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Aktuell werden im Bund-Länder-Programm für bessere Studienbedingungen und mehr Qualität in der Lehre hochschuldidaktische Programme vieler deutscher Universitäten und Hochschulen auf 5+5 Jahre gefördert. Nach Abschluss der ersten fünf Jahre müssen die hochschuldidaktischen Maß-nahmen in einer Wirksamkeitsmessung bestehen, wenn sie weitere fünf Jahre Förderung erhalten wollen. Dieser Beitrag berichtet über einige bekannte Wirksamkeitsstudien der hochschuldidaktischen Forschung, zeigt messmethodische Ansätze auf und beleuchtet Empfehlungen zur Generierung weiterer Messmethoden, die zur Evaluation der ersten fünf Jahre eingesetzt werden könnten.
Benjamins Theorie ist als Bilddenken bekannt; vermutlich ist das der Grund, warum seine musiktheoretischen Ausführungen bislang wenig Beachtung gefunden haben: die Überlegungen des jungen Benjamin zur Musik, die ein Seitenstück zur sprachtheoretischen Grundlegung seines Denkens überhaupt darstellen, ebenso wenig wie die Auseinandersetzung mit der Oper. Das Thema der Oper klingt bei ihm an verschiedenen Stellen an, so etwa in "Goethes Wahlverwandtschaften", am explizitesten aber im Trauerspielbuch, in jenem Abschnitt des zweiten Teils des Kapitels "Allegorie und Trauerspiel", der der vielzitierten Diskussion zum Zusammenhang von Klangfigur und Schrift anhand von Johann Wilhelm Ritters Buch Fragmente aus dem Nachlass eines jungen Physikers (1810) vorausgeht. Da es sich hierbei um Überlegungen zum Thema der Musik handelt, insbesondere über die Oper, sollen diese am Anfang stehen.
Die Arabeske ist ein Nachkömmling. Sie ist die jüngere Schwester
der Groteske. Die Gemeinsamkeiten wird man schwer übersehen können. Beide, Groteske und Arabeske, kennen keine strikte Trennung zwischen 'hohen' und 'niederen' Künsten, beide entwickeln sich gleichermaßen in 'klassischen' wie in Print-Medien, beide haben Teil an der Ausbildung der Künstler als Experten in Spezialbereichen. Gemeinsam ist ihnen vor allem, dass ihre Entstehung überschattet ist von Infragestellungen. Die Pointe freilich ist, dass Kritik und Abwehr der Groteske zur Geburt der Arabeske führen. Es liegt also nahe, die Ketten von Polemiken zunächst zu benennen, zumal da die Antworten und Gegenmaßnahmen auf die Kritik die ästhetischen Spielräume der Grotesken und Arabesken erst eigentlich eröffnen.
Von Canguilhem zu Haraway
(2013)
Vor dem Hintergrund der Geschichte des physikalischen Objektivitätsbegriffs zieht die Physikerin und Epistemologin Françoise Balibar in ihrem Beitrag "Von Canguilhem zu Haraway" einen Vergleich der unterschiedlichen Konzepte der Objektivität von Haraways situiertem Wissen und Canguilhems regionaler Epistemologie. Dabei erinnert sie daran, dass Objektivität im physikalischen Sinn nicht, wie Haraway unterstelle, auf eine repräsentationale Identität der Objekte ziele, sondern dass das Objekt der Physik durch die Beziehungen generiert werde, die sich zwischen Tatsachen herstellen.
Von "Hypothesen, die auf einer Hypothese gründen" : Ökologische Prognostik in den 1970er Jahren
(2013)
In ihren unterschiedlichen Dimensionen markiert die Prognostik das wissenschaftlich-politisch Imaginäre der Ökologie, das allererst konstituiert, was als relevantes Problem wahrgenommen wird und was nicht, das den beschriebenen Phänomenen eine spezifische Form verleiht und sie in bestimmte Theorien einfügt und das vor allem als regulative Instanz gesellschaftliche Prozesse steuert bzw. zu steuern versucht. Im Folgenden wird untersucht, welche Gestalten dieses Imaginäre in den 1970er Jahren annimmt. Dabei geht es zunächst um den in diesem Zeitraum geprägten Begriff "politische Ökologie", dann um das Verhältnis von Bevölkerung und Überleben, um Narrative der Prävention in ökologischen Aktionsprogrammen und um die Rolle des Abfalls in Zukunftsfiktionen. Der letzte Abschnitt widmet sich Hans Magnus Enzensbergers sogenannter "Komödie" Der Untergang der Titanic, die aus miteinander verwobenen Gesängen und Gedichten besteht, in denen technische, statistische, religiöse und wissenschaftliche Zukunftsmodellierungen als Repräsentationen der Zukunft durchdekliniert werden.
Seit den Debatten um ein "postdramatisches Theater" (Lehmann, 1999; vgl. Poschmann, 1997) wird dem "dramatischen", oder besser gesagt, dem literarischen Theater seitens der Theaterwissenschaft nur mehr wenig Beachtung geschenkt. Zu dominant ist die Stellung des performative turn im aktuellen kulturwissenschaftlichen Diskurs, zu vielfältig sind die Ansatzpunkte, um der "Theatralität" der verschiedenen gesellschaftlichen Sphären nachzuspüren (vgl. Fischer-Lichte, 2001), und zu eindeutig ist das Theater selbst auf ein unendliches Experimentieren mit nicht-literarischen Formen ausgerichtet. Vom 'konventionellen' literarischen Theater wendet man sich ab, da eine Beschäftigung mit ihm wenig mehr als eine Wiederholung des bereits Bekannten zu versprechen scheint. So produktiv und unhintergehbar der Paradigmenwechsel in den letzten beiden Dezennien zweifellos auch ist, so bleibt gegen die versiegende Aufmerksamkeit gegenüber dem literarischen oder dramatischen Theater indes einzuwenden, dass Gegenstände an sich nicht veralten. Vielmehr rekonstituieren sie sich im Rahmen der sich vollziehenden Diskursverschiebungen. Lohnend scheint es mir daher zu sein, das literarische Theater im Horizont neuerer mediologischer Debatten zu perspektivieren. Wenn etwa der Soziologe Dirk Baecker in einem "Medientheater" überschriebenen Essay aus seinen Studien zur nächsten Gesellschaft auf das Theater im Umbruch von der modernen buchgestützten zur "nächsten" computergestützten Gesellschaft zu sprechen kommt (vgl. Baecker, 2007), so wird mit dem Stichwort des "Medientheaters", das Baecker als ein Theater versteht, in dem "die Medien mit zur Aufführung kommen" (Baecker, 2007: 83-84), ein Rahmen gesetzt, der auch für eine Neuperspektivierung des Theaters jener nach Baecker im Absterben begriffenen Gesellschaft der "Gutenberg-Galaxis" (vgl. McLuhan, 1968) produktiv ist. Ich werde daher im Folgenden versuchen, den Umstrukturierungsprozess, den das Theater im Umbruch von der vormodernen zur modernen Gesellschaft durchlaufen hat, in mediologischer Perspektive zu rekonstruieren.
