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Wasserbedarfsprognosen sind für Wasserversorger eine wichtige Entscheidungsgrundlage für zukünftige Maßnahmen in der wirtschaftlichen und technischen Betriebsführung sowie beim Ressourcenmanagement. In den letzten zwei Jahrzehnten sanken in Deutschland die spezifischen Wasserbedarfe aufgrund von Technik- und Verhaltensinnovationen. Für Regionen mit Wirtschafts- und Bevölkerungswachstum ist aber das Zusammenspiel dieser für den zukünftigen Bedarf konträren Entwicklungen von besonderem Interesse. Auch die Metropolregion Hamburg ist von diesen Entwicklungen betroffen.
Im Auftrag des Wasserversorgers HAMBURG WASSER aktualisierte das ISOE (Forschungsschwerpunkt Wasserressourcen und Landnutzung) in Kooperation mit dem ifo Institut München seine mittel- und langfristige Wasserbedarfsprognose aus dem Jahr 2007 für das Versorgungsgebiet des Auftraggebers. In einem innovativen Konzept wurden dafür Forschungsmethoden aus Natur-, Wirtschafts-, Planungs- und Sozialwissenschaften kombiniert. Mit dem gewählten transdisziplinären Forschungsmodus war das Projekt darauf angelegt, im laufenden Forschungsprozess gemeinsam mit den wissenschaftlichen und außerwissenschaftlichen Projektpartnern das Prognosekonzept weiterzuentwickeln. Der vorliegende Studientext basiert auf dem Projektbericht an HAMBURG WASSER und fasst Prognosekonzept, Modellentwicklung, Prognoseergebnissen und Schlussfolgerungen zusammen.
Das Leistungsfähigkeitsprinzip als zentraler Grundsatz der Einkommensbesteuerung ist in hohem Maße konkretisierungsbedürftig und damit für Wertentscheidungen offen. Diese Offenheit wird von der traditionellen Steuerrechtswissenschaft mit Wertungen gefüllt, die aus der Perspektive der Geschlechtergerechtigkeit äußerst problematisch sind. In diesem Aufsatz werden zunächst Einnahmenseite und Ausgabenseite des Einkommens für die Bemessung der Leistungsfähigkeit betrachtet. Dabei wird aufgezeigt, dass die fehlende Berücksichtigung der Reproduktionsarbeit in Kombination mit dem Ehegattensplitting auf Seite der Einnahmen das Leistungsfähigkeitsprinzip erheblich verzerrt und die Verweigerung der vollen Absetzbarkeit von Kinderbetreuungskosten beispielsweise auf Seite der Ausgaben das traditionelle Familienmodell weiterhin begünstigt. Einem solchen Steuerrecht, das die Genderperspektive systematisch ausblendet, stehen aber Verfassungsnormen entgegen, die im Folgenden anhand der argumentativen Leitlinien skizziert werden. Daher muss das Steuerrecht weiter entwickelt und an die verfassungsrechtlichen Anforderungen an Gleichberechtigung von Mann und Frau gekoppelt werden.
This text is an only slightly modified version of the Herbert Krüger Memorial Lecture that I held upon invitation of the Arbeitskreis Überseeische Verfassungsvergleichung on 4 July 2014 at Bucerius Law School in Hamburg. My point of departure is the observation that even though the economic exploitation of natural resources triggers a multitude of distribution conflicts, international and transnational law treat these conflicts inadequately. While the New International Economic Order had as one of its objectives distributional justice between resource exporting poor states (former colonies) and resource importing high income states (mostly former imperial powers) its demands were never fully realized. Instead a transnational economic law emerged which can be interpreted as itself establishing a distribution order -- albeit a distribution order that is not oriented towards distributional justice, but rather posits the market as the best distribution device. This distribution order has depoliticized and deterritorialized distribution conflicts between resource exporting and resource importing states and has secured – through the promotion of privatizations, protection of foreign investments and dismantling of trade barriers – access to resources for the resource importing states. At the same time it has freed importing states from responsibility for the harms that accrue from resource exploitation to the resource exporting states and their populations. I call in this text for a repoliticization of distribution conflicts at the international as well as the (trans)national level, a repoliticization that may be achieved not only through the reform of political, but also economic institutions.
Um zukünftig den städtischen Verkehr – vor allem in Städten und Regionen mit Bevölkerungszuwächsen – ökologisch nachhaltiger abzuwickeln und gleichzeitig die Stadt als attraktiven Wohnort zu gestalten, wird aktuell in Forschung und Praxis eine Vielzahl unterschiedlicher Konzepte diskutiert und erprobt. Eine mögliche stadtplanerische Maßnahme in diesem Kontext ist die Entwicklung autofreier oder autoreduzierter Stadtquartiere. Im Rahmen bisheriger wissenschaftlicher Untersuchungen sind die Voraussetzungen für die Umsetzung solcher Konzepte meist eher unzureichend dokumentiert und analysiert worden. In dieser Forschungsarbeit wurde deshalb untersucht, welche Relevanz verschiedene stadt- und projektbezogene Rahmenbedingungen und Einflussfaktoren bei der Entwicklung autofreier bzw. autoreduzierter Stadtquartiere besitzen.
Wenngleich bei der Realisierung autofreier oder autoreduzierter Projekte zahlreiche Faktoren wirksam sind, können als Ergebnis der Untersuchung vor allem zwei Aspekte als entscheidend für eine erfolgreiche Umsetzung solcher Projekte betrachtet werden. Dies ist zunächst eine ausreichende Unterstützung der Projekte durch die städtische Politik und Verwaltung. Als zweiter wesentlicher Einflussfaktor kann eine Förderung autofreier und autoreduzierter Projekte durch private Initiativen und Vereine gelten.
Der Beitrag untersucht das in jüngerer Zeit verstärkt diskutierte Phänomen einer – tatsächlichen oder vermeintlichen – „anglo-amerikanischen Rechts-hegemonie“. Es geht dabei um die Frage, ob die Rechtsordnungen Deutschlands und der Europäischen Union unter eine Vormachtstellung des amerikanischen Rechtsdenkens und amerikanischer Regelungsmuster geraten sind oder eine solche vielleicht sogar selbst aktiv befördert haben. In dem Beitrag wird diese Diskussion aus zivilrechtlicher Perspektive aufgegriffen. Nach einer Konkretisierung des Topos der Rechtshegemonie werden dabei zunächst einige Grundcharakteristika des amerikanischen Rechtssystems und des deutschen Rechtssystems gegenübergestellt und zusammengefasst, in welchen Bereichen das deutsche und das europäische Recht in den vergangenen Jahrzehnten durch amerikanische Denk- und Regelungsmuster überformt worden sind. Im Anschluss erfolgt eine Bewertung der zuvor skizzierten Entwicklung, wobei die Unterscheidung zwischen einem intrinsisch orientierten und einem funktional orientierten Verständnis von Rechtskultur als ein Kernproblem der jüngeren rechtsvergleichenden Diskussion im Zentrum steht. Im Ergebnis wird eine tendenziell skeptische Perspektive gegenüber dem suggestiven Bild eines Wettbewerbs der Rechtsordnungen eingenommen und die in jüngerer Zeit häufig geäußerte These der globalfunktionalen Überlegenheit eines wettbewerbsorientierten Rechtsmodells in Zweifel gezogen.
Index zu den Bildtafeln in folgenden Büchern: F. Schumm (2008): Flechten Madeiras, der Kanaren und Azoren.- 1-294, ISBN 978-300-023700-3; F. Schumm & A. Aptroot (2010): Seychelles Lichen Guide. - 1-404, ISBN 978-3-00-030254-1; F. Schumm (2011): Kalkflechten der Schäbischen Alb - ein mikroskopisch anatomischer Atlas. - 1-410, ISBN 978-3-8448-7365-8 ; A. Aptroot & F. Schumm (2011): Fruticose Roccellaceae - an anatomical-microscopical Atlas and Guide with a worldwide Key and further Notes on some crustose Roccellaceae or similar Lichens. - 1- 374, ISBN 978-3-033689-8; F. Schumm & A Aptroot (2012): A microscopical Atlas of some tropical Lichens from SE-Asia (Thailand, Cambodia, Philippines, Vietnam). - Volume 1: 1-455 (Anisomeridium-Lobaria), ISBN 978-3-8448-9258-1, Volume 2: 456-881 (Malmidea -Trypethelium). ISBN 978-3-8448-9259-9; F. Schumm & A. Aptroot (2013): Flechten Madeiras, der Kanaren und Azoren – Band 2 (Ergänzungsband): 1-457, ISBN 978-3-7322-7480-2; F. Schumm & J.A. Elix (2014): Images from Lichenes Australasici Exsiccati and of other characteristic Australasian Lichens – Volume 1: 1-665, ISBN 978-3-7386-8386-9; Volume 2: 666-1327, ISBN 978-3-7386-
8387-5
Die dynamische Entwicklung im Bereich neuer Mobilitätsdienstleistungen hat dazu geführt, dass der städtische Mobilitätsmarkt von einer hohen Dynamik und einer Vielzahl neuer Akteure gekennzeichnet ist. Smartphones und mobiles Internet unterstützen die neuen Angebote wie flexibles, stationäres oder Peer-to-Peer-Carsharing sowie Mitnahme- und Fahrradverleihsysteme. Die neuen Angebote reagieren auf eine veränderte Nachfrage, generieren aber wiederum auch neue Nutzungsmuster. Kommunale und regionale Akteure stehen vor der Aufgabe, auf die neuen Herausforderungen, die sich in räumlichen und politischen Konflikten niederschlagen können, zu reagieren. Die vorliegende Studie zeigt auf Basis einer Bestandsaufnahme von Sharing-Systemen in der Region FrankfurtRheinMain Handlungsoptionen für Vertreter aus Politik und Verwaltung auf, um die neuen Angebote im Sinne einer nachhaltigen Verkehrs- und Stadtentwicklung zu integrieren. Dabei zeigt sie zunächst die Chancen und Herausforderungen auf, die sich aus den jüngsten Entwicklungen ergeben. Anschließend folgt eine ausführliche Bestandsaufnahme, die sich in sechs Handlungsfelder gliedert: Fahrradverleihsysteme, Carsharing, Mitnahmeangebote und Mitfahrparkplätze, Verknüpfung des öffentlichen Verkehrs mit multimodalen Angeboten, multimodale Mobilitätsapps und -plattformen sowie Parken. Dabei werden Aussagen zu Angebotsformen, verkehrlichen und ökologischen Wirkungen sowie zu regionalen Entwicklungen getroffen. Anschließend werden auf Basis vorhandener Untersuchungen und im Rahmen des Projekts durchgeführter Fokusgruppen Nutzungsmuster, Bekanntheit und Attraktivität von Sharing-Systemen dargestellt. Die Handlungsempfehlungen wurden in mehreren Workshops mit regionalen Praxisakteuren aus den Bereichen Stadtverwaltung, Carsharing, Verkehrsverbund, Fahrradverleihsysteme, Mitfahrangebote etc. und vertiefenden Expertengesprächen entwickelt.
Schätzwerte mittelfristiger Gleichgewichtszinsen mit der Methode nach Laubach und Williams (2003) werden inzwischen vielfach in der Diskussion um die Geld- und Fiskalpolitik zitiert. Unter anderem wurden sie von Summers (2014a) als Evidenz für eine säkulare Stagnation angeführt und von Yellen (2015) zur Rechtfertigung der Nullzinspolitik verwendet. In diesem Papier nehmen wir eine umfangreiche Untersuchung und Sensitivitätsanalyse dieser Schätzwerte für die Vereinigten Staaten, Deutschland und den Euro-Raum vor. Aufgrund der hohen Unsicherheit und Sensitivität, die mit den Schätzwerten mittelfristiger Gleichgewichtszinsen mit der Laubach-Williams-Methode und ähnlichen Ansätzen verbunden ist, sollten diese Schätzungen nicht den Ausschlag für entscheidende Weichenstellungen in der Geld- und Fiskalpolitik geben.
Der Aufsatz untersucht das Verhältnis von Antidiskriminierungsrecht und Diversität in der Rechtswissenschaft. Das Verhältnis der beiden Begriffe zueinander ist nicht spannungsfrei. Der Aufsatz befasst sich näher mit der Frage, wie Gleichheit zu verstehen ist und stellt zwei Modelle zum Verständnis von Gleichheit vor: Differenzierungsverbot und Dominierungsverbot. Im Vergleich erweist sich ein Verständnis als Dominierungsverbot wesentlich leistungsfähiger als eine Deutung als Differenzierungsverbot, jedenfalls wenn es um komplexere Formen von Benachteiligung geht.
Im Anschluss wird erörtert, welche Faktoren die Leistungsfähigkeit des Antidiskriminierungsrechts im Hochschulbereich, in dem Frauen auf höheren Positionen immer noch unterrepräsentiert sind, beeinflussen. Hierbei werden verschiedene Erklärungsansätze dargestellt und strukturelle Hürden des Antidiskriminierungsrechts aufgezeigt. Denn die Frage der Durchsetzbarkeit rechtlicher Normen ist ein zentrales Thema für die praktische Wirksamkeit von Antidiskriminierungsrecht. Insoweit ist freilich auch ein Rückgriff auf die Herstellung von Diversität wenig erfolgversprechend.
