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Nach strukturalistischen Theorien sind Detektiverzählungen allererst durch die Rekonstruktion des vor Beginn des 'discours' angesiedelten 'Vor-Falls' motiviert. Damit wird die Detektiverzählung nicht nur zu einer Meta-Erzählung über Erzählungen - "its classical structure a laying-bare of the structure of all narrative in that it dramatizes the role of 'sjužet' and 'fabula' and the nature of their relation" -, sie ist strukturell auch an ein spezifisches Zeichenverständnis gekoppelt, das für Detektiverzählungen konstitutiv ist und von Carlo Ginzburg als "Indizienparadigma" betitelt worden ist. Im Kern dieses Paradigmas steht die Annahme der Existenz "eines tiefen Zusammenhangs, der die Phänomene der Oberfläche erklärt", wobei dieser Zusammenhang "undurchsichtig" sei und nicht direkt erkannt werden könne. Mit dem Indizienparadigma, dessen Siegeszug zum Ende des 19. Jahrhunderts Ginzburg im synchronen Querschnitt anhand der Kunstgeschichte, Freuds Psychoanalyse und dem Detektivroman nachzeichnet, kommt nun ausgerechnet dem Wertlosen und Nebensächlichen ein gesteigertes Erkenntnispotential zu: Erst diese "unendlich feine[n] Spuren" erlauben es, die "tiefere, sonst nicht erreichbare Realität einzufangen." Dabei betont auch Ginzburg, dass dieses epistemologische Modell auf der paradigmatischen Selektion und der syntagmatischen Kombination basiert, die er mit Metapher und Metonymie identifiziert. In dieser weiten Konzeption, der hier gefolgt wird, werden die beiden ursprünglich rhetorischen Figuren zu Denkfiguren, die für das Funktionieren von Detektivromanen grundlegend sind. Und genau darum soll es in diesem Aufsatz gehen: Gegenübergestellt werden zwei Detektivromane, die die Metapher (Thomas Pynchons "The Crying of Lot 49") und Metonymie (Wolf Haas' "Komm, süßer Tod") in komplementärer Weise zum zentralen Strukturelement ihrer Geschichte erheben. Im Ergebnis entfaltet in beiden Romanen ein pathologisches Schreib- und Erkenntnismodell seine Kraft, das das Zeichenverständnis im klassischen Detektivroman fundamental in Frage stellt.
Am Ende der 1990er Jahre konnte man durch die Analyse der Metaphern der Alltagssprache schon sehen, "in welche Richtung" man rannte: Und heute leben wir in einer (globalen) Gesellschaft, in der jede Handlung und jeder Lebensbereich unseres Lebens als verwirtschaftet und auf Wettbewerb ausgerichtet ist. Aber all das war schon "geschrieben" und enthalten in den Bildern und der Sprache der Zeit: Es musste nur "gelesen" werden. Wenn wir auf die etymologischen Wurzeln des Wortes Kompetition achten (vom Lateinischen cum petere: cum = mit, zusammen, petere = zusteuern auf; das Wort bedeutet also zusammen gehen, übereinstimmen, sich treffen, zusammen Fragen stellen), müssen wir uns eingestehen, dass das Konzept des Wettbewerbs, der in Europa sehr stark gefördert wurde, im Gegensatz zur Begünstigung der Kooperation im Erlangen von Verständnis und individueller Fähigkeit zum Zwecke der Verbesserung der Lebensqualität, des Teilens von Gewinnen und des kulturellen Wachstums, eher die Angriffslust, die Notwendigkeit des Erfolgs, der Verwirklichung und des Besitzes bevorteilt hat. Schlussendlich hat sich der Umgang mit der Gegensätzlichkeit, die der Wettbewerb aufzeigt, zugespitzt mit einer Verschärfung der Dynamik zur Erlangung der Vormachtstellung.
Das Unsichtbare in der Schrift : magische Texttheorie im Paracelsus-Diskurs der Frühen Neuzeit
(2005)
Die Metapher des "velum" nimmt ihren Ursprung in der antiken Texttheorie - und hat auch in der Sprachverwendung der natürlichen Magie ihren festen Platz. Paracelsus', Böhmes und Weigels Gedankenfigur von dem "velum" über den "mysteria" findet ihre - teilweise wortgleiche - Entsprechung in der Mythentheorie Bacons [...] und in der frühen Naturalmagie selbst.
[...] Halten wir [...] als Arbeitshypothese fest, dass Jean Paul in seinem zweiten bürgerlichen Roman nach dem "Siebenkäs" einerseits den Gedanken der psychischen Doppelgängerschaft fortschreibt, ihm aber andererseits über die Zwillingsmetapher eine neue, hereditäre und generative Dimension verleiht.
