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Im allgemeinen Teil der Arbeit wird ein ausführlicher Literaturüberblick über den Verlauf der Ausbreitung der Aleppohirse (Sorghum halepense) in Mitteleuropa mit besonderer Berücksichtigung von Österreich gegeben. Aus der floristischen Literatur lässt sich seit Mitte der 1990er Jahre eine zunehmende Ausbreitung in Österreich und Deutschland ableiten. Diese wird begleitet von einer zunehmenden Einbürgerung in den warmen Gebieten Mitteleuropas. Eine wesentliche Ursache für diese Ausbreitung wird in den steigenden Jahresmitteltemperaturen vermutet.
Im speziellen Teil werden die Ergebnisse einer regionalen Fallstudie aus einem etwa 215 km2 großen Untersuchungsgebiet im östlichen oberösterreichischen Alpenvorland vorgestellt. Dort ist die Aleppohirse erstmals im Jahr 2000 mit zwei Beständen aufgetreten, im Jahr 2003 wurden 13 Vorkommen dokumentiert. Die Ausbreitung erfolgte v.a. entlang von Straßen, die Länge der von Sorghum halepense besiedelten Straßenbankette stieg von 600 m (2000) auf 7800 m (2003) an. Im gleichen Zeitraum nahm der Gesamtbestand von 15 auf 232 blühende Pflanzen zu.
Für die Ausbreitung im Untersuchungsgebiet kommt Straßenbanketten eine zentrale Rolle zu. Es wird vermutet, dass die Korridorfunktion, die günstigen Standortseigenschaften (Nährstoffgehalt, Wasserversorgung), das Störungsregime (gelegentliche Bodenverwundung, Mahd) und eventuell auch die Verschleppung von Diasporen durch Häckseln die große Bedeutung der Straßenbankette begründen. Dabei wird eine ein- bis zweischürige Mahd toleriert und hindert die Art nicht an einer raschen Ausbreitung. Der pflanzensoziologische Anschluss wurde mit 18 Vegetationsaufnahmen dokumentiert. Im Untersuchungsgebiet liegt der Verbreitungsschwerpunkt im Tanaceto-Arrhenatheretum von Straßenbanketten. Deutlich seltener tritt die Art im Echinochloo-Setarietum pumilae von Ackerbrachen auf.
Die Aleppohirse tritt in Mitteleuropa in nährstoffreichen Lebensräumen auf, die naturschutzfachlich von geringer Bedeutung und nicht gefährdet sind. Somit sind auch bei weiterer Ausbreitung keine Naturschutzprobleme zu erwarten. Bei häufigem Auftreten gilt die Aleppohirse in Ackern Südeuropas als problematisches Unkraut. Daher sind bei einer weiteren starken Ausbreitung ökonomische Probleme v.a. im Maisanbau wenigstens regional in Mitteleuropa nicht auszuschließen.
Bücherschau
(2005)
Vorwort
(2005)
Mit Band 25 hat Tuexenia ein Vierteljahrhundert erreicht, zusammen mit ihrem Vorläufer, den Mitteilungen der Floristisch-soziologischen Arbeitsgemeinschaft, eine Reihe von beachtlichem Umfang und vielseitigem Inhalt. Dieses Jubiläum soll Anlass für Rückbesinnung und Zukunftsplanung sein. Sowohl der Einband hat sich geändert als auch einiges weniger Auffällige im Innern. Teilweise konnte hierbei schon auf Anregungen unserer Umfrage zu Tuexenia eingegangen werden; die Ergebnisse sind am Ende des Bandes ausgewertet.
Der Jubiläumsband 25 gibt Gelegenheit, eine Bilanz aller bisher publizierten Arbeiten vorzulegen. Einen allgemeinen Überblick der Publikationen der Arbeitsgemeinschaft gab es bereits in Tuexenia 22 (DIERSCHKE 2002). So liegt jetzt der Schwerpunkt mehr auf verschiedenen Registern. Hierfür wurden in den seit 1981 erschienenen 24 Bänden 11 290 Seiten (ohne Bücherschau) ausgewertet. Insgesamt sind es 641 Publikationen (pro Band im Mittel 27, Spanne 11-48) mit 513 Autoren (38; 15-62). Die Autoren sind vollständig erfasst. Bei den Pflanzengesellschaften werden nur solche Arbeiten erwähnt, in denen Vegetationstabellen oder andere wichtige Angaben vorkommen. Ein weites Spektrum zeigt das Gebietsregister, von Arbeiten aus einzelnen Bundesländern bis zu solchen fremder Erdteile. Das Sachverzeichnis muss sich auf wesentlich erscheinende Begriffe beschränken. Insgesamt ergibt sich eine beeindruckende Vielfalt an Themen, Fragestellungen, Objekten und Autoren, die in vielen Aspekten wichtige Aktivitäten der Geobotanik in den letzten Jahrzehnten, vor allem der Vegetationskunde, in Mitteleuropa widerspiegeln. Darüber hinaus mögen die Register eine Hilfe beim Aufsuchen interessierender Themen sein und zum (erneuten) Studium älterer Bände anregen.
Mit dem Rundschreiben im Herbst 2004 ist an alle Mitglieder der Floristisch-soziologischen Arbeitsgemeinschaft ein Fragebogen verschickt worden, in dem ein Meinungsbild erbeten wurde. Von den 1168 Fragebögen sind bis zum 28. 02. 2005 261 (22,4 %) zurückgekommen, davon 50 anonym. Neben vielen Briefen aus Deutschland gab es auch Einzelmeldungen aus Österreich (3), der Schweiz (1), Dänemark (1), Griechenland (1) und sogar aus den USA (1). Allen, die sich an der Umfrage - teilweise sogar mit längeren, oft sehr engagierten zusätzlichen Kommentaren - beteiligt haben, möchte ich hiermit sehr herzlich danken. Die langjährige Tätigkeit als Herausgeber führt doch leicht zu einer gewissen „Betriebsblindheit“, die nur durch Anmerkungen aus der Leserschaft in Grenzen gehalten werden kann. Alle Leserinnen und Leser sind weiter zu konstruktiver Kritik aufgefordert.
Die Arbeitsgruppe Trockenrasen wurde 2004 mit dem Ziel gegründet, mittelfristig die Bände der Trockenrasen und nahe stehender Vegetationstypen innerhalb der „Synopsis der Pflanzengesellschaften Deutschlands“ zu verfassen. Dazu soll zunächst eine umfassende TURBOVEG-Datenbank mit Vegetationsaufnahmen der Klassen Koelerio-Corynephoretea, Festuco-Brometea, Violetea calaminariae, Elyno-Seslerietea und Trifolio-Geranietea sanguinei aus Deutschland erstellt werden. Anschließend ist die ergebnisoffene syntaxonomische Neubearbeitung dieser Gesellschaftsgruppe nach einer einheitlichen Methodik geplant. Personen, die an der Arbeitsgruppe mitwirken oder ihr Daten zur Verfügung stellen wollen, sind herzlich willkommen. Außerdem veranstaltet die Arbeitsgruppe eine jährliche Tagung zu wechselnden Themen. Die erste im September 2004 in Lüneburg stand unter dem Motto „Trockenrasen als Biodiversitätshotspots“. Fünf der damaligen Beiträge werden in diesem Band publiziert.
Trockenrasen (v. a. Klassen Koelerio-Corynephoretea und Festuco-Brometea) gehören zu den auf kleinen Flächen artenreichsten Pflanzengesellschaften überhaupt und stellen ideale Modellsysteme für die Analyse von Phytodiversitätsmustern und deren Ursachen dar. Ich gebe einen Überblick der in verschiedenen Trockenrasentypen Europas auftretenden Durchschnitts- und Maximalwerte der Artenzahlen von Gefäßpflanzen, Moosen und Flechten auf unterschiedlichen Flächengrößen zwischen 1 mm2 und 100 m2. Gesellschaften der Festuco-Brometea sind generell artenreicher als jene der Koelerio-Corynephoretea. Die bislang höchsten publizierten Artendichten stammen jedoch aus dem Gypsophilo fastigiatae-Globularietum vulgaris, einer basiphilen Felsgrusflur der schwedischen Insel Öland (Ordnung Alysso alyssoidis-Sedetalia, Koelerio-Corynephoretea). Sie betragen auf 4 m2 durchschnittlich 53,6 und maximal 80 Arten. Die geringsten Artendichten unter den Trockenrasen weisen das Caricetum arenariae und das Corniculario-Corynephoretum (beide Ordnung Corynephoretalia canescentis, Koelerio-Corynephoretea) mit durchschnittlich weniger als 10 Arten auf 4 m2 auf. Die Artenzahl-Areal-Beziehung von Trockenrasen lässt sich über den ganzen betrachteten Dimensionsbereich exzellent durch eine Potenzfunktion S = c • A z beschreiben. Dabei unterscheiden sich die z-Werte verschiedener Trockenrasentypen nur geringfügig und betragen im Mittel 0,21. Das führt dazu, dass die Reihung verschiedener Trockenrasengesellschaften hinsichtlich ihrer Artenzahl auf unterschiedlichen Skalenebenen nahezu unverändert bleibt, und eröffnet die Möglichkeit, Artenzahlen auf andere Flächengrößen zu extrapolieren.
Es folgt eine Erörterung der wichtigsten Faktoren, welche die Verteilung der Phytodiversität in Trockenrasen beeinflussen. Die größte Bedeutung hat hier die Bodenreaktion. Im Allgemeinen wurden stark steigende Artendichten mit zunehmendem pH-Wert, teilweise auch ein erneuter leichter Abfall oberhalb des Neutralpunktes gefunden. Eine Abnahme der Artendichte mit zunehmender Höhenlage im Gebirge konnte zumindest in zwei Fällen auch für Probeflächen gleicher Größe nachgewiesen werden. Abschließend diskutiere ich die Gründe für den überdurchschnittlichen Artenreichtum von Trockenrasen, weise auf Forschungsdefizite hin und unterbreite Empfehlungen für die Konzeption und Durchführung künftiger Studien der Biodiversitätsforschung wie auch der pflanzensoziologischen Datenerhebung allgemein. Als vordringliche Qualitätskriterien erachte ich die Arbeit mit standardisierten Probeflächengrößen und die sorgfältige Berücksichtigung von Moosen und Flechten.