Der Islam stellt in Deutschland derzeit die größte religiöse Minderheit dar. Für ein friedliches Zusammenleben und einen Ausgleich zwischen verschiedenen Interessen, stellt das Recht wegen der Möglichkeit der Durchsetzbarkeit einen besonders wichtigen Faktor dar. Gegenstand des Aufsatzes ist die Frage, wie die deutsche Rechtsordnung mit religiösen Konflikten umgeht, inwieweit also die Interessen von Muslimen rechtlich geschützt werden. Dazu werden zunächst die verfassungsrechtlichen Maßstäbe zur Religionsfreiheit darge-stellt und die zentralen Kritikpunkte an der bisher ausgesprochen religionsfreundlichen Rechtsprechung analysiert. Sodann wird die Bedeutung dieser Maßstäbe für drei Einzelfragen näher betrachtet. Behandelt werden zum einen Konfliktfelder durch Religionsausübung in der Schule: das freiwillige Gebet von Schülern in Unterrichtspausen, die Befreiung vom Schwimmunterricht sowie die Kopftuchdebatte. Zum anderen werden die Fragestellungen erörtert, ob und inwieweit Scharia vor deutschen Gerichten Anwendung findet und ob und inwieweit sich innerhalb Deutschlands eine Paralleljustiz entwickelt. Abschließend befasst sich der Aufsatz mit der Beschneidung minderjähriger Jungen aus religiösen Gründen. Dieses Thema hat durch ein Urteil des LG Köln aus dem Jahre 2012 politische Aufmerksamkeit erlangt und schnelle Reaktionen des Gesetzgebers ausgelöst.
Rechtsvergleichend wird betrachtet, wem in Deutschland und den USA das Recht zu wählen zusteht. Es wird dargestellt, dass die gleichheitsrechtlich begründete Ausdehnung des Wahlrechts auf früher exkludierte Personengruppen keine lineare Fortschrittsgeschichte ist.
Der Kampf um das Wahlrecht in den USA war weitgehend Teil des Kampfes gegen Rassendiskriminierung. Änderungen des Wahlrechts in bestimmten Einzelstaaten der USA stellen einen erheblichen Rückschritt im Hinblick auf die Allgemeinheit der Wahl dar, da sie Verschärfungen mit sich bringen, die ohnehin schon benachteiligte Bevölkerungsgruppen faktisch vom Wahlrecht ausschließen.
Auch in Deutschland war es ein langwieriger Prozess, bis sich die Allgemeinheit der Wahl durchsetzte. Aber auch in Deutschland ist die Allgemeinheit der Wahl noch in mehrfacher Hin-sicht beschränkt. Insbesondere die Einschränkungen des Wahlrechts für Strafgefangene wie auch das Wahlrecht für Auslandsdeutsche sind verfassungsrechtliche sehr problematisch. Auch Reformvorschläge, wie etwa die Einführung eines Kinderwahlrechts, treuhänderisch durch die Eltern ausgeübt, sind verfassungsrechtlich äußerst bedenklich.
Essayistisch setzt sich diese Kolumne mit der Bevölkerungspolitik auseinander. Die Geburtenrate und die Angst vor dem Bevölkerungsschwund sind zu einem wesentlichen Thema im medialen und politischen Tagesgeschehen geworden. Die Sorge um den ausbleibenden Nachwuchs führt zu Forderungen, dass der Staat zur Erhöhung der Geburtenrate tätig werden müsse im Sinne einer obligatorischen Staatsaufgabe, z.B. um die Sozialsysteme zu sichern. Doch die Steigerung der Geburtenrate ist kein legitimes staatliches Ziel. Die grundrechtliche Freiheit der Eltern verlangt, dass der Staat sich eines Einflusses enthält und keine Anreize zum Kinderbekommen setzt. Familienförderung hat lediglich dafür zu sorgen, dass die Bedingungen für die bereits bestehenden Familien adäquat sind und muss sich als „Ausgleich“ für (finanzielle) Lasten deuten lassen. Einige Förderungsmittel sind kritisch zu be-trachten, da sie überproportional relativ wohlhabenden Familien zugutekommen sowie Anreize setzen, viele Kinder zu bekommen - durch die Anrechnung auf Sozialleistungen jedoch nicht bei armen Familien. Die Veränderung in der Bevölkerungsentwicklung wird Folgen haben, die sich nicht durch eine rückwärtsgewandte, allein an der Steigerung der Geburtenrate orientierte Politik verhindern lassen. Stattdessen ist es an der Zeit, die notwendigen Anpassungsprozesse anzugehen und zu gestalten.
100 Jahre Fachbereich Rechtswissenschaft ist auch ein Grund, derer zu gedenken, die über eine lange Strecke dieser Zeitspanne das Bild des Fachbereichs entscheidend mitgeprägt haben, aber nicht mehr mitfeiern können. Darunter verdient ein Strafrechtsprofessor und Rechtsphilosoph besondere Hervorhebung und Würdigung. Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Winfried Hassemer. Das Verständnis von der gegenseitigen Befruchtung in Theorie-Praxis-Projekten brachte Hassemer aus der akademischen Welt mit in seine hohen Staatsämter: Hessischer Datenschutzbeauftragter, Richter und Vizepräsident des Bundesverfassungsgerichts. Schließlich konnte er in der Rolle des Anwalts gleichsam als „Gegenprobe“ auch noch seine schon lange gezeigte Zuneigung zum Beruf des Strafverteidigers erleben. Der fruchtbare Dialog zwischen Theorie und Praxis setzte sich 12 Jahre lang im „Frankfurter Arbeits-Kreis Strafrecht“ („FAKS“) fort, zu dessen Gründern Hassemer gehörte. Dabei haben Strafverteidiger, Richter, Staatsanwälte, Ministerialbürokratie, Strafvollzugs und Polizeibeamte mit auch Rechtswissenschaftlern im konstruktiven Diskurs die Abstände zwischen unseren „Berufswelten“ verringert. Im Zentrum stand sein Bekenntnis, dass das staatliche Strafen ein „blutiges Geschäft“ ist, das nur als ultima ratio und auch nur dann zu rechtfertigen ist, wenn „schützende Formen“ des Verfahrensrechts strafbegrenzend wirken. Der Fachbereich Rechtswissenschaft wird auch in dem jetzt beginnenden zweiten Jahrhundert seines Bestehens das Andenken an Winfried Hassemer hoch halten.
Rechtswissenschaftliche Abhandlungen und Veranstaltungen zu internationalen Gerichten stehen häufig unter dem Titel „Internationale Streitbeilegung“. Es wäre aber viel besser, so die Leitthese dieses Beitrags, solche Texte und Veranstaltungen als „internationale Gerichtsbarkeit“ zu betiteln. Dies ist keineswegs ein bloßer Streit um Worte, da hinter diesen Alternativen unterschiedliche rechtswissenschaftliche Auffassungen stehen. Im Folgenden sei gezeigt, dass anders als die Be-zeichnung „Internationale Streitbeilegung“ suggeriert, nicht nur eine, sondern vier Funktionen die Rechtsprechung heutiger internationaler Gerichte kennzeichnen. Es handelt sich dabei um: Streitbeilegung im Einzelfall, Stabilisierung normativer Erwartungen, Rechtschöpfung sowie Kontrolle und Legitimation öffentlicher Gewalt. Die Ana-lyse dieser Funktionen zeigt, dass die Bezeichnung „Internationale Streitbeilegung“ überkommen ist. Entsprechend sollte die Bezeichnung des Fachs geändert und es als Teil des Fachs internationale Institutionen verortet werden.
Prozesse der Konstitutionalisierung jenseits des Nationalstaates ver-laufen in zwei unterschiedlichen Richtungen: in transnationalen Politikprozessen jenseits der Nationalstaatsverfassungen, gleichzeitig außerhalb der internationalen Politik in den “privaten” Sektoren der Weltgesellschaft. Die Verfassungssoziologie, die solche Prozesse analysiert, distanziert sich damit von den Verengungen des traditionellen Konstitutionalismus auf den Nationalstaat und fokussiert gesellschaftliche Verfassungen im nationalen und transnationalen Raum. Doch was ist das Gesellschaftliche im gesellschaftlichen Konstitutionalismus? Dies ist aktuell Gegenstand einer vielstimmigen Kontroverse über die Subjekte nichtstaatlicher Verfassungen, ihren Ursprung, ihre Legitimation, ihre Reichweite und ihre inneren Strukturen. Der Beitrag versteht die Kontroverse als „Thema mit Variationen“ und stellt folgende Leitfragen an die zahlreichen Variationen: Was ist in der einzelnen Variation das jeweilige „Kompositionsprinzip“? Welche Schwierigkeiten zeigen sich in dessen Durchführung? Welches sind seine aufhebenswerten Motive? In diesem Sinn wird zunächst das von David Sciulli vorgegebene Thema des gesellschaftlichen Konstitutionalismus kurz vorgestellt. Dann werden sechs Variationen in zwei unterschiedlichen Variationsreihen vorgeführt, einer ersten, die Konstitutionalisierung als Expansion einer einzigen Rationalität in alle gesellschaftlichen Bereiche versteht, einer zweiten, welche trotz der Pluralität des gesellschaftlichen Konstitutionalismus auf der Einheit der Verfassung besteht. Im Schlussteil nehmen drei weitere Variationen schließlich die Motive, die sich als aufhebenswert herausgestellt haben – Meta-Verfassung, Nomos und Narrativ, mediale Reflexivität - wieder auf und entwickeln sie weiter.
Die Globalisierung hat nicht, wie es sowohl ordoliberale als auch kritische Theorien einer globalen „economic constitution“ erwarten, eine einheitliche Weltwirtschaftsverfassung hervorgebracht, sondern eine fragmentierte Kollisionsverfassung, d.h. eine Metaverfassung von Verfassungskonflikten. Als deren kollidierende Einheiten fungieren nicht mehr die Nationalstaaten, sondern transnationale Produktionsregimes. Die von Böhm und Sinzheimer für den Nationalstaat formulierte Alternative von ordoliberaler Wirtschaftsverfassung und sozialdemokratischer Wirtschaftsdemokratie ist in der transnationalen Wirtschaftsverfassung vom Gegensatz zwischen den neokorporatistisch organisierten Produktionsregimes Kontinentaleuropas und den finanzkapitalistisch geprägten Produktionsregimes anglo-amerikanischer Prägung, abgelöst worden. Entgegen allen Voraussagen haben die neo-korporatistischen Wirtschaftsverfassungen Kontinentaleuropas trotz Globalisierung und Wirtschaftskrise eine erstaunliche Resilienz bewiesen. Einer wirtschaftsdemokratischen Konstitutionalisierung eröffnen sich hier neue Chancen dadurch, dass, wie am Beispiel der Corporate Codes gezeigt wird, unternehmensexterne gesellschaftliche Kräfte, also neben staatlichen Interventionen rechtliche Normierungen und „zivilgesellschaftliche“ Gegenmacht aus anderen Kontexten so massiven Druck auf die Unternehmen ausüben, dass sie gezwungen sind, gemeinwohlbezogene Selbstbeschränkungen aufzubauen.
Von Februar bis Juni 2015 hat die Europäische Zentralbank (EZB) die Notfall-Liquiditätshilfen (emergency liquidity assistance, ELA) für griechische Banken von 50 auf etwa 90 Milliarden Euro ausgeweitet. Dies hat zu einer Diskussion unter Wissenschaftlern, Politikern und Praktikern geführt, ob diese Liquiditätshilfen rechtmäßig sind. Es wurde der Vorwurf erhoben, die EZB trage bewusst zu einer Konkursverschleppung der bereits insolventen griechischen Banken bei.
Wir nehmen diesen Vorwurf zum Anlass, die Grundsätze des ELA-Programms genauer zu betrachten und die Frage zu diskutieren, ob das Programm in der aktuellen Situation rechtmäßig war. Zunächst beschreiben wir hierfür aus finanzwirtschaftlicher Perspektive die komplexe Beziehung zwischen der Europäischen Union, der EZB und den griechischen Banken. Dabei gehen wir insbesondere auf die wirtschaftspolitischen Grundsätze einer Währungsunion mit einer unvollständigen Fiskalunion (oder Haushaltskonsolidierung) ein. Vor diesem Hintergrund analysieren wir dann die Entscheidung der EZB, weiterhin Liquiditätshilfen an griechische Banken bereitzustellen. Wir kommen zu dem Ergebnis, dass das Vorgehen der EZB nicht als Konkursverschleppung zu bezeichnen ist.
Kapitalanleger wie Versicherungsnehmer werden oft konfrontiert mit komplexen Produkten und nicht durchschaubaren Unternehmensstrukturen der Anbieter. Gleichzeitig stellt die mögliche Nichterfüllung ihrer Ansprüche häufig ein existenzielles Risiko dar. Deshalb ist es Ziel der Finanzregulierung, Rahmenbedingungen im Finanzdienstleistungsbereich zu schaffen, die wirtschaftliche Abläufe gewährleisten und gleichzeitig den Konsumenten schützen. Dem Nutzen der Regulierung stehen aber auch Risiken gegenüber, die im diesem Artikel am Beispiel der Versicherungsregulierung dargelegt werden.
Dieser Bericht stellt die wesentlichen Ergebnisse der sozialwissenschaftlichen und ökologischen Begleitforschung in der Modellregion Elektromobilität Rhein-Main (SÖB) dar. Dabei wird zunächst das Projektumfeld vorgestellt, indem auf die Rahmenbedingungen des Förderprogramms sowie weitere Programme und Projekte im Bereich Elektromobilität eingegangen wird. Im zweiten Kapitel wird das Projektkonsortium und dessen Einbettung in die Modellregion Rhein-Main erläutert, sowie die Verknüpfung mit der überregionalen Begleitforschung der Nationalen Organisation Wasser- und Brennstoffzellentechnologie (NOW). Im Kapitel 3 wird das Forschungsdesign der SÖB skizziert. Dazu werden einige Erkenntnisse aus der ersten Förderperiode beleuchtet, die für die Forschungsziele der aktuellen Förderperiode ausschlaggebend waren. Des Weiteren erfolgt eine Ausführung der methodischen Vorgehensweisen der Projektpartner. Das darauf folgende Kapitel 4 stellt die wesentlichen Ergebnisse des Projekts dar. Dabei wurde bewusst versucht, die verschie¬denen Erkenntnisse der einzelnen Partner thematisch miteinander zu verknüpfen. Aus den Ergeb¬nissen wurden Handlungsempfehlungen für verschiedene Bereiche und Akteure generiert, die in Kapitel 5 einfließen. Abschließend rundet ein Fazit mit zusammenfassenden Erkenntnissen den Bericht ab.