Auch wenn das auf den ersten Blick kontraintuitiv erscheint, steht diese Veränderung, wie sich herausstellen wird, für eine größere und größer werdende Unähnlichkeit zwischen den beiden Helden. Der gleitende Wechsel der Metaphern markiert also einen sich schon im "Siebenkäs" abzeichnenden, in den "Flegeljahren" jedoch verstärkt fortgesetzten Entfremdungsprozess der für
die bürgerlichen Romane konstitutiven Doppel-Protagonisten.
Der vorliegende Beitrag fokussiert sich auf die Widerspiegelung der Konzeptualisierung der Emotion "Ärger" in bildlichen Ausdrücken (Metaphern und Metonymien) des Deutschen. Nach einer Einführung in das Forschungsthema "Sprache und Emotionen" aus linguistischer sowie emotionspsychologischer Perspektive und der Klärung des dem Beitrag zugrundeliegenden Metaphernverständnisses wird auf die Frage eingegangen, wie ausgewählte Aspekte der Emotion "Ärger" im Deutschen versprachlicht werden, welche Rolle dabei Metaphern bzw. Metonymien spielen und um welche konkreten Metaphern und Metonymien es sich bei den einzelnen Aspekten handelt.
The cognitive framework seems to comply with the need of interdisciplinary outlook on the issue of emotions, as it itself draws upon findings of psychological, anthropological and philosophical research. Along with undertaking further studies on the conceptualization of emotions in different languages, from the detailed analysis of the repertoire of linguistic means used for talking about emotions to investigation into tendencies to use metaphors or metonymies to talk about emotions, some broader conclusions could be drawn. The greatest challenge seems to be establishing whether there are any cultural (social, economical, conventional, political, religious) conditions that may influence the relevant changes in conceptualizing emotions in different languages and whether it is possible to point to any laws or regularities that would govern these changes.
Von Glaubenskämpfen und Himmelfahrtskommandos : Metaphorik im deutschen Mediendiskurs zur Inklusion
(2016)
Das traditionelle deutsche Schulsystem ist durch seinen hohen Grad an Selektivität gekennzeichnet. Dennoch hat sich Deutschland im Jahr 2008 zu einem inklusiven Bildungssystem verpflichtet. Diese Entscheidung führte zu einer kontroversen Diskussion in den Medien, die bis heute anhält. Aus Sicht der Kognitiven Linguistik (KL) lässt sich in dieser Mediendebatte ein beträchtlicher Gebrauch von Kriegs- und Religionsmetaphern konstatieren. Im Rahmen einer Kritischen Diskursanalyse (KDA) werden in dem vorliegenden Artikel diese metaphorischen Phänomene auf Basis der Theorie der Konzeptuellen Integration analysiert. Das Korpus setzt sich aus Artikeln zusammen, die zwischen 2011 und 2015 in vier Online-Zeitungen nationaler Bedeutung veröffentlicht wurden.
Musils Drama "Die Schwärmer" ist in der Forschung bisher vergleichsweise stiefmütterlich behandelt worden. Diese Tatsache ist erstaunlich, da Musil es selbst als sein "Hauptwerk" bezeichnet hat. Für das Drama wurde ihm außerdem auf Vorschlag von Alfred Döblin der Kleist-Preis zuerkannt und anspruchsvolle Literaturkritiker besprachen es lobend nach seiner Erstaufführung im Berliner "Theater der Stadt". Freilich düpiert das Drama zunächst die Erwartung an die gattungstypische Handlungsorientierung.
Statt dessen finden sich ausgedehnte philosophische Diskussionen über die Bedingungen von Erkenntnis, über Partnerschaften und über Fragen der Lebensführung. Bianca Cetti Marinoni hat gezeigt, wie wichtig die gedanklich-konzeptionelle Arbeit auch für die Entstehung des Stückes war und es deshalb als "essayistisch" bezeichnet. Erschwerend kommt hinzu, daß die Verhandlungen zwischen den Figuren in einer äußerst dichten Sprache gestaltet sind, in die zahlreiche Metaphern und Vergleiche eingeflochten sind.
