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In diesem Artikel soll einer der strittigen Vertreter der deutschen Romantik auf zwei verschiedene Weisen analysiert werden, erstens durch Untersuchung des historischen Rahmens seiner antiken Tragödie "Penthesilea", und zweitens, durch den Vergleich des Werkes mit seiner persöhnlichen romantischen Veranlagung, um die traditionellen und historischen Grenzen des Begriffs "Romantik" zu erweitern.
Was Wende ist, hat in der Literatur eine enorme Spanne. Wende als Aufhebung geographischer Trennungen (bei Christa Schmidt in "Rauhnächten") und noch mehr örtlicher Einschränkungen (Irina Liebmann in ihrem Roman "In Berlin"). Wende weiter als gewissermaßen "Vorher-Nacherher"-Betrachtungen, als Räsonnement, als verbale Auseinandersetzung mit der eigenen Rolle im gesellschaftlichen Geflecht der früheren DDR. Volker Braun hat diese Form in der >Unterhaltung< (wie er es selbst nennt) "Der Wendehals" vielleicht am reinsten dargestellt. Daniela Dahn wählt in ihren Essays eine Mischform aus beiden. Auch Marion Titze wäre zu nennen, die mit "Unbekannter Verlust" ebenfalls in diese Kategorie gehört. Natürlich ist es völlig unmöglich, die Fülle jener Bücher auch nur andeutungsweise zu behandeln, die sich unterdessen zum Thema Wende angehäuft haben. Hier kann es eigentlich nur darum gehen, ein paar Schneisen zu schlagen, ein paar Autoren zu Wort kommen zu lassen, die sich mit unterschiedlichsten Intentionen dem Thema genähert haben.
Metaphern als Stil : Bilder des Weiblichen in Theatertexten von Elfriede Jelinek und Botho Strauß
(2006)
Der Vortrag analysiert den weiblichen Sprachstil im modernen deutschsprachigen Drama. Am Beispiel des Autors Botho Strauß erfolgt eine Abgrenzung der weiblichen zur männlichen Sprechweise mit einem vergleichenden Blick auf den Sprachstil der Dramenfiguren Elfriede Jelineks. Sprachstil wird hier aufgefaßt als eine Art des „subjektiv gefärbten Artikulierens“, als „pointierte Artikulation, die das Sagbare von innen heraus definiert, um über die als repressiv und unzeitgemäß kritisierten Konventionen der ästhetischen und politischen Gegenwart hinauszuweisen“ (Eckhoff). Der Vortrag konzentriert sich weniger auf syntaktische und pragmatische als vielmehr auf bildhafte Elemente, die bei Botho Strauß über eine rein sprachliche Verwendung hinausgehen und ein umfassendes semiotisches Verweisungssystem von Sprach-, Körper- und Raumbildern entstehen lassen. Deshalb richtet sich ein weiteres Augenmerk auf den Zusammenhang der verschiedenen Zeichensysteme und die Funktion der Stilisierung, die im Sinne Julia Kristevas eine Relativierung des Textes und die Ambivalenz des Wortes zur Folge hat. Im Zentrum der Überlegungen stehen die Besonderheiten, die Frauen und Männer in ihrer Art zu sprechen kennzeichnen, und die Bildhaftigkeit, die sich damit verbindet. Die Bilder in den dramatischen Texten der genannten Autoren werden mit Bildern von Weiblichkeit korreliert, die sowohl in der Kunsttheorie als auch in der feministischen Diskussion seit längerem eine Rolle spielen. Ziel ist herauszufinden, inwieweit Botho Strauß und Elfriede Jelinek in ihren Dramen stereotype Bilder des Weiblichen entwerfen bzw. festschreiben oder durchbrechen und inwieweit diese Bilder übereinstimmen oder differieren.
Es gehört zu den bleibenden Leistungen der "Kinder- und Hausmärchen", daß sie die fiktionalisierte Moralförmigkeit älterer Kinder- und Jugendliteratur in eine poetisierende Märchenförmigkeit überführen - auf diesem Wege das kollektive Imaginäre ihrer Epoche als Ermöglichungsgrund jeglichen Bilderbewußtseins neu besetzend und umformulierend. Anders gesagt: die "Kinder- und Hausmärchen" öffnen – wiewohl sie sich nicht allein für die intentionale Kinderliteratur reklamieren lassen - deren Bereich nachdrücklich der Geltung der sog. “Ästhetik-Konvention”, die sich im Literatursystem um 1800 allgemein durchgesetzt hat. Sie bewirken damit eine folgenreiche Lockerung der für die Kinderliteratur immer noch verbindlichen Pädagogik-Konvention.
Um die Wahrnehmung der Liebe geht es im folgenden Beitrag. Nach einer detaillierten Untersuchung der Liebessprache im Parzival kommt Elisabeth Lienert zu dem Ergebnis, daß Wolfram keine neue Liebessprache entwickelt: Lienert argumentiert, daß es dem Erzähler nicht auf die Wahrnehmung von Emotionen ankommt, sondern auf die Darstellungen von wirkenden Kräften, vor allem von Gewaltverhältnissen.