Diese Rechtskolumne stellt in Form eines Essays den staatsrechtlichen Diskurs und einige seiner Akteure zur Thematik des realen Wandels der Lebensverhältnisse von Ehe und Familie dar und befasst sich mit den Schwierigkeiten dessen normativer Verarbeitung. Der relevante Verfassungstext wurde nicht geändert, umstritten ist die Auslegung und inwieweit sie sich verändern darf. Das Bundesverfassungsgericht erklärte seit 2009 mehr-fach die Ungleichbehandlungen zwischen Ehe- und Lebenspartnern für verfassungswidrig. Die Vereinigung der deutschen Staatsrechtslehrer debattierte auf der Staatsrechtslehrertagung 2013 in Greifswald über Ehe und Familie, wobei es, insbesondere von den Männern, emotiona-le Stellungnahmen gegen die Auflösung der Ehe zu hören gab. Es dreht sich jedoch in diesem Diskurs über Ehe und Familie nicht nur um die Gleichstellung von Lesben und Schwulen. Immer wird auch das Geschlechterverhältnis zwischen Männern und Frauen mitverhandelt. Mit dem oft verteidigten traditionellen Familienbild ist die Ehe als patriarchale Institution gemeint. Bis heute wirkmächtig geblieben ist das spezifisch deutsche Mütterlichkeitsideal: Bleibt Mutti nicht zuhau-se, leidet das Kind. Unsere europäischen Nachbarn teilen diese Einstellung nicht. Das Recht muss akzeptieren und aufnehmen, dass Menschen heute in vielfältigen Familienformen (zu denen unter anderen auch die traditionelle Kleinfamilie gehört) leben.
Das Bundesverfassungsgericht sieht sich wegen seiner Entscheidungen, insbesondere zur europäischen Integration sowie zur rechtlichen Gleichstellung der Ehe mit der eingetragenen Lebenspartnerschaft, in jüngster Zeit mit zunehmender Kritik aus den Reihen der politischen Akteure konfrontiert. Die Rechtskolumne stellt diese Kritik in einen historischen Kontext und zeigt, dass inhaltliche Konflikte zwischen dem Gericht und der Politik ein wiederkehrendes Phänomen darstellen. Daran anschließend werden in der Diskussion stehende Maßnahmen zur Begrenzung des gerichtlichen Einflusses analysiert, die sich aber im Ergebnis als wenig erfolgversprechend bzw. aufgrund ihrer negativen strukturellen Auswirkungen als nicht tragfähig erweisen.
Der Beitrag ruft die zentralen Überlegungen Hugo Sinzheimers zur sozialen Selbstbestimmung, zur Arbeitsverfassung, zum Arbeitsrecht als ein die Grenzen zwischen Zivilrecht und öffentlichem Recht sprengenden Rechtsgebiet sui generis und zur Rechtssoziologie ins Gedächtnis, um daraus einige Folgerungen für die Arbeitsrechtswissenschaft am Fachbereich Rechtswissenschaft der Goethe Universität abzuleiten.
Zugehörigkeit im Sozialstaat
(2015)
Der Beitrag befasst sich mit der aktuell kontrovers diskutierten Frage des Zugangs von Ausländern – insbesondere von Unionsbürgern – zu staatlichen Sozialleistungen. Der Schwerpunkt liegt hierbei auf dem Grundsicherungsrecht, namentlich auf der Regelung des § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 SGB II, wonach arbeitssuchende Unionsbürger von Leistungen zur Grundsicherung ausgeschlossen werden. Unter Berücksichtigung der unionsrechtlichen Grundlagen wird der Frage nachgegangen, inwieweit sich der Leistungsausschluss für Unionsbürger und Ausländer in die dem Sozialleistungsrecht zugrundeliegende Konzeption der Territorialität (§ 30 Abs. 1 SGB I) einfügt. Es wird sich zeigen, dass Leistungsausschlüsse für diese Personengruppen im Grundsicherungsrecht als Konkretisierung des Territorialitätsgrundsatzes zu begreifen sind. Von der Annahme ausgehend, dass der "gewöhnliche Aufenthalt" im Sinne des § 30 SGB I also Dreh- und Angelpunkt für die sozialrechtliche Zugehörigkeit ist, soll die grundsätzliche Frage des Verhältnisses von Sozial- und Aufenthaltsrecht beleuchtet werden. Konkret formuliert geht es zum einen um die Frage, ob es für den Zugang zum Sozialleistungssystem eines rechtmäßigen Aufenthalts bedarf. Dass dies – anders als von einigen Sozialgerichten unter Berufung auf einschlägige Rechtsprechung des EuGH teilweise angenommen – zu verneinen ist, gilt zu zeigen. Zum anderen soll untersucht werden, ob und inwieweit gesetzlich geregelte Anforderungen an den Integrationsgrad von Ausländern für die sozialrechtliche Zugehörigkeit zulässig sind.
Im Wirtschaftsregulierungsrecht treten immer häufiger Mehrpersonenverhältnisse auf: Die Regulierungsentscheidung der Regulierungsbehörde betrifft nicht nur den Adressaten, sondern hat mittelbar auch Wirkungen auf die Ausgestaltung der Wettbewerbsfreiheit der Konkurrenten. Materielles und Verfahrensrecht erlauben aber bisher kaum eine Beteiligung der Interessen des Dritten. Verwaltungsrecht und Verwaltungswissenschaft sind aufgefordert, hierfür Problemkonstellationen zu identifizieren und Lösungsvor-schläge zu unterbreiten.
Der Beitrag analysiert zunächst Dreiecksverhältnisse mit besonderem Blick auf das Wirtschaftsverwaltungsrecht und schlägt als einen möglichen Weg zur Bewältigung daraus resultierender Probleme in Instrumenten der Kooperation vor, wie sie etwa im Gesundheitsrecht mit dem Gemeinsamen Bundesausschuss (GBA) existieren, auch wenn dieses Rechtsgebiet (zu Unrecht) als wenig als wegweisend wahrgenommen wird.
Ilse Staff ist in mehrfacher Hinsicht eine Pionierin. Sie ist die erste Frau, die am Fachbereich Rechtswissenschaft der Universität Frankfurt habilitiert wurde, zugleich die erste Professorin an diesem Fachbereich sowie die erste Frau überhaupt, die sich im öffentlichen Recht im deutschsprachigen Raum habilitierte.
Der Beitrag zeichnet zunächst bedeutende private und berufliche Stationen des Lebens von Ilse Staff nach und widmet sich anschließend ihrem juristischen Werk, in dem ihre politischen Wertmaßstäbe sowohl in der Wahl der Themen wie auch in den inhaltlichen Positionen zum Ausdruck kommen: Ilse Staff setzte sich als eine der ersten kritisch mit der Rolle der Justiz im Dritten Reich auseinander und leistete damit einen maßgeblichen Beitrag zur rechtshistorischen Aufarbeitung der NS-Zeit. Darüber hinaus ist ihr oeuvre geprägt von der rechtsphilosophisch-verfassungstheoretischen Beschäftigung mit den Positionen bedeutender Staatsrechtslehrer der Weimarer Republik sowie umfassenden (rechtsvergleichenden) Auseinandersetzungen mit dem italienischen Staatsrecht bzw. der italienischen Staatslehre.
Die Biographie der Staatsrechtslehrerin Ilse Staff ist beeindruckend, offenbart aber auch jene Hindernisse, mit denen sich Frauen auf dem Weg in die Wissenschaft – auch heute noch – konfrontiert sehen. Der Beitrag analysiert deshalb abschließend, inwiefern diese von der Gen-derforschung identifizierten strukturellen Widerstände Einfluss auf die wissenschaftliche Karrie-re von Ilse Staff gehabt haben könnten.
Der Beitrag hat die Keilschriftrechtsgeschichte als rechtshistorische Teildisziplin zum Gegenstand. Bei ihrer wissenschaftsgeschichtlichen Einordnung zeigt sich eine charakteristische Prägung durch den methodischen Ansatz der historischen Rechtsvergleichung wie auch durch eine stark interdisziplinäre Ausrichtung. Stand und Perspektiven der von juristischer Seite betriebenen Keilschriftrechtsgeschichte werden anhand von aktuellen Forschungsvorhaben im Rahmen Frankfurter Verbundprojekte exemplarisch beschrieben. Dabei wird deutlich, dass das Fach, nicht zuletzt aufgrund der vorgenannten Prägung, in hohem Maße anschlussfähig an kulturübergreifende Erkenntnisinteressen ist.
Das allgemeine Bild, sowohl beim materiellen wie auch beim prozessualen EU-Strafrecht, zeigt, dass trotz der positiven Schritte, die in den letzten Jahren zu verzeichnen sind, noch große Anstrengungen notwendig sein werden, damit man von einer zufrieden stellenden Achtung fundamentaler Strafrechtsprinzipien im Rahmen der EU sprechen kann. Der Beitrag versucht darauf aufmerksam zu machen und Wege zu zeigen, damit fundamentale Straf-rechtsprinzipien das zentrale Instrument einer notwendigen Korrektur werden, die die gemeinsame europäische Rechtskultur fördern können.
Untersucht wird aus verfassungsrechtlicher und kriminal-politischer Sicht, ob auch in Deutschland das Tragen einer Vollverschleierung (Burka, Niqab u.ä.) im öffentlichen Raum mit strafrechtlichen Mitteln verboten werden könnte. Obwohl derartige Praktiken mit dem Grundsatz der Geschlechtergleichheit und den Grundlagen einer offenen Bürgergesellschaft kollidieren, spricht sich die Verf. im Ergebnis gegen ein strafrechtliches Verbot aus.
Die Gründung der Universität durch jüdische Frankfurter Bürger ermöglichte es, in Frankfurt auch Juden, Liberale und Linke zu berufen. So entstand an der Juristischen Fakultät ein Lehrkörper, der liberalem Ideen sowie damals modernen Materien wie dem Völkerrecht, dem Arbeitsrecht und dem Wirtschaftsrecht gegenüber aufgeschlossen war. Dazu trug besonders die Einbeziehung kenntnisreicher Frankfurter Praktikerjuristen als Lehrbeauftragte und Honorarprofessoren bei. Diese Fakultät wurde 1933 zerschlagen. Nach 1945 konnte der Wiederaufbau mit wenigen Angehörigen der alten Fakultät unterstützt von einigen Neuberu-fungen beginnen. Dabei gaben prominente Persönlichkeiten wie Franz Böhm und Walter Hallstein der neuen Fakultät sofort wieder ein liberales Profil. Bei der Vergrößerung des Lehrkörpers durch Schaffung neuer Lehrstühle und erneute Einbeziehung von Praktikerjuristen bereicherten auch Vertreter moderner Rechtsmaterien die Fakultät. Die Studentenunruhe der Jahre 1968 ff. traf die Fakultät in der Phase eines Generationenwechels. Mit dem Plan einer einphasigen Juristenausbildung nach eigener Konzeption scheiterte der Fachbereich. Stattessen refor-mierte er das Lehrprogramm nach methodischen Kriterien. Die Studierendenzahlen nahmen ständig zu mit einem parallel dazu stetig wachsenden Anteil von Studierenden ausländischer Herkunft. Am Ende des 20. Jahrhunderts besaß der Frankfurter Fachbereich ein methodisch wie inhaltlich modernes, liberales Profil.
Für Arbeitswege charakteristisch sind eine räumliche und zeitliche Konzentration in Richtung Arbeitsplatzzentren und zu Tagesrandzeiten sowie ein überdurchschnittlich hoher Anteil des motorisierten Individualverkehrs an der Verkehrsmittelnutzung. So tragen Arbeitswege bedeutend zur zyklischen Belastung der Verkehrsinfrastruktur sowie zu städtischen Verkehrs- und Umweltproblemen bei. Da die Verkehrsmittelnutzung vor allem auch auf Arbeitswegen unter stabilen Rahmenbedingungen außerdem in hohem Maße routinisiert abläuft, kommt sogenannten Umbruchsereignissen in Mobilitätsbiographien eine zentrale Bedeutung hinsichtlich einer Reflexion des Mobilitätsverhaltens zu. Aufgrund dessen wird in dieser Arbeit zum einen untersucht, inwiefern überregionale Wohnumzüge (zwischen Bremen, Hamburg und dem Ruhrgebiet) zu einer Veränderung der Verkehrsmittelnutzung auf Arbeitswegen beitragen. Darauf aufbauend wird mittels multivariaten binär-logistischen Regressionsmodellen untersucht, welche Bedeutung veränderte raumstrukturelle Rahmenbedingungen sowie a priori vorhandene Verkehrsmittelpräferenzen für diese Veränderungen haben. Die Ergebnisse zeigen zum einen, dass es im Anschluss an Wohnumzüge zu einer signifikanten Veränderung der Verkehrsmittelnutzung auf Arbeitswegen in Form von einer Anpassung dessen an die mobilitätsbezogenen Rahmenbedingungen des Zielortes des Wohnumzugs kommt. Anhand der multivariaten Regressionsmodelle kann darüber hinaus ein signifikanter Einfluss raumstruktur- und präferenzbezogener Faktoren auf die Veränderung der Verkehrsmittelnutzung auf Arbeitswegen nachgewiesen werden. Da sich der Einfluss dieser Faktoren je nach Verkehrsmittel zum Teil sehr unterschiedlich gestaltet, werden aus diesen Ergebnissen abschließend verkehrsmittelspezifische Maßnahmen, z.B. zur Gestaltung eines (betrieblichen) Mobilitätsmanagements, abgeleitet.