War and death in business : some remarks on the nature of conceptualisation in the field economy
(2005)
Dieser Beitrag möchte einerseits darstellen, wie im Gegenwartsdeutschen mit der konzeptuellen Domäne 'Spiel' Welt metaphorisch modelliert wird. Den Ausgangspunkt der Analysemethode bilden dabei die Theorie der konzeptuellen Metapher von Lakoff/Johnson (1980/2003) und deren Modifizierung um 'abstrakte Subkonzepte' (Baldauf, 1997, 2000). Anhand der Ergebnisse der Untersuchung soll andererseits auch gezeigt werden, inwiefern es sich bei der Spielmetaphorik in der deutschen Gegenwartssprache um kein peripheres, sondern ein zentrales Phänomen handelt, das die Wahrnehmung der Welt und die 'Sicht der Dinge' maßgeblich prägt.
O modo como a mídia representa migrantes e refugiados desempenha um papel importante na percepção e recepção desse grupo em seu novo país (Ferreira/ Flister, 2019). Este estudo visa a problematizar o olhar da mídia online sobre imigração e refúgio no quadro de uma discussão sobre o tema a partir de uma perspectiva teórica da linguística cognitiva, por meio da análise de metáforas conceituais utilizadas por dois jornais online (um brasileiro e outro alemão) em torno da conceitualização do termo 'refúgio' ('Flucht' em alemão). Este estudo foi desenvolvido com apoio de metodologia da linguística de corpus. Nosso objetivo é contrastar os usos linguísticos em dois contextos culturais e pragmáticos distintos, i.e. a cultura brasileira e a cultura alemã respectivamente, por meio da análise de mapeamentos metafóricos sobre refúgio e imigração na mídia online através de enquadramentos metafóricos presentes nesses jornais. Algumas questões que pretendemos responder são: Que frames e que metáforas surgem na mídia online brasileira e alemã, a exemplo dos jornais online "Folha de São Paulo" (FSP), no Brasil, e o jornal online "Frankfurter Allgemeine Online" (FaZ) na Alemanha, para representar o conceito refúgio? Quais são suas implicações? Os resultados apontaram o uso de frames e metáforas do domínio experiencial DESASTRES/ FENÔMENOS NATURAIS com conotação negativa como 'ondas de imigração', 'avalanche imigratória', 'Flüchtlingsströme' ('correntes de refugiados') e 'Flüchtlingsbestie' ('monstro refugiado').
Rettungsschirm
(2018)
Macht sich die Zweideutigkeit des "Rettungsschirms" im Deutschen vor allem in Gestalt seiner visuellen und metaphorischen Figurationen bemerkbar, fällt sie im Englischen schon auf wörtlicher Ebene auf. Denn das Englische kennt zwei unterschiedliche Worte für die benannte Sache, sodass der Schirm entweder als 'umbrella' ("Regenschirm") oder als 'parachute' ("Fallschirm") auftreten muss. So finden sich denn auch beide Varianten in der englischsprachigen Berichterstattung über die Eurokrise. Die entsprechenden Formulierungen 'rescue umbrella' oder 'rescue parachute' lassen sich dabei in der Regel als Übersetzungsversuche aus dem Deutschen erkennen. Darüber hinaus finden sich beide Varianten häufig in englischsprachigen Einlassungen deutscher Krisenkommentatoren, die für diese Einrichtung werben oder sie kritisieren wollen. Viele englischsprachige Fachpublikationen, in denen explizit von 'rescue umbrella/parachute' die Rede ist, stammen auch aus der Feder deutscher Autorinnen und Autoren. Dieser Befund lässt die Vermutung zu, dass es sich bei dem Rettungsschirm um eine genuin deutsche Wortschöpfung handeln könnte. Die Vermutung lässt sich durch eine Reihe sprachwissenschaftlicher Untersuchungen bestätigen, die sich mit der Metaphorik der Finanzkrise beschäftigt haben. Das Gesamtbild der unterschiedlich angelegten empirischen Studien lässt recht klar erkennen, dass der Rettungsschirm eine der dominierenden Metaphern im deutschen Krisendiskurs und offenbar auch ein spezifisch deutsches Sprachgebilde ist.