Die Zeit von etwa 1911 bis 1961 ist zugleich von einer intensiven Auseinandersetzung darüber begleitet gewesen, wie das Industriegebiet als Lebensraum zu definieren sei. Vorschläge dazu beschränkten sich nicht auf literarische Texte oder heimatselige Gedichte, sondern fanden ihre Entsprechung auch in einer Vielzahl konkreter Versuche, planend und gestaltend in diese meist als unförmig empfundene Landschaft einzugreifen. Dennoch standen sich, so wird zu zeigen sein, literarische und konkret-politische Auseinandersetzungen mit dem Ruhrgebiet gerade dort besonders nah, wo letztere erfolglos blieben. Ob sich nun ein traditionsloses Bürgertum in Ordnungsphantasien hineindachte, weil es realer politischer Handlungsfähigkeit ermangelte, oder ob sich Arbeiter in ein sozialer orientiertes Milieu phantasierten - fast immer hat die Literatur des Ruhrgebiets etwas mit Kompensation zu tun. Fast immer auch mit Zuständen, die in anderen Gegenden Deutschlands entweder nicht so akut oder aber längst selbstverständlich waren. So sehr sich im Verlauf dieses halben Jahrhunderts die Frage nach der Zukunft des Ruhrgebiets immer wieder stellte - die rückbezogene Selbstbeschau sowie die Benennung einer spezifischen Umwelterfahrung des Reviers sind zu Leitmotiven dieser Literatur geworden.
Norbert Voorwinden erörtert die These, Ovids "Metamorphosen" seien die wichtigste Stoffquelle für den Dichter des Nibelungenliedes gewesen. Er kommt zwar zum Schluss, dass diese These unhaltbar ist, zeigt jedoch an einigen Beispielen, daß Kenntnis der antiken Dichtung die Interpretation mancher dunklen Stellen im Nibelungenlied erleichtert.
Lara Crofts Heilversprechen
(2000)
Lara Croft, die Heldin des weltweit meistverkauften Computerspiels Tomb Raider, bietet eine positive weibliche Identifikationsfigur. Mädchen und Frauen können gar, so Randi Gunzenhäuser im Magazin LaraCroftism, "Lara als Ermächtigungsfantasie persönlicher nehmen als Männer". Eine Redakteurin von Emma behauptet, dass das Geschenk einer weiblichen Heldin in unserer visuellen Wachstumswelt so groß sei, dass man Laras überdimensionierte weibliche Attribute "als Tribut an die Männerwelt eben in Kauf nehmen" müsse. Nur: Der Tribut ist sehr viel größer als beispielsweise der überdimensionierte Busen der Spielfigur. Denn mit dem Geschenk einer weiblichen Heldin a la Lara Croft geht der Rückgriff auf die alte heterosexuelle Geschlechtermetaphysik einher. Diese etabliert sich auf einer höheren Ebene und sekundiert als stützender Gegenpart einen fortlaufenden Prozess, der als "Entgeschlechtlichung" beziehungsweise "Medialisierung" der Körper beschrieben werden kann. Hier stellt sich die Frage nach der Bedeutungsverschiebung des Begriffs des Geschlechtlichen selbst.
Lara Croft : Modell, Medium, Cyberheldin ; das virtuelle Geschlecht und seine metaphysischen Tücken
(2001)
Lara Croft, die Heldin des Computerspiels Tomb Raider, ist in kurzer Zeit zu einem »cultural Icon« geworden. Sie ist Traum-Frau und weibliche Heldin, Pin-up-Girl und »Grrl« in einem. Damit bedient sie männliche ebenso wie weibliche Ermächtigungsphantasien. Doch statt die hierarchische Geschlechterordnung zu unterlaufen, befördert der Kult um Lara Croft einen Prozeß, der als »Medialisierung« der Körper beschrieben werden kann und der die dualistische Geschlechtermetaphysik auf einem höheren Level auferstehen läßt. Welche Bedeutungsverschiebung durchläuft der Begriff des Geschlechtlichen im Zuge seiner Virtualisierung? Die Autorin nähert sich dieser Frage entlang einer Analyse der Entstehungs- und der Wirkungsgeschichte des Phänomens Lara Croft.
Suchen Sie auch den Schlüssel zum besseren Verständnis von Mythologie, Kunst und Literatur? Dann sollten Sie das Weltbild des Impurismus studieren. Es wird Ihnen die Augen öffnen für bislang hermetische Zusammenhänge, und Sie werden erkennen, was der Chorus mysticus (Faust II Ende) meint, wenn er sagt: "Alles Vergängliche Ist nur ein Gleichnis." Erde und Himmel, alles Materielle und alle Geistgebilde, der Kosmos und alle Lebewesen --- ein Gleichnis wofür? Wenn Sie die Antwort finden, werden Sie verstehen, warum die Wissenden unsere Kulturszene dominieren. Sie brauchen keine Forschungsnische zu suchen, wenn Sie das weite Feld des Impurismus mit Literatur- und Sprachwissenschaft beackern; denn "Poesie ist die Muttersprache des menschlichen Geschlechts" (Hamann: Aestetica in nuce).
Lysistrata / [E. Hpdk] [!]
(1908)
Sagen rund um Stuttgart
(1995)
Als Karl der Große eines Tages über Land reiste, traf er ein altes Mütterchen. "Guten Tag, Karl der Große", sagte das alte Mütterchen. "Guten Tag, altes Mütterchen", erwiderte Karl der Große leutselig und ritt winkend weiter. Solche und ähnliche Geschichten erzählt man sich in der Eifel noch heute von der Leutseligkeit Karls des Großen. Robert Gernhardt / F. W. Bernstein / F. K. Waechter, Welt im Spiegel (September 1964) Gegenüber den allzuvielen bierernsten Versuchen, das Wesen der Sage mit raunenden Worten zu beschwören, fallen die wenigen Sagen-Parodien leider nicht ins Gewicht. Dabei könnten sie eine heilsame Wirkung entfalten, wenn es darum geht, mit den Klischees aufzuräumen, die das Thema "Sage" fast bis zur Unkenntlichkeit überwuchert haben. Sagen sind, so liest man es noch heute allenthalben, Zeugnisse einer uralten mythischen Zeit, sie sind das über Generationen treu in mündlicher Überlieferung bewahrte bäuerliche Glaubenswissen. Ähnlich formulierte man schon in der NS-Zeit. So schrieb etwa ein Germanist in den Monatsheften für Germanenkunde 1943, die Volkssagen führten uns "zu den Wurzeln unserer volklichen Existenz hinab: zur lebendigen, mütterlich-bewahrenden Seele unseres Volkes". Die ideologische Belastung der überwiegend im Rahmen des Fachgebiets Volkskunde betriebenen Sagenforschung wird jedoch in den populären Sagenbänden stets ausgeklammert. Da man die Sage gern mit der Aura des "Zeitlosen" umgibt, will man nicht wahrhaben, daß die Beschäftigung mit ihr oft sehr zeitgebundene Formen annimmt.
