Refine
Year of publication
Document Type
- Doctoral Thesis (408)
- Article (97)
- Book (58)
- Contribution to a Periodical (44)
- Diploma Thesis (10)
- Review (8)
- Conference Proceeding (4)
- diplomthesis (4)
- Report (2)
Language
- German (635) (remove)
Has Fulltext
- yes (635) (remove)
Is part of the Bibliography
- no (635)
Keywords
- Altern (4)
- Elektrophysiologie (4)
- Mitochondrium (4)
- Molekularbiologie (4)
- Westafrika (4)
- 14CO2 Fixation (3)
- Carotinoide (3)
- Cochlea (3)
- DPOAE (3)
- Genregulation (3)
Institute
- Biowissenschaften (635) (remove)
Die Medusen der metagenetischen Cnidarier (Nesseltiere) werden je nach Kultur- und Sprachraum z. B. mit einer weiblichen Gestalt mit schlangenartigen Haaren (Medusa), mit stark brennenden Quaddeln auf der Haut oder mit Stränden verklebenden Gallertmassen in Verbindung gebracht. Diese Assoziationen fußen hauptsächlich auf Merkmalen der Scheibenquallen (Scyphozoa), deren bisexuelle Medusen in Größe, Tentakellängen, Nematocytenbesatz und Mesogloeagehalt gegenüber der relativ unauffälligen ungeschlechtlichen Polypengeneration beeindrucken. Häufig ist die Medusengeneration der Scheibenquallen namensgebend. Die Medusen der Ohrenqualle Aurelia aurita (Fahnenquallen, Semaeostomeae) sind an den durchscheinenden, ohrenförmig um den Gastralraum angeordneten Gonaden erkennbar. In gemäßigten Klimazonen ist die bisexuelle Vermehrung - und das anschließende oft massenhafte Absterben in Küstennähe - auf den Sommer beschränkt (Lucas 1996), so daß die Medusen der Ohrenqualle häufige spätsommerliche Gäste an Stränden z. B. der Nord- und Ostsee (mit für den Menschen harmloser Nesselwirkung) sind. Vertreter der von Linné (1758) und Lamarck (1816) typologisierten Aurelia aurita sind weltweit verbreitet und bezüglich der Morphologie, Physiologie, Ethologie und Ökologie gut untersucht (z. B. Fautin & Lowenstein 1992; Costello & Colin 1994; Hammer et al. 1994; Lucas 1994). Unter ökologischen Gesichtspunkten ist das breite Spektrum der Ohrenqualle bezüglich abiotischer Umweltfaktoren hervorzuheben. Die häufig massenhaften Medusenaggregationen und der daraus resultierende Predationsdruck gegenüber dem Mikrozooplankton (Copepoden, Invertebratenund Fischlarven) weist der Ohrenqualle eine wichtige - und gelegentlich dominierende - Stellung in marinen Plankton-Lebensgemeinschaften zu (Janas & Witek 1993; Schneider & Behrends 1994; Sullivan et al. 1994; Tsikhon-Lukanina et al. 1996). Die breite Anpassungsfähigkeit und hohe Vermehrungsrate wird anekdotenhaft durch eine kürzlich erfolgte Meldung bekräftigt, nach der offensichtlich Aurelia-Schwärme die Kühlwasserleitungen eines Kraftwerks in Australien verstopften und lahmlegten (Cnidaria-List-Server). Das ubiquitäre Vorkommen läßt sich auf eine große ökologische Toleranz gegenüber Klima und Salzgehalt zurückführen, so daß die Ohrenqualle als Bewohner aller Meere von 40° südlicher bis 70° nördlicher Breite und Habitaten mit Salinitäten von 6-41‰ gilt (Kramp 1961). Dabei werden geographische Populationen, Unterarten und Arten der Gattung Aurelia anhand morphologischer Medusenmerkmale sowie auf Basis von Allozymunterschieden in unterschiedlicher Konsequenz teilweise in eine Art, Aurelia aurita zusammengefaßt, oder in mehrere distinkte Spezies voneinander abgegrenzt (Mayer 1910; Kramp 1961; Russell 1970; Kozloff 1987; Greenberg et al. 1996). Der nicht konsistente taxonomische Status der Ohrenqualle beruht entweder auf phylogenetisch uninformativen diagnostischen Merkmalen oder spiegelt Differenzierungen wider, die mit Artbildungsprozessen erklärt werden können. In der vorliegenden Arbeit sollen die phylogenetischen Beziehungen zwischen Aurelia-Populationen auf einer weltweiten geographischen Skala unter organismischen und molekularen Aspekten untersucht werden. Die möglichen Speziationsprozesse orientieren sich an den von Avise (2000) klassifizierten beiden Kategorien, nach denen die gängigen Spezieskonzepte auf Basis phylogenetischer und biologischer Kriterien, oder analog von Ridley (1996) nach evolutionären und zeitlich unabhängigen Kriterien eingeteilt werden. Die DNA-Sequenzinformationen eines mitochondrialen Gens (16S rDNA) sowie eines auf dem Kerngenom liegenden ribosomalen Locus (ITS-1/5.8S rDNA) sollen verwendet werden, um die genealogischen Beziehungen verschiedener Aurelia- Populationen sowohl phylogeographisch (Avise 1994) als auch bezüglich der phylogenetischen Artkonzepte zu untersuchen (Eldredge & Cracraft 1980; Wiley 1981; Cracraft 1989; Übersicht in Hull 1997). Mittels morphologischer Merkmale, Lebenszyklusdaten und den molekulargenetischen Daten soll gleichzeitig geprüft werden, ob sich die von Avise (2000) genannte Kategorie der biologisch definierten Spezieskonzepte in phänetisch (Sneath & Sokal 1973; Whittemore 1993), ökologisch (van Valen 1976; Schluter 1996) oder reproduktiv (Mayr 1963) getrennte Einheiten bei der Ohrenqualle widerspiegeln. Der Beitrag verschiedener Diversifizierungsfaktoren wie geographische Verbreitung, Selektion und genetische Drift wird in diesem Zusammenhang unter besonderer Berücksichtigung ökologischer Aspekte in Kapitel 2 dargestellt. Nicht zuletzt auch aufgrund ihrer besonderen ökologischen Plastizität empfiehlt sich die Ohrenqualle zur Nutzung als Biomonitor zur Untersuchung von Umweltbeeinträchtigungen auf Individuumebene. Eine in diesem Zusammenhang nützliche Besonderheit im Lebenszyklus von Aurelia betrifft den Übergang von der sich ungeschlechtlich vermehrenden Polypengeneration in die bisexuelle Medusengeneration, bei dem an der Oralseite des Polypen Medusenlarven (Ephyren) in Form einer polydisken Strobilation abgeschieden werden. Die Strobilation wird extrinsisch durch natürliche Faktoren ausgelöst und kann bei den Polypen der Ohrenqualle künstlich durch Temperaturabsenkung oder Erhöhung der Iod-Ionenkonzentration induziert werden (Spangenberg 1967). Dieses experimentell beeinflußbare Lebenszyklusstadium wurde im Rahmen von ökotoxikologischen Studien verwendet, um den Einfluß von Chemikalien auf die verzögerte Strobilation nach künstlicher Auslösung oder die Störung des Strobilationsverlaufs zu testen (Spangenberg 1984; Thiel & Jarms 1986). Black & Bloom (1984) untersuchten die Beziehung zwischen der Strobilationsinduktion und der Produktion von Hitzeschockproteinen (HSP) nach Temperaturerhöhung und konnten die Induzierbarkeit von Hitzeschockproteinen als Reaktion auf Temperaturstreß immunologisch nachweisen. Diese Studien zeigen, daß die Ohrenqualle ein hohes Reaktionspotential gegenüber variablen Umweltbedingungen besitzt. Die Charakterisierung dieses Reaktionspotentials soll in der vorliegenden Arbeit mittels der Analyse organismischer Reaktionen gegenüber anthropogen verursachten Streßfaktoren durchgeführt werden. Im Rahmen von experimentellen Schadstoff- expositionen sollen an Aurelia-Polypen genetische Reaktionen auf der Ebene der mRNATranskription untersucht werden. Der Schwerpunkt liegt auf der Etablierung von Biomarkern (van Gestel & van Brummelen 1996) mittels molekulargenetischer Methoden, wobei die Durchführbarkeit und Effektivität verschiedener Methodenansätze verglichen werden sollen. Die identifizierten Biomarker sollen im Hinblick auf die Analyse der Dosis-Wirkungsbeziehungen zwischen Schadstoffkonzentrationen und dem Ausmaß der genetischen Reaktion mittels quantitativer PCR-Verfahren näher charakterisiert werden. Ein anschließender Test der im Labor charakterisierten Biomarker auf die Anwendbarkeit im Freiland soll entsprechende Hinweise für die Sensitivität und Durchführbarkeit des in Kapitel 3 ausgeführten Biomarker-Assays liefern. Ein weiteres Ziel der vorliegenden Arbeit ist die Verknüpfung verschiedener biologischer Organisationsebenen im Kontext ökologischer und ökotoxikologischer Forschung (Clements 2000). Erkenntnisse zum Wirken von Umwelteinflüssen auf molekularer Ebene bieten sich als Basis einer Bewertung individueller Reaktionen für Veränderungen auf Populationsebene an. Dieser Zusammenhang wird in Kapitel 4 anhand der Relevanz von Biomarkern für Aussagen auf Populationsund Speziesebene besprochen.
Durch Längenmessungen an Exuvien wurden die Größenverhältnisse von Beinlängen, Drehachsenlängen der Beingelenke und der Fläche des Carapax bei C. salei ermittelt. Für die hydraulisch gestreckten Femoro- Patellar- und Tibio-Metatarsalgelenke wurden die Volumen-Winkel-Kennlinien bestimmt. Das Sprungverhalten wurde durch Hochgeschwindigkeits-Videoaufnahmen (Bildfrequenz 500 Hz) mit drei Kameras dokumentiert. Aus den volumetrischen, kinematischen und morphometrischen Daten wurden die Volumenverschiebungen berechnet, die bei Sprungbewegungen auftreten. Aus der prosomalen Volumenverschiebung konnte der korrespondierende Carapaxhub berechnet werden. Mit einer Miniatur- Kraftmeßplattform und einem mit Schrittmotoren getriebenen "x-y-z-Tisch" wurden Steifigkeiten des Prosomas von Perania nasuta Schwendinger, 1989 und ausgewählten anderen Taxa bestimmt. Bei Cupiennius salei gibt es zwei unterschiedliche Sprungtypen: Unvorbereitete Sprünge als Reaktion auf sehr plötzliche Störungen zeichnen sich durch eine große Vielfalt der Bewegungsmuster aus. Vorbereitete Sprünge zeigen charakteristische Beinstellungen und Kontaktphasenmuster: Zunächst erfolgt eine etwa 20 ms dauernde Ausholbewegung, anschließend beginnt die 22 - 42 ms dauernde Beschleunigungsphase. Die Körperlängsachse vollzieht während der Beschleunigungsphase eine Vorwärtsrotation um etwa 50°, die nach dem Verlust des Bodenkontaktes der Beine gestoppt und umgekehrt wird. Dies erfolgt wohl durch ein kontrolliertes Bremsen des Ausstoßes des Sicherheitsfadens. Bei vorbereiteten Sprüngen konnten Sprungweiten bis zu 0.43 m beobachtet werden, die maximalen vertikalen Geschwindigkeiten betrugen 0.07 - 0.82 ms-1, maximale horizontale Geschwindigkeiten lagen bei 0.65 - 1.25 ms-1. Bei vorbereiteten Sprüngen wurden vertikale Beschleunigungen von 0.74 – 33.70 ms-2 und horizontale Beschleunigungen von 20.5 – 68.4 ms-2 erreicht. Die Kontaktphasen der Beine enden in einer charakteristischen Reihenfolge: Die Vorderbeine haben meist keinen Bodenkontakt, die dritten Beine heben nach durchschnittlich 37 % und die vierten Beine nach durchschnittlich 69 % der Dauer der Beschleunigungsphase ab. Zuletzt verlieren die zweiten Beine den Bodenkontakt. Zu Beginn der Beschleunigungsphasen richten sich innerhalb von durchschnittlich 4.6 ms Stacheln auf der Oberfläche der Beine auf. Die Stachelaufrichtung erfolgt bei Drucken von etwa 35 bis etwa 65 kPa. Dies zeigt einen Druckanstieg in den Beinen auf Werte von ³ 65 kPa während der Beschleunigungsphase an. Der Hauptanteil der Volumenverschiebungen in den Beinen wird durch Bewegungen der Femoro-Patellargelenke verursacht. Die Bewegungen der Tibio-Metatarsalgelenke bewirken nur geringe Volumenverschiebungen. Aufgrund der anatomischen Struktur der Trochantero- Femoralgelenke sind die bei Bewegung dieser Gelenke verschobenen Volumina vernachlässigbar klein. Die Abschätzung der zur Beinstreckung bei Sprüngen erforderlichen Carapaxverschiebungen ergab sehr geringe Werte, es sind nur Verschiebungen um wenige 1/100 bis 1/10 mm erforderlich. Für die vollständige Streckung aller Beine muß der Carapax nur um 10% der aufgrund der anatomischen Gegebenheiten maximal möglichen Strecke verschoben werden. Bei den Untersuchungen an Perania nasuta wurden prosomale Steifigkeiten von mehr als 3500 Nm-1 für Weibchen und mehr als 6500 Nm-1 für Männchen ermittelt. Das Prosoma von Perania nasuta ist sehr viel rigider als bei anderen Spinnen (Pholcus: 131 Nm-1, Zelotes: 79 Nm-1, Pardosa: 72 Nm-1, Dysdera: 1900 Nm-1). Die Carapaxverschiebung, die den zur vollständigen Beinstreckung erforderlichen Volumentransport bewirkte, würde bei Perania eine Verformungsarbeit von bis zu 27.56 myJ erfordern, bei den anderen Spinnen nur maximal 1.67 myJ (Dysdera). Das Sprungverhalten von Cupiennius salei läßt sich keinem der bislang beschriebenen Sprungtypen zuordnen. Hinsichtlich der Sprungweite und Geschwindigkeiten sind die Sprungleistungen von Cupiennius mit denjenigen von Salticiden vergleichbar. Die geringen Carapaxverschiebungen beim Sprung lassen sich im Sinne einer Optimierung der Arbeit extrinsischer coxaler Muskeln interpretieren. Eine Minimierung von Carapaxverschiebungen sollte die Koordinierbarkeit der Bewegungen der Coxae erhöhen, weil ein stärker formkonstanter Bezugsrahmen gegeben ist. Dementsprechend lassen sich Bein- und Carapaxdimensionen bei verschiedenen Spinnentaxa im Hinblick auf die jeweiligen Lokomotionsstrategien interpretieren. Die Untersuchungen an Perania nasuta bestätigen die von Kropf (in Vorb.) aufgestellte Hypothese einer starken Versteifung des Prosoma. Die Druckpumpe scheint hier im Opisthosoma lokalisiert zu sein. Hinsichtlich der möglichen Vorteile einer solchen Entwicklung lassen sich einerseits die besseren Bedingungen der Arbeit extrinsischer coxaler Muskeln im vollständig steifen "Gestell" des Prosoma nennen, andererseits könnte aufgrund entsprechender Lokomotionsmodi bei Perania keine Notwendigkeit zur schnellen Verschiebung großer Haemolymphvolumina aus dem Prosoma bestehen, so daß eine leistungsfähige prosomale Druckpumpe wegfallen konnte.