Erdflechten stellen in Sandtrockenrasen einen bedeutenden Anteil der Phytodiversität. Sie können zusammen mit Moosen syntaxonomisch und teils auch ökologisch eigenständige Einheiten (Microcoena) bilden. In Vegetation der Klassen Koelerio-Corynephoretea und Ammophiletea konnten in Deutschland und Dänemark 26 unterschiedliche flechtenreiche Mikrogesellschaften aufgenommen und standörtlich charakterisiert werden. - Erdflechten und Erdflechten-Mikrogesellschaften sind gute Anzeiger v. a. für Mikrohabitat-Faktoren, die die Konkurrenzfähigkeit der Gefäßpflanzen verändern, wie Eutrophierung und unterschiedliche Arten von Störung. Daher sind Flechten-Mikrogesellschaften hervorragende Bioindikatoren für den qualitativen Zustand von Sandtrockenrasen.
Die höchsten Werte für den Artenreichtum von Flechten wiesen Microcoena offener Sandböden auf, v. a. Cladometum zopfii und C. foliaceae. Beide Mikrogesellschaften können in Trockenrasen als Anzeiger für gute Qualität dienen. Vorkommen des Cladonietum nemoxynae ist zumindest im ozeanischen Klima ein deutlicher Anzeiger anthropo-zoogenen Einflusses. - Auf humusreichen Böden entwickelt sich eine Sukzessionsreihe der Flechtenvegetation mit einer unimodalen Verteilung des Artenreichtums. Dabei ändern sich die vorherrschenden Ausbreitungsmodi von überwiegend Sporen über Soredien zu Fragmentierung und Strategietypen nach Grime von Ruderaistrategen zu Konkurrenzstrategen. - Die artenreichsten Bestände benötigen Sandbewegung, um als Dauergesellschaften erhalten zu bleiben. Bestände in großflächigen Küstendünen (in der vorliegenden Untersuchung Dänemark) oder Flussdünen (Elbetal) sind daher meist in besserem Zustand, mit einem höheren Anteil der seltenen Mikrogesellschaften und mit höherer Flechten-Diversität.
Atriplex semilunaris, eine westaustralische Art, wurde 2003 auf Fuerteventura und damit erstmals auf den Kanarischen Inseln gefunden. Sie bildet an stark gestörten Flächen in Straßennähe mitunter Dominanzbestände, die dem Mesembryanthemion crystallini nahe stehen. Atriplex semilunaris stellt bei der Keimung nur relativ geringe Temperaturansprüche; sie keimt innerhalb weniger Tage bei 10 °C bis 20 °C zu hohen Prozentsätzen, auch bei geringen Salzkonzentrationen, so dass ein neuerliches Auftreten auf Sonderstandorten in Mitteleuropa nicht unwahrscheinlich erscheint.
Wegen ihrer großen Zahl und ihres Artenreichtums sind Bahnhöfe sowie andere Betriebsflächen der Bahn als innerstädtische Makrohabitate für die Erhaltung der momentan vorhandenen Artenvielfalt kaum zu überschätzen. Innerhalb der letzten 15 Jahre wurden mindestens 1063 Gefäßpflanzensippen (davon mehr als 1000 Arten) auf innerstädtischem Eisenbahngelände allein in Deutschland nachgewiesen. Es werden daher die folgenden Hypothesen aufgestellt:
1. Bahnhöfe gehören zu den artenreichsten Habitaten in Mitteleuropa. Sie sind „Hotspots“ des Artenreichtums quasi vor unserer Haustür.
2. Die Bahnhöfe und Bahnhofsbrachen spiegeln nicht nur ihr Alter und die Nutzung wider, sondern auch die Flora der Umgebung. Sie sind ein Modell für die Abhängigkeit der Ruderalvegetation von Technik und Kulturgeschichte.
3. Insgesamt wurden 309 neophytische Sippen auf den Bahnanlagen gefunden. Bezüglich der Ausbreitung von Neophyten muss die Rolle der Eisenbahn differenziert betrachtet werden: Während zahlreiche kurzlebige und zumeist auch konkurrenzschwache Arten mit der Eisenbahn ausgebreitet werden, gelangen die neophytischen Gehölzarten ebenso wie die meisten langlebigen Stauden von unmittelbar angrenzenden Gärten bzw. mit Gartenabfällen auf das Bahngelände. Hauptquelle der Neophyten sind heute umliegende Gärten und Anpflanzungen, nicht etwa der eisenbahnbedingte Transport.
4. Wegen der Änderungen im Transportwesen (Containerverkehr, weniger offene Transporte von landwirtschaftlichen Produkten), vor allem aber durch den Rückgang des schienengebundenen Güterverkehrs werden Bahnhöfe diese Refugialfunktion sicher nicht mehr lange behalten.
In Kiefernbeständen auf Dünensanden des Niederbayerischen Tertiärhügellandes (Übergänge zwischen Leucobryo- und Pyrolo-Pinetum) wurden vegetationskundliche Dauerflächen angelegt, um die Wirkungen von N-Eintrag, der zum Waldrand hin zunimmt, und Streunutzung, die als Instrument der Biotoppflege betrieben wird, auf die Bodenvegetation zu untersuchen.
Indirekte (DCA) und direkte Ordination (CCA) zeigen, dass N-Eintragsgefälle und Streunutzung die Artenzusammensetzung maßgeblich steuern. Akrokarpe Moose und Nadelbaumverjüngung profitieren signifikant von Streuentzug, während Zwergsträucher, die Rubus-Arten und mattenbildende Moose zurückgedrängt werden. Auf den N-Eintrag reagieren pleurokarpe Moose, Rubus-Arten, Frangula alnus, Galeopsis tetrahit und Impatiens parviflora sowie einige Gehölzarten zu Lasten von Zwergsträuchern und akrokarpen Moosen positiv. Mit Annäherung an Waldrand und Straße etabliert sich eine Strauchschicht aus Quercus robur und Frangula alnus. N-reiche Flächen sind artenreicher, insbesondere unter Streunutzung, die die innere Heterogenität der Flächen erhöht.
Unter hohem N-Eintrag senkt Streuentzug die Ellenberg-Zeigerwerte für Stickstoff signifikant von 3,44 auf 2,84 und damit auf das Niveau N-armer, unbehandelter Flächen. Bei N-armer Ausgangslage liegt die N-Zahl der streugenutzten Flächen nur um 0,25 (n. s.) niedriger. Der Zeigerwert für Bodenreaktion reagiert nicht auf Streunutzung. Die Lichtzahl ist nach Streunutzung auf allen Flächen signifikant um 0,3 bis 0,4 Stufen niedriger, eine Förderung von Offenlandarten nicht feststellbar. Streuentnahme reduziert Trockensubstanz- und Nährelementvorräte. Unter hohem N-Eintrag weisen Streunutzungsflächen deutlich höhere Restvorräte auf bzw. gleichen Verluste aufgrund höherer Produktivität der Bodenvegetation schneller aus. Ohne Streunutzung tragen die N-reichen Varianten infolge ihrer geringeren Moosschicht insgesamt weniger Trockensubstanz. Die Bodenvegetation weist nach Streunutzung höhere N-Gehalte und engere C/N-Verhältnisse auf, was mit dem geringen Anteil verholzter Organe an der Restbiomasse erklärbar ist. Bei allen Nährelementen außer Ca, vor allem aber bei K und Mg, nehmen entlang des N-Gradienten die Gehalte in der Kraut- und Strauchschicht deutlich stärker zu als die bei den Moosen.
Die Pflegemaßnahmen kompensieren die Wirkungen des N-Eintrags und verhindern die Sukzession zum Laubwald, erscheinen jedoch im Vergleich zu historischen Praktiken sehr vorsichtig und kostspielig. Periodische, aber deutlich stärkere Entzüge der Auflage wären wahrscheinlich effizienter. Denkbar ist auch die gezielte Schaffung von baumfreien Initialstadien in Anlehnung an frühere kleinflächige Nutzungen des Sandvorkommens.
In den letzten etwa 150 Jahren haben sich zahlreiche Gletscher der Alpen infolge eines wärmeren Klimas zurückgezogen. Dies gilt auch für eine lange Gletscherzunge des Obersulzbachkees, die um mehr als 3 Kilometer zurück gegangen ist. Die einzelnen Stadien des Rückzugs sind recht gut datiert und waren Anlass für eine vergleichende Untersuchung der Vegetation in 6 datierten Bereichen im Vorfeld dieses Gletschers.
Ein Grundstock von über 20 Arten wuchs 1997 im gesamten Gletschervorfeld; die meisten der insgesamt 191 Arten waren aber absolut oder mit Schwerpunkt an einzelne Stadien gebunden. In einer indirekten Gradientenanalyse (DCA) erklärte der Zeitraum der Eisfreiheit 84% der Variation der Vegetation entlang der ersten Achse; damit war er für die Vegetation der bestimmende Faktor. Die α-Diversität der Vegetation stieg bis 55 Jahre Eisfreiheit kontinuierlich an; danach zeigte sie keinen eindeutigen Trend. Die Evenness fiel durch Dominanzbildung einzelner Arten im Laufe der Entwicklung ab. Zwei Sukzessionsstadien ließen sich unterscheiden: ein Cerastium uniflorum-Luzula alpinopilosa-Pionierstadium aus Arten der Schuttfluren i. w. S. mit zahlreichen alpinen Arten auf bis zu 55 Jahre alten Substrat und ein Festuca rubra-Nardus stricta-Rasenstadium ab etwa 110 Jahren Eisfreiheit mit einer Mischung aus Rasen-, Zwergstrauch- und Hochstauden-Pflanzen. Ersteres Stadium gliederte sich weiter in eine Oxyria digyna-Doronicum clusii-Phase auf jungem Substrat und eine Racomitrium canescens-Trifolium nivale-Phase nach mindestens 55 Jahren Eisfreiheit. Trotz oftmals fließender Übergänge ließen sich im Literaturvergleich 3 Assoziationen erkennen: das Sieversio-Oxyrietum digynae bis 25 Jahre, das Agrostio rupestris-Trifolietumpallentis bis 95 Jahre und das Sieversio-Nardetum strictae ab 110 Jahren Eisfreiheit. Auffällig war im gesamten Gletschervorfeld die vollständig ausgebliebene Ansiedlung von Bäumen; mögliche Gründe hierfür werden diskutiert.