Till Eulenspiegel, erzählt das 1515 in Straßburg gedruckte Schwankbuch, kommt nach Marburg an den Hof des Landgrafen von Hessen und gibt sich dort als Maler aus. Seine Mustermappe enthält die Werke anderer Künstler und so verschafft er sich einen ganz besonderen Auftrag: Er soll den Schloßsaal mit einer Ahnengalerie ausmalen, mit dem "Herkumen der Landgrafen von Hessen". Eulenspiegel verlangt 400 Gulden und legt die Hände in den Schoß. Bis zur Vollendung des Gemäldes darf den Saal niemand betreten. Die mit der ersten Rate von 100 Gulden engagierten Gehilfen werden für ihren Müßiggang gut bezahlt und lassen daher den Schwindel nicht auffliegen. Als aber der Landgraf endlich das Werk sehen will, erklärt ihm Eulenspiegel zuvor, nur ein ehelich Geborener könne etwas von dem Bild erkennen. Der Schelm zieht im Saal den Vorhang weg und erläutert mit einem Zeigestab die Ahnenbilder, beginnend mit dem ersten Landgrafen, einem Colonna von Rom, der die Tochter Justinians zur Frau gehabt habe - eine natürlich erfundene Genealogie.
Friedrich Wilhelm Carové wurde am 20. Juni 1789 als Sohn eines kurtrierischen Hofrates in Koblenz geboren. Er besuchte das Koblenzer Gymnasium, an dem damals Joseph Görres lehrte, und absolvierte in Koblenz ein Studium an der von den Franzosen eingerichteten Rechtsfakultät. 1809 wurde er zum Lizentiaten des Rechts promoviert und als Advokat am Trierer Appellationsgerichtshof zugelassen. Um privaten Studien nachgehen zu können, nahm er 1811-1816 verschiedene Verwaltungstellen in Zütphen, Leer, Aachen, Gernsheim und Andernach an. In Andernach war er von Februar bis August 1816 Einnehmer der Rheinschiffahrtsgebühren. Begeistert von Kunst und Literatur des deutschen Altertums gab er gemeinsam mit dem Kölner Eberhard von Groote ein "Taschenbuch für Freunde altdeutscher Zeit und Kunst auf das Jahr 1816" heraus, eine "Gemeinschaftsleistung der rheinischen Romantik" (Faber, S. 11). Sein darin enthaltener großer Aufsatz zur mittelalterlichen deutschen Kunst wurde von Görres im "Rheinischen Merkur" sehr gelobt.
Edition und Open Access
(2005)
Der Wiener Kanoniker Ladislaus Sunthaim, einer der um 1500 am historisch-genealogischen Forschungsprojekt Maximilians I. tätigen Gelehrten, wurde von Fritz Eheim - unter anderem in seiner leider ungedruckt gebliebenen Prüfungsarbeit am IfÖG 1950 - als einer jener reisenden Historiker in der Zeit des Humanismus porträtiert, die unter anderem in Klosterarchiven und -bibliotheken nach verborgenen Quellenschätzen fahndeten. Im Zeitalter von Kopie und Mikrofilm ist es wesentlich einfacher geworden, an entlegene handschriftliche Quellen zu kommen. Heutzutage macht sich der reisende Historiker auf den Weg, um in anderen Bibliotheken und Forschungsinstituten umfangreiche kommerzielle Datenbanken und digitale Sammlungen zu konsultieren, die sich die eigene Institution nicht leisten kann oder will, denn ein unkomplizierter Fernzugriff ist aus urheber- und lizenzrechtlichen Gründen nicht möglich.
Wir alle wissen: Mittelalterliche Autoren haben schamlos abgeschrieben. Sie haben sich fremdes Geistesgut bedenkenlos zu Eigen gemacht und meistens auf korrekte Quellenangaben verzichtet. Heute bestimmt § 63 Absatz 1 deutsches Urheberrechtsgesetz: "Wenn ein Werk oder ein Teil eines Werkes in den Fällen des § 45 Abs. 1 [und weiterer Paragraphen] vervielfältigt wird, ist stets die Quelle deutlich anzugeben". Man sollte es kaum glauben: Die Werke Wolframs von Eschenbach und anderer höfischer Klassiker enthalten in ihren frühesten Handschriften keinerlei Fußnoten! "Mittelalterliche Intertextualität", schreibt Elisabeth Lienert, "auch die höfischer Romane, ist kaum exaktes Zitieren, sondern lockere Bezugnahme auf Texte, Texttraditionen, Gattungen, literarisches Hintergrundwissen". Merkwürdigerweise hat es trotzdem im Mittelalter keine Urheberrechtsprozesse gegeben.
Als Hintergrund der Übersetzungen Elisabeths von Nassau-Saarbrücken wird in der Forschungsliteratur unseres Jahrhunderts wiederholt eine kulturelle Bewegung namhaft gemacht, die man mit den Begriffen ,Ritterrenaissance' oder "Ritterromantik" belegt. So spricht beispielsweise Wolfgang Haubrichs von der "aufkomrnenden Ritterrenaissance Frankreichs und Burgunds [ ... ], wo man Motive aus ,Perceval' in prunkvolle, als Palastschmuck gedachte Teppiche webte". Einen Versuch, die Werke Elisabeths in einen grösseren europäischen Zusammenhang einzuordnen, hat Josef Strelka in seiner ungedruckt gebliebenen Wiener Dissertation von 1950 unternommen: "Feudalromantische Strömungen in der Renaissancedichtung und ihre Entwicklung".