Den Ausgangspunkt für diese Dissertation bildeten die seit 2010 verstärkt stattfindenden Diskussionen um das Thema Elektromobilität, deren politischer Fokus auf das Elektroautomobil gerichtet ist, was insbesondere in dem Ziel von 1 Mio. Elektroautos, die bis 2020 in Deutschland unterwegs sein sollen, zum Ausdruck kommt. Während die Fortschritte in diesem Bereich aber relativ verhalten waren, hatte sich zu diesem Zeitpunkt bereits die Fahrrad-Elektromobilität aus einem Schattendasein gelöst und in den letzten Jahren erhebliche Zuwächse erzielen können. Nach Erkenntnissen des Zweirad-Industrie-Verbandes (ZIV 2013) hat sich die Anzahl verkaufter Pedelecs zwischen 2009 und 2012 kontinuierlich von 150.000 auf 380.000 erhöht.
Im Rahmen der Dissertation wurde über die Analyse der Akzeptanz, Nutzung und Wirkung von Pedelecs untersucht, ob durch die verstärkte Nutzung dieser technologischen Innovation ein Beitrag zu einem nachhaltigeren und zukunftsfähigen Mobilitätssystem geleistet werden kann. Das Ziel der Untersuchung mit dem Schwerpunkt der berufsbezogenen Mobilität war es, herauszufinden, ob und ggf. wie durch eine Verstärkung der Praxis des Pedelec‐Fahrens ein Wandel innerhalb des Mobilitätssystems erreicht werden kann.
Als Ergebnis der Dissertation kann festgehalten werden, dass die Chancen für einen Wandel des Mobilitätssystems derzeit sehr gut stehen und Pedelecs, als vergleichsweise nachhaltige Fahrzeuge, dazu einen aktiven Beitrag leisten können. Zwar findet die dazu notwendige Nutzung, die insbesondere aber nicht ausschließlich zu einer Reduzierung von Automobilität führt, derzeit noch auf einem relativ niedrigen Niveau statt, so dass von einem systemwirksamen Beitrag noch nicht gesprochen werden kann. Es konnten aber, neben der Substitutionswirkung, noch weitere Wirkungen identifiziert werden, die ebenfalls Beiträge zu einem nachhaltigeren Mobilitätssystem leisten können. Damit wird deutlich, dass eine weitere Förderung von Pedelecs, die als notwendig erachtet wird, nicht nur der Pedelec-Mobilität zugutekommen kann, sondern nachhaltiger Mobilität insgesamt.
In Südtirol wurde 2014 erstmals ein landesweiter Fahrradwettbewerb organisiert, der die Südtiroler Bevölkerung auf spielerische Weise davon überzeugen sollte, für Alltagswege auf das Fahrrad umzusteigen. Die 1.219 Teilnehmenden am Wettbewerb sind insgesamt mehr als 850.000 Kilometer geradelt. Diese Evaluation soll zeigen, ob der Fahrradwettbewerb eine erfolgreiche Maßnahme war, um den Radverkehr in Südtirol zu fördern, also ob tatsächlich eine Verlagerung vom motorisierten Individualverkehr auf den Radverkehr erreicht wurde. Der Erfolg ähnlicher Wettbewerbe wurde bislang vor allem in den Teilnehmer- und Kilometerzahlen gemessen, eine wissenschaftliche Evaluation der durch die Kampagnen erreichten (Verlagerungs-)Effekte fand bislang kaum statt. Die Evaluation des Südtiroler Fahrradwettbewerbs orientiert sich am MaxSumo-Leitfaden zur Evaluation von Mobilitätsmanagementmaßnahmen. Zusätzlich wurden die Motive und Wünsche der Teilnehmenden und Veranstalter herausgearbeitet und der Südtiroler Fahrradwettbewerb mit anderen Fahrradwettbewerben verglichen.
Die These des Beitrags lautet, dass die Ausweitung des Anwendungsbereichs zentraler Materien des Wirtschaftsrechts Ausdruck und weiterer Treiber einer generellen Ökonomisierung der Gesellschaft ist. Hierbei handelt es sich um die Generalisierung ökonomischer, effizienzorientierter Denk- und Handlungsmuster zu einem Analyse- und Bewertungsprinzip für sämtliche sozialen Beziehungen. Zur Überprüfung dieser These sollen die Grenzen des Anwendungsbereichs des Marktverhaltens- und Unternehmens-rechts abgeschritten werden. Die kritisch-normative Pointe geht dahin, vom Wirtschaftsrecht mehr Reflexivität zu verlangen: Es muss die nicht genuin öko-nomischen Gründe für die Begrenztheit seines Regulierungsanspruchs in seine Tatbestandsvoraussetzungen integrieren.
Die Private Krankenversicherung ist explizit seit Einführung der Versicherungspflicht im Jahr 2008 neben der Gesetzlichen Krankenversicherung zweite Säule eines umfassenden Krankenversicherungsschutzes in Deutschland. Sie ist – auch schon traditionell – umfassend reguliert; Versichertenwettbewerb innerhalb der PKV aber auch zur GKV findet in entsprechend enger rechtlicher Strukturierung statt. In den letzten Jahren wird die PKV zudem auch immer stärker bei der Regulierung der Leistungserbringer berücksichtigt bzw. einbezogen. Der Beitrag gibt einen komprimierten Überblick über die Regulierung der PKV als Teil des Gesundheitssystems.
Mehr als 18 Milliarden Euro hat die Commerzbank im Zuge der Finanzkrise in Form von staatlichen Garantien, Kapitalspritzen oder Einlagen erhalten. Auch die Hypo Real Estate, die WestLB, die SachsenLB und die IKB profitierten von Stützungsmaßnahmen. Die EU genehmigte diese und andere staatlichen Hilfsmaßnahmen. Grundsätzlich sind staatliche Stützungsmaßnahmen jedoch als wirtschaftlicher Vorteil zu werten und damit zunächst eine verbotene Beihilfe. In seinem Working Paper betrachtet Tuschl die rechtlichen Grundlagen des EU-Beihilferechts und zeigt die teilweise differierende Praxis der EU-Kommission auf.
Innovative Wasserinfrastrukturen, wie sie etwa mit den Neuartigen Sanitärsystemen entwickelt worden sind, versprechen Effizienzgewinne. Ihre Anwendung bedeutet nicht nur, den Einsatz neuer Techniken, sondern auch, dass sich die im konventionellen System erprobten Arbeitsteilungen zwischen verschiedenen Akteuren verändern. Ebenso können sich Beweggründe und Motivationen der beteiligten Akteure wandeln. Die Innovations- und Umsetzungsschritte werden dabei komplexer. Die Konstellationen der verschiedenen (heterogenen) Akteure und ihre Zusammenarbeit haben dabei hohe Relevanz für die Umsetzung innovativer Infrastrukturkonzepte.
Das vorliegende Diskussionspapier zeigt – aufbauend auf Ergebnisse aus zwei BMBFForschungsvorhaben – welcher Koordinationsbedarf bei einer Umsetzung auf der Quartiersebene zu erwarten ist. Zudem werden Hinweise gegeben, wie sich die Koordination zwischen den beteiligten Akteuren optimieren lässt.
In dem vorliegenden Text wird die „Kritik des ökologischen Diskurses“ analysiert, die von Thomas Gehrig in einem monumentalen zweibändigen Werk vorgetragen wird. Darin kritisiert er fundamental die wissenschaftliche Bearbeitung des Themas in der Sozialen Ökologie. In seiner Studie zieht er 107 Texte von Autorinnen und Autoren aus dem ISOE heran, die in einem Zeitraum von 35 Jahren entstanden sind. Anhand dieser Texte versucht er seine zentralen Thesen zu beweisen: Der ökologische Diskurs lenke von der notwendigen radikalen Kapitalismuskritik ab und treibe die Modernisierung des kapitalistischen Systems voran; eine kritische Theorie der gesellschaftlichen Naturverhältnisse lasse sich philosophisch nicht begründen und sie sei wissenschaftlich unmöglich. Den Maßstab seiner Kritik entnimmt Gehrig der frühen Kritischen Theorie sowie einem von der marxistischen Interpretationsgeschichte gereinigten Marx. In der vorliegenden Analyse wird die aus einer soziologischen Dissertation hervorgegangene Studie als Dokumentation eines politischen Prozesses und eines pseudowissenschaftlichen Tribunals über die Soziale Ökologie detailliert rekonstruiert und dabei gezeigt, wie das von dem Autor beanspruchte Verfahren einer radikalen Kritik funktioniert. Diskutiert wird auch, was aus dem Gehrig’schen Werk dennoch für die Weiterarbeit am theoretischen Programm der Sozialen Ökologie zu lernen ist.
Der Bundesgerichtshof hat mit Urteil vom 28. Januar 2015 entschieden, dass Kinder, die durch künstliche Befruchtung im Wege einer Samenspende gezeugt worden sind, gegen Reproduktionsmediziner und -kliniken einen Anspruch auf Auskunft über die Identität des Samenspenders haben können. Die Geltendmachung des Auskunftsanspruchs setzte kein bestimmtes Mindestalter der „Spenderkinder“ voraus. Der nachfolgende Beitrag analysiert die Konstruktion dieses Anspruchs vor dem Hintergrund eines durch neue Reproduktionstechnologien und gewandelte gesellschaftliche Vorstellungen veränderten Abstammungsrechts. Nach Methodenkritik und Rekonstruktion aus einer gesellschaftlich-institutionellen Perspektive eröffnen sich weitere Aussichten auf zukünftige Formen von Vaterschaft und ein entsprechend zu verwirklichendes Recht auf Kenntnis der eigenen Abstammung.
Elementar für eine zukunftsfähige Verkehrsplanung ist eine möglichst detaillierte Kenntnis des Mobilitätsverhaltens der Bevölkerung in der Region. Zur Analyse des Mobilitätsverhaltens der Bevölkerung in Deutschland wurden in der Vergangenheit auf verschiedenen räumlichen Ebenen mehrere größtenteils voneinander unabhängige Datenerhebungen durchgeführt. Für die Region Frankfurt Rhein-Main besonders relevant sind dabei zum einen die Längsschnitt- bzw. Panelerhebungen des „Rhein-Main-Panels“ (RMP) und des „Deutschen Mobilitätspanels“ (MOP), zum anderen die Querschnittserhebungen der Befragung „Mobilität in Deutschland“ (MiD) und speziell für Frankfurt auch „Mobilität in Städten – SrV“ (SrV).
Ziel dieser Publikation ist es, diese vier unterschiedlichen Erhebungen in einem kurzen Vergleich vorzustellen. Dabei sollen die jeweiligen spezifischen Potentiale, aber auch Einschränkungen aufgezeigt werden, die diese Mobilitätsdatensätze bezüglich der Auswertung und weiteren Nutzung aufweisen. Danach werden in knapper Form mögliche Kombinationsmöglichkeiten dieser Datensätze untereinander, aber auch mit ergänzenden Datenbeständen dargestellt. Anschließend werden die aus den verschiedenen Mobilitätsdatensätzen ermittelten zentralen regionalen Mobilitätskennziffern in einem Vergleich veranschaulicht. Als Abschluss soll schließlich ein kurzer Blick auf mögliche Anwendungsfelder der Mobilitätsdaten in Politik und Planung geworfen werden.
In Absatz 3 des Artikel 136 des Vertrags über die Arbeitsweise der EU (AEUV) wurde für die Verwendung von ESM Geldern festgelegt, dass diese nur dann zur Gewährung von Finanzhilfen verwendet werden dürfen, wenn „... dies unabdingbar ist, um die Stabilität des Euro-Währungsgebiets insgesamt zu wahren." Im vorliegenden Artikel argumentiert Alfons Weichenrieder, dass die nach dem griechischen Referendum entstandene Situation, die Stabilität des “Euro-Währungsgebiets insgesamt" nicht bedroht, so dass die Vergabe von neuen Krediten, zumal diese voraussichtlich unter weichen und im Zweifel nicht durchsetzbaren Auflagen vergeben würden, ein offensichtlicher Verstoß gegen die Grundlagen des ESM wäre.
Mit Blick auf die gescheiterten Verhandlungen mit Griechenland, argumentiert Jan Krahnen im vorliegenden Policy Beitrag, dass eine zielführende Reformagenda nur von der gewählten Regierung Griechenlands formuliert werden kann. Die Euro-Staaten müssten Griechenland für die Zeitdauer einer Restrukturierungszeit eine Grundsicherung zusagen. Die EU-Staaten fordert Krahnen dazu auf, aus der Griechenlandkrise die notwendigen Konsequenzen zu ziehen. Auch die Eurozone brauche eine effektive Reformagenda. Die Verschuldungsdynamik innerhalb der Währungsunion, deren Auswüchse am Beispiel Griechenlands besonders deutlich werden, könne bei fehlendem guten Willen nur durch eine politische Union und eine in sie eingebettete Fiskalunion aufgelöst werden. Krahnen argumentiert, dass ein Weiterverhandeln über Restrukturierungsauflagen aus der derzeitigen verfahrenen Situation nicht herausführen wird. Entscheidend sei, ein mehr oder weniger umfassendes Paket zu schnüren, das Elemente eines teilweisen internationalen Haftungsverbunds mit Elementen eines partiellen nationalen Souveränitätsverzichts verbindet.