Es gehört zu den Merkwürdigkeiten der Metapher, dass in ihrem Begriff explicans und explicandum untrennbar miteinander verflochten zu sein scheinen. Dass die Definition der Metapher als Übertragung – von Worten, Begriffen oder Eigenschaften – selber metaphorisch bestimmt sei, ist im Zuge der Modernisierung ihrer Theorie oft genug festgestellt worden und "kann mittlerweile als Gemeinplatz gelten". Mit der wiederholten Feststellung verschwindet aber noch nicht die Merkwürdigkeit. Sie verweist allenfalls auf "eine produktive Begriffsstutzigkeit", die sich in dem Diskurs über die Metapher bekundet. Was in seinen paradoxen Konsequenzen am radikalsten wohl von Jacques Derrida formuliert wurde, betrifft nicht nur die Schwierigkeiten einer systematischen Unterscheidung von Begriff und Metapher Das Problem hat auch begriffsgeschichtliche Konsequenzen. Dass nicht nur Begriffe einen historischen Index haben, sondern auch die Erforschung ihrer Geschichte, gehört zu den Grundeinsichten einer sich selbst im Umbruch verstehenden Begriffsgeschichte. So verbindet sich mit ihrer kulturwissenschaftlichen Neuorientierung eine anhaltende Kontroverse über die Frage, wie sich ihre Gegenstände zu jenen einer Diskurs- und Metapherngeschichte verhalten: ob sie sich einander ergänzen, aufheben, unterordnen oder wechselseitig bedingen.
Unterm Rettungsschirm
(2018)
Macht sich die Zweideutigkeit des "Rettungsschirms" im Deutschen vor allem in Gestalt seiner visuellen und metaphorischen Figurationen bemerkbar, fällt sie im Englischen schon auf wörtlicher Ebene auf. Denn das Englische kennt zwei unterschiedliche Worte für die benannte Sache, sodass der Schirm entweder als 'umbrella' ("Regenschirm") oder als 'parachute' ("Fallschirm") auftreten muss. So finden sich denn auch beide Varianten in der englischsprachigen Berichterstattung über die Eurokrise. Die entsprechenden Formulierungen 'rescue umbrella' oder 'rescue parachute' lassen sich dabei in der Regel als Übersetzungsversuche aus dem Deutschen erkennen. Darüber hinaus finden sich beide Varianten häufig in englischsprachigen Einlassungen deutscher Krisenkommentatoren, die für diese Einrichtung werben oder sie kritisieren wollen. Viele englischsprachige Fachpublikationen, in denen explizit von 'rescue umbrella/parachute' die Rede ist, stammen auch aus der Feder deutscher Autorinnen und Autoren. Dieser Befund lässt die Vermutung zu, dass es sich bei dem Rettungsschirm um eine genuin deutsche Wortschöpfung handeln könnte. Die Vermutung lässt sich durch eine Reihe sprachwissenschaftlicher Untersuchungen bestätigen, die sich mit der Metaphorik der Finanzkrise beschäftigt haben. Das Gesamtbild der unterschiedlich angelegten empirischen Studien lässt recht klar erkennen, dass der Rettungsschirm eine der dominierenden Metaphern im deutschen Krisendiskurs und offenbar auch ein spezifisch deutsches Sprachgebilde ist.
Netz / Netzwerk / Vernetzung
(2019)
Netz, Netzwerk und Vernetzung sind zu Schlüsselbegriffen für die Wissensorganisation der Gegenwart geworden. Wir begegnen uns im Netz, sind vom Netz gefangen, abhängig, begeistert und vor allem mit und durch Netzwerke verbunden; wir flirten, streiten, kaufen dort. Unsere Kühlschränke befinden sich in regem Austausch mit unseren Autos, Nachttischlampen, Kaffeemaschinen sowie den Firmen und Regierungen, die sich für diese Datenflut begeistern können. Dass wir vernetzt sind, würde gemeinhin niemand mehr bestreiten. Doch der Hang zur Vernetzung geht über den Cyberspace hinaus. Denn nebenbei betreiben wir fleißig Networking, halten Ausschau nach wertvollen Kontakten, begreifen das Netzwerk als effiziente wie raumrelativierende Kooperationsform und kartographieren komplexe Abläufe mithilfe feingliedriger Netzwerkmodelle. Dieser Umstand hat in den letzten Jahren viele geisteswissenschaftliche Arbeiten zur Reflexion angestoßen. Peter Fritz geht im Folgenden hauptsächlich auf zwei neuere Studien (Alexander Friedrich: Metaphorologie der Vernetzung. Zur Theorie kultureller Leitmetaphern, Paderborn 2015; Sebastian Gießmann: Die Verbundenheit der Dinge. Eine Kulturgeschichte der Netze und Netzwerke, Berlin 2016) ein, die die Dominanz von Netzen und Netzwerken in der Gegenwart als Ausgangsbeobachtung wählen, aber unterschiedlich mit dieser Gegenwartsdiagnose umgehen.