Bei Nicht-Säugern, speziell beim Vogel, kommt es nach einem durch Schall oder ototoxische Substanzen verursachten Innenohrtrauma, zu einer spontanen Regeneration der Haarzellen und weitreichender funktioneller Erholung des Hörvermögens. In bisherigen Untersuchungen konnte gezeigt werden, daß beim Vogel die funktionelle Erholung des Hörvermögens nach Innenohrtrauma, trotz spontaner Regeneration der Haarzellen, nicht vollständig ist. Ziel dieser Studie war es herauszufinden, ob die nach Haarzellschädigung und Regeneration beobachtete unvollständige Restitution des Hörvermögens nach alleiniger Nervenfaserschädigung ausbleibt. In einem ersten Schritt wurde mit immunhistochemischen Methoden untersucht, ob AMPA-Rezeptoruntereinheiten im Innenohr der Taube exprimiert werden. Durch die Verwendung von polyklonalen Antikörpern gegen GluR1, GluR2, GluR3 und GluR4 konnte gezeigt werden, daß diese AMPA-Rezeptoruntereinheiten im Innenohr des Vogels exprimiert werden. Eine punktförmige immunreaktive Färbung konnte sowohl auf den Ganglienzellen als auch unterhalb der Haarzellen, in der Region der Synapsen, für GluR2/3 und GluR4, nicht aber für GluR1 festgestellt werden. Auf den Haarzellen selbst konnte eine immunreaktive Färbung für GuR4 nachgewiesen werden. Die Immunoblotanalyse zeigte für die Antikörper gegen GluR1, GluR2/3 und GluR4 Banden bei dem Molekulargewicht der Proteine von 100 kDa. In einem zweiten Schritt wurden die Auswirkungen von AMPA auf die afferenten Hörnervenfaserendigungen morphologisch und physiologisch untersucht. Es zeigte sich, daß die afferenten Hörnervenfaserendigungen durch Applikation von AMPA in den Recessus scalae tympani (30µl/15 min.) geschädigt wurden. Der Verlauf der CAP (Compound action potential)-Hörschwellenkurven wurde sowohl über einen Zeitraum von 8 Stunden, als auch über einen Zeitraum von mehreren Monaten ermittelt. In ebenfalls durchgeführten Kontrollversuchen, bei denen künstliche Perilymphe ohne AMPA infundiert wurde, traten keine Hörverluste auf. Somit konnte eine Schädigung des Innenohres bzw. Hörverluste durch den operativen Eingriff oder durch die Infusion ausgeschlossen werden. Die beobachteten Hörverluste sind also spezifisch auf die Wirkung von AMPA zurückzuführen. Bei der Applikation von 1 mM AMPA-Lösung konnte eine Erhöhung der Hörschwellen um bis zu 80 dB im hochfrequenten Bereich und bis zu 30 - 40 dB im tieffrequenten Bereich über den Zeitraum von mehreren Stunden beobachtet werden. Am dritten Tag nach der AMPA-Applikation zeigten alle untersuchten Tiere eine Verbesserung der Hörschwellen um 20 - 40 dB. Weitere Messungen über den Zeitraum von zwei bis drei Monate zeigten, daß bei einigen Tieren innerhalb von 7 - 21 Tagen die Hörschwellenkurven die Ausgangswerte des unbehandelten Ohres erreichten, daß aber bei der Mehrheit der Tiere eine Anhebung der Hörschwellen von ca. 20 - 30 dB im hochfrequenten Bereich bestehen blieb. Die mittlere bleibende Schwellenanhebung, gemittelt für alle Frequenzen, betrug 8 dB + 5 dB. Bei den Tieren, bei denen ein hochfrequenter Verlust bestehen blieb, erreichten auch die ermittelten CAP-Amplituden bei den hohen Frequenzen ihre Ausgangswerte nicht mehr. Zusätzlich zu den CAP-Schwellenkurven wurden 13 - 15 Wochen nach AMPA-Instillation die Antworteigenschaften einzelner Hörnervenfasern erhoben. Fasern, deren charakteristische Frequenz (CF) über 0,3 kHz lag, zeigten signifikant erhöhte CF-Schwellen. Für Fasern mit CF-Werten über 0,4 kHz wurden verminderte Q10dB-Werte gefunden, während die Spontanentladungsrate für Fasern mit CF-Werten über 0,18 kHz erhöht war. Die maximale Entladungsrate war bei allen Fasern, für die dieser Wert ermittelt wurde (n = 20), ebenfalls erhöht. Neurone, deren CF über einem Wert von 1,5 kHz lag, konnten, methodisch bedingt, nicht untersucht werden. Diese beobachteten funktionellen Veränderungen in der Aktivität und Sensitivität der auditorischen Neurone weisen darauf hin, daß es bei der Wiederherstellung der Verbindung zwischen Haarzelle und neuraler Synapse zu dauerhaften Schäden kommt. Mittels elektronenmikroskopischer Darstellung konnten bei den Tieren, die direkt nach der Infusion (nach 10 min.) der AMPA-Lösung dekapitiert wurden, große vakuolisierte afferente Terminalien unterhalb der Haarzellen gefunden werden. Die efferenten Nervenendigungen waren nicht beschädigt. Während im apikalen Bereich der Papilla basilaris sehr viele Vakuolen bzw. zerstörte afferente Nervenfaserendigungen zu sehen waren, konnten deutlich weniger Vakuolen im medialen Teil und nur sehr wenige Vakuolen im basalen Teil gefunden werden. Dieser Befund korreliert mit der Verteilung der afferenten Nervenfasern entlang der Papilla basilaris. Bei Tieren, die zwei Wochen nach der AMPA-Applikation dekapitiert wurden, konnten keine morphologischen Veränderungen mehr gefunden werden. Die untersuchten Papillen waren von den Kontrollohren nicht mehr zu unterscheiden. Dies zeigt, daß auf struktureller Ebene scheinbar eine vollständige Rekonstitution der Verbindung zwischen Haarzelle und Synapse stattfindet. Dieser Befund steht im Widerspruch zu den elektrophysiologisch erhobenen Daten. Festzuhalten bleibt, daß auch bei ausschließlicher Schädigung der afferenten Nervenendigungen und trotz deren Neubildung ein residualer Hörverlust bestehen bleibt. Als Ursache für die mangelhafte funktionelle Erholung des Hörvermögens könnten durch die längere Abwesenheit der Nervenfaserendigungen hervorgerufene Veränderungen der Eigenschaften der Haarzellen oder eine veränderte Expression und Funktion der Glutamatrezeptoren in Frage kommen.
Die Grundlage dieser Arbeit bilden Befunde über den Kupfer-Metabolismus des Ascomyceten Podospora anserina. In der Kupfermangel-Mutante grisea ist der Transkriptionsfaktor GRISEA inaktiv, welcher die Aktivität der hochaffinen Kupfer(I)-Permease PaCTR3 kontrolliert. Der Kupfer-Mangel aller Zellkompartimente führt zu pleiotropen Effekten und zu einer moderaten Verlängerung der mittleren Lebensspanne (60%). Um Effekte des Kupfermangels, die positiven bzw. negativen Einfluß auf die Lebensspanne zeigen, voneinander zu trennen, erschien es vielversprechend, den Kupfermangel auf ein Kompartiment der Zelle zu beschränken. In Hefe komplexiert COX17 Kupfer und gibt es im mitochondrialen Intermembranraum an SCO1 und COX11 (Assemblierungsfaktoren der Cytochrom-c-Oxidase) weiter. Zur Aufschlüsselung Kupfer-abhängiger Stoffwechsel-Wege wurde in dieser Arbeit eine PaCox17-Nullmutante konstruiert und charakterisiert. Die PaCox17::ble-Deletionsmutante ist durch AOX-Respiration, hohe Aktivität der Cu/Zn-SOD und ein stabilisiertes Chondriom charakterisiert. Eine vergleichende Analyse von Mutante und Wild-Stamm führte zu folgenden Ergebnissen: 1. Die Disruption des PaCOX17-Weges verhindert die Assemblierung der COX beinahe völlig. COX-Respiration kann nur in sehr geringem Umfang nachgewiesen werden. 2. Der Ausfall der COX induziert die alternative Oxidase und führt zu AOX-Respiration. 3. Die Atmungsrate der Mutante PaCOX17::ble ist, aufgrund der AOX-Respiration, gegenüber dem Wild-Stamm annähernd verdreifacht. 4. Weiterhin zeigen PaCox17::ble-Stämme ein stabilisiertes mitochondriales Genom, normalerweise wird weder plDNA amplifiziert noch wird beta-senDNA gebildet. 5. Der Kupfer-Spiegel des Zytoplasmas ist gegenüber Wild-Stämmen stark erhöht. 6. PaCox17::ble-Stämme sind durch konstant starke Expression der Cu/Zn-SOD charakterisiert. Die Mn-SOD spielt eine untergeordnete Rolle. 7. Die beschriebenen Effekte führen zu einer enormen Verlängerung der mittleren Lebensspanne (1250% des Wild-Stammes). Neben der Isolation und Charakterisierung der Mutante PaCox17::ble wurde PaSco1 isoliert und initial charakterisiert. PaSco1 liegt in P. anserina wahrscheinlich in einer Kopie vor. Es kodiert das Kupferbindeprotein PaSCO1, welches Kupfer vermutlich von PaCOX17 übernimmt und an die Untereinheit 2 der COX weitergibt. In dieser Arbeit wurden Teilaspekte des Kupfermetabolismus von P. anserina untersucht. Von besonderem Interesse waren Zusammenhänge zwischen Kupfer-Metabolismus und mitochondrialen Funktionen. Einen weiteren Schwerpunkt bildeten entwicklungsbiologische Prozesse, der Alterungsprozess war von übergeordneter Bedeutung. Es konnte gezeigt werden, daß Störungen der Kupfer-Homöostase die Respiration, den zellulären oxidativen Stress, die Stabilität des Chondrioms und diverse Entwicklungsprozesse, wie beispielsweise Fortpflanzung und Alterung des Hyphenpilzes beeinflussen.
Die Bioinformatik dient der Lösung biologischer Probleme und Erkenntnisgewinnung mit Hilfe informatischer Methodik. und stellt das Bindeglied zwischen der Informationswissenschaft und der Lehre des Lebens dar. Eine festgeschriebene Definition des Begriffes „Bioinformatik" existiert nicht: Sie umfaßt ein weites Feld, beginnend bei der automatischen Sequenzierung ganzer Genome, über Funktionsanalysen durch Homologiesuchen in Datenbanken, Strukturvorhersagen und Modelling, bis hin zur chipgesteuerten Prothetik. Unterstützende Arbeit in der Molekularbiologie leistet die Bioinformatik bei der Aufnahme und Verwaltung von Nukleotid– und Aminosäuresequenzen in Datenbanken. Der rasante Fortschritt bei der Sequenzierung ganzer Genome führt zu explosionsartig ansteigender Datenfülle und damit zu stetig wachsenden bioinformatischen Anwendungsmöglichkeiten, die ihrerseits notwendig sind, um diese Datenfülle zu bewältigen. Die Genomprojekte erbrachten bislang die vollständige Sequenz der Genome von Species aus allen drei Überreichen: Eubakterien: Haemophilus influenza [17], Mycoplasma genitalium [18], Synechocystis sp [29]. u.a. Archaebakterien: Methanococcus jannaschii [16] u.a. Eukaryonten: Saccharomyces cerevisiae u.a. Ende 1998 soll auch die Sequenzierung des Nemathelminten (Rundwurm) Caenorhabditis elegans und den Menschen abgeschlossen sein................ Im Rahmen dieser Diplomarbeit sollte ein Programm entwickelt werden, das die intrinsischen Eigenschaften eines Proteins vorhersagt. Es soll die Ausgabe der Ergebnisse von drei Programmen (Coils2, TopPred2 und SignalP) analysieren und interpretieren, eine Prognose über die Präsenz von Coiled Coils, Transmembranregionen und Signalpeptiden erstellen und die betroffenen Bereiche der Aminosäuresequenz angeben. Die Nutzung dieses Hilfsmittels ist über das World-Wide-Web möglich. In einem weiteren Teil soll die Funktion von Proteinen, deren funktionelle Eigenschaften unbekannt sind, über Homologiesuchen und Deutung der Ähnlichkeiten zu Proteinen mit bekannter Funktion aufgeklärt und beschrieben werden. Es handelt sich hierbei um Proteine, die aufgrund von Sequenzähnlichkeit in 58 Familien, sogenannten UPFs (uncharacterized protein families), zusammengefaßt sind.