Negative Zinsen auf Einlagen – juristische Hindernisse und ihre wettbewerbspolitischen Auswirkungen
(2015)
Im anhaltenden Niedrigzinsumfeld tun Banken sich schwer damit, die ihnen zur Verfügung gestellte Liquidität einer renditeträchtigen Nachfrage zuzuführen. Darüberhinaus müssen sie auf Liquiditätsüberschüsse, die im Rahmen der Einlagenfazilität des Eurosystems über Nacht bei den nationalen Zentralbanken der Eurozone deponiert werden, Strafzinsen entrichtet. Vor diesem Hintergrund könnten Banken durch negative Einlagenzinsen das Anliegen verfolgen, die Nachfrage nach Aufbewahrung von (Sicht)Einlagen zu verringern. Einer solchen Strategie stehen aber aus juristischer Sicht Hindernisse entgegen, soweit der beschriebene Paradigmenwechsel auch im Rahmen existierender Kundenbeziehungen einseitig vorgenommen werden soll. Die rechtlichen Hürden sind weder Ausdruck einer realitätsfernen Haarspalterei, noch eines verbraucherschützenden Furors. Vielmehr ermöglichen sie privaten und gewerblichen Bankkunden, im Zeitpunkt der angestrebten Zinsanpassung bewusst über die Verwendung ihrer liquiden Mittel zu entscheiden.
In der Region Rhein-Main steht mit dem Rhein-Main-Mobilitätspanel (RMP) seit dem Jahr 2008 ein Datensatz zur Verfügung, der im Vergleich zu früheren Datensätzen eine verbesserte Beschreibung der regionalen Mobilitätsentwicklung ermöglicht. In dieser Methodenstudie wird überprüft, inwieweit Anschlussmöglichkeiten dieses Datensatzes mit anderen regionalen Datensätzen bestehen. Das Ziel dieser Studie ist somit die Prüfung, inwiefern in der Region Rhein-Main vorliegende Mobilitäts- und andere (insbesondere raumbezogene) Daten mit dem RMP kombiniert werden können, um daraus neue Erkenntnisse und Handlungsoptionen für die Entscheidungsträger vor Ort zu entwickeln. Im Rahmen der Studie werden sowohl ein Vergleich der Stichprobenzusammensetzung und der Erhebungsmethodik als auch der erfassten Kennziffern durchgeführt und Möglichkeiten zur Kombination mit Raumstrukturdaten überprüft. Weiterhin werden zentrale Mobilitätskennziffern der betrachteten Erhebungen (MiD 2002, 2008; SrV 2008; Deutsches Mobilitätspanel 2002-2008) gegenübergestellt und die Anwendbarkeit des harmonisierten und kombinierten Datensatzes hinsichtlich einer inhaltlichen Fragestellung überprüft.
Die deutsche Steuerpolitik kombiniert hohe Steuersätze mit zahlreichen Ausnahmen. Das reißt Gerechtigkeitslücken, lenkt Investitionen in die falschen Zwecke und verkompliziert das Steuersystem mitunter bis zur Unkenntlichkeit. Bei der Erbschaftsteuer ist dies besonders augenfällig. Der Versuch mit minimalinvasiven Korrekturen Konsistenz in die Erbschaft- und Schenkungsteuer zu bringen ist fast zwangsläufig zum Scheitern verurteilt. Vieles spricht stattdessen für deutlich abgesenkte Steuersätze und eine gleichzeitige Abschaffung der Vergünstigungen für Betriebsvermögen.
Die vorliegende Arbeit wurde im Rahmen des Forschungsprojekts „Integrierte Analyse von mobilen, organischen Fremdstoffen in Fließgewässern“ (INTAFERE) am Institut für Physische Geographie an der Goethe-Universität Frankfurt erstellt. In INTAFERE wurde das Gefährdungspotenzial von mobilen, organischen Fremdstoffen (MOF) für aquatische Ökosysteme und die natürlichen Wasserressourcen in integrierter und partizipativer Art und Weise untersucht. MOF sind chemische Substanzen, die in Alltagsprodukten enthalten sind und durch unterschiedliche Eintragsfade in unbekannten Mengen in Oberflächengewässer eingetragen werden. Problematisch sind aus Umweltgesichtspunkten ihre Eigenschaften: sie besitzen im Wasser eine hohe Mobilität und sind schwer abbaubar. Dies führt zu einer Persistenz über lange Zeiträume. Für einige dieser Substanzen wurde zudem gezeigt, dass sie in sehr geringen Konzentrationen biologisch aktiv sind und für aquatische Ökosysteme eine Gefahr darstellen. In INTAFERE wurden drei zentrale Ziele verfolgt: Charakterisierung des Problemfeldes MOF, Erzeugung von praxisrelevantem Wissen für das Management von MOF und Entwicklung einer Softwareanwendung, die gesellschaftliche Aushandlungsprozesse durch eine transparente Darstellung der Wirkungszusammenhänge im Problemfeld unterstützt. Um einen Beitrag für die Erfüllung der Ziele zu leisten, war es die Aufgabe der Verfasserin, eine Akteursanalyse und -modellierung durchzuführen sowie Zukunftsszenarien im Bereich der MOF zu entwickeln. Dafür existierte keine adäquate Methodik, daher verfolgt die Dissertation zum einen die Entwicklung einer Methodik und zum anderen deren Anwendung im Kontext des Projektes INTAFERE. Da im Forschungsprozess die Durchführung von Analysen, die wissenschaftliche und gesellschaftliche Sichtweise der Problematik sowie die Erarbeitung von praktischen Lösungen im Mittelpunkt standen, wurde eine transdisziplinäre Herangehensweise gewählt. Ziel war es, eine Methodik zu entwerfen, die sowohl eine Entwicklung von Szenarien als auch eine Modellierung von Handlungsentscheidungen umfasst. Eine Modellierung und Visualisierung von Handlungsentscheidungen ist notwendig, um Strategien für ein Umweltproblem für verschiedene Szenarien zu ermitteln, und damit einen Lernprozess der Stakeholder zu initiieren. Dies wurde mit der transdisziplinären Methode „Akteursbasierte Modellierung“ umgesetzt. Hierbei wurden insbesondere Aspekte der Problemwahrnehmung von Akteuren und deren Darstellung, der partizipativen Szenarienentwicklung sowie der semi-quantitativen Modellierung von Handlungsentscheidungen berücksichtigt. Die Verfasserin hat mit der semi-quantitativen akteursbasierten Modellierung eine Methode erarbeitet und getestet, die bisher unverbundene Komponenten (wie die Software Dynamic Actor Network Analysis (DANA) und die Szenarienentwicklung) zusammenführt. Um Handlungsentscheidungen unter verschiedenen Szenarien zu modellieren hat die Autorin eine sequentielle Modellierung entwickelt, die mit der Software DANA durchgeführt werden kann. Die dafür notwendige Weiterentwicklung von DANA wurde von Dr. Pieter Bots (TU Delft) umgesetzt. Die akteursbasierte Modellierung läuft in drei methodischen Schritten ab: 1. Modellierung von Akteurs-Sichtweisen in Form von Wahrnehmungsgraphen und deren Analyse, aufbauend auf Ergebnissen von qualitativen, leitfaden-gestützten Expertengesprächen (= Akteursmodellierung), 2. partizipative Szenarienentwicklung mit den Akteuren und 3. Zusammenführung der Ergebnisse der Akteursmodellierung und der Szenarienentwicklung und darauf aufbauend eine sequentielle Modellierung von Handlungsentscheidungen und deren Auswirkungen auf Schlüsselfaktoren. Im Zuge der Anwendung auf das Problemfeld der MOF wurde für folgende Akteure jeweils ein Wahrnehmungsgraph modelliert: Obere Wasserbehörde, Umweltbundesamt, Umwelt- und Verbraucherschutzorganisationen, Wasserversorger sowie für die Hersteller von verschiedenen MOF, weiterhin für die European Flame Retardants Association und die Weiterverarbeitende Industrie. Das Ergebnis der Szenarienentwicklung waren vier Szenarien: ein Gesundheitsszenario, unter der Annahme von hohen lokalen Umweltstandards durch nachhaltigkeitsorientierte KonsumentInnen, ein Umweltszenario, in dem eine starke Regulierung und nachhaltigkeitsorientierter Konsum Hand in Hand gehen, ein Globalisierungsszenario, in dem Wirtschaftsmacht und preisbewusste KonsumentInnen statt staatliche Regulierung vorherrschen und ein Technikszenario, unter der Annahme, dass Kläranlagen, bedingt durch eine starke Regulierung, aufgerüstet werden. Bei der Modellierung von Handlungsentscheidungen wurden die Wahrnehmungsgraphen und die vier Szenarien miteinander verknüpft. Pro Substanz wurde ein Modell entwickelt, welches die wichtigsten Systemkomponenten in einer angemessenen Komplexität umfasst und die von den Akteuren gemeinsam getragene Einschätzung der Wirkungsbeziehungen darstellt. Insgesamt wurden 16 Modelle entwickelt. Basierend auf den simulierten Akteurshandlungen wurden relativen Veränderungen der Schlüsselfaktoren Produktion, Import und Leistungsfähigkeit der Kläranlagen für die vier genannten Szenarien berechnet. In Zusammenarbeit mit Pieter Bots konnten algorithmische Beiträge zur Analyse- und Modellierungssoftware DANA getestet und verbessert werden. Da keine vollständige und zugleich leicht verständliche Einführung zu DANA vorlag, wurde für Nutzer im Rahmen dieser Dissertation eine Anleitung verfasst, die die Modellierung von Wahrnehmungsgraphen und deren Analyse sowie alle Schritte der akteursbasierten Modellierung mit DANA erläutert.
Nach vorherrschender Lesart prallen im Internet Exklusivitäts- und Zugangsinteressen aufeinander. Das Urheberrecht soll diesen Konflikt in ein angemessenes Gleichgewicht bringen. Im folgenden Beitrag werden die Auseinandersetzungen um das digitale Urheberrecht anders gedeutet. Demnach ist die Online-Kommunikation von zwei koexistierenden Kulturen geprägt, die sich je verschieden zum Urheberrecht verhalten. Die Ausgestaltung des digitalen Urheberrechts wird mit darüber entscheiden, ob das dynamische Nebeneinander von Exklusivitäts- und Zugangskultur fortdauert oder ob eine der beiden Kulturen verdrängt wird. Das Urheberrecht ist folglich als Teil der Internetregulierung zu betrachten.
Das Verhältnis von Zwangsvollstreckungs- und Verfassungsrecht ist nicht nur in Deutschland ein aktuelles Thema in der zivilprozessualen, verfassungsrechtlichen und (verfahrens-) rechtspolitischen Diskussion, wie die vorliegende Themenwahl der o.g. Jahrestagung der International Association of Procedural Law (IAPL) belegt. Ein Ausschnitt aus dieser Gesamtthematik ist Gegenstand dieses Nationalberichts aus der Perspektive des deutschen (Verfahrens-) Rechts, der unter dem Generalhema „Verfassung, Grundrechte und Vollstreckungsrecht“ insbesondere das „Spannungsverhältnis“ der kollidierenden Grundrechte von Vollstreckungsschuldner und -gläubiger behandelt.
Klimaschutz- und Anpassungsmaßnahmen : Zielkonflikte und Synergien mit dem Biodiversitätsschutz
(2015)
Der Klimawandel ist eine der größten Herausforderungen der Gegenwart und seine Auswirkungen auf Natur, Gesellschaft und Wirtschaft werden vielfach untersucht. Minderungs- wie auch Anpassungsmaßnahmen sind somit ein wichtiges Handlungsfeld geworden. Während der Einfluss des Klimawandels auf die Biodiversität bereits seit Längerem Gegenstand wissenschaftlicher Untersuchungen ist, rücken nun auch mögliche Folgen von Klimaschutz- und Anpassungsmaßnahmen auf die biologische Vielfalt in den Fokus der Forschung: So ist eine generelle Treibhausgasreduktion zwar prinzipiell förderlich, jedoch kann die Umsetzung der hierfür notwendigen Maßnahmen zu Zielkonflikten mit dem Biodiversitätsschutz führen. Gleichwohl gibt es Herangehensweisen, die Synergien beider Bereiche erkennen lassen.
Das Papier bietet einen Überblick über Maßnahmen des Klimaschutzes und der Klimawandelanpassung in den Bereichen Wald- und Forstwirtschaft, Moore, Landwirtschaft, nachwachsende Rohstoffe, Fließgewässer, Küsten und Meere. Diese werden mit Blick auf ihre möglichen (sowohl förderlichen als auch abträglichen) Auswirkungen auf die Biodiversität vorgestellt. Mit dieser problemorientierten Diskursfeldanalyse soll ein Beitrag geleistet werden, potentielle Zielkonflikte von Klima- und Biodiversitätsschutz zu erkennen und Synergien zu fördern.
The privatization of Old Age and Survivors Insurance and Disability Insurance was a top priority on president Bush’s domestic political agenda. Although Bush’s reform initiative has failed and president Obama has declared not to privatize social security, the system of public old age security in the United States is still in crisis, mainly because of demographic factors and the ensuing financial problems but also because of the recent and deep economic recession in the United States. This article reviews the initiative of the Bush-Administration to partially privatize social security and analyzes the main objectives behind Bush policy as well as the main arguments against and obstacles to it. By placing Bush politics of privatizing social security in a broader context of comparative welfare state reform, this article discusses the consequences of privatizing social security systems on equality and poverty, as well as on the legitimacy of the political system in general.
Im Jahr 2014 beschäftigten sich sowohl der Deutsche Juristentag als auch die Vereinigung der Deutschen Staatsrechtslehrer mit dem Reformbedarf im Gerichtsverfassungs- bzw. (Zivil-)Prozessrecht sowie mit dem Wandel der Justiz. Das Arbeitspapier ist der methodischen Frage gewidmet, welcher Innovationen die Prozessrechtswissenschaft bedarf, um sowohl Vollzugsdefizite als auch Reformentwicklungen im Recht der Dritten Gewalt sachgerecht untersuchen zu können. Im Mittelpunkt steht die Übertragung der im Verwaltungsrecht inzwischen etablierten Perspektive der Rechtswissenschaft als Steuerungswissenschaft auf das Prozessrecht. Es wird u.a. gezeigt, dass dieser Ansatz wissenschaftsgeschichtlich anschlussfähig ist und – als Referenzbeispiel – für das Verständnis des richterlichen Verfahrensermessens ertragreich sein kann.