Vom Vitalen zum Sozialen : Überlegungen zu einem politischen Wissen im Anschluss an Canguilhem
(2013)
Muhle geht von der Frage nach dem Verhältnis des Begriffs des Lebens und der sozialen Normen aus, das Canguilhem als eines der Mimesis des Vitalen durch das Soziale beschreibt und führt daran anschließend ihre Annahme aus, nach der Foucault aus dieser Verhältnisbestimmung von Vitalem und Sozialem einen entscheidenden Impuls für die Ausformulierung seiner Biopolitik gewonnen habe.
Mit den sich wandelnden Anforderungen an den Fremdsprachenunterricht, die jeweilige Fremdsprache so zu unterrichten, dass sie schriftlich wie mündlich auch außerhalb schulischer Aufgabenstellungen verwendet werden kann, wandeln sich auch dementsprechend die Methoden. Diese variierenden Methoden nehmen häufig auf, was zuvor vielleicht von den vorausgegangenen Methoden vernachlässigt wurde und gehen auf aktuelle Bedürfnisse der Gesellschaft ein. Zudem berücksichtigen diese Methoden neueste Ergebnissen der unterschiedlichen Bezugswissenschaften. Deutsch als Fremdsprache/Zweitsprache ist von dieser Entwicklung der Methoden des Fremdsprachenunterrichts nicht auszunehmen. Ausgehend von diesen Festlegungen soll im Folgenden die Methode der Dramapädagogik und deren Bedeutung für den Erwerb der Fremdsprache kurz besprochen werden.
Dass es Wörter gibt, die in der öffentlichen Kommunikation als Fahnenwörter(i. S. v. Hermanns 1994) bestimmter politischer Gruppierungen oder eben auch bestimmter politischer Systeme fungieren, ist bekannt. Wenn diese Gruppierungen oder das Gesellschaftssystem verschwinden, verschwinden auch die Wörter aus dem öffentlichen Sprachgebrauch. Sie verschwinden allerdings nicht mit einem Mal aus dem Sprachgebrauch des Einzelnen. In diesem Artikel soll der Frage nachgegangen werden, wie eine ganz bestimmte Gruppe von Sprechern mit Fahnenwörtern des DDR-Sozialismus und mit dem (ehemals) geheimen Wortschatz der Staatssicherheit umgeht, wenn sie sich heute in der bundesdeutschen Öffentlichkeit äußert. Verwenden sie die „alten“ Wörter unverändert, kommentieren sie sie? Werden semantische Kämpfe ausgetragen? Die Sprecher haben alle lange Zeit „im Inneren der Staatsmacht“ gearbeitet: Es handelt sich um hochrangige hauptamtliche Mitarbeiter des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS), von denen man annehmen kann, dass sie nachhaltig von den spezifischen Kommunikationsregeln in der DDR (und im Machtapparat) geprägt wurden.
Der Titel des Beitrages ist freilich mit Absicht provokativ gewählt, denn den Kennern der deutschböhmischen Literatur sind Autoren wie Rothacker und Watzlik, Strobl und Pleyer, Hohlbaum und Ott, Göth und Altrichter, Stauff und die Teichmann nur als anstößige Beispiele von Schriftstellern bekannt, die im ‚Kampf ums deutsche Volkstum in Böhmen‘ an prominenten Stellen standen, die negativsten Auswüchse des Sudetendeutschtums repräsentierten, häufig die besonders abscheuliche Gattung des Grenzlandromans pflegten und nach 1945 die revanchistischen Ansätze eines Teils der Vertriebenen kanalisierten. Warum in aller Welt soll Johannes Urzidil, der letzte große Erzähler der Prager Schule, der große Humanist, der Homo vere humanus, Prags Menscheitsdämmerer, der hinternationale Troubadour des alten Prag – (so nur einige Überschriften von Aufsätzen über Johannes Urzidil) – warum soll Johannes Urzidil mit revanchistischen Autoren in einer Reihe genannt oder gar verglichen werden?
In 'Mein Jenseits', der dritten Novelle innerhalb Walsers umfangreicher literarischer Produktion, werden uns von Walsers früheren Büchern bekannte Themen aus einer neuen, einem "Spätwerk" entsprechenden Perspektive dargeboten, wie im Laufe dieser Analyse gezeigt werden soll. In diesem Zusammenhang soll besonders die zentrale Rolle, die hier einem Bild für das Textganze zukommt, beleuchtet werden.
In ihrem Beitrag geht Karin Harrasser unter dem Titel "Treue zum Problem" der Frage nach, ob und wie sich das Konzept des situierten Wissens von Donna Haraway mit dem Konzept der Kosmopolitik von Isabelle Stengers verbinden lasse. Treue zum Problem wird dabei zum Begriff für eine Erkenntnishaltung, in der theoretische und wissenschaftliche Problemstellungen aus konkreten Anlässen und Situationen generiert werden. Wie man sich das konkret vorzustellen hat, führt Harrasser am Beispiel des Films von Werner Herzog vor: "Wo die grünen Ameisen träumen".