Kann gutes Latein in einem Bewerbungsgespräch von Vorteil sein? Folgt man der Argumentation eines im Herbst 1501 vor der Tübinger Universitätsöffentlichkeit aufgeführten Dialogs, so wird man diese Frage ohne weiteres bejahen müssen. Im vierten Akt tritt ein Hofbeamter des Königs - gemeint ist Maximilian I. - auf, der als Antwort eine kleine Geschichte erzählt. In Innsbruck wandte sich ein ansonsten durchaus gebildeter Mann an Kardinal Peraudi, Botschafter des Papstes im Reich, um sich um eine geistliche Stelle, eine Pfründe, zu bewerben. Er hatte kaum die Anrede in holprigem Latein gestottert, als ihm der Angesprochene auch schon bedeutete, er solle wegtreten. Der Bittsteller lief rot an und wurde fortan am Hof nicht mehr gesehen.
Aus der Überlieferung der Werke des Mönchs Thomas Finck ergeben sich die Jahre 1489 und 1507 als Eckdaten seiner derzeit bekannten Lebenszeugnisse. Nach Ausweis des Cgm 6940 beendete Thomas Finck, der sich als Bruder des Benediktinerordens bezeichnet, am 8. Juli 1489 im Benediktinerkloster Elchingen die Übertragung der pseudothomasischen Schrift 'De beatitudine'. Der nur in der Karlsruher Handschrift St. Georgen 84 (möglicherweise ein Konzeptautograph) überlieferten Vorrede und Datierung seines Traktats 'Von den sieben Tagzeiten' ist zu entnehmen, daß er, der sich wiederum Bruder Thomas Finck nennt, ihn außerhalb seines Klosters Blaubeuren (f. 2V) in der Abtei Lorch seines Ordens vollendet hat, und zwar am 18. Juni 1493 (f. 44r). Er widmet ihn aus Dankbarkeit der Meisterin Helena von Hürnheim des Benediktinerinnenklosters Urspring. In das achte Jahr sei er oft zu ihr den kurzen Weg von Blaubeuren bis Urspring gegangen (f. 2V), Er dürfte demnach 1485 oder 1486 in Blaubeuren eingetreten sein. Nachdem ihn seine Schriften als Seelsorger zeigen, war er sicher Priestermönch und nicht etwa Laienbruder.
Spätestens seit den gesellschaftlichen Modernisierungsschüben in den sechziger Jahren identifiziert auch die Germanistik Erkenntnis- und Wissenszuwachs, ja allgemeiner den "Fortschritt" ihres Fachs, mit Komplexitätserhöhung. Vor diesem Hintergrund erscheint es mir wenig plausibel, die seitdem erfolgten inneren Ausdifferenzierungen und interdisziplinären Grenzüberschreitungen als durch Identitätsverlust, Zerstreuung und Desintegration gekennzeichnete Niedergangsszenarien zu beschreiben. Die Veränderungen gehorchen der immanenten Logik germanistischer Forschung, einer "disziplinierten", auf Leistung ausgerichteten, an kooperativen Großforschungsvorhaben partizipierenden Wissensproduktion.
Alles nach Plan, alles im Griff : der diskursive Raum der DDR-Literatur in den Fünfziger Jahren
(2004)
Die DDR-Literatur gehört nicht mehr zu den bevorzugten Forschungsgebieten der Literaturwissenschaft. Die letzte umfassende Darstellung erschien 1996. Die Auslandsgermanistik allerdings ist von einem anhaltenden Interesse gekennzeichnet. Nahezu vergessen scheinen die fünfziger Jahre. Die folgenden Überlegungen möchten die These ins Spiel bringen, dass dies nicht zufällig so ist. Obwohl noch Ende der siebziger Jahre emphatisch von der Herausbildung einer sozialistischen Nationalliteratur gesprochen wurde, ist heute abzusehen, dass kein einziges Werk der DDR-Literatur aus den Fünfzigern in den Kanon der deutschen Nachkriegsliteratur eingehen wird, sieht man von Uwe Johnsons Roman "Mutmaßungen über Jakob" ab, der zwar in der DDR geschrieben wird, jedoch 1959 in der Bundesrepublik erscheint. Man muss ohnehin fast immer die Fernleihe des Bibliothekenverbunds bemühen, um diese Werke überhaupt noch in die Hand zu bekommen.
In Rückblicken auf die Germanistik der sechziger und siebziger Jahre des vorigen Jahrhunderts, in denen das Fach expandierte und so viele Studierende anzog wie kein anderes geisteswissenschaftliches, ist dennoch meist von "Krise" die Rede. Von der Bildungsöffentlichkeit wurde die Germanistik und das von ihr verbreitete Wissen als antiquiert wahrgenommen und mit einem Verfallsstempel versehen. Nicht nur der von der Literaturwissenschaft favorisierte Kanon literarischer Werke geriet in die Kritik, sondern ebenso das als gesichert geltende Fachwissen. Der Germanistik gegenüber wurden die Vorwürfe erhoben, eine Disziplin ohne ein Objekt im Sinne moderner Wissenschaft zu sein, das Wissen anderer Fächer nicht zur Kenntnis zu nehmen und die zeitgenössische Literatur zu ignorieren. Das Fach wurde so weit destabilisiert, dass seine Einheit zu zerbrechen drohte.
