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This essay examines the foreign policy discourse in contemporary Germany. In reviewing a growing body of publications by German academics and foreign policy analysts, it identifies five schools of thought based on different worldviews, assumptions about international politics, and policy recommendations. These schools of thought are then related to, first, actual preferences held by German policymakers and the public more generally and, second, to a small set of grand strategies that Germany could pursue in the future. It argues that the spectrum of likely choices is narrow, with the two most probable-the strategies of "Wider West" and "Carolingian Europe"---continuing the multilateral and integrationist orientation of the old Federal Republic. These findings are contrasted with diverging assessments in the non-German professional literature.Finally, the essay sketches avenues for future research by suggesting ways for broadening the study of country-specific grand strategies, developing and testing inclusive typologies of more abstract foreign policy strategies, and refining the analytical tools in examining foreign policy discourses in general.
Sobre la libertad política
(1998)
Este artículo presenta un argumento en favor de un concepción intersubjetivista de la libertad política constituida por cinco diferentes nociones de autonomía: moral, ética, legal, política y social. Más allá de las nociones estrictamente liberales o comunitarias, negativas o positivas, el concepto de libertad política incluye todas aquellas libertades que los ciudadanos, en tanto continentes y usuarios autónomos de la libertad, pueden conceder y garantizar de forma recíproca y general. Así, en la base de este concepto reposa un principio de justiticación moral y política.
Das hervorstechendste Merkmal deutscher Außenpolitik seit 1990 ist die Kontinuität der Kontinuitätsrhetorik. Helmut Kohl hatte sie nach der gewonnenen Bundestagswahl im Dezember 1990 genauso eingesetzt wie Gerhard Schröder nach seinem Sieg im Herbst 1998. Mochte sich die Republik im Innern auch noch so sehr ändern, mochte sich ihr äußeres Umfeld dramatisch verschieben – die Grundkonstanten deutscher Außenpolitik, sie sollten dieselben bleiben. Politisch gab und gibt es für diese Rhetorik fast durchwegs gute Gründe, denn angesichts einer einhellig konstatierten "Erfolgsgeschichte" bundesrepublikanischer Außenpolitik auf der einen Seite sowie, auf der anderen, deutlicher Sorgen im Ausland, dass es damit nach der Vereinigung vorbei sein könnte, sprach alles dafür, eine Fortsetzung des Alten selbst dann zu beschwören, als vieles sich änderte. Die Rede von der Kontinuität bundesdeutscher Außenpolitik hatte zudem innen wie außen eine dankbare Zuhörerschaft, denn sie handelte von einer guten alten Zeit der "Beschaulichkeit" und "Bescheidenheit" der alten Bundesrepublik, die man heute als "Bonner Republik" fast schon in der historischen Nähe der "Weimarer Republik" wiederfindet. ...
Zehn Jahre sind seit der Vereinigung der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik vergangen. Aus zwei "Rationalstaaten" (C. Hacke) ist wieder ein Nationalstaat geworden. Die "Bundesrepublik" bildet auch heute noch einen Teil des Staatsnamens, aber die meisten haben sich wieder angewöhnt, einfach von "Deutschland" zu reden. Trotz aller Beschwörungen der Kontinuitätselemente zwischen alter und neuer Bundesrepublik überwiegt inzwischen die Differenz zwischen beiden. Diese wird in der Unterscheidung zwischen "Bonner" und "Berliner Republik" treffend eingefangen...
Kurz nach ihrem Wahlsieg im Herbst 1998 verständigten sich die neuen Regierungsparteien SPD und Bündnis 90/Die Grünen im Rahmen der Koalitionsverhandlungen darauf, die Friedens- und Konfliktforschung verstärkt zu fördern. Die Koalitionsvereinbarung vom 20. Oktober 1998 formulierte im Kapitel Außenpolitik die Absicht der designierten Bundesregierung, sich "für den Aufbau einer Infrastruktur zur Krisenprävention und zivilen Konfliktbearbeitung" einzusetzen, wozu unter anderem die "finanzielle Förderung der Friedens- und Konfliktforschung" gehören sollte.
Für die Erforschung der spätantiken Herrscherideologie hat Andreas Alföldi (1895-1981) Grundlegendes geleistet. Ihm gelang es, bildliche Darstellungen zum Sprechen zu bringen und ihre Bedeutung für die Repräsentation der Kaiser zu verdeutlichen. In dieser Tradition bewegt sich der Tübinger Althistoriker (und zeitweilige Assistent Alföldis) Frank Kolb mit seinem hier anzuzeigenden Buch. Darin führt er die verstreuten, von verschiedenen altertumswissenschaftlichen Disziplinen vorangetriebenen Forschungen zur spätantiken Herrscherideologie zusammen, die er durch eigene Beiträge wesentlich beeinflußt hat. ...
Wenige Wochen nach dem vergleichsbedingten Fehltritt der Bundesjustizministerin hat sich der Hessische Ministerpräsident, ein mutmaßlicher "kommender Mann" der deutschen Politik, nicht enthalten und erneut historische Parallelen ins politische Spiel gebracht. In diesem Falle ging es nicht um Bush und Hitler, sondern um laufende Vermögenssteuerdebatten und ein geschmacklos-primitives Outing reicher Leute einerseits und andererseits um die Stigmatisierung jüdischer Menschen durch den sogenannten Judenstern. Erneut wogte die Empörung der intellektuell-medialen Teilöffentlichkeit angesichts des "Unvergleichbaren" hoch – eine Dublette an der Grenze zur Groteske, mit dem für unseren Kontext freilich nicht so wichtigen Unterschied, dass Däubler-Gmelin ging und Koch – wie auch anders – blieb. ...
Brüssel im November. Drei Tage lang präsentiert die Europäische Union "Research Europe 2002", die Auftaktveranstaltung zum 6. Forschungsrahmenprogramm. Ort des Geschehens: die Messehallen von Heysel. An die zehntausend Teilnehmer waren angemeldet und Tausende sind gekommen, Forscher, Forschungspolitiker, Forschungsverwerter aus ganz Europa, mancher auch von noch weiter her – etwa ein Drittel aus Wirtschaft und Industrie, viele Osteuropäer, viele junge Leute mit Elan und European spirit. Drei Tage der Vorträge, der Podiumsdiskussionen, der Workshops, der Schulungsveranstaltungen – alles mit dem einen Ziel, das zu konstituieren, worum es aller Förderprogrammatik letztlich geht: den gemeinsamen europäischen Forschungsraum. ...
Durch diese Studie beabsichtigt Vanda Fiorillo, die deutsche Naturrechtslehre der frühen Neuzeit auf einen gemeinsamen Nenner zurückzuführen, um damit ein Modell zu identifizieren, das uns auch dabei helfen kann, unsere Gegenwart, d. h. den historischen Zustand der polyarchischen Demokratien, zu verstehen und zu beherrschen. Das erwünschte allgemeine Prinzip findet die Verfasserin in der Theorie des Pflichtenstaats, die sich dadurch auszeichne, dass sie in der Konstruktion des Gemeinwesens nicht vom Recht des Einzelnen, sondern von dessen Pflichten ausgehe, und so ein besonderes Modell (7), einen "sittlichen und vernunftmäßigen Archetyp in der deutschen Auffassung von der Politik" (8) darstelle. Am eindeutigsten lasse sich die Idee des Pflichtenstaats bei den Autoren der Kant-Zeit rekonstruieren, deren theoretische Voraussetzungen auf Wolff und Pufendorf zurückgingen. Die Idee der Pflicht sei bei allen Autoren des späten 18. Jahrhunderts so grundlegend, dass auch Schriftsteller aus entgegengesetzten Lagern wie der preußische Liberale Johann Adam Bergk und der radikale Demokrat Ernst Ferdinand Klein gleichermaßen berücksichtigt werden können. ...
Es war eine heißer, schwüler Sommerabend, als John Rawls im Hörsaal H der Frankfurter Universität einen Vortrag hielt. Er sprach leise, fast schleppend, und er hatte sich vorgenommen, den Text in einer deutschen Übersetzung vorzulesen, was für einen amerikanischen Professor ungewöhnlich war und deshalb Bewunderung verdiente. Doch war die angespannte Konzentration spürbar, die Rawls aufbringen musste, um deutscheWorte mit so wenig amerikanischer Phonetik wiemöglich zu sprechen, und der Vortrag wurde dadurch noch langsamer, die Stimme noch leiser. Außerdem funktionierte das Mikrofon nicht richtig. Deshalb wurde es ihm von seinem Übersetzer, Wilfried Hinsch, mit ausgestrecktem Arm so nahe an denMund gehalten, dass wenigstens ein paar Worte zu verstehen waren. Nach kurzer Zeit verließen die ersten Zuhörer den Hörsaal. Der ausgestreckte Arm des Helfers wurde sichtbar schwerer; Anstrengung und Hitze ließen Schweißbäche rinnen und das Oberhemd nass werden.Der Vortragwar nicht einfach. Rawls machte, wie gewohnt, keinerlei Konzessionen, sondern diktierte einen komplexen Satz nach dem anderen. Wer etwas verstehen wollte, musste von der komischen Situation absehen, alle Kräfte gegen die von der schwülen Hitze geführten Ermüdungsattacken aufbieten und sich irgendwie konzentrieren. Der einzige, der sich davon nicht beirren ließ, sondern hartnäckig Satz für Satz in den schwülen Sommerabend hämmerte, war der kleine, schmächtige, blasse, sein Gesicht hinter einer riesigen Brille verbergende, aber Respekt heischende Professor Rawls. Wenn Geist so unmittelbar präsent ist, wird eben alles andere banal. ...
Wie kein anderer Ort ist Auschwitz zu einem Synonym für die nationalsozialistische Terrorpolitik geworden. Mit Majdanek teilt die Stadt das Schicksal, sowohl ein Konzentrations- als auch ein Vernichtungslager beherbergt zu haben. Mindestens 1,1, möglicherweise sogar anderthalb Millionen Menschen wurden in Auschwitz ermordet, vor allem europäische Juden, aber auch nichtjüdische Polen, Sinti und Roma. Mit Monowitz und seinen Nebenlagern befand sich hier zudem "das erste von einem Privatunternehmen initiierte und finanzierte Konzentrationslager" (S. 43). Jenseits dieses dreiteiligen Lagerkomplexes sollte in Auschwitz eine deutsche Musterstadt entstehen. Auf den Reißbrettern nationalsozialistischer Visionäre avancierte die Stadt "zum Ideal ökonomischer Erschließung und rassischer Auslese, zum Zukunftsmodell der deutschen Herrschaft im eroberten Land" (S. 51). Kurzum: an keinem anderen Ort manifestierte sich die symbiotische Verbindung zwischen Lebensraum und Vernichtung deutlicher als in dieser im deutsch-polnischen Grenzgebiet gelegenen Stadt. Dies rechtfertigt es, Auschwitz eine Überblicksdarstellung in einer Reihe (C. H. Beck Wissen) zu widmen, deren historische Veröffentlichungen in der Regel größere Epochen behandeln, zumal über Auschwitz noch immer keine Monografie erschienen ist. ...