Im Rahmen dieses Beitrages möchte ich nun den Fokus auf eine spezifische Frage einstellen: Die Frage nach Wissen und Gewissheit, so wie sie in der Kommunikation zwischen den Akteuren der Pränataldiagnostik und den werdenden Eltern eine Rolle spielt. Damit wäre auch schon der Untertitel meines Beitrages präzisiert. Sprachspiele der Pränataldiagnostik. Der Obertitel 'Then you know' ist eine Reminiszenz an ein Gespräch vor einigen Jahren mit kalifornischen Freunden, Eltern zweier Kinder. Sie erinnerten sich daran, dass man ihnen gleich zu Beginn der ersten Schwangerschaft, ohne einen konkreten medizinischen Anlass, zur Absolvierung des pränataldiagnostischen Programms riet. Auf ihre damals ganz unbedarft, offen und durchaus ernsthaft gestellte Frage, warum sie dies denn tun sollten, antwortete der ihnen gegenübersitzende Arzt: "Then you know“. Dann wißt ihr's. Dann weiß man's. Drei Worte, die Platz lassen für die kleine Ambivalenz von 'ihr' und 'man'; drei Worte, die nicht schwer ins Deutsche zu übersetzen sind; man braucht allerdings ein Wort mehr, oder doch mindestens einen Buchstaben und ein Häkchen – ein zusammengeschrumpftes 'es', das sich unauffällig in die Leerstelle des originalen Satzes schiebt, sich allerdings, wenn man anfängt, auch nur ein bisschen darüber nachzudenken, in sein epistemisches Zentrum verwandelt: Was ist es denn, das dann gewußt wird? Then you know – ein Satz, der einem auch im Deutschen vertraut und typisch vorkommt und sofort ähnliche aufruft: Dann wissen wir es – wenigstens. Dann ist – endlich – die Ungewissheit vorbei. Ich will – einfach- Gewissheit. Sätze des Wissens, in denen eine Menge ungewiss ist.
Throughout the humanities, greater attention is being paid at present to the category of translation. More than ever before, the tradition al understanding of translation as the (philological and linguistic) translation of text and language is being expanded upon. Increasingly, translation is being spoken about as cultural translation. Yet often the use of this term is merely metaphorical, or even downright inflationary.
Bereits in seinen Räubern (1781) enthüllt Friedrich Schiller, wie eminent machtpolitisch das Medium Schrift bzw. der Akt des Schreibens eingesetzt werden kann. Dabei veranschaulicht er, dass sich die Konkurrenz zwischen dem Vater und dem Zweitgeborenen letztlich in einer Konkurrenz divergierender Schreibintentionen äußert. […] Die materiale Dimension des Schreibens […] besitzt auch für Schiller eine maßgebliche Bedeutung. Das wird insbesondere daran sichtbar, dass sich Schiller, sobald er außerordentlicher Professor in Jena geworden ist, sofort einen Schreibtisch anschafft […]. Im Kontext dieser materialen Vorrausetzungen ist auch de inspirative Dimension des Schreibens zu berücksichtigen […]. Schiller schätzte bekanntlich den für ihn anregenden Geruch fauliger Äpfel, die ständig in einer Schublade in seinem Arbeitszimmer aufbewahrt werden mussten. […] Mit der Niederschrift der „Botschaft“ bzw. der „Ideen“, ist die kreative Dimension des Schreibens erreicht. Da die Erzeugnisse dichterischer Schreibakte zumeist in konkrete Publikationszusammenhänge eingebunden sind, muss schließlich auch die ostentative Dimension des Schreibens in den Blick genommen werden.
In der Moderne wird das Menschengesicht, das lange Zeit Sinnbild für die Ebenbildlichkeit Gottes und somit für menschliche Ganzheitlichkeit war, radikalen Auflösungsprozessen unterzogen. Zugleich scheinen immer wieder Erlösungsutopien durch, die eine neue Suche nach dem verlorenen oder erst noch zu schauenden Gesicht initiieren. Dieser Doppelstrebigkeit wird im Folgenden unter dem Leitbegriff des Rätsels nachgegangen. Letzterer lässt sich hierbei auf seinen zweifachen altgriechischen Ursprung zurückführen, auf 'griphos' ('Fischernetz, Schlinge': Ratespiel) und 'ainigma' ('dunkle Andeutung': das Rätselhafte). Das Rätsel wird in der Theologie seit jeher - in der Philosophie vermehrt in der Moderne – mit dem Gesicht (in seiner Doppeldeutigkeit von gesehenem und sehendem Gesicht) assoziiert, dessen Les- und Lösbarkeit es einer hermeneutischen Bewährungsprobe unterzieht. An zwei philosophischen Werken soll in einem ersten Schritt dieses Junktim von Rätsel und Gesicht(e) im Diagramm der beiden Lösungsbewegungen von Auflösung und Erlösung nachgezeichnet werden: an Friedrich Nietzsches 'Also sprach Zarathustra' (1883–1885) und Franz Rosenzweigs 'Stern der Erlösung' (1921) sowie seinen "nachträgliche[n] Bemerkungen" hierzu in "Das neue Denken" (1925).
Es gibt keinen anständigen Germanisten, ja keinen belesenen Gebildeten, der den Namen Musil nicht gehört hätte. Nur relativ wenige wissen aber, dass Robert Musil ein deutschmährischer Autor ist, der mit Mähren auf vielfache Weise verbunden ist, bzw. falls sie es wissen, messen sie dieser – scheinbar nur biographisch-positivistischen interessanten Marginalie – keine große Bedeutung zu. Wir wollen versuchen, das bereits Bekannte zu Musils mährisch-böhmischen Kontexten und Kontakten zusammenzutragen (dabei auf die Leistungen der vorherigen Forschergeneration hinzuweisen), zugleich wollen wir Desiderata aufzeigen und schließlich die Bedeutung der Tatsache, dass Musil ein deutschmährischer Autor war, neu reflektieren und bewerten.