Die Untersuchung wurde im Lichte der aktuellen Diskussion um die Grundlagenkrise der Juristenausbildung durchgeführt. Hierbei wird der Anspruch erhoben, die Perspektive von Promotionsstudierenden ebenfalls zu berücksichtigen. Mit einer rechtsmethodologischen Herangehensweise wird nämlich nachgewiesen, dass die analoge (bzw. entsprechende) Anwendung des § 770 Abs. 1 BGB auf sonstige Gestaltungsrechte mit dem Willen des Gesetzgebers nicht übereinstimmt. Die Konsequenzen der Ablehnung der Anwendbarkeit des § 770 Abs. 1 BGB auf sonstige Gestaltungsrechte werden ebenso besprochen wie Wertungs- und Theoriefragen in diesem Zusammenhang. Aus dieser „methodenehrlichen“ Anwendung des § 770 Abs. 1 BGB und den sich hieraus ergebenden Konsequenzen werden sodann Schlussfolgerungen für die Stärkung der Grundlagenfächer gezogen.
In der Pandemie hört die Gesundheit auf, Privatsache zu sein: Aufgrund der kollektiven Gefährdung der Bevölkerung wird sie zu einem öffentlichen Gut, das unter die Schutzverantwortung des Staates und nicht mehr allein unter die Selbstverantwortung des Individuums fällt, ja fallen darf. Pandemieereignisse können die Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung massiv in Frage stellen. Die jedes Mal vorhandene wissenschaftliche Unsicherheit bei neu auftretenden und unbekannten Erregern können Gesellschaften – Experten, Laien und die Politik – in Angst und Schrecken versetzen und zu heftigen Reaktionen zur Gefahrenabwehr in der Sicherheitspolitik führen. Pandemien fordern somit 'den Staat' in seinen Kernwerten heraus; es ist der klassische Konflikt zwischen Sicherheit und Freiheit. Das empirische Beispiel dieses Beitrags untersucht den politische Diskurs über den 'richtigen' Umgang mit dem HI-Virus (Human Immunodeficiency Virus oder HIV) in den 1980er Jahren in der Bundesrepublik. Dass sich dieser Diskurs letztendlich zugunsten der moderateren Position verlagert hat und eine Versicherheitlichung von AIDS (Acquired Immunodeficiency Syndrome) vermieden werden konnte, ist vor allem der institutionellen Gewaltenverschränkung sowie der demokratischen Debatte um die Krankheit geschuldet, in der die Notwendigkeit der Schutzmaßnahmen öffentlich begründet und damit deren Sinnhaftigkeit trotz der vorherrschenden gesellschaftlichen Ängste rational hinterfragt und institutionell eingehegt – also entsicherheitlicht – werden konnte.
ichere Gesellschaften fordern immer mehr Sicherheit. Der Staat, traditionell verantwortlich für die Sicherheitsgewährleistung, gerät dadurch an die Grenzen seiner Steuerungsfähigkeit. In Zeiten globaler Risiken ist er allein schon durch seine territoriale Begrenztheit in seinen Kapazitäten überfordert, die wachsenden Sicherheitsbedürfnisse seiner vielfach verunsicherten Bevölkerung vollständig zu befriedigen. Gleichwohl machen politische Entscheidungsträger immer größere Sicherheitsversprechen, die ihr Verwaltungsapparat in Zeiten begrenzter Haushaltsbudgets kaum mehr einzulösen vermag. Damit befindet sich der Staat in einer paradoxen Situation. Je mehr Sicherheit er bereitstellt, desto weitgehender werden die gesellschaftlichen Sicherheitsanforderungen und desto weniger ist er selber in der Lage, diese zu befriedigen. Der Staat wird zum Opfer seines eigenen Erfolgs. Dies ist einer der Haupteffekte des Wandels der Sicherheitskultur. Dieser Beitrag, der als Einleitung zum zweiten Projektband konzipiert ist, geht auf die Folgen dieses Wandels für die Sicherheitspolitik nach und geht dabei insbesondere auf innenpolitische Faktoren von Sicherheitspolitik ein. In diesem Zusammenhang kommt der Kommunikation von Gefahr und Sicherheit und dem Zusammenwirken von Laien- und Expertenwissen im Rahmen einer demokratischen Sicherheitspolitik eine zentrale Rolle zu.
Obgleich Staaten im Kontext asymmetrischer Konflikte prinzipiell danach streben, nicht-staatlichen Gewaltakteuren Anerkennung und Legitimität vorzuenthalten, wird dieser Doktrin des Nicht-Dialogs weltweit zunehmend zuwider gehandelt. Der Doktrin der Nicht-Anerkennung steht eine Praxis der internationalen, politischen Anerkennung solcher Gruppen entgegen. Doch welchen Einfluss haben die Nicht-Anerkennung und die von internationalen Drittparteien gewährte Anerkennung auf die Gewaltanwendung nicht-staatlicher Gewaltakteure? Die Geschichte der palästinensischen Widerstandsgruppen Fatah (1962 bis 1993) und Hamas (1987 bis 2008) eignet sich, diesen Fragen auf den Grund zu gehen, da sie durch Akte der Anerkennung und Nicht-Anerkennung einerseits und Prozesse der Eskalation und De-Eskalation andererseits geprägt ist. Es zeigt sich, dass eine Strategie der graduellen Anerkennung unter bestimmten Bedingungen zur De-Eskalation nicht-staatlicher Gewalt beitragen kann.
Vor dem Hintergrund der Kontingenz des kulturwissenschaftlichen Forschungsprogramms, also Ursache-Wirkungsrelationen, die weder notwendig noch unmöglich sind, wird in diesem Beitrag ein Konzept von Sicherheitskultur aus Sicht der Akteur-Netzwerk-Theorie vorgestellt. Aus dieser Perspektive erklärt sich der Wandel von Sicherheitskulturen nicht aus einer einzigen Variable, sondern aus vernetzten Interaktionen zwischen menschlichen und nicht-menschlichen Akteuren. Der Versuch mithilfe von nicht-menschlichen Akteuren die gesellschaftliche Ordnung zu stabilisieren produziert dabei stets neue Unschärfen und Kontingenzen, die mit weiteren Stabilisatoren eingehegt werden müssen. Ein solches Konzept von Sicherheitskultur ermöglicht es den Blick auf quasi kausale Interobjektivitäten und deren Unvorhersagbarkeiten zu richten, die mit einer auf rein menschliche Akteure gerichteten Sozialwissenschaft unsichtbar blieben.
Seit einigen Jahren wird in wissenschaftlichen und politischen Kontexten immer häufiger der Begriff der 'Kultur' mit dem der 'Sicherheit' in Zusammenhang gebracht. Diesem Trend liegt offenbar die Vermutung zugrunde, mit dem Kulturbegriff ließen sich ungleichzeitige Veränderungen von objektiver und subjektiver, nationaler und internationaler, sozialer und militärischer Sicherheit beschreiben und das Verhältnis von sicherheitspolitischen Diskursen und sicherheitspolitischer Praxis analysieren. Noch freilich wird der Begriff der 'Sicherheitskultur' so unterschiedlich und unbestimmt verwendet, dass Erkenntnisse aus der einen Disziplin nicht einfach in eine andere übertragen werden können und der politische Sprachgebrauch uneinheitlich bleibt.
Seit dem Jahr 2005 ist der Schutz vor schweren Menschenrechtsverletzungen, Kriegsverbrechen und Völkermord durch die UN zum überwölbenden Ziel von staatlicher, regionaler und globaler Sicherheit erhoben. Diese Schutzverantwortung (Responsibility to Protect, R2P) illustriert somit die Abkehr von "alter" globaler Sicherheitskultur, die sich über Jahrzehnte auf die scheinbar unumstößlichen Eckpfeiler souveräner Gleichheit und strikter Nicht-Einmischung gestützt hatte. Nimmt diese globale Norm aber regionale Sicherheitskomplexe ausreichend in den Blick? In diesem Working Paper beleuchtet die Perzeption der Schutzverantwortung in den regionalen Organisationen Südostasiens und Afrikas durch die Linse ihrer Sicherheitskulturen. Anstatt die Schutzverantwortung bloß als normative Innovation zu erfassen, wird sie als Ausdruck "kulturellen Wandels" konzeptualisiert, um neben der "abstrakten Norm" auch die "konkrete Praxis" in die Betrachtung einfließen zu lassen.
Apokalypsen beruhen auf tradierten Bildern, fiktiven Imaginationen und kulturellen Deutungsmustern. Damit sind weder reproduzierbar noch wissenschaftlich mit validen Methoden beschreibbar. Auch das traditionell starke Risikokonzept der Sozialwissenschaften zur Beschreibung der Zukunft ihres Forschungsgegenstandes greift hier nicht. Der folgende Beitrag unternimmt deshalb den Versuch, im Rahmen dieser sozialwissenschaftlichen Ansätze nach den spezifisch sicherheitskulturellen Aspekten von Apokalypsen zu fragen. Dazu wird eine Typisierung vorgeschlagen, die sich historisch auf das 20. Jahrhundert beschränkt und sich in drei Phasen unterteilt. Kreisten zu Beginn des 20. Jahrhunderts die apokalyptischen Bedrohungsszenarien noch um die Subjekte (die apokalyptische Bedrohung der Menschheit ging von der modernen Gesellschaftsordnung, d.h. von der Menschheit selbst aus), so geriet gegen Mitte des 20. Jahrhunderts zunehmend die objektive Welt der Dinge und Technologien unter Verdacht, eine Apokalypse auszulösen. Inzwischen scheint sich mit Übergang zum 21. Jahrhundert eine dritte Phase von apokalyptischen Szenarien auszudifferenzieren: Existentielle Bedrohungen gehen nicht mehr von identifizierbaren Bedrohungen wie gesellschaftlichen Entfremdungen oder Atomwaffen aus. Vielmehr gelten das Nicht-Identifizierbare, die Ununterscheidbarkeit als existentielle Bedrohung. Auf die Apokalypse der Subjekte und der Apokalypse der Objekte, so der Vorschlag dieses Papiers, folgt die ‚apokalyptoide’, d.h. Apokalypse-ähnliche Situation.
Auf der großen Konferenz der SGIR (Standing Group on International Relations) vom 9.-11. September 2010 in Stockholm, Schweden, organisierten wir eine eigene Sektion zum Thema Sicherheitskultur im Wandel. In sieben panels wurden viele Aspekte dieses Oberthemas diskutiert und erläutert, wie im ausführlichen Konferenzbericht nachzulesen ist
Die Goethe-Universität ist einer der größten Verkehrserzeuger der Stadt Frankfurt. Der Bericht zum Mobilitätsmanagement stellt zunächst die drängendsten Herausforderungen an der Goethe-Universität exemplarisch für den größten Campus, den Campus Westend, dar. Anschließend werden Maßnahmen zur Verbesserung der Situation abgeleitet und hinsichtlich ihrer Wirkung, ihrer zeitlichen Realisierung und der notwendigen Kosten abgeschätzt. Übergreifend wird die Einführung eines institutionalisierten Mobilitätsmanagements für die Goethe-Universität vorgeschlagen. Damit können – in enger Abstimmung mit weiteren städtischen Akteuren – Maßnahmen zu einer sowohl effizienteren als auch umweltfreundlicheren und sicheren Gestaltung des Verkehrs von Studierenden und Beschäftigten umgesetzt werden.
Humanitäre Interventionen sind seit den neunziger Jahren wiederkehrend im Fokus öffentlicher wie wissenschaftlicher Debatten. Erklärungen, warum sich Staaten entschließen, unabhängig von geopolitischen Interessen humanitäre Interventionen zu fordern oder sich an ihnen zu beteiligen, bleiben nach wie vor umstritten. Geteilte Moralvorstellungen und die Bereitstellung eines Handlungsrahmens für die Umsetzungspraxis sind zwei zentrale Analysedimensionen einer internationalen, humanitäre Interventionen befördernden Sicherheitskultur. Eine Normentwicklung kann in diesem Sinne nur in der Kombination mit tatsächlicher Akteurspraxis und medial-öffentlicher Aufmerksamkeit verstanden und beurteilt werden.
Mit umfassenden rechtlichen Regelungen zur Zulassung und Anwendung von chemischen Pflanzenschutzmitteln wurde in Deutschland schon früh versucht, diesen Risiken zu begegnen. Nicht zuletzt in den aktuellen Debatten um Pestizidrückstände in Obst und Gemüse wurde aber auch immer wieder deutlich, dass sich der Zielkonflikt zwischen Anwendungsinteressen und Schutzanforderungen rechtlich nicht vollständig lösen lässt. Im Zentrum des vom Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderten, transdisziplinären Projekts start2 stand daher die Frage: Wie können ergänzend zu rechtlichen Maßnahmen bei der Zulassung Risiken als Folge der bestimmungsgemäßen Anwendung von Pflanzenschutzmitteln weiter und nachhaltig vermindert werden?
Die vorliegende Handreichung gibt konkrete Antworten auf diese Frage. Im Zentrum steht dabei der Ansatz, Risikominderung mehr als bisher in gemeinsamer Verantwortung aller beteiligten gesellschaftlichen Akteure zu betreiben. Damit dies gelingt, muss den einzelnen Akteuren nicht nur aufgezeigt werden, welche Möglichkeiten sie haben, durch ihr Handeln einen wirksamen Beitrag zu dieser Aufgabe zu leisten. Die Handlungsmöglichkeiten der verschiedenen Akteure sollten sich überdies zu einer wirksamen Gesamtstrategie verbinden lassen. start2 hat zu diesem Zweck drei Handlungsfelder untersucht, deren Zuschnitt sich am Lebenszyklus eines Pflanzenschutzmittels ausrichtet: „Entwicklung von Pflanzenschutzmittelwirkstoffen“, "Landwirtschaftliche Pflanzenschutzpraxis“ und „Gewässer und Trinkwasserschutz“.