Solidarität!
(2004)
Rechtshistorikern ist das Thema der Solidarität – und das damit verbundene Antithema eines ausufernden Individualismus – alt vertraut. Die Frage des sozialen Defizits jener Privatrechtskodifikation, die uns das 19. Jahrhundert hinterlassen hat, gehört zu den Königsthemen der Disziplin, seit Menger und Gierke mit den rechtstheoretischen Protagonisten des BGB die Klingen kreuzten. Und vor allem die Diskurse des Arbeits-, Sozial- und Verfassungsrechts, aber beileibe nicht nur sie, haben sich seit jenen Tagen in eindringlicher Weise mit den Konsequenzen beschäftigt, die sich aus der Integration kollektiver und solidaristischer Elemente in die Rechtsstruktur für das Recht selbst und für seine innergesellschaftliche Umwelt ergeben haben. ...
Regieren durch Solidarität?
(2004)
In Thomas Bernhards "Am Ziel" blickt der Dramatische Schriftsteller auf die Familienkämpfe seiner Jugend zurück: "Sie zogen mir eine Jacke an und sagten – so das ist die lebenslängliche Jacke für dich – und ich zog die Jacke wieder aus. Sie zogen Sie mir an – und ich zog sie wieder aus – immer so fort sie zogen sie mir an – ich zog sie wieder aus." "Ich ging weg ich machte mich selbständig." Dann gleichsam bilanzierend: "Ich fühlte mich mit mir selbst solidarisch – mit keinem Andern – Ich rettete mich aus den Andern heraus." Und die Kommunikationspartnerin echot unwidersprochen: "Sie retteten sich auf Kosten der Ihrigen." ...
Im Jahre 2002 hat die Thüringer Landesregierung, damals noch von Bernhard Vogel geführt, die Stiftung Ettersberg zur vergleichenden Erforschung europäischer Diktaturen und ihrer Überwindung ins Leben gerufen. Die Stiftung selbst führt dies auf einen Impuls zurück, den der Buchenwaldhäftling Jorge Semprún anlässlich der Verleihung des Friedenspreises des Deutschen Buchhandels im Jahre 1994 gegeben habe.1 Die Verleihung erfolgte in Weimar, unweit des Ettersbergs mit seiner doppelten Lagertradition (KZ Buchenwald und Sowjetisches Speziallager Nr. 2). Die Stiftung ist der "vergleichenden Erforschung europäischer Diktaturen im 20. Jahrhundert und ihrer demokratischen Transformation gewidmet". Die Erwartungen richten sich in besonderem Maße auf "prospektive Geschichtsforschung, die nicht nur Erinnerungsarbeit leistet, sondern darüber hinaus die nachfolgenden Generationen für die latenten Gefährdungen von Freiheit und Demokratie sensibilisiert". In diesem Sinne fühlt sich die Stiftung auch für die "kritische Analyse von Gegenwartsentwicklungen" zuständig. Sie wird von HansJoachim Veen geleitet, über viele Jahre ein führender Kopf des Forschungsinstituts der KonradAdenauer-Stiftung. Mit der Stiftung Ettersberg ist eine weitere zeithistorische Forschungseinrichtung ins Leben gerufen worden, die sich neben den bestehenden Spezialorganisationen in Dresden, München und Potsdam platzieren muss. Besonders in Hinblick auf das Dresdner Hannah-Arendt-Institut für Totalitarismusforschung kann man sich des Eindrucks nicht erwehren, dass es sich um eine blanke Funktionsdublette handeln könnte. Natürlich ist eine solche wunderbare Kapazitätsvermehrung nach dem Modus der segmentären Differenzierung alles andere als unproblematisch und es mag allein der Glaube Trost spenden, dass Konkurrenz doch das Geschäft belebt. Jedenfalls wird man genau hinsehen müssen, ob die wissenschaftliche Praxis der kommenden Jahre das Engagement der öffentlichen Hände wirklich rechtfertigen kann. ...
The article presents a brief overview of research and publication in the history of international law in Europe today. The upsurge of interest in historical studies is traced back to a sense of present transformation, with historical studies seeking to explore both aspects of continuity and change in the international legal system. The article outlines three tasks for the discipline in the future: to begin work for international law’s Ideengeschichte, to focus on the relationship between the West and its "Other", and to undertake studies in the historical sociology of international law.
Trotz aller Desillusionierungen, die die neuere Wissenschaftsforschung modernen Wissensgesellschaften zumutet, zehrt die Wissenschaft nach wie vor von einer Aura distanzierter Wahrheitssuche, die mit wissenschaftlicher Tätigkeit einhergehen soll. Die Meinungsseite der Tageszeitung ist daher (noch) kein Publikationsort, wo man akademische Karrierepunkte sammeln kann, die mit "peer reviewed journals" vergleichbar sind. Manchmal erscheint es einem hauptberuflichen Wissenschaftler aber trotzdem angezeigt, sich dem Genre des Meinungsbeitrages anzunähern - und zwar vor allem dann, wenn sich Problembeschreibungen und Handlungsanweisungen aufdrängen, die Albert O. Hirschmann als "action arousing gloomy visions" charakterisierte. ...
Solidarität?
(2005)
Dass in Bremen an einer Uferböschung des Flüßchens Ochtum ein alter – mit Stacheldraht bespannter – Schleppkahn als Konzentrationslager gedient hat, erfährt, wer den "Benz-Distel" aufschlägt. Drei Bände des großen Werkes über die Geschichte der nationalsozialistischen Konzentrationslager liegen nun vor. Auf ursprünglich sieben, mittlerweile neun Bücher, die in halbjährlichem Abstand bis zum Frühjahr 2009 im Verlag C.H. Beck erscheinen werden, ist die Gesamtgeschichte der Lager angelegt, die Wolfgang Benz und Barbara Distel initiiert haben. Das mit dem Geschwister-Scholl-Preis ausgezeichnete Herausgeberteam der "Dachauer Hefte" treibt bereits seit Jahrzehnten die Forschung zu den nationalsozialistischen Konzentrationslagern voran. Im Zentrum des schon wegen seines schieren Umfangs eindrucksvollen Projekts steht die Topografie der Lager, genauer: der Umstand, dass die Nationalsozialisten Deutschland und das gesamte besetzte Europa flächendeckend mit einem Netz von Haftstätten überzogen haben. "Der Ort des Terrors" heißt denn auch die mit Mitteln der Kulturstiftung des Bundes und des Auswärtigen Amtes geförderte Gesamtdarstellung der Lager. ...
In their study on "The modern anthropology of Southeast Asia", Victor King and William Wilder raise the question in how far the region can be taken as a field of anthropological enquiry. After their initial discussion of cultural and social trends as well as anthropological studies, they conclude that the common issue of the region is its diversity. They come to the rather pragmatic solution that "South-East Asia constitutes a convenient unit of study, ... but ... we should not think of it in terms of a bounded, unified and homogenous socio-cultural area" (King/Wilder 2003: 24). We doubt that there are homogenous socio-cultural areas anywhere else. These are usually constructed through the invention of traditions and ideological simulations. The interesting case with regards to Southeast Asia is, why no such homogeneity has been constructed, not even by anthropologists or sociologists. ...
Gibt es so etwas wie "konservative Außenpolitik"? Die erste Antwort, die dazu einfällt, hat Joschka Fischer auf eine vergleichbare Frage gleich nach seinem Amtsantritt als neuer Außenminister gegeben. Nein, "eine grüne Außenpolitik gibt es nicht, nur eine deutsche". Klassische weltanschauliche Überzeugungen, die im innenpolitischen Wettstreit in Gegenbegriffen wie "konservativ" und "fortschrittlich" einsortiert werden, lassen sich nach dieser Auffassung nicht auf das Feld der Außenpolitik übertragen. Genau diese Position vertrat auch Kaiser Wilhelm als er kurz nach dem Beginn des Ersten Weltkriegs ausrief: "Ich kenne keine Partei mehr, ich kenne nur Deutsche"...
Die Deutsche Vereinigung für Politische Wissenschaft ehrt mit dem Theodor Eschenburg-Preis das Lebenswerk herausragender deutscher Politikwissenschaftlerinnen und Politikwissenschaftler. Mit Helga Haftendorn als der diesjährigen Preisträgerin ehren wir eine Kollegin, die in einer seit mehr als 46 Jahre andauernden Schaffensphase ein sowohl quantitativ wie qualitativ beeindruckendes wissenschaftliches Œuvre vorgelegt hat, eine Kollegin, die national wie international und sowohl innerhalb der wissenschaftlichen Gemeinschaft als auch in außen- und sicherheitspolitischen Fachkreisen große Anerkennung gefunden hat...
Geschriebene Worte haben ihre eigene Geschichte. Einmal geschrieben, nehmen sie Abschied von ihrem Autor und treten eine lange Reise durch Zeit und Raum an, wie Schiffe ohne Besatzung segeln sie in einem unendlichen Meer von Lesern: eine leichte Beute in einem gefährlichen Meer. Kluge Leser entern sie gleich, ziehen ihre eigene Flagge auf und segeln fortan in alle Himmelsrichtungen. Manchmal entsteht an Bord Streit: sei es über die Richtung, sei es über das Kommando. Manchmal werden sie von anderen Lesern bedroht. ...
Historische Forschung ist Quellenforschung. Historische Wahrheit steht und fällt mit historischen Quellen. Dann und wann darf sie sich auf Hypothesen stützen. – Diese ehernen Gesetze befolgt der britische Romanist Ernest Metzger (M.) in seinem neuen Buch über den klassisch-römischen Zivilprozess. Es ist einem Gegenstand gewidmet, der desto mehr auf Quellen angewiesen zu sein scheint, je weniger diese vorhanden sind. Selbst die vorhandenen aber geben ihre Wahrheit nicht ohne weiteres preis: "Those who are new to the subject will be surprised at how little we know, and how much effort it takes to extract the truth from the sources" (1). Zuweilen können sogar alle Mühen umsonst sein. Denn am Ende entscheidet allein die Evidenz, nicht die Intelligenz. "Intellectual fashions have their effect, but in the end it is new evidence that eventually sends procedure textbooks to the elephant graveyard one finds in older libraries" (ibid.). Solche Gefahr besteht für dieses Buch nicht: Es ist die Evidenz, die für und durch Metzger spricht. Wovon spricht sie? ...