Nicht von einer "Nähe" der Literatur "zum Ritual" [...] gehen die folgenden Überlegungen aus. Wenn als "Definitionsmerkmale des Rituals" "Wiederholung einer Handlung, Inszeniertheit, ästhetische Elaboriertheit, Selbstbezüglichkeit, Expressivität und Symbolizität" angeführt werden, dann stellt sich gerade die Frage, inwiefern ein literarischer Text Handlung 'ist', nicht aber nur ein Ritual oder eine Wiederholung einer Handlung thematisiert oder erzählt. [...] Das Verhältnis von Ritual und literarischem Text wird allein von deren Ferne und Entferntheit her gedacht werden können und damit erst die Versuche und die Notwendigkeit der literarischen Texte, im Verhältnis zum Ritual ihre eigene Performativität zu bestimmen.
Der Begriff des Rahmens hat in den letzten Jahrzehnten in unterschiedlichsten Kontexten Konjunkturen erlebt: in der Anthropologie und der Soziologie als kontextsensibler Handlungsrahmen, in den Theaterwissenschaften als Inszenierungsrahmen, in der Literaturwissenschaft als paratextuelle Rahmung, in der Linguistik als kognitiver Repräsentationsrahmen respektive als Skript – und, nicht zu vergessen, in der Kunstwissenschaft als Bildrahmen. Dabei steht jede "Aufmerksamkeit für Rahmungen" in einem Spannungsverhältnis zwischen einem Interesse für explizite, sprich: materielle und insofern sichtbare Formen der Rahmung einerseits und einem Interesse für implizite, konzeptionelle, sprich stillschweigend vorausgesetzte Interpretationsrahmen andererseits. Zugespitzt formuliert könnte man sagen: Das Problemfeld 'Rahmen' wird durch das Verhältnis von phänomenaler Rahmenwahrnehmung und funktionalem Rahmenwissen bestimmt, wobei sich in der Verhältnisbestimmung zugleich die Rahmenbedingungen von textuellen, theatralen, pikturalen und technischen Konfigurationen zeigen.
Pseudomorphose
(2013)
Der Sprachgebrauch verleitet dazu, Pseudomorphosen als bloß täuschenden Anschein jenes Gestaltwandels zu verstehen, der sich in (echten) Metamorphosen vollzieht. Dort tut sich tatsächlich etwas, aber die Pseudomorphose tut nur so, als ob. Allerdings zeigt schon die echte Metamorphose, der das Christentum nach Blumenberg den Garaus macht, auch beim alten Heiden Goethe noch oder schon pseudomorphotische Züge. Wenn alles Blatt ist, darf man legitimerweise fragen, ob da überhaupt etwas metamorphorisiert. Als Metapher geht die Pseudomorphose auf Oswald Spengler zurück, der sie der für historische Sedimentierungs- und Verwerfungsprozesse seit dem 19. Jahrhundert so ertragreichen Mineralogie entlehnt hat.
Wenige Phasen in der Kulturgeschichte Deutschlands sind so sehr durch die Präsenz eines prophetischen Diskurses gekennzeichnet gewesen wie das erste Drittel des 20. Jahrhunderts. In der Zeit vor dem Ausbruch des Ersten Weltkriegs und in den Jahren der Weimarer Republik, die einmal die "Krisenjahre der Klassischen Moderne" genannt wurden, taucht eine Vielzahl von selbsternannten Geistersehern, Wunderwirkern und Heilsbringern auf, die auf allen Gebieten des gesellschaftlichen Zusammenlebens Abhilfe und Erlösung versprechen. Die Allgegenwärtigkeit dieses Versprechens lässt daran zweifeln, dass der von Heilssuche getragene prophetische Diskurs im Rücken einer sich fortentwickelnden Wissenschaftskultur stattgefunden hat. Vielmehr gehört sein Erlösungsversprechen zu den "beherrschenden Gedanken" der damaligen Zeit und bezeugt die prekäre Koexistenz von Wissenschaft einerseits und Prophetie andererseits. "Es sei", schreibt der Philosoph Max Scheler am Ende der Weimarer Republik, "eine beispiellose Sehnsucht nach Führerschaft allüberall lebendig", die eine entsprechende Anzahl von Propheten, Heilanden und Weltverbesserern mit sich bringt. Angesichts dieser geistesgeschichtlichen Lage konnte eine Erinnerungsfeier für die Gefallenen des Ersten Weltkrieges, um ein Beispiel aus dem Jahr 1922 anzuführen, leicht in die Frage münden: "Wann kommt der Retter Deutschlands?" Der Historiker Klaus Schreiner hat diese Frage, die Honoratioren aus einem kleinen Kurort in der Lüneburger Heide aufgeworfen haben, zum Titel einer umfangreichen Studie über den politischen Messianismus in der Weimarer Republik gemacht. [...]
Vom "Messias der Dichtung" soll im Folgenden die Rede sein. Wie sich zeigen wird, ist mit dieser Figur, über deren Besonderheiten und Begrenztheiten hinaus, zugleich das "Verlangen nach einem Messias der starken Hand für das Ganze" verbunden.
Der moderne Roman ist [...] eine Form vergegenwärtigter Zukunft in dem erläuterten Sinne und stellt sich darin dem traditionalen Erzählen entgegen, das ein Vergegenwärtigen des Vergangenen war. An dieser innerliterarischen Kehrtwende im Narrativen lässt sich ablesen, was bei der Heraufkunft des prognostischen Präsens auf dem Spiel steht. Mit der Entsprechung und der Gegenüberstellung von historischem und prognostischem Präsens hat es darum die zweite Überlegung zu tun. Sie macht in der vergegenwärtigten Zukunft den inneren Zeitstil des modernen Romans aus. Einerseits hat sie es mit einem literarischen Sonderfall des prognostischen Präsens zu tun. Andererseits zeigt sich an diesem besonderen Fall aber auch erst die Bedeutung des prognostischen Präsens für unsere Kultur insgesamt.