Diese Arbeit untersucht die mitteldeutschen Vorkommen von Luzula divulgata, einer Sippe aus der Artengruppe um Luzula campestris und L. multiflora, deren ökologische Ansprüche und soziologisches Verhalten in Deutschland bisher kaum bekannt waren. Die östlich verbreitete Art wächst in Mitteldeutschland im oberen Bodetal, unteren Unstruttal, mittleren Saaletal und im Kyffhäusergebirge. Die isolierten Vorkommen bilden den nordwestlichen Arealrand der Art. L. divulgata ist im Gebiet an Eichen-Trockenwälder des Luzulo luzuloidis-Quercetum petraeae und Potentillo albae-Quercetum petraeae gebunden. Mitunter wächst sie auch in waldnahen Heiden, Säumen und Magerrasen. Das Klima der Wuchsgebiete ist sommerwarm und relativ trocken. Die Böden sind nahezu kalkfrei, mäßig sauer bis sauer und meist oligotroph. Das standortökologische Verhalten von L. divulgata wird mit Hilfe von Ellenberg-Zeigerwerten zusammengefasst; das Verbreitungsbild und die soziologische Bindung der Art werden diskutiert.
Tuexenia publiziert vorwiegend deutschsprachige Original- und Übersichtsarbeiten über floristische, populationsbiologische und vegetationskundliche Untersuchungen, ihre theoretischen Grundlagen und Anwendungen in der Praxis. In Sonderfällen sind auf Anfrage auch Arbeiten in Englisch möglich. Die Arbeiten sollen aus Mitteleuropa stammen oder bei Themen aus anderen Gebieten Bezug zu Mitteleuropa aufweisen.
Tuexenia erscheint jährlich in einem Band, der möglichst im Frühjahr fertiggestellt sein soll. Autoren erhalten von jeder Arbeit 50 Sonderdrucke kostenlos; weitere können gegen Rechnung bezogen werden.
Rezension zu Pierre V. Zima: La Négation esthétique. Le Sujet, Je beau et Je sublime de Mallarmé et Valéry a Adorno et Lyotard, Paris (L'Harmattan) 2002 (= Ouverture Philosophique). 268 Seiten.
In dem vorliegenden Band verfolgt Zima die Peripetien philosophischer, ästhetischer und literarischer Negation der sozialen Ordnung in den Werken Mallarmés, Valérys, Adornos und Lyotards, unter der Vorgabe der Peripetien der Subjektivität.
Rezension zu Sigrid Weigel: Literatur als Voraussetzung der Kulturgeschichte. Schauplätze von Shakespeare bis Benjamin, München (Wilhelm Fink) 2004. 306 Seiten.
Vergangene Bedeutung von Wörtern gewinnt einen geheimnisvollen Glanz, wenn sie vom Staub des Vergessens befreit wird. Daß Theorie und Schauplatz eine gemeinsame Wortgeschichte haben, bildet die Grundlage für den Titel des Buches von Sigrid Weigel, in dem die "Szenarien der Kulturgeschichte" gezeigt, die "Gemeinsamkeiten von Anschauung und Denken, von Bild und Begriff, von Kunst und Wissen" (7) erinnert werden.
Rezension zu Susanne Stemmler: Topografien des Blicks. Eine Phänomenologie literarischer Orientalismen des 19. Jahrhunderts in Frankreich, Bielefeld (transcript Verlag) 2004. 266 Seiten.
Die Rückwendung des Blicks vom Überwachten und seine Wirkung auf den Betrachter ist seit Homi Bhabhas Weiterführung von Edward Saids Untersuchung zum Orientalismus zu einem der wichtigsten Topoi der 'postcolonial studies' geworden. Doch erstaunlich selten sind nach wie vor Forschungen, die das auch an der visuellen Wahrnehmung untersuchen, obwohl dieser ja in fast allen Beschreibungen die Metaphern entnommen sind. Hier genau setzt Susanne Stemmlers spannende Untersuchung an. Sie zeigt in einer Neulektüre von in der Romanistik eher kanonisierten Texten des Orientalismus des 19. Jahrhunderts, wie sich das Spiel von Faszination und Abwehr, von beherrschendem Sehen und irritierendem Begehren des Blicks tatsächlich als ein Ereignis der Sichtbarkeit vollzieht.
Rezension zu Martin Sexl: Literatur und Erfahrung. Ästhetische Erfahrung als Reflexionsinstanz von Alltags- und Berufswissen. Eine empirische Studie, Innsbruck (STUDIA Universitätsverlag) 2003. 532 Seiten.
Was passiert, wenn ein Literaturwissenschaftler mit einer Gruppe von sechs Krankenpflegerinnen Sophokles' 'Antigone', Tolstois 'Der Tod des Iwan Iljitsch' und Shakespeares 'King Lear' liest? Er wird natürlich zu zeigen versuchen, wie Literatur zur Bildung beiträgt. Das ist einerseits recht einfach, weil er ja die Krankenschwestern selbst zu Wort kommen und sie eine Vorher/Nachher-Analyse ihrer Lektüreerfahrung und der darauf folgenden Gruppendiskussion machen lassen kann. Andererseits ist das alles andere als einfach, weil ein solch empirischer Ansatz zwar noch den Bildungsansatz teilt, aber sonst sämtliche Prämissen traditioneller und etablierter Literaturwissenschaft radikal in Frage stellen muß. Folgerichtig nimmt Martin Sexl eine Position zwischen 'bloßer' Empirie und 'reiner' Literarästhetik ein und macht sein Sozial-Experiment fruchtbar im Spannungsfeld zwischen Textanalysen (Kapitel 5) und Reflexion von Berufserfahrung seitens der Krankenschwestern vor und nach der Lektüre (Kapitel 4 und 6).
Rezension zu Kurt Röttgers: Metabasis. Philosophie der Übergänge, Magdeburg (Scriptum) 2002 (= SO|PHI|ST. Sozialphilosophische Studien; Bd. 4). 456 Seiten.
"Eine Philosophie der Übergänge stellt sich dem Problem der radikalen Übergänge." "Philosophie der Übergänge ist das Unternehmen, die Zeitlichkeit von Ereignissen anders als in Geschichten zu denken." Das Programm, das diese lapidare Sätze formulieren, setzt Kurt Röttgers' Studie auch tatsächlich um. Dem allein stehend doch relativ abstrakten Begriff des Übergangs gewinnt diese eine erstaunliche Fülle von nicht nur philosophisch, sondern kultur- und nicht zuletzt literaturwissenschaftlich interessanten Aspekten ab. Das Inhaltsverzeichnis kann als Einladung an den Leser verstanden werden, seine Übergänge selbst zu wählen, statt konsequent von vorne nach hinten zu lesen, wenn er die in der Einleitung und in Abschnitt 1 ("Die Gewalt des Übergangs") thematisierten Denkgrundlagen einmal nachvollzogen hat (was die Rez. empfiehlt, weil es den Gewinn der Lektüre erheblich steigert).
Rezension zu Julia von Rosen: Kulturtransfer als Diskurstransformation. Die Kantische Ästhetik in der Interpretation Mme de Staëls, Heidelberg (Winter) 2004. 306 Seiten.
Es wäre schwer und womöglich müßig zu entscheiden, welches Kapitel in Madame de Staëls kulturgeschichtlich so überaus wichtigem Werk 'De l'Allemagne', mit dem sie in übergreifenden Betrachtungen und vielen Einzelportraits die Tendenzen der deutschen Literatur und Philosophie zwischen 1750 und 1810 international bekannt machte, den größten Einfluß entfaltet hat. Als das Buch, durch die napoleonische Zensur sowohl behindert als auch im Hinblick auf sein Prestige gewaltig aufgewertet, 1813 zunächst in London und nach dem Sturz des Kaisers 1814 in Paris erschien, wurden innerhalb weniger Wochen in ganz Europa 70.000 Exemplare verkauft; bis 1870 kam es auf 15 Auflagen. Das Werk prägte das Deutschlandbild nicht nur mehrerer Generationen von Franzosen, sondern, da es in zahlreiche Sprachen übersetzt wurde, auch vieler Intellektueller in der ganzen Welt. Der im Frühjahr 2004 erschienene, von Udo Schöning und Frank Seemann herausgegebene Sammelband 'Madame de Staël und die Internationalität der Romantik' hat das zuletzt mit Beiträgen etwa zur russischen, britischen, nord- und südamerikanischen, aber auch zur polnischen oder portugiesischen Wirkungsgeschichte eindrucksvoll gezeigt.
Rezension zu Christoph Ribbat: Blickkontakt: Zur Beziehungsgeschichte amerikanischer Literatur und Fotografie (1945-2000), München (Wilhelm Fink) 2003. 359 Seiten.
Dass das Verhältnis von Literatur und Fotografie nach wie vor als ein vergleichsweise unterakzentuiertes Forschungsfeld der medienwissenschaftlich zwar zusehends sensibilisierten, die fortschreitende Entpriviligierung des Skripturalen jedoch oftmals noch immer mit Skepsis verfolgenden Philologien gelten darf, steht außer Frage. Folglich ist jede Studie, die sich um die Aufarbeitung der mannigfaltigen Wechselbeziehungen von 'Schreiben' und 'Lichtschreiben' bemüht, zunächst einmal zu begrüßen. Wenn sie dann auch noch in qualitativer Hinsicht überzeugt - umso besser. Zumindest über weite Strecken gelingt dies der hier zur Diskussion stehenden Untersuchung durchaus, die sich den US-amerikanischen Literatur-Fotografie-Interdependenzen in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts widmet.
Rezension zu Helmuth Kiesel: Geschichte der literarischen Moderne. Sprache, Ästhetik, Dichtung im zwanzigsten Jahrhundert, München (C.H. Beck) 2004. 640 Seiten.
Helmuth Kiesel, Germanist in Heidelberg, der insbesondere mit Arbeiten über Lessing, Döblin und Ernst Jünger hervorgetreten ist, legt mit dieser Monographie ein Resultat jahrzehntelanger Forschung und Lehre vor. Leitbegriff: 'Moderne'.
Rezension zu Karl R. Kegler, Karsten Ley u. Anke Naujokat: Utopische Orte. Utopien in Architektur- und Stadtbaugeschichte, Aachen (Forum Technik und Gesellschaft) 2004. 204 Seiten.