Michael Kittner ist kein professioneller Rechtshistoriker. Er hat an der Universität Arbeits-, Sozial- und Wirtschaftsrecht gelehrt, vor allem aber war er über ein Vierteljahrhundert hinweg der Syndikus der Industriegewerkschaft Metall und somit der womöglich wichtigste juristische Kopf des Deutschen Gewerkschaftsbundes. In seine Amtszeit fiel die bis jetzt und, wie man mit Blick auf das heutige Deutschland meinen kann, für lange letzte hohe Konjunktur des Arbeitskampfes – mit spektakulären Streiks und Aussperrungen, die in den späten 70er, besonders aber in den frühen 80er Jahren des 20. Jahrhunderts die Öffentlichkeit in Atem hielten. Der Jurist Bernd Rüthers, als prominenter Schlichter ("Leber-Rüthers-Kompromiss" von 1984) einer der bedeutenden Akteure jener Zeit, sprach im Zusammenhang mit der Expansion des industriellen Konfliktsystems von einem "Wirtschaftsbürgerkrieg" und traf mit dieser Übertreibung ganz gut die Stimmungslage in der Endzeit des rheinischen Kapitalismus. Heute ist das Regime des nationalstaatlich modulierten Fordismus erodiert, und mit ihm sind die Chancen dahingeschwunden, in den Arbeitsbeziehungen am großen Rad zu drehen. Die Berliner Republik ist nicht der Ort der arbeitspolitischen Emphase. Die Wasser der postnationalen Konstellation, die den Gewerkschaften, ihren Mitgliedern, aber auch so manchem Arbeitgeber heute wahrlich bis zum Halse reichen, legen anderes nahe als den Furor, der die alte – im Grunde genommen so überaus wirtschaftsfriedliche – Bonner Republik zu später Stunde noch einmal ergriffen hatte. ...
Im Jahre 1837 erschien Andersens Märchen von des Kaisers neuen Kleidern. Dramaturgischer Höhepunkt ist ein Tabubruch. Der eitle Kaiser, der sich prachtvoll gewandet glaubt, ist nackt, und jetzt plötzlich wird es gesagt. In der Folge finden sich alle irgendwie befreit. Ein Jahrzehnt später – kein Märchen, sondern Rechtsgeschichte – spricht Julius Herrmann Kirchmann über die Wertlosigkeit der Jurisprudenz als Wissenschaft und über die drei berichtigenden Worte des Gesetzgebers, die ganze Bibliotheken zur Makulatur werden lassen. Eine berühmte Rede, ein berühmter Tabubruch, wer wollte das bezweifeln, aber ob sich alle befreit fühlten, wird man bezweifeln dürfen. Seither steht die Wissenschaftlichkeit der Jurisprudenz in Rede, und bis in die Jetztzeit hinein stellt Kirchmanns Offenbarung eine gute Anschlussmöglichkeit für entsprechende wissenschaftstheoretische Bilanzen dar. ...
Zeit scheint ein Grenzfall zwischen Theorie und Trivialität zu sein. Der Begriff ist einerseits durch Theorie zu sehr strapaziert worden, andererseits im Alltagsleben mit so viel Plausibilität belastet, dass historisches Weiter- und Hinterfragen oft blockiert wird. Es sind jedoch auch gewisse, sehr oft als selbstverständlich empfundene Annahmen über Gegenstand, Mittel und Ziele der Geschichtswissenschaft, die ihr den Stellenwert von Zeit entweder gar nicht oder auf eine Art und Weise zu sehen erlauben, die alternative Sichtweisen ausschließen. Es dürfte deshalb nicht verwundern, wenn Historiker den Diskussionstitel "Keine Zeit!" wörtlich genommen haben. Für gewöhnlich neigen sie dazu, sich mit dem eigenen Vorverständnis von Zeit zu begnügen und weitere Fragen Philosophen und Physikern zu überlassen. Zeit scheint gemeinhin eine Bedingung zu sein, unter welcher Geschichte stattfindet, sie kann aber selbst durch die Geschichte nicht bedingt sein. Zeit lässt sich nicht erzählen: Sie ist die Bedingung dafür, dass man erzählen kann. – So dürfte vielleicht die communis ratio sprechen, wenn sie sprechen könnte. Eine Geschichte der Zeit müsste offensichtlich eine andere Sprache sprechen und dabei mehr tun als erzählen. Sie müsste sich auf Theorien einlassen und vor eigenen und fremden Selbstverständlichkeiten auf der Hut sein. Wie ist eine solche Geschichte möglich? Und was genau ist ihr Gegenstand? ...
Dass das römische Recht eine eigene Geschichte hat, leuchtete ein, als es seine Geltung in Europa einzubüßen begann. Heute scheint es, zumindest in den Lehrplänen, allmählich auch seine "Geschichte" zu verlieren. Vielleicht ist dies die richtige Zeit, um sich der Geschichte des römischen Rechts anzunehmen. Daran glaubt jedenfalls Aldo Schiavone, der im Verlust die Chance sieht, ein altes Erbe, das uns nicht mehr gehöre, historisch zu observieren (18) – was er in seinem neuen Werk unternimmt. Es ist fast sein Gesamtwerk. Damit will Schiavone jahrzehntelange Forschungen über das römische Recht abschließen. Dennoch verspricht er, dabei "substantielle" Änderungen vorgenommen zu haben, nichts habe er so gelassen, wie es vorher gewesen sei. ...
In der Alten Geschichte originell zu sein, fällt heute schwer, schwerer vielleicht denn je. Doch manchmal gelingt dies auf sonderbarem, abenteuerlichem Wege. Callie Williamson ist es mit dem Buch "The Laws of the Roman People" gelungen: ein Buch, das staunen lässt, ob es die Alte Geschichte je zuvor gab. Dass es sie längst gibt, ist zwar bekannt und durch das Literaturverzeichnis des Buches schnell bewiesen, nicht aber durch dessen Inhalt. Gerade in diesem Widerspruch, in der merkwürdigen Nonchalance, wenn nicht Ignoranz, gegenüber Stand und Bestand der althistorischen Forschung liegt Williamsons originelle Leistung. Eine "klassische" Buchbesprechung würde deshalb einem Repetitorium in 100 Jahre Classics nahe kommen. Statt Kritik am Buch mögen daher als Prophylaxe vor dem Buch einige Proben genügen, und im Übrigen sei auf das Literaturverzeichnis verwiesen. ...
Das klassische Athen glänzte bereits in den Augen der Römer mit vielem, doch nicht mit seinem Recht. Die Athener übten sich in der Redekunst statt im Recht; statt Juristen hatten sie Redner und Redenschreiber. Für moderne Augen ein scheinbar diffiziler Fall: Wie, und warum auch, lässt sich hier Recht von anderen gesellschaftlichen Normen unterscheiden, wenn es keine Rechtskundigen gibt oder eher: wenn alle Bürger rechtskundig sind? Was heißt dann überhaupt Recht? ...
Jonathan Wagner has written a monograph on a migration movement that was in many ways a peripheral one. From a Canadian perspective, Germans accounted for a relatively minor share of immigrants, compared to former residents of the British Isles, of eastern or southern Europe. Seen from Germany, Canada was one of many destinations for migrants who wished to leave the country and were prepared to travel over long distances, but were, for whatever reason, not attracted by the United States, the destination for the overwhelming majority of transcontinental emigrants. Nevertheless, the movement from Germany to Canada was significant in absolute and often symbolic terms. The way Wagner tells it, the story of German-Canadian migration was a tale of parallel experiences: both Germany and Canada experienced federation and increasing international autonomy from the 1860s; both were ruled by domineering conservative figures presiding over de facto liberalization in the 1870s; both participated in the First World War, and both went through traumatic economic crises in the interwar period. ...
In diesem Beitrag gehe ich dem wechselseitigen Zusammenhang zwischen Vernunft und Freiheit nach, indem ich zu zeigen versuche, dass unterschiedliche Konzeptionen von Vernunft auch unterschiedliche Konzeptionen von Freiheit nach sich ziehen. Ich diskutiere zwei Argumente für den Inkompatibilismus (Strawsons Basic Argument und van Inwagens Konsequenzargument), von denen sich herausstellt, dass sie auf strukturgleichen Hintergrundannahmen beruhen, die ihrerseits Spezialfälle jenes Grundsatzes vernünftigen Denkens sind, den Kant als das "oberste Prinzip der reinen Vernunft" bezeichnet. Diese ("absolutistische") Konzeption von Vernunft ist keineswegs alternativlos. Die "intuitive" Plausibilität des Inkompatibilismus wird folglich in Frage gestellt.
In der Forschung zum 18. und 19. Jahrhundert gelten Vereine - zumal in Deutschland - meist immer noch als zentrale Bereiche einer im Prinzip liberalen und zukunftweisenden "Zivilgesellschaft", in der frei von repressivem staatlichem Einfluss und fern von überlebten korporativen Traditionen politische Aushandlungsprozesse im Rahmen einer liberalen Bürgergesellschaft erprobt werden konnten. Das Bild hat freilich einige Risse bekommen [1], die aber bislang eher als ehrwürdige Patina zu fungieren scheinen denn als Anzeichen für grundlegenden Restaurierungsbedarf. Die Arbeit von Stefanie Harrecker lenkt den Blick nun auf eine andere Art Verein, der in vielem wirkungsmächtiger war als die intensiv untersuchten stadtzentrierten liberalen Assoziationen. Der Landwirtschaftliche Verein in Bayern, der 1810 seine Tätigkeit aufnahm, war zwar formal ein privater Verein, wies aber von Anfang an enge personelle und finanzielle Beziehungen zum Staat auf, die sich im Laufe der Zeit eher intensivierten als abschwächten. Ziel des Vereins war einerseits die Produktionssteigerung der Landwirtschaft, etwa durch die Popularisierung neuer Anbaumethoden; andererseits verstand sich der Verein auch als Lobby der Landwirtschaft gegenüber der Regierung, und zwar sowohl im Parlament als auch im öffentlichen Raum, in dem er mit unterschiedlichen Publikationen präsent war. Der Verein hatte regionale Zweigstellen, engagierte sich im Bereich der landwirtschaftlichen Ausbildung, und richtete Feste und Feierlichkeiten aus (darunter das Oktoberfest), in deren Rahmen beispielsweise Vieh gezeigt und prämiert wurde. Angesichts der spannungsreichen Beziehungen zwischen Regierung und Parlament, Staat und Öffentlichkeit im Bayern des 19. Jahrhunderts war klar, dass auch der Landwirtschaftliche Verein keinen ganz stabilen Platz in der informellen Landesverfassung haben konnte. Anfang des 19. Jahrhunderts dominierte die Autonomie, die moderate oppositionelle Tendenzen (die freilich zum guten Teil aus der Verwaltung kamen) einschließen konnte. Das galt vor allem im Rahmen der Diskussion über die Abschaffung des 'Feudalsystems', also die Veränderung der Besitz- und Abhängigkeitsverhältnisse in ländlichen Regionen. Nach intensiver Verwicklung in die politischen Intrigen der frühen 1830er Jahre geriet der Verein, der damals unter Mitgliederschwund litt, unter stärkere staatliche Aufsicht. Diese trug mit dazu bei, dass der Verein 1848/49 die Chance verpasste, zum Sprachrohr der Veränderung zu werden; stattdessen fügte er sich in das Programm der Stärkung eines partikularen Profils Bayerns, das Maximilian II. verfolgte. Selbst Ludwig II. interessierte sich noch hinreichend für den Verein und seine öffentliche Wirkung, so dass er sich für eine Präsentation von preisgekrönten Tieren vor allen Festbesuchern, nicht nur vor den Fachleuten, einsetzte. Die Reichsgründung von 1870 bedeutete zwar nicht das Ende des Landwirtschaftlichen Vereins, wohl aber das seiner herausragenden Bedeutung; die Integration in ein deutsches Netzwerk landwirtschaftlicher Vereine endete mit weitgehendem Relevanzverlust. Die Frage, ob der Verein seinen selbst gesteckten hohen Zielen gerecht wurde, ist nicht ganz leicht zu beantworten. Die Publikationen, die populär waren, waren selten die innovativsten. Überhaupt gab es immer wieder Gelegenheit, über Sinn und Aufgaben des Vereins zu streiten, etwa wenn es darum ging, die Rolle von Festen und Fachmessen abzuwägen. Manche spektakuläre Aktionen (so der Plan, Seidenraupen in Bayern anzusiedeln) gehörten in ihrer praktischen Wirkung nicht gerade zu den Sternstunden der Agrarökonomie. Dagegen spielte der Verein eine erhebliche Rolle bei der Etablierung landwirtschaftlicher Forschungs- und Lehreinrichtungen und bei der Mobilisierung staatlicher Zuschüsse für solche Zwecke. Er engagierte sich für die Belange der bäuerlichen Bevölkerung und bemühte sich - trotz einer erkennbaren München-Fixierung - um eine flächendeckende Versorgung des Landes mit Bibliotheken und lokalen Vereinen. Stefanie Harreckers Buch liefert einen mustergültig recherchierten, abgewogenen Einblick in das Leben eines nicht ganz dem konventionellen Bild entsprechenden Vereins, der zwischen privatem Klub, wissenschaftlicher Gesellschaft und Lobby angesiedelt war. Dabei kommen sowohl die kleinen Vereinsquerelen zur Sprache als auch die Rolle des Vereins im Kontext der landwirtschaftlichen Entwicklung - insofern handelt es sich bei diesem sehr lesenswerten Buch um einen herausragenden Beitrag zur Vernetzung der allgemeinen mit der viel zu stark vernachlässigten Agrargeschichte. Anmerkung: [1] Etwa durch Eckhart Trox: Militärischer Konservativismus. Kriegervereine und "Militärpartei" in Preußen zwischen 1815 und 1848/49, Stuttgart 1990. Redaktionelle Betreuung: Peter Helmberger
Stéphane Dufoix schreibt im Vorwort, das vorliegende Buch (das in etwas kürzerer Fassung 2003 auf französisch in der Reihe "Que sais je" erschien) habe "a somewhat schizophrenic character". Es handele von "Diaspora", sei aber von einem Autor verfasst, der an die Nützlichkeit von Diaspora als Forschungsbegriff nicht glaube. Nach der Lektüre von rund 100 Seiten luzidem und konzisem Text weiß man garantiert etwas über Diaspora, was man vorher nicht gewusst hat, und man wird vermutlich die Skepsis des Autors im doppelten Sinne teilen: gegenüber der Nützlichkeit des Begriffs als analytischem Instrument, und gegenüber der Annahme, dass der Begriff bald durch andere ersetzt werden wird. ...
Die Suche nach der Frau, ihrem Ort, ihrer Rolle sowie ihren Handlungsbereichen und Tätigkeitsfeldern im Dritten Reich markieren verschiedene Stationen der historischen Frauenforschung zum Nationalsozialismus der letzten dreißig Jahre. Während sie in den 1970er-Jahren Frauen im privaten Bereich des NS-Systems verortete, betonten Untersuchungen der 1990er-Jahre die ambivalente Stellung der Frau im nationalsozialistischen Staat. Wenngleich die NS-Rhetorik sowie die sozialpolitischen Maßnahmen des Regimes auf eine Stärkung patriarchaler Strukturen zielten, erweiterten sich dennoch im Dritten Reich die Tätigkeitsfelder und Handlungsmöglichkeiten von Frauen. Trotzdem gilt der nationalsozialistische Staat nach wie vor in der historischen Forschung als eine "Männergesellschaft". ...
Der Wandel von Perspektiven, Deutungen, Methoden und Themen bestimmt den wissenschaftlichen Fortschritt. Deshalb zerbricht die Vorstellung sicheren Wissens über die Generationen hinweg, so dass sich die Vergangenheit in den historisch arbeitenden Kulturwissenschaften in immer neuen Methodenwenden verändert. Der moderne Mut, Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aktiv in die Subjektivität ihrer Perspektivierungen einzubauen, bringt die steuernde Macht des Erkenntnisinteresses und seiner Veränderungen vermehrt zur Geltung. Dabei geraten selbst traditionelle Kontrollinstanzen der historisch-kritischen Hermeneutik in die Debatte. Während heute die einen das Vetorecht der Quellen beschwören, stellen andere die beständig verformende Kraft des Gedächtnisses und damit die Relativität punktueller schriftlicher Fixierungen heraus. ...
Die Allgegenwärtigkeit des Begriffs der Menschenrechte in politischen Kontexten kann leicht übersehen lassen, dass der rechtsphilosophische, rechtstheoretische und praktische Streit um die genaue Bestimmung, Begründung und Kodifizierung dieser »Rechte« alles andere als beigelegt ist. Der notorische Dissens zwischen Philosophen und Juristinnen und sogar Theologen steht in einem seltsamen Missverhältnis zur Selbstverständlichkeit, mit der politische Akteure die Notwendigkeit dieser oder jener außenpolitischen Handlung durch Bezug auf die Menschenrechte rechtfertigen. ...
One of the current trends in international law scholarship is the question of which influences specific legal cultures have on the understanding of international law. This contribution will trace the conditions of a German perspective and analyse the debate against the background of positive law. We will try to assess what the debate adds to the general theory of international law, how it fits into demands of legitimacy of international governance, and whether it contributes to a sensible reconstruction of current law. Furthermore, we try to develop our own perspective that matches the system of international law and is plausible in terms of international legal theory. For that purpose, we will first take It is probably in this context that the contention has to be understood that the ongoing debate on the constitutionalisation of public international law is particularly European, if not German. Whether or not this is the case is difficult to investigate with a lawyer’s tools. However, the idea that international law is the constitution of mankind has found many adherents in German legal writings. This contribution will trace the conditions of a German perspective and analyse the debate against the background of positive law. We will try to assess what the debate adds to the general theory of international law, how it fits into demands of legitimacy of international governance, and whether it contributes to a sensible reconstruction of current law. Furthermore, we try to develop our own perspective that matches the system of international law and is plausible in terms of international legal theory. For that purpose, we will first take up the debate and find its place in the landscape of international legal theory. In this context, we try to shed light on the central concepts used or presupposed when constitutionalisation is discussed by German-speaking scholars (see below, section B). Furthermore, we will discuss structures in positive law which are used as arguments in the debate (section C). Finally, we will try to give an account of constitutionalisation in terms of both sources doctrine and legal theory (section D), before drawing conclusions from the discussion (section E).
Im Jahr 1921 kam ein 16-jähriger, ursprünglich aus der Ölstadt Baku stammender jüdischer Reisender namens Lev Nussimbaum in Konstantinopel an. Lev wurde 1905 als Sohn eines Ölunternehmers und einer Mutter mit bolschewistischen Neigungen geboren. 1917 ergriffen Lev und sein Vater – die Mutter war um 1911 gestorben, möglicherweise durch Selbstmord – die Flucht. Ihre Reise führte über Turkmenistan und Persien zunächst in die Türkei, dann nach Frankreich, schließlich in das Deutschland der Weimarer Republik. Dort entdeckte der fast mittellose Student einen Markt für Artikel und (ab 1929) Bücher über den Orient, den er als ›echter‹ Araber bediente. »Essad Bey«, wie er sich seit etwa 1924 nannte, erlangte mit einer Fülle von Publikationen, darunter Biographien Mohammeds und Stalins, internationale Bekanntheit, bis die Machtergreifung der Nationalsozialisten seine Lage prekär machte. Denn die falsche Familiengeschichte des Konstrukts Essad Bey, dessen Vater angeblich Mohammedaner und dessen Mutter angeblich eine christliche Adelige waren, wurde nun durch missgünstige Konkurrenten genau untersucht und drohte als Fälschung entlarvt zu werden. Während Nussimbaums jüdische Ehefrau nach Amerika auswanderte und sich dort scheiden ließ, ging er selbst zunächst nach Wien, wo er 1937 als »Kurban Said« das später in Aserbeidschan als Nationaldichtung betrachtete Buch »Ali und Nino« verfasste, dann nach Italien, wo er 1941 an einer Wundinfektion starb. ...
Zwei glücklich zusammenwirkende Merkmale verleihen dem Buch Jan Rolins ein klares Profil. Einerseits beruht seine Rekonstruktion auf einer breiten Basis von Quellen und bietet eine Fülle von Einzelheiten; andererseits werden die Materien, die fast alle Hauptströmungen und Vertreter der deutschen gelehrten Diskussion im späten 18. und frühen 19. Jahrhundert umfassen, immer durch klare und distinktive Thesen geordnet, so dass das Buch eine deutliche und erkennbare Kontur erhält. Die Absicht des Autors ist nämlich, die politischen Theorien des 18. und 19. Jahrhunderts auf wenige und klar umrissene Argumentationsmuster zurückzuführen, die dann an zwei Maßstäben gemessen und beurteilt werden: einerseits nach ihrer Leistung für die Legitimation der politischen Gewalt, andererseits, und im entgegengesetzten Sinn, nach ihrem Beitrag zur Gestaltung des modernen Rechtsstaats, denn die politischen Lehren haben die moderne Staatlichkeit zugleich theoretisch begründet und praktisch beschränkt. Aus dem Zusammenwirken von Stabilisierung der politischen Herrschaft und deren Begrenzung (auch) durch die gelehrte Diskussion ist der moderne Rechtsstaat entstanden. ...
Exzellent
(2008)
Am 19. Oktober 2007 haben BMBF, DFG und Wissenschaftsrat in einer gemeinsamen Erklärung zur so genannten Exzellenzinitiative die Resultate der zweiten Entscheidungsrunde bekannt gegeben. Diese Initiative war noch von der Schröder-Regierung und der zuständigen Ministerin Edelgard Bulmahn ins Leben gerufen worden. Sie hat sich in den umfassenderen Kontext der diversen "Modernisierungsprojekte" ("Agenda 2010") eingefügt, der die späte Phase der rot-grünen Regierungszeit geprägt hat. ...
Hans von Hentig war ein impulsiver Abenteurer mit wenig Respekt vor Autorität. Und er war ein extrem schreibfreudiger Wissenschaftler, der zu den Begründern einer modernen, durch die Verbindung juristischer und medizinisch-psychologischer Kenntnisse und Zugänge bestimmten Kriminologie gehörte. Hans von Hentig wurde 1887 als Sohn des Rechtsanwalts Otto Hentig geboren. Dieser hatte zunächst in Berlin praktiziert, bevor er als Spezialist für Wirtschaftsrecht 1893 zum Verwalter der Güter Karl Egon IV. zu Fürstenberg und 1900 zum Staatsminister des Herzogtums Sachsen Coburg und Gotha wurde; letzteres Amt brachte der Familie die Nobilitierung ein. ...
Aufgrund ihrer Fundierung im europäischen Naturrechtsdenken, ihrer Verstrickung mit der Geschichte des Kolonialismus und des Vorwurfs ihrer Funktionalisierung für eine westliche Interessenpolitik sind Menschenrechte als universeller normativer Maßstab weltweit umstritten. Im vorliegenden Beitrag sollen mit Martha C. Nussbaum und Gayatri Chakravorty Spivak die Menschenrechtskritik und die alternativen Menschenrechtskonzeptionen zweier feministischer Theoretikerinnen diskutiert werden, die je unterschiedliche Antworten auf den normativen Status der Menschenrechte und ihre politische Umsetzung in der postkolonialen Welt geben.
Os limites da tolerância
(2009)
Este artigo apresenta os elementos constitutivos do conceito de tolerância e discute duas concepções diferentes do termo, como permissão e como respeito moral, que expressam modos diversos de demarcar os limites da tolerância. A tolerância é apresentada como um conceito que, para ganhar algum conteúdo, depende normativamente de um direito à justificação baseado na idéia de um uso público da razão segundo o qual as práticas e as instituições político-jurídicas que determinam a vida social dos cidadãos devem ser justificáveis à luz de normas que eles não podem recíproca e genericamente rejeitar.
A decorated pair of trousers excavated from a well-preserved tomb in the Tarim Basin proved to have a highly informative life history, teased out by the authors – with archaeological, historical and art historical dexterity. Probably created under Greek influence in a Bactrian palace, the textile started life in the third/second century BC as an ornamental wall hanging, showing a centaur blowing a war-trumpet and a nearly life-size warrior of the steppe with his spear. The palace was raided by nomads, one of whom worked a piece of the tapestry into a pair of trousers. They brought no great luck to the wearer who ended his days in a massacre by the Xiongnu, probably in the first century BC. The biography of this garment gives a vivid glimpse of the dynamic life of Central Asia at the end of the first millennium.
O 11 de setembro acelerou o desenvolvimento de uma arquitetura transnacional de segurança que intervém profundamente nas liberdades civis individuais, tanto nos direitos básicos dos cidadãos dos Estados como nos direitos humanos dos cidadãos mundiais. O artigo delineia essa arquitetura, mostra como ela dissolve as categorias jurídicas tradicionais que preservam a liberdade e discute por que hoje se aceita amplamente a prioridade da segurança sobre a liberdade.
Eucken's writings are rich in content not only from an (constitutional) economic perspective but also from an economic and business ethics perspective – an often neglected perspective of the reception of German Ordoliberalism in general and the Freiburg School of Economics in particular. The paper gives a first insight into the ethical-normative thinking of Eucken, as one of the main representatives of Ordoliberalism, and explains Eucken’s conception of Social Market Economy as a functioning and humane order as well as Eucken’s Kantian understanding of freedom. To conclude the essay tries to classify Eucken’s Ordoliberalism as a part of the spectrum of modern economic and business ethics.
Welches Rechtsdenken verkörpert der Spätscholastiker Francisco de Vitoria, und was ist seine Bedeutung für das Völkerrecht? Der Moraltheologe Vitoria (um 1483–1546) wird als Vater des Völkerrechts bezeichnet, sein Verdienst in der Fortentwicklung des ius gentium zu einem ius inter gentes gesehen. Im Zuge des Rechtfertigungsdiskurses der Conquista begriff Vitoria die indigenen Völker Mittel- und Südamerikas nicht als inferior, sondern als Teil einer universellen Rechtsgemeinschaft. Mit "De Iure Belli Hispanorum in Barbaros" und "De Indis recenter inventis" 1538/39 spezifizierte er die Lehre des bellum iustum und wirkt mit seinen Ideen noch über Hugo Grotius hinaus bis in die heutige völkerrechtsgeschichtliche und friedensethische Forschung. Ein Diskussionsforum zu Werk und Person bot die Konferenz Francisco de Vitoria und die Normativität des Rechts des Frankfurter Exzellenzclusters "Die Herausbildung normativer Ordnungen" in Zusammenarbeit mit dem Hamburger Institut für Theologie und Frieden.* Die Veranstaltung des Cluster-Teilprojekts "Die Schule von Salamanca" (Matthias Lutz-Bachmann) knüpfte inhaltlich und personell an die Tagung Lex and Ius in the Political Theory of the Middle Ages (Dezember 2007) an. Neben Gästen wie Merio Scattola, Juan Cruz Cruz und Norbert Brieskorn referierten auch die Mitarbeitenden am Frankfurter Lehrstuhl für Philosophie Kirstin Bunge, Anselm Spindler und Andreas Wagner über ihre Forschungen. ...
Andreas Fahrmeirs These lautet, dass die Entwicklung der modernen Form der Staatsbürgerschaft "von einer spezifischen Erfahrung zwischenstaatlichen Wettbewerbs vorangetrieben wurde" (231). Dass alle oder fast alle erwachsenen Männer nach den Prinzipien der Aufklärung und des Liberalismus Rechte besaßen oder wenigstens fähig waren, zur politischen Mündigkeit erzogen zu werden, hat sicherlich auch zur Erweiterung der Rechte und der Zahl der Staatsbürger in vielfältiger Weise beigetragen. Nach Fahrmeir waren aber "Blut und Eisen" wichtiger für die Entwicklung von Staatsbürgerrechten als der Einfluss Lockes und Kants. Krieg oder die Vorbereitung auf einen Krieg haben Staaten angetrieben, eine "homogene, gesunde und produktive Bevölkerung" zu schaffen, um Stabilität und ökonomische Effizienz herzustellen (230). Und hauptsächlich deshalb wurden weitere zivile, politische und soziale Rechte breiteren Gruppen von Einwohnern gewährt und Grenzen zwischen Staatsbürgern und Ausländern schärfer gezogen. Dieser Hypothese folgend, kommt Fahrmeir zum Schluss, dass, da westliche Regierungen seit den 1970er Jahren zunehmend auf die Wehrpflicht verzichten und sich vielmehr auf den wirtschaftlichen Erfolg im Kontext einer globalisierten Ökonomie konzentrieren, sie sich fortan auch weniger um die Opferbereitschaft und um die Rechte ihrer Einwohner kümmern. Deren ökonomische Nutzbarkeit steht im Vordergrund (231 f.). ...
Im Folgenden werden einige Autoren wie Johannes Althusius, Henning Arnisaeus, Samuel Pufendorf und Michael Christoph Hanov vorgestellt, die in sehr unterschiedlicher Weise Anerkennung in der politischen Ideengeschichte genießen. Es geht vor allem darum, sie in ihren Vorstellungen zur Staatsform der Demokratie genauer zu betrachten. ...
In China war das europäische Völkerrecht bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts weitgehend unbekannt. Abgesehen von einzelnen Verträgen aus dem 17. und 18. Jahrhundert gab es weder Vertragspraxis noch Völkerrechtswissenschaft. Dies änderte sich erst durch Chinas Kriege mit westlichen Mächten. Die »Barbaren« nutzten ihre militärische Überlegenheit gegenüber China, um durch erzwungene völkerrechtliche Friedensverträge Handelsinteressen zu verwirklichen und halbkoloniale Strukturen zu etablieren. Diese Friedensübereinkommen wurden und werden, als "ungleiche Verträge" überschrieben, vielfach in der wissenschaftlichen Literatur besprochen. ...
In its admissibility decision in the Al-Saadoon case the ECtHR held that the United Kingdom had jurisdiction over the applicants, who had been arrested by British forces and kept in a British-run military prison in Iraq. Just before the respective mandate of the Security Council expired on 31 December 2008, the applicants were transferred to Iraqi custody at Iraqi request and thereby exposed to the risk of an unfair trial followed by capital punishment. In this respect, the case resembles the Soering case, although the applicants were, unlike Soering, not on British territory but on occupied Iraqi soil before they were handed over. This aspect raises the question of Iraqi sovereignty as a norm competing with the UK's human rights obligations. The authors trace back the ECtHR's case law concerning the extraterritorial application of the Convention and analyse the UK judgments and the ECtHR's admissibility decision in the Al-Saadoon affair from this angle. Furthermore they consider the doctrinal consequences of the ECHR's extraterritorial effect in cases like Soering and Al-Saadoon, where contracting parties violate guarantees of the Convention by exposing a person within their jurisdiction to a risk of a treatment contrary to these guarantees by a third state. Finally, they test the argument brought forward by the UK that not transferring the applicants would have violated Iraqi sovereignty and establish patterns how the ECtHR and the UK Courts did cope in the past with international law norms potentially competing with the Convention.
Tagungsbericht des Workshops "Völkerrecht und Weltwirtschaft im 19. Jahrhundert. Die Internationalisierung der Ökonomie aus völkerrechts- und wirtschafts(theorie-)geschichtlicher Perspektive", der vom 3. bis 4. September 2009 in Frankfurt am Main stattfand. Veranstalter: Exzellenzcluster "Die Herausbildung normativer Ordnungen"; in Kooperation mit der Goethe Universität Frankfurt am Main; dem Max-Planck-Institut für europäische Rechtsgeschichte
Die Entwicklung des Verständnisses von globaler Ordnung ist eng mit der Etablierung dessen verbunden, was in den Internationalen Beziehungen gemeinhin als „Westfälisches Staatensystem“ bezeichnet wird. Der Abschluss der Westfälischen Friedensverträge im Jahr 1648, die den Beginn einer auf rechtlicher Gleichheit und Selbstbestimmung basierenden internationalen Ordnung in Europa markieren sollen, wird dabei häufig auch als ein zentraler Meilenstein in der Entstehung der spezifischen politischen Praxis „Außenpolitik“ verstanden. Deren konstitutives Merkmal wird insbesondere im Konzept der „Souveränität“ verortet, eine befähigende Eigenschaft politischer Akteure, frei von Fremdeinfluss in einem größeren Kontext unter Herstellung von Innen-/Außen-Grenzen handeln zu können. Somit ist dieser Begriff einer der Grundprämissen, die in der Vorstellung eines „internationalen Systems“ zum Ausdruck kommt, in dem „souveräne“ Akteure in Beziehungen zu anderen „souveränen“ Akteuren treten – also „Außenpolitik“ betreiben. Nun ist die Denkfigur des Westfälischen Staatensystems bereits aus mehreren disziplinären Perspektiven heraus kritisiert worden, dennoch scheint die Vorstellung eines Systems souveräner Nationalstaaten beachtliche Standfestigkeit zu beweisen. Das Westfälische Staatenmodell – mit seinem „master concept“ Souveränität - verbindet das Konzept von politischer Autorität mit Territorialität und Gruppe und stellt somit ein einschlägiges wie analytisch handliches Ordnungsprinzip internationaler Beziehungen bereit. Oder in Stephen Krasners Worten: „it orders the minds of the policy-makers“.
Die Entwicklung des Verständnisses von globaler Ordnung ist eng mit der Etablierung dessen verbunden, was in den Internationalen Beziehungen gemeinhin als „Westfälisches Staatensystem“ bezeichnet wird. Der Abschluss der Westfälischen Friedensverträge im Jahr 1648, die den Beginn einer auf rechtlicher Gleichheit und Selbstbestimmung basierenden internationalen Ordnung in Europa markieren sollen, wird dabei häufig auch als ein zentraler Meilenstein in der Entstehung der spezifischen politischen Praxis „Außenpolitik“ verstanden. Deren konstitutives Merkmal wird insbesondere im Konzept der „Souveränität“ verortet, eine befähigende Eigenschaft politischer Akteure, frei von Fremdeinfluss in einem größeren Kontext unter Herstellung von Innen-/Außen-Grenzen handeln zu können. Somit ist dieser Begriff einer der Grundprämissen, die in der Vorstellung eines „internationalen Systems“ zum Ausdruck kommt, in dem „souveräne“ Akteure in Beziehungen zu anderen „souveränen“ Akteuren treten – also „Außenpolitik“ betreiben. Nun ist die Denkfigur des Westfälischen Staatensystems bereits aus mehreren disziplinären Perspektiven heraus kritisiert worden, dennoch scheint die Vorstellung eines Systems souveräner Nationalstaaten beachtliche Standfestigkeit zu beweisen. Das Westfälische Staatenmodell – mit seinem „master concept“ Souveränität - verbindet das Konzept von politischer Autorität mit Territorialität und Gruppe und stellt somit ein einschlägiges wie analytisch handliches Ordnungsprinzip internationaler Beziehungen bereit. Oder in Stephen Krasners Worten: „it orders the minds of the policy-makers“.
Der vorliegende Beitrag versucht in Grundzügen zwei große thematische und theoretische Stränge zu bearbeiten, die im Begriff der Positiven Generalprävention miteinander verwoben sind. Der eine Strang kann dabei nicht mehr leisten, als erst einmal eine Ahnung von den Herausforderungen zu vermitteln, die das Völkerstrafrecht und seine Kriminologie an die im nationalen Strafrecht geläufigen Strafzwecke stellt; der andere Strang arbeitet dann ausführlicher kriminologisch, rechts- und normentheoretisch heraus, was das Völkerstrafrecht mit seinem Verfahren und seinen Sanktionen - immer gemessen an seinen eigenen immanenten und teilweise noch impliziten Ansprüchen - an expliziten Rechtswirkungen jedenfalls dann anstreben muss, wenn es, wie das nationalstaatliche Strafrecht auch, ein dezidiert präventiv ausgerichtetes Schuldstrafrecht sein und bleiben möchte. Beide Stränge treffen sich schließlich in der Überlegung, dass das Völkerstrafecht in vielfacher, hier dann auch näher erläuterter Weise eine „neue Form“ von Strafrecht ist, dessen Zweckbestimmung sich zwar der teleologischen Semantik des nationalen Strafrechts bedienen darf, die aber aus der Natur seines Gegenstandes heraus etwas ganz anderes und auch Neues bedeuten muss.
Die fragmentierte Verrechtlichung des internationalen Raums, die Proliferation von Regelungsarrangements jenseits des Staates und die Diffusion globaler Normen sowie die daraus resultierenden Geltungs-, Kompetenz- und Autoritätskonflikte sind seit geraumer Zeit ein in der sozialwissenschaftlichen Literatur viel diskutiertes Phänomen. Überlappungen von nationalen Regierungssystemen und von im Völkerrecht verankerten klassischen internationalen Regimen existieren seit der Schaffung des Westfälischen Staatensystems.In jüngerer Zeit verstärkte sich der Pluralismus normativer Ordnungen jedoch global durch neuartige Typen von Regelungsarrangements jenseits des Staates. Auch unter den zwischenstaatlich geschaffenen internationalen Institutionen finden sich solche, die autonome Handlungs- und Entscheidungskompetenzen zugesprochen bekommen haben und diese als Akteure mit eigener Subjektivität ausüben. Hinzu kommt eine immer stärkere Aufnahme von „behind the border issues“ in den Aufgabenkatalog dieser Regime und Organisationen (Zürn 2004). Diese Entwicklungen führen zu einem neuen Grad an Kontestation und Umstrittenheit globaler normativer Ordnungen. Weder die Herstellung einer einheitlichen globalen normativen Ordnung noch eine Re-Nationalisierung des Rechts erscheinen heute als realistische Zukunftsprognosen. Umso wichtiger ist es daher, sich mit den Auswirkungen dieses Pluralismus’ normativer Ordnungen zu beschäftigen.
Die fragmentierte Verrechtlichung des internationalen Raums, die Proliferation von Regelungsarrangements jenseits des Staates und die Diffusion globaler Normen sowie die daraus resultierenden Geltungs-, Kompetenz- und Autoritätskonflikte sind seit geraumer Zeit ein in der sozialwissenschaftlichen Literatur viel diskutiertes Phänomen. Überlappungen von nationalen Regierungssystemen und von im Völkerrecht verankerten klassischen internationalen Regimen existieren seit der Schaffung des Westfälischen Staatensystems.In jüngerer Zeit verstärkte sich der Pluralismus normativer Ordnungen jedoch global durch neuartige Typen von Regelungsarrangements jenseits des Staates. Auch unter den zwischenstaatlich geschaffenen internationalen Institutionen finden sich solche, die autonome Handlungs- und Entscheidungskompetenzen zugesprochen bekommen haben und diese als Akteure mit eigener Subjektivität ausüben. Hinzu kommt eine immer stärkere Aufnahme von „behind the border issues“ in den Aufgabenkatalog dieser Regime und Organisationen (Zürn 2004). Diese Entwicklungen führen zu einem neuen Grad an Kontestation und Umstrittenheit globaler normativer Ordnungen. Weder die Herstellung einer einheitlichen globalen normativen Ordnung noch eine Re-Nationalisierung des Rechts erscheinen heute als realistische Zukunftsprognosen. Umso wichtiger ist es daher, sich mit den Auswirkungen dieses Pluralismus’ normativer Ordnungen zu beschäftigen.
On the backdrop of the 2008 financial crisis this paper introduces an understanding of societal crises as a reduction in the meaning production of social entities, which can either be internally or externally provoked. The emergence of constitutions and, more generally, constitutional structures, can be understood as responses to both forms of crisis. This is the case because they are double-edged structures which are simultaneously oriented towards the maintenance of internal order and stability within a given social entity at the same time as they frame the transfer of the meaning components between the social entities and their environments. Thus, the 2008 financial crisis indicates a failure of constitutional bonding. When observed from an overall structural perspective, the reasons for this failure can be traced back to an increased discrepancy between the structural composition of world society and the constitutional structures in place. The crisis reflects a failure to respond to two simultaneous, inter-related and mutually re-inforcing structural transformations. First, there is the increased globalisation, which has led to massive dis-locations in the relative centrality of the different national configurations for the reproductive processes of functional systems. Second, there is a structural transformation of the transnational layer of world society through a reduced reliance on the centre/periphery differentiation and an increased reliance on functional differentiation. One of the many consequences of this development is the emergence of new forms of transnational law and politics. A new constitutional architecture which reflects these transformations is needed in order to ensure an adequate constitutional bonding of economic processes, as well as of other social processes.
The first part of the following paper deals with varying points of criticism forwarded against Ordoliberalism. Here, it is not the aim to directly falsify each argument on its own; rather, the author tries to give a precise overview of the spectrum of critique. The second section picks out one argument of critical review – namely that the ordoliberal concept of the state is somewhat elitist and grounded on intellectual experts. Based on the previous sections, the final part differentiates two kinds of genesis of norms: an evolutionary and an elitist one – both (latently) present within Ordoliberalism. In combination with the two-level differentiation between individual and regulatory ethics, the essay allows for a distinction between individual-ethical norms based on an evolutionary genesis of norms and regulatory-ethical norms based on an elitist understanding of norms. A by-product of the author’s argument is a (further) demarcation within neoliberalism.
On the backdrop of the 2008 financial crisis this paper introduces an understanding of societal crises as a reduction in the meaning production of social entities, which can either be internally or externally provoked. The emergence of constitutions and, more generally, constitutional structures, can be understood as responses to both forms of crisis. This is the case because they are double-edged structures which are simultaneously oriented towards the maintenance of internal order and stability within a given social entity at the same time as they frame the transfer of the meaning components between the social entities and their environments. Thus, the 2008 financial crisis indicates a failure of constitutional bonding. When observed from an overall structural perspective, the reasons for this failure can be traced back to an increased discrepancy between the structural composition of world society and the constitutional structures in place. The crisis reflects a failure to respond to two simultaneous, inter-related and mutually re-inforcing structural transformations. First, there is the increased globalisation, which has led to massive dis-locations in the relative centrality of the different national configurations for the reproductive processes of functional systems. Second, there is a structural transformation of the transnational layer of world society through a reduced reliance on the centre/periphery differentiation and an increased reliance on functional differentiation. One of the many consequences of this development is the emergence of new forms of transnational law and politics. A new constitutional architecture which reflects these transformations is needed in order to ensure an adequate constitutional bonding of economic processes, as well as of other social processes.
The concept of embeddedness plays a central role in the segment of economic sociology and social theory which is inspired by the works of Karl Polanyi. But to the extent that embeddedness is understood in a substantialist manner, implying the existence of a unitary lifeworld, the desire for embeddedness is an impossible aspiration under modern conditions. Throughout the modern era it is however possible to observe the emergence of complex societal stabilization mechanisms, which serve as substitutes to traditional forms of embeddedness. The emergence of function specific cultures, in the form of, for example, legal, political and scientific cultures, establishing a ‘second nature’ in the Hegelian sense, is one example of this. Other examples are (neo-)corporatist institutions which fulfilled a central stabilising role in classical modernity and the kind of network based governance arrangements which fulfil a similar position in today’s radicalised modernity.
Nusa Tenggara Timor, a south-eastern province of Indonesia, is populated mainly by Christians. The Alor-Pantar Archipelago has a majority of Protestant inhabitants who were baptized by Dutch Calvinists in the first half of the twentieth century. In addition, there are some coastal enclaves that have been inhabited by Muslims for centuries. In some areas, such as in the headland of Muna (Tanjung Muna) forming the northeast of Pantar Island, there is an even greater diversity of monotheistic religions, with some Catholic families living next to Protestants and Muslims. All adherers of the three religious faiths living at Tanjung Muna share core elements of the local adat, which consists of core rules relating to social behavior. It is believed that the ancestors will notice transgressions of these rules, and may use their supernatural power to punish their human descendants. In Indonesia, the term adat was first used by Muslims to distinguish the non-Islamic practices from Muslim faith (Keane 1997:260-261). This is definitely not the case in the village of Pandai at the coast of Tanjung Muna, where Islam tolerates ancestral worship. The same is true for the Catholics in the inland village of Helangdohi, who do not only tolerate but even support such customs. Some villagers from Helangdohi had become acquainted with this kind of Catholicism on the nearby island of Flores, where ancestral worship is encouraged by the missionaries of the Societas Verbi Divini (SVD). The attitude of Protestantism, at least in the Alor Archipelago, is quite the contrary of the permissive views held by Catholicism and Islam. In the 1930s the Protestant-Calvinist missionaries banned any kind of ancestral worship and destroyed most relics (Dalen 1928: Picture 1). These drastic measures demanded the disavowal of the ancestors, including the destruction of heirlooms and omitting of rituals.
On 15 August 2005, when the Republic of Indonesia and the Free Aceh Movement (Gerakan Aceh Merdeka, GAM) signed the Memorandum of Understanding (MoU) in Helsinki, Finland, it was considered yet another uncertain attempt at putting an end to Indonesia's thirty years of conflict in its westernmost province, Aceh. After a historically unprecedented reconstruction process that followed the tsunami of December 2004 and two orderly elections in 2006/2007 and 2009, Aceh’s peace process is not only still on track, but widely considered a role model for ending protracted civil wars by means of political participation and autonomy regulations. This article reviews past developments that have led to the reconfiguration of Aceh's political landscape and seeks to illustrate the most recent developments in GAM's transformation from an independence movement to an Indonesian local political party.
Mike Rapport is one of the few scholars who write European history not as the history of a few select countries, but of the entire continent. Rapport is at home in the history of the Balkans as well as France, Italy, Germany, Russia, and Scandinavia, and well versed in the historiography published in English, French, and Italian. Rapport's well-rounded viewpoint is one excellent argument for anyone suffering from "1848 fatigue" after the sesquicentennial celebrations and their aftermath in conference volumes and historiographical reviews to put aside any skepticism regarding the possibility of anyone presenting a novel perspective; the book itself is another. In it, Rapport offers a narrative history of the events of 1848 in those European countries and regions affected directly by the revolution--France, Italy, the German states, Denmark, and Rumania--with some remarks on areas where the impact was more indirect (Britain, Russia, the Ottoman Empire, and Scandinavia). This book is less obviously an academic textbook than Jonathan Sperber's excellent survey of the revolutions of 1848, and less encyclopedic than the survey of national events and overarching themes edited by Dieter Dowe and others for the 1998 anniversary. ...
The focus of this work, the debate about a body of law dealing with aristocratic issues, is not easy to summarize. This problem stems in part from a topic that historians who do not work on law might be forgiven for considering nonexistent; in part, it has to do with the indirect way in which Dorothee Gottwald engages with current trends in the historiography of nineteenth-century Germany. ...
Kurz vor Silvester sah sich der designierte Vorsitzende des deutschen Flughafenverbandes (ADV) Christoph Blume einer heftigen öffentlichen Kritik ausgesetzt. Grund war sein Vorschlag die zukünftigen Flughafenkontrollen nicht auf technisches Screening zu beschränken, sondern durch aktives Profiling deren Effizienz zu optimieren http://www.rp-online.de/politik/deutschland/Flughafenchef-will-Kontrollen-nach-Herkunft_aid_946638.html. Die öffentlichen Proteste waren heftig...
From the very outset of European expansion, scholars have been preoccupied with the impact of proselytization and colonization on non-European societies. Anthropologists such as Margaret Mead and Bronislaw Malinowski, who witnessed these processes at the beginning of the twentieth century while at the same time benefitting from the colonial structure, were convinced that the autochthonous societies could not possibly withstand the onslaught of the dominant European cultures, and thus were doomed to vanish in the near future. The fear of losing their object of research, which had just recently been discovered, hung above the heads of the scholars like a sword of Damocles ever since the establishment of anthropology as a discipline. They felt hurried to document what seemed to be crumbling away. Behind these fears there was the notion that the indigenous cultures were comparatively static entities that had existed untouched by any external influences for many centuries, or even millennia, and were unable to change. This idea was shared by proponents of other disciplines; in religious studies, for example, up to the late 1980s the view prevailed that the contact between the great world religions and the belief systems of small, autochthonous societies doomed the latter to extinction. However, more recent studies have shown that this assumption, according to which indigenous peoples have not undergone any changes in the course of history, is untenable. It became apparent that groups supposedly living in isolation have extensive contact networks, and that migration, trade, and conquest are not privileges of modern times. Myths and oral traditions bore witness of journeys to faraway regions, new settlements founded in unknown territories, or the arrival of victorious foreigners who introduced new ways and customs and laid claim to a place of their own within society.
Indonesia is a multicultural and multireligious nation whose heterogeneity is codified in the state doctrine, the Pancasila. Yet the relations between the various social, ethnic, and religious groups have been problematic down to the present day, and national unity has remained fragile. In several respects, Christians have a precarious role in the struggle for shaping the nation. They are a small minority (about 9% of the population) in a country predominantly inhabited by Muslims; in the past they were interconnected in manifold ways with the Dutch colonial government; they exert great influence in economy and the military, and constitute the majority of the population in some parts of the so-called Outer Islands (such as Flores, Sumba, and Timor), which are characterized by an attitude fraught with ambivalence towards the state apparatus perceived as ‘Javanese’ and ‘Muslim’. In the aftermath of the former president Suharto’s resignation and in the course of the ensuing political changes – in particular the independence of East Timor – Christians were repeatedly discredited for allegedly posing a threat to Indonesian unity, and have been involved both as victims and perpetrators in violent regional clashes with Muslims that claimed thousands of lives. Since the beginning of the new millennium the violent conflicts have lessened, yet the pressure exerted on Christians by Islamic fundamentalists still continues undiminished in the Muslim-majority regions. The future of the Christians in Indonesia remains uncertain, and pluralist society is still on trial. For this reason the situation of Christians in Indonesia is an important issue that goes far beyond research on a minority, touching on general issues relating to the formation of the nation-state.
Die Herausbildung normativer Ordnungen : zur Idee eines interdisziplinären Forschungsprogramms
(2010)
Ein geistes- und sozialwissenschaftliches Forschungsprogramm betritt mit der These, dass wir in einer Zeit tiefgreifender sozialer Veränderungen leben, kein Neuland. Ein thematischer Fokus auf die Frage der Herausbildung normativer Ordnungen mit Bezug auf die entsprechenden Verschiebungen, Umbrüche und Konflikte in verschiedenen Gesellschaften und auf transnationaler Ebene bringt dagegen etwas Neues und Wichtiges ans Licht. Das ist jedenfalls unsere Überzeugung.
The aim of the following paper is to examine the complementarities (and divergences) between the paleoliberal Adam Smith and the ordoliberal Walter Eucken. Following the hypothesis that Smith is among the forerunners and predecessors of Ordoliberalism and Social Market Economy, we try to provide the reader with an insight into the socio-political philosophy of Smith and Eucken pointing at similarities and differences alike. Therefore, we base our examination on a systematic primary source text analysis comparing the books and essays written by Eucken and Smith. The paper tackles these questions in two main steps: The first part highlights Smith's and Eucken's complex and interdependent system of natural liberty. The second section reviews Smith's and Eucken's philosophy of the state.
This paper explores the various personal and intellectual links between Edmund Husserl, Rudolf and Walter Eucken. Our interdisciplinary approach gives an insight into Husserl’s transcendental phenomenology, Walter Eucken’s Ordoliberalism as well as in the interdependency between phenomenology and economics for which Rudolf Eucken’s philosophy of intellectual life plays an important role. Particular affiliations between phenomenology and economics can be found in the following topics: epistemology, the idea of man, the comprehension of liberty and the importance of legal or social orders, institutional rules and frameworks of regulations.
Rüstungskontrolle entwickelte sich während des Ost-West-Konflikts zu einem wichtigen Element für die Stabilisierung des internationalen Systems und zur Verhütung eines Atomkriegs, wobei jedoch die Rahmenbedingungen der bipolaren Blockkonfrontation immer wieder einschränkend wirkten. Das Ende des Kalten Krieges brachte zunächst eine Welle des Optimismus und der Hoffnung mit sich, dass nun größere Fortschritte in der Rüstungskontrolle möglich sein sollten. Und in der Tat stellten sich in der ersten Hälfte der 1990er Jahre Erfolge ein: Unter anderem wurden die Zahl der atomaren Sprengköpfe reduziert, Chemiewaffen und Antipersonenminen verboten, der nukleare Umfassende Teststoppvertrag (CTBT) abgeschlossen und der Vertrag über konventionelle Streitkräfte in Europa (KSE) an die neuen Bedingungen angepasst. Ab Mitte der 1990er Jahre setzte jedoch eine Stagnation in der Rüstungskontrolle ein, die sich spätestens mit der Amtsübernahme der Bush-Administration zu einer handfesten Krise auswuchs. Von manchen Beobachter/innen und Praktiker/innen wurde gar das Ende der Rüstungskontrolle – zumindest in ihrer bisher bekannten Form – postuliert oder diagnostiziert.
Auf der großen Konferenz der SGIR (Standing Group on International Relations) vom 9.-11. September 2010 in Stockholm, Schweden, organisierten wir eine eigene Sektion zum Thema Sicherheitskultur im Wandel. In sieben panels wurden viele Aspekte dieses Oberthemas diskutiert und erläutert, wie im ausführlichen Konferenzbericht nachzulesen ist
2008/9 sees the 60th anniversary of the German economic and currency reform of June 20, 1948, and the adoption of the Grundgesetz on May 23, 1949, which committed the country to the ideals of a socially committed market economy. Both of these events are important points along the path taken by the Federal Republic of Germany to reach the system of a social market economy. Since the term, Social Market Economy is often used in several different contexts and sometimes to mean contradictory things, we must ask: what exactly does the term social market economy entail? What economic-ethical ideas and theories are behind it? This paper will trace the origins of the social market economy (chapter 2) and explain the central characteristics of the Freiburg School of Economics (chapter 3), one of the main pillars of the social market economy. Central to this paper is the oeuvre of Walter Eucken, one of the leading representatives of the ordoliberal Freiburg School. The aim is to identify socio-political factors of influence and inspiration on his theory of economic policy (chapter 4) and evaluate similarities to the works of Kant, Smith and other economic philosophers. Chapter 5 will seek to elucidate Eucken’s “Program of Liberty”. We shall also allow ourselves a slight diversion to elaborate on the parallels between this work and Kant’s understanding of freedom and autonomy. Chapter 6 deals with Eucken’s dual requirements of an economic and social order (i.e. functioning and humane socio-economic order). In chapter 7, we seek to answer – with considerable reference to Adam Smith – to what extent it can be assumed that self-interest and the common good are mutually compatible. This paper concludes with a few remarks about the topicality of ordoliberalism in relation to modern, German-speaking economic ethics (chapter 8).
Willkommen!
(2010)
Auf dem NATO-Gipfel in Lissabon wurde soeben eine neue Sicherheitsstrategie beschlossen. Die Allianz werde nun „more effective, more engaged, and more efficient“ [Quelle http://www.nato.int/cps/en/natolive/news_68216.htm], so NATO-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen. Ohne die Folgen dieser neuen Strategie bereits jetzt evaluieren zu können, so kann man doch festhalten, dass mit dieser Strategie tatsächlich ein sich seit geraumer Zeit abzeichnender Paradigmenwechsel seinen vorläufigen Höhepunkt gefunden hat: Die NATO 3.0 als Risikomanager...
Wer in den letzten Monaten die Zeitungen aufschlug, kam um Hiobsbotschaften über den Zustand des Euros und Europas nicht herum. Von Hilferufen diverser peripherer Mitgliedsstaaten war allerorten die Rede, gar vom Auseinanderbrechen der Gemeinschaftswährung. Die Regierungsspitzen, den Marktmechanismen scheinbar hilflos ausgeliefert, beraten sich auf Krisengipfeln, beginnend mit dem ersten Sondergipfel zur Eurokrise am 11. Februar. Rettungsschirme überall, die dann zu klein sind für die Menge an Mitgliedsstaaten, die man spekulativ noch darunter verorten könnte. Hermann von Rompuy sieht die EU gar in einem Überlebenskampf ...
Man befindet sich im Krieg: Mit der zunehmenden Vernetzung der Weltent stehen neue Sicherheitsherausforderungen. Angriffe im Internet sind keine Seltenheit mehr und die Frage, wie man damit umgeht steht überall auf der Tagesordnung. Die NATO führte mit der „Cyber Coalition 2010 Exercise“ erstmals ein Cyberwar-Manöver durch und die USA aktivierten 2010 eine reine Cyberwar-Einheit [Quelle]. Sowohl auf staatlicher als auch zwischenstaatlicher Ebene haben sich die Räder in Bewegung gesetzt um den neuen Bedrohungen zu begegnen....
In seiner ausführlichen Untersuchung unterschiedlicher philosophischer Ansätze zum Prinzip „Verantwortung“ führt Ludger Heidbrink (2003) aus, dass die Standardtheorie der „Verantwortung“ auf drei Pfeilern beruhe, „dem Subjekt der Verantwortung, dem Objekt der Verantwortung und der Instanz der Verantwortung“ (ebd.: S. 21 f.; Hervorhebung von B. H.). Dabei bezieht er sich auf einige philosophische Ansätze, die Verantwortung in einer mehrstelligen Relation verstehen: Eine Person hat (1) Verantwortung für etwas (2) vor und gegenüber jemandem (3) und wird nach Maßgabe von gewissen Kriterien beurteilt (4) (u. a. Lenk/Maring 1993; Höffe 1993). An dieser Definition wird deutlich, dass es sich bei „Verantwortung“ um ein zutiefst soziales Handlungsprinzip dreht, denn eine Person, die verantwortlich handelt, tritt immer in irgendeiner Form in Interaktion mit ihrer sozialen Umwelt. So kümmern sich beispielsweise Eltern um ihre Kinder; Arbeitsnehmer stellen im Rahmen kollegialer Arbeitsteilung ein Produkt her oder erfüllen eine Dienstleistung für einen Kunden. Selbst wer sich gegenüber einem Tier oder der Natur verantwortlich verhält, erfüllt dabei eine moralische Norm, deren Einhaltung die Gesellschaft von ihm erwartet. Daran wird deutlich, dass eine Person, auch wenn sie sich in ihrem Handeln nicht direkt auf andere Menschen bezieht, gegenüber Personen oder Instanzen die Folgen ihres Verhaltens verantworten muss, was bedeutet, dass sie im Rahmen der Rechenschaftspflicht letztlich auch in eine Interaktion mit anderen Menschen tritt. Nur von mündigen Menschen kann Verantwortung für ihr Handeln erwartet werden. Der intersubjektive Charakter des Verantwortungspostulats lässt normalerweise auch zu, dass sich die beteiligten Personen über die Voraussetzungen verständigen können, unter denen das geforderte Handeln möglich ist oder war. Denn meistens genügt allein der Willen einer Person nicht zur Übernahme von Verantwortung.
Ernst Bloch pointed out in a particularly emphatic way that the concept of human dignity featured centrally in historical struggles against different forms of unjustified rule, i.e. domination – to which one must add that it continues to do so to the present day. The “upright gait,” putting an end to humiliation and insult: this is the most powerful demand, in both political and rhetorical terms, that a “human rights-based” claim expresses. It marks the emergence of a radical, context-transcending reference point immanent to social conflicts which raises fundamental questions concerning the customary opposition between immanent and transcendent criticism. For within the idiom of demanding respect for human dignity, a right is invoked “here and now,” in a particular, context-specific form, which at its core is owed to every human being as a person. Thus Bloch is in one respect correct when he asserts that human rights are not a natural “birthright” but must be achieved through struggle; but in another respect this struggle can develop its social power only if it has a firm and in a certain sense “absolute” normative anchor. Properly understood, it becomes apparent that these social conflicts always affect “two worlds”: the social reality, on the one hand, which is criticized in part or radically in the light of an ideal normative dimension, on the other. For those who engage in this criticism there is no doubt that the normative dimension is no less real than the reality to which they refuse to resign themselves. Those who critically transcend reality always also live elsewhere.
Rezension zu: Julian Millie: Splashed by the saint. Ritual reading and islamic sanctity in West Java
(2011)
"Vom Heiligen bespritzt. Rituelle Lesung und muslimische Heiligkeit in Westjava" ist der aus dem Englischen wörtlich übersetzte Titel einer modernen Ethnografie zum Sunda-Gebiet. Wie in einer klassischen Ethnografie wird ein bestimmtes Ritual ins Zentrum der Untersuchung gerückt. Es handelt sich dabei um eine Lesung, die sich auf "Heiligkeit" bezieht und deshalb vom Autor als karamat-Lesung (Arab.: karamat - charismatische und/oder mystische Kraft) bezeichnet wird. Die Lesungen finden entweder im privaten, häuslichen Umfeld oder in einem Pesantren (muslimisches Internat) statt, wo sie von jedem Interessenten besucht werden können. Kern des Rituals sind Texte über Abd al-Qadir al-Jaelani, den die Ritualteilnehmer als Mittler zu Allah verstehen, und an dessen Heiligkeit sie Anteil haben können. Interessant ist dabei, dass Abd al Qadir kein autochthoner Urahn ist. Der Legende nach wurde er 1088 n. Chr. in Gilan im Iran geboren und in Bagdad beerdigt, wo sein Grabmal zu einer Pilgerstätte von Muslimen aus aller Welt geworden ist. Erklärtes Ziel des Autors ist es, zu untersuchen, was ritualisiertes Lesen und die Rezitation sakraler Erzählungen über Islamische Frömmigkeit und über den Raum, den die Texte in der muslimischen Gesellschaft einnehmen, aussagen.