Dieser Zusammenhang soll im Folgenden genauer erörtert werden. Den Anfang bildet ein Hinweis auf die Gegenüberstellung von Erzählen und Roman in dem Essay, den Walter Benjamin Nikolaj Leskow gewidmet hat (1). Danach folgt in zwei Schritten eine kurze terminologiegeschichtliche Charakteristik dessen, was hier analog zum 'historischen Präsens' das 'prognostische Präsens' genannt wird (anhand der augustinischen Zeittheorie [2] und im Hinblick auf die probabilistische Philosophie des 19. Jahrhunderts [3]). Am Ende wird die Erörterung noch einmal zur Frage des romanartigen Erzählens und seiner inneren Zeitform der vergegenwärtigten Zukunft zurückkehren (4).
In diesem Beitrag möchte ich der Frage nachgehen, wodurch sich wissenschaftliche Zukunftsbetrachtungen, die vielfach für die Politik- und Gesellschaftsberatung unternommen werden, von anderen Formen der Zukunftsschau unterscheiden. Wissenschaftliche Zukunftsschau ist oft teuer und langwierig, es erscheint also mehr als berechtigt, nach ihren Vorteilen gegenüber anderen Zugängen zu fragen, etwa der literarischen Zukunftsschau. Dazu werde ich folgende Thesen entfalten:
• Wissenschaftliche Zukünfte sind soziale Konstruktionen und keine wertneutralen Beschreibungen zukünftiger Entwicklungen.
• Ein Nachweis der Wissenschaftlichkeit wissenschaftlicher Zukünfte ist wissenschaftstheoretisch nicht trivial und unterscheidet sich von den Nachweisen der Wissenschaftlichkeit in anderen Bereichen.
• Die Erwartung, wissenschaftliche Zukünfte seien per se besser als nichtwissenschaftliche (wie z. B. literarische oder astrologisch motivierte Zukünfte) – in dem Sinne, dass sie besser die Zukunft vorhersagen –, ist nicht begründet.
• Stattdessen haben wissenschaftliche Zukünfte die Vorteile, dass sie allgemeine Zustimmungsfähigkeit schaff en, dass sie erlauben, Konsistenzforderungen zu stellen und zu überprüfen, und dass sie ein Lernen aus dem Vergleich der vorhergesagten mit den dann real eintretenden Ereignissen ermöglichen.
Wenn es in diesem Beitrag spezifisch um die Wissenschaftlichkeit von Zukunftsbetrachtungen geht – in Gegenüberstellung zu einer un- oder nichtwissenschaftlichen Prophezeiung –, so möchte ich die Betrachtung auf die wissenschaftlich gestützte Zukunftsschau in gesellschaftlichen Feldern beschränken und nicht auf Vorhersagen generell, etwa der Astronomie, der Meteorologie oder der Kosmologie, erstrecken.
In at least three environments—de se binding, distributive binding, and focus quantification—some presuppositions exhibit unexpectedly weak projection behavior. This holds for the presuppositions of bound pronouns, but also several other cases of presupposition. In this paper, I first describe a general approach to capture the interaction of presuppositions with quantificational operators within a multi-tiered evaluation procedure. Secondly I discuss data from Condition A, in particular non-bound occurrences of reflexives, that motivate a presuppositional account of Condition A and confirm the general approach.
Sozusagen als Motto meiner Ausführungen zur Gattung des Porträts bzw. zur Porträtkunst habe ich eine Arbeit von Robert Rauschenberg gewählt. 1961 plante die Pariser Galeristin Iris Clert eine Porträt-Ausstellung und lud Robert Rauschenberg, den amerikanischen Pop-Künstler, zu einem Beitrag ein. Dieser reagierte mit einem aus Stockholm geschickten Telegramm mit dem Inhalt: 'This is a portrait of Iris Clert if I say so – Robert Rauschenberg'. Als Motto zeige ich die Arbeit deshalb, weil das Porträt im Laufe der Moderne und insbesondere im 20. Jahrhundert zu einer umstrittenen, ja in gewisser Hinsicht unmöglichen Gattung wird, und Rauschenbergs Telegramm nun zeigen kann, dass dieses Umstrittene zwei unterschiedliche Dimensionen hat: zum einen ist es der Streit über das, was als legitimes Porträt eines Menschen angesehen werden kann; zum anderen ist es der Streit darüber, was legitimerweise als ein Kunstwerk angesehen werden kann.
Die Begegnung zwischen Odysseus und den Sirenen lässt sich als allegorisches Szenario einer poetischen Kommunikation lesen. Darauf verweist die Etymologie, die den Namen der Sirenen auf die semitische Wurzel für ‚Gesang‘ (sir) und das griechische Wort für ‚Strick‘(σειρτί) zurückführt. Auf der einen Seite stehen diejenigen, die bestrickende Lieder zu Gehör bringen, auf der anderen Seite diejenigen, die sich von den Liedern fesseln lassen. Die Kommunikationssituation ist als Geschlechterverhältnis kodiert. Der Gesang wird von verführerischen Frauen produziert und von verführbaren Männern rezipiert. Diese vermögen der Versuchung nur mithilfe einer spiegelnden Vorsichtsmaßnahme, der Bindung an den herkömmlichen Standpunkt, zu trotzen. Odysseus muss sich an den Mast fesseln lassen, um dem verderblichen Zauber der weiblichen Stimme nicht zu erliegen. Die Pointe des Geschlechterverhältnisses, das im Sirenenmythos modelliert ist, liegt in der Vertauschung der Rollen von Penetration und Rezeption. Es ist die Frau, deren Lied in den Mann eindringt, und der Mann, der das Lied der Frau empfängt. Das Medium, in dem sich die ästhetische Kommunikation vollzieht, ist signifikant. Am Hören, nicht am Sehen entscheidet sich das fatale Geschlechterverhältnis. Die Attraktion der Sirenen vermittelt sich auf dem Wege der Akustik, was auch als Hinweis auf die Oralität der für den mündlichen Vortrag bestimmten Dichtung lesbar ist. Im Folgenden soll die literaturgeschichtliche Reichweite dieser Konstellation exemplarisch skizziert werden. Drei Texte stehen im Mittelpunkt: Homers Odyssee als antiker Basistext und zwei mittelalterliche Quellen, die sich in gegensätzlicher Weise auf ihn beziehen: einerseits - als Fallbeispiel einer literarischen Rezeption - der Tristan Gottfrieds von Straßburg und andererseits - als Fallbeispiel einer hermeneutischen Rezeption - das Buch der Natur Konrads von Megenberg.