Der vorliegende Band behandelt in einem weitgespannten, von der Vorzeit bis zur unmittelbaren Gegenwart reichenden Überblick ein bislang vernachlässigtes Teilgebiet der Utopie-Forschung und untersucht die Orte, wo die Utopie sich manifestiert und woraus sie besteht: ihre gleichwohl sehr konkreten, in Architektur, Stadtplanung, Literatur, Religion, Philosophie und Bildender Kunst auftretenden Topoi oder: U-Topoi. Hervorgegangen aus einem interdisziplinären Seminar an der Technischen Hochschule Aachen, betritt der Band Neuland, denn eine derart umfassende Analyse und Sammlung der utopischen Orte/Topoi wurde bislang noch nicht vorgenommen, weil eine kulturhistorische Verortung der meist komplex angelegten Utopien die Zusammenarbeit unterschiedlicher Disziplinen notwendig macht, also eine Arbeitsweise verlangt, die trotz der derzeit propagierten Kulturwissenschaft in der Praxis utopisch ist, vor allem, was den Dialog von Geisteswissenschaften mit den Technik- und Naturwissenschaften angeht. Genau hier setzt der Band vermittelnd an.
Rezension zu Reinhard Kacianka u. Peter V. Zima (Hrsg.): Krise und Kritik der Sprache. Literatur zwischen Spätmoderne und Postmoderne, Tübingen, Basel (A. Francke) 2004. 300 Seiten.
Der vorliegende Sammelband nimmt sich eines zentralen Topos von Literatur, Philosophie und Sprachwissenschaft im 20. Jahrhundert an. Obwohl der Untertitel darauf verweist, einen Übergang zwischen Moderne und Postmoderne zu thematisieren, zeigen die Beiträge die Aktualität des behandelten Sujets sowohl für den gegenwärtigen wissenschaftstheoretischen Diskurs als auch für die introspektive Diskussion innerhalb der aufgerufenen Fachgebiete auf.
Rezension zu Joachim Jacob u. Pascal Nicklas (Hg.): Palimpseste. Zur Erinnerung an Norbert Altenhofer, Heidelberg (Winter) 2004 (= Frankfurter Beiträge zur Germanistik; Bd. 41). 240 Seiten.
Die Herausgeber haben den Band der Erinnerung an Norbert Altenhofer gewidmet. Altenhofer selbst hatte sich einen Namen als ausgewiesener Heine-Spezialist gemacht, und so nimmt es nicht wunder, dass sich immerhin vier der insgesamt 12 Beiträge mit Heine beschäftigen. Die restlichen sind zumeist im Bereich der klassischen Moderne angesiedelt und spiegeln damit die komparatistischen Interessen Altenhofers wider. Schließlich folgen noch zwei Texte, die sich mit W. G. Sebald bzw. Günter Eich auseinandersetzen.
Rezension zu Walter Hinderer (Hg.): Codierungen von Liebe in der Kunstperiode, Würzburg (Königshausen & Neumann) 1997. 342 Seiten.
Mit einschlägigen Aufsätzen zu Goethe, Friedrich Schlegel, Novalis, Tieck, Kleist, Brentano, Arnim, Fouqué, Eichendorff und E.T.A. Hoffmann bietet der Band ein breites Spektrum an Autoren, dem eine ebensolche Diversität der Fragestellungen entspricht.
Rezension zu Ralf Hertel: Tanztexte und Texttänze. Der Tanz im Gedicht der europäischen Moderne, Eggingen (Edition Isele) 2002. 153 Seiten.
Ralf Hertel, freier Journalist und Mitglied des Graduiertenkollegs "Körperinszenierungen" an der Freien Universität Berlin, untersucht in dem vorliegenden Buch das Verhältnis von Tanz und Lyrik in der Literatur des beginnenden 20. Jahrhunderts.
Rezension zu Geoffrey Galt Harpham: Language Alone. The Critical Fetish of Modernity, New York, London (Routledge) 2002. 261 Seiten.
Der amerikanische Literaturwissenschaftler Geoffiey Galt Harpham, Präsident und Direktor des National Humanities Center in North Carolina, Gastprofessor für Anglistik an verschiedenen amerikanischen Universitäten sowie Gutachter des Wissenschaftskollegs zu Berlin, der bereits zahlreiche Beiträge zum Thema Sprache und Ethik veröffentlicht hat, legt mit diesem Buch eine in vier Kapitel untergliederte, herausfordernde Studie vor, die vor dem Hintergrund einer erkenntnistheoretischen und humanwissenschaftlichen Argumentation eine grundlegende Kritik am 'linguistic turn' des transdisziplinären wissenschaftstheoretischen Diskurses im 20. Jahrhundert unternimmt.
Rezension zu Gerald Gillespie: Proust, Mann, Joyce in the Modernist Context, Washington/D.C. (The Catholic University of America Press) 2003. 235 Seiten.
Gillespies Studien zur literarischen Moderne greifen teilweise auf frühere und an anderen Stellen publizierte Forschungsergebnisse und Thesen zurück. Sie gliedern sich in zwei Teile: Die Kapitel des ersten Teils erörtern schwerpunktmäßig modernespezifische Formen der Welterfahrung und -darstellung sowie zentrale Themen und charakteristische Strukturen moderner Literatur. Teil II ist vor allem den Oeuvres von Proust, Mann und Joyce gewidmet. Durch eine Fülle von Querbezügen zwischen den im einzelnen verfolgten Fragestellungen ergibt sich ein dichtes Gewebe von präzisen Beobachtungen, Beschreibungen, Argumenten und Thesen zur literarischen Moderne.
Rezension zu Dietrich von Engelhardt u. Hans Wißkirchen (Hg.): "Der Zauberberg" - die Welt der Wissenschaften in Thomas Manns Roman. Mit einer Bibliographie der Forschungsliteratur, Stuttgart, New York (Schattauer) 2003. 217 Seiten.
Noch niemals ist der Zauberberg interdisziplinär mit solcher Verve und in solcher Breite in die Zange genommen worden wie in dem vorliegenden Sammelband.
Rezension zu Centre culturel international Cerisy-la-Salle/Manche: H. P. Lovecraft. Fantastique, mythe et modernité. Actes du Colloque "Lovecraft et ses contemporains" (3.-10.8.1995), Paris (Editions Dervy) 2002. 464 Seiten.
Jüngstes Ergebnis der regen französischen Lovecraft-Forschung ist ein in doppeltem Sinne gewichtiger Sammelband: Hervorgegangen aus einem internationalen, von Jean Marigny und Gilles Menegaldo im August 1995 in Cerisy La Salle veranstalteten Kolloquium, versammelt der Band 21 Beiträge, die sich dem Phänomen Lovecraft von den unterschiedlichsten Seiten nähern.
Rezension zu Peter Brandes: Goethes "Faust". Poetik der Gabe und Selbstreflexion der Dichtung, München (Wilhelm Fink) 2003. 298 Seiten.
Wenn eine Dissertation über Goethes Faust als Untersuchung der Selbstreflexion der Dichtung angelegt ist, drängt sich die Versuchung auf, die Selbstreflexivität noch weiterzuführen und die auf Goethes "Geben und Nehmen" berechneten Ausführungen in der Einleitung auf die vorgelegte Arbeit selbst zu beziehen, denn auch die Begabung des Faust-Dissertanten zeigt sich nicht zuletzt in der Fähigkeit, sich andere Texte "einzuverleiben und für sich fruchtbar zu machen" (9 f.).
Rezension zu Kurt Bayertz, Margit. Frölich u. Kurt W. Schmidt (Hg.): I'm the Law. Recht, Ethik und Ästhetik im Western, Frankfurt/Main (Haag + Herchen Verlag) 2004 (= Arnoldshainer Texte; Bd. 124). 170 Seiten.
Hervorgegangen aus einer Tagung im Jahre 2002, versammelt der Band insgesamt acht methodisch recht unterschiedliche Beiträge, die sich aus interdisziplinärer Perspektive mit dem Phänomen des Westerns auseinandersetzen.
Rezension zu Peter-Andre Alt: Der Tod der Königin. Frauenopfer und politische Souveränität im Trauerspiel des 17. Jahrhunderts, Berlin, New York (de Gruyter) 2004. 261 Seiten.
Der Würzburger Germanist Peter-Andre Alt hat mit 'Der Tod der Königin' eine Studie zur Literatur der Frühen Neuzeit vorgelegt, die weit mehr enthält und verhandelt, als es Titel und Untertitel anzudeuten vermögen. Es geht nicht allein um die theatralische Darstellung weiblicher Herrschaft in deutschen und englischen Trauerspielen des 17. Jahrhunderts, wobei auch Seitenblicke auf die französische Klassik geworfen werden, sondern um einen generellen Problemaufriss der politischen, sozialen und geschlechtsspezifischen Rollenzuweisungen im Rahmen präabsolutistischer Machtkonzepte sowie deren theologische und rechtliche Legitimationsmuster.
Sammelrezension zu Allgemeine Literaturwissenschaft - Wuppertaler Schriften, Berlin (Erich Schmidt) 1999 ff.
Band 1: Rüdiger Zymner (Hg.), Allgemeine Literaturwissenschaft. Grundfragen einer besonderen Disziplin, 2001
Band 2: Frank Zipfel, Fiktion, Fiktivität, Fiktionalität. Analysen zur Fiktion in der Literatur und zum Fiktionsbegriff in der Literaturwissenschaft, 2001
Band 3: Bernhard F. Scholz, Emblem und Emblempoetik. Historische und systematische Studien, 2002
Band 4: Intermedialität im europäischen Kulturzusammenhang. Beiträge zur Theorie und Geschichte der visuellen Lyrik, 2002
Band 5: Dieter Lamping (Hg.), Identität und Gedächtnis in der jüdischen Literatur nach 1945, 2003
Band 6: Holger Korthals, Zwischen Drama und Erzählung. Ein Beitrag zur Theorie geschehensdarstellender Literatur, 2003
Band 7: Kodierte Gefühle. Zu einer Poetik der Emotionen in lyrischen und poetologischen Texten um 1900, 2003
Band 8: Peter Blume, Fiktion und Weltwissen. Der Bezug nichtfiktionaler Konzepte zur Sinnkonstitution fiktionaler Erzählliteratur, 2004
Trotz des Untertitels beschränkt sich die offene Reihe keinesfalls auf Produkte der Bergischen Universität; wohl aber verfolgt sie explizit das ontologische, am Grundsätzlichen Orientierte der Wuppertaler Allgemeinen Literaturwissenschaft: So sind keine historischen, epochenvergleichenden oder rezeptionsbezogenen Studien zu erwarten, sondern solche, die sich anhand von Exempla um die Aufhellung von Gesetzmäßigkeiten, Formprinzipien, Strukturen oder auch um medien- oder sozialwissenschaftliche Kontexte bemühen. Im Mittelpunkt stehen die diversen Varianten der Literaturwissenschaft: als Theorie, ob es nun um Genres, um Intermedialität oder Übersetzung geht.
Das Interesse an Leben und Werk Paul Celans hat in den letzten Jahren stetig zugenommen. Es überrascht daher nicht, daß nun auch eine neue arabische Auswahlübersetzung von Gedichten und Prosastücken des Dichters vorliegt. Dieser an sich begrüßenswerte Umstand wird allerdings, um dies vorwegzunehmen, durch die vielen sprachlichen Mängel der Übertragung sehr beeinträchtigt.
Kafka und die Weltliteratur
(2005)
Tagungsbericht zum internationalen Symposion an der Universität des Saarlandes, Saarbrücken, vom 20. bis 23. September 2004
Die Veranstalter des Saarbrücker Symposions 'Kafka und die Weltliteratur', Manfred Engel (Saarbrücken) und Dieter Lamping (Mainz), wußten, daß sie mit ihrer Tagung die vielfältigen Differenzen innerhalb der Kafka-Forschung nicht würden ausräumen können. Wohl aber hofften sie, die schmale Konsensbasis der Kafka-Forschung durch einen neuen Zugangsweg zu vergrößern: Statt den Autor, wie schon so oft, als (bewunderten) Einzelgänger innerhalb der klassischen literarischen Moderne zu betrachten und alle Anstrengungen auf eine Deutung der Einzeltexte zu konzentrieren, ging es in Saarbrücken erstmals darum, Kafkas Dichtungen in komparatistischer Hinsicht zu kontextualisieren.
Traumdiskurse der Romantik
(2005)
Bericht zur Internationalen Tagung an der Bayerischen Julius-Maximilians-Universität Würzburg, vom 25. bis 27. März 2004
Die Traumtheorien des romantischen Diskursfeldes um 1800 entfalteten erstmals die Vorstellung, dass der Traum selbst narrativen Techniken folgt. Die poetischen Traumerzählungen im Zeitalter der Romantik entwickelten nun neue Darstellungsverfahren, um den Traum ästhetisch abbilden zu können. Dabei wurde ein literarisches Wissen vom Menschen freigelegt, das über die Erkenntnisse der aufklärerischen Anthropologie und der Erfahrungsseelenkunde hinauswies. Das von der Fritz Thyssen Stiftung geförderte Symposion 'Traumdiskurse der Romantik' fand im Rahmen des von Peter-André Alt geleiteten DFG-Forschungsprojekts 'Literatur und Traum in der Kulturgeschichte Alteuropas bis zum Beginn der Moderne (1600-1820)' statt. Im Mittelpunkt der von Peter-André Alt und Christiane Leiteritz organisierten Tagung standen die Fragen nach dem Zusammenhang von Traum und Sprache, der Entdeckung des Unbewussten sowie der Beziehung zwischen Individualität und Universalität in den romantischen Traumtexten.
In den letzten Jahren gab es verstärkt Versuche, die komparatistische Literaturwissenschaft an kulturwissenschaftliche Methodiken anzuschließen. Ob es die Diskussionen um die so genannte Postmoderne waren, ob es das Aufkommen bestimmter methodischer Zugriffe war, die unter den Stichworten Poststrukturalismus, Cultural Studies, Historische Anthropologie usw. subsumiert werden, ob medientechnische Entwicklungen (globale Kommunikationsformen und -netzwerke) daran beteiligt waren oder ob es der selbstlegitimatorische Versuch war, literaturwissenschaftliche Kernbestände im Zeichen einer spätkapitalistischen Ökonomie an die so genannte Informationsgesellschaft anschließbar zu machen - wem diese Erweiterung letztlich zu verdanken ist, werden wohl erst die Historiker der Zukunft entscheiden. Was man auch immer von diesen Annäherungen halten mag, sie haben zu einer enormen Ausdehnung des komparatistischen Fachgebietes geführt. Und nicht nur das: Es dürfte schon jetzt klar sein, dass es keinen Weg zurück gibt, auch wenn die altehrwürdigen literaturwissenschaftlichen Disziplingrenzen der Komparatistik weiterhin Bestand haben. Allerdings ist die Adaption neuerer Methodiken relativ selektiv geschehen. Kann etwa für die Diskursanalyse, Systemtheorie, Dekonstruktion oder Medientheorie gesagt werden, dass sie nach mehr als zwanzig Jahren Diskussion für manche Bereiche literaturwissenschaftlicher Forschung, auch und gerade komparatistischer Provenienz, fast kanonischen Charakter haben, so gibt es zahlreiche andere Ansätze, die, zumal in Deutschland, bislang kaum gewürdigt wurden (vgl. Ernst 2000, 160). Einen dieser 'vergessenen' Ansätze hat der französische Philosoph Gilles Deleuze geliefert.
Volltextsuche
(2005)
[...] Und nun die Komparatistik? Sie mutiert zu einer Volltextwissenschaft. Die Weltliteratur, egal ob im summarischen oder qualitativen Sinn, ist noch nicht homogen digital erschlossen. Dadurch wird es noch lange bei der Bevorzugung großer Namen bleiben. Zugleich aber wird sich allmählich eine Nivellierung einstellen, die die Prioritäten der literaturwissenschaftlichen Suche synchronisiert mit denen der gängigen Suchmaschinen. Netzsuche und Volltextsuche auf begrenzten Datenträgern werden einander überlagern und den Resultaten eine egalitäre Struktur verleihen. Und dies wird auf längere Sicht zweierlei befördern: 1. Die Emanzipation der Trivialliteratur seit den 1960er Jahren, die Ausweitung des Textbegriffs und die kulturwissenschaftliche Orientierung werden in komparatistischen Arbeiten daran ablesbar sein, daß jegliches Kulturzeugnis, das beispielsweise einen bestimmten Mythos berührt, als potentiell zur Sache gehörig betrachtet wird. Alles kommt erst einmal in Frage. 2. Die Anonymität des weltweiten digitalen Korpus führt dazu, daß gerade die Volltextsuche die diskursanalytische These verwirklichen wird.
Die aktuelle Macht und Allgegenwart der Bilder in der Alltagswelt zwingt die Literatur keineswegs dazu, gegenüber den Bildmedien in die zweite Reihe zurückzutreten. Tatsächlich aber wachsen ihr neue Aufgaben zu. Die Proklamation eines 'iconic turn' impliziert die gerade für das literarische Schreiben in der Moderne maßgebliche Frage nach der Sprache und ihren Grenzen, nach der Beziehung sprachlich-literarisch übermittelter Ideen, Konzepte und Modelle zu Bildern und visuellen Strukturen, sowie nach der latenten oder offen manifesten Sprachlichkeit von Bildern. Wenn aber die Rede vom 'iconic turn' einen bewußteren Umgang mit Bildern und visuellen Strukturen impliziert, dann wird er wohl von der Literatur sogar in besonderem Maße unterstützt und wäre demnach ein von dieser und der Bilderwelt gemeinsam getragenes inter-mediales Projekt.
Die Metropole als kultureller und ästhetischer Erfahrungsraum : komparatistische Perspektiven
(2005)
Bericht zur Tagung der Abteilung für Vergleichende Literaturwissenschaft am Germanistischen Seminar der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn, vom 12. bis 14. Juni 2003, gefördert durch die Fritz-Thyssen-Stiftung.
Anläßlich des 60. Geburtstages von Prof Dr. Dolf Oehler veranstaltete die Abteilung für Vergleichende Literaturwissenschaft am Germanistischen Seminar der Universität Bonn im Juni 2003 ein dreitägiges Colloquium zum Thema 'Die Metropole als kultureller und ästhetischer Erfahrungsraum: Komparatistische Perspektiven'. Forscherinnen und Forscher aus Deutschland und Frankreich trugen Ergebnisse ihrer Arbeiten in verschiedenen Disziplinen zusammen und diskutierten den Gegenstand sowohl in seinen historischen als auch in seinen komplexen aktuellen Bezügen.
Literatur ist mehr als eine Belegstelle für literatur- oder medientheoretische Thesen, anderseits erschließt sie sich nicht selbst, sondern antwortet auf Bezugsprobleme. Das Problem, das ich mit Blick auf "Schrift" an Heinrich Heine herantragen möchte, ist die Frage, ob die Literatur sich selbst als Medium beobachtet und ob mit der Figur des 'Jehuda ben Halevy' womöglich Autorschaft unter Bedingungen konkurrierender Medien reflektiert wird. Meine medienkomparatistische Lektüre zielt auf jene Medien der Literatur, die Heine im 'Romanzero' thematisiert und als Bedingung seines eigenen Schreibens reflektiert. Ausgehend von dieser vergleichenden Analyse der Medien des 'Romanzero' werde ich in einem zweiten Teil die hinzugezogenen Medientheorien daraufhin befragen, welche Fragen sie an die Literatur herantragen und welche Antworten sie auf Probleme literarischer Texte geben können.
In den Einzelphilologien hat die feministische bzw. gender-orientierte Literaturwissenschaft längst Fuß gefaßt (auch wenn sie auch dort mitnichten wissenschaftlicher Standard für alle ist). Warum also ist die Komparatistik - nicht nur, aber ganz besonders in Deutschland - im Vergleich zu vielen anderen Kulturwissenschaften in dieser Hinsicht so konservativ, obwohl sie doch das Selbstbild hat, weltoffen, progressiv und als Literaturwissenschaft auch politisch relevant zu sein? Welche Berührungspunkte gibt es zwischen feministischer Literaturwissenschaft bzw. 'Gender/Queer Studies' einerseits und der Komparatistik andererseits? Welche Konsequenzen hätte die Berücksichtigung von Gender als zentrale Analysekategorie (vgl. Hof 1995) in Theorie und Praxis des Faches Komparatistik?
Im Folgenden wird es darum gehen, die - im doppelten Sinne des Wortes - kritische Position der Dekonstruktion zwischen Hermeneutik und Diskursanalyse herauszuarbeiten. Das mit den Ansprüchen strenger Wissenschaftlichkeit scheinbar schwer zu vereinbarende Paradigma der Enttäuschung, das sich aus den Schriften Jacques Derridas wie Paul de Mans ableiten läßt, dient als Leitfaden für den Nachweis des kritischen Potentials, das die Dekonstruktion als eine anti-hermeneutische Textwissenschaft bereithält, die trotz aller Widerstände auf ihrer literaturtheoretischen Eigenständigkeit beharrt.
Wenn sich die Systemtheorie nicht als theoretisches Fundament der Komparatistik eignet, weil Komparatistik nicht theoriefähig ist, sondern schlicht eine pragmatische Option, bei der 'die Literatur überhaupt' im Vordergrund steht, dann stellt sich jetzt die Frage, inwiefern die Systemtheorie einer solchen "Allgemeinen Literaturwissenschaft" behilflich sein kann. Das kann sie in sehr vielfältiger Weise und entsprechende Arbeiten in ihrer unterschiedlichen Ausrichtung können hier natürlich nicht aufgezählt werden. Hier soll- nach einer übergeordneten Bemerkung - nur gezeigt werden, wie die Systemtheorie einen bereits dynamischen Zeichenbegriff in der Vorstellung einer gesamtgesellschaftlichen Dynamik zur Geltung bringen kann: Relevant wird Semiotik erst als Systemtheorie. Das sagt natürlich mehr über Systemtheorie als über Komparatistik aus, aber wie anders wäre komparatistisch zu arbeiten als unter Zuhilfenahme von "fremden" Theorien und Methoden - was im Übrigen für jede andere Philologie auch gilt.
Statt die fruchtlosen Debatten über die Erweiterung oder Ergänzung ihres Aufgabenbereichs fortzusetzen, sollte sich die Vergleichende Literaturwissenschaft auf die Zeit ihrer Entstehung besinnen, da sie sich (vor allem in Frankreich) parallel zur Philosophie und den Sozialwissenschaften entwickelte. Emile Durkheims Einladung an Gustave Lanson, einen Vortrag zum Thema 'L'Histoire littéraire et la sociologie' (1904) an der Ecole des Hautes Etudes zu halten, hatte damals eine symbolische Bedeutung, die heute im sozialwissenschaftlichen Kontext aktualisiert werden könnte. Denn nur eine Vergleichende Literaturwissenschaft, die Anschluß an die sozialwissenschaftlichen Debatten der Vergangenheit und der Gegenwart sucht, kann hoffen, eine theoretische Dynamik zu entfalten, die sie für ihre Gesprächspartner in den Sozialwissenschaften interessant werden läßt. Zu diesen Gesprächspartnern gehören vor allem die anderen Komparatistiken, die von Philologen bisher kaum beachtet wurden: die Vergleichende Soziologie, Semiotik, Politikwissenschaft, Wirtschaftswissenschaft und Rechtswissenschaft. Von ihnen, ihren Problemen und Lösungsvorschlägen, kann die literarische Komparatistik einiges lernen. Zugleich kann sie in bestimmten Fällen den Sozialwissenschaftlern helfen, ihre Probleme zu lösen und neue Probleme zu erkennen.
Die Frage nach der Position der Komparatistik im Rahmen der kulturwissenschaftlichen Neuorientierung der Literaturwissenschaft berührt grundsätzlich das fachliche Selbstverständnis. Jede Standortbestimmung hängt deshalb wesentlich von den Vorstellungen ab, worin die Aufgaben und Kompetenzen der Komparatistik überhaupt bestehen sollen. Neben einer historischen Orientierung des Faches und einer von Fachvertreterin zu Fachvertreter unterschiedlichen Idealvorstellung, die jeweils viel mit dem persönlichen akademischen und wissenschaftsbiographischen Werdegang zu tun hat, gilt es deshalb auch, die institutionellen Rahmenbedingungen in den Blick zu nehmen.
'Komparatistik' - 'Vergleichende Literaturwissenschaft' - 'Allgemeine und Vergleichende Literaturwissenschaft': Was ist das für eine wissenschaftliche Disziplin, die unter drei verschiedenen Bezeichnungen firmiert und damit Verwirrung stiftet. Will diese Wissenschaft durch die Methode des Vergleichs allgemeine Gesetzmäßigkeiten der Literatur herausfinden? Ist der Vergleich die einzige Methode dieser Wissenschaft? Wie stehen Allgemeine und Vergleichende Literaturwissenschaft zueinander? Ergänzen oder fliehen sie sich? Im folgenden stelle ich zunächst einige komparatistische 'Vergleichsmodelle' vor (I.) und klassifiziere und diskutiere anschließend unterschiedliche Verwendungsweisen des Vergleich-Begriffs (II.).
In der zentralen Rhön im Grenzbereich von Bayern und Hessen wurde Festuca heteromalla mehrfach in Grünlandresten in Fichten-Forsten oder auf brachliegenden Waldwiesen angetroffen. Festuca heteromalla unterscheidet sich von der im Gebiet häufigen F. nigrescens durch flache – trocken gefaltete – Blätter der Erneuerungssprosse und bis zu 2,5 mm breite Stängelblätter. Ein verlässliches mikroskopisches Merkmal sind die vergrößerten Zellen am Grunde der Blattfurchen. Mehrfach wurde eine hexaploide Chromosomenzahl von 2n = 42 ermittelt.
Die Grün-Esche ist auf der Mainspitze bei Ginsheim-Gustavsburg eingebürgert und besiedelt ein Areal von etwa 4 ha Fläche. Die Population besteht bereits länger, da Pflanzen aller Altersklassen vorhanden sind. Neben alten, teils schon absterbenden Altbäumen wächst zahlreich Jungwuchs. Die Standorte sind anthropogen gestört: die durch Abgrabungen und Aufschüttungen stark veränderte Mainaue mit Resten des Auenwaldes, die mit großen Blöcken befestigte Mainuferböschung sowie der Geländestreifen neben und unter einer Eisenbahnbrücke. Die einheimische Fraxinus excelsior spart das lokale Areal der nordamerikanischen Art weitgehend aus, ist aber in der Umgebung reichlich vorhanden. Die taxonomische Einstufung der Grün-Esche wird überprüft. Grün- und Rot-Esche (F. pennsylvanica s. str.) verhalten sich in Nordamerika wie geographische Rassen, weshalb für sie der Unterartrang als angemessen angesehen wird. Dies macht eine Neukombination notwendig: F. pennsylvanica subsp. novae-angliae (Wesmael) Buttler, combinatio nova.
[Jahresbericht 2005] Katholische Theologie der Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main
(2005)
Der Begriff der Nationalliteratur fungiert bei Herder […] vor allem als eine Differenzkategorie, die in Frontstellung zu den Konzepten eines universalistischen Rationalismus :und einer durch ihn begründeten klassizistischen Ästhetik entworfen wird, weil in ihrem Horizont das Problem der kulturellen Differenz nicht gedacht werden kann. Herders Konzept ist daher primär zu lesen als ein solches, das nach Wegen sucht, die Frage kultureller Differenz sowohl in synchroner wie in diachroner Perspektive zu erfassen.
Für die Bewertung der Reproduktion bzw. Erhaltung von xerothermen Vegetationseinheiten wurde die Zusammensetzung der Diasporenbanken von neun Pflanzengesellschaften in der Porphyrkuppenlandschaft des unteren Saaletals nordwestlich von Halle untersucht, die von halbnatürlichen Trockenund Halbtrockenrasen (Thymo-Festucetum, Filipendulo-Helictotrichetum, Galio-Agrostidetum, Festuco-Stipetum, Festuco-Brachypodietum) bzw. Zwergstrauchheiden (Euphorbio-Callunetum) bis hin zu mehr oder weniger ruderalisierten Grasdominanzbeständen (Festuca rupicola-Gesellschaft, ruderale Ausbildung des Arrhenatheretum elatioris, Convolvulo-Agropyretum) reichen. Sowohl die Anzahl der aus der Diasporenbank auflaufenden Keimlinge als auch die Artenzahl variierten zwischen den Gesellschaften stark und stiegen mit zunehmendem Hemerobiegrad deutlich an. Der Vergleich der im Boden tatsächlich enthaltenen Diasporen lag dabei deutlich höher, wobei deren Keimfähigkeit aufgrund von Dormanz gehemmt bzw. durch Beschädigungen bei einem Großteil nicht vorhanden war. Die Zusammensetzung der Diasporenbank ist von saisonalen Rhythmen abhängig. Im Herbstansatz liefen sowohl deutlich mehr Arten als auch Individuen auf, wobei im Frühjahr vor allem Arten, die eine langlebige Diasporenbank aufbauen, zu finden waren.
Der Vergleich zwischen Diasporenbank und Zusammensetzung der aktuellen Vegetation ergab bei den einzelnen Gesellschaften nur geringe Übereinstimmungen zwischen ca. 20 bis 40 %. Die Samenbanken werden in der Hauptsache von Arten mit einem langlebigen Diasporenbanktyp aufgebaut, während sich zahlreiche Xerothermrasenarten durch kurzlebige Diasporen auszeichnen. In den Samenbanken der Gesellschaften nimmt der Anteil der Arten mit transientem Diasporentyp mit steigendem Hemerobiegrad ab, wohingegen der Anteil mit long-term persistenten Diasporenbanktyp steigt. Der Anteil von Therophyten (sowohl Arten als auch Individuen) ist in den Samenbanken gegenüber der aktuellen Vegetation um das Doppelte bis Dreifache höher und stieg mit zunehmender Ruderalisierung an. Dies gilt ebenso für die Ruderalstrategen.
Das reproduktive Potential der Diasporenbanken von Xerothermrasen ist mit zunehmender Naturnähe als gering einzuschätzen, wobei die Diasporenbanken von Beständen auf historisch alten Standorten artenärmer sind als die von Gesellschaften auf jüngeren Standorten. Die Erneuerung bzw. Wiederherstellung von artenreichen Xerothermrasen ist deshalb ein schwieriger und langwieriger Prozess und sollte bei der Konzeption eines Pflegemanagements entsprechend berücksichtigt werden.
Diskus : Nr. 2.05
(2005)
Die beiden nordamerikanischen Goldruten-Arten Solidago canadensis und S. gigantea sind in Mitteleuropa weit verbreitet. Häufig wird nicht zwischen den beiden Arten unterschieden, die Angaben zur Ökologie scheinen für beide Arten weitgehend identisch. Durch eine Rasterkartierung des Stadtgebietes von Frankfurt am Main wird gezeigt, dass die Arten jedoch unterschiedliche Ansprüche haben. Während Solidago canadensis sehr häufig ist und alle typisch städtischen Bereiche besiedelt, wird Solidago gigantea nur selten und in eher stadtuntypischen Habitaten vorgefunden. Aufgrund der beobachteten Häufigkeiten und Wuchsorte wird eine Neueinschätzung der Zeigerwerte nach Ellenberg vorgeschlagen.
Anton Vigener im Sommer 1866
(2005)
Buchbesprechungen
(2005)
Internetseiten
(2005)
Die hessischen Botaniker trauern um eine hoch verdiente, jahrzehntelange Mitstreiterin – am 2. Januar 2005 verstarb in Korbach Charlotte Nieschalk, geborene Kupfer, im Alter von 91 Jahren. Sie genoss gemeinsam mit ihrem Ehemann, dem vielfältig interessierten Maler und Restaurator Albert Nieschalk (1904–1985), überregionales Ansehen in Fachkreisen aus Wissenschaft, Naturschutz, Heimatkunde und Kulturgeschichte.
Über neue Funde des Kurzfrüchtigen Weidenröschens (Epilobium brachycarpum) in Frankfurt am Main
(2005)
2004 wurde bei Untersuchungen der Arbeitsgruppe Biotopkartierung, Abteilung Botanik am Forschungsinstitut Senckenberg, erstmals das Kurzfrüchtige Weidenröschen (Epilobium brachycarpum) im Stadtgebiet von Frankfurt nachgewiesen. Bestimmungsmerkmale werden aufgeführt, die Vergesellschaftung wird anhand von Vegetationsaufnahmen dokumentiert und die aktuelle Verbreitungssituation im Stadtgebiet von Frankfurt wird anhand einer Fundortliste sowie einer Verbreitungskarte dargestellt. Von einer weiteren Ausbreitung der Pflanze auf offenen und vegetationsarmen Böden in den nächsten Jahren kann ausgegangen werden.
Das Medium, um das es in meinem Beitrag gehen soll, das Plakat, unterscheidet sich von jenen Medien, die in den anderen Beitragen dieses Bandes verhandelt werden, in einem. wesentlichen Punkt. Ob es sich nämlich um das Buch, die Zeitung, das Internet, die Oper, den Film, das Fernsehen oder das Radio handelt, so betreten wir die Raume, in denen diese Medien wie Rhetorik entfalten, mehr oder weniger willentlich. Das Buch haben wir in der Buchhandlung erstanden oder einer Bibliothek entliehen;' die Zeitung haben wir abonniert; die Fernsehbilder beginnen erst zu rauschen, nachdem wir das Gerät per Fernbedienung eingeschaltet haben; ins Kino oder ins Theater begeben wir uns nach Durchsicht des Spielplans. Ins Internet müssen wir uns einloggen und um Karten für die letzte Ausstellung in der Tübinger Kunsthalle haben wir unter Umstanden lange angestanden – Den Raum jedoch, in dem das Plakat seine rhetorische Wirkung entfaltet, betreten wir in der Regel auf sehr viel unvermitteltere Art und Weise, jedes Mal nämlich, wenn wir auf die Straße hinaustreten. Denn Plakate gehören mit einer solchen Selbstverständlichkeit zum urbanen Lebensraum der Moderne, dass uns für bloßes Vorkommen in einem gewissen Sinne kaum mehr auffällt. Um den Wahrheitswert dieser Aussage zu prüfen, genügt es schon, sich nur einmal zu vergegenwärtigen, an wie vielen Exemplaren dieser Gattung man allein im Verlauf eines einzigen Tages vorbeikommt. Mit ziemlicher Sicherheit werden wir bereits Schwierigkeiten haben, allein die Artzahl zu bestimmen, geschweige denn zu sagen, welchen Gegenständen sie gegolten haben. Aber das heißt keineswegs, dass diese Begegnungen spur- und wirkungslos an uns vorübergegangen waren. Denn auf eben diese Situation, auf den Umstand nämlich, dass ihm oft nur Sekunden bleiben, um seine rhetorische Macht zu entfalten, ist das Plakat sehr gut abgestellt. Fast ist man versucht, in Analogie zur Darwinschen Evolutionstheorie der biologischen Arten von einer optimalen Anpassung dieser Gattung an ihre Umwelt zu sprechen. Ja, diese Anpassung ist so hervorragend, dass von einem Veralten des Plakats selbst im Zeitalter der digitalen Medien nicht die Rede sein kann. 1m Gegenteil verzeichnet die Plakatbranche für die gerade zu Ende gegangenen neunziger Jahre enorme Wachstumsraten. Eine Erfolgsgeschichte also durchaus.
Die Frage, ob sich ästhetische Postulate ins Konzept des „ganzen Menschen“ integrieren lassen, rückt in den letzten Jahrzehnten des 18. Jahrhunderts immer mehr ins Zentrum des anthropologischen Diskurses. An ihr verlaufen Fronten, die den Anspruch auf Ganzheitlichkeit selbst zu fragmentarisieren scheinen. Zum Problem wird nämlich, ob das, was ein Ganzes ist - der Mensch in seinem unverschönerten physischen und psychischen Funktionszusammenhang -, überhaupt noch als ein Gegenstand betrachtet werden kann, der dem emphatischen Menschenbild des Jahrhunderts entspricht. [...] Während die Wissenschaften vom Menschen den Weg zu ihrer bevorstehenden Ausdifferenzierung im 19. Jahrhundert einschlagen und beginnen, die Idee der Ganzheit aufzugeben, rettet sich der Mensch vor den Folgen des ihm im 18. Jahrhundert gewidmeten Interesses erst einmal in die Ästhetisierung seiner Wertungssysteme. [...] Trotzdem ist nicht alles ein Ganzes, was schön ist, und schön, was ein Ganzes ist. Im anthropologischen Stimmengewirr sind auch Programme vernehmbar, die der anthropologischen Gefahr gegenüber unbekümmert den Anspruch auf eine philosophische Begründung des Menschen aufrechterhalten, ohne dessen Aisthetisierung in Ästhetisierung aufgehen zu lassen. Besonders interessant gestaltet sich dies im Fall Johann Karl Wezels, dessen Werk - neben zahlreichen anderen philosophischen und historischen Aktualitäten - auch mit dem zeitgleich entstehenden ästhetisch-anthropologischen Diskurs in unterschwelliger Diskussion steht.
Die Entwicklung von zwei Zwerggras-Populationen in Südhessen wird dokumentiert. Im Naturschutzgebiet Schwanheimer Düne, wo ein kleines Vorkommen auf einer Baumscheibe bestand, ist die Art wahrscheinlich verschwunden. Als Ursachen kommen Bodenverfestigung und Zuwachsen infolge Brache sowie Schafbeweidung in Frage. Bei Dreieich-Sprendlingen sind die Bestände, die 2004 auf 7000 m2 mehrere hunderttausend Pflanzen umfassten und in früheren Jahren noch reicher waren, 2005 auf kleine Reste geschrumpft. Ursache ist die Nutzungsänderung von Gärtnereinutzung zu großflächigem Ackerbau (Mais- und Getreideanbau). Hier ist das Verschwinden der Art absehbar. Nur ein Restbestand ist in einem Hausgarten erhalten geblieben.
Das Konzept der nachhaltigen Entwicklung wird bislang in erster Linie auf politisch und/oder geografisch abgrenzbare Einheiten bezogen. So ist im Sinne der Agenda 21 das Ziel einer global nachhaltigen Entwicklung nur zu erreichen, wenn das Leitbild von den Nationalstaaten bis hin zu den Kommunen anerkannt und umgesetzt wird. Zur Überprüfung der Fort- und Rückschritte der internen Entwicklung wurden zahlreiche Indikatorensysteme entwickelt. Die Operationalisierung der allgemein gehaltenen Brundtland-Definition von Nachhaltigkeit erfolgt dabei meist über die Bestimmung von Themenfeldern oder die Formulierung von Teilzielen für die ökologische, ökonomische und soziale Dimension der Nachhaltigkeit. Was aber bedeutet nachhaltige Entwicklung in den internationalen Beziehungen? Wird Deutschland seinem Anspruch gerecht, sein Verhältnis zu anderen Staaten am Leitbild der Nachhaltigkeit zu orientieren? Wie lässt sich dies überprüfen? Zur Untersuchung dieser Fragen werden im ersten Teil der Arbeit das Konzept der nachhaltigen Entwicklung, die Probleme der Bestimmung und Konkretisierung dieses Konzepts sowie die Frage der Messbarkeit von Nachhaltigkeit und Entwicklung betrachtet. Dabei wird die ab Mitte der 1960er Jahre geführte wissenschaftliche Diskussion zur Bestimmung von Entwicklungs- und Sozialindikatoren, die durch den Human Development Index des UNDP ab 1990 neue Impulse erhalten hat, für die Entwicklung von Nachhaltigkeitsindikatoren anschlussfähig gemacht. Einen weiteren Schwerpunkt bilden die Berücksichtigung des Konzepts nachhaltiger Entwicklung in der amtlichen Statistik und alternative Ansätze zur Erfassung ökologischer Aspekte. Daran schließt die Behandlung von Indikatorensystemen zur Nachhaltigkeit an, wobei der Ansatz der Commission on Sustainable Development (CSD) und die damit in Costa Rica und Deutschland gewonnenen Erfahrungen im Mittelpunkt stehen. Aufbauend auf den theoretischen Grundlagen wird im zweiten Teil ein Indikatorensystem zur Nachhaltigkeit in den internationalen Beziehungen entwickelt und am Fallbeispiel Deutschland – Costa Rica getestet. Zur Ergänzung werden dazu neben den Dokumenten zur United Nations Conference on Environment and Development (UNCED) von 1992 die Ergebnisse der weiteren Weltkonferenzen der 1990er Jahre sowie die Millennium Development Goals (MDG) berücksichtigt. Im Anschluss an die Themenfeldanalyse wird das von der CSD erarbeitete Indikatorensystem auf seine Übertragbarkeit auf internationale Beziehungen hin analysiert. Auf dieser Grundlage wird ein Indikatorensystem vorgeschlagen, mit dem die Entwicklungen in den verschiedenen Teilbereichen internationaler Beziehungen gemessen werden können. In der Schlussbetrachtung wird der Frage nachgegangen, inwieweit sich das entwickelte Analyseraster und die zur Erstellung des Themenkatalogs und des Indikatorensystems herangezogene Methode auf die Beziehungen zu anderen Ländern übertragen lassen. Handlungsvorschläge für die Konzeptionen der Entwicklungszusammenarbeit und für die Weiterentwicklung von Indikatorensystemen bilden den Abschluss der Arbeit.
Erstens bezeichnet das Lexem scherzhaft eine Person, die morgens lange oder im Allgemeinen viel schläft: also folglich ein Morgenmuffel, der entsprechende Schwierigkeiten beim Wachwerden hat. Zweitens wird unter dem gleichen Lemma mit der Wortgruppe seitsemän unikekoa (also ,sieben unikeko-Personen'; vgl. dt. Siebenschläfer) auf den nächsten Wortartikel uniheonpäivä ('Tag des unikeko') zum 27. Juli und zu dessen christlicher Legendentradition hingewiesen. Im Vergleich zu Deutschland also nicht im Juni, sondern erst im Juli wird in Finnland, insbesondere in Naantali, auf Schwedisch Nådendal, d.h. Vallis Gratiae, dieser Siebenschläfertag mit touristischen Attraktionen zelebriert: jährlich wird eine Person zum unikeko gekürt, zur Auszeichnung wird er dann in einer karnevalistischen Zeremonie gar ins Meer geworfen. Drittens wird unikeko als eine Tierbezeichnung für ein kletterndes Nagetier, das Winterschlaf hält, vorgestellt. Es geht um einen Bilch oder eine Schlafmaus - im lateinischen terminologisch heutzutage glis glis genannt. Es fragt sich nun, wie das finnische unikeko auf Deutsch heißt. Unser Interesse gilt in diesem Zusammenhang insbesondere dem semantischen Entsprechungsprofil finnisch unikeko contra deutsch Siebenschläfer und umgekehrt.
In vorliegender Arbeit wurde ein Modell zur Beschreibung des chiralen Phasen Übergangs eines mesonischen Mediums im Gleichgewicht als effektiver Manifestation des Übergangs von hadronischer Materie zum Quark-Gluon-Plasma präsentiert, und im Rahmen eines selbstkonsistenten Vielteilchenresummationsverfahrens in Doppelblasennäherung numerisch gelöst.
Maligne Tumore der Mundhohle und der Zunge stehen weltweit an sechster Stelle aller Krebserkrankungen (Becker, 1997; Werner, 2000). Neben einer Reihe therapeutischer Behandlungsmöglichkeiten nimmt die chirurgische Resektion der Tumore eine wichtige Stellung ein. Auf Grund der häufig sehr ausgedehnten Befunde führt der resektionsbedingte Verlust anatomischer Strukturen im Bereich des Kiefers, des Mundbodens oder der Zunge oft zu Störungen aller oraler Funktionen und Funktionsabläufe. Bei vielen Patienten sind das Kauvermögen, das Schlucken, das Sprechen; die Sensibilität, die Geschmacksempfindung, aber auch die Ästhetik im Kopf- und Halsbereich betroffen (Schroder, 1985; Grimm, 1990; Panje &. Morris, 1995; Reuther & Bill, 1998; Lenarz & Lesinski-Schiedat, 2001). Orale Tumore haben daher einen massiven Einfluss auf die postoperative Lebensqualität der betroffenen Patienten. Neben dem Bemühen das Überleben der Patienten zu sichern, nimmt daher das Bestreben die Lebenssituation der Patienten zu verbessern einen zunehmend wichtigeren Platz ein. Hierzu gehört zum einen, das medizinische Vorgehen so zu planen, dass ein maximaler Funktionserhalt angestrebt wird. Zum anderen ist postoperativ das gezielte sprachtherapeutische Vorgehen wichtig um funktionelle und artikulatorische Fähigkeiten gezielt schulen zu können (Stadtler, 1989). Dies ist jedoch nur möglich, wenn die postoperativen funktionellen Veränderungen bekannt sind. Um eine Prüfung der oralen Fähigkeiten zu ermöglichen, wurde am Zentrum für Allgemeine Sprachwissenschaft ein Motorischer Bogen entwickelt, der eine gezielte und systematische Überprüfung ermöglicht.
Bei einer Fischarten-Erfassung an der Elbe zwischen Arneburg und Sandau fanden Dipl.-Biol. J. Huth, G. Belkner und der Verfasser am 14.10.2004 in der Nähe des rechten Ufers zwischen Strom-km 409 und 410 an einem etwa 10 cm langen Barsch (Perca fluviatilis) ein etwa 2 cm langes Krebstier, das wie eine kleine Garnele aussah. Die Determination dieses Fundtieres durch Frau Dipl.-Biol. U. Michels ergab Atyaephyra desmaresti, die einzige in Deutschland vorkommende Süßwassergarnele.
Artikel 6 FFH-Richtlinie ist für die gesamte EU-Naturschutzpolitik von besonderer Bedeutung, da mit ihm das Verhältnis zwischen Schutz und Nutzung in den Natura 2000-Gebieten geregelt wird. Durch diesen Artikel wird das sog. Umweltintegrationsprinzip, das wichtigste Prinzip des EU-Umweltschutzes, im Bereich Naturschutz umgesetzt. Dieses Prinzip besagt, dass Umweltschutzaspekte im Rahmen anderer Politikbereiche zu berücksichtigen sind.
Am 25.06.2004 fand R. Scharapenko in einer Wasserpfütze in der Teucheler Heide nördlich von Wittenberg „Kiemenfüße“. Der Verfasser konnte am 26.06.04 vor Ort in einer nur ca. 50 x 50 cm großen und ca. 5-10 cm tiefen, lehmigen Pfütze auf einem Weg zwischen zahlreichen Kreuzkrötenlarven (Bufo calamita) ebenfalls viele Kiemenfüße erkennen. Sie erreichten eine Länge von ca. 20 mm. Unter dem Binokular waren die an der Basis durch eine Naht getrennten Frontalanhänge gut zu erkennen, so dass die Artdiagnose Branchipus schaefferi Fischer, 1834, gesichert ist. Somit handelt es sich um den ersten Nachweis dieses Kiemenfußkrebses (Anostraca) für den Kreis Wittenberg.
In eindrucksvoller Weise führt uns der Autor Georg Sperber durch die Urwälder Deutschlands von der Ostseeküste über Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen-Anhalt über den Bayerischen Wald bis in die Alpen. In dem Buch werden nicht nur die Urwälder und Urwaldreste in den Nationalparken dargestellt, sondern alle bemerkenswerten Urwälder in Deutschland anhand von 41 ausgewählten Beispielen. Vorangestellt ist ein Kapitel zur Waldgeschichte in Deutschland, zur Perspektive der Urwälder von morgen, zum Naturschutz und ein kritisches Kapitel zur Forstpolitik.
Auf der Grundlage des Runderlasses des MRLU vom 01.08.2001 „Kohärentes europäisches Netz besonderer Schutzgebiete Natura 2000“ erhielt die Forstverwaltung den Auftrag, eine Anleitung zur Erfassung der Waldlebensraumtypen in FFH-Gebieten zu erarbeiten und in Eigenregie deren Kartierung mit geeignetem Personal durchzuführen. Des Weiteren wurden Behandlungsgrundsätze für die Gewährleistung eines günstigen Erhaltungszustandes der Waldlebenraumtypen aufgestellt.
In der Dissertationsschrift werden spontane und initiierte (gelenkte) Sukzesessionen auf tertiären und quartären Substraten in der Bergbaulandschaft Goitsche zwischen Bitterfeld und Delitzsch beschrieben. Dabei werden in Dauerbeobachtungsflächen und Versuchsflächen sowohl primäre als auch initiierte Vegetationsentwicklungen durch Mähgutverlagerung und Sodenschüttung bzw. Sodensetzung untersucht.
Am 18.03.2005 beging der Naturschutzbeauftragte des Landkreises Bernburg, Herr Helmut Thiel, seinen 70. Geburtstag, ein willkommener Anlass, den jahrzehntelangen unermüdlichen Einsatz des Jubilars für den Natur- und Umweltschutz zu würdigen und ihm vor allem für das große Engagement in der ehrenamtlichen Arbeit ganz herzlich zu danken.
Bördestandorte werden wegen ihrer Fruchtbarkeit seit Menschengedenken ackerbaulich genutzt. Sie stellen heute in der Regel „ausgeräumte“ Landschaften dar, d. h. es existieren dort nur noch wenige strukturbildende Elemente. Das war nicht immer so. Erst seit Beginn der Industrialisierung und Technisierung auch im ländlichen Raum wurde aus der zur biologischen Vielfalt beitragenden Landwirtschaft ein Wirtschaftszweig, der die natürlichen Ressourcen beeinträchtigt. Das Mitteldeutsche Trockengebiet, im Regenschatten des Harzes liegend, zählt mit seinen Bördegebieten zum Typus des ländlichen Raumes mit günstigen Produktionsbedingungen in der Landwirtschaft. Die naturräumliche Entwicklung dieser Gebiete widerspricht jedoch den Zielen des Natur- und Umweltschutzes. Hier muss eine Umkehr negativer Trends bei der Bewahrung der biologischen Vielfalt bzw. dem Schutz der Ressourcen Boden, Wasser und Luft angestrebt werden.
Sachsen-Anhalt verfügt über viele reizvolle und schöne Landschaften, die im Verlauf von Jahrhunderten durch die verschiedenen Nutzungsformen geprägt wurden und die für künftige Generationen zu erhalten und zu entwickeln sind. Dabei tragen neben dem Land Sachsen-Anhalt insbesondere die Eigentümer und Nutzer der Flächen eine besondere Verantwortung. Zur Umsetzung der Ziele des Naturschutzes und der Landschaftspflege, wie sie im Landesnaturschutzgesetz Sachsen-Anhalt formuliert sind, engagieren sich neben den Mitarbeitern des behördlichen Naturschutzes viele ehrenamtliche Helfer und Vereine. Dazu gehören die elf Landschaftspflegeverbände (LPV), die in Sachsen-Anhalt nach der politischen Wende entstanden sind.
Erst die Umsetzung der zahlreichen bestehenden Planungen und Ideen kann positive Folgen für den Naturschutz bedrohter Arten und deren Lebensräume nach sich ziehen. Die Durchführung solcher Maßnahmen kostet aber viel Geld, das den Akteuren häufig fehlt. Trotz geschmälerter öffentlicher Haushalte ist die Chance für das Auffinden von Geldquellen aber gar nicht so schlecht, wie das „Finanzierungshandbuch für Naturschutzmaßnahmen“ des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit erkennen lässt.