Petra Gehring greift nach einem Ausdruck, der erstens in der Sprache des Faches Philosophie zuweilen in semi-terminologisch wirkender Art und Weise vorkommt, der zweitens, wie man in der Metaphernforschung sagen würde: realsemantisch auf Ingenieurswissen verweist und der drittens auf vielversprechende Weise - was die konkrete Herkunft angeht - changiert: die "Plattform". Ohne in der Wirbelschleppe einer ganz bestimmten Thematik diskursfähig geworden zu sein, hat sich das Wort in der Arbeitssprache der Geisteswissenschaften jedenfalls so weit festgesetzt, dass man es als eingebürgert bezeichnen kann. Um einen "naturwissenschaftlichen" Term handelt es sich nicht, man wird vielmehr an eine begehbare Fläche, an eine Stützpfeilerkonstruktion, die Ausblicke eröffnet, und insofern zuerst und zu Recht an Bautechnik denken. Gleichwohl kennen wir inzwischen auch die Online-Plattform und überhaupt besteht da ein Anfangsverdacht, der in Richtung Kommunikationstechnik weist.
Psyche und Bewußtsein, Ausdruck und Gestik, Sprache und Bild – diese drei Aspekte eines Sachkomplexes rückten im Zeichen eines neuerwachten Interesses an Anthropologie, Körpersprache und Metaphorik in den letzten Jahren verstärkt ins Blickfeld. Eine Untersuchung der Metaphern, die affektische Regungen versprachlichen, muss demnach verschiedene Ebenen berücksichtigen. Auf der ersten Ebene liegt der Bereich der psychischen Bewegungen. Was sich im Bewusstsein oder im Unterbewusstsein ereignet und in Form von - kalkulierten und emotionalen - Handlungen äußert, scheint ein Resultat bestimmter Hirnfunktionen zu sein, wie die Hirnforschung der letzten Jahre deutlich machen konnte. Auf einer zweiten Ebene sind die Ausdrucksformen des Bewusstseins angesiedelt. Mit ihnen hat sich außer der modernen Psychologie schon immer die Disziplin der Mimik und Gestik beschäftigt, weniger aus erkenntnistheoretischen Gründen, als vielmehr aus pragmatischen Interessen. Der gesellschaftliche Aspekt findet sich in der das weltkluge Handeln lehrenden Wissenschaft von der "Politik" und deren Ausläufern, den Benimmbüchern; der künstlerische Aspekt in der Schauspielkunst, die sich mit dem Komplex körperlichen Agierens auseinandergesetzt hat und den werdenden Mimen konkrete Anweisungen erteilt, wie am eindrucksvollsten Schmerz und Freude, Hass und Liebe pantomimisch ausgedrückt werden könne – im Bund mit oder an Stelle von sprachlicher Handlung. Auf einer dritten Ebene, der Ebene der Zeichen, befindet sich das Arsenal der sprachlichen Mittel, mit denen die Ausdrucksformen literarisiert werden. Es handelt sich dabei um ein festumgrenztes Bild- und Metaphernrepertoire zur Benennung bestimmter Ausdrucksformen, das in gesellschaftlichen Konventionen steht und in ritualisierter Weise zur Anwendung kommt. In der Literatur freilich werden diese Konventionen erweitert oder durchbrochen; das macht ihren "Mehrwert" gegenüber der ritualisierten Alltagssprache aus. Metaphern sind konzentrierte Semantik, und insofern vermag ihre Analyse auch über historische Mentalitätsprozesse Aufschlüsse geben.
Sophie-C. Hartisch untersucht die Funktion der Konstellationsmetapher im Diskurs der geisteswissenschaftlichen Selbstbeschreibungen im frühen 20. Jahrhundert. Die doppelte Grundlagenkrise sowohl der Naturwissenschaften als auch der historisch arbeitenden Geisteswissenschaften bewirken in ihren Augen die Attraktivität eines Denkens in 'Konstellationen'. Mit der (streng genommen) falschen Suggestion eines sogenannten 'Sternbildes' würden abstrakte Strukturen vermeintlich anschaulich und könne Totalität als "Kippfigur zwischen Werden und Darstellung" repräsentiert werden, die die Ganzes-Teil-Problematik neu konfiguriere. Zwar verspreche die 'Konstellation', die Geisteswissenschaften mittels einer Anlehnung an die Astronomie gegen die zeitgenössischen Naturwissenschaften zu profilieren. Allerdings ist die für die Konstellation zentrale Kategorie der 'Bedeutsamkeit' (der Sterne) keine astronomische, sondern eine astrologische Vorstellung. Die als Pseudowissenschaft verpönte Astrologie wird in den Geisteswissenschaften unter der Hand zum Garanten für die Legitimität und Objektivität historisch ausgerichteter Wissenschaften.