Ortak ve Suni dil üzerine
(2013)
Ortak ve Suni dilin ayrıştığı nokta bir toplum içerisinde bireylerin sağlıklı iletişim kuramamaları sonucu birbirlerini anlamadıkları ve iletişimin abartılı bir durumda değerlendirilmesidir. Bireyler arasında sağlıklı iletişimin sağlanması, aralarında ihtilafın giderilmesi gibi konular dilbilimcilerin başlıca araştırma alanlarını oluşturmaktadır. Diğer bir ifade ile yapay dil ile ortak bir dilin amaçlanması, geliştirilmesi 16.y.y. dan itibaren günümüze değin sürdürülmüştür. Ne var ki konuyu sadece art zamanlı olarak değerlendirmek yerine, aynı toplum içerisinde eş zamanlı olarak nasıl irdelenebilir? Zira ortak dilin "evrensel" bir dil olduğu varsayımından hareketle aynı toplum içerisinde, iletişimin genellikle "yapay" bir dille gerçekleştiği savını da öne sürebiliriz. Bir toplum içerisinde ortak dile ulaşmanın yolu analiz-sentez yolu ile kavrama kültürünün doğru orantılı olmasıdır.
This contribution outlines the evolutionary history of aesthetic illusion, drawing on both its biological and its cultural evolution. Unlike other 'biocultural' accounts of human behaviour, however, the present considerations strictly distinguish between these two processes by resorting to the system-theoretical reformulation of evolutionary theory as offered by Niklas Luhmann. After introducing the theoretical framework, two core elements of aesthetic illusion are described as biological predispositions: the ability to become 'illuded' (as deriving from a biological adaptation for play behaviour in mammals) and the ability to take an interpretive, quasi-communicative attitude toward artifacts (which might be a by-product of the human capacity for symbolic cognition). Particular emphasis is given to the competency for cognitive metarepresentation which emerged together with play and other capacities in fundamentally intelligent animals, and which, in combination with the evolution of language in the human species, has developed into a complex cognitive apparatus called 'scope syntax' by Leda Cosmides and John Tooby. In the last part of the present article several cultural processes are pointed out which have influenced the cultural concepts that, as a cognitive 'scope' tag, guide the experience of aesthetic illusion, the most important among them being the idea of autonomous art as brought about in Western modernity.
Didier Debaise entwickelt ausgehend von der Philosophie von Alfred North Whitehead eine spekulative, nicht anthropozentrische Theorie des Subjektbegriffs. In der Tradition der Kritik an einem phänomenologisch gedachten Begriff des Subjekts stellt Debaise einen kosmologischen Begriff des Subjekts vor, der einer Bindung an Kategorien wie Intentionalität, Bewusstsein und Repräsentation vorgängig ist und der anstatt vom Bewusstsein von einem universalen Begriff des Empfindens ausgeht. Das Subjekt ist in diesem kosmologischen Ansatz nicht mehr der Ursprung der Empfindungen, sondern der Effekt eines Prozesses, es ist ein Subjekt, das als Superjekt sich selbst voraus ist.
Im Folgenden soll das Potential eines interdisziplinären narratologischen Theorietransfers an autobiographischen Holocausterzählungen unter Verwendung von Konzepten aus psychologisch orientierten Theorien erprobt werden: der Begriff der Positionierung aus der psychologischen Konversationsanalyse (discoursive psychology) und das Konzept der Glaubwürdigkeitsmerkmale aus der Gerichtspsychologie. Mit diesen Ansätzen sollen zwei charakteristische Merkmale autobiographischen Schreibens beschrieben werden, nämlich seine Zeitstruktur und sein Faktualitätsanspruch.
Am Schluss seiner 1917 gehaltenen Rede Wissenschaft als Beruf warnt Max Weber vor überzogenen Erwartungen an die zahllosen zeitgenössischen Erlösungslehren [...]. Webers Text kann man als Urszene eines prophetischen Diskurses in der Weimarer Zeit lesen. [...] Im Folgenden sollen weniger die systematischen Zusammenhänge als die spezifischen Sprachgesten dieses Denkens rekonstruiert werden, indem (1) am Beispiel von Max Webers religionssoziologischen Schriften gezeigt wird, wie die biblische Prophetie am Anfang des 20. Jahrhunderts verstanden wurde, bevor (2) noch einmal der Rekurs auf die Prophetie in Webers Wertlehre untersucht wird. Im Anschluss soll an zwei Reaktionen auf Weber gezeigt werden, wie dieser prophetische Diskurs weiterwirkte: Karl Barths theologische Rhetorik (3) radikalisiert die Rhetorik der Kritik und der Unterscheidung von wahrer und falscher Mitteilung bis zur Paradoxie; Walter Benjamins Überlegungen zu Kritik und Übersetzung (4) bedienen sich ebenfalls radikaler Unterscheidungen und problematisieren zugleich den eigenen Standpunkt.
Im einleitenden Teil soll an drei markanten Beispielen die kulturpraktische Bedeutung ästhetischer Mystifikation und Verstellung in der Romantik vorgeführt werden. Im zweiten Teil soll ein Problemaufriss gegeben werden, auf welche Weise aus der Kulturpraxis der artistisch eingesetzten Mystifikation Camouflagetechniken entstehen können.
Wie bekannt, besitzt neben der literarischen Übersetzung auch die fachsprachliche Übertragung einen wichtigen Platz in der übersetzungswissenschaftlichen Forschung. In Rahmen des Themas Übersetzung und Bearbeitung soll in diesem Beitrag festgestellt werden, welche satzstrukturelle Abwandlungen das neue Strafgesetzbuch der Türkei (YTCK) vollzogen hat.
Die Kompetenzmessung im Hochschulbereich stellt bislang ein weitgehend vernachlässigtes Forschungsgebiet des Bildungssektors dar (vgl. Blömeke et al. 2013). Eine umfassende Analyse des internationalen Forschungsstandes im Bereich der Modellierung und Erfassung von Kompetenzen zeigt insbesondere für Europa ein Forschungsdefizit im Hochschulsektor auf (vgl. Kuhn/Zlatkin-Troitschanskaia 2011). Daher wurde 2010 vom BMBF das Forschungsprogramm "Kompetenzmodellierung und Kompetenzerfassung im Hochschulsektor" (KoKoHs) initiiert, welches die Ziele verfolgt, die Leistungsfähigkeit des tertiären Bildungssystems in Deutschland zu erhalten und Grundlagen für eine Evaluation der Kompetenzentwicklung sowie des Kompetenzerwerbs an Hochschulen zu schaffen (vgl. Blömeke et al. 2013, 3). Im Rahmen des Forschungsprogramms werden u.a. Verbundprojekte aus den Bereichen der Berufs- und Wirtschaftspädagogik (Projekt WiWiKom, siehe Zlatkin-Troitschanskaia/Breuer 2013) sowie der Lehrerbildung gefördert (für eine Übersicht der einzelnen Projekte siehe Blömeke/Zlatkin-Troitschanskaia 2013). Das Verbundprojekt "Modellierung und Erfassung fachwissenschaftlicher und fachdidaktischer Kompetenzen im wirtschaftspädagogischen Studium" (kurz KoMeWP: Kompetenzmessung im wirtschaftspädagogischen Studium; siehe Seifried/Wuttke/Schmitz 2011) verknüpft diese beiden Bereiche. 1 Dabei wird die Zielsetzung verfolgt, die professionelle Kompetenz von angehenden Lehrkräften im kaufmännisch-verwaltenden Bereich zu modellieren und testtheoretisch abprüfbar zu machen. ...
Mediennutzung
(2013)
Massive Open Online Courses
(2013)
Im englischsprachigen Raum verbreitete sich in den letzten Jahren ein Bildungsformat, die so genannten Massive Open Online Courses (MOOCs). So bezeichnete die New York Times beispielsweise das Jahr 2012 als „Das Jahr der MOOCs“ (Pappano 2012). Inzwischen hält das Format der offenen Online-Kurse mit großen Teilnehmerzahlen auch in Deutschland Einzug, wie verschiedene Presseartikel zum Jahresende 2012 zeigten (vgl. Dworschak 2013; Koller 2012; Mehnert 2012; Noack 2012a, 2012b). Ziel dieses Beitrags ist es, neben einer Begriffsklärung zu dem Phänomen einen Überblick über aktuelle Entwicklungen zu geben und die Erfahrungen mit zwei deutschsprachigen MOOCs zu dokumentieren.
Gesichter sind in der modernen Gesellschaft zwiespältig geworden: Einerseits ist von einer "facialen Gesellschaft" die Rede, entsprechend der Leitfunktion, welche Gesichter als Vorbilder in der Medienkultur einnehmen, ob nun bei Stars, Politikern, Sportlern, Promis - Berufsgruppen für die face lifting selbstverständlich zur Vorbildfunktion mit Nachahmungseffekten hinzugehört. Fernsehformate wie Casting- Shows beruhen auch darauf, dass Gesichter zur Nachahmung vorgegeben werden. Selbstverständlich sind diese Gesichter nie natürlich oder wahrhaft, wie dies die Anthropologie seit dem 18. Jahrhundert behauptet hatte, sondern künstlich und verstellt. Aber der Topos des natürlichen Ausdrucks wird gleichwohl aufrecht erhalten und rhetorisch angewendet. Die biopolitische Diskursmacht führt dazu, dass trotz der maskenhaften Verstellung der Mediengesichter der empathisch-emotive Effekt eintritt. Es handelt sich um eine bemerkenswerte Leistung von Medienkultur, Indikator einer anthropologischen Macht der Medien. Michael Taussig spricht unter Berufung auf Benjamin vom mimetischen Vermögen, das durch Medien zustande kommt und Fremdheit durch Nachahmung minimiert, entsprechend dem antirassistischen Leitmotiv von Kafkas "Wunsch, Indianer zu werden". Insbesondere Gefühle wie Liebe oder Angst werden dabei im Gesichtsausdruck der Medienbilder präsentiert und unter Zuhilfenahme der anthropologischen Topik einer Entsprechung des Äußeren im Inneren vom Zuschauer mimetisch hervorgebracht oder ihm zur Nachahmung angeboten.
Ausgangspunkt der folgenden Überlegungen ist meine Dissertation mit dem Thema "Porträt – Ikone - Kunst. Methodische Studien zum Porträt in der Kunstliteratur. Zu einer Bildtheorie der Kunst", aus deren Breite ich mich für das Bildparadigma Kunst auf Francis Bacon (mit einem Ausblick auf Alberto Giacometti) beschränke. Das Porträt, in dem Sinne, wie es die Neuzeit versteht, mit all den Implikationen an Authentizität und Ähnlichkeit und unmittelbarer Wiedergabe einer gesehenen Wirklichkeit, hat es in der europäischen Bilderkultur nicht immer gegeben. Auch vorneuzeitliche Bilder, wie eben die Ikone, hatten als besonders wichtige, ihnen übertragene Aufgabe die Vergegenwärtigung einer bestimmten Person, ohne dass man sie deshalb als Bildnisse oder Porträts bezeichnen kann. Sie werden auf diese Vergegenwärtigung sehr wohl verpflichtet, also zu garantieren, dass die gemeinte Person in ihnen wirklich getroffen ist, aber durch signifikant andere bildliche Strategien als dies bei Porträts beschrieben werden kann. Das war für mich der Grund von unterschiedlichen „Bildparadigmen“, dem der Ikone und dem des Kunstwerks zu sprechen. Bilder zu machen und zu betrachten dürfen wir wohl als Grundkonstante menschlicher Kultur seit ihren allerersten Anfängen ansehen. Wie aber Bilder hergestellt und verstanden werden ist bildhistorisch zu beschreiben, das heißt es gibt Perioden der kulturellen Geltung und Dominanz eines Bildverständnisses und Zeiten des Umbruchs und des Wechsels im Verständnis, der Entstehung, der Betrachtung und des Sprechens über Bilder.