Der bürgerliche Kalender des 19. Jahrhunderts schafft eine eigene Zeitordnung. Wer 25 Jahre sein Unternehmen durch den Zeitenwechsel bringt, darf diesen Zeitraum mit goldenem Lorbeer umrahmen, ebenso derjenige, der dem Staat als Beamter ein Vierteljahrhunderts gedient hat. Eine goldene Uhr wird ihn fortan daran erinnern. Für die Ehe gleicher Dauer muß man sich mit Silber begnügen, das Goldene Zeitalter beginnt in diesem Fall erst nach fünfzig Jahren. Nicht nur das Ereignis, auch der Zeitraum selbst wird, skaliert von 25 bis 1000, kulturell erinnerungswürdig und -fähig. Wer die Jahre zählt, läßt die Verbindung zum Vergangenen nicht abreißen. Vergangenheit erhält ihren Ort und ihren Tag im Alltag der Gegenwart. Die Erinnerung der Individuen wird an Jubel- und Gedenktagen durch ein kollektives Gedächtnis abgelöst. Der 1. Mai z.B will an etwas erinnern und läßt sich dennoch auf kein ursprüngliches Ereignis zurückführen. ‘Denkmal’ kann im 19. Jahrhundert fast alles werden, nicht nur Gebilde aus Stein und Bronze, auch Profanes wie Bierkrüge, Gläser, Teller, Zigarrenkisten, Hüte: das kollektive Gedächtnis muß an ihnen nur ausreichende Flächenhaftung finden oder sich eingravieren lassen.
Wie, so frage ich, soll man als Literaturhistoriker noch über Martin Walser schreiben, ohne unter Verdacht zu geraten, ihn für seine Friedenspreis-Rede mit einem Angriff auf sein literarisches Werk abzustrafen? Auf den Knien, wie Frank Schirrmacher oder auf dem Bauch, wie Franziska Augstein ? Muß man "zittern" wie der Geehrte, wenn nüchterne Analyse und nicht Huldigung das Ziel ist? Wird man zu den "Überführungsexperten (...) auf der Suche nach jenem letzten, allen Verdacht bestätigenden Beweis" gezählt, wenn man sich auf die philologische Suche nach den Quellen der Frankfurter Rede begibt?
In den neueren literaturtheoretischen Diskussionen wird die Arbeit des Interpretierens, zumal wenn es in kritischer oder ideologiekritischer Absicht erfolgt, radikal in Frage gestellt. Es scheint, als hätte die Literaturwissenschaft die von Susan Sontag vor nun fast dreißig Jahren in ihrem Essay Against Interpretation vorgeschlagene "Erotik der Kunst" zu guterletzt noch ernst genommen und zur Sündhaftigkeit gesteigert. Das wäre doch zu viel des Sinnlichen für Germanistik-Seminare. Zwar hat die Philologie seitdem bisweilen den Tugendpfad der Hermeneutik verlassen und sich auf textlinguistische, diskursanalytische oder systemtheoretische Pfade begeben, jedoch verbürgtermaßen niemals aus Lust am Text. Trotzdem wächst die Kritik an der unermüdlichen, manchmal schwerfälligen und oft mühseligen Arbeit der Interpretation, mehren sich die Stimmen, die das Objekt des sündhaften Begehrens, sie Literatur, vor den Interpreten schützen wollen. Und zunehmend sind es grundsätzliche, das theoretische Verständnis von Autor und Werk betreffende Einwände, die laut werden.
Schreiber schreiben, Leser lesen. Leser schreiben, Schreiber lesen. Schreiber schreiben, Leserinnen lesen. Dichter schreiben, Literaturwissenschaftler lesen. Dichterinnen schreiben, Literaturwissenschaftlerinnen lesen. Literaturwissenschaftler schreiben, Dichterinnen lesen... Es ist ein fast unendliches Spiel der Permutationen, das man über Hunderte und vielleicht Tausende von Jahren, als ein immer weiter sich differenzierendes, nachspielen kann.
Die vorliegende Ergänzung für den Berichtszeitraum 1980-1997 bezieht sich auf die Bibliographie zu Wernher der Gartenaere. Berlin: Erich Schmidt Verlag 1981 (= Bibliographien zur deutschen Literatur des Mittelalters. Hrsg. von Ulrich Pretzel und Wolfgang Bachofer. Heft 8), die noch lieferbar ist (ISBN 3-503-01658-9). Korrekturen und Ergänzungen (z.B. Neuauflagen) zu den Titelaufnahmen der Publikation von 1981 sind mit der dort vergebenen laufenden Nummer der Bibliographie (Nr. 1-450) ausgewiesen. Für die Nachträge (auch für neugefundene Titel aus der Zeit vor 1981) wurde die Bezifferung mit der Nummer 1001 neu begonnen.
Im elften Buch seines Adelsspiegels (1591) kommt Cyriacus Spangenberg der Wigalois des Wirnt von Grafenberg in den Sinn, weil darin etlicher Ritter von der Tafelrunde gedacht werde, insbesondere des Herren Gwy von Galois, "sonst Ritter Wiglois vom Rade genandt", und eines "Grauen Hoiers von Manßfeldt des roten". Das alte Buch, das einst Herzog Albrecht von Braunschweig in Auftrag gegeben hatte, habe er von einer adeligen Witwe erhalten, später aber an die Grafen von Mansfeld weitergegeben, die sich sehr für die Rolle ihres Vorfahren in diesem Roman interessiert gezeigt hätten.
In Vorbereitung der zweisprachigen Ausgabe (Wirnt von Grafenberg: Wigalois. Text der Ausgabe von J.M.N. KAPTEYN. Übersetzt und kommentiert von SABINE u. ULRICH SEELBACH. Berlin: de Gruyter) und einer Monographie zum Wigalois und zu den "Gawaniden"-Romanen entstand das Verzeichnis der handschriftlichen Überlieferung und die Bibliographie der Forschungsliteratur zu einem noch immer nicht zureichend erschlossenen Autor aus der Zeit der höfischen Klassik. Aus Umfangsgründen kann in den beiden genannten Büchern nur eine Auswahl von bibliographischen Nachweisen geboten werden. Die Herausgeber der Zeitschrift Perspicuitas waren so freundlich, die vollständige Bibliographie gesondert zu publizieren. Im Anhang sind einige Editionen und weiterführende Literatur zu den verwandten Werken der europäischen Artusepik vom Typus des "Schönen Unbekannten" aufgeführt -- von uns werden diese Gestaltungen als "Gawaniden-Romane" bezeichnet, da fast stets ein Sohn, Bruder oder Neffe des Artusritters Gawan die jeweilige Heldenrolle übernimmt. Eine ausführliche Würdigung und eine Einordnung dieses weitverbreiteten, nicht-chretienschen Musters des Artusromans wird in der oben erwähnten Monographie zu finden sein.
Mit 457 Codices zählt Gießen zu den Standorten, die einen mittelgroßen Bestand an mittelalterlichen Handschriften vorweisen können. Es gibt allerdings zwei Besonderheiten, die die Handschriftenabteilung der Gießener Universitätsbibliothek gegenüber vergleichbaren Sammlungen auszeichnen: Das ist zum einen die so gut wie geschlossen überlieferte spätmittelalterliche Bibliothek der Fraterherren oder Brüder vom Gemeinsamen Leben zu Butzbach, die 1771 auf Befehl Landgraf Ludwigs IX. von Hessen-Darmstadt der Universitätsbibliothek Gießen übergeben wurde. Die intensivere Beschäftigung mit und die sorgfältige Arbeit an den Texten wird erst jetzt umfassend möglich. Die 221 Handschriften (von den ebenfalls an die Universitätsbibliothek gelangten Wiegendrucken soll hier nicht die Rede sein) sind durch moderne Kataloge (verfasst von Wolfgang Georg Bayerer und Joachim Ott) seit 2004 in Gänze erschlossen. Zum anderen ist es der hohe Anteil von fast einem Drittel (genauer 137) volkssprachiger Handschriften, die das weltweite Interesse der germanistischen Mediävistik, Rechtsgeschichte und Spätmittelalter-Geschichtsschreibung am Standort Gießen geweckt haben.
Die unten folgende Stellungnahme wurde dem Herausgeber der Zeitschrift für deutsches Altertum und deutsche Literatur angeboten, um eine Reihe von gravierenden Missverständnissen eines Rezensenten (Jürgen Schulz-Grobert) auszuräumen, die dieser in seiner Besprechung des zweiten Bandes der Sämtlichen Werke Johann Fischarts der Fachwelt gegenüber erkennen ließ. Der Herausgeber der Zeitschrift verweigerte sich einer Diskussion und lehnte den Abdruck unserer Entgegnung ab. Dies ist umso bedauerlicher, als uns der Rezensent den Vorwurf gemacht hat, unsere "Diskussionsbereitschaft [...] [sei] auch in anderen entscheidenden Fragen ausgesprochen begrenzt", was immer er damit meint.
Über Maximilians I. "Ambraser Heldenbuch" (AH) ist eine Fülle von Spezialliteratur erschienen, die, rechnet man die überlieferungsgeschichtliche und textkritische Literatur einzelner Texte hinzu, fast einen eigenen Forschungsbericht verlangte. [...] Völlig unbefriedigend sind die bisherigen Erklärungsversuche zur Vorlagenproblematik. Hat es tatsächlich ein dem AH bis in Einzelheiten vergleiehbares Sammelwerk - das "Heldenbuch an der Etsch" - gegeben oder sind verschiedene Sammel- bzw. Einzelvorlagen Ried zur Abschrift vorgelegt worden? Wie alt waren diese Vorlagen, woher stammen sie und warum wurden alle Vorlagen - bis auf ein Fragment des Nibelungenliedes - vernichtet?
Der Impurismus ist eine literarische Strömung, die durch Jahrtausende geht, ein geistreiches, planvolles Spiel zur Produktion von hermetischer Literatur über ein tabuisiertes Thema (Sex). Zu dieser "littérature impure" gehört ein Geheimnis aus dem Urwissen der ältesten Kulturen, aus einer Zeit, in der Philosophie, Theologie und Kosmologie noch eins waren. Das alte Wissen wurde in den Bereichen konserviert, die bis heute von der konventionellen Wissenschaft als "esoterisch" ausgegrenzt werden (Astrologie, Kabbala, Tarot). Viele Autoren aber verschlüsseln ihre Texte mit der alten Lehre und verstecken sie hinter einer religiösen, spielerisch-humoristischen oder sozialkritisch engagierten Maske. Deshalb bleiben viele Texte trotz Interpretation hermetisch, besonders solche in der "Weltsprache der modernen Poesie" (Enzensberger). Eine neue Methode der literarischen Analyse (mit 57 Varianten der planvollen Verfremdung von Wörtern) kann die impuristische Literatur dekodieren. Dazu gehört als Raumordnung das alte "Weltbild der Windmühle". Dieses Literaturspiel wird als sublime Kulturtätigkeit aufgedeckt. Die Einzelseiten dieser Homepage können nur einige Einblicke in schwierige Zusammenhänge geben, die im langsamen Vortrag des Buches leichter zu verstehen sind. Auf beiden Wegen muß man sich Zeit nehmen und am besten einen philosophischen Wissenshunger mitbringen.