The writer Lion Feuchtwanger makes an appeal against World War I with two dramatic adaptations of ancient texts: 'Die Perser des Aischylos' ('Aeschylus' Persians'), and – based on two works by Aristophanes – 'Friede' (‘Peace’). Feuchtwanger uses metaphors in various parts of these plays to express emotions concerning the war (across the spectrum of human emotions). These metaphors function as instruments for reinforcing the intended criticism of war in both works.
Franz Kafka's (1883-1924) "Die Brücke" is one of the less well-known texts by one of the most prolific authors of literary modernity. However, this short prose text embodies prevalent questions of literary modernity and philosophy as it reflects the crisis of language in regard of identity, communication, and literary production. Placed in the context of fin-de-siècle's discourse of language crisis, this article provides a dialogue between Kafka's "Die Brücke" and Hannah Arendt's (1906-1975) philosophy of thinking and speaking in "The Life of the Mind". Contrary to Arendt's understanding of the metaphor as "a carrying over" between the mental activities of the solitude thinker and a reconciliation with the pluralistic world shared with others, this article argues for a deconstructionist reading of "Die Brücke" as a tool to reevaluate Arendt"s notion of a shared human experience ensured through language and illustrates the advantages of poetic texts within philosophical discourses.
Günther Anders deutete schon 1951 auf Kafkas Vorliebe hin, eine rhetorische Figur in ein empirisches Faktum zu verwandeln. Mit Bezug auf den Käferkörper von Gregor Samsa in der Erzählung "Die Verwandlung" schreibt Anders: »[…] er schöpft aus dem vorgefundenen Bestand, dem Bildcharakter, der Sprache. Die metaphorischen Worte nimmt er beim Wort. Seit Anders hat Kafkas Beim-Wort-Nehmen der Metapher eine wichtige Rolle in der Kafka-Forschung gespielt. In Bezug auf die "Verwandlung" schreibt Theodor W. Adorno 1955: 'Diese Reisenden sind wie Wanzen', heißt die Redensart, die Kafka aufgegriffen haben muß, aufgespießt wie ein Insekt. Wanzen, nicht wie die Wanzen. Eine Metapher aufzuspießen heißt hier, den bruchlosen metaphorischen Übergang vom sinnlichen Bildteil zur übertragenen Bedeutung zu destruieren. In seinem Aufsatz "The Metamorphosis: Metamorphosis of the Metaphor" beschreibt Stanley Corngold ebenfalls Gregor Samsas Metamorphose als eine "Verwörtlichung" ("literalization") einer Metapher. Nach Corngold produziert eine solche Verwörtlichung ein rhetorisches Ungeheuer, das als eine Destruktion und Dekonstruktion der metaphorischen Sprache zu deuten ist.
Ausgangspunkt der vorliegenden Arbeit ist die Frage, inwieweit Lessing in seiner Konzeption von Metaphern durch andere Autoren beeinflusst wurde. Ziel der Abhandlung ist es, darzulegen, dass Lessing bei dem mecklenburgischen Philologen Michael Conrad Curtius Anregungen für den Aufbau und den Gebrauch von Gleichnissen und Metaphern gewann. Zunächst referiere ich den Inhalt des hierfür relevanten Werks von Curtius, der "Abhandlung von den Gleichnissen und Metaphern und deren poetischem Gebrauche". Anschließend folgt ein historischer Ausblick auf Lessings Rezeption von Curtius' Schriften. Schließlich wende ich die Curtius'schen Theorien und Schemata auf Lessings Fabeln "Der Naturalist" und "Die Pfauen und die Krähe" an.
On the Indo-European nature of non-Indo-European animals metaphor : the case of Chinese zoosemy
(2007)
In vielen Metaphern ist das Leben als Zielbereich enthalten. In einer idiombezogenen kognitivlinguistischen Untersuchung wurden diejenigen Ausgangsbereiche gesucht, auf die bei der Konzeptualisierung des Lebens zurückgegriffen wird, wenn deutsche metaphorische Idiome verwendet werden. Die metaphorischen Lebens-Idiome wurden dabei aus zwei verschiedenen Datenquellen, aus Wörterbüchern und aus dem Mannheimer IDS-Korpus gesammelt, mit Rücksicht auf die Problematik der introspektiven bzw. korpuslinguistischen Methoden (Kispál 2010). Als Ergebnis dieser Untersuchung ist eine Liste von 152 metaphorischen Lebens-Idiomen sowie eine Liste von 20 konzeptuellen Metaphern aufgestellt worden. Die metaphorischen Lebens-Idiome sind durch eine mehrfache Motiviertheit geprägt. Die Motiviertheit mehrerer Idiome kann dabei u. a. durch konzeptuelle Metaphern aufgezeigt werden, die die Konzeptualisierung des Lebens als Zyklus darstellen.
This paper examines the applicability of the combination of data types in a study of German idioms of life with the tools of cognitive metaphor theory. The data sources for conceptual metaphors were mainly metaphors found in the relevant literature. These metaphors are of introspective nature to a great extent. The primary data sources for metaphorical expressions were dictionaries that represent introspective data, too. These data have been complemented by corpus data. The paper discusses the problems of introspective and corpus data raised by the study of German idioms of life. Two case studies demonstrate the advantages of the combination of data and methods.
Metonymy and the growth of lexical categories related to the conceptual category female human being
(2000)
Old masters and new frameworks : a pilot analysis of selected semantic changes in the field economy
(2003)
Nolan brings a fairly recognizable style to all his movies, often described as "dark" or "gritty." The tone is relentlessly serious, and the narratives are infused with the ambiguity and pessimism of film noir. His protagonists are, without exception, tortured, obsessed men, struggling with the loss of loved ones or past mistakes. Not only do these men face an uncaring world with murky morality, their sense of self is also unstable. To go along with the faulty memories and self-deceptions of his characters, Nolan also has a knack for misleading his audience with convoluted narratives. As Fisher puts it, he specializes in puzzles that can't be solved. 'Inception', to my mind, makes an excellent showcase for all these themes. Therefore, through an examination of its use of space and architecture as metaphors for the mind, I aim to determine the concept of the malleable self that underlies all of Nolan's movies.
Judging by appearances : a study of human-oriented metonymic developments in the domain of dress
(2008)
[...] Archive sind nicht nur in der Mode angekommen, sie sind auch in Mode gekommen. Verlässt man das weite Feld von Lebenswelt und sozialer Alltäglichkeit, so scheint sich die Tendenz im Gebrauch des Wortes 'Archiv' zu bestätigen. Diesen Eindruck gewinnt, wer die gegenwärtige Praxis kulturwissenschaftlichen Arbeitens konsultiert. Das Archiv als Deutungsparadigma ist in den Kultur- und Literaturwissenschaften omnipräsent geworden, und diese Entwicklung wird in der Literatur unter dem Schlagwort von der "Entgrenzung" des Begriffes 'Archiv' diskutiert. Symptomatisch für die sogenannte "Entgrenzung" ist dabei die regelmäßige Suspendierung von Definitionsmerkmalen im Archivbegriff oder gar der Komplettausfall einer näheren Bestimmung dessen, was in diesem oder jenem Beitrag unter 'Archiv' zu verstehen sei. Der Befund ist paradox: Der Unübersichtlichkeit diverser frei flottierender Archivkonzeptionen korrespondiert eine hohe Selbstverständlichkeit in der Rede vom Archiv, die offenbar auch in wissenschaftlichen Zusammenhängen an ein intuitives Verständnis, man wisse schon, was gemeint sei, zu appellieren scheint. Der sogenannte "Archiv-Turn" scheint von einem fröhlichen Pluralismus unterschiedlichster Konzepte von Archiv getragen zu werden, mehr noch: Die Rede vom Archiv scheint zu einem Gemeinplatz geworden zu sein. Ob eine Bildersammlung, eine Bibliothek, die Anordnung von Dateien auf dem eigenen Computer oder eine irgendwie geordnete Ansammlung abgelegter Dinge gemeint ist: "Alles ist Archiv. Alles ist im Begriff, Archiv zu werden."
« Et si les crocodiles pleuraient pour de vrai… » est une nouvelle dans laquelle, semblet-il, l’écrivain et théoricien Ludovic Emane Obiang paraît asseoir une conception du monde et de la littérature basée sur une figure profonde de même qu’un phénomène essentiel que sont la figure du crocodile et le phénomène de la reconstruction. Sa nouvelle paraît nous plonger au coeur d’une question essentielle source de véritables angoisses. Les crocodiles pleurent-ils ? Et s’ils pleurent, pleurent-ils pour de vrai ? A quoi devons nous faire attention lorsqu’on nous invite à penser à partir de la figure du crocodile ? Ensuite, en quoi cette figue de crocodile a-t-elle rapport avec quelque chose de l’ordre de la reconstruction, car comme le souligne Ludovic Obiang, le maître mot de sa nouvelle est le phénomène de la reconstruction ? Qu’est-ce que la reconstruction ? A quoi renvoie la réalité du crocodile ?