Die Handreichung richtet sich an Entscheidungsträgerinnen und Entscheidungsträger in Betrieben, Organisationen, Verwaltung und Politik (siehe auch den Lesehinweis auf der folgenden Seite). Sie gibt Informationen und konkrete Empfehlungen, wo neue Handlungsmöglichkeiten ansetzen und wo in der Praxis bereits umgesetzte Maßnahmen weiterentwickelt werden können. In einzelnen Fällen sind die vorgeschlagenen Handlungsmöglichkeiten zur Risikominderung auf den besseren Umgang mit besonders gefährlichen Stoffen zugeschnitten. Im Fokus des Projekts standen dabei Pflanzenschutzmittel, die möglicherweise Gesundheitsschäden auslösen können, indem sie auf das Hormonsystem wirken...
Das Potsdamer Manifest ist ein inspirierender und zugleich irritierender Text. Er hat einen spezifischen Entstehungskontext, die Autoren intervenieren damit in eine politisch-intellektuelle Debatte, laden zum Weiterdenken ein und wollen viel bewirken. Ich habe das Manifest aus diesem Kontext gelöst und es in Beziehung zur eigenen Arbeit gesetzt. Meine Lektüre erfolgt also aus einem recht engen Blickwinkel. Ich arbeite seit vielen Jahren im Frankfurter Institut für sozial-ökologische Forschung im Grenzbereich zwischen Natur- und Sozialwissenschaften. Aus dieser Perspektive ist die Frage besonders interessant, wie in dem Manifest das Verhältnis zwischen menschlichgesellschaftlichen Lebenszusammenhängen und der belebten und unbelebten Natur gesehen und beschrieben wird. Auf diese Frage werde ich mich konzentrieren.
Die Nutzung der natürlichen Ressourcen ist zur Sicherung gesellschaftlichen Aktivitäten unverzichtbar, gleichwohl stehen ihrer nachhaltigen Bewirtschaftung immer neue Veränderungsprozesse und damit einhergehende Herausforderungen gegenüber. In Anbetracht von wirtschaftlichen Konzentrationsprozessen, sozio-strukturellen und demographischen Entwicklungen, technischen Innovationen, globalem Wandel und neuen Erkenntnissen zu Risiken stoßen etablierte klassische Verfahren des Planungsdenkens zunehmend an ihre Grenzen. Vor diesem Hintergrund wurden neue und innovative Ansätze zur Ressourcensicherung entwickelt, die vereinzelt auch bereits in der Praxis realisiert wurden. Sie greifen die Herausforderung gegenwärtiger Veränderungsprozesse konzeptionell auf und überführen sie in angepasste Strukturen und Verfahren. Die vorliegende Arbeit beschreibt diesen Übergang zu einem neuen, angepassten Planungsdenken. In seinem Mittelpunkt steht der Begriff der „sozial-ökologischen Ressourcenregulation“. Am Beispiel der Bewirtschaftung der Wasserressourcen werden aktuelle Entwicklungen vorgestellt und exemplarisch anhand von zwei Fallbeispielen vertieft: dem Fuhrberger Feld und dem Hessische Ried unter den spezifischen Gesichtspunkten von Wassergüte und Wassermenge. Die Entwicklungen in beiden Regionen werden zunächst anhand der Anforderungen an eine sozial-ökologische Regulation bewertet. In einem weiteren Schritt werden verallgemeinerte Schlussfolgerungen für eine verbesserte Ressourcenbewirtschaftung und deren Regulation sowohl hinsichtlich der Wassergüte als auch der Wassermenge gezogen. Es zeigt sich hierbei die große Bedeutung der Entstehung adaptiver Strukturen durch Rückkopplungen und den Einbezug der relevanten gesellschaftlichen Akteure; so ist langfristig auch eine Koexistenz von tendenziell konfligierenden Ressourcennutzungen und deren nachhaltige Entwicklung möglich.
Beispiele klimabedingter Risiken werden verschiedenen Risikoklassen zugeordnet. Risiken lassen sich nicht nur als systemische Risiken erfassen, sondern auch danach unterscheiden, wie gut sich der wahrscheinliche Schadensfall und das wahrscheinliche Schadensausmaß kalkulieren lässt. Für ein besseres Verständnis des Risikos wird hier insbesondere der Einfluss des Klimawandels auf die Entwicklung des Risikos und seine Einschätzung betrachtet. Für diese erste Entfaltung des Verständnisses klimabedingter Risiken wird vergleichend die Typisierung des Wissenschaftlichen Beirats der Bundesregierung Globale Umweltveränderungen herangezogen.
Aufbauend auf einer Literaturanalyse wird der derzeitige technische Entwicklungsstand im Bereich der Wiedergewinnung von Phosphat und Stickstoffverbindungen aus dem häuslichen Abwasser skizziert: Neben der (chemischen) Wiedergewinnung aus dem Abwasser und der Verwendung von Anaerobverfahren sowie die Wiedergewinnung aus Klärschlamm ist auch die Bewässerung mit Abwasser, die Kompostierung sowie die Fraktionierung von Abwasser („Gelbwasser“) eine Möglichkeit zur besseren Ausnutzung der Nährstoffgehalte des Abwassers. Der erzielte Überblick über den derzeitigen Stand der Nährstoffrückgewinnung diente dazu, mögliche Entwicklungsaufgaben zu identifizieren, die einerseits vordringlich (insbesondere zur Lösung globaler Probleme, z.B. zur Beendigung des Ressourcenmangels) erscheinen und deren Lösung andererseits besonders innovative Leistungen erfordern. Die Entwicklungsaufgaben wurden thesenhaft zugespitzt, um so anschließend in einer Delphi-Befragung überprüft werden zu können.
Aufbauend auf einer Literaturanalyse wird der derzeitige technische Entwicklungsstand im Bereich des Grauwasserrecyclings skizziert. Neben mechanisch-biologische Anlagen treten vereinzelt Membranfilteranlagen, aber auch „Low-Tech“-Anlagen. Der Überblick half, mögliche Entwicklungsaufgaben zu identifizieren, die einerseits vordringlich (insbesondere zur Lösung künftiger Wassermengenprobleme) erscheinen und deren Lösung andererseits besonders innovative Leistungen erfordern. Die Entwicklungsaufgaben wurden thesenhaft zugespitzt, um so anschließend in einer Delphi-Befragung überprüft werden zu können.
Aufbauend auf einer Literaturanalyse wird der derzeitige technische Entwicklungsstand im Bereich der Energierückgewinnung aus dem Siedlungsabwasser skizziert. Neben der Wärmerückgewinnung, die sowohl im Kanalnetz als auch dezentral in Gebäuden möglich ist, wurde die Biogasgewinnung sowohl auf Aerobkläranlagen als auch in Anaerobanlagen und die anschließende Aufbereitung der Klärgase in Erdgasqualität ebenso diskutiert wie die Nutzung von Schlämmen als Brennmaterial. Die Darstellung des derzeitigen Entwicklungsstandes half dabei, mögliche Entwicklungsaufgaben zu identifizieren, die einerseits vordringlich erlauben könnten, Abwasser künftig als Energieressource zu betrachten, und deren Lösung andererseits besonders innovative Leistungen erfordern. Die Entwicklungsaufgaben wurden thesenhaft zugespitzt, um so anschließend in einer Delphi-Befragung überprüft zu werden.
Aufbauend auf Interviews mit Experten aus dem Einzugsgebiet und einschlägigen Veröffentlichungen wurden zunächst die touristischen Potenziale des Einzugsgebiets dargestellt, die sich als sehr beachtlich erweisen. Mithilfe der dann durchgeführten Defizitanalyse wurde deutlich, dass diese Potenziale derzeit insbesondere aufgrund einer mangelhaften politischen Flankierung nicht realisiert werden können. In einer SWOT-Analyse konnten die Stärken und Schwächen ebenso wie die Chancen und Risiken einer touristischen Entwicklung des Einzugsgebiets erfasst werden.
Ausgehend von dieser SWOT-Analyse wurden zwei unterschiedliche Szenarien für die nächsten 15 Jahre erarbeitet, neben einem „Weiter-so-wie-bisher“-Szenario einen Best-Case-Fall (aus der Perspektive der nachhaltigen Entwicklung).
Erfahrungen aus einer transdisziplinär angeleiteten Serie von Stakeholder-Workshops zur nachhaltigen Klima-Adaption von mitteleuropäischen Wirtschaftswäldern werden vorgestellt und hinsichtlich der Baumartenwahl, der Risikoreduktion und der Segregation von Funktionen ausgewertet. Eine vorhergehende Diskursfeldanalyse erleichterte sowohl die Auswahl der Stakeholder als auch die anschließende Analyse der durchgeführten Stakeholder-Prozesse. Die ausreichende Beteiligung gesellschaftlicher Anspruchsgruppen trägt nicht nur dazu bei, mögliche gesellschaftliche Anforderungen an die Klima-Adaption von Wirtschaftswäldern zu identifizieren, sondern sie auch so breit zu erörtern, dass damit deren Konkretisierung möglich wird. Soweit eine Atmosphäre gegenseitigen Lernens geschaffen werden kann, können dabei auch bekannte (oder vermutete) Frontstellungen aufgebrochen und Auswege zu einer konfliktvermeidenden Umsetzung (z.B. durch Aufbau einer fachübergreifende Begleitforschung) aufgezeigt werden.
Die Natur unterliegt vielfältigen durch den Menschen hervorgerufenen Umweltbelastungen. Neben Veränderungen der Landnutzung oder Konsummuster stellt der anthropogen verursachte Klimawandel einen entscheidenden Einflussfaktor dar. Nicht nur der Temperaturanstieg an sich ist Auslöser für Ökosystemveränderungen, sondern auch die Folgen des Temperaturanstiegs führen zu massiven Änderungen der Biodiversität. Ökosysteme können so aus dem Gleichgewicht geraten und aufgrund starker Umweltbelastungen schließlich zusammenbrechen. Werden keine Maßnahmen zum Schutz der Biodiversität getroffen, wird es langfristig zu folgenschweren Auswirkungen kommen, die auch die Lebensgrundlage der Menschen stark gefährden. In Deutschland liegt die Verantwortung für den Erhalt der Biodiversität bei verschiedenen Ministerien und Ämtern, die eng miteinander vernetzt sind. Die zentrale Referenz der Bundesregierung stellt dabei die nationale Strategie zur biologischen Vielfalt dar.
Der vorliegende Band analysiert die Biodiversitätsstrategie und ihre Umsetzung als wichtige Diskursarena im Diskursfeld „Klimabedingte Biodiversitätsveränderungen“. Ausgehend von einer Analyse der Akteure auf Bundes- und Länderebene sowie aus Wissenschaft und Zivilgesellschaft werden wichtige gesellschaftliche Handlungsfelder und Forschungslücken ebenso aufgezeigt wie die darin erkennbaren Wissenskonflikte.
Der vorliegende Materialienband entstand im Rahmen der problemorientierten Diskursfeldanalyse zu „Klimabedingten Veränderungen der Biodiversität“. Ziel dabei ist es, prioritäre Themen und zentrale Akteure systematisch darzustellen, sowie Konfliktlinien und zukünftige Handlungsbedarfe innerhalb des Themenfeldes zu identifizieren. Das Millennium Ecosystem Assessment bildet dabei eine zentrale Diskursarena im Diskursfeld. Im Zentrum der Analyse des Millennium Ecosystem Assessments stehen wissenschaftlich beeinflusste Positionen und die Frage nach deren gesellschaftlicher Nutzung.
Es ist von wissenschaftlicher Seite unumstritten, dass die Auswirkungen des Klimawandels bereits heute die Biodiversität auf unterschiedliche Art und Weise stark beeinflussen. Der vorliegende Bericht analysiert daher den Diskurs zum Themenfeld klimabedingte Biodiversitätsveränderungen auf wissenschaftlicher Basis. Dabei werden zunächst kurz die Vorgeschichte und die zentralen Inhalte des Millennium Ecosystem Assessment skizziert. Die Darlegung und Diskussion übergreifender Themenfelder ermöglicht die Festlegung prioritärer Diskursstränge innerhalb der Diskursarena. Diese umfassen sowohl ökosystemare Aspekte als auch wirtschaftliche Handlungsfelder und forscherliche Herausforderungen. In einem weiteren Arbeitsschritt werden umstrittene Wirkungszusammenhänge sowie wissenschaftliche Forschungsbedarfe und gesellschaftliche Handlungsbedarfe erörtert.
Medieninhaltsanalyse zu anthropogenen Spurenstoffen im Wasser : Ergebnisse aus dem Projekt TransRisk
(2014)
Im Projekt TransRisk erstellt das ISOE in Zusammenarbeit mit der Deutschen Vereinigung für Wasserwirtschaft, Abwasser und Abfall (DWA) und der TU-Dresden ein Kommunikationskonzept zur Reduzierung von anthropogenen Spurenstoffen im Wasserkreislauf für die allgemeine Bevölkerung. Hierfür hat das ISOE als Vorarbeit eine Medieninhaltsanalyse von Zeitungsartikeln durchgeführt. Es ging dabei um die Frage, wie das Thema anthropogene Spurenstoffe bisher in der Presse behandelt worden ist. In diesem Studientext werden die Ergebnisse der Medienanalyse vorgestellt. Sie zeigen, dass die Berichterstattung zu anthropogenen Spurenstoffen im Wasserkreislauf in der Regel sachlich ist und nur selten reißerisch oder verharmlosend. Von der Vielzahl an Spurenstoffen stehen Medikamentenreste und Hormone im Mittelpunkt. Konkretes Handlungswissen für Verbraucher wird eher selten vermittelt. Eine zukünftige Kommunikationsstrategie zu anthropogenen Spurenstoffen im Wasserkreislauf sollte daher auf die Vermittlung von solidem Handlungswissen zielen. Weiter lässt sich aus den Ergebnissen ableiten, dass insbesondere bei Spurenstoffen, die nicht aus Medikamenten stammen, zunächst einmal Problembewusstsein geschaffen werden muss.
