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Zu der herkömmlichen Vorstellung des Verhältnisses von Kirche und Staat im frühneuzeitlichen Frankreich gehört, dass Fürsten wie Ludwig XIV. die externe Bevormundung der französischen Kirche durch den Bischof von Rom zugunsten der Formierung einer nationalen Sonderkirche endgültig eingedämmt haben. Dementsprechend sind die 1682 unter Leitung von Jacques Bénigne Bossuet verfassten gallikanischen Artikel klassischer Bestandteil des französischen Selbstverständnisses in Sachen Politik und Religion geworden. Sie gelten als das natürliche Ergebnis einer logischen Entwicklung hin zur Verstetigung der Machtansprüche der lokalen weltlichen und geistlichen Machthaber dem Papst gegenüber, die spätestens mit der 1438 durch Karl VII. verabschiedeten Pragmatischen Sanktion von Bourges ihren ersten großen Erfolg feierte. Dass diese Errungenschaft nicht unumkämpft war, belegt nun allerdings die Dissertation von Cyrille Dounot über den äußerst papsttreuen Juristen Antoine Dadine d’Auteserre (1602–1682). Eine reichlich dokumentierte Biographie dieses Zivilrechtlehrers der Universität Toulouse, die teilweise auf bisher unerforschte Archivmaterialien zurückgeht, bietet der Autor im ersten Teil seiner Arbeit an. ...
Der von STEFFEN DIEFENBACH und GERNOT MICHAEL MÜLLER herausgegebene Tagungsband (zugleich Band 43 der Millenium-Studien) beschäftigt sich mit dem Westen des römischen Reichs in der Spätantike und fokussiert sich auf die tiefgreifenden Veränderungen vom frühen 5. bis zum ausgehenden 6. Jahrhundert, die zeitgleich, aber nicht unbedingt synchron abliefen und so gerade in der älteren Forschung den Eindruck eines katastrophischen Niedergangs aufkommen ließen. In der Einleitung plädieren DIEFENBACH und MÜLLER dafür, diese Zeit als einen „Strukturwandel mittlerer Reichweite“ anzusehen und erörtern die relevanten Aspekte wie die sichverändernden Formen der Herrschaftsbildung und der politischen sowie kulturellen Vergemeinschaftung, die Widerstand hervorrufende staatliche Durchdringung z.B. von ländlichen Regionen und die neuen kirchlichen Strukturen (S. 1)...
Die hier angezeigte Sammlung Kleiner Schriften des Althistorikers Gustav Adolf Lehmann enthält einen Großteil seiner publizierten Artikel und Rezensionen. Insgesamt 56 Beiträge, darunter eine Monographie, 46 fachliche Aufsätze, fünf Rezensionen, zwei biographische Beiträge zu Eduard Meyer, ein Nachruf auf Jochen Bleicken sowie eine Laudatio auf Hans Erich Stier, verteilen sich auf zwei Bände mit einem Gesamtumfang von 1074 Seiten. Die Anordnung der Schriften erfolgt in chronologischer Reihenfolge der behandelten Themen in insgesamt fünf großen Kapiteln: von der frühgriechischen Geschichte und derjenigen des Alten Orients bis zum frühen Principat (1-795). Im Anschluss folgen Beiträge zur antiken Historiographie (797-979) und zur Wissenschaftsgeschichte (981-1047). Den Beiträgen vorangestellt ist ein kurzes Vorwort (V-VI). Ein Schriftenverzeichnis (1049-1059) sowie ein Index (1061-1074, mit den erwähnten Namen und Orten), der „nur eine erste grobe Orientierung“ (V-VI) ermöglichen soll, beschließen den Doppelband...
Die politischen Beziehungsgeflechte im Alten Rom – neudeutsch: „Netzwerke“ – bildeten für John Nicols schon früh einen zentralen Ansatzpunkt seiner wissenschaftlichen Interessen. Ein formal klar abgrenzbarer Teilbereich dieses breiten Forschungsfeldes betrifft das patrocinium publicum („civic patronage“ bzw. „Stadtpatronat“), also das offizielle und formelle Patronat über Gemeinden, aber auch größere Gebiete wie etwa Provinzen im Imperium Romanum. Eine umfassende Untersuchung zu diesem Thema ist seit der immer noch wichtigen Arbeit von L. Harmand aus dem Jahr 1957 und seit der Freiburger Dissertation von F. Engesser aus demselben Jahr zum Stadtpatronat in Italien und im Westen des römischen Reiches trotz einer Reihe von regionalen Teilstudien oder solchen zu Einzelfällen nicht wieder vorgelegt worden. Hier schließt das Buch von Nicols eine Lücke auf aktuellem Stand. Ergänzt wird es durch eine Datenbank mit einem Corpus von ca. 900 Inschriften, Abbildungen und zusätzlichen Materialien, die auf einer bei der University of Oregon geführten Website hinterlegt ist und vorwiegend für den Spezialisten von Interesse sein dürfte. Bereits in der Vergangenheit hat sich Nicols wiederholt mit grundlegenden Aspekten des Themas auseinandergesetzt, was nicht wenige Beiträge aus seiner Feder vor allem aus den letzten beiden Jahrzehnten des vergangenen Jahrhunderts, dann aber auch wieder der jüngeren Vergangenheit dokumentieren...
Kathrin Jaschke hat eine mustergültige wirtschaftsgeschichtliche Analyse des antiken Puteoli vorgelegt. Ziel der Studie ist es, das Wirtschaftsleben der Stadt zur Gänze darzustellen: „Die meist allgemein getroffene Aussage der außergewöhnlichen Bedeutung der Stadt soll detailliert beleuchtet werden“ (7). Hierfür stellt sie verschiedene Fragen: Inwieweit wurde die Wirtschaft Puteolis durch die Einführung der annona beeinflusst? Wie waren die Verbindungen zwischen dem privaten Handel und der stadtrömischen Getreideversorgung? Hat die annona-Einfuhr die anderen Wirtschafts- und Handelszweige verändert? Wie gestalteten sich die Handelsbeziehungen nach Westen und Osten? Welche Personengruppen partizipierten an dem Handel? Welche Güter wurden in der Stadt und im Umland produziert? ...