In seinem umstrittenen Erstlingswerk, "In Stahlgewittern" (1920), schreibt Ernst Jünger dem Ersten Weltkrieg weniger explizit einen ideologischen Sinn zu, als er ihn indirekt durch eine intensiv metaphorische Sprache mit Bedeutungen auflädt. Jünger codiert den Krieg in 32 bildlichen Sequenzen, die sich in den Feldern der Natur, der menschlichen Praxis, der Kultur und der Anthropomorphie verorten. Diese Sprachbilder lassen sich nach Typen differenzieren und in ihrer Dichte, Relation, Interferenz und Variation beschreiben. Dadurch dass dieselben Bilder auf beide Kriegsparteien angewandt werden, relativieren sie deren Gegensatz. Indem die Metaphern mit ihren realen Entsprechungen, mit sprechenden Namen und mit stereotypen Jargons konfrontiert werden, tritt ihre Künstlichkeit zutage und wird ihre epistemische Funktion deutlich. Die implizite Bedeutungs-Zuschreibung, die diese Metaphoriken erzielen, ist keineswegs einsinnig als Ästhetisierung oder Verherrlichung bzw. als kohärente faschistische Ideologie zu fassen. Die einzelnen Codes sind ungleichmäßig subtil, sie erzeugen verschiedene Bedeutungen, und sie konnotieren abweichende politische Positionen; sie geraten miteinander in Überschneidung und zueinander in Widerspruch. Es entsteht eine widerständige Semantik, die als Symptom einer Verunsicherung lesbar ist.
Sozusagen als Motto meiner Ausführungen zur Gattung des Porträts bzw. zur Porträtkunst habe ich eine Arbeit von Robert Rauschenberg gewählt. 1961 plante die Pariser Galeristin Iris Clert eine Porträt-Ausstellung und lud Robert Rauschenberg, den amerikanischen Pop-Künstler, zu einem Beitrag ein. Dieser reagierte mit einem aus Stockholm geschickten Telegramm mit dem Inhalt: 'This is a portrait of Iris Clert if I say so – Robert Rauschenberg'. Als Motto zeige ich die Arbeit deshalb, weil das Porträt im Laufe der Moderne und insbesondere im 20. Jahrhundert zu einer umstrittenen, ja in gewisser Hinsicht unmöglichen Gattung wird, und Rauschenbergs Telegramm nun zeigen kann, dass dieses Umstrittene zwei unterschiedliche Dimensionen hat: zum einen ist es der Streit über das, was als legitimes Porträt eines Menschen angesehen werden kann; zum anderen ist es der Streit darüber, was legitimerweise als ein Kunstwerk angesehen werden kann.
Einer der berühmtesten Sätze Nietzsches lautet: "Was ist also Wahrheit? Ein bewegliches Heer von Metaphern, Metonymien, Anthropomorphismen kurz eine Summe von menschlichen Relationen, die, poetisch und rhetorisch gesteigert, übertragen, geschmückt wurden, und die nach langem Gebrauche einem Volke fest, canonisch und verbindlich dünken [...]". Der Satz wird immer wieder zitiert und aufgerufen, wenn es darum geht, Geltungsansprüche von Theorien in Frage zu stellen, Begriffe und normative Vorstellungen zu dekonstruieren oder den Anteil des Figurativen im Denken hervorzukehren. Dabei liegt der Akzent dann auf den dominanten Tropen Metapher und Metonymie, wenn nicht allein auf der Metapher. In jedem Fall aber ist es die Identifizierung von Wahrheit und Metapher, die in den Mittelpunkt der Aufmerksamkeit gerückt wird, von Wahrheit und Bild oder übertragener, 'uneigentlicher', verschobener Bedeutung, von Wahrheit und nicht fixierbarer, sondern in Bewegung befindlicher Bedeutung, und die Verschiebung kommt - dem Wortsinn entsprechend - durch Tropen zustande. Denn zumindest traditionelle Rhetorik definiert Tropen als diejenigen Figuren, bei denen sich die Bedeutung vom ursprünglichen Wortinhalt wegwendet (τρέπεσϑαι). Tropen sind Wendungen des Sinns. An Nietzsches berühmtem Satz soll hier das Augenmerk kurz auf zwei andere Aspekte gerichtet werden: zum einen auf die in dem Satz selbst enthaltene Metapher, die des Heeres, und zum anderen auf die Struktur des Satzes, d. h. darauf, dass die Prädizierung der Wahrheit als "Heer von Metaphern, Metonymien, Anthropomorphismen" ihrerseits eine rhetorische Figur darstellt, nämlich eine Aufzählung.