Für eine Wirkungsabschätzung der forcierten Einführung von Gewächshäusern wurde eine Potenzial- und Restriktionsanalyse aufbauend auf einer Literaturrecherche durchgeführt. Grundsätzlich gestattet der Gewächshausanbau unter den in Vorderasien häufigen ariden und semi-ariden Situationen trotz erheblicher Intensitätssteigerung eine deutliche Verringerung des Wassereinsatzes.
Es sind Lösungsansätze vorhanden, die dazu beitragen können, dort positive Entwicklungspotenziale zu entfalten und die negativen Entwicklungen zu verhindern. Dennoch ist das Gewächshaus kein Allheilmittel. Insbesondere die Vermittlung bzw. regionale Anpassung von Wissen (auch zum Pflanzenschutz), der Erhalt geeigneter Sorten und der Zugang der Landwirte zu diesen sind starke Hemmnisse. Flankierende staatliche und private Fördermaßnahmen sowie neue institutionelle Arrangements bzw. Governancestrukturen erlauben, nachteilige Entwicklungen zu vermeiden und den Erhalt von Ökosystemleistungen zu fördern.
Vorarbeiten zu einer sozial-ökologischen RisDie Nanotechnologie gilt als eine der Schlüsseltechnologien der Zukunft: Die Verringerung der Teilchengröße in den nanoskaligen Bereich führt zu neuartigen physikalischen und chemischen Stoffeigenschaften, welche Innovationspotenzial in vielfältigen Anwendungsfeldern versprechen. Besonders in den letzten zwei Jahrzehnten hat die Nanotechnologie wirtschaftlich an Bedeutung gewonnen, da immer mehr nanotechnologische Entwicklungen kommerziell umgesetzt werden. Aufgrund des breiten Anwendungsspektrums und der Vielzahl unterschiedlicher Materialien ist bisher weder eine transparente Darstellung der tatsächlichen wirtschaftlichen Bedeutung noch eine adäquate Bewertung potenzieller Gesundheits- und Umweltrisiken, die aus den neuartigen nanospezifischen Eigenschaften hervorgehen könnten, möglich.
Das Papier gibt einen aktuellen Überblick über den Stand des Wissens zum Thema Nanotechnologie, wobei besonderer Fokus auf den Bereich Risiko, Toxikologie und Ökotoxikologie sowie Risikowahrnehmung und -kommunikation gelegt wird. Die Ergebnisse der Literaturstudie sollen künftig dazu dienen, zu prüfen, welchen Beitrag ein sozial-ökologischer Forschungsansatz zur nachhaltigen Entwicklung und Nutzung der Nanotechnologie leisten kann.
Arzneimittelrückstände werden heute in zahlreichen Gewässern nachgewiesen. Kleinste Spuren finden sich sogar im Trinkwasser. Auch wenn die Konzentrationen in der Regel sehr gering sind, belegen Forschungsergebnisse für einzelne Wirkstoffe klare Umweltrisiken. Fische, Frösche und Kleinstlebewesen zeigen deutliche Reaktionen auf Medikamentenwirkstoffe im Wasser. Gefahren für die menschliche Gesundheit bestehen nach heutigem Kenntnisstand nicht. Aus Umweltschutz- und Vorsorgegründen ist es jedoch geboten, die Einträge von Arzneimittelwirkstoffen in die Umwelt zu reduzieren. Der aktuelle rechtliche Rahmen liefert für wirksame Maßnahmen kaum eine Handhabe. Deshalb muss auch über Handlungsmöglichkeiten nachgedacht werden, die jenseits rechtlicher Lösungsansätze durchführbar sind. Der hier vorgelegte Text umreißt den gegenwärtigen Wissensstand zum Thema „Arzneimittelwirkstoffe im Wasserkreislauf“ und zeigt praktische Handlungsoptionen auf, wie der Eintrag von Arzneimittelwirkstoffen in die Umwelt verringert werden kann. Dabei wird ein integrierter Ansatz verfolgt, der Handlungsmöglichkeiten auf drei verschiedenen Ebenen empfiehlt: bei der Arzneimittelentwicklung, der technischen Abwasserbehandlung und beim Umgang mit Arzneimitteln. Dieser Bericht ist im Rahmen des Projekts „Arznei für Mensch und Umwelt?“ im Auftrag des Umweltbundesamtes entstanden und richtet sich in erster Linie an die Zielgruppe Ärztinnen/Ärzte und Studierende der Medizin.
Partizipative Szenarioverfahren werden vielfach in der Nachhaltigkeitsforschung angewendet. Zu den Vorteilen zählen: Praxiswissen macht die Zukunftsbilder robuster, strategisches Denken wird gefördert, ein kreativer Diskussionsrahmen entsteht. Nur wie werden narrative Szenarien im transdisziplinären Kontext entwickelt?
Die vorliegende Arbeit versteht sich als differenzierte methodische Beschreibung. Der Erfahrungsbericht legt am Beispiel des BMBF-Forschungsprojektes „SAUBER+: Innovative Konzepte und Technologien für die separate Behandlung von Abwasser aus Einrichtungen des Gesundheitswesens“ die einzelnen Arbeitsschritte der Szenarioentwicklung offen und diskutiert ihren Stellenwert. Die Vorgehensweise im Projekt wird kritisch reflektiert; daraus werden Hinweise für die Verwendung partizipativer Szenarien in anderen Forschungsprojekten abgeleitet.
Da Public Private Partnerships (PPPs) nicht den Beschränkungen der deutschen Schuldenbremse unterliegen, können diese der Politik als Mittel dienen, Lasten in die Zukunft zu verschieben, ohne dabei den Verschuldungsgrad zu erhöhen. Der vorliegende Beitrag beschreibt Vor- und Nachteile von PPP-Konstrukten im Rahmen der öffentlichen Auftragsvergabe. Alfons Weichenrieder argumentiert, dass bei der Wahl von PPP-Instrumenten die Effizienz der Bereitstellung von öffentlicher Infrastruktur und Dienstleistungen im Vordergrund stehen sollte. Die Budgetregeln könnten so angepasst werden, dass das Motiv der Schuldenverschleierung nicht vordergründig die Wahl von PPP-Konstrukten bestimmt.
Das Financial Stability Board (FSB) schlägt zur Lösung des "too big to fail"-Problems einen neuen Risikokapital-Puffer für global tätige systemrelevante Banken vor. Die Kennzahl „Total Loss Absorbing Capacity“ (TLAC), setzt sich zusammen aus hartem Kernkapital und verlustabsorbierendem Fremdkapital. Das verlustabsorbierende, also bail-in-fähige Fremdkapital soll vor anderen Positionen der Passivseite einer Bank in einer Krisensituation vorrangig haften oder aber in Eigenkapital umgewandelt werden. Jan Krahnen argumentiert, dass es für eine glaubhafte Verringerung des "too big to fail"-Problems auf die Anforderungen an das verlustabsorbierende Fremdkapital ankommt. Dass die Aufsicht die Halter von Bail-in Anleihen im Verlustfall tatsächlich einem Bail-in unterzieht ist vor allem nur dann glaubwürdig, wennn andere Banken nicht die Halter solcher Anleihen sind.
Luis de Molina (1535-1600) grants slaves a legal status through which they can take up a position with respect to their masters between equivalent legal entity and legal object. Here, what is decisive is the figure of the subjective right, which both for Molina and modern proponents of this legal concept describes the 'right per se'. According to Molina's definition of ius, the denial of a subjective right or the hindrance of exercising an individual right represents an injustice. The rights granted to a slave in virtue of his being regarded a human being (despite the condition of slavery) serve to protect the slave against unjust acts. Molina does not distinguish the slave as a legal entity as separate from his master insofar as the slave should be protected against injustices committed against him or his property; injustices for which he would be entitled to compensation. Yet, the slave is not able to stake his claim to a particular right because it is not possible for him to take the matter to court. His natural law justified coequal legal status with respect to his master is limited in such a way by the positive legal order (by means of which slavery is generally made possible) that he is to be held legally incompetent as a legal entity with regard to defending and enforcing his 'qua homo'-legal rights. This precarious situation is due to the complicated legal intermediate position of a human legal entity, which, at the same time, represents the legal object of another person.
Der Bundesgerichtshof hat im vergangenen Jahr entschieden, dass es „einen ersatzfähigen Vermögensschaden darstellen [kann] , wenn dem Inhaber eines DSL-Anschlusses die Möglichkeit genommen wird, seinen Zugang zum Intern et zu nutzen, ohne dass ihm hierdurch Mehraufwendungen entstanden oder Einnahmen entgangen sind“ (BGHZ 196, 101). Eine techniksoziologische Analyse dieser Rechtsprechung zum vermögensrechtlich bestimmten, abstrakt berechneten Nutzungsausfallersatz legt demgegenüber eine andere Begründung des Anspruchs auf Nutzungsentschädigung nahe. Der alternative Leitsatz lautet: Wird dem Inhaber eines Internetanschlusses die Möglichkeit genommen, seinen Zugang zum Internet zu nutzen, so ist ihm auch wegen eines hier durch hervorgerufenen immateriellen Schadens eine billige Entschädigung in Geld zu gewähren .
Während aktuelle empirische Daten Hinweise auf einen Wandel der Mobilitätsorientierung von Jugendlichen und Heranwachsenden in Agglomerationen liefern, ist im ländlichen Raum der Trend zur individuellen Motorisierung ungebrochen. Die vorliegende Synthese des Forschungsstandes deutschsprachiger und internationaler Forschungsliteratur stellt Erkenntnisse zum Mobilitätsverhalten und zu mobilitätsbezogenen Einstellungen sowie bisher durchgeführte Maßnahmen zur Beeinflussung des Mobilitätsverhaltens von Personen in der Altersgruppe bis ca. 27 Jahre vor.
'Sprachstandstest Russisch für mehrsprachige Kinder' ist ein linguistisch und psycholinguistisch fundiertes Sprachstandsscreening für bilingual russisch-deutsche Kinder im Vorschul- und Frühschulalter. Es ermöglicht die Einschätzung des Sprachstands im Russischen, auf der Basis vorläufiger Normen, zu wissenschaftlichen, therapeutischen und pädagogischen Zwecken.
Der Test sollte von kompetenten, im Idealfall muttersprachlichen Sprechern des Russischen durchgeführt werden. Die Durchführungsdauer beträgt ca. 60 Minuten.
'Sprachstandstest Russisch' überprüft die Fähigkeiten bilingualer Kinder im Russischen in folgenden Bereichen:
- produktives und rezeptives Lexikon für Verben und Nomen
- Produktion morphologischer Markierungen an Verben (Verbflexion 1. und 2. Person Singular Präsens) und Nomen (Kasus Akkusativ und Dativ Singular)
- Verständnis grammatischer Strukturen auf Satzebene
Zur Interpretation der Testergebnisse werden vorläufige bilinguale Normdaten zur Verfügung gestellt. Sie basieren auf einer Stichprobe von insgesamt 167 deutsch-russisch aufwachsenden Kindern von drei bis sechs Jahren.
Zusätzlich zum Test zur Feststellung der sprachlichen Kompetenzen enthält 'Sprachstandstest Russisch' einen Fragebogen, der die detaillierte Inputsituation sowie die bisherige sprachliche und nichtsprachliche Entwicklung des Kindes erfasst. Der Fragebogen ist russisch-deutsch verfasst und wird von den Eltern durch Ankreuzen ausgefüllt.
Die vorliegende Arbeit widmet sich der phonetischen Motivation phonologischer Palatalisierungsprozesse, bei welchen Vorderzungenvokoide die Palatalisierung (bzw. Affrizierung) vorangehender Plosive bewirken. Durch akustische Analysen zu deutschen und bulgarischen stimmlosen alveolaren und velaren Verschlußlauten wird der Einfluß nachfolgender vorderer Vokoide und des tiefen Vokals /a/ auf die geräuschähnliche Phase nach der plosiven Verschlußlösung der Konsonanten untersucht. Zum Zwecke der Überprüfung einer nach universellen phonologischen Prinzipien formulierten Hierarchie der wahrscheinlichen Inputkandidaten für Palatalisierungen werden akustische Messungen zur Zeitdauer und zu den spektralen Eigenschaften des konsonantischen Segments in wortinitialen Konsonant-Vokoid-Sequenzen vorgestellt. Die Ergebnisse der Studie unterstützen nur teilweise die vorgeschlagene Hierarchiehypothese und zeigen, daß sprachspezifische Besonderheiten einen Einfluß auf die Anordnung der Elemente der Hierarchie ausüben.
Das hethitische Phonem /xw/
(2014)
In the Hittite phonological system there was a labialized velar fricative /xw/ beside the plain velar fricative /x/ parallel to the opposition between the velar stops /kw/ and /k/. The frequent syllable /xwa/ was spelled either hu-(u) or hu-wa. Evidence from the frequency of words with initial hu in the lexicon, from spelling variations and from ablaut alternations is presented to demonstrate the existence of /xw/. It is suggested that Hittite /xw/ regularly corresponds to the reflexes of *w in the non-Anatolian Indo-European languages.