Liebe, Situation, Sprache
(2013)
Else Lasker-Schüler, Tino und Jussuf, viele Namen, die sie sich selber gab, führen zu einer einzigartigen, starken Frau, die ihr Leben in Literatur umgesetzt hat. Zu einer Frau, die einer der führenden expressionistischen Persönlichkeiten wurde, ihr Leben literarisierend vermarktete und doch im wahrsten Sinne des Wortes nie mit sich und der Umwelt zufrieden werden konnte und auch werden wollte.
Nel 1773 il ventiquattrenne Johann Wolfgang von Goethe, forse il più grande scrittore della tradizione letteraria tedesca, pubblicò anonimo un saggio intitolato "Zwo wichtige bisher unerörterte biblische Fragen: Zum erstenmal gründlich beantwortet, von einem Landgeistlichen in Schwaben" ["Due questioni bibliche importanti finora mai discusse: per la prima volta sostanzialmente risolte da un curato di campagna in Svevia"]. In questo testo il giovane Goethe sperimenta molte di quelle invenzioni letterarie che caratterizzeranno la sua opera matura. Il testo si presenta come una lettera scritta da un pastore rurale ad un vecchio amico fidato. Scrivendo in una fredda notte d’inverno, il pastore descrive uno stato di confusione nella mente di suo figlio, provocato dagli studi di teologia che questi aveva compiuto all'università. Questo saggio è il primo lavoro di letteratura, a me noto, nel quale la disciplina degli studi biblici accademici, da poco emergente, essendo stata appena allora introdotta nel curriculum universitario, sia direttamente tematizzata e per di più nel campo della finzione letteraria. Il saggio di Goethe segna un momento importante nella storia culturale e intellettuale. Il saggio è significativo per la sua rappresentazione della disciplina emergente degli studi biblici, per le sue riflessioni sulla relazione tra ebraismo e cristianesimo, tra le nozioni filosofiche di universale e particolare, e per le vicende intellettuali che suscitò dopo la pubblicazione.
Astrid Deuber-Mankowsky untersucht den Begriff des Lebens, der in Canguilhems Epistemologie der Biologie und seinem Verständnis der Technik sowie in Haraways Schriften zu den technisch geprägten Biowissenschaften vorausgesetzt wird, und findet die Verbindung zum Politischen in der Spannung zwischen Anthropomorphismus und Anthropozentrismuskritik.
Arno Schmidt wäre nicht Arno Schmidt, wenn er bei seinen Lesern nicht anecken wollte. Er war ein Meister der Provokation. Nichts liebte er mehr als Leser egal welchen Couleurs vor den Kopf zu stoßen, in seinem Frühwerk vor allem Konservative und Gläubige, in seinem Spätwerk sogar auch seine liberalen und linken Anhänger. In seiner Essayistik und Funkessayistik über deutschsprachige und angelsächsische Autoren war solch gezielte Irritation sein Metier. Paradebeispiele sind seine Funkessays und Aufsätze über Goethe,Stifter, Karl May, Edgar Allan Poe und James Joyce. [...] Rabiat in seiner Kritik an der Gegenwartsgesellschaft suchte Schmidt Zuflucht vor den ungeliebten und ennervierenden Zeitgenossen im intellektuellen Gespräch mit seiner selbsterwählten literarischen Ahnengalerie. Diese Ahnen kamen freilich nicht immer ungeschoren davon: mal waren sie Gegenstand seines Lobes und seiner Verehrung, mal seines Zornes oder Spotts, wie wir gleich auch beim Fall Dante sehen werden.
Christoph F. E. Holzhey beschäftigt sich in seinem Aufsatz "Kippbilder des Vitalen" mit dem Verhältnis von Wissen und Leben bei Canguilhem und Haraway. Im Begriff des Kippbildes stellt er Canguilhems Beschreibung des Lebens als einer "dialektischen Essenz" den Vorschlag gegenüber, das diskursiv konstituierte Leben als etwas zu denken, das ohne Vermittlung zwischen verschiedenen Aspekten oszilliert und seine Einheit allein im Phänomen oder im Namen Leben findet.
Im Folgenden sei der Versuch unternommen, allein Roths Arbeit am Begriff der Grenze vorzustellen, dies unter Rückgriff auf vor allem zwei Texte, deren Verschiedenheit die Spannweite nicht nur der formalen Mittel, sondern auch der Konzeptualisierungsfähigkeit, über die Roth verfügte, anschaulich machen mag.
Mit Fug und Recht lässt sich daher behaupten, dass Klimamodelle zu den einflussreichsten Schriften des 20. und 21. Jahrhunderts gehören. Ihr soziopolitischer Einfluss besteht vor allem darin, Zukunft verhandelbar machen. In den bisherigen wissenschaftstheoretischen Diskussionen über Klimamodelle bleibt allerdings ihr Textcharakter unberücksichtigt. Um diesem Rechnung zu tragen, werden im Folgenden die wesentlichen textuellen Relationen verdeutlicht. Der vorliegende Beitrag stellt daher einen ersten Versuch dar, die Intertextualität von Klimamodellen zu analysieren, um dann die Verankerung der Klimaprojektionen im deterministischen Wissenschaftsverständnis der neuzeitlichen Physik sowie ihr Projektionspotenzial zu untersuchen.