Gegenstand der vorliegenden Arbeit sind die vor dem Zweiten Weltkrieg auf dem Gelände des Flottenkastells Alteburg in Köln-Marienburg gefundenen gestempelten Sigillaten, die im Römisch-Germanischen Museum (vormals Museum Wallraf-Richartz) in Köln inventansiert wurden. Obwohl das Fundmaterial durch einen Bombenangriff im Zweiten Weltkrieg stark in Mitleidenschaft gezogen wurde, sind von den 590 in den Inventarbüchern verzeichneten Töpferstempeln heute noch 245 erhalten. Weitere 165 Inventarbucheinträge sowie sieben durch Bleistiftzeichnungen erhaltene Stempelfaksimiles erlauben sichere Rückschlüsse auf Lesung sowie gegebenenfalls Herkunft und Datierung der heute verschollenen Stücke. Bedingt durch die Grabungsmethoden im 19. und beginnenden 20. Jahrhundert und aufgrund der Kriegsschäden im Bereich der Grabungsdokumentation können die Stempel heute in der Regel weder einzelnen Befunden noch Phasen zugeordnet werden, sondern müssen als Gesamtheit betrachtet werden. Trotz der folglich sehr eingeschränkten Auswertungsmöglichkeiten in Bezug auf die Geschichte des Flottenkastells dürfen die Stempel der Altgrabungen allein schon auf grund ihrer Menge nicht vernachlässigt werden: Neben den 1906 von Hagen veröffentlichten 62 Stempeln sind weitere 379 Stücke aus neueren Grabungen bekannt, so daß die hier vorgelegten 417 verwertbaren Stempel bzw. Inventarbucheinträge der Altgrabungen fast die Hälfte des bekannten Materials stellen. Ein Hauptanliegen der Arbeit ist die Darstellung, Töpferzuordnung, Herkunftsbestimmung und vor allem die möglichst gen aue zeitliche Einordnung der Sigillatastempel, die in erster Linie auf dem Vergleich mit Parallelfunden an datierten Fundplätzen beruht. Darüber hinaus sollen bei einer Auswertung des Gesamtmaterials Aussagen zur zeitlichen Verteilung der gestempelten Sigillata, zu den Anteilen verschiedener Produktionszentren und zur Häufigkeit einzelner Töpfer getroffen werden. Ein Vergleich mit der gestempelten glatten Sigillata weiterer Militärstarionen in Niedergermanien (Asciburgium, Neuss, Vechten) sollldären, ob die Zusammensetzung des Stempelmaterials den Spektren anderer vergleichbarer Fundplätze entspricht.
Unter Syntaktikern besteht generell die Tendenz, im Deutschen die Freiheit bezüglich der Positionierung der Adverbiale sogar für noch größer zu halten als die Freiheit der Positionierung der Argumente. Wie die Stellungsfreiheit der Argumente im Mittelfeld eines deutschen Satzes theoretisch zu erfassen sei, wird seit langer Zeit kontrovers diskutiert. Die Hauptfrage dreht sich darum, ob alle Serialisierungen der Argumente basisgeneriert sind oder ob es eine ausgezeichnete Serialisierung der Argumente, eine sogenannte Grundabfolge, gibt, aus der sämtliche anderen Aktantenserialisierungen durch eine Ableitungsoperation bzw. Bewegung zu gewinnen sind. Diese grundsätzlichen Fragen stellen sich auch bezüglich der Positionierungsmöglichkeiten der Adverbiale, auch wenn sie hierfür bei weitem nicht so häufig gestellt und diskutiert wurden.
Woher kommt das neuerwachte Interesse an Sprachrichtigkeit? Woher kommt die ausgeprägte sprachliche Unsicherheit, die auch bei vielen hochgebildeten Menschen den Wunsch entstehen lässt, von Sprachpflegern über ihr Ureigenstes, nämlich ihre Muttersprache, belehrt zu werden? Obwohl Antworten auf diese Fragen letztlich spekulativ bleiben, wage ich doch die These, dass eine Ursache hierfür die Rechtschreibreform ist, die von einem Großteil der Bevölkerung nach wie vor nicht angenommen wird, die insgesamt weder zur Vereinfachung noch zu einer höheren Einheitlichkeit geführt hat; die aber andererseits ein öffentliches Nachdenken und Diskutieren über Sprachrichtigkeit in Gang setzte. – Jedenfalls ist die Verunsicherung ein Faktum, das von Linguisten nicht ignoriert werden sollte.
Ausgangspunkt: Die Kritik am "Zwei-Welten-Modell": Die grundlegende linguistische Unterscheidung zwischen "Sprache" und "Sprechen" ist im Rahmen der neueren Debatten um Sprachmedialität wieder verstärkt thematisiert und kritisiert worden. Lässt sich dieses schulbildende, in der Linguistik geradezu eherne Begriffspaar überhaupt noch sinnvollerweise aufrechterhalten? Oder muss es mindestens umdefiniert, vielleicht sogar gänzlich verworfen werden? Hat sich insbesondere die auf Chomsky zurückgehende Unterscheidung von Sprachkompetenz und -performanz nicht von selbst ad absurdum geführt, nachdem der linguistische Kognitivismus chomskyscher Provenienz Sprache als lebendiges Phänomen, als Medium menschlicher Kommunikation, vollständig aus dem Blick verloren hat? Führt nicht schon die scheinbar harmlose linguistische Differenzierung zwischen einer Sprachregel und ihrer Anwendung zu einer irreführenden und unangemessenen Verdinglichung von Sprache? ...
Das Spiel ist aus
(2007)
Dieser bekannte Titel (ein Drama von Sartre / ein Gedicht von Bachmann) soll hier mit neuem Inhalt gefüllt werden, zunächst mit "Impurismus" als einer spielerischen Verschlüsselung von Literatur, dann mit Hinweisen auf das planmäßige Verdummungsspiel, das die Eingeweihten mit ihren an Kunst interessierten Mitbürgern treiben.
Bisherige Untersuchungen über die Religiosität des Dichters Rainer Maria Rilke zeigen zwei stark divergierende Ergebnisse: Während der Religionspädagoge Anton Bucher auf der Basis einer strukturgenetischen Analyse Rilkescher Schriften zu dem Schluss kommt, Rilke sei eine sehr reife religiöse Persönlichkeit gewesen, sieht der Literaturwissenschaftler Eudo C. Mason, der mit psychodynamischen Kriterien arbeitet, in Rilke einen reinen Narzissten und Atheisten. Die folgende Untersuchung vergleicht diese beiden Zugänge und versucht, eine Brücke zu schlagen zwischen dem "religiös reifen Rilke" und dem "atheistisch-narzisstischen Rilke".
Spruchweisheit der Haya
(1968)
Frau Anna Rascher war vor dem ersten Weltkrieg im Dienste der Bethel-Mission in Ruanda (Ostafrika) tätig und kehrte später wieder nach Afrika zurück, wo sie unter den Haya am Victoriasee arbeitete. Sie hat sich besonders mit der Sprache dieses Volkes befaßt und eine Reihe bisher nicht veröffentlichter Studien über das Haya geschrieben. Ihr "Leitfaden zum Erlernen des Ruhaya" (140 S., vervielfältigt durch Missionar Theophil Hopf) ist 1955 in Bethel erschienen. Die vorliegenden von ihr zusammengestellten Sprichwörter wurden seinerzeit am Seminar für Afrikanische Sprachen der Universität Hamburg druckfertig gemacht. Erklärungen sind von der Übersetzung durch einen Gedankenstrich getrennt. Die Übersetzung ist bisweilen sehr frei und will mehr den Sinn des Sprichworts erfassen als eine wortgetreue Wiedergabe sein. Ernst Dammann
Die vorliegende Veröffentlichung umfasst zwei Grundbausteine. Zum einen die offizielle Rote Liste mit Nennung der Gefährdungskategorien, zum anderen ein revidiertes systematisches Gesamtartenverzeichnis der Mollusken Baden-Württembergs. Die Rote Liste dient zum schnellen Feststellen der jeweiligen Gefährdungskategorien der einzelnen Arten in Baden-Württemberg und ist wie üblich alphabetisch nach Gattungen geordnet. Sehr großer Wert wurde auf die sorgfältige Analyse der Ergebnisse gelegt (Kapitel 7). Das Gesamtartenverzeichnis dient der aktuellen systematischen Einordnung aller Arten, weshalb hier die Taxa im Kontext des wissenschaftlichen Systems der Mollusken aufgeführt werden. Im systematischen Artenverzeichnis soll der momentane Kenntnisstand über die Mollusken Baden-Württembergs in knapper Darstellung zum Ausdruck kommen. Hier sind auch die bekannten Unterarten aufgeführt und es werden zusätzliche Informationen zum Verbreitungstyp, zur Verbreitung (Vorkommen in den Naturräumen 3. Ordnung) sowie zur Ökologie (Zuordnung einzelner Arten zu bestimmten Biotoptypen) gegeben. Mit diesen Zusatzinformationen werden Rote Listen und Artenverzeichnisse zu Gradmessern der Biodiversitätsforschung. In über 130 ‚Anmerkungen‘ werden die entsprechenden Angaben zur Systematik, Verbreitung und Ökologie präzisiert und es wird auf die hierfür zu Grunde liegende Literatur verwiesen. Alle Angaben der Roten Liste sind auch im ausführlichen systematischen Artenverzeichnis enthalten. In beiden Listen sind die Arten mit ihrer laufenden Nummer aufgeführt. Damit ist ein problemloser Wechsel von der Roten Liste zu den Angaben im systematischen Artenverzeichnis gewährleistet. Der Forschungsstand findet sich vielfach in der historischen Literatur, die deshalb eine sorgfältige und kritische Berücksichtigung erfuhr (siehe Anmerkungen und Literaturverzeichnis). Einen unschätzbaren Wert haben in diesem Zusammenhang die zahlreichen Veröffentlichungen David Geyer‘s, die den Beginn der modernen Regionalfaunisik in Baden-Württemberg kennzeichnen. Ein eigenes Kapitel zur Forschungsgeschichte hätte jedoch den vorgegebenen Rahmen dieser Arbeit gesprengt.
Propagandafilme der NSDAP
(2005)
Dass dokumentarische Filme auch Propagandazwecken dienen können, war in den 20er und 30er Jahren international akzeptierter Konsens. Der nationalsozialistische Propagandafilm war, so gesehen, keine ausgesprochene dokumentarische Entgleisung. Wie die nationalsozialistische Partei und später der NS-Staat den Dokumentarfilm nutzten, um ihre Ideologie und Ziele zu verbreiten, untersucht Peter Zimmermann in diesem Beitrag. Er behandelt den nationalsozialistischen Propagandafilm von den Anfängen der Wahlwerbung über die Parteitagsfilme bis zur Verbreitung der arischen Rassenideologie. Besonderes Augenmerk legt er auf die Ästhetik der Riefenstahl-Filme mit ihrer idealisierenden Verklärung Hitlers und der NSDAP und auf die filmische Konstruktion von Feindbildern wie in Hipplers Propagandafilm "Der ewige Jude". Die einzelnen Kapitel sind Auszüge aus Band 3 des Sammelwerks "Geschichte des dokumentarischen Films in Deutschland".
Der Aufsatz "Zwischen Sachlichkeit, Idylle und Propaganda. Der Kulturfilm im Dritten Reich" von Peter Zimmermann beschäftigt sich mit der Nazi-Propaganda in den Filmen des Dritten Reiches. Dabei analysiert er typische Kulturfilme dieser Zeit und stellt die These auf, dass der Kulturfilm des Dritten Reichs vielfältiger, widersprüchlicher und in weiten Teilen weniger propagandistisch gewesen zu sein scheint, als es das kritische Stereotyp wahrhaben möchte.