Das Gerät: Es wurde eine neue Methodik entwickelt zum Messen und Speichern der Flugwege von Brieftauben, die viele Nachteile vorher verwendeter Flugwegeaufzeichnungssysteme vermeidet. Diese Nachteile sind hauptsächlich die begrenzten Reichweite, der hohe Arbeitsaufwand beim Messen, die geringe zeitliche und räumliche Auflösung und die Unmöglichkeit viele vollständige Flugwege zu erhalten. Die gängigen Navigationssysteme wurden auf ihre Eignung zum Messen von Flugwegen bei Brieftauben geprüft. Die Wahl fiel auf das Satellitennavigationssystem GPS, Global Positioning System wegen seiner weltweiten Verfügbarkeit, der unter freiem Himmel unbegrenzten Reichweite, der Meßrate von 1 Position / Sekunde und der räumlichen Genauigkeit von 10-30 m in der horizontalen Position. Die Hauptaufgabe bei der Entwicklung bestand in der Miniaturisierung von GPS, damit die Tauben mit dem Gerät fliegen konnten. Es gelang, ein kleines, funktionsfähiges Gerät von 8,5*4*1.5 cm Größe mit einem Gewicht von 33g zu bauen, das aus einer Hybrid-GPS-Empfängerplatine mit Positionsspeicherung, einer Patchantenne, einer Stromversorgung, einem DC-DC-Konverter und einer Hülle besteht. Die Betriebszeit beträgt 3 - 3,5 Stunden, begrenzt durch die Batteriekapazität. Es können bis zu 90.000 Positionen, jede mit sekundengenauer Zeitangabe und Geschwindigkeit, gespeichert werden. Bei Stromausfall bleiben die Daten erhalten. Das Gerät hat ein Restmagnetfeld von 1500 nT. Nach Flug und Wiederfang der Tiere werden die Daten vom Flugschreiber auf einen Rechner übertragen. Das Tragegeschirr einer anderen Arbeitsgruppe wurde für Tauben abgewandelt, weiterentwickelt und getestet. Die theoretische Genauigkeit der GPS-Positionsbestimmungen konnte in eigenen Tests bei Autofahrten und mit Tauben bestätigt werden. Auswertung: Zur Beschreibung der Flugwege wird ein Satz von Auswerteparametern theoretisch beschrieben. Zu den Parametern werden Berechnungsverfahren angegeben. Es wurde eine Datenkonvertierungs- und eine Auswertesoftware entwickelt, die die Original-NMEA-Nachrichten verwendet. Die Auswertesoftware berechnet die Länge der Flugwege mit unterschiedlicher räumlicher und zeitlicher Schrittweite, die mittlere Geschwindigkeit, Anzahl und Länge der Nichtflugphasen, Verschwinderichtungen und Landeanflugsrichtungen, Abstände von definierten Punkten des Flugwegs zur Luftlinie, Flugwegpunkte in der Nähe der Luftlinie und der Punkt im Flugweg, an dem der Release Site Bias kompensiert ist. Versuchsergebnisse Der Flugschreiber wurde am Boden und auf alten, erfahrenen Brieftauben getestet. Es wurden 125 Flugwege von Brieftauben mit 12 Flugschreibern an 2 Auflaßorten aufgezeichnet und ausgewertet. In den Tests funktionierten die Flugschreiber zuverlässig und erwiesen sich in der Handhabung als robust. Der personelle Aufwand beim Flugwegeaufzeichnen ist klein gegenüber anderen Verfahren. Es wurde ein hoher Anteil von über 90% von vollständigen Flugwegen aufgezeichnet. Die erzielten Flugwege haben eine sehr gute räumliche und zeitliche Auflösung und liefern eine Fülle von Details. Die Menge und Qualität der erzielten Daten ist deutlich besser als die von bisher verwendeten Verfahren. Die Brieftauben konnten das Gerät tragen und mit ihm heimkehren. Die Leistungen der Tauben, die den GPS-Flugschreiber trugen, wurden mit den Leistungen von Kontrolltieren, die entweder nichts oder ein Plastikgewicht trugen, verglichen. Obwohl die Heimkehrzeiten der GPS-Tauben im Bereich der Werte der Kontrolltiere lagen, gab es Beeinträchtigungen bei der Heimkehrleistung und der Heimkehrzeit. Die Heimkehrzeit war zum Teil bei den GPS-Tauben und den Tauben mit Gewicht signifikant länger, wesentlich verursacht durch das Gewicht. Die mittleren Geschwindigkeiten in Flugphasen lagen zwischen 50-70 km/h und und damit im Schnitt unter den von anderen Autoren beobachteten Geschwindigkeiten über Grund für Brieftauben. An einem von zwei Auflaßorten zeigten sich kleine, aber statistisch signifikante Richtungsunterschiede in den Verschwinderichtungen zwischen den GPS-Tauben und Kontrolltauben und zwischen den Tauben mit Gewicht und den Kontrolltauben. Ein Einfluß des Restmagnetfeldes des Gerätes auf die Tauben kann nicht ausgeschlossen werden. Die Flugwege wiesen eine hohe Variabilität auf; aber es gab von beiden Auflaßorten bevorzugte Routen der Tauben. Der in den Vorjahren beobachtete Auflaßort Bias wurde an beiden Orten erneut in den Verschwinderichtungen beobachtet. In den Flugwegen gab es deutliche Entsprechungen zum Auflaßort Bias. In den Landeanflugsrichtungen in Obermörlen gab es ein Landeanflug Bias spiegelbildlich zum Bias am Auflaßort, das es bei den Landeanflugsrichtungen aus Büdesheim nicht gab. Im Verlauf beider Versuchsserien konnte eine Optimierung der Flugwege festgestellt werden, die durch eine Verkürzung der Flugweglängen erzielt wurde. Dies bedeutet, daß auch bei alten, erfahrenen, ortskundigen Tauben eine zunehmende Ortskenntnis und Erfahrung zu immer weiteren Anpassungen beim Heimflug führt. Die Ursache sehr langer Heimkehrzeiten sind längere Pausen. Mittellange Heimkehrzeiten kommen eher durch Schleifenflug und Umwege zustande. Viele Tauben flogen ausgedehnte Schleifen in den Anfangsabschnitten der Flugwege über dem nächsten Dorf oder nahe dem Auflaßort ein Stück in Richtung heim. Spiralige Schleifen um den Auflaßort gab es dagegen fast nie, die Anzahl der geflogenen Schleifen zu Beginn der Flugwege nahm im Verlauf der Versuchsserien nicht ab. Daraus läßt sich schließen, daß der Schleifenflug bei alten, erfahrenen Tauben nicht der Orientierung dient. Vielleicht dient er sozialen Bedürfnissen. Die Anfangsabschnitte der Flugwege in Obermörlen wurden durch die Topografie am Auflaßort beeinflußt. Die Tauben vermieden den Überflug eines bewaldeten Hügels. Es hat den Anschein, daß die Tauben den Überflug von Ortschaften bevorzugten.
Wiederfang von zwei Sumpfmeisen (Parus palustris) nach einer Serie von Orientierungsversuchen
(1989)
We controlled two Marsh Tits in mist nets after they have been in orientation experiments for several weeks and released at the site of capture. One was controlled 1 1/2 years after the tests. There does not seem to be any impact of the experiments on the ability to survive well.
Die Schleiereule (Tyto alba) ist eine in fast allen Regionen der Erde vorkommende Eulenart. In Mitteleuropa erreicht sie die nördlichste Grenze ihres Verbreitungsgebiets. Man trifft sie hier in tiefergelegenen, waldarmen Gegenden an. Eine Arbeitsgruppe der Hessischen Gesellschaft für Ornithologie und Naturschutz (HGON) und des Deutschen Bund für Vogelschutz (DBV) führt im hessischen Main-Kinzig-Kreis seit 1976 Maßnahmen zum Schutz der Schleiereulen durch. Dazu gehören das Anbringen von Brutkisten an geeigneten Stellen und Winterfütterungsversuche. Die Brutkisten wurden jedes Jahr kontrolliert und die sich darin befindenden Jungvögel beringt. Ziel der vorliegenden Arbeit ist die Darstellung von Ergebnissen der Untersuchungen aus den zurückliegenden 12 Jahren. Dabei wird das Hauptaugenmerk einamal auf die Brutbiologie der Schleiereule und zum anderen auf die Disnigration der jungen Eulen gelegt.
Einige Vogelarten verstecken im Herbst Samen, um die Samenverstecke im darauffolgenden Winter wieder auszubeuten. In der vorliegenden Arbeit wurde untersucht, wie sich der Kiefernhäher (Nucifraga columbiana), der Eichelhäher (Garrulus glandarius) und die Sumpfmeise (Parus palustris) beim Schaffen und Ausbeuten ihrer Wintervorräte orientieren. Bei den beiden Häherarten sollte herausgefunden werden, ob der Sonnenkompaß eine Rolle bei der Orientierung spielt, wie schon bei dem Buschblauhäher (WILTSCHKO & BALDA 1989) gezeigt werden konnte. Bei den Sumpfmeisen wurde zum einen untersucht, ob eine experimentelle Veränderung des Erdmagnetfeldes eine Rolle bei der Orientierung spielt. Weiterhin wurde untersucht, ob eine Veränderung der Position von zwei starken Scheinwerfern eine Rolle bei der Orientierung der Meisen spielt. Die Versuche mit Kiefernhähern wurden in Flagstaff (Arizona), die mit Eichelhähern und Sumpfmeisen in Frankfurt am Main durchgeführt. Die Versuche mit Kiefernhähern und Eichelhähern fanden in gleichartigen Volieren unter der natürlichen Sonne statt. Die Vögel durchliefen eine Serie von klassischen Zeitumstellungsversuchen. Die Kiefernhäher wurden darüber hinaus unter verschiedenen Licht- und Schattenverhältnissen getestet. Die Sumpfmeisen wurden in einem Versuchskäfig in einer Holzhütte unter Kunstlichtbedingungen getestet. In einer Versuchsserie wurde die Horizontalkomponete des den Versuchskäfig umgebenden Erdmagnetfeldes um 120° gedreht. In einer weiteren Versuchsserie wurde mit zwei Halogenscheinwerfern gearbeitet, deren Position während der Versuche verändert wurde. Es konnte gezeigt werden, daß sowohl beim Kiefernhäher als auch beim Eichelhäher die Sonne eine entscheidende Rolle bei der Orientierung beim Samenverstecken und der Samensuche spielt. Bei beiden Corvidenarten ist die Sonne hier in einem redundanten, multifaktoriellen System eingebunden wie es auch schon für Zugvögel und Brieftauben nachgewiesen werden konnte. Es gibt Anzeichen dafür, daß Kiefernhäher, die den Tageslauf der Sonne länger nicht mehr mitverfolgen konnten, den Sonnenkompaß erst wieder erlernen müssen. Es konnte gezeigt werden, daß die Genauigkeit, mit der die Kiefernhäher ihre versteckten Samen finden, in mehreren, aufeinander folgenden Versuchen abnimmt. Kiefernhäher besitzen ein komplizierteres Orientierungssystem als der in der Vorstudie (WILTSCHKO & BALDA 1989) untersuchte Buschblauhäher, da sie auch ökologisch mehr auf die versteckten Samen angewiesen sind, als die Buschblauhäher. Desweiteren konnte gezeigt werden, daß Eichelhäher in der Lage sind, die Position von Orten, die ihnen in einer Trainigsphase antrainiert wurde, auch nach einer versuchsfreien Phase von drei Monaten fehlerfrei wiederzufinden. Bei Sumpfmeisen konnte gezeigt werden, daß sie in der Lage sind, sich nichtvisuell zu orientieren. Ob das Erdmagnetfeld hierbei eine Rolle spielt, konnte weder bestätigt noch ausgeschlossen werden. Es konnte gezeigt werden, daß die Position der Halogenscheinwerfer bei der Orientierung der Sumpfmeisen während der Samensuche eine Rolle spielt. Es gelang in dieser Arbeit, die Hypothese zu bestätigen, daß Vögel Kompaßmechanismen nicht nur zur Orientierung während des Vogelzuges oder dem Rückflug zum Nest sondern auch in ihrem unmittelbaren Umgebungsbereich benutzen.
Die mittelamerikanische Jagdspinne Cupiennius salei Keys. zeigt nach Reizung ventraler Tasthaare auf den proximalen Beingliedern in freier Natur und auch im Labor das relativ einfache, reflektorische Verhalten des „Körperanhebens“. Ziel der vorliegenden Arbeit war, den am Körperanheben maßgeblich beteiligten Coxamuskel c2 hinsichtlich seiner Anatomie, seiner funktionellen Faserzusammensetzung und Innervation sowie seiner Aktivität beim „Körperanheben“ und bei weiteren Bewegungsweisen der Spinne zu untersuchen. (1) Der c2-Muskel liegt im Prosoma der Spinne und setzt für jedes Bein am anterioren Coxarand an. In den 1. - 3. Beinpaaren liegt c2 zweigeteilt (apodemaler und tergaler Anteil), im Hinterbeinpaar dagegen einteilig (nur tergaler Anteil) vor. (2) Histochemische Nachweisreaktionen (Glykogengehalt, relative Succinatdehydrogenase- und relative myofibrilläre Adenosintriphosphatase-Aktivität) ergeben eine heterogene Faserzusammensetzung des c2-Muskels aus 4 Muskelfasertypen (A, B, C, D). Der apodemale c2-Anteil besteht homogen aus A-Fasern. (3) Messungen mit Laserdiffraktometrie zeigen für die A- und B-Fasern signifikant kürzere Sarkomerlängen als für die C- und D-Fasern. (4) Sodium-Dodecylsulfat-Polyacrylamid-Gelelektrophorese weist als Besonderheit für die A- und B-Fasern eine Paramyosin-Isoform P1 (107 kDa), eine Isoform der leichten Ketten des Myosins LC2 (22 kDa) und vermehrt eine Troponin-Isoform T4 (46 kDa) nach. In den Cund D-Fasern kommt allein eine 43-kDa-Bande und vermehrt eine Troponin-Isoform T2 (50 kDa) vor. (5) Der c2-Muskel der Vorder- und Hinterbeine wird durch einen eigenen Nerv innerviert. Retrograde Anfüllungen („Backfills“) des Nervs mit neuronalen Tracern legen eine polyneurale Innervation des c2-Muskels aller Beine dar, höchstwahrscheinlich jeweils durch 6 Motoneurone. Zwei davon sind jeweils positiv GABA (Gamma-Amino-Buttersäure) -immunreaktiv; dies ist ein Hinweis auf eine mögliche inhibitorische Innervation des c2-Muskels. (6) Wie Elektromyogramme freilaufender Spinnen zeigen, besteht das Körperanhebeverhalten aus zwei aufeinanderfolgenden Reaktionen: einer lokalen c2-Kontraktion im taktil gereizten Bein, die eine Bewegung im zugehörigen Prosoma-Coxa-Gelenk verursacht, und einer durch diese aktive Bewegung hervorgerufenen plurisegmentalen Reaktion im c2 der übrigen 7 Beine. Wird eine Coxa passiv bewegt, kann auch in festgelegten Spinnen eine plurisegmentale Reaktion aller 8 Beine ausgelöst werden. (7) Sowohl bei der lokalen als auch bei der plurisegmentalen Reaktion des „Körperanhebens“ rekrutiert c2 die gleichen neuromuskulären Einheiten. Dies deutet auf die gleiche zentalnervöse Endstrecke beider Reaktionen hin. Die Anzahl der elektrophysiologisch unterscheidbaren neuromuskulären Einheiten stimmt mit der der anatomisch nachgewiesenen Motoneuronen und Fasertypen überein. (8) Der tergale c2-Anteil ist immer, der apodemale Anteil nur bei schnellem Körperanheben, schnellen Laufstarts und bei Schreckreaktionen (Flucht) der Spinne aktiv. Hierbei rekrutiert der apodemale Teil nur zu Beginn der Verhaltensweise schnelle phasische Einheiten. (9) Ich diskutiere bei welchen Bewegungsweisen der Spinne die 4 Fasertypen vermeindlich zum Einsatz kommen, wie sie höchstwahrscheinlich innerviert werden und welche Konsequenzen die c2-Zweiteilung in den vorderen Beinpaaren (1 - 3) auf die Beinbewegung im Verhalten haben könnte. Am wahrscheinlichsten ist eine verstärkte Druckerhöhung zur Beinextension durch schnelle anfängliche Kontraktionen des „apodemalen Hebels“ und eine vektorielle Kräfteaddition der zwei Muskelteile. (10) Anhang II behandelt den internen Gelenkrezeptor R0 im Prosoma-Coxa-Gelenk. Ausschaltversuche weisen R0 als unentbehrlich für das Zustandekommen der plurisegmentalen Reaktion aus. Lage und Anordnung der R0-Sinneszellen sind in den Beinpaaren 1 - 3 und den Hinterbeinen verschieden.
Extrazelluläre Nukleotide fungieren als auto- und parakrine Signalstoffe aus. Im peripheren und zentralen Nervensystem dienen Nukleotide als Neurotransmitter und Neuromodulatoren. Die nahezu ubiquitäre Expression von Purin-Rezeptoren läßt auf umfassende physiologische Funktionen schließen. Nukleotide konnen über ionotrope P2X-Rezeptoren oder metabotrobe P2Y-Rezeptoren ihre Signalwirkung vermitteln. Via P1-Rezeptoren kann Adenosin, ein Baustein bzw. Abbauprodukt von ATP, seine neuromodulatorische und neuroprotektive Wirkung entfalten. Alkalische Phosphatasen, die Ekto-Nukleotid-Pyrophosphatase/Phosphodiesterase Familie (NPP-Familie) und die Ekto-Nukleosid-Triphosphat-Diphosphohydrolase-Familie (E-NTPDasen) können Nukleosiddiphosphate und Nukleosidtriphosphate hydrolysieren. Die E-NTPDasen sind die wahrscheinlichsten Kandidaten für die Moduluation purinerger Signale im Nervensystem. In dieser Arbeit wurde die Klonierung und Charakterisierung der NTPDase3 der Ratte beschrieben. Ein vollständiger cDNA-Klon der NTPDase3 wurde aus einer Rattenhirnbank isoliert, sequenziert und anhand der familientypischen Sequenzmuster (ACRŽs) als E-NTPDase identifiziert. Die Sequenz enthielt einen offenen Leserahmen der für ein 529 Aminosäuren großes Protein kodierte. Sequenzvergleiche zeigten eine große Ähnlichkeit des Proteins mit den NTPDasen 1, 2 und 8, welche plasmamembranständige Ekto-Enzyme sind. Eine plasmamembranständige Lokalisation konnte in NTPDase3-transfizierten CHO-Zellen und in PC12-Zellen mit endogener NTPDase3-Expression nachgewiesen werden. Anhand von Computeranalysen und Sequenzvergleichen wurden Überlegungen zur Sekundär- und Tertiärstruktur angestellt und Ähnlichkeiten zur Zuckerkinase/ Hitzeschock-Protein 70/Aktin-Superfamilie aufgezeigt. Das Protein war entsprechend der in silico-Analyse glykosiliert und ließ sich über das Lektin ConcavalinA anreichern. Messungen an Membranfraktionen heterelog transfizierter CHO-Zellen zeigten die Hydrolyse verschiedener Nukleosidtriphosphate und Nukleosiddiphosphate mit einer Präferenz für Nukleosidtriphosphate. Das Enzym ist primär Kalziumabhängig und a rbeitet optimal im physiologischen pH-Bereich von pH 7,5 bis pH 8,0. Mit einem ATPase:ADPase-Verhältnis von 5:1 liegt die NTPDase3 zwischen der NTPDase1 und der NTPDase2. Seine biochemischen Eigenschaften machen das Ekto-Enzym zu einem Kandidaten für die Modulation purinerger Signale. Nukleotid-vermittelte Signale können via Hydrolyse durch die NTPDase3, möglicherweise in Kombination mit anderen E-NTPDasen, beendet werden. Als Bestandteil einer Enzymkette mit der Ekto-5Ž-Nukleotidase kann das Enzym zur Produktion des neuromodulatorisch und neuroprotektiv wirkenden Adenosins beitragen. Mögliche Rollen bei der Regulation autokriner, parakriner und synaptischer Signale in nichtneuronalen wie neuronalen Geweben wurden für die Gewebe diskutiert, in denen die NTPDase3 per Westernblot nachgewiesen werden konnte. Neben Dünndarm, Prostata, Pancreas, Nebenhoden und Samenleiter wurde ein NTPDase3-Band vor allem im zentralen Nervensystem gefunden. In allen geprüften Hirnteilen (Bulbus olfactorius, Cerebellum, Cortex, Mesencephalon, Diencephalon, Hippocampus, Striatum, Medulla oblongata), dem Rückenmark und der Hypophyse wurde die NTPDase3 im Westernblot detektiert. Das Enzym könnte an der Regulation exokriner Drüsenfunktionen im Pancreas und am epithelialem Ionentransport involviert sein oder auch bei endokrinen Funktionen des Pankreas und der Hypophyse mitwirken. Möglicherweise hat die NTPDase3 funktionelle Bedeutung bei der Termination und Modulation purinerger Neurotransmission im enterischen Nervensystem, im Rückenmark und in verschiedenen Hirnregionen. An verschiedenen zentralnervösen Funktionen, wie Schmerzwahrnehmung, Atmungs- und Kreislauf-Regulation sowie Gedächtnis- und Lernprozessen sind purinerge Signale maßgeblich beteiligt und es ist wahrscheinlich, daß E-NTPDasen an der Modulation dieser Signale mitwirken. Die in dieser Arbeit beschriebene NTPDase3 ist ein viel versprechender Kandidat für die Regulation purinerger Signale im peripheren und zentralen Nervensystem.
Ein gentherapeutischer Ansatz für die Behandlung der HIV-Infektion ist die "intrazelluläre Immunisierung" von CD4+-Zellen die den Hauptangriffspunkt des HI-Virus darstellen. Potentiell therapeutische Gene zur Hemmung der HIV-Replikation sind in großer Zahl und für praktisch jeden schritt des Replikationszyklus des Virus publiziert. Ein Problem war allerdings bisher das Fehlen eines einheitlichen und reproduzierbaren Vergleichssystems zur Identifizierung erfolgversprechender Gene für Studien im Tiermodell und in der Klinik. In dieser Arbeit wurde ein solches auf die Gentherapie abgestimmtes Zellkultursystem entwickelt, das auf stabilem Transfer von HIV-inhibitorischen Genen durch retrovirale Transduktion von T-Zellen und Belastungsversuchen mit replikationsfähigen Viren beruht. Dazu wurden auf Basis der humanen T-Zellinie PM1 Zellinien etabliert, die das Markergen egfp sowie ein therapeutisches Gen stabil exprimieren. Für den Gentransfer wurden [MLV(GaLV)]-Vektoren verwendet, die sich für die Transduktion von hämatopoetischen Zellen besonders eignen. Mit Hilfe der etablierten HIV-inhibitorischen Gene RevM10 und STHM (membrangebundenes T20) wurden Methoden zur Generierung dieser stabilen Zellinien optimiert. Um eine höchstmögliche Vergleichbarkeit zu erreichen, müssen die Voraussetzungen für eine HIV-Replikation in allen Zellinien in gleicher Weise gegeben sein. Deshalb wurden Zellinien bei mit praktisch gleicher Zellteilungsrate und HIV-Rezeptorexpression etabliert. Die untrschiedliche Hemmwirkung der Kontrollgene konnte so in Belastungsexperimenten mit drei verschiedenen, repräsentativen HIV-1-Laborstämmen reproduzierbar gezeigt werden. Das erarbeitete Zellkultursystem wurde dann zur Evaluierung verschiedener Gene eingesetzt. Zunächst wurden zwei neue Ansätze für die HIV-Gentherapie getestet. Die hohe Wirksamkeit von APOBEC3Gagm gegen HIV-1, die zuvor in einem "single-round"-Infektionssystem gezeigt worden war, konnte bestätigt werden. Der Versuch, das als natürlicher HIV-Inhibitor in humanem Hämofiltrat gefundene Peptild VIRIP auf der Zelloberfläche zu exprimieren, bewirkte hingegen keine HIV-Hemmung. Zusätzlich wurden mehrere potentiell therapeutische Gene getestet, die von Kooperationspartnern im Rahmen eines HIV-Netzwerkes entwickelt worden waren. Für die humanisierte transdominant-negative Gag-Mutante TDsg Delta 2 konnte eine HIV-Hemmwirkung nachgewiesen werden, während weder die Wildtyp-Mutante TDwt Delta 2 noch das minimale GAG-Fragment L2GAL2-V3 eine signifikante Wirkung zeigten. Für die beiden HIV-1 p6-Konstrukte L4 und L6 war eine HIV-Hemmung ebensowenig wie für die gp41 c-tail-Konstrukte 9/1 und 9/2 feststellbar. In weiteren Versuchen konnte gezeigt werden, daß sich die Hemmwirkung der unterschiedlichen Gene gegen HIV-1-Primärisolate im wesentlichen der gegen die Laborstämme entspricht. Nach Infektion der Zellinien mit HIV-2 wurde wie erwartet die Virusreplikation nur durch STHM und TDsg Delta 2 gehemmt. Schließlich wurde getestet, ob sich die Hemmeffekte auch in primären humanen Lymphozyten nachvollziehen lassen. Obwohl aufgrund der in diesen Zellen niedrigen erreichbaren Transduktionseffizienzen und einer starken Donorabhängigkeit keine Standardisierung möglich war, konnte gezeigt werden, daß es prinzipiell möglich ist, Hemmeffekte sichtbar zu machen.
Humanpharmaka stellen eine permanente Belastung von Gewässern dar. Im Rahmen der vorliegenden Arbeit wurde erstmals gemäß dem von der Europäischen Arzneimittelagentur EMEA entwickelten Konzept zur Durchführung von Umweltrisikobewertungen von Humanpharmaka mit mehreren ausgewählten Substanzen Umweltrisikobewertungen durchgeführt. Die hierfür ausgewählten Pharmaka sind das Antiepileptikum Carbamazepin (CBZ), das Antibiotikum Sulfamethoxazol (SMX) und das synthetische Östrogen 17a-Ethinylöstradiol (EE2). Als Vertreter der Inhaltsstoffe von Körperpflegeprodukten wurde der polyzyklische Moschusduftstoff Tonalid (AHTN) in die Untersuchungen mit einbezogen. Mit Hilfe von Literaturrecherchen wurde die Datengrundlage für Expositions- und Wirkungsabschätzungen bereitgestellt. Der vorhandene recherchierte Datensatz wurde mit entsprechenden Kurz- und Langzeitstudien ergänzt. Die mit den Ergebnissen der Expositions- und Wirkungsabschätzungen vorgenommenen Umweltrisikobewertungen ergaben im ersten Schritt basierend auf Kurzzeitstudien unter den ausgewählten Substanzen lediglich für den Moschusduftstoff AHTN ein erhöhtes Umweltrisiko für Oberflächengewässer. Basierend auf weiterführenden Langzeitstudien konnte das zunächst erkannte, durch AHTN indizierte Umweltrisiko entkräftet werden, jedoch ergaben die Risikocharakterisierungen für EE2 und SMX ein erhöhtes Risiko für das aquatische Kompartiment. Auf Grund der erhöhten Adsorptionspotenziale von CBZ, EE2 und AHTN wurden für diese Substanzen kompartimentspezifische Umweltrisikocharakterisierungen durchgeführt. Dabei wurde ein erhöhtes Umweltrisiko durch CBZ für das Kompartiment Sediment angezeigt. Basierend auf den Ergebnissen einer Sediment-Bioakkumulationsstudie mit dem endobenthischen Oligochaeten Lumbriculus variegatus, welche in einen unerwartet hohen Akkumulationsfaktor resultierte, und aus der Literatur verfügbaren Fisch-Biokonzentrationsfaktoren wurde anhand der Nahrungskette Wasser-Sediment-Wurm-Fisch die Möglichkeit des ‚secondary poisonings’ durch EE2 bei wurmfressenden Fischen unter natürlichen Bedingungen aufgezeigt. Zur Verwendung dieses Ergebnisses in einer Umweltrisikobewertung zum Zwecke der Zulassung von Pharmaka sollten weitergehende Untersuchungen zur Bestätigung durchgeführt werden. Bezugnehmend auf die Resultate der eigenen Studien und auf die besonderen Eigenschaften von Humanpharmaka wurde der EMEA-Richtlinienentwurf diskutiert und Verbesserungsvorschläge erarbeitet. Bis auf wenige Anpassungen geht das EMEA-Bewertungsschema nicht auf die Besonderheiten und spezifischen Eigenschaften von Humanpharmaka ein. Hauptkritikpunkte bezogen sich auf (1) die Anwendung eines konzentrationsabhängigen Schwellenwertes als Entscheidungsgrundlage zur Durchführung einer Risikocharakterisierung, (2) das stufenweise Vorgehen bei der Wirkungsabschätzung mit zuerst ausschließlich auf Kurzzeitstudien basierenden Effektdaten, und (3) unzureichende Angaben zu Vorgehensweisen in der höheren Stufe des Bewertungsschemas, vor allem bei Substanzen mit außergewöhnlichem ökotoxikologischen Potenzial. Trotz der zur Zeit intensiven internationalen Diskussion über mögliche Auswirkungen durch endokrine Disruptoren auf Mensch und Umwelt sieht der EMEA-Richtlinienentwurf nicht ausdrücklich vor, die Umweltgefährdung durch potenziell endokrin wirksame Substanzen mit spezifischen Testmethoden festzustellen und zu bewerten. Die Erkenntnis, dass spezifische Wirkmechanismen bei Chemikalien, speziell bei Arzneimitteln und Bioziden, auch in sehr niedrigen Konzentrationen zu Wirkungen in der Umwelt führen können, bleibt im EMEA-Richtlinienentwurf auf Grund der Einführung eines expositionsbezogenen Schwellenwertes und der Wirkungsabschätzung mittels Akutstudien nur unzureichend berücksichtigt. Zur Schließung dieser Lücke, die durch Untersuchungen zu endokrinen Wirkungen in der Umwelt offensichtlich wurde, müssen neue und bessere ökotoxikologische Instrumente entwickelt werden und das Umweltrisikobewertungsschema entsprechend erweitert und angepasst werden.
Die frühe Entwicklung und Differenzierung der sympathischen Ganglien wird durch ein Netzwerk von proneuralen (Mash1/Cash1) und autonomen (Phox2a/b, dHand) Transkriptionsfaktoren kontrolliert. Diese Transkriptionsfaktoren induzieren direkt oder indirekt die Expression neuronaler (SCG10) und subtypspezifischer noradrenerger (TH, DBH) oder cholinerger (ChAT, VAChT) Gene. Die Analyse der frühen Genexpression im Ciliarganglion zeigte ein bemerkenswert ähnliches zeitliches Expressionsschema. Zwei bedeutende Unterschiede sind einerseits die nur transiente Expression noradrenerger Gene und andererseits die Abwesenheit des bHLH-Transkriptionsfaktors dHand, der selektiv in den sympathischen Ganglien exprimiert ist. Das Netzwerk der Transkriptionsfaktoren in den sympathischen Ganglien ist abhängig von einem BMP-Signal aus der dorsalen Aorta. BMPs sind notwendig und ausreichend für die Expression der genannten Transkriptionsfaktoren und damit für die Bildung der sympathischen Ganglien. Diese Arbeit zeigt, daß BMPs auch für die Entwicklung des Ciliarganglions notwendig und ausreichend sind. Fehlen BMPs, differenzieren die Vorläuferzellen nicht, wird BMP4 überexprimiert, differenzieren sie, anders als sympathische Vorläuferzellen im Brachialnerv, zu Zellen mit parasympathischem Phänotyp. Die vorliegenden Ergebnisse weisen auf eine Präspezifizierung von Ciliarvorläuferzellen und sympathischen Vorläuferzellen hin. Der bHLH-Transkriptionsfaktor dHand ist differentiell in sympathischen Vorläuferzellen exprimiert. Seine Expression ist notwendig für die noradrenerge Differenzierung, und die Überexpression im Ciliarganglion reicht aus, um in den Ciliarneuronen die Expression von TH/DBH zu erhalten. Verschiedene Arbeiten schlagen als möglichen Wirkmechanismus eine synergistische Interaktion von dHand und Phox2-Transkriptionsfaktoren vor. Ektopische BMP4-Expression induziert in einem Teil der generierten Neuronen die Expression von dHand. Interessanterweise reicht diese, durch BMP4 induzierte, dHand-Expression nicht aus, den relativen Anteil noradrenerger Neuronen innerhalb der ektopischen und der Ciliarneuronen zu erhöhen. Diese scheinbare Diskrepanz kann erklärt werden, wenn man annimmt, daß ein bestimmter Schwellenwert in der dHand-Funktion erreicht werden muß. Dieser Schwellenwert könnte durch unterschiedliche dHand-Expression, induziert durch BMPs, durch posttranskriptionelle Kontrolle der dHand-Funktion, oder durch unterschiedliche Expression von Cofaktoren in unterschiedlich präspezifizierten Vorläuferzellen reguliert werden. In Zellen, in denen die Konzentration an aktivem dHand einen gewissen Schwellenwert übersteigt, würde dann gemeinsam mit Phox2a/b die noradrenerge Genexpression induziert oder erhalten werden.
Inhibition des Stat3-Signalweges durch Peptid-Aptamere : ein neuer Ansatzpunkt für die Tumortherapie
(2004)
In der vorliegenden Arbeit konnten durch den Einsatz modifizierter Hefe-zwei-Hybrid-Screens erstmals Peptid-Aptamere isoliert werden, die spezifisch mit verschiedenen funktionellen Domänen von Stat3 interagieren und dadurch den Stat3-Signalweg auf unterschiedlichen Ebenen inhibieren. Als Zieldomänen im Hefe-zwei-Hybrid-System wurden die Dimerisierungs- bzw. die DNA-Bindedomäne von Stat3 verwendet. Nach der erfolgreichen Identifikation von Peptid-Aptameren im modifizierten Hefe-zwei-Hybrid-System war es zunächst notwendig, die spezifische Interaktion der isolierten Peptid-Aptamere mit Stat3 zu demonstrieren. Die in vitro Interaktion der isolierten Peptid-Aptamere mit dem gesamten Stat3-Molekül wurde in Ko-Immunopräzipitationsexperimenten gezeigt. Im Folgenden bestätigte sich die spezifische Interaktion der isolierten Peptid-Aptamere mit ihren jeweiligen funktionellen Domänen von Stat3 in Hefen mittels Mating-Experimenten. In den nächsten Schritten sollte die Bioaktivität der isolierten Peptid-Aptamere bei der Inhibition des Stat3-Signalweges in verschiedenen Zellsystemen validiert werden. Zunächst konnten in Herc-Zellen, die den Stat3-Signalweg nach exogenem Stimulus (EGF) aktivieren, die molekularen Wirkungs-mechanismen, die der Inhibition des Stat3-Signalweges durch die Peptid-Aptamere zugrunde liegen, aufgeklärt werden. Durch den Einsatz eines biochemisch-molekularbiologischen Methodenrepertoires (Western Blot Analysen, Reportergen-Analysen, und Gelretardierungsexperimente) zeigte sich, dass die verschiedenen selektionierten Peptid-Aptamere mit dem Aktivierungsszenario des Stat3-Signalweges auf zwei unterschiedlichen Ebenen, der Phosphorylierung bzw. der DNA-Bindung von Stat3, interferieren. Um die mögliche Anwendung der isolierten Peptid-Aptamere als potentielle Stat3-Inhibitoren in Tumorerkrankungen zu analysieren, wurden die Untersuchungen auf Tumorzelllinien mit konstitutiv-aktivem Stat3 (murine Melanomazelllinie B16 und humane Myelomazelllinie U266) ausgeweitet. Durch die zelluläre Applikation der für die isolierten Peptid-Aptamere codierenden DNA mittels Transfektion ergaben sich erste Einblicke über den Einfluss der isolierten Peptid-Aptamere auf die transkriptionelle Aktivität von Stat3. In weiteren Untersuchungen konnte eindrucksvoll gezeigt werden, dass durch die transiente Expression eines Peptid-Aptamers (DBD-1) Apoptose in murinen Melanomazellen induziert wird. Die biologische Aktivität des DBD-1 Peptid-Aptamers wurde dann mit Hilfe einer innovativen Methode zur zellulären Applikation von potentiell wirksamen Bio-Molekülen in eukaryotische Zellen studiert. Dabei konnte im Rahmen der vorliegenden Arbeit die Methode der Proteintransduktion für die Applikation von Peptid-Aptameren etabliert werden. Durch den Einsatz der Proteintransduktion ließ sich die Funktionalität des isolierten DBD-Peptid-Aptamers nicht nur in murinen, sondern auch in humanen Stat3-abhängigen Tumorzellen verifizieren. Dabei konnte auch eine Dosis-Wirkungsbeziehung zwischen der Überlebensrate von Stat3-abhängigen Tumorzellen und der Menge an applizierten Peptid-Aptamer hergestellt werden. Darüber hinaus demonstrieren weitere Ergebnisse, dass das DBD-1 Peptid-Aptamer keinen Einfluss auf die Überlebensrate von nicht-Stat3-abhängigen Tumorzellen hat, wodurch die hohe Spezifität des DBD-1 Peptid-Aptamers bestätigt wird. Zusätzlich zu diesen funktionellen Analysen konnte der durch das Peptid-Aptamer induzierte Signalweg, der die Einleitung des programmierten Selbstmordes der Stat3-abhängigen Tumorzellen auslöst, charakterisiert werden. Die vorliegenden Daten zeigen zudem die Funktionalität der rekombinant exprimierten Peptid-Aptamere fusioniert mit einer Proteintransduktionsdomäne in einem in vivo Tumormodell in der Maus. Für diesen tierexperimentellen Ansatz fanden B16-Tumorzellen Verwendung, die nach subkutaner Injektion in Mäusen lokale Tumore bilden. In diesem Tumormodell wurde mittels intratumorale Injektion des transduzierbaren DBD-Peptid-Aptamers ein viel versprechender, wachstumshemmender Effekt auf Tumorzellen erzielt. Die Ergebnisse der vorliegenden Arbeit belegen, dass Stat3 ein ideales Zielprotein für die Entwicklung neuer Tumortherapeutika ist. Dabei stellt nicht nur die Dimerisierungsdomäne, sondern auch die DNA-Bindungsdomäne ein attraktives Ziel für die Inhibition des Transkriptionsfaktors Stat3 dar. Die viel versprechenden Daten sowohl an Tumorzellen als auch im Gesamtorganismus des Maustumormodells, verbunden mit der hier herausgearbeiteten innovativen Applikationstechnik, lassen auf einen Einsatz der isolierten Peptid-Aptamere in der Tumortherapie hoffen. Zudem eröffnen die Daten zur Protein-transduktion von Peptid-Aptameren neue Perspektiven für die Applikation von Bio-Molekülen mittels „Protein-Therapie“ in der molekularen Bio-Medizin.
Das peroxsimale Enzym Katalase wird durch Blaulichtabsorption der prosthetischen Häm- Gruppe im sichtbaren Licht und in Anwesenheit von Sauerstoff in vitro und in vivo inaktiviert. Unter physiologischen Bedingungen wird das inaktivierte Enzym in vivo durch Neusynthese ersetzt. Ist der Proteinbiosyntheseapparat jedoch durch zusätzliche Stressoren wie z. B. Kälte gehemmt, kommt es zu einem Verlust von Katalaseaktivität im Blatt. Alpenpflanzen sind an ihrem natürlichen Standort sowohl hohen Lichtintensitäten, als auch niedrigen Temperaturen ausgesetzt. Streb et al. (1997) identifizierten in Blättern der Alpenpflanze Homogyne alpina eine lichtstabile Katalase. Nach Isolierung von Katalase-cDNAs der Alpenpflanzen Soldanella alpina und Homogyne alpina, sowie der Flachlandpflanze Secale cereale (durchgeführt und zu Verfügung gestellt von M. Schmidt, Universität Frankfurt) sollten diese heterolog exprimiert und auf Lichtstabilität untersucht werden. In Hefen gelang es jedoch nicht, pflanzliche Katalasen funktionell zu exprimieren. Daher wurde die heterologe Katalase-Expression im Baculovirussystem durchgeführt. Nach Infektion von Spodoptera frugiperda Insektenzellen mit rekombinantem Baculovirus, der die jeweilige Katalase-cDNA-Sequenz enthielt, gelang es, aktive pflanzliche Katalasen zu extrahieren. Die rekombinanten Katalasen von Soldanella alpina und Secale cereale waren, ebenso wie die aus Blättern gereinigten Enzyme, lichtsensibel. Die rekombinante Katalase der Alpenpflanze Homogyne alpina war dagegen lichtstabil. Die Ermittlung der Michaelis- Menten-Kinetiken, der peroxidatischen Aktivitäten und der Empfindlichkeit gegen Inhibitoren der lichtsensiblen und lichtstabilen Katalasen ergaben, dass sich die Katalasen in ihren katalytischen Eigenschaften nicht wesentlich voneinander unterschieden. Lediglich die spezifische Aktivität der rekombinanten lichtstabilen Katalase von Homogyne alpina war signifikant herabgesetzt. Ein Vergleich der abgeleiteten Aminosäuresequenz der Katalase von Homogyne alpina mit Katalasesequenzen anderer mono- und dikotyler Pflanzen und Rinderleberkatalase zeigte sechs auffällige Aminosäuresubstitutionen in stark konservierten Bereichen: Val124Thr, Leu135Ile, Leu189Trp, Gly206Ser, His225Thr und Lys291Met. An einer computergestützten Darstellung des Modells einer 3dimensionalen Katalaseuntereinheit der lichtstabilen Katalaseuntereinheit von Homogyne alpina ist zu sehen, dass die auffälligen Aminosäuresubstitutionen in einer Region am Eingang eines seitlichen Kanals, der zum Reaktionszentrum führt, lokalisiert sind. Diese Region repräsentiert bei tierischen Katalasen eine NADPH-Bindungsstelle. NADPH schützt Rinderleberkatalase, im Gegensatz zu den rekombinanten pflanzlichen Katalasen von Secale cereale und Homogyne alpina, komplett vor der Inaktivierung durch Superoxid und partiell vor Starklichtinaktivierung. Der NADPH-vermittelte Schutz der Rinderleberkatalase ist auf eine spezifische NADPH-Bindung zurückzuführen. Die in dieser Arbeit untersuchten Katalasen von Secale cereale und Homogyne alpina binden NADPH nicht. Die aus Blättern isolierte lichtsensible Katalase von Secale cereale wird durch Superoxid nicht inaktiviert, die rekombinante lichtstabile Katalase von Homogyne alpina dagegen schon. Daher liegt der oxidativen Photoinaktivierung ein anderer Mechanismus zu Grunde, als der Superoxid-vermittelten Katalaseinaktivierung. Die Aminosäuresequenz von CATA3 von Helianthus annuus zeigte die gleichen auffälligen Aminosäuresubstitutionen wie CAT-1 von Homogyne alpina. Heterologe Expression von CATA3 mit anschließender Lichtinkubation ergab, dass CATA3, ebenso wie CAT-1 von Homogyne alpina, lichtstabil ist. In Blättern von Helianthus annuus sind Katalasen mit erhöhter Lichtstabilität als semikristalline Einschlüsse, sogenannten Cores, organisiert. Transmissionselektronenmikroskopische Aufnahmen zeigten, dass in den Peroxisomen von Homogyne alpina-Blättern ebenfalls Cores vorhanden sind. Während der Lichtinaktivierung von Katalasen soll die Oxidation von Histidinresten ausgelöst werden. Daher ist die bei den lichtstabilen Katalasen vorkommende Aminosäuresubstitution von His zu Thr (Pos. 225) in einer bei eukaryotischen Katalasen konservierten Region besonders auffällig. Deshalb wurde bei der lichtsensiblen Katalase von Soldanella alpina durch in vitro Mutagenese das His225 durch ein Thr ersetzt. Die mutagenisierte Katalase von Soldanella alpina war noch lichtempfindlicher, als das nichtmutagenisierte rekombinante Emzym. Dieses Ergebnis zeigt, dass die Region um das His225 eine wichtige Rolle für die Lichtstabilität bzw. –empfindlichkeit von pflanzlichen Katalasen einzunehmen scheint; die His225Thr Substitution ist allerdings nicht alleine für die Lichtstabilität ausreichend.
Anthropogene Landnutzung in ariden Savannen verändert die strukturelle Diversität der Vegetation und bedroht damit die Artenvielfalt der Flora und Fauna von etwa 20% der Landoberfläche der Erde. Ziel meiner Dissertation war es, den Einfluss von Landnutzung auf die Abundanz und Diversität von Kleinkarnivoren und ihrer Beutetiere zu untersuchen. Dabei sollten Bioindikatoren identifiziert werden, die eine Einschätzung der Diversität im Farmmosaik der südlichen Kalahari ermöglichen. Entlang eines Weideintensitätsgradienten analysierte ich mit Hilfe freilandökologischer Methoden die komplexen Zusammenhänge zwischen Beweidungsintensität, struktureller Diversität der Vegetation, Beuteverfügbarkeit und Diversität von Kleinkarnivoren. Nach den Ergebnissen dieser Studie in der südlichen Kalahari kann ich folgende Aussagen über die anthropogene Störung der Integrität von ariden Savannensystemen durch Beweidung treffen: 1. Eine Steigerung der Bestockungsdichten von Weidetieren führte zu drastischen Veränderungen der Zusammensetzung und strukturellen Diversität der Vegetation. Dabei sank mit zunehmendem Beweidungsdruck der Anteil an Gräsern an der Vegetationsbedeckung bei gleichzeitigem Anstieg der Strauchvegetation. Die Heterogenität des Habitats, gemessen in Anzahl von Strauchpatches (ø>4m) pro Hektar, zeigte einen unimodalen Verlauf bei steigender Strauchbedeckung und damit bei steigender Weideintensität. Maximale Habitatheterogenität wurde bei einer Strauchbedeckung von ca. 20% festgestellt. 2. Die beobachteten Veränderungen der Vegetation wirkten sich sowohl auf Tierarten aus, die sich direkt von pflanzlicher Kost ernähren als auch auf solche am Ende einer Nahrungskette: Die Effekte zunehmender Strauchbedeckung (und damit steigender Beweidungsintensität) auf die relative Häufigkeit der wichtigsten Beutetiere von Kleinkarnivoren unterschieden sich zwischen den einzelnen Gruppen. Es bestand eine lineare negative Korrelation für Orthopteren, während unimodale Antwortmuster für Käfer mit maximaler Abundanz bei einer Strauchbedeckung von ca. 15% und für Nagetiere bei ca. 12,5% festgestellt wurden, wohingegen keine Korrelation für Termiten ermittelt werden konnte. 3. Am Beispiel der Nagetiergemeinschaft konnte die wesentliche Bedeutung der räumlichen Skala für das Auflösungsvermögen von Abundanz- und Diversitätsmuster gezeigt werden. Ihre Muster und damit die Auswirkungen von Beweidung wurden ausschließlich auf einer großen räumlichen Skala (250ha) identifiziert, nicht jedoch auf der Skala des mittleren Aktionsraums (1ha). Ein wichtiges Fazit dieser Ergebnisse ist, dass zuerst diejenige räumliche Skala identifiziert werden muss, auf der ein Organismus mit Habitatstrukturen (Z.B. geeigneten Nahrungsplätzen) interagiert, um die Effekte von Veränderungen der strukturellen Zusammensetzung von Habitaten verstehen zu können. Dabei führte steigende Grasbedeckung zu einer exponentiellen Sättigung der Gesamtabundanz sowie der Diversität der Nagetiere. Dagegen wurde bei Zunahme der Strauchbedeckung ein unimodales Muster für Gesamtabundanz und Diversität festgestellt. 4. Obwohl ein hoher Strauchanteil sich durchgehend negativ auf die Beuteverfügbarkeit auswirkte, haben Sträucher eine besondere Bedeutung für die Artenvielfalt in diesem Lebensraum, da sie als Schutz- und Nistplatz wichtige Funktionen erfüllen. Am Beispiel von Fuchsmangusten (Cynictis penicillata) konnte ich exemplarisch die zentralen Funktionen von Sträuchern und ihren Einfluss auf den Reproduktionserfolg dieser Art zeigen. Interessanterweise waren die Auswirkungen von Sträuchern inkonsistent für unterschiedliche räumliche Skalen. Im Mikrohabitat haben Strauchstrukturen positive Eigenschaften (Schutzfunktionen). Fuchsmangusten legten ihre Bauten meistens unter Sträuchern an, um ein Einstürzen durch Huftrampeln zu verhindern und ihr Prädationsrisiko durch Greifvögel zu reduzieren. Für die Anlage ihrer Reproduktionsbauten wählten sie Strauchstrukturen mit einem Durchmesser von mindestens sechs Metern (bevorzugt der Art Acacia hebeclada) und außerdem, wenn sich im Umkreis von 10 Metern kein weiterer Strauchpatch befand. Auf einer größeren räumlichen Skala (im Umfeld von einem Hektar um Reproduktionsbauten) wurden Flächen mit einer Strauchbedeckung präferiert, die geringer war, als zufällige Flächen im Habitat. Dabei wirkte sich zunehmende Strauchbedeckung auch negativ auf die Gruppengröße und den Reproduktionserfolg dieser Art aus. Für eine erfolgreiche Reproduktion bei Fuchsmangusten scheint die Strauchbedeckung im Umfeld von einem Hektar um die Reproduktionsbauten einen Schwellenwert zwischen 10 und 15% nicht überschreiten zu dürfen. Dies ist mit der sinkenden Beuteverfügbarkeit (Nagetiere und Arthropoden) bei zunehmender Strauchbedeckung zu begründen. 5. Aufgrund der dramatischen Auswirkungen von Verbuschung auf die Beuteverfügbarkeit von Kleinkarnivoren unterschieden sich die Abundanzen der einzelnen Kleinkarnivoren deutlich zwischen diesen Farmen. Die Abundanz der jeweiligen Einzelarten konnte über Regressionsmodelle mit Vegetationsparameter oder Beutetierverfügbarkeit erklärt werden. Im Gegensatz dazu war die Strauchbedeckung die beste erklärende Variable für Gesamtabundanz und Diversität der Gilde. Sie integriert habitatspezifische Eigenschaften, wie die Verfügbarkeit von vier Beutetiergruppen, die Konnektivität von Nahrungspatches mit hoher Qualität, das Prädationsrisiko durch Greifvögel sowie das Nistplatzangebot. Dabei sank mit zunehmender Strauchbedeckung die Gesamtabundanz, während für die Diversität ein unimodales Muster mit maximaler Diversität bei einer Strauchbedeckung von ca. 12,5% festgestellt wurde. Für eine Einschätzung der Diversität von Kleinkarnivoren eignet sich die Ginsterkatze (Genetta genetta) als Indikatorart. Interessanterweise war die Strauchbedeckung ein noch besserer Bioindikator für die Einschätzung der Diversität von Kleinkarnivoren. 6. Die Schlussfolgerung meiner Ergebnisse ist, dass die Diversität der Kleinkarnivoren einen Großteil der Biodiversität der Untersuchungsflächen in der südlichen Kalahari widerspiegelt. Dabei integriert die Kleinkarnivorengilde als Indikatorvariable neben der zoologischen Diversität (i) auch die strukturelle Diversität der Vegetation (ii) sowie die strukturelle Organisation im Nahrungsnetz (iii). Kleinkarnivoren erhalten dadurch einen Status einer Indikatorgilde und eignen sich damit sehr gut zur Beurteilung der südlichen Kalahari oder einer anderen Weidelandschaft arider Savannen. 7. Das für den Naturschutz wichtigste Ergebnis meiner Arbeit ist, dass höchste Diversität aller Untersuchungsorganismen bei einer Strauchbedeckung zwischen 10 und 15%, also einer mittleren Beweidungsintensität von ca. 3,5 LSU/ l00ha, festgestellt wurde. Daher wirken sich mäßige Bestockungsdichten durchaus positiv auf die Diversität aus, während eine Überbeweidung einen dramatischen Rückgang der Artenvielfalt in diesem Lebensraum verursacht.
Die thrombotisch thrombozytopenische Purpura (TTP) ist ein schweres, heterogenes Syndrom, bei welchem es zu einer lebensbedrohlichen, disseminierten Mikrothrombosierung in den arteriellen Kapillaren kommt. Bei Patienten mit TTP wurde 1997 erstmalig ein Mangel an der Von Willebrand Faktor (VWF)-spaltenden Protease entdeckt. Diese Protease wurde 2001 als ein neues Mitglied der "a disintegrin and metalloprotease with thrombospondin motifs"-Familie identifiziert und als ADAMTS-13 bezeichnet. Der ADAMTS-13-Mangel soll eine Anreicherung großer VWF-Multimere verursachen, welche für die pathologische Thrombenbildung bei Patienten mit TTP verantwortlich gemacht wird. Im Rahmen der vorliegenden Arbeit wurde zunächst ein neuartiges Verfahren zur Bestimmung der ADAMTS-13-Aktivität entwickelt. Mittels des neuen Verfahrens wurde die Bedeutung von ADAMTS-13 in der Pathophysiologie der erworbenen TTP und in der Genese anderer Erkrankungen untersucht. Bei der hier entwickelten Methode wird eine beliebige Testprobe mit einem ADAMTS-13-freien VWF-Substrat versetzt und nach entsprechender Inkubation die ADAMTS-13-Aktivität ermittelt, indem der Abfall der VWF-vermittelten Aggregation von Thrombozyten gemessen wird. Das neuartige Verfahren zeigt eine gute Reproduzierbarkeit und wurde durch extensiven Vergleich mit der herkömmlichen Immunoblotting-Methode validiert. Zudem wurde die Richtigkeit der Methode durch erfolgreiche Teilnahme an einer internationalen Multicenterstudie bestätigt. Die neue Methode ist im Gegensatz zu den herkömmlichen Verfahren im klinisch-diagnostischen Routinelabor anwendbar, da das Verfahren auf der Verwendung eines routineerprobten, automatisierten Testes zur Bestimmung der VWF:Ristocetin-Kofaktor-Aktivität beruht. Der Test ist bei hohem Probendurchsatz schnell und einfach durchführbar und benötigt keine spezielle Laborausrüstung oder besondere Expertise. In den untersuchten Patientenkollektiven war der schwere ADAMTS-13-Mangel mit einer Spezifität von 100% und einer Sensitivität von 89% mit einer akuten TTP korreliert. Bei 85% der Plasmaproben mit hochgradig erniedrigter ADAMTS-13-Aktivität konnte in vitro eine inhibitorische Aktivität gegen ADAMTS-13 detektiert werden. Die Plasmapherese-Therapie (PP-Therapie) führte in 75% der untersuchten TTP-Episoden zu einer letztendlichen Eliminierung des Inhibitors mit einer korrespondierenden Erhöhung der ADAMTS-13-Aktivität. Der Anstieg der ADAMTS-13-Aktivität war in diesen Fällen eng mit dem Anstieg der Thrombozyten assoziert. In 15% der untersuchten Episoden führte die PP-Therapie zu einer Erniedrigung des Inhibitortiters ohne messbare Rekonstitution der ADAMTS-13-Aktivität. Bei 10% der untersuchten Episoden kam es unter PP-Therapie zu einem permanenten Anstieg des Inhibitortiters. Trotz fehlender Rekonstitution der ADAMTS-13-Aktivität in den letztgenannten Fällen induzierte die PP-Therapie eine klinische Remission. Zwei Patienten zeigten nach Splenektomie bzw. Rituximab-Gabe ohne nachweisbare Rekonstitution der ADAMTS-13-Aktivität ebenfalls eine konsistente, klinische Remission. Die Ergebnisse zeigen, dass die in vitro gemessene ADAMTS-13-Aktivität die pathophysiologisch wirksamen Prozesse der akuten TTP nicht immer eindeutig erklären. Dies weist auf bislang unentdeckte pathogene Mechanismen hin. Zudem könnten die derzeit gängigen Methoden zur Bestimmung der ADAMTS-13-Aktivität (einschließlich des hier entwickelten Verfahrens) die tatsächliche in vivo VWF-Proteolyse durch ADAMTS-13 nicht ausreichend widerspiegeln. Die Ergebnisse dieser Arbeit zeigen, dass ein ADAMTS-13-Mangel als ein Risikofaktor, und nicht als der alleinige Auslöser, für die akute TTP betrachtet werden sollte. Die Bestimmung der ADAMTS-13-Aktivität bei den unterschiedlichsten hämatologischen Erkrankungen offenbarte eine moderat erniedrigte ADAMTS-13-Aktivität in einer Vielzahl von schweren, zumeist intensivpflichtigen Erkrankungen. Bei einigen Patienten konnte nachgewiesen werden, dass sich die ADAMTS-13-Aktivität in Remission normalisiert. Daraus lässt sich möglicherweise vermuten, dass sich die ADAMTS-13-Aktivität generell bei einer Akut-Phasen-Reaktion erniedrigt. Die Untersuchungen der ADAMTS-13-Aktivität bei Patienten mit malignen Erkrankungen zeigte bei 21% der getesteten Patienten einen milden ADAMTS-13 Mangel. Bei den untersuchten Patienten mit Hirn- und Prostatatumoren konnte, im Gegensatz zu vorhergehenden Studien mit anderen Tumortypen, keine Korrelation zwischen erniedrigter ADAMTS-13-Aktivität und dem Grad der Malignität bzw. der Dissemination des Tumors gefunden werden. Die Bestimmung der ADAMTS-13-Aktivität bei einem umfangreichen Patientenkollektiv mit thromboembolischen Erkrankungen zeigte, dass der ADAMTS-13 Mangel kein häufig vorkommender Risikofaktor für das Auftreten von arteriellen oder venösen Thrombosen darstellt. In der vorliegenden Studie wurde jedoch der weltweit erste Fall eines milden, congenitalen ADAMTS-13 Mangels bei einer Patientin mit familiären, rezidivierenden, ischämischen Schlaganfällen gefunden. Zusammenfassend wurde in der vorliegenden Arbeit ein neuartiges Verfahren zur Bestimmung der VWF-spaltenden Proteaseaktivität von ADAMTS-13 entwickelt, welchem durch seine klinische Anwendbarkeit in Zukunft eine weitreichende Bedeutung zufallen könnte. Die klinischen Studien dieser Arbeit belegen zum einen den Zusammenhang zwischen ADAMTS-13 und TTP und weisen zum anderen auf andere bislang nicht identifizierte Mechanismen hin, welche das klinische Bild der TTP determinieren. Des weiteren konnte im Rahmen dieser Arbeit gezeigt werden, dass ADAMTS-13 neben einer Beteiligung an der Akut-Phasen-Reaktion, eine möglicherweise sehr bedeutsame Rolle bei malignen und thromboembolischen Erkrankungen spielt. Dies sollte in zukünftigen Studien, insbesondere im Hinblick auf neuartige therapeutische Möglichkeiten durch die Gabe von ADAMTS-13, näher untersucht werden.
Die vorliegende Arbeit wurde partiell als Bestandteil eines von der EU geförderten TME-Projektes angefertigt. Das vorrangige Ziel war die Weiterentwicklung der Methodik, die Ring-Testung und die Freiland-Validierung eines offenen und ungestörten terrestrischen Modellökosystems (TMEs). Hierzu wurden die Auswirkungen der Modellchemikalie Carbendazim (fungizider Wirkstoff der Formulierung Derosal®) auf die Enchytraeidenzönose mit TMEs im Labor und in Freiland- Validierungsstudien untersucht. Die Familie Enchytraeidae (Annelida, Oligochaeta) unterlag auf Grund ihrer hohen ökologischen Wertigkeit und einer bekannten Sensitivität gegenüber Carbendazim, im Rahmen dieser Arbeit einer weitergehenden und vertiefenden Auswertung. Im Detail wurde analysiert, welcher der mittels TMEs für die Enchytraeen erhobenen Parameter gegenüber der Exposition von Carbendazim am sensitivsten reagiert und bei der statistischen Auswertung den niedrigsten NOEC- bzw. EC50-Wert liefert. Darüber hinaus wurde die Frage geklärt, welche der in einer TME-Studie generierten ökotoxikologischen Kenngrößen, NOEC oder EC50, am sinnvollsten in der Risikobeurteilung eingesetzt werden sollte. Die Versuche wurden in Amsterdam (Niederland), Bangor (Wales, England), Coimbra (Portugal) und Flörsheim (Deutschland) durchgeführt. An allen Standorten wurde mit dem gleichen Equipment gearbeitet. Die TMEs bestanden aus intakten Bodensäulen (Ø = 17.5 cm, Länge = 40 cm) mit ungestörter Schichtung, indigener Bodenfauna und natürlichem Pflanzenbewuchs. Die Entnahme der TMEs erfolgte auf den Flächen, auf denen auch die entsprechenden Freiland-Validierungsstudien durchgeführt wurden. Es handelte sich dabei um Grünland bzw. in einem Fall (Coimbra) um eine landwirtschaftliche Nutzfläche. Unabhängig von den jeweiligen Bodeneigenschaften konnten an allen Standorten mit den angewandten Methoden intakte Bodensäulen im Freiland entnommen und über eine dreimonatige Versuchsdauer als TMEs im Labor oder im Gewächshaus installiert werden. Zumindest für diesen Versuchszeitraum war die Aufrechterhaltung einer natürlichen Zönose der Enchytraeen in den TMEs unter den beschriebenen Versuchsbedingungen möglich. Untersucht wurden die Parameter Gesamtabundanz, Artenanzahl, Shannon-Wiener Index, Dominanzspektrum, Abundanz der Gattungen Fridericia und Enchytraeus, Anteil der Juvenilen an der Gesamtabundanz sowie die Vertikalverteilung der Enchytraeidae. Mittels einer multivariaten Statistik (PRC, Principal Response Curve) wurden die Auswirkungen auf den Endpunkt Enchytraeidae-Artengemeinschaft bestimmt. An allen Standorten kam es im TME-Vortest, im TME-Ringtest und in der Freiland-Validierungsstudie bei allen Probennahmezeitpunkten zu einer hohen Variabilität der Messwerte, die durch die heterogene räumliche Verteilung der Enchytraeidae bedingt ist. Traten Unterschiede zwischen den Kontrollen der verschiedenen Probennahmezeitpunkte im TME-Vortest und im TME-Ringtest auf, waren sie meist auf eine hohe Variabilität des jeweiligen Endpunktes zurückzuführen. Nur in wenigen Ausnahmefällen kam es zu einer kontinuierlichen Zunahme während der Versuchsdurchführung. In der Freiland-Validierungsstudie nahmen die jeweiligen Messwerte in den Kontrollen während der Versuchsdauer ab. Dies war die Folge der hohen Sommertemperaturen und der dadurch bedingten Austrocknung des Bodens, die in der Freiland-Validierungsstudie, wie alle Umweltbedingungen, nicht zu kontrollieren war. Beim Vergleich TME-Ringtest versus Freiland-Validierungsstudie lagen die Kontrollwerte der einzelnen Parameter in den beiden Studien in vergleichbaren Größenordnungen. Zwischen den Standorten konnten im TME-Vortest, im TME-Ringtest und in der Freiland- Validierungsstudie für alle Parameter keine prinzipiellen Differenzen bezüglich der Entwicklung der Kontrollen über die Probennahmezeitpunkte beobachtetet werden. An allen Standorten zeigten die untersuchten Parameter im TME-Vortest, im TME-Ringtest und in der Freiland-Validierungsstudie eine gute Übereinstimmung mit in der Literatur veröffentlichten Ergebnissen. Insgesamt lässt sich für die Entwicklung der Kontrollen über die Zeit ableiten, dass sich die Enchytraeenzönosen in den TMEs sowie am entsprechenden Freilandstandort hinsichtlich der untersuchten Parameter und ihrer räumlichen Heterogenität unabhängig von den Bodeneigenschaften nicht unterschieden. Aufgrund dieser Tatsache können systembedingte methodische Fehler bei der Erfassung von Chemikalienwirkungen auf die Enchytraeenzönosen unterschiedlicher Standorte mittels TMEs ausgeschlossen werden. Die grundlegenden Voraussetzungen für den Einsatz von TMEs als ökotoxikologisches Testsystem und Instrument in der Ökotoxikologie sind somit gegeben. An den unterschiedlichen Standorten waren die Auswirkungen von Carbendazim auf die untersuchten Parameter an den unterschiedlichen Probennahmezeitpunkten im TME-Ringtest ähnlich wie in der Freiland-Validierungsstudie. Zum Probennahmezeitpunkt w+16 waren die Effekte im TME-Ringtest und in der Freiland-Validierungsstudie vergleichbar denen im TME-Vortest. Die zwischen den Standorten festgestellten Unterschiede hinsichtlich des zeitlichen Verlaufs der Effekte sind auf die unterschiedlichen Bodeneigenschaften und die speziellen Substanzeigenschaften von Carbendazim zurückzuführen. Daher sollten bei der Planung einer TME-Studie neben den Charakteristika der zu testenden Substanz auch die standortspezifischen pedologischen Gegebenheiten berücksichtigt werden. Dabei sollten die Versuchdauer und das Raster der Probennahmen so angelegt sein, dass die maximalen Auswirkungen einer Testsubstanz sowie eine eventuelle Regeneration festgestellt werden können. Zwischen dem TME-Vortest, dem TME-Ringtest und der Freiland-Validierungsstudie sowie zwischen den verschiedenen Standorten konnten bezüglich der Sensitivität der untersuchten Endpunkte keine Unterschiede beobachtet werden. Die niedrigsten NOEC-Werte wurden im TME-Vortest, im TME-Ringtest und in der Freiland-Validierungsstudie am häufigsten mit den Parametern Dominanzspektrum und Enchytraeidae-Artengemeinschaft bestimmt. Die niedrigsten EC50-Werte (inklusive enger 95 % Vertrauensbereiche) wurden für die mit Hilfe der PRC ermittelten sensitivsten Taxa berechnet. In dieser Arbeit konnte gezeigt werden, dass multivariate statistische Verfahren wie die PRC am besten geeignet sind, um Multispezies-Testsysteme wie die TMEs auszuwerten. Darüber hinaus lassen sich mittels PRC die jeweils empfindlichsten Taxa ermitteln, für welche dann wiederum EC50-Werte mit sehr engen 95 % Vertrauensbereichen berechnet werden können. Eine einfachere Alternative ist die Auswertung des Parameters Dominanzspektrum. Mit diesem Endpunkt lassen sich sowohl NOEC-Werte bestimmen als auch sensitive Taxa ermitteln für die anschließend EC50-Werte zu berechnet werden können. EC50-Werte waren an allen Standorten sowohl im TME-Vortest und im TME-Ringtest als auch in der Freiland-Validierungsstudie häufiger bestimmbar als NOEC-Werte. Die EC50- Werte lagen meist unter den entsprechenden NOEC-Werten. Der Faktor zwischen den an den einzelnen Standorten ermittelten Minimum- bzw. Maximumwerten war für die EC50-Werte niedriger als für die NOEC-Werte. Die im TME-Ringtest ermittelten NOEC- und EC50-Werte entsprachen denen der Freiland-Validierungsstudie. Beim Vergleich der Standorte zeigten die EC50-Werte eine geringere Streuung als die NOEC-Werte. Der Variationskoeffizient der für den TME-Vortest und den TME-Ringtest berechneten EC50- Werte sowie der Faktor zwischen Minimum- und Maximumwert der unterschiedlichen Institute war denen anderer Ringtests, die mit Labormethoden durchgeführt wurden, vergleichbar, obwohl hier unterschiedliche Böden mit unterschiedlichen Enchytraeenzönosen verwendet wurden. Die im TME-Vortest und im TME-Ringtest festgestellten EC50-Werte sind mit den in der Literatur für Enchytraeen und Lumbriciden angegebenen LC/EC50-Werten sehr gut vergleichbar und liegen im unteren Bereich dieser Angaben. Damit konnte im Rahmen dieser Arbeit nachgewiesen werden, dass die mittels TME generierten Ergebnisse replizierbar und reproduzierbar sind, was eine wichtige Bedingung für die Verwendung als Testsystem in der Ökotoxikologie darstellt. Gleichzeitig wurde mittels der Freiland-Validierungsstudie die ökologische Relevanz der TME-Resultate belegt. TMEs können als sinnvolles Instrument zur Verbesserung der Risikobewertung für das Kompartiment Boden für neue/existierende Chemikalien, Biozide und Pflanzenschutzmittel betrachtet werden. Strukturelle Parameter wie z.B. die Enchytraeidae-Artengemeinschaft oder das Dominanzspektrum sollten in die Auswertung mit einbezogen und multivariate Verfahren wie die PRC verwendet werden. Damit ist es möglich, die sensitivsten Taxa zu identifizieren, Zusammenfasssung 178 für welche EC50-Werte berechnet werden können. Anstelle von NOEC-Werten sollten bei der Auswertung von TME-Studien bevorzugt EC50-Werte als ökotoxikologische Kenngröße in die Risikobewertung eingehen (z.B. zur Berechnung von TER-Werten). Die dabei zu verwendenden Sicherheitsfaktoren sind entsprechend anzupassen. Mit der Kombination Enchytraeidae und TME ist neben der Untersuchung von ökotoxikologischen Effekten zudem eine gute Möglichkeit gegeben, das Bioakkumulationspotential von Chemikalien zu bestimmen. Damit stehen für ökotoxikologische Untersuchungen auf den unterschiedlichsten Ebenen (Labor, Modellökosystem, Freiland, Bioakkumulation) standardisierte Testsysteme mit Enchytraeen zur Bestimmung der Wirkungen und des Verhaltens von Chemikalien zur Verfügung.
Pflanzenfunde aus archäologischen Ausgrabungen im Norden Burkina Fasos dokumentieren die regionale Geschichte der Pflanzennutzung und damit zusammenhängende Wechselwirkungen zwischen Mensch und Umwelt. Das untersuchte Material besteht überwiegend aus verkohlten Früchten und Samen, die durch das Schlämmen von Kultursedimenten aus mehr als 20 Fundplätzen gewonnen wurden. Sie decken einen Zeitraum von etwa 4000 Jahren ab, der von der Endsteinzeit bis in die jüngste Neuzeit reicht. Die Analysen der archäobotanischen Inventare ermöglichen es, mehrere Phasen der Pflanzennutzung auszuweisen, die mit spezifischen Lebens- und Siedlungsweisen der Bevölkerung assoziiert sind. Eine ausschließlich wildbeuterische Wirtschaftsform wird für die älteste der untersuchten Fundstellen, den Lagerplatz Corcoba, angenommen. Dort nutzten mobile Gesellschaften um 2000 BC reiche Fischressourcen und sammelten systematisch die Früchte von Gehölzen. Im Inventar des Fundplatzes Tin Akof ist um 1800 BC erstmals eine Kulturpflanze, die Perlhirse (Pennisetum glaucum) nachweisbar. Sie markiert den Beginn der produzierenden Wirtschaftsweise. Es wird ein Anbau in kleinem Maßstab rekonstruiert, wobei Feldbau nur eine von mehreren praktizierten Subsistenzstrategien war. Vermutlich handelte es sich bei den Bewohnern von Tin Akof um seminomadische Viehhalter, die aus dem Sahararaum einwanderten und das bereits domestizierte Getreide einführten. Ab der Zeitenwende tritt in der Eisenzeit eine neue, sesshafte Kultur in Erscheinung. Ihre Siedlungen befanden sich vorzugsweise auf sandigen, leicht kultivierbaren Böden in der Nähe permanenter Gewässer. Die Nahrungsproduktion basierte auf der Kultivierung von Perlhirse, daneben wurden Hibiscus cf. sabdariffa und die Hülsenfrüchte Vigna subterranea und V. unguiculata angebaut. Als Anbausysteme lassen sich Mischkulturen mit Perlhirse als Hauptfrucht und Kulturbaumparks, die vom Menschen geschätzte Gehölze (u.a. Vitellaria paradoxa) aus der ursprünglichen Savannenvegetation einbeziehen, rekonstruieren. Die gemischte Wirtschaftsweise umfasste Viehhaltung, aber auch wildbeuterische Praktiken wie das Sammeln von Wildpflanzen, insbesondere von Baumfrüchten. Hinweise auf Handelskontakte liegen aus der zweiten Hälfte des ersten Jahrtausends AD vor. Sie lassen sich zum Teil mit dem Ausbau transsaharischer Handelsnetze im Verlauf der Islamisierung Westafrikas verknüpfen. Sorghum bicolor und die Wassermelone (Citrullus lanatus) wurden möglicherweise auf diese Weise eingeführt. Die Eisenzeit erweist sich insgesamt als stabile Epoche mit langer Siedlungskontinuität. Gleichwohl zeigen die detailliert untersuchten Fundsequenzen sich wandelnde Nutzungsmuster und eine Intensivierung der Landwirtschaft. Im 14. Jahrhundert werden die für die Epoche typischen Siedlungshügel im gesamten Gebiet verlassen. Mögliche Ursachen sind politische Veränderungen in benachbarten Regionen. Erst aus der jüngsten Neuzeit liegen wieder archäobotanische Belege vor. Die Ergebnisse aus Burkina Faso bestätigen die archäobotanischen Forschungen in anderen Gebieten Westafrikas, nach denen Feldbau relativ spät um 2000 BC begann und Perlhirse die erste domestizierte Kulturpflanze darstellt. Die stabile Bedingungen in der Eisenzeit führten vielerorts zur Entstehung von Städten und Handelszentren. Diese Entwicklung ist im ländlichen Raum, zu der auch die Arbeitsregion zählt, weniger deutlich ausgeprägt, aber dennoch fassbar. Die archäobotanischen Inventare der Endsteinzeit und Eisenzeit dokumentieren ein, im Vergleich zu heute, niederschlagsreicheres Klima und einen geringeren anthropozoogenen Einfluss auf die natürliche Vegetation.
Im Rahmen der vorliegenden Arbeit wurde in den drei für die Weidewirtschaft Westafrikas wichtigsten Naturräumen das Umweltklassifikationssystem von Weidewirtschaft betreibenden und für die Region repräsentativen autochthonen und allochthonen Fulbegruppen erfaßt. Motiv für diese Untersuchung war dabei, im Zuge der derzeit stattfindenden Neubewertung mobiler pastoraler Betriebssysteme das diesen Strategien zugrundeliegende traditionelle Wissen zu dokumentieren und so einen Beitrag zum besseren Verständnis der jahrhundertealten Weidestrategien zu leisten. In den drei Gebieten wurden bei den autochthonen Gruppen jeweils zwischen 70 und 100 Einheiten erhoben, mittels derer die Fulbe die natürliche sowie die anthropogen beeinflußte Umwelt klassifizieren. Für jede Einheit wurde die genaue Beschreibung durch die Fulbe ermittelt. Der Klassifikation liegt ein dichtes Kriteriengefüge zugrunde, dessen Grundkriterien - Relief, Hydrologie, Böden, Vegetation, anthropogene und zoogene Beeinflussung - durch eine große Zahl weiterer Kriterien verfeinert werden. Das hieraus resultierende Gesamtsystem ist ein von allen Mitgliedern der jeweiligen Gemeinschaft geteiltes geoökologisches System, mit dem sich alle für einen Standort relevanten Umweltfaktoren präzise und vollständig beschreiben lassen, und das sämtliche Größenordnungen von Einheiten einbezieht. Gleichzeitig enthält es implizit die für Pastoralisten besonders wichtige Information über den Weidewert einer Einheit. Parallel zum Klassifikationssystem der Fulbe wurde mittels pflanzensoziologischer Aufnahmen die Vegetation der drei Untersuchungsgebiete dokumentiert. Die Aufnahmen wurden in allen traditionellen, von den Fulbe mit Namen bezeichneten Einheiten durchgeführt. Im Sahel wurden 4 Gehölz- und 22 Krautgesellschaften ausgeschieden, im Nordsudan 5 Gehölz- und 12 Krautgesellschaften und im Südsudan 7 Gehölz- und 12 Krautgesellschaften. Die pflanzensoziologischen Aufnahmen ermöglichen eine botanische Referenzierung der Fulbe-Einheiten: Ihnen konnten die jeweils für sie typischen Vegetationseinheiten zugeordnet werden. In zahlreichen Fällen zeigte sich eine hohe Wahrscheinlichkeit, daß einer Fulbe-Einheit eine oder einige wenige Pflanzengesellschaften entsprechen. Eine vollständige Übereinstimmung zwischen Fulbe-Einheiten und pflanzensoziologischen Gesellschaften, d.h., einer Fulbe-Einheit entspricht zu 100 % einer Pflanzengesellschaft und gleichzeitig tritt letztere ausschließlich in dieser Fulbe-Einheit auf, ist aber selten. Im Rahmen der ethnobotanischen Untersuchungen wurde die Bedeutung der Vegetation für die Bevölkerung der drei Regionen untersucht. Es wurden bei allen Fulbegruppen Namen und Nutzungen der angetroffenen Arten erhoben. Der Schwerpunkt lag dabei auf Weidearten, die für die Fulbe als Pastoralisten einen besonders wichtigen Aspekt darstellen, Medizinalpflanzen für human- und tiermedizinische Zwecke sowie sonstigen Verwendungen als Nahrungsmittel, Werkstoffe etc. Bei den Weidearten zeigte sich, daß der Anteil der auf diese Weise genutzten Arten und Pflanzenfamilien im artenarmen Sahel im Vergleich zu den anderen beiden Regionen am höchsten ist. Im artenreichen Südsudan umfaßt die Weidenutzung dagegen die wenigsten Arten. Dieses Ergebnis belegt die Bedeutung breitgefächerter Nutzungsstrategien gerade in Regionen mit prekärer Ressourcensituation. Die Erhebung der traditionellen Heilpflanzen stellt einerseits einen Beitrag zur Bewahrung traditionellen Wissens dar, das in allen drei Regionen durch sich rasch veränderte Lebensumstände bedroht ist. Außerdem hat sie gezeigt, daß eine traditionelle Lebensweise nicht immer den Erhalt dieser Kenntnisse garantiert. Im Rahmen der Arbeiten wurden 896 sicher bestimmte Arten und Unterarten aus insgesamt 104 Familien dokumentiert. Dies ist ein wichtiger Beitrag zur Erfassung der Biodiversität Westafrikas. Auch die Benennung der Arten wurde erhoben und analysiert: Für insgesamt 752 Arten konnte mindestens ein Vernakulärname erhoben werden. Im einzelnen wurden in den verschiedenen Dialekten erfaßt: Jelgoore (Sahel) 210 Vernakulärnamen, Jelgoore (Nordsudan) 259, Nommaare (Nordsudan) 348, Gu-urmaare (Südsudan) 97, Jugureere (Südsudan) 452. Anhand einer Analyse dieser Bezeichnungen sowie der bei den verschiedenen Fulbe-Gruppen gebräuchlichen Bezeichnungen der Umwelteinheiten wurde untersucht, wie bei Migration zwischen verschiedenen Naturräumen sprachlich mit der vorgefundenen neuen Umgebung und ihren Elementen (Landschaftseinheiten, Arten) umgegangen wird. Die Erhebungen zu Umweltwahrnehmung und -kenntnissen der Fulbe ergaben, daß diese die Standortansprüche zahlreicher Arten genau kennen und nach dem Prinzip der Indikatorarten anhand der Vegetation auf den Zustand des Bodens und sonstige Umweltbedingungen rückschließen. Gleichzeitig sind viele in der Umwelt ablaufenden Prozesse genau bekannt. Auch Faktoren, die die Böden von außen beeinflussen und unter deren Einwirkung es zu Degradationserscheinungen kommt, werden genau analysiert. Bezüglich der Degradation der Vegetation werden im Sahel mit Abstand die meisten zurückgehenden Arten genannt, die meisten von ihnen wichtige Nutzarten. Abschließend konnte durch den regionalen Vergleich der Weidepraktiken festgestellt werden, daß Umweltbedingungen und deren Wahrnehmung durch die Fulbe sich weniger als erwartet auf die Weidestrategien auswirken. Sie beeinflussen hauptsächlich Route und Dauer der Tageswanderungen. Ob und wie dagegen Transhumanz (saisonale Weidewanderungen) praktiziert wird, hängt mindestens ebenso sehr von sozialen und ökonomischen Faktoren wie von den ökologischen Bedingungen ab.
Das humane Genom besteht zu etwa 8% aus retroviralen Sequenzen. Davon sind ca. 1-2% dem humanen endogenen Retrovirus K (HERV-K) zuzuordnen. Das Virus ist mit ca. 30-50 Proviren und ca. 10.000 sLTRs im humanen Genom vertreten. HERV-K besitzt intakte ORFs für alle retroviralen Proteine und zusätzlich ein ORF für das akzessorische Protein Rec. Obwohl eine basale Transkription in verschiedenen Geweben nachgewiesen werden konnte, ist eine Expression von HERV-K Proteinen und Viruspartikeln nur in Keimzelltumoren nachgewiesen worden. In dieser Arbeit wurde die transkriptionelle Regulation des gewebespezifischen Promotors von HERV-K näher charakterisiert. Hierbei wurden regulatorisch wichtige Sequenzen mit Hilfe des Luziferase-Assays eingegrenzt. Transkriptionell sensitive Regionen wurden daraufhin im EMSA auf die Bindung von Transkriptionsfaktoren untersucht. Durch transiente Transfektionen von Luziferasereporterkonstrukten in verschiedenen Zelllinien stellte sich heraus, dass HERV-K LTRs in Keimzelltumorzellen aktiv sind, dass es aber auch inaktive LTRs gibt, die im Zuge der Evolution durch Punktmutationen ihre transkriptionelle Aktivität verloren haben. Aktive und inaktive LTRs unterscheiden sich durch Punktmutationen, die sich in verschiedenen Sequenzabschnitten häufen. Chimäre Konstrukte aus aktiven und inaktiven Sequenzabschnitten und gezielte Mutationen und Deletionen in aktiven HERV-K LTRs enthüllten verschiedene DNA-Bereiche, die transkriptionelle Sensitivität aufweisen. Die LTR-Bereiche bps 572-578, bps 757-798 und bps 809-823 waren im Aktivitäts-Assay besonders empfindlich gegenüber Mutation. In diesen Bereichen liegen zum einen GC/GT-Boxen, also Konsensussequenzen für die Transkriptionsfaktoren Sp1 und Sp3, zum anderen Konsensussequenzen für ein Inr und ein DPE. Das Binden von Sp1 und Sp3 auf den GC/GT-Boxen der bps 757-798 konnte durch eine EMSA-Analyse bewiesen werden. Der transkriptionell sensitive Bereich der bps 572-578 weist eine weitere putative GC/GT-Box auf. Die TATA-Box bei bp 532 zeigte sich unempfindlich gegenüber Mutation. Eine Beteiligung dieser Konsensussequenz am basalen Promotor wurde deshalb ausgeschlossen. Unterstützt durch die Ergebnisse einer 5’-RACE, ein Verfahren, dass den Transkriptionsstart eines bestimmten Gens bestimmen kann, konnte gezeigt werden, dass der basale HERV-K Promotor aus Konsensusequenzen für die Transkriptionsfaktoren Sp1 und Sp3 , einem Inr und einem DPE besteht. Sp1 und Sp3 sind ubiquitäre Transkriptionsfaktoren, die durch ihr Mengenverhältnis in einem bestimmten Gewebe oder durch posttranslationale Modifikationen unterschiedliche Auswirkungen auf die Transkription haben können. Diese Eigenschaften könnten zur Gewebespezifität von HERV-K beitragen. Die Core Promotor Komponenten Inr und DPE sind für die korrekte Positionierung von TFIID und damit der PolII verantwortlich. Des weiteren wurde eine starke Beteiligung des Testis-spezifischen Transkriptionsfaktors SRY an der Transkription von HERV-K belegt. Im Luziferase-Assay konnte ein SRY-Expressionsplasmid die Transkription eines aktiven LTRs in GH- wie auch in HeLa-Zellen steigern. Ein Indiz dafür, dass es sich um einen für die Transkription von HERV-K essentiellen Faktor handelt. Verschiedene SRY-Konsensussequenzen auf der HERV-K LTR machen eine Wirkung in cis wahrscheinlich, doch könnte auch in trans ein für die Transkription wichtiger Transkriptionsfaktor in seiner Expression verstärkt werden. Ebenfalls konnte bewiesen werden, dass epigenetische Mechanismen eine starke Rolle bei der Transkription von HERV-K spielen. Die Methylierung eines LTR-haltigen Luziferase-Reportervektors führte zum fast vollständigen Verlust der transkriptionellen Aktivität. Es bleibt abzuwarten, in welcher Weise die Schlüsselkomponenten Sp1, Sp3, SRY und Hypermethylierung des HERV-K Genoms zur Gewebespezifität von HERV-K beitragen.
Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit der Modellierung der neuronalen Prozesse, die auditorischen Lokalisationsleistungen zugrunde liegen. Viele der hierzu aktuell diskutierten Modellvorstellungen lassen sich auf ein von L. Jeffress bereits in der Mitte des letzten Jahrhunderts vorgeschlagenes Netzwerkmodell zurückführen: Nach Jeffress werden interaurale Laufzeitunterschiede (ITDs) zwischen beiden auditorischen Pfaden in einem Netzwerk von Detektorneuronen (Koinzidenzdetektoren) ausgewertet. Systematische Laufzeitunterschiede resultieren aus der Architektur des Netzwerks, die sogenannte Delay-Lines realisieren soll. Trotz einer Reihe von Evidenzen für das im auditorischen Diskurs inzwischen als Paradigma geltende Modell, findet Kritik am Jeffress-Modell in jüngerer Zeit zunehmend Beachtung und Interesse. So argumentieren B. Grothe und D. McAlpine gegen die Übertragung des Delay-Line Modells auf die Verhältnisse bei Säugern. Zentrales Moment ihrer Kritik ist eine Afferenz der MSO aus einem weiteren Teilgebiet der Olive (MNTB). Wesentlicher Effekt der von der Projektion gebildeten inhibitorischen Synapse ist eine relative Verschiebung der Best-Delays der MSO-Zellen zur Präferenz contralateraler Delays. Damit besteht nicht nur zu der nach dem Jeffress-Modell notwendigen Aufteilung der Best-Delays ein Widerspruch, die ITDs liegen bei tiefen Frequenzen für kleine Säuger aufgrund deren geringer Kopfgröße außerhalb des Bereichs physiologisch auftretender Delays. In dieser Arbeit werden die Ergebnisse von Grothe und McAlpine durch Compartmental Modeling analysiert. Gegenüber einer Simulationsstudie aus den Gruppen von Grothe und McAlpine werden von uns durch explizite Modellierung der Dendriten zusätzliche Effekte der Inhibiton beschrieben. Wir stellen dar, wie die Topographie von Inhibiton und Excitation die Verarbeitungsprozesse in Bipolar-Zellen durch dendritische Low-Pass Filterung und Kontrastverst ärkung zwischen minimaler und maximaler Spikerate unterstützt. Unsere Ergebnisse können die empirisch nachgewiesene Verteilung excitatorischer (distaler) und inhibitorische (proximaler) Synapsen erklären. In der abschliessenden Analyse der von den Bipolar-Zellen generierten Spike Trains wird das von Grothe und McAlpine entworfene alternative ITD-Codierungsmodell auf der Basis von Ratencodes problematisiert: Bislang erklärt ihr Vorschlag nicht, wie organismische Lokalisationsleistungen auf der Basis weniger Spikes realisiert werden können.
In der vorliegenden Arbeit sollten mittels eines Hefe zweihybrid screens neue Interaktionspartner von ARVCF, einem cadherinbindenden armadillo repeat Protein, gefunden werden. Hierbei wurde aus einer cDNA-Bank differenzierender Myoblasten das Cytoskelettprotein Alpha-actinin als Bindungspartner des armadillo repeat Proteins identifiziert. Der Befund aus dem Hefesystem wurde durch Immunofluoreszenzaufahmen, in welchen gezeigt wurde dass die beiden Proteine kolokalisieren, bestätigt. Auch eine Coimmunopräzipitation bestätigte eine Interaktion der beiden Proteine. Weiterhin konnte eine direkte Interaktion von ARVCF mit Alpha-actinin in in vitro Pull-Down assays gezeigt werden, wobei eine Eingrenzung der Bindungsregion von ARVCF für Alpha-actinin jedoch nicht möglich war. Als nächstes wurde ARVCF im Rahmen dieser Arbeit mittels Computeranalysen auf potentielle Phosphorylierungsstellen hin untersucht. In in vitro Kinase assays wurde eine Phosphorylierung des Proteins durch die Proteinkinase C (PKC) festgestellt. Es konnte gezeigt werden, dass sich die subzelluläre Lokalisation von ARVCF nach Behandlung der Zellen mit den PKC stimulierenden Cytokinen TNF-alpha und EGF, sowie mit dem Phorbolester PMA ändert. Hierbei wurde ein Ablösen des Proteins von der Plasmamembran und eine Lokalisation in cytoplasmatischen Aggregaten beobachtet. Dieser Effekt erwies sich als Zelltypunabhängig und Spezies übergreifend. Es konnte gezeigt werden, dass der N-Terminus der Splicevariante 5'alt ARVCF notwendig und ausreichend für den beobachteten Effekt ist. p120(ctn), das dem ARVCF am nächsten verwandte Protein, zeigte bei einer Behandlung von Zellen mit PMA oder den oben genannten Cytokinen keinen Effekt in Bezug auf Lokalisationsänderung. Ebenso wenig konnte eine Änderung der Lokalisation nach Behandlung für die Proteine Beta-catenin sowie E-cadherin beobachtet werden. Der erhaltene Effekt nach Stimulation der Zellen war somit spezifisch für ARVCF und konnte nicht für ein anderes hier untersuchtes Catenin oder Cadherin gezeigt werden. Eine stark abgeschwächte Cadherinbindung von ARVCF nach Inkubation der Zellen mit den Cytokinen oder PMA konnte im MOM-recruitment assay beobachtet werden. Auch dieser Effekt erwies sich als ARVCF spezifisch und konnte nicht mit p120(ctn) gezeigt werden. Weiterhin wurden chimäre Moleküle mit dem N-Terminus von ARVCF und dem Rest von p120(ctn) und vice versus hergestellt. Hierbei konnte die abgeschwächte Cadherinbindung im MOM-recruitment assay durch den N-Terminus von ARVCF auf p120(ctn) übertragen werden. Die chimären Moleküle ARVCF/p120(ctn) fanden sich nach Behandlung von Zellen nicht mehr in Aggregaten wieder, waren aber über das Cytoplasma verteilt. Es konnte kein Effekt auf Stimulation der Zellen mit dem chimären Protein p120(ctn)/ARVCF gezeigt werden. Durch diese Art von "gain of function" Experiment konnte noch einmal die Wichtigkeit und Spezifität des N-Terminus von ARVCF in Bezug auf die Reaktion auf PMA- oder Cytokinstimulation gezeigt werden. Auch die Punktmutante T50A, bei welcher eine potentielle Phosphorylierungsstelle der PKC von Threonin nach Alanin mutiert war, löste sich nach Stimulation der Zellen von den Cadherinen, wie im MOM-recruitment assay gezeigt werden konnte. Allerdings lokalisierte diese Mutante nach Behandlung der Zellen nicht in Aggregaten, sondern, wie zuvor schon das chimäre Protein ARVCF/p120(ctn), über das Cytoplasma verteilt. So konnte gezeigt werden, dass es sich bei der abgeschwächten Cadherinbindung und bei der Aggregatbildung um zwei klar voneinander trennbare Eigenschaften des Moleküls handelt.
Der Einfluss der zellulären mitogenen Signalkaskade auf die Pathogenese einer Infektion mit HIV oder SIV (humanes, simianes Immundefizienzvirus) ist bis heute weitgehend unbekannt, obwohl in mehreren Studien eine Wechselwirkung zwischen HIV und dieser Signalkaskade festgestellt wurde. Unter anderem wurde eine direkte Interaktion von HIV-1-Nef mit c-Raf, einem wichtigen Mitglied der klassischen mