es zeigte sich jedoch, dass die Probenpräparation wichtiger war als die Wahl der Matrix, da auch mit anderen Matrizes bei optimierter Probenpräparation sensitive Messungen im niedrigen Massenbereich möglich waren. Insbesondere eine schnelle Trocknung des Probenspots, und damit verbunden die Bildung kleiner Kristalle, ist für die Analytik kleiner Moleküle hilfreich. Bei gleichzeitiger Verwendung geringer Matrixkonzentrationen und geringer Laserintensität konnte so der störende Matrixhintergrund minimiert werden. Eine noch stärkere Suppression der Matrixsignale bei gleichzeitiger Anreicherung der Analyten auf dem Probenspot konnte durch eine Dünnschichtpräparation (TLP) mit CHCA und Nitrozellulose erreicht werden. Allerdings war die TLP für eine automatische Quantifizierung kleiner Moleküle nur bedingt geeignet. Die für kleine Moleküle so wichtige Quantifizierung war durch Verwendung einer optimierten schnell trocknenden Dried Droplet Präparation (DDP) möglich. Die Kombination dieser optimierten DDP mit ausreichend aufsummierten Einzelschussspektren bei gleichzeitiger Verwendung eines internen Standards (IS) ermöglichte eine valide Quantifizierung mit guter Präzision, Linearität und Richtigkeit. Dabei erfüllten die quantifizierten Analyten die Vorgaben der FDA für Präzision und Richtigkeit. Diese Quantifizierungsmethode wurde an Mischungen unterschiedlicher Arzneistoffe, sowohl in Standardlösungen als auch in humanem Plasma, erfolgreich durchgeführt. Dabei genügte ein einziger interner Standard, um alle Arzneistoffe der Mischung schnell und sensitiv zu bestimmen (Bestimmungsgrenze 1-5 ng/ml). Weiterhin war es möglich, den Wirkstoff einer pharmazeutischen Tablette ohne aufwändige Probenvorbereitung schnell und genau zu bestimmen. Dass MALDI über eine hohe Salztoleranz verfügt, wurde bei der Bestimmung von Acetylcholin (ACh) und Cholin (Ch) in Mikrodialysaten bestätigt. Trotz des hohen Salzgehalts der Proben (~150 mM) war eine direkte Messung ohne vorherige Aufarbeitung möglich. Dabei lag die Nachweis- und Bestimmungsgrenze für ACh bei 0,3 bzw. 1 fmol/µl und für Ch bei 20 bzw. 100 fmol/µl. Nach den Standardlösungen wurden in-vivo Mikrodialysate aus dem rechten Striatum verschiedener CD1-Mäuse quantifiziert. Durch Verbindung der Dialysesonde mit einem MALDI-Spotter konnte außerdem die zeitliche Auflösung der Dialyse deutlich verbessert werden. Ein weiterer Anwendungsbereich stellte die Bestimmung von Melamin in Milch und Milchpulver dar. Nach einfacher Probenvorbereitung war es möglich, Melamin mit einer Bestimmungsgrenze von 0,25 ppm in Milchpulver bzw. 0,625 ppm in Milch direkt und schnell zu quantifizieren. Damit wurden die geforderten Grenzwerte von 1 ppm für Babynahrung bzw. 2,5 ppm für übrige Lebensmittel leicht erreicht. Als letzte Methode wurden verschiedene Inhaltstoffe in Energy Drinks bestimmt. Bei Verwendung von Theophyllin als IS konnte so neben Koffein auch Niacin und Pyridoxin erfolgreich und ohne Probenvorbereitung schnell quantifiziert werden. Zusammenfassend zeigt diese Arbeit, dass MALDI auch für die Analytik kleiner Moleküle gut geeignet ist. Neben der Identifizierung der Analyten war auch die Quantifizierung mit guter Linearität, Reproduzierbarkeit und Richtigkeit möglich. Dabei konnten mit der Standardmatrix CHCA verschiedenste niedermolekulare Analyten in unterschiedlichsten Probenmatrizes bestimmt werden. Im direkten Vergleich war die Sensitivität der vorgestellten MALDI-Methoden mindestens vergleichbar, wenn nicht gar besser als bestehende LC-MS-Methoden. Da auf den Einsatz einer LC verzichtet werden kann, ermöglich MALDI einen sehr viel höheren Probendurchsatz. Zudem war keine spezielle Matrix, besondere Geräte oder zeitaufwändige Probenvorbereitung und Präparation notwendig.
Das Neuroblastom ist ein Tumor, der sich von sympathoadrenergen Vorläuferzellen ableitet und die häufigste solide Krebsform im Kindesalter darstellt. Das breite klinische Spektrum dieses Tumors, das von spontaner Regression zu fataler Progression reicht, spiegelt die außerordentliche biologische und genetische Heterogenität dieses Tumors wider. Polyploidie und Genexpressionsanalysen werden auf klinischer Seite zur Risiko- und Therapieeinschätzung eingesetzt. Genomweite Screeninganalysen identifizierten den Transkriptionsfaktor Phox2b als erstes Prädispositionsgen für NB. Frühere Arbeiten haben gezeigt, dass Phox2b absolut essentiell für die Entstehung aller Ganglien des autonomen NS aus Neuralleistenzellen ist. Ziel der Untersuchungen dieser Arbeit war es, die Auswirkungen der NB-assoziierten Phox2b-Mutationen auf Proliferations- und Differenzierungsverhalten sympathoadrenerger Vorläuferzellen zu untersuchen. Hierzu wurden paravertebrale, sympathische Grenzstränge aus Huhnembryonen des Embryonaltags 7 präpariert, dissoziiert und mit Expressionsplasmiden für Phox2bwt und NB-Phox2b-Mutationen transfiziert. Nach zwei Tagen in Kultur wurden mit molekularbiologische Methoden Veränderungen des Proliferations-und Differenzierungsverhalten untersucht. Die Analyse des Proliferationsverhaltens transfizierter Neurone mit BrdU-Proliferationsassays und Phospho-Histon-3-Antikörpern offenbarte einen stark antiproliferativen Effekt des Phox2bwt-Proteins, den die untersuchten NB-Phox2b-Mutationen nicht aufwiesen. NB-Phox2b-Patienten sind heterozygot, d.h. Träger eines gesunden und eines mutierten Phox2b-Allels. Um die genetische Situation im NB-Patienten nachzuahmen, wurde mit spezifischen siRNAs das endogene Phox2b-Protein-Niveau herunter reguliert. NB-Phox2b-Mutationen mit mis- oder nonsense Mutation in der Homöodomäne zeigten unter Phox2b-Knockdown-Bedingungen einen proliferationsstimulierenden Effekt. Diese Experimente warfen die Frage auf, über welche Mechanismen Phox2b und NB-Phox2b-Mutationen Einfluss auf die Zellzykluskontrolle nehmen. Die quantitative Analyse der Expression bekannter Zellzyklusregulatoren wie Zyklin D1, D2 und D3 und der Zyklin-abhängigen Kinase-Inhibitoren p18, p21 und p57kip2 verlief ergebnislos. Die Überexpression des Zyklin-abhängigen Kinase-Inhibitors p27kip1 wirkte antiproliferativ auf Kulturen sympathoadrenerger Vorläuferzellen und das p27kip1-Epxressionsniveau korrelierte mit dem Phox2b-Proteinniveau. P27kip1 scheidet jedoch als alleiniger Vermittler des antiproliferativen Effekts von Phox2b aus, da die ebenfalls antiproliferativ wirkende Phox2-Homöodomäne keinen Einfluss auf das p27kip1-Expressionsniveau besitzt. Vielmehr wurde der bHLH-Transkriptionsfaktor Hand2 als Mediator der Proliferationseffekte von Phox2b identifiziert. Die Proliferation sympathoadrenerger Vorläuferzellen ist abhängig von der Hand2-Proteinmenge, und Hand2-Überexpression ist ausreichend, den antiproliferativen Effekt von Phox2b aufzuheben. Damit im Einklang geht der proliferationsstimulierende Effekt der Phox2bHDmut bei siRNA-vermitteltem Hand2-Knockdown verloren. Weiterhin führt Phox2b-Überexpression zu verringertem Hand2-Expressionsniveau und Phox2b-Knockdown zu vermehrter Hand2-Transkription. In Protein-Protein-Interaktionsexperimenten konnte eine direkte Bindung von Hand2 an Phox2bwt und die untersuchten NB-Phox2b-Mutanten nachgewiesen werden. Diese Ergebnisse zeigen, dass Hand2 in der Vermittlung der Phox2b-Proliferationseffekte auf transkriptioneller und posttranskriptioneller Ebene involviert ist. Der Wirkungsmechanismus dieser Phox2b-Varianten / Hand2-Komplexe konnte nicht endgültig geklärt werden und wird in Form verschiedener Modelle diskutiert. In NB-Patienten korreliert ein hohes Expressionsniveau von Differenzierungsmarkern mit mildem Krankheitsverlauf. Die Rolle von Phox2b als Schlüsselgen in der Entstehung und Differenzierung autonomer Neurone und die genetische Heterogenität des NB legen eine Funktion von NB-Phox2b-Mutationen auf den Differenzierungsstatus sympathoadrenerger Vorläuferzellen nahe. In quantitativen Analysen wurde die Expression von Phox2b-Zielgenen und in NB-Diagnostik involvierten Genen untersucht. Phox2bK155X, eine C-terminal trunkierte NB-Phox2b-Mutation, wirkte dominant-negativ auf die Expression der noradrenergen Markergene Th und Dbh, Tlx3 und die Neurotrophinrezeptoren trkA und p75, deren reduzierte Expression mit schlechter Prognose und damit aggressiven NB-Formen korreliert ist. Zusammenfassend konnte in dieser Arbeit gezeigt werden, das NB-Phox2b-Mutationen in sympathoadrenergen Vorläuferzellen, den potentiellen Tumorentstehungszellen des NB, proliferationsstimulierend wirken und zumindest die C-terminal trunkierte Phox2bK155X-Mutation zur Dedifferenzierung dieser Zellen führt. Hereditäre Mutationen in Phox2b könnten im Patienten nicht nur die terminale Differenzierung sympathischer Neurone stören, sondern auch durch eine verlängerte Phase der Neurogenese die Empfänglichkeit für weitere Tumor-initiierende Mutation erhöhen.
Innerhalb der letzten 30 Jahre haben sich photoaktivierbare Verbindungen („caged compounds“) zu einem äußerst wertvollen Werkzeug entwickelt. Seit der erstmals publizierten Anwendung von lichtaktivierbarem ATP im Jahre 1978 durch Hoffman et al. konnten viele neue Erkenntnisse im Bereich der Physiologie, Molekularbiologie und Biochemie mit Hilfe von photoaktivierbaren Verbindungen gewonnen werden. Hierunter versteht man Substanzen, deren biologische Wirksamkeit temporär inaktiviert ist, jedoch durch Bestrahlung mit Licht wiederhergestellt werden kann. Die Inaktivierung wird durch spezielle, lichtreaktive Chromophore erreicht, sogenannten photolabilen Schutzgruppen („cages“). Der Einsatz dieser Technik zur Aktivierung von Nukleinsäuren eröffnet ein weites Feld an Anwendungsmöglichkeiten. So ist auf diese Weise eine orts- und zeitaufgelöste Kontrolle der Aktivität von z.B. Antisense-DNA, siRNA oder Aptameren durch Licht möglich. Während der vorliegenden Doktorarbeit konnten zwei neuartige photolabil geschützte Desoxythymidine als Phosphoramidite zum Einsatz in der automatisierten DNA-Synthese dargestellt werden. Hierfür wurden jeweils NDBF-OH bzw. pHP-OH in O4-Position der Nukleobase eingeführt. Es konnte gezeigt werden, dass sich die beiden Nukleoside nach ihrem Einbau in DNA mittels UV-Licht entschützen lassen. Die photolabilen Schutzgruppen besaßen jedoch nur eine geringe chemische Stabilität unter verschiedenen basischen Abspaltbedingungen und sind deshalb nicht für die automatisierte DNA-Festphasensynthese unter Standardbedingungen geeignet. Durch Homologisierung der NDBF-Gruppe mit einer zusätzlichen Methyleneinheit zu hNDBF-OH wurde eine verbesserte Variante synthetisiert, welche eine ausreichende Basenstabilität und hervorragende photochemische Eigenschaften aufweist. Wie im Arbeitskreis Heckel gezeigt werden konnte, ist mittels in O6-Position hNDBF-modifiziertem Desoxyguanosin sowohl die DNA-Festphasensynthese unter Standardbedingungen möglich, als auch die spätere Photolyse dieser Schutzgruppe bei einer Wellenlänge von 420 nm. Hierdurch eröffnet sich zum ersten Mal die Möglichkeit, bei Verwendung von beispielsweise NPP und hNDBF, photolabil geschützte Bereiche in Nukleinsäuren wellenlängenselektiv durch Licht unterschiedlicher Wellenlänge zu aktivieren. In einem weiteren Projekt wurden erfolgreich photoaktivierbare Varianten des bivalenten Fusionsaptamers HD1-22 getestet. HD1-22 besitzt zwei Aptamerdomänen, HD1 und HD22, welche jeweils an eine der beiden Exosites I bzw. II von Thrombin binden. Im konkreten Fall konnten wir die Blutgerinnungsaktivität von Thrombin unter Verwendung einer photolabil geschützten Aptamersequenz von vollständig aktiv zu komplett inaktiv modulieren: Vor der UV-Bestrahlung war lediglich die Exosite II durch die HD22-Domäne blockiert. Dies erlaubte keinerlei Bindung des natürlichen Antikoagulans Antithrombin III an Thrombin – weder durch Heparin vermittelt noch ohne Beteiligung von Heparin. Der Zugang zur Exosite I war hingegen nicht eingeschränkt, die Blutgerinnungsaktivität des Thrombins somit durch die Rekrutierung von Fibrinogen an die Exosite I vollständig aktiv und nicht durch Antithrombin inhibierbar. Durch lichtvermittelte Entschützung der HD1-Domäne konnte nun eine Inaktivierung der Exosite I erfolgen, welche durch die hohe Bindungsaffinität der HD22-Aptamerdomäne stärker ausfiel als bei der ausschließlichen Verwendung eines HD1 Aptamers. Die koagulative Wirkung des Thrombins wurde somit vollständig aufgehoben. Im dritten Teil dieser Arbeit wurde der Grundstein für die Entwicklung eines kovalenten, lichtaktivierbaren Thrombin-Thrombinaptamer-Reagenzes gelegt. Dieses könnte zur gezielten Thromboembolisierung bei bestimmten malignen Tumorerkrankungen eingesetzt werden, um das entartete Gewebe von der Blut- und damit Nährstoffversorgung abzuschneiden. Zudem könnte so möglicherweise während einer Tumorexzision die Freisetzung von metastasierenden Krebszellen unterbunden werden. Das Reagenz besteht aus der von Heckel et al. publizierten „ausschaltbaren“ Variante des HD1-Aptamers. Diese besitzt einen photolabil geschützten Gegenstrang. Solange die Schutzgruppe intakt ist, bindet das Aptamer an die Exosite I von Thrombin und verhindert auf diese Weise die Rekrutierung von Fibrinogen. Wird die Sequenz jedoch mit UV-Licht bestrahlt, so erfolgt die Entschützung des Gegenstrangs und durch die folgende Basenpaarung eine Inaktivierung des HD1 Aptamers. Hieraus resultiert die Freisetzung von aktivem Thrombin, welches direkt zur Ausbildung eines Thrombus führt. Durch die – ebenfalls photospaltbare – kovalente Anbindung des „ausschaltbaren“ HD1 an die Proteinoberfläche werden eine vorzeitige Dissoziation des Aptamers und damit eine vorzeitige Wiederherstellung der Proteinaktivität verhindert.
Die Notwendigkeit der ipsilateralen Adrenalektomie als obligater Bestandteil einer Tumornephrektomie beim Nierenzellkarzinom wurde in der Literatur kontrovers diskutiert. Das Ziel der vorliegenden Studie war es, durch einen Vergleich von tumornephrektomierten Patienten mit und ohne Nebennierenbefall Parameter zu ermitteln, die eine präoperative Abschätzung des Nebennierenbefalls erlauben, und somit als Entscheidungshilfe zur Durchführung der Adrenalektomie im Rahmen einer Tumornephrektomie dienen können. In unserer Studie wurden insgesamt 250 Patienten mit Nierenzellkarzinom erfasst, die zwischen 1992 und 2001 in der Klinik für Urologie und Kinderurologie Prof. Dr. med. Dietger Jonas, Johann Wolfgang Goethe – Universität Frankfurt am Main operiert wurden. Dabei wurde in allen Fällen die radikale Tumornephrektomie nach Robson inklusive ipsilateraler Adrenalektomie durchgeführt. Alle Operationspräparate wurden im Senckenbergischen Institut für Pathologie Prof. Dr. med. M.-L. Hansmann, Frankfurt am Main untersucht und nach der 6. Auflage der TNM-Klassifikation in der von der UICC empfohlenen Weise eingestuft. In 9 der 250 Fälle (3,6 %) wurde ein Nebennierenbefall festgestellt. Statistisch signifikante Ergebnisse konnten für folgende Parameter ermittelt werden: · Präoperativer CT-Befund In der präoperativ durchgeführten CT wurden von 235 als unauffällig eingestuften Fällen 5 pathologische Nebennierenbefunde nicht erkannt (2,13 %). Von 15 als auffällig eingestuften Fällen wurden jedoch 4 als richtig pathologisch erkannt (26,6 %). Es ergaben sich für den Nachweis eines Nebennierenbefalls im CT eine Sensitivität von 44 %, eine Spezifität von 95,4 %, ein positiver prädiktiver Wert von 26,6 %, und ein negativer prädiktiver Wert von 97,8 %. · Nierentumorgröße Es zeigte sich ein Nebennierenbefall erst ab einer Tumorgröße von > 5 cm mit einer Wahrscheinlichkeit von 5,8 % (p = 0,035). · pTNM-Stadium Ein Nebennierenbefall ließ sich erst ab Tumorstadium pT 3a erkennen. Bei pT1- oder pT2-Tumoren war kein Nebennierenbefall festgestellt worden. Bei Patienten ohne Lymphknotenmetastasierung konnte ein Tumorbefall der Nebenniere in 2 von 224 Fällen (0,89 %) gefunden werden. Bei den Patienten mit Lymphknotenmetastasierung lag der Nebennierenbefall bei 3 von 12 Fällen (25 %) für die Nierentumoren mit pN1 und bei 4 von 14 Fällen (28,6 %) bei Nierentumoren mit pN2. Bei Patienten ohne Fernmetastasierung (230 Fälle) ließ sich in 3 Fällen (1,3 %) ein Nebennierenbefall aufweisen; bei vorliegender Fernmetastasierung (20 Fälle) lag der Anteil der befallenen Nebennieren mit 6 Fällen bei 30 %. · Tumorgrading Ein Nebennierenbefall war bei keinem der G1-Tumoren festgestellt worden. Bei 4,4 % der G2-Tumoren (6/136 Fällen) und bei 12,5 % der G3-Tumoren (3/24 Fällen) konnte ein Nebennierenbefall nachgewiesen werden. Da das Grading nur am Nephrektomiepräparat vorgenommen werden kann, spielt es als prädiktiver Parameter keine Rolle. · Infiltration benachbarter Strukturen 0,5 % (1/200 Fällen) der Patienten ohne und 16 % (8/50 Fällen) der Patienten mit einem Tumorthrombus in der V. renalis zeigten auch einen Nebennierenbefall (p = 0,000012). 2,9 % (7/240 Fällen) der Patienten ohne und 20 % (2/10 Fällen) der Patienten mit einer Infiltration in die V. cava zeigten einen Nebennierenbefall (p = 0,044). 14,5 % (9/62 Fällen) der Patienten mit Tumorinfiltration in die Nierenkapsel zeigten einen Nebennierenbefall; keiner der Patienten ohne Nierenkapselinfiltration zeigte einen Nebennierenbefall (p = 0,000002). Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass eine ipsilaterale Adrenalektomie heutzutage keine obligate Komponente der Tumornephrektomie sein muß, sondern nur durchgeführt werden sollte, wenn folgende präoperative Bedingungen vorliegen: 1. auffällige präoperative bildgebende Beurteilung der Nebenniere durch Sonographie, Computertomographie oder ggf. Magnetresonanztomographie 2. Größe des Nierentumors > 5 cm unabhängig von der Pollokalisation 3. . Primärtumorstadium >= cT3a 4. CT-graphischer Nachweis von Lymphknoten- und/oder Fernmetastasen 5. CT-graphischer Nachweis einer vaskulären Invasion 6. CT-graphischer Nachweis einer Nierenkapselinfiltration 7. auffälliger intraoperativer Befund
Die ägyptische Al-Azhar Universität feierte in März des Jahres 1983 ihr tausendjähriges Gründungsjubiläum. Chronologisch ist dieses Jubiläum allerdings etwas umstritten. In Wahrheit sind seit der Gründung der Al-Azhar nämlich keine 1000, sondern bereits 1013 Jahre verstrichen. Die Bauarbeiten an der Al-Azhar Moschee hatten bereits im April 970 angefangen. Die tausend Jahre verstehen sich somit als Beginn des eigentlichen Studienbetriebs an der Al-Azhar, die als Institution einige Jahre älter ist. Schon im Jahre 1942 hatte eine 1000-Jahrfeier an der Al-Azhar abgehalten werden sollen. Laut islamischem Mondkalender waren in eben diesem Jahr 1000 Mondjahre vergangen, doch die Ereignisse des 2. Weltkrieges, in den ja auch Ägypten verwickelt war, machten jede Hoffnung auf dies bezügliche Feierlichkeiten zunichte. Die Al-Azhar-Universität nennt sich die älteste Universität der Welt, durchaus mit Recht. Wenngleich man zugeben muß, daß schon lange vor der Gründung der Al-Azhar, Schulen und Akademien für das Studium aller Wissensgebiete existierten, von denen die bedeutendsten gerade hier in Ägypten angesiedelt waren. Man denke nur an die altägyptische Akademie von On, welcher Ort später von den Griechen Heliopolis genannt wurde, oder an die berühmte antike Akademie von Alexandrien. Es ist somit kein Zufall, daß nach der Ausbreitung des Islam eben hier im Niltal das erste große islamische Wissenszentrum gegründet wurde. ...
Der vorliegende Beitrag untersucht die erste Einführung des Buddhismus in Tibet und die dabei durch die Konfrontation mit der Bön-Religion entstehenden religiösen und politischen Konflikte. Die Tatsache, dass es zwei herausragende Einführungsphasen des Buddhismus in Tibet gab, deutet auf die religiösen Kontroversen hin, die sich in diesem Land abgespielt haben müssen. Es ergeben sich folgende Fragen: Wie haben die Tibeter auf das Eindringen des Buddhismus reagiert? Wie sieht das Verhältnis von Abgrenzung und Aneignung aus? Wie gingen die buddhistischen Mönche mit der vorherrschenden Bön-Religion um? Welche Wirkungen hatte die religiöse Dynamik auf die politische, ökonomische und soziale Lage des tibetischen Raums? ...
Zusammenfassung und Ergebnisse Es ist noch zu früh, eine abschließende Bewertung der Entwicklung auf den Finanzmärkten während der letzten zwei Jahre vorzunehmen. In jedem Fall sind aber alle Regelungen auf den Prüfstand zu stellen. Das Aufsichtsrecht hat insgesamt seine Aufgabe, Finanzstabilität zu gewährleisten, nicht erfüllt. Wesentliche Schritte für eine grundlegende Reform sind: - ein striktes Verständnis des Aufsichtsrechts als Sonderordnungsrecht - eine drastische Reduktion der Komplexität der Rechtsvorschriften - die Internationalisierung und Europäisierung der Aufsicht - die Steigerung der Transparenz der Verbriefung einschließlich eines möglichen Zulassungsverfahrens und des Verbots bestimmter gefährlicher „Produkte“ - die vollständige Neuausrichtung der Bewertung von Finanzunternehmen und ihrer „Produkte“ („ratings“) - Die Schaffung geeigneter Regeln und Verfahren, um auch systemisch relevante Institutionen der Marktdisziplin, also ihrem Untergang, auszusetzen - Die Grundlage für kurzfristige Entscheidung über Fortführung, Zerlegung oder Abwicklung eines Instituts als Maßnahme der Gefahrenabwehr muss geschaffen werden. Ein Sonderinsolvenzrecht für Banken ist nicht angezeigt - Die Einbeziehung des menschlichen Verhaltens und der Persönlichkeitsstruktur der maßgebenden Personen in den Finanzinstitutionen
ZUSAMMENFASSUNG UND ERGEBNISSE (1) Die Schaffung des Europäischen Ausschusses für Systemrisiken stößt nicht auf durchgreifende rechtliche Bedenken. (2) Es ist nicht sicher, dass die Errichtung der neuen Europäischen Aufsichtbehörden ohne entsprechende Änderung des Primärrechts zulässig ist. (3) Es kommt entscheidend darauf an, welche rechtsverbindlichen Einzelweisungsbefugnisse tatsächlich den Behörden verliehen werden. (4) Die nach dem Kompromiss vom 2. Dezember 2009 noch verbliebenen Einzelweisungsbefugnisse der Behörden gegenüber Privaten und gegenüber nationalen Aufsichtsbehörden sind rechtlich kaum abgesichert. (5) Wenn die hoheitlichen Befugnisse weitgehend oder vollständig beseitigt werden, bestehen Bedenken im Hinblick auf die Geeignetheit und Erforderlichkeit der Einrichtungen. (6) Die weitreichenden Unabhängigkeitsgarantien sind nicht mit den Anforderungen demokratischer Aufsicht und Kontrolle zu vereinbaren. (7) Für die Einräumung von Unabhängigkeit ist nach deutschem Verfassungsrecht eine ausdrückliche Regelung in der Verfassung, wie in Art. 88 Satz 2 GG, erforderlich. (8) Die transnationale Kooperation von Verwaltungsbehörden bedarf zumindest dann einer gesetzlichen Ermächtigung, wenn faktisch verbindliche Entscheidungen getroffen werden.
Infokoffer Judentum
(2010)
Der vorliegende Medienkoffer "Judentum" verdankt sich der Einsicht, dass auch und gerade in einer Informationsgesellschaft sich die Wirklichkeit von sozialen, gesellschaftlichen oder religiösen Gegebenheiten nicht in der audiovisuellen Information über sie erschöpft. Anders gesagt: keine noch so ausgefeilte und beeindruckende Form elektronischer "Virtualität" kann die sinnliche Erfahrung von Dingen, Situationen und Menschen ersetzen; denn in "echt" ist alles noch einmal anders, manchmal sogar ganz anders.
Wer gerne auf Entdeckungsreisen geht und wen immer einmal das Fernweh packt, ohne dass er Zeit und Geld für große Expeditionen hätte, für den kann Google Earth eine Art Suchtmittel darstellen. Von Ayers Rock zum Fujijama und aus den Straßenschluchten Manhattans in die afrikanische Steppe: Mit Google Earth eine Sache von Sekunden.
Infokoffer Islam
(2010)
Der Medienkoffer "Islam" erweitert die Reihe unserer Info-Koffer zum Judentum, Christentum und Buddhismus um eine weitere Weltreligion: den Islam. Gerade in Hinsicht auf den Islam besteht ein wachsender Informationsbedarf. Muslime sind inzwischen in unserer Gesellschaft bis in das Straßenbild hinein präsent, andererseits rufen die Ausdrucksformen des Islam aber Unverständnis und Befremdung hervor.
Mit dem Kommen der ersten „Gastarbeiter“ Ende der 1950er Jahre hat sich die BRD zu einem Einwanderungsland entwickelt. Die im Zuge der Anwerbevereinbarungen nach Deutschland übersiedelnden Migranten und ihre Familien bilden seither die größte Gruppe der in Deutschland lebenden Menschen mit Migrationshintergrund. Einst als Ersatzheere für den Arbeitsmarkt angeworben, sind bis in die Gegenwart hinein neue Bevölkerungsgruppen und subkulturelle Milieus in der BRD entstanden. Bis heute jedoch fehlt es in Deutschland noch immer an einer allgemein akzeptierten Einstellung, wie das zukünftige Zusammenleben von Deutschen und Einwanderern aussehen könnte. Medien verleihen der Lebenswelt von Migranten und der Einwanderungsrealität – indem sie Möglichkeiten und Grenzen zukünftiger sozialer Veränderungen ausloten und (implizit oder explizit) an die politischen und sozialen Debatten des Problems anknüpfen – nicht nur Ausdruck, sondern stellen darüber hinaus auch Realität ordnende und deutende Instanzen dar, aus denen ein Wissen über Migration erst hervorgeht.
Impurismus ist eine uralte Weltanschauung und eine alte Poetik. Beides habe ich in meinem Buch von 2007 Illustrierte Poetik des Impurismus ausführlich dargestellt. Da ich mich nicht wiederholen will, kann ich die umfangreichen Funde zum Thema hier nicht erneut vortragen. Andererseits soll der Leser dieser Fortsetzung nicht ganz unvorbereitet in die Materie einsteigen. Deshalb will ich einige nackte Fakten als Erinnerung hier zusammenstellen, muß aber doch dringend auf die anschaulichen Grundlagen in dem genannten Buch verweisen, sonst verschreckt die in aller Kürze vorgetragene Ungeheuerlichkeit der ganzen Entdeckung manchen willigen Leser. ...
Die vorliegende Dissertationsschrift im Fachgebiet Musikpädagogik widmet sich dem heutigen Stand des Instrumentalunterrichts auf Blechblasinstrumenten und dessen möglicher Weiterentwicklung unter besonderer Berücksichtigung neuer methodischer Ansätze. Hierbei stehen interdisziplinäre Übungskonzepte zur Förderung einer ganzheitlichen Instrumentalpädagogik im Vordergrund, insbesondere unter systematischer Miteinbeziehung spezieller mundmotorischer logopädischer Übungen. Mit der Zielsetzung, gängige Unterrichtskonzepte zu untersuchen und potenziell innovative Methoden aufzuzeigen, war zunächst grundlegende Forschungstätigkeit notwendig, da musikpädagogische Forschung im deutschen Sprachraum bisher die Blechblasinstrumente so gut wie nicht mit einbezogen hat (Suppan, 1994: 431; Bastian, 1992: 128ff). Nach entsprechender Recherche und dem Erstellen eines ersten Studiendesigns erwies sich eine Eingrenzung der Untersuchung auf die Instrumentalpädagogik von Trompete, Horn und Posaune als sinnvoll. Entsprechend dem Untertitel dieser Studie zu Theorie, Empirie und Didaktik modernen Instrumentalunterrichts gliedert sich diese Schrift in drei Hauptteile. Der theoretische Teil der Arbeit erläutert die sogenannte Ansatzphysiognomie und stellt diese ausführlich dar. Hierbei werden auf die didaktische Vermittlung des Bläseransatzes, dessen Anatomie sowie die Elemente des orofazialen Systems in Bezug zu deren Funktion beim Spielen eines Blechblasinstruments eingegangen. Ebenso werden Pathologien und ihre Konsequenzen für das Erlernen eines Blechblasinstruments erörtert. Nach einer Betrachtung des Mundes als Quelle sensorischer-integrativer Funktion, erfolgt eine Einführung in die orofaziale Muskelfunktionstherapie mit ihren „myofunktionellen Übungen“. Für die klare bildliche Darstellung der Anatomie wurde ein separater, auch für „Nicht-Anatomen“ verständlicher, Bildband (Band 2 dieser Dissertationsschrift) verfasst. Der didaktische Teil dieser Arbeit widmet sich den aktuellen Lehrplänen und Lehrmitteln für den Instrumentalunterricht bei Trompete, Horn und Posaune. Hierfür wurde in einem ersten Schritt zunächst der Verbreitungsgrad von Anfänger-Instrumentalschulen für diese Blechbläser ermittelt. Für eine systematische und einheitliche Bewertung dieser Schulen war es dann in einem zweiten Schritt erforderlich, ein entsprechendes Bewertungsinstrument zu entwickeln, welches als der „Frankfurter Analysebogen für Instrumentalschulen (FAI)“ vorgestellt wird. Mit diesem Fragebogen wurden insgesamt 40 Instrumentalschulen für Trompete, Horn und Posaune analysiert und evaluiert (Band 3 dieser Dissertationsschrift). Zum Abschluss des Kapitels erfolgt eine Betrachtung der aktuellen VdM-Lehrpläne sowie des Jugendmusiker-Leistungsabzeichens der BDB-Bläserjugend. Im empirischen Teil werden im Wesentlichen die Ergebnisse und Implikationen der Studie "Moderner Instrumentalunterricht auf Blechblasinstrumenten" aus Sicht der Lehrkräfte sowie der Schülerinnen und Schüler dargestellt. Die Befragung von 140 Lehrkräften und 853 Schülerinnen und Schüler soll hierbei Antworten auf grundlegende Fragen der Didaktik im gegenwärtigen Blechbläserunterricht geben. Die interdisziplinäre Evaluationsstudie "Zur musikpädagogischen Bedeutung von myofunktionellen Übungen" eröffnet aufgrund ihrer Ergebnisse die Möglichkeit einer Weiterentwicklung der Methodik im Bereich der Blechbläserpädagogik.
Die Hodgkin/Reed-Sternberg Zellen des klassischen Hodgkin Lymphoms stammen von Keimzentrums-B-Zellen ab. Dennoch prägen sie fast keine B-Zell-spezifischen Gene aus, stattdessen ko-exprimieren sie Marker anderer hämatopoetischer Linien. Die Ursache für den Verlust des B-Zell-Phänotyps ist weitestgehend unbekannt, da die Transkriptionsfaktoren E2A und PAX5, die in reifen B-Zellen zur Aufrechterhaltung der Expression B-Zell-spezifischer Gene essentiell sind, von primären HRS Zellen ausgeprägt werden. Allerdings wird PAX5 im Vergleich zu normalen B-Zellen deutlich schwächer exprimiert. E2A wird durch direkte Interaktion mit dem inhibitor of DNA binding, ID2, negativ reguliert. ID2 besitzt eine bHLH-Struktur und dimerisiert mit Transkriptionsfaktoren. Da ihm jedoch die DNA-bindende Domäne fehlt, wird die Bindung der Heterodimere an die DNA verhindert und die Transkriptionsfaktoren somit inaktiviert. In hämatopoetischen Zellen scheint die ID2-Expression die B-Zell-Entwicklung und auch die Expression B-Zell-spezifischer Gene zu unterdrücken und stattdessen die Ausprägung von Genen anderer Linien zu unterstützen. In reifen B-Zellen wird ID2 während der Plasmazellentwicklung bei gleichzeitigem Verlust der Expression B-Zell-spezifischer Gene stark exprimiert. In der vorliegenden Arbeit konnte gezeigt werden, dass ID2, das in normalen B-Zellen nicht detektiert werden konnte, dagegen in allen HL-Fällen nicht nur auf RNA-Ebene, sondern auch auf Proteinebene stark exprimiert wird. Ko-Immunopräzipitation des E2A mit ID2 aus HL-Zelllinien zeigte die Interaktion und somit vermutlich auch die transkriptionelle Inaktivierung des E2A durch ID2, wodurch es zum Verlust der Expression B-Zell-spezifischer Gene kommt. Darüber hinaus wird PAX5 zusammen mit EBF durch E2A induziert. So führt die ID2-vermittelte E2A-Inaktivierung im HL vermutlich dazu, dass ID2 via EBF auch die Regulation von PAX5 beeinflusst. PAX5 spielt bei der Differenzierung eine duale Rolle, denn es aktiviert nicht nur B-Zell-spezifische Gene, sondern es unterdrückt auch die Gene anderer Linien. Demnach könnte ID2 auch an der Expression der nicht-B-Zell-spezifischen Gene im HL beteiligt sein. Darüber hinaus ist ID2 im HL durch die E2A-Inaktivierung via EBF auch möglicherweise an der schwächeren Expression des PAX5 im Vergleich zu normalen B-Zellen beteiligt. Obwohl das ID2-Protein in den HL-Zelllinien durch RNA-Interferenz erfolgreich reduziert werden konnte, zeigte sich allerdings weder eine Änderung der Proteinexpression der B-Zell-spezifischen Gene CD19 und CD79A noch der Gene anderer hämatopoetischer Linien GATA-3 und M-CSF-R. Unabhängig von seiner möglichen Beteiligung an der Dedifferenzierung der HRS Zellen im HL, spielt ID2 vermutlich auch eine weitere Rolle in der Pathogenese des HL. Verschiedene Interaktionen weisen darauf hin, dass ID2 auch an der Regulation des Zellzyklus beteiligt ist. Zum einen konnte in dieser Arbeit die Interaktion des ID2 mit dem HLH-Protein HEF1 zumindest in einer der HL-Zelllinien gezeigt werden. HEF1 ist ein Aktivator der Aurora Kinase 1, welche nach Aktivierung Gene phosphoryliert, die den Ablauf der Mitose begünstigen. Zum anderen konnte der negative Zellzyklusregulator p21Cip1 in HL-Zelllinien durch RNAi-vermittelte Reduktion des ID2-Proteins als ID2-Target-Gen identifiziert werden. Auch wenn die Interaktion mit RB, dem zur Familie der Pocket-Proteine gehörenden Schlüsselregulator des Zellzyklusverlaufs, in HL-Zelllinien nicht nachgewiesen werden konnte, zeigen die Ergebnisse dieser Arbeit, dass die aberrante ID2-Expression offenbar an der Veränderung des Zellzyklus im HL beteiligt ist. Sie lassen jedoch noch keinen endgültigen Schluss zu. Wie in dieser Arbeit gezeigt wurde, wird ID2 ebenfalls im analplastisch großzelligen T-Zell-Lymphom aberrant exprimiert. Auch eine Interaktion mit E2A, das auch in der T-Zell-Entwicklung eine Rolle spielt, konnte gezeigt werden. Nicht zuletzt scheint demnach ID2 auch in der Dedifferenzierung des ALCL ein wichtiger Faktor zu sein. ID2 wird im HL aberrant exprimiert und es konnte die Interaktion mit E2A in den HL-Zelllinien nachgewiesen werden, wodurch die transkriptionelle Aktivität des E2A vermutlich inhibiert wird. Auch wenn in Folge der RNAi-vermittelten Herunterregulation von ID2 in den HL-Linien weder eine Re-Expression B-Zell-spezifischer Gene noch eine Beeinflussung der Expression Marker andere hämatopoetischer Linien gefunden werden konnte, spielt ID2 vermutlich dennoch eine wichtige Rolle in der Dedifferenzierung der HRS Zellen im HL. Unabhängig davon konnte der negative Zellzyklusregulator p21Cip1 als ID2-Target-Gen identifiziert und eine Interaktion mit HEF1 gezeigt werden. Demnach ist ID2 möglicherweise nicht nur an der Dedifferenzierung, sondern auch an der Dysregulation des Zellzyklus im HL beteiligt und somit ein wichtiger Faktor in der Pathogenese des HL.
Diese Dissertation befasst sich mit der massenspektrometrischen Analytik von Membranproteinen. Diese gestaltet sich aufgrund der hydrophoben Natur der Proteine und der damit verbundenen schlechten Löslichkeit in wässrigen Puffersystemen als deutlich schwieriger als die Untersuchung löslicher Proteine. Einige weitere Probleme entstehen durch die konsequente Verwendung der Referenzprotease Trypsin zur Hydrolyse der Proteine. Sie spaltet ausschließlich Peptidbindungen nach basischen Aminosäuren, die naturgemäß in den unpolaren Helixbereichen der Membranproteine nur vereinzelt anzutreffen sind. Im Rahmen dieser Arbeit wurden auf weniger spezifischen Proteasen basierende Protokolle zur Analyse von ganzen Membranproteomen entwickelt, welche einige der ursprünglichen Probleme umgehen oder zumindest vermindern. Die Proteolysereaktion fand in Anwesenheit von Methanol statt, welcher die Membranstruktur destabilisiert und so die Zugänglichkeit der in die Membran eingebetteten Proteinteile für das Enzym erhöht. Zusätzlich erhöhte sich dadurch die Löslichkeit gebildeter hydrophober Peptide im Puffer. Das neue Protokoll wurde an Bacteriorhodopsin, einem geläufigen Modellsystem für α helikale Membranproteine, erfolgreich etabliert. Bei Verwendung der Proteasen Elastase und Pepsin konnten nach nLC-Trennung und MALDI-MS/MS deutlich mehr Peptide des Membranproteins signifikant identifiziert werden, als es mit Trypsin möglich gewesen ist. Auch qualitativ ergaben sich Unterschiede zwischen beiden Enzymen. Mit den alternativen Enzymen ließen sich nicht nur die hydrophilen peripheren Proteinabschnitte nachweisen, sondern auch zahlreiche Peptide aus den hydrophoben Transmembranbereichen. Das am Modellprotein etablierte Elastase-Protokoll konnte problemlos auf die Analyse des komplexeren Membranproteoms von Corynebacterium glutamicum transferiert werden. So konnten ca. 150 verschiedene Proteine identifiziert werden, darunter auch zahlreiche Membranproteine. Die erzeugten Peptidmischungen wurden nicht nur mittels nLC-MALDI-TOF/TOF sondern auch mit einer nLC-ESI-Orbitrap-Plattform analysiert. Anhand einer detaillierten Analyse der physikochemischen Eigenschaften der entstandenen Peptide konnte gezeigt werden, dass der dabei beobachtete Vorteil des ESI-Instrumentes zu großen Teilen auf die bessere Detektion aliphatischer Neutralpeptide zurückzuführen war. Diese werden bei der MALDI vornehmlich aufgrund der schlechteren Ionisation bei Verwendung der Standardmatrix α-Cyano-4-Hydroxyzimtsäure diskriminiert. Ein weiterer Vorteil des verwendeten ESI-Gerätes ist seine bessere Massengenauigkeit durch den hochauflösenden Orbitrap-Massenanlysator. Wurden die MALDI-TOF/TOF-Fragmentierungsdaten durch, auf einem zweiten Instrument gemessene, genaue MALDI-Orbitrap-Vorläufermassen supplementiert, konnten über 30% mehr Peptide signifikant identifiziert werden. Die gesammelten Daten konnten zur Erhebung einiger Statistiken über Elastase und Pepsin herangezogen werden. Erstmals wurde eine umfassende Untersuchung der Spaltspezifität von Elastase vorgenommen. Das Enzym hydrolysiert in ca. 82% der Fälle nach den kleinen hydrophoben Aminosäuren Ala, Val, Ile, Leu, Ser und Thr. Diese Spezifität ist für proteolytische Schnitte innerhalb der hydrophoben Helixbereiche von Membranproteinen äußerst vorteilhaft. Sie reicht aus, um Peptide Mass Fingerprinting an Einzelproteinen durchzuführen, wie exemplarisch am Modellprotein Bacteriorhodopsin gezeigt wurde. Die für Pepsin erhaltene Spezifität ist hingegen zu undifferenziert für solche Experimente, weshalb hier MS/MS-basierte Strategien vorzuziehen sind. Weitergehende Verbesserungen für Datenbanksuchen mit weniger spezifischen Proteasen wurden vorgeschlagen. Hierzu wurde erstmals eine größere Fragmentierungsstatistik eines nichttryptischen Datensatzes auf einem MALDI-Instrument erstellt, deren Aussage zur Verifizierung von Suchergebnissen in die Algorithmen implementiert werden kann. Beim Einsatz weniger spezifischer Proteasen erhöht sich im Vergleich zu Trypsin die entstehende Peptidkomplexität. Zur Kompensation dessen wurde eine Fraktionierung mittels Off-gel IEF vor der nLC-MALDI-Analyse etabliert. Zwecks direkter Kompatibilität zur nLC wurde ein Off-gel IEF-Protokoll ohne die Probeninjektion störendes Glycerol entwickelt. So ließ sich die dreifache Menge an Peptiden nachweisen, als mit ausschließlich eindimensionaler nLC-Trennung. In Verbindung mit den durch Trypsin erzielbaren Resultaten lassen sich mit den weniger spezifischen Enzymen viele Membranproteine umfassender charakterisieren, da zusätzlich die hydrophoben Transmembranbereiche und somit mehr Informationen für die Analytik zugänglich sind. Der gezielte Einsatz von alternativen Enzymen verbessert die momentane Situation in der Membranproteom-Analytik deutlich und führt diese einen weiteren Schritt an die Analytik löslicher Proteine heran.
Als Teil der Atmungskette des hyperthermophilen Bakteriums Aquifex aeolicus besteht die NADH:Ubichinon-Oxidoreduktase aus 13 Untereinheiten, die durch 24 unterschiedliche Gene codiert werden. Im Rahmen dieser Arbeit wurde für den massenspektrometrischen Nachweis dieser Untereinheiten nach der Aufreinigung des Komplexes eine SDS-PAGE durchgeführt, an die sich eine tryptische Proteolyse und eine Messung per MALDI MS und MS/MS anschlossen. Mit dieser analytischen Strategie war es möglich, jede nicht-homologe Untereinheit nachzuweisen und 20 von 24 genombasierten Isoformen eindeutig zu identifizieren. Selbst kleine bzw. sehr hydrophobe Untereinheiten mit vielen Transmembranhelices konnten mit Hilfe dieser Methode analysiert werden. Die hohe Anzahl an präsenten, unterschiedlichen Isoformen und die vorherrschenden Verunreinigungen durch Fremdproteine (z.B. ATP-Synthase) könnten Indizien dafür sein, dass bis jetzt keine hinreichend stabile und reproduzierbare Enzympräparation gelungen ist, um eine Kristallstrukturanalyse durchzuführen. Im Allgemeinen kann der Ablauf eines solchen Proteomics-Experiments in drei Teile gegliedert werden: die Auftrennung eines Protein- oder Peptidgemischs zur Verringerung der Probenkomplexität, die Identifikation des Proteins per Massenspektrometrie und die damit verbundene bioinformatische Datenanalyse. Neben chromatographischen Methoden ist die Elektrophorese in Polyacrylamidgelen immer noch das am häufigsten angewandte Trennverfahren im Proteomics-Bereich. Vor der MS-Messung werden die aufgetrennten Proteine in der Regel direkt in der Gelmatrix verdaut. Die Qualität der Ergebnisse wird stark durch Proteinmenge und die auftretenden Probenverluste beeinflusst. Diese werden beispielsweise durch eine unzureichende Peptidextraktion aus dem Gel hervorgerufen. Im Rahmen dieser Dissertation wurde ein neues Gelsystem entwickelt, dass vor allem für die Proteolyseeffizienz, die Peptidextraktion und somit auch für die anschließende massenspektrometrische Messung von Vorteil ist. Das Monomer Acrylamid wird hierzu mit den beiden Quervernetzern N,N-Methylenbisacrylamid (MBA) und Ethylenglykoldiacrylat (EDA) polymerisiert. Es entsteht ein Gel, dessen Poren durch die basische Hydrolyse der Esterbindungen des EDAs vergrößert werden können, ohne die dreidimensionale Grundstruktur des Gels zu zerstören.   Die gemischten Gele mit MBA und EDA als Crosslinkern sind sowohl für Tris-Glycin- als auch Tris-Tricin-Puffersysteme einsetzbar. Die Evaluierung der Daten erfolgte meist gegen ein Standardgel mit T= 14% und C= 2,6%. Durch eine experimentell ermittelte Anpassung der Mischgele auf T+10% und C+45% mit einem MBA/EDA-Verhältnis von 0,5 verhalten sich die beiden Gelsysteme empirisch gleich und zeigen eine übereinstimmende elektrophoretische Trennung und Auflösung. Es gibt keine wesentlichen Nachteile in Bezug auf die Handhabung, die elektrophoretische Trennung und die anschließenden Analysen und Techniken, solange diese in sauren bis leicht basischen pH-Bereichen durchgeführt werden. So wurde das gemischte Gelsystem sowohl bei einer 2D IEF/SDS-PAGE als auch bei einem Western Blot-Experiment angewendet und für vollständig kompatibel befunden. Die gemessenen MS-Daten profitieren im Fall von Trypsin und Elastase erheblich von der besseren Zugänglichkeit des Enzyms zum Substratprotein und der verbesserten Peptidextraktion. Die Gelaufweitung führt zu signifikant besseren Ergebnissen, die größtenteils auf höhere S/N-Werte zurückzuführen sind. Die Signalintensitäten der Peptide sind um den Faktor 5 besser als die des Referenzgels. Der Nachweis von je 1 pmol der Proteine BSA, Serotransferrin und Alkoholdehydrogenase profitiert stark von den zusätzlich erhaltenen Daten, da die Zunahme an identifizierten Peptiden bei der PMF-Suche im Bereich von 40 bis 80% liegt. Auch bei geringen Proteinmengen wie 250 bzw. 50 fmol BSA ist die Anzahl der zugeordneten Signale um den Faktor 2-3 besser. Der in-Gel Verdau von 1 pmol Bacteriorhodopsin mit Elastase zeigt ebenfalls einen Anstieg der Peptidsignale um 60% im Vergleich zum Referenzgel. Da die Proteine im Gel alle mit kolloidalem Coomassie Brilliant Blue angefärbt wurden, kann davon ausgegangen werden, dass sich die guten MS-Ergebnisse auf jede mit diesem Farbstoff visualisierte Probe übertragen lassen. Für den Fluoreszenzfarbstoff RuPBS trifft dies ebenso zu, insgesamt wurden aber weniger Peptide als bei kolloidaler Coomassie Brilliant Blue-Färbung detektiert. Dementsprechend handelt es sich bei Acrylamidgelen mit MBA/EDA-Vernetzung um ein vielversprechendes alternatives Gelsystem, dass auf eine Vielzahl anderer Methoden angewendet werden kann.
5-Lipoxygenase (5-LO) katalysiert die ersten beiden Schritte in der Biosynthese der Leukotriene, die an Reaktionen des Immunsystems beteiligt sind. Die 5-LO-Aktivität wird durch verschiedene Faktoren wie Ca2+, Phospholipide und den zellulären Redoxstatus beeinflusst. Die 5-LO besteht aus einer katalytischen und einer N-terminalen, C2-ähnlichen Domäne. Durch Oxidation des Eisens im aktiven Zentrum zur Fe3+-Form wird das Enzym aktiv. Die C2-ähnliche Domäne bindet Ca2+ und PC und ist für die Membranbindung der 5-LO verantwortlich. In der vorliegenden Arbeit wurde die Aktivierung der 5-LO durch das Diacylglycerid OAG untersucht. Bekannt war die Stimulation der Agonist-induzierten 5-LO-Aktivität in intakten Zellen durch OAG, die nicht auf den bekannten Aktivierungswegen wie Translokation, Phosphorylierung oder Ca2+-Mobilisierung beruht. Hier kann nun die direkte Aktivierung des 5-LO-Enzyms durch OAG in vitro gezeigt werden. Untersucht man den Einfluss von OAG auf die 5-LO-Aktivität in Anwesenheit von 1 mM Ca2+, lässt sich weder an Homogenat, S100 noch am partiell aufgereinigten Enzym aus PMNL ein Effekt beobachten. Entfernt man dagegen Ca2+ aus den Versuchsansätzen, induziert OAG (30 µM) bei Substratkonzentrationen unter 20 µM AA die 5-LO-Aktivität im S100 und am partiell aufgereinigten Enzym. Auch andere Glyceride wie DOG, OG und EAG aktivieren die 5-LO, nicht jedoch SAG. OAG stabilisiert die 5-LO-Aktivität vor der Hemmung durch die Glutathionperoxidase (GPx), dies vermögen ebenfalls andere Glyceride. Damit ähnelt der Einfluss von OAG auf die 5-LO dem bereits bekannten Effekt von Ca2+: es ist in der Lage, vor allem bei niedrigen Substratkonzentrationen die 5-LO-Produktmenge direkt zu erhöhen und kann die 5-LO-Aktivität gegen den inhibitorischen Effekt der Glutathionperoxidase (GPx) stabilisieren. Ähnlich wie Ca2+ scheint OAG die Affinität der 5-LO für das Substrat AA zu erhöhen und das Bedürfnis für aktivierende Hydroperoxide zu erniedrigen. Durch Untersuchungen im Rahmen dieser Arbeit kann eine Beteiligung der Ca2+-Bindungsstelle an der Interaktion zwischen 5-LO und OAG ausgeschlossen werden, da OAG auch an der loop2 mut-5LO die Aktivität zu steigern vermag. Der Anstieg der 5-LO-Produktbildung durch OAG in S100 und am partiell aufgereinigten 5-LO-Enzym lässt sich durch die Zugabe von PC und anderen Phospholipiden unterbinden. Damit erklärt sich gleichzeitig, weshalb OAG am Homogenat aus PMNL keine Effekte zeigt, da hier noch Zellmembran-Bestandteile enthalten sind. Der OAG-Effekt wird wohl über die drei Tryptophan-Reste Trp-13,-75 und -102 der Phospholipid-Bindungsstelle auf der C2-ähnlichen Domäne der 5-LO vermittelt. Dies zeigen auch Untersuchungen an der 3W mut-5LO, bei der die drei Tryptophan-Reste zu Alanin-Resten mutiert sind. Die Aktivität dieser Mutante lässt sich durch OAG unter den bereits beschriebenen Versuchsbedingungen nicht steigern. Ein weiterer Hinweis auf die Phospholipid-Bindungsstelle ist die Interaktion zwischen OAG und dem 5-LO-Inhibitor Hyperforin. Hyperforin selbst hemmt die 5-LO über diese Bindungsstelle, durch OAG wird der IC50-Wert von Hyperforin deutlich erhöht. Im Rahmen dieser Arbeit wurde ein Lipid Protein Overlay Assay für 5-LO ausgearbeitet, ein direkter Nachweis der Bindung zwischen OAG und 5-LO ist aber bisher nicht gelungen. OAG steigert nicht die Aktivität des 5-LO-Enzyms aus serumfrei kultivierten MM6-Zellen, BL41-E95-A Zellen und transfizierten HeLa-Zellen, auch die Produktmenge der Sojabohnen-LO kann nicht durch OAG beeinflusst werden. Untersucht man die Interaktion von OAG mit aufgereinigter regulatorischer Domäne (MBP-Fusionsprotein, MBP-5LO1-128), so zeigt sich eine weitere Steigerung der durch OAG-induzierten 5-LO-Aktivität, obwohl MBP-5LO1-128 bei höheren Konzentrationen eine Hemmung der 5-LO-Aktivität durch Reduktion der gebildeten 5-HPETE verursacht. Diese Ergebnisse lassen sich damit erklären, dass OAG das Bedürfnis der 5-LO für Hydroperoxide senkt und damit geringere Mengen an 5-HPETE zur Aktivierung der 5-LO ausreichen. Betrachtet man das 5-HETE/5-HPETE-Verhältnis, führt die Zugabe OAG in Abwesenheit von Ca2+ und bei 10 µg MBP-5LO1-128 zu einer geringen Abnahme des 5-HETE-Anteils. Im zweiten Teil der Arbeit wurden neue 5-LO-Inhibitoren identifiziert. Aus der Reihe der Pirinixinsäure-Derivate konnte durch entsprechende Modifikationen der potente 5-LO-Inhibitor LP 119 mit einem IC50-Wert von 0,6 µM in intakten PMNL-Zellen identifiziert werden. Durch systematisches Durchsuchen virtueller Datenbanken konnten mindestens zwei Substanzen gefunden werden, die sowohl an intakten Zellen wie auch am partiell aufgereinigten Enzym die 5-LO-Aktivität hemmen, weitere Untersuchungen ergaben, dass es sich wohl zumindest bei einer Strukturklasse um einen direkten 5-LO-Inhibitor handelt.
Die vorliegende Arbeit bietet zunächst einen weiteren Beweis für die Existenz des neutralen Heliumdimers. Darüber hinaus konnten zwei verschiedene Prozesse identifiziert werden, über die die Absorbtion eines Photons zur Ionisation beider Atome des Dimers über sehr große Abstände führen kann. Oberhalb einer Photonenenergie von 65,4 eV konnte ein ICD Prozess beobachtet werden, der über Photoionisation mit gleichzeitiger Anregung von einem der beiden Atome realisiert wird. Bei 77,86 eV konnte ICD über elektronisch angeregte Zustände bis n=6 nachgewiesen werden. In der KER-Verteilung konnten zudem Strukturen gefunden werden, die auf Vibrationsanregungen im Zwischenzustand des Dimer-Ions schließen lassen. Eine vollständig quantenmechanische Rechnung von Sisourat et al. konnte dies schließlich hervorragend bestätigen. Es konnte also ein direkter Blick auf die Vibrationswellenfunktionen des Systems erlangt werden. In anderen Systemen ist dies in der Regel nicht möglich, da sich alle Zustände üblicherweise zu einer strukturlosen Verteilung überlagern. Weiterhin konnte gezeigt werden, dass sich die Winkelverteilungen von ICD- und Photoelektronen in verschiedenen Bereichen des KER mitunter stark voneinander unterscheiden. Dies konnte auf die unterschiedliche Besetzung von verschiedenen Potentialkurven zurückgeführt werden. Unterhalb der Photonenenergieschwelle zur Anregung und Ionisation eines Heliumatoms konnte ein weiterer, zweistufiger Ionisationsmechanismus gefunden werden. Hier wird zunächst durch Photoionisation ein Elektron aus einem der beiden Atome im Dimer freigesetzt. Dieses Photoelektron kann nun am neutralen Atom gestreut werden und dabei ausreichend viel Energie übertragen, um dieses ebenfalls zu ionisieren. Es konnte gezeigt werden, dass der Prozess einer Abhängigkeit von der Polarisation der Synchrotronstrahlung unterliegt, die man für Photoionisation erwarten würde. Die Energie- und Winkelverteilungen der Elektronen konnten daher mit vorangegangenen Elektronenstoß-Experimenten verglichen werden. Die gute Übereinstimmung mit diesen Daten rechtfertigt eine anschauliche Sichtweise des Prozesses als Analogon zum klassischen Billiard-Stoß. Der Two-Step-Prozess wurde bisher zwar schon in vielen Systemen als theoretisches Modell zur Doppelionisation beschrieben, allerdings konnten die einzelnen Unterprozesse bisher nicht gesondert gemessen werden. Die großen Abstände im Heliumdimer ermöglichen erstmals eine deutliche Trennung in Photoionisation an einem Atom und Elektronenstoß (e,2e) am Nachbaratom. Der Two-Step-Prozess konnte außerdem dazu verwendet werden, die ungewöhnliche Grundzustandswellenfunktion des Heliumdimers zu experimentell zu bestätigen. Eine Analyse des gemessenen KER konnte dabei deutliche Abweichungen zu einer klassischen Theorie aufzeigen. Erst eine vollständig quantenmechanische Rechnung des Übergangs von Sisourat et al. konnte die Messdaten beschreiben.
Einleitung: Schwer verletzte Patienten nach Trauma (ISS > 16) sind häufig in Folge der Verletzungen über mehrere Tage beatmet. 40% dieser Patienten weisen eine Lungenkontusion auf. Mit zunehmender Beatmungsdauer steigt das Risiko einer Ventilator-assoziierten Pneumonie (VAP). Zeitgleich findet eine Reparation des Lungengewebes statt. Eine zeitnahe antiinfektive Therapie bei Verdacht auf eine VAP zu initiieren ist schwierig. Derzeit existiert kein validierter Parameter oder Score, der eine sichere Diskriminierung zwischen Infektion und Inflammation zulässt. Triggering receptor on myeloid cells (TREM-1) ist ein Rezeptor des angeborenen Immunsystems und wurde im Jahr 2000 erstmalig beschrieben. Sein löslicher Anteil, sTREM-1, ist in der bronchoalveolären Lavage (BAL) bei Patienten mit Pneumonie signifikant erhöht (> 200pg/ml). Es liegen keine Daten zu sTREM-1 bei Patienten nach Lungenkontusion vor. Unklar ist, ob sTREM-1 als Pneumonie-Marker nach Lungenkontusion geeignet ist. Material & Methoden: Nach Zustimmung der Ethikkommission und Einwilligung durch einen Angehörigen wurden prospektiv 42 Patienten mit Thoraxtrauma rekrutiert. Am ersten (im Median 15h nach dem Trauma) und an den Behandlungstagen zwei, drei, fünf, sechs und sieben wurden bei allen Patienten über den Tubus mit einem Aero-Jet Katheter BAL (20ml Spülung) gewonnen und zeitgleich Serumproben entnommen. Die Messung der sTREM-1-Konzentration erfolgte mittels Sandwich-ELISA in Doppelbestimmung (Quantikine sTREM-1 Immunoassay; Firma R&D Systems). Die Serum-Konzentrationen der Interleukine (IL) 6 und 10 sowie des Lipopolysaccharid bindenden Proteins (LBP) wurden mittels Immulite® bestimmt. Die Diagnose Pneumonie wurde retrospektiv mittels Clinical Pulmonary Infection Score (CPIS) gestellt: CPIS > 6 Pneumonie, ≤ 6 keine Pneumonie. Ergebnisse & Diskussion: 15 Stunden nach Trauma wurde der sTREM-1 Spiegel in der BAL, bei im Verlauf pulmonal klinisch unauffälligen Patienten, im Median mit 219pg/ml bestimmt. Im Weiteren stieg sTREM-1 im Median nach 24h auf 575pg/ml an und zeigte ähnliche Konzentrationen im Beobachtungszeitraum. Der Schweregrad der Lungenkontusion korreliert mit der Höhe des sTREM-1-Spiegels in der BAL 40h nach Trauma. Patienten mit schwerer Lungenkontusion (im Median 2240pg/ml) haben signifikant höhere Werte gegenüber Patienten ohne Kontusion (Median 217pg/ml), oder geringer Kontusion (Median 339pg/ml). Am Tag der Diagnosestellung Pneumonie (CPIS > 6, n= 9) zeigten die betroffenen Patienten einen signifikant erhöhten sTREM-1-Spiegel in der BAL (Median 2145pg/ml, p < 0,05) im Vergleich zum Tag vor der Pneumonie (Median 588pg/ml). Wird der cut off für sTREM-1 bei 800pg/ml festgelegt ergibt sich eine Sensitivität von 87% und eine Spezifität von 38%. Eine positive BAL weist im Vergleich zu einer negativen BAL signifikant höhere sTREM-1-Konzentrationen (Median 1492pg/ml vs. 971pg/ml, p < 0,05) auf. Die Sensitivität (85%) ist hoch, die Spezifität (51%) gering. Somit ist sTREM-1 nicht nur durch eine Infektion, sondern auch durch eine Gewebeschädigung mit Einblutung und Inflammation stimulierbar. sTREM-1 ist durch die kontusionsbedingte Stimulation in der ersten Woche nach Trauma ungeeignet, um sicher zwischen einer Pneumonie und einer kontusionsbedingten Inflammation zu unterscheiden. Zytokine und akute Phase Proteine (IL-6, LBP, Procalcitonin) sind bekanntermaßen ebenfalls nicht zur sicheren Diskriminierung einer Infektion geeignet. In Kombination mit sTREM-1 lassen sich jedoch zur Diagnosestellung einer Pneumonie vergleichbare Werte für Sensitivität und Spezifität erreichen wie mittels CPIS Score, wobei der CPIS nur retrospektiv ermittelt werden kann. Die Laborparameter liegen bereits am Tag des Verdachts auf eine Infektion vor. Die klinische Entscheidung zur Initiierung einer Antiinfekitvatherapie korrelierte weder mit dem CPIS noch mit den Inflammationsparametern. Drei von neun Patienten erhielten trotz steigenden Entzündungszeichen und einem CPIS > 6 keine Antiinfektiva. In der Konsequenz könnte eine Kombination aus IL-6 und LBP im Serum, sTREM-1 in der BAL und klinischen Parameter des CPIS eine sensitive und spezifische Entscheidungshilfe für eine antiinfektive Therapie bei Polytrauma und Verdacht auf eine VAP werden.
Dass die Zeit zwischen 1750 und 1850 zur ‚Sattelzeit’ der Moderne wurde, wird – bei allen Diskussionen um den Begriff selbst – kaum noch in Frage gestellt. Dabei haben sich besonders die tiefgreifenden Umwälzungen auf dem politischgesellschaftlichen Gebiet ins kollektive Gedächtnis eingeprägt. Aufs Engste damit verbunden sind die geistesgeschichtlichen Veränderungen der Zeit, die die Umbrüche der Lebenswelt oftmals erst ermöglichten. Daher kann ihre herausragende Bedeutung bis in die Moderne nur schwerlich überschätzt werden. Es gilt also dieses Erbe frei nach dem Goethe-Wort mit Treue zu bewahren. Doch aufrichtige Treue und damit die Möglichkeit, auch das Neue freundlich aufgenommen zu wissen, schließt immer auch eine kritische Reflexion des vormals Gewesenen ein. Diesen Anspruch, ein konkretes Phänomen neu zu betrachten, hatte sich der groß angelegte Sonderforschungsbereich (SFB) 482 „Ereignis Weimar – Jena. Kultur um 1800“ vor über 12 Jahren zur Aufgabe gemacht. Am 10. und 11. Juni dieses Jahres informierten die Verantwortlichen in einer Abschlusstagung in Jena nun über ihre Ergebnisse.
Das West-Nil-Virus (WNV) gehört zur Gruppe des Japan-Enzephalitis-Serokomplexes der Flaviviren, welches in Afrika, Asien und Mittleren Osten sowie in Süd- und Osteuropa seine Verbreitung findet. Das unerwartete Auftreten des Erregers in den USA (New York, 1999) bedingte eine große Zahl an transfusions- sowie transplantations-assoziierten WNV-Infektionen. Derzeit liegen keine Erkenntnisse über die Verbreitung des WNV in der deutschen Blutspenderpopulation vor. Aus diesem Grund war das Ziel dieser Arbeit die Bestimmung der Prävalenz und Inzidenz des Erregers zur Einschätzung der Gefahr von transfusions-assoziierten WNV-Infektionen. Zunächst wurde zur Bestimmung der Prävalenz des Erregers die Sensitivität und Spezifität verschiedener ELISAs (Panbio, Focus und Euroimmun) für die WNV-Antikörpertestung bestimmt. Es zeigte sich, dass WNV starke Kreuzreaktionen mit dem für unsere Breiten relevanten Frühsommer-Meningoenzephalitis-Virus (FSME) aufweist. Aus diesem Grund wurde zusätzlich ein FSME-ELISA sowie als Bestätigungstest ein Neutralisationstest verwendet und ein Testalgorithmus entwickelt. Für die Bestimmung der Inzidenz wurde auf den Grundlagen von Hadfield eine WNV-Reverse Transkriptase-PCR (RT-PCR) entwickelt und etabliert. Die 95% Nachweisgrenze wurde nach der Entwicklung der RT-PCR auf 54Kop./ml WNV-RNA bezogen auf eine Einzelprobe in einem Minipool bestehend aus acht Blutspenden bestimmt. Das Konfidenzintervall beträgt (CI): 42; 6 - 79; 92 Kopien/ml. Zudem wurde die Sensitivität der automatischen Extraktion mittels des auf magnetischen Festphasen beruhenden Separationsmoduls I mit der WNV-RT-PCR ermittelt. Die 95% Nachweisgrenze lag bei 225Kop./ml WNVRNA((CI): 168; 5 - 314; 3 ) bezogen auf eine Einzelprobe in einem Minipool bestehend aus acht Blutspenden. Aufgrund der etwas schlechteren Sensitivität wurde für die Bestimmung der Inzidenz die manuelle Extraktion durchgeführt. Zudem wurde das kommerzielle WNV Procleix Assay der Firma Chiron verwendet, um alle bisher in Europa aufgetretenen WNV-Stämme zu erfassen. Im Sommer 2004 wurde zunächst die Prävalenz des WNV bestimmt. Hierfür wurden 14:000 aus Hessen stammende Blutspenden von gesunden Spendern untersucht. Initial zeigte sich eine hohe Rate an anti-WNV reaktiven (5; 9 %) Blutspenden, wobei nur 0; 03% der Blutspenden im Neutralisationstest als Anti-WNV positiv bestätigt worden. 0; 15% der bestätigten anti-WNV positiven Blutspenden waren hierbei am ehesten mit Reisen in WNV-Epidemiegebiete assoziiert. Die Bestimmung der Inzidenz erfolgt im darauf folgendem Jahr durch die Untersuchung von 10:976 Blutspenden zusammengefasst in 1:372 Minipools mittels WNV RT-PCR. Von 1:372 Minipools wurden 1:247 Minipools mit dem Procleix WNV Assay untersucht. Beide Untersuchungsmethoden konnten keine WNV-positive Blutspende nachweisen. Insgesamt scheint das WNV -wenn überhaupt- nur in verschwindend geringem Maße in der deutschen Blutspenderpopulation zu exisitieren. Somit besteht derzeit keine Gefahr für transfusions-assoziierte WNV-Infektionen. Dennoch wurden importierte WNV-Infektionen aus Endemiegebieten in Deutschland beschrieben. Durch weitere Veränderungen der klimatischen Gegebenheiten wäre die Einschleppung des WNV nach Deutschland in Zukunft durchaus denkbar. Hierfür steht nun eine für das Spenderscreening taugliche Real-time PCR zür Verfügung, so dass jederzeit ein Blutspenderscreening auf WNV eingeführt werden kann.
Ausgehend von einem 2008 erschienenen Sammelband zur "Pluralisierung des Paratextes" setzt sich der Aufsatz mit der Anwendung des Paratextbegriffs bei Texten der Frühen Neuzeit auseinander. Es wird gezeigt, dass gerade vom Gegenteil von Pluralisierung gesprochen werden müsste und dass der Begriff Genettes erst ab der Neuzeit Gültigkeit besitzt, so dass nach Wegen zu suchen ist, wie mit Texten der Frühen Neuzeit adäquat umgegangen werden kann. Mit Blick auf verschiedene Ansätze der Forschung wird dargestellt, welche Bedeutung der Typographie zukommt und auf welche Weise Texte durch die je spezifische Gestaltung und Materialität an sozialen Netzwerken teilhaben. Vorgestellt wird der Begriff der "Soziotextualität", der den Begriff des Paratextes als eine spezifische Form von Soziotextualität umfasst.
'One Plus One' entstand während einer über mehrere Monate verteilten Aufnahmestudio-Session der Rolling Stones im Juni und August 1968 in den Olympic Studios in London. Die Band kam ohne Vorbereitung ins Studio und entwickelte den Song 'Sympathy for the Devil' improvisatorisch im Laufe der Sessions. Die Arbeit am Stück begann mit einem Liedtext von Sänger Mick Jagger unter dem Arbeitstitel 'The Devil Is My Name'. Jagger hatte diesen Text unter dem Eindruck des Romans 'Der Meister und Margarita' des russischen Schriftstellers Michail Bulgakov verfasst - ein Buch, das er von seiner Partnerin Marianne Faithfull erhalten hatte. In Bulgakovs Roman stattet der Teufel dem Moskau der 1930er Jahre einen Besuch ab, in dessen Verlauf er viele Menschen tötet oder in den Wahnsinn treibt. Der Film zeigt die Arbeit an dem Song, der auf einem treibenden Samba-Rhythmus aufruht, in den verschiedenen Entwicklungsstufen, in immer neuen Ansätzen, sich dem späteren Format annähernd. Der Song wurde 1968 auf dem Studioalbum 'Beggars Banquet' als erstes von zehn Liedern veröffentlicht.
Bereits seit dem 12. Jahrhundert ist die Politik Irlands geprägt durch Konflikte, rohe Gewalt und Protest, was schließlich in der Teilung des Landes in Nordirland und Irland 1921 endete. Besonders zwischen den 1970er und 1990er Jahren kam es immer wieder zu gewaltsamen Eskalationen, die sich in Form von blutigen Unruhen und Aufständen niederschlugen. Viele irische Musiker griffen seit jeher diese Probleme in ihren Songs auf. So verwundert es nicht, dass sich auch die populärste Rockband der grünen Insel - U2 - nicht nur in ihrem Welthit Sunday, Bloody Sunday mit den Geschehnissen rund um den Blutsonntag auseinandersetzt. Vor allem Frontmann Bono Vox engagiert sich auch außerhalb der Band politisch und sozial. Als Texter des Quartetts beschäftigt er sich in den oftmals gesellschaftskritischen Songs auch mit popkulturell fernen Themen wie Gewalt, Armut und Hungersnot, aber auch der Hoffnung und dem Glauben an Gott.
Glam-Rock war eine der auffälligsten stilistischen Ausprägungen der Popkultur anfangs der 1970er Jahre. Er ist optisch vor allem durch schrille, glitzernde und oft feminine Kostüme und Bühnendarstellungen gekennzeichnet. Das Spiel mit Extravaganz und Androgynität geht aber viel weiter und mündet in ein ironisches Thematisieren von damals als prototypisch geltenden Auftretensstile, Geschlechterrollen und Konventionen der Konzertkultur. Insbesondere stellten sich die Stars in übertreibenden Rollen dar, die gelegentlich in eigens für die Aufführung konzipierten Kunstfiguren zugespitzt wurden. Extrovertiert, mit unkonventionellen Kostümen, reichlich Make-Up und einem starken Maß sexueller Mehrdeutigkeit schockierten die Künstler ihr Publikum und überschritten jegliche traditionelle Vorstellungen vom typischen Verhalten, Aussehen und musikalischem Ausdruck von Akteuren der Rock- und Popmusik.
"Ich glaube nämlich - sagen Sie das nicht weiter - daß es einen echten Documentary Film überhaupt nicht gibt", schrieb Erwin Panofsky im August 1942 an seinen Mit-Immigranten Siegfried Kracauer (Kracauer/Panofsky 1996, 11). Obgleich Michael Wadleighs "Woodstock" noch 28 Jahre nach diesem Argwohn den "Oscar" als best documentary erhielt, illustriert der Film die These Panofskys wie kaum ein anderer.
Im Mai 1969 veröffentlichten The Who ihr Album Tommy. Zum ersten Mal in der Rockgeschichte erzählten die 24 Lieder auf vier Plattenseiten eine einzige Geschichte über ein taubes, stummes und blindes Kind, das zum spirituellen Guru wurde. Sofort bekam das Werk, das mit einem "Libretto" verkauft wurde, den pompösen Namen Rock Opera (auch wenn es eher die Bezeichnung Kantate und nicht Oper verdient hätte); kurz nach seiner Veröffentlichung begann die Band, die Lieder des "Tommy" gerufenen Kindes live in den Vereinigten Staaten und England zu präsentieren. Die ersten Aufnahmen von Teilen von Tommy auf einer Bühne datieren aus diesem Sommer, als The Who die Chance hatten, ihre Show auf dem Woodstock-Festival vorzustellen. Ein Jahr später, zum Zeitpunkt der Aufzeichnung des Konzerts auf der Isle of Wight, war die Band somit bereits fast anderthalb Jahre unterwegs auf Tour und hatte sich zu einer der überzeugendsten Live-Acts der Rockgeschichte entwickelt. 1969 hatte die Band schon einmal auf dem Isle-of-Wight-Festival vor damals 100.000 Zuschauern gespielt. Als The Who die Bühne am 30. August 1970 um zwei Uhr morgens betraten, wartete eine 600.000-köpfige Menschenmenge auf sie.
"I wanted to capture the sights, the sounds, the smells, of a hard-working rock band on the road. And I got that. But I got more, a lot more." Mit diesen Worten leitet Regisseur Rob Reiner, der später für Filme wie "Harry und Sally" und die oscarprämierte Stephen-King-Verfilmung "Misery" verantwortlich war, in seiner Rolle als Dokumentarfilmer Marty DiBergi "This Is Spinal Tap" ein. Der Film ist eine so genannte Mockumentary, eine komödiantisch-parodistische Pseudo-Dokumentation, über die fiktive Metalband Spinal Tap.
Die 1970er Jahre galten als Zeit der Katastrophenfilme. Daran angelehnt bewarb die offizielle Pressemappe "The Kids Are Alright" als "the world's first rock'n'roll disaster movie". Wenn man das Zerschlagen der Gitarren auf offener Bühne (smashing) - The Who waren bekannt dafür, dass besonders Townshend und Moon auf der Bühne regelmäßig ihre Instrumente zerschlugen - denn überhaupt als "Katastrophe" ansehen will (der Film enthält einige derartige Szenen), so werden doch keine Hochhäuser, Passagierschiffe oder ganze Städte zerstört wie in den Filmen des Genres, sondern nur die Bedingungen des Konzerts selbst.
In "The Filth and the Fury" porträtiert Regisseur Julien Temple den Aufstieg und Fall der berühmtberüchtigten Punkrock-Band The Sex Pistols Mitte der 1970er Jahre. Temple hatte zuvor bereits bei "The Great Rock'n'Roll Swindle" Regie geführt. Diesem ersten Werk wurde allerdings immer wieder eine einseitige Schilderung der Ereignisse aus Sicht des ehemaligen Managers der Sex Pistols - Malcom McLaren - vorgeworfen. McLaren soll viele Skandale der Band bewusst forciert haben, um aus der negativen Publicity Profit zu schlagen. Die Idee hinter "The Filth and the Fury" war, die "wahre Bandgeschichte" ans Licht zu bringen und auf Zelluloid zu bannen: "For 20 years our life has been rewritten - wrongly and very badly. It becomes intolerable. At some point you have to say: 'Stop. Here is the real deal.' I've told the truth constantly, but now it's on film. Somehow celluloid adds a touch of realism for most Americans".
Stop Making Sense : USA 1984
(2010)
Die Aufzeichnungen zu "Stop Making Sense" fanden an drei Abenden im Dezember 1983 im Pantages Theatre in Hollywood statt. David Byrne und seine Band machten dort im Rahmen der Promotiontour zu ihrem damals neuem Album 'Speaking in Tounges' Station. Als Regisseur holten sich die Talking Heads den filmerfahrenen Jonathan Demme, der später auch Blockbuster wie "The Silence of the Lambs" und "Philadelphia" schuf, und den Kameramann Jordan Cronenweth (Blade Runner) in die Tourneecrew. "Stop Making Sense" ist Demmes Dokumentarfilm-Debüt.
'Sting - Bring on the night' bietet sich selbst als Dokumentation und Inszenierung zweier Geburtsstunden an: Zum einen hält der Film das erste Solo-Konzert Stings nach seinem Ausscheiden aus der Gruppe Police fest; zum anderen erblickt Jake, Stings viertes Kind, im März 1985 das Licht der Welt. Gemeinsam haben Vater und Sohn dabei eines: Beiden gelingt der gesunde Start in ein neues Leben. Die Parallele der "Geburten" wirkt gesucht, täuscht eine Naivität vor, die weder Film noch Akteure haben. Die Handlung des Films ist schnell erzählt. Er ist in zwei Abschnitte aufgeteilt: zunächst die heiße Phase der Proben vor dem ersten Solo-Konzert Stings, den zweiten Teil bildet das Konzert selbst. Dass der Abschnitt der Proben genau über neun Tage von der Kameracrew begleitet wird, wird mit kurzen Rückblenden auf die Proben und Entstehung der Songs und Szenen aus dem Kreißsaal unterstrichen - auf die erschließende Metapher hindeutend, neun Tage Konzertvorbereitung in Analogie zu neun Monaten Schwangerschaft zu setzen, die aber durchsichtig ist und sich nur schwer erschließt.
1974 wollten der südafrikanische Trompeter Hugh Masekela und der New Yorker Musiker und Produzent Stewart Levine ein Musikfestival in Afrika organisieren. Sie wandten sich an den Box-Impresario Don King mit der Bitte, das Festival im Vorfeld des Titelkampfes zwischen Muhammad Ali und George Foreman in Kinshasa (in der zentralafrikanischen Republik Zaire) zu veranstalten. Es war von Anfang an geplant, das Festival nach dem Vorbild erfolgreich im Kino ausgewerteter Beispiele - wie etwa dem 'Woodstock'-Film (USA 1970, Michael Wadleigh) - zu dokumentieren. Ein Kamerateam nahm daher das dreitägige Festival, die Vorbereitungen und eine Reihe von Backstage-Szenen auf. Das Kamerateam war prominent besetzt; zu ihm gehörte etwa der bekannte Direct-Cinema-Regisseur Albert Maysles. Auf Grund einer Verletzung von George Foreman musste der Boxkampf um fünf Wochen verschoben werden, was zur Folge hatte, dass das Festival zeitlich getrennt vom Kampf stattfand und dadurch nicht jene internationale Aufmerksamkeit erreichte, die sich die Organisatoren erhofft hatten.
Nach fünfjähriger Tourneepause kehrte David Bowie 1983 mit seiner 'Serious Moonlight World Tour' zurück, die der Veröffentlichung seines kommerziell hoch erfolgreichen Albums 'Let's Dance' folgte. Am 12.9.1983 führte die Tour ihn auch nach Vancouver, Kanada, wo er vor 15.000 Zuschauern im National Exhibition Coliseum auftrat. Der Sender HBO wurde damit beauftragt, einen Mitschnitt des Konzertes zu erstellen, der die besondere Live-Atmosphäre einfangen sollte. Resultat war eine zwanzig Songs umfassende VHS-Kassette, die 1984 erstmals auf den Markt kam und in der neuesten Überarbeitung seit 2006 als offizielle DVD vorliegt.
"You've heard of Oxford Circus, you've heard of Piccadilly Circus, and this is the Rolling Stones Rock and Roll Circus" - als Rolling-Stones-Frontmann Mick Jagger diesen Satz am 11. Dezember 1968 gegen 14 Uhr in der Montur eines Zirkusdirektors in die Kameras der BBC spricht, ahnt er mit Sicherheit noch nicht, was insbesondere er in den folgenden Wochen für einen beispiellosen Zirkus rund um diese Fernsehaufzeichnung veranstalten wird. Zu diesem Zeitpunkt, da die Bänder für die Aufzeichnung des 'Rolling Stones Rock and Roll Circus' gestartet werden, glaubt Jagger wohl noch, dass die TV-Sendung ein entspanntes Aufeinandertreffen mit befreundeten Rock'n'Roll-Größen wird; er glaubt wohl noch, dass der Auftritt der Rolling Stones am Ende des Konzertes zum furiosen Abschluss wird und die Performances der übrigen Bands in den Schatten stellt; und vor allem glaubt er wohl noch, dass der 'Rock and Roll Circus' wenige Wochen nach der Aufzeichnung über die heimischen Fernseher Großbritanniens flimmert. 15 Stunden später denkt Jagger über all dies anders. Aber der Reihe nach.
Geblendet, verwirrt, unbeachtet und trotzdem irgendwie begeistert - so werden sich viele Zuschauer nach dem Besuch des Pink Floyd-Konzertes am 20. Oktober 1994 in der Londoner Earl Court Arena gefühlt haben; und dasselbe Gefühl kommt auf, wenn man sich den daraus entstandenen Konzertmitschnitt P.U.L.S.E ansieht. Genau 30 Jahre nach der Bandgründung ist für Pink Floyd an diesem Abend Technik Trumpf, der Mensch steht in jeder Hinsicht im Hintergrund.
Only the strong survive
(2010)
Der zum Zeitpunkt des Films 72jährige Don A. Pennebaker und seine Ehefrau Chris Hegedus gelten als Pioniere des amerikanischen Direct Cinema. Mit Filmen wie 'Don't Look Back' (1967) über Bob Dylan oder 'Monterey Pop' (1968) über das gleichnamige Musikfestival an der Westküste der USA haben die beiden sich in der Geschichte des Dokumentarfilms einen Namen gemacht, der weit über die Fans der jeweiligen Musik hinausgeht. Direct Cinema wurde von den beiden als das unmittelbare Abfilmen der Realität verstanden, die sich vor ihrer Kamera befand. Ein Eingreifen in das Geschehen wurde ebenso strikt abgelehnt wie jeglicher Kommentar. Pennebaker schuf damit einerseits Konzertfilme, die auch die Stimmung, das Publikum, das gesamte Setting mit einfingen (wie eben in 'Monterey Pop'). Andererseits gelang ihm etwa in 'Don't Look Back' ein Porträt des jungen Bob Dylan, das über reine Konzertaufnahmen weit hinausgeht und in der Konzentration auf einen Protagonisten auch imstande ist, einiges über das Verhältnis zwischen Fans und Star, deren Projektionen und den Umgang von Akteuren der Rockmusik mit schnell erworbenem Starstatus zu erzählen.
Metal-Filme
(2010)
Heavy Metal hat seinen Ursprung im Hard- und Bluesrock der 1960er und 1970er Jahre. Seine musikalischen Vorgänger sind Bands wie Led Zeppelin, Deep Purple und Iron Butterfly. Der Begriff taucht in der Musik erstmals 1968 auf, als Iron Butterfly ihrem Debütalbum den Titel 'Heavy' gaben und Steppenwolf in ihrem Song 'Born to be wild' über "heavy metal thunder" sangen. Die Entstehung des Ausdrucks ist jedoch unklar, sie wird unter anderem Jimi Hendrix zugeordnet, aber auch als Ausdruck für eine neue Musik, die härter ist als Hardrock – "Metall" (= metal) sei eben in der Realität härter als "Stein" (= rock) - angesehen. Als "Geburtsstunde" des Heavy Metal gilt allgemein der 13. Februar 1970. An diesem Tag erschien das selbst betitelte Debütalbum von Black Sabbath, die häufig als erste Metalband der Welt bezeichnet werden und deren Erfolg bis heute anhält.
Meeting people is easy
(2010)
Als die britische Band 'Radiohead' 1997 den Filmemacher Grant Gee, der zuvor mit seiner Arbeit an U2s 'Zoo-TV Performance' und mit einigen Musikvideos für Aufsehen gesorgt hatte, als Dokumentarfilmer mit auf ihre Welt-Tournee zum Album "Ok Computer" nahm, wusste keiner der Beteiligten, wie diese verlaufen würde. Frühere Tourneen hatten sich allerdings zum Teil als sehr anstrengend für die Band erwiesen. Vor allem der Frontmann Thom Yorke litt immer wieder unter dem Tour-Alltag. Bedenken muss man zusätzlich, dass die Dokumentation nicht als Bericht über eine Erfolgstour geplant werden konnte, weil zu dem Zeitpunkt, an dem Gees Arbeit an "Meeting people is easy" startete, das Album selbst erst zeitgleich zum Film auf den Markt kam.
Vier eigensinnige Alleingänger als Mitglieder einer Rockband mit mäßigem Erfolg; dass diese Kombination eine denkbar schlechte ist, zeigte die Trennung der US-Gruppe Pixies im Jahre 1992. Vier eigensinnige Alleingänger als Mitglieder einer Rockband mit großem Erfolg; dass auch diese Kombination eine denkbar schlechte ist, das zeigt der Film 'loudQUIETloud - A film about The Pixies' nach deren Wiedervereinigung im Jahre 2004. Die fast zwölf Jahre dazwischen, in denen Musiker wie David Bowie oder Placebo Pixies-Songs neu auflegten und Hollywood den Pixies-Sound für die Filmmusik entdeckte, haben die Band zwar zu einer einflussreichen Indierock-Bands gemacht, ihre vier Mitglieder aber nur kurzzeitig reicher und - jetzt filmisch belegt - keinesfalls reifer werden lassen.
Schon im Jahr 1970 rechnet der noch junge und von Film und Rockmusik gleichermaßen begeisterte Wim Wenders mit einem Genre ab, "das es nicht gibt": mit dem Musikfilm, vor allem mit den "Rock'n'Roll- und Popmusikfilmen" (Wenders 1989, 82), die bis dato entstanden und denen er insgesamt vorwirft, gerade an der Darstellung der Musik zu scheitern. "Sie zeigen mehr ihr Desinteresse, ihr Missfallen oder ihre Verachtung als ihren Gegenstand. Das, was es zu sehen gibt, die Musiker, die Instrumente, die Bühne, die Arbeit, der Spaß oder die Anstrengung, Musik zu machen, erscheint ihnen nicht wert genug, so wie es ist, gezeigt zu werden" (83). Wenders wirft den Musikfilmen vor, nicht dem authentischen Entstehen der Musik im Augenblick, also live auf der Bühne, und nicht dem Ausdruck der Musik gerecht werden, sondern die eigene Sprache der Rockmusik in eine andere, in die des Films zu übertragen.
Der Dokumentationsfilm 'Feel Like Going Home' ist Bestandteil und Herzstück der von Martin Scorsese initiierten und mitproduzierten Miniserie THE BLUES, die sich mit den Hintergründen und Ursprüngen des Blues als musikalisches und soziales Phänomen beschäftigt. Neben Scorsese selbst steuerten die bekannten Regisseure Wim Wenders, Richard Pearce, Charles Burnett, Marc Levin, Mike Figgis und Clint Eastwood eigene Filme zu dieser Reihe bei. Das verbindende Stilmittel der Filmreihe besteht in einem vermeintlich subjektiven Blick auf das Phänomen 'Blues', der auch auf den Zuschauer übertragen werden soll.
Elvis: that's the way it is
(2010)
Elvis Presley ist sicher eine der eindrücklichsten Verkörperungen des 'American icon'. Von seinen frühen Aufnahmen für Sun Records angefangen wurde er zur Inkarnation einer prototypischen Jugendfigur der 1950er Jahre - seine Person, der oft kopierte Stil des Auftretens, seine erkennbare sexuelle Aggressivität markierten einen bis dahin unbekannten performativen Stil der Musikdarbietung. Presley gehörte unzweifelhaft zu den jugendlichen Rebellen der 1950er wie Marlon Brando und James Dean auch. Insgesamt 31 Filme und öffentliche Auftritte im Fernsehen schlossen sich an die Bilder der Frühzeit an, entwickelten es bis in die späten 1960er weiter; die provokanten Schärfen des Jugendbildes schliffen sich dabei aber ab, die Zeit der weltweiten Jugendunruhen relativierten und domestizierten es.
Die US-amerikanische Alternative Rockband The Eels wurde 1995 durch den Songwriter Mark Oliver Everett gegründet, der der programmatische Kopf der Gruppe geblieben ist. Sie zeichnete sich von Beginn an durch eine ungewöhnliche Experimentierfreude aus, darum bemüht, immer neue unterschiedliche Klangspektren in der Musik der Band zu entfalten. Everett ist der einzige, der noch aus der Erstformation stammt; sämtliche anderen Mitglieder der Gruppe sind z.T. mehrfach ausgetauscht wurden.
Als die USA 2003 die Invasion in den Irak starteten, befürwortete die breite Öffentlichkeit der Staaten den "Krieg gegen den Terror". Der Großteil der amerikanischen Massenmedien wiederholte gebetsmühlenartig die von der Bush-Regierung propagierten Kriegsgründe. Offene Kritik aus den USA war allenfalls von einigen Intellektuellen und Künstlern zu vernehmen. Zu diesen ist auch Neil Young zu zählen, der sich bereits in den 1960ern und 1970ern aktiv für den Frieden engagierte und den Vietnamkrieg scharf verurteilte. Als er damals für kurze Zeit - zwei Alben und einen Auftritt bei dem Woodstock-Festival - bei CSN (Crosby Stills Nash) einstieg und den Bandnamen um das "Y" erweiterte, schrieb er politische Protestsongs, unter anderem den berühmten Titel "Ohio". 2006, so sagt er in seinem Dokumentarfilm "Crosby, Stills, Nash & Young - Déjà vu", sei die Zeit der Protestsongs eigentlich vorbei.
Cream wurde bereits zu ihrer Gründung Mitte der 1960er Jahre von der Musikwelt als die erste "Supergroup" der Rockmusikgeschichte verstanden. Jack Bruce (Bass), Eric Clapton (Gitarre) und Ginger Baker (Schlagzeug), drei renommierte Musiker, die auf langjährige Erfahrungen in anderen Jazz-, Blues- und Rock-Bands zurückblicken konnten, spielten zwischen 1966 und 1968 eine starke Mischung aus Blues, Rock und Psychedelia, die ihnen Anerkennung seitens der Kritiker und hohe Verkaufszahlen sicherte. Trotz wachsender Erfolge fand die Band neben ihrem rapiden Aufstieg jedoch ein sehr schnelles Ende. 1968, das letzte Jahr der Bandexistenz, war stark von Spannungen zwischen ihren Mitgliedern geprägt, vor allem zwischen Bruce und Baker. Nach einer letzten Tournee durch Amerika sollten die Konzerte in der Londoner Royal Albert Hall den längst geplanten Abschied der Band dokumentieren.
Herbert Windt (1894-1965)
(2010)
Herbert Windt wurde am 15.9.1894 in Senftenberg in der Niederlausitz als Sohn eines Kaufmanns geboren. Seine Familie war sehr musikalisch veranlagt und brachte ihn schon früh zum Klavierspiel und zum Notenstudium. Als junger Mann verließ er die Schule und ging 1910 an das Sternsche Konservatorium, wo er bis zu seiner freiwilligen Meldung zur Teilnahme am Ersten Weltkrieg im Sommer 1914 studierte. 1917 wurde er als Feldwebel bei Verdun so schwer verwundet, dass er zu 75% als kriegsbeschädigt galt und eine Karriere als Dirigent oder Pianist nicht mehr in Frage kam. Windt studierte daher ab 1921 unter dem renommierten Opernkomponisten Franz Schreker an der Hochschule für Musik in Berlin weiter und widmete sich zusehends eigenen Kompositionen, von denen die Oper Andromache (1932) die bedeutendste ist (obgleich sie nur vier Aufführungen erlebte).
'The Truman Show' bietet jede Menge an großen und ernsten Themen und Lesarten: Kritik am Reality–TV und an den modernen Massenmedien allgemein, sowohl an den Machern wie am Publikum, eine religiöse Allegorie oder eine auf Vater–Sohn–Beziehungen, eine Reflexion über das Verhältnis von Autor und fiktionaler Figur oder eine über die soziale und institutionelle Kontrolle unseres alltäglichen Lebens… Aber es ist auch ein Film über die Freude am Spiel mit filmischen Strukturen, in diesem Falle das Spiel mit den Strukturen filmischer Erzählung resp. mit den Ebenen von Fiktionalität, die jedem fiktionalen Text inhärent sind. Beide Elemente, thematischer Ernst und formales Spiel, sind dicht ineinander verwoben.
Peter Weirs Film 'The Truman Show' (USA 1998, Peter Weir) ist zunächst als klassische Dystopie zu lesen. Beispielhaft wird von einer nicht genau definierten nahen Zukunft erzählt, in der es einem Konzern an Privatpersonen statt möglich ist, ein Kind zu adoptieren und unbehelligt für ein kommerzielles Unternehmen zu missbrauchen: Die Produktion einer ultimativen Reality-Show-Soap-Opera. Der Film erzählt über dieses Motiv von einem unkritischen Medienkonsum, der diese Praxis honorierenden Mehrheit der Fernsehzuschauer und nicht zuletzt von der Macht des Kapitals. Die enorme Produktion wird ausschließlich durch genuines Product-Placement und Merchandising ermöglicht.
Ich möchte mich in der Analyse der Musik in 'The Truman Show' auf das Zusammenspiel von Dramaturgie und Musik konzentrieren. Im Zentrum steht die Frage, welche Informationen - wenn überhaupt - der Film über die Musik vermittelt, an welchen Stellen und in welchen Funktionen Musik nicht bloß als Untermalung und Verstärkung von Emotion eingesetzt wird, sondern um Inhalte des Films zu transportieren. Dabei komme ich nicht umhin, meine eigene Lesart des Films einzubringen. Am Anfang stehen bei einem mehr als zehn Jahre alten Film, der allgemein als 'Medienkritik' interpretiert wird, die Erinnerung an die Jahre, in denen der Film produziert wurde.
Künstlerische Konsequenz hat ihren Preis. Der Theoretiker fordert sie vom Praktiker im Namen stilistischer Reinheit oder medienspezifischer Integrität, Stimmigkeit der kompositorischen Methode oder dramaturgischer Effizienz und schert sich wenig um dessen Sachzwänge vor Ort. Jedoch muß heutzutage ein Film- resp. Medienkomponist - mehr denn je - über Fähigkeiten und Fertigkeiten verfügen, die jenseits solider Kenntnisse des traditionellen Tonsatzes und Kontrapunktes liegen
Das Kieler Forschungszentrum "Film und Musik" veranstaltete vom 9.7. bis 11.7.2009 zum bereits vierten Mal sein Symposium zur Filmmusikforschung. Internationale Gäste und Referenten - u.a. aus Bristol, Wien und Innsbruck - fanden sich zahlreich in Kiel ein und auch einige Studenten lockte die thematisch locker nach Panels organisierte Tagung in die Räume der Kieler Musikwissenschaft.
Insgesamt für 34 Filme (wenige davon mit Fortsetzungen) schrieb Dmitrij Sostakovic begleitende Filmmusik. Er galt als guter Improvisator am Klavier, was ihm zu einer Arbeit im Kinotheater der Stummfilmzeit verhalf, die er benötigte, um seine Familie zu unterstützen und sein Studium am Petrograder Konservatorium zu finanzieren, wo er Klavier, Komposition und Kontrapunkt studierte.
Die landläufige Meinung über Meisels Komposition zu "Berlin - Die Sinfonie der Grossstadt" diskreditiert die Musik vorrangig als illustrativ, die Bildinhalte allein verdoppelnd, klischeehaft und deswegen künstlerisch als nicht sonderlich wertvoll. Diese Einstufung trifft, so pauschal und plakativ wie beispielsweise bei Helga de la Motte-Haber und Hans Emons (1980, 60f) sowie Werner Sudendorf (1984, 20ff) deklariert, nicht zu.
Die Musikindustrie hat mit den Jahren ihre Methoden, Musikstile und Bands maßgeschneidert in den Markt hinein zu produzieren, ja sogar Märkte künstlich zu produzieren, immer weiter verfeinert. Ebenso hat die Kritik an diesen Verfahren, Musikstile wie Moden in schnellem Wechsel aufeinander folgen zu lassen und dadurch Konsumbedürfnisse von Fans immer neu anzufachen, diese als 'synthetisch' verdammt - als stehe alledem ein 'natürliches' Prinzip gegenüber, nach dem sich neue Musikstile organisch aus den historischen und individuellen Erfahrungen von Musikern entwickelten.
Dass die Filmgeschichte des frühen Jazz in weiten Teilen noch Forschungsdesiderat geblieben ist, ist insofern erstaunlich, als die performative Komponente – der Auftritt als solcher, aber genauso die mediale Bannung und Verfügbarmachung des 'unwiederholbaren Moments' - unbestritten als eines der wichtigsten Charakteristika von Jazz gilt. Vorrangiges Medium der Speicherung von Jazzgeschichte sind selbstverständlich die Tonträger. Hinsichtlich der Performance von Jazz - also der körperlichen, Identität vorstellenden oder konstruierenden Präsenz der Musikerin/des Musikers - sind aber gerade Bildmedien und insbesondere Filmkunstwerke aussagekräftige Auskunftgeber (Gabbard 2003). Zu den frühesten tonfilmischen Jazzdokumenten gehören die beiden Jazz-Kurzfilme, die Dudley Murphy im Jahr 1929 für RKO schrieb und drehte: die musical shorts 'St. Louis Blues' mit Bessie Smith (Premiere: New York Ende August 1929) und 'Black and Tan Fantasy' mit Duke Ellington (Premiere: New York 8. Dezember 1929).
Hans-Martin Majewski wurde am 14.1.1911 in Schlawe (Pommern) als Sohn eines Veterinärrats geboren. Er besuchte zunächst das Gymnasium in Schlawe, bevor er bis 1930 seine Schulausbildung auf einer staatlichen Bildungsanstalt in der Stadt Köslin beendete. Danach nahm er in Königsberg das Studium der Medizin auf. 1932 wechselte Majewski nach Leipzig, studierte am dortigen Konservatorium bei Hermann Grabner, Kurt Thomas (Chorleitung), Robert Teichmüller (Klavier), Max Hochkoffler, Bruno Walter (Dirigieren) und Max Ludwig. Seine Schwerpunkte waren Theorie und Kompositionslehre, Dirigenten- und Opernschule.
Anmerkungen zur Geschichte und Praxis der Stummfilmmusik : eine Einführung und Gedankensammlung
(2010)
Vom Beginn der Filmgeschichte und damit auch der Geschichte der Filmmusik an stand das kommerzielle Interesse durchaus im Vordergrund. Das Bestreben, eine möglichst große Zahl von Adressaten zu erreichen, prägte schon immer die Gestaltung der Filme. Der Wandel der Gesellschaftsschichten, aus denen das Publikum stammte, in den ersten Jahrzehnten der Entwicklung der Filmindustrie – zunächst weniger gebildete Zuschauer auf Jahrmärkten, dann ein weltweites Publikum möglichst aller gesellschaftlichen Klassen – bestimmte in zentralen Punkten die Entwicklung der filmischen Inhalte und Formen und somit auch deren musikalische Begleitung. Die Musikauswahl oder Komposition zu Filmen war und ist dementsprechend von damals bis heute von dem von künstlerischer Leitung und Produktion erwünschten Kundenkreis abhängig und zwischen zwei Extremen angesiedelt: populär und avanciert.
Die Struktur moderner Videoclips ist nicht neu. Schon im 16. Jahrhundert versuchte man mit Instrumenten wie dem optischen Cembalo Optisches und Akustisches zu koppeln. Seit über einem halben Jahrhundert versuchen Künstler folglich Bild und Musik zu vereinen. Besonders in den so genannten Konzept-Videos der elektronischen Musik, bei denen Bild und Ton eine Synthese eingehen und die Musik sichtbar gemacht wird, steht der Satz „Ich sehe Musik“ Pate für die Übersetzung der Musik in Bilder. Neben dem Verschwinden des Interpreten aus dem elektronischen Musik-Video ist die Inszenierung von Körperlichkeit ein Thema der Elektroclips – Körper werden häufig in Rückgriff auf die Bilderwelten des Horror- und Rauschfilms visualisiert: dekonstruiert und deformiert. Dies hängt mit den ideologischen Implikationen der elektronischen Musik zusammen, die sich scheinbar am präzisesten innerhalb dieser Bilderwelten artikulieren lassen. Wie dies geschieht, soll hier anhand von Beispielvideos untersucht werden.
Full metal village
(2010)
Im schleswig-holsteinischen Dorf Wacken treffen einmal im Jahr für drei Tage mehr als 40.000 Heavy Metal Fans auf weniger als 1.800 Anwohner. Anlass ist das 1990 gegründete Wacken Open Air Festival (W:O:A), nach eigenem Bekunden das größte Metal-Open-Air-Festival der Welt. Dabei müssen kulturelle Differenzen und Konflikte zwischen Dorfbewohnern und Festivalbesuchern vorprogrammiert sein. Diesen Gedanken verfolgte anfangs auch die 1966 geborene koreanische Regisseurin von FULL METAL VILLAGE, Sung-Hyung Cho. Sie beschloss „aus Mangel an Alternativen“ (Cho), einen Dokumentarfilm zu drehen, der den Aufprall beider Welten darstellen sollte. Doch im weiteren Verlauf der Produktion änderte Cho ihr Konzept und es entstand ein Film, der es vermied, die Kontraste zu überspitzen, sondern der sich vielmehr auf die Dokumentation des Lebens der Dorfbewohner konzentriert – die das Festival fast ausnahmslos nicht als Einbruch einer fremden Subkultur wahrgenommen, sondern sich glänzend in die Durchführung und Realität des Festivals integriert haben.
Die Röntgenstrukturanalyse ist eine der wichtigsten analytischen Methoden zur Bestimmung der Kristallstrukturen und zur Aufklärung von Struktur-Eigenschaftsbeziehungen. Voraussetzung für eine Röntgenstrukturanalyse ist ein Einkristall mit einer Größe von ca. 1-10 mikro m. Jedoch gibt es eine Vielzahl an Verbindungen, bei denen es aufgrund ihrer geringen Löslichkeit nicht gelingt, hinreichend große Kristalle zu erzeugen. In dieser Arbeit konnte aufgezeigt werden, dass die Kristallstrukturen solcher schwerlöslichen Verbindungen aus Röntgenpulverdaten bestimmt werden können. Organische Pigmente haben eine geringe Löslichkeit. Sie werden daher im Anwendungsmedium nicht gelöst, sondern fein dispergiert. Die Teilchengrößen liegen typischerweise im Bereich von 50-500 nm. Bedingt durch die Schwerlöslichkeit lassen sich nur selten Einkristalle züchten. Jedoch kann die Kristallinität häufig durch Lösungsmittelbehandlung verbessert werden. Dies ermöglicht die Strukturbestimmung aus den Röntgenpulverdaten. Die untersuchten organischen Pigmente haben allesamt ungewöhnliche Eigenschaften: So zeigen beispielsweise Pigment Yellow 101 und einige seiner Derivate sowie einige mesoionischen Pigmente Fluoreszenz im Festkörper. Die Fluoreszenz-Eigenschaften dieser Verbindungen waren bisher nur begrenzt verstanden. In dieser Arbeit konnten sieben Kristallstrukturen von festkörperfluoreszenten Pigmenten bestimmt und so ein Beitrag zum Verständnis der Festkörper-Fluoreszenz geleistet werden. Pigment Yellow 183 und Pigment Yellow 191 sind gelbe verlackte Azopigmente, die großtechnisch zur Einfärbung von Kunststoffen verwendet werden. Hier konnten erstmals Einkristalle erhalten werden, und drei Kristallstrukturen bestimmt werden. Alle drei Kristallstrukturen weisen ungewöhnliche Strukturmerkmale auf: eine der beiden Sulfonatgruppen koordiniert nicht an das Ca2+-Ion oder an ein Lösungsmittelmolekül, sondern bildet nur intermolekulare van der Waals-Wechselwirkungen. Wodurch elektrostatisch ungünstige Separation von Kation (Ca2+) und Anion (RSO3-) verursacht wird, bleibt unklar. Die Benzimidazolon-Pigmente sind industriell sehr wichtige Azo-Pigmente mit exzellenter Lichtstabilität und hervorragender thermischer Stabilität. Im Rahmen dieser Arbeit gelang es erstmals, Einkristalle eines Solvates eines kommerziellen Benzimidazolon-Pigmentes zu züchten und die Struktur durch Röntgenstrukturanalyse zu bestimmen. Bei zwei weiteren kommerziellen Benzimidazolon-Pigmenten wurden die Kristallstrukturen aus Röntgenpulverdiagrammen bestimmt, wobei die Strukturlösung mit simulated-annealing-Methoden (Programm DASH) erfolgte. Das Pigment Yellow 213 ist ein neu entwickeltes Pigment für Wasserbasislacke, welches sich durch seine hohe Lichtechtheit auszeichnet. Mithilfe der Kristallstruktur konnten Eigenschaften dieser Verbindungen erklärt werden. Alle kommerziellen Azo-Pigmente liegen im Festkörper nicht in der Azoform, sondern in der hydrazon-tautomeren Form vor. Die Pigmente sind daher, streng genommen, keine Azo-Pigmente, sondern Hydrazon-Pigmente. Es gibt jedoch Ausnahmen: Für zwei p-dialkylamino-substitutierte Azopigmente auf beta-Naphthol-Basis konnte durch Einkristallstrukturanalysen aufgezeigt werden, dass die Azoform im Festkörper überwiegt. Es handelt sich hierbei also um den seltenen Fall „wirklicher Azo-Pigmente“. Die in dieser Arbeit untersuchten Verbindungen Bis-(acetoacetyl)-p-phenylen-diamin (DAEP) und 5-(Acetoacetylamino)benzimidazolon sind Vorprodukte für die Synthesen verschiedener industrieller Azo-Pigmente. Bei beiden Verbindungen gelang es, die Kristallstrukturen aus Röntgenpulverdiagrammen zu lösen. Die Orientierung der endständigen -COCH3-Gruppen lässt sich allerdings nicht mit Sicherheit feststellen (weil ein O-Atom fast die gleiche Streukraft besitzt wie eine CH3-Gruppe). Die Pulverstrukturlösungen wurden daher mit Gitterenergieberechnungen mittels dispersion-korrigierten Dichtefunktionalrechnungen kombiniert. Derartige dispersions-korrigierte DFT-Rechnungen im Festkörper könnten zukünftig auch in anderen Fällen zur Validierung von Kristallstrukturen, die aus Röntgenpulverdaten bestimmt wurden, dienen. Die Verbindungen Omeprazol, Rasagilin und Risedronat sind pharmazeutische Wirkstoffe. An verschiedenen Salzen dieser pharmazeutischen Wirkstoffe wurden Polymorphieuntersuchungen durchgeführt. Dabei wurden für Omeprazol vier, für Rasagilin eine und für Risedronat vier neue Phasen gefunden. Zudem konnten für Rasagilin und Omeprazol jeweils eine und für Risedronat drei Kristallstrukturen bestimmt werden, die es erlauben Eigenschaften wie außergewöhnliche Feuchtigkeitsbeständigkeit oder Bioverfügbarkeiten zu erklären. Für Risedronat wurde ein bisher unbekanntes Solvat gefunden (Essigsäure Disolvat), das patentiert wurde. Auch hier konnte die Kristallstruktur aufgeklärt werden. In dieser Arbeit wird aufzeigt, dass es bei schwerlöslichen Pigmenten, deren Vorprodukten sowie von pharmazeutischen Wirkstoffen in etlichen Fällen möglich ist, Einkristalle zu züchten (wenn auch mit großem Aufwand), sodass man die Kristallstrukturen durch Röntgenstrukturanalyse ermitteln kann. Für die Verbindungen, bei denen keine hinreichend großen Einkristalle erhalten werden konnten, gelang es in den meisten Fällen, die Kristallstrukturen aus Röntgenpulverdiagrammen zu bestimmen, und anschließend Struktur-Eigenschaftsbeziehungen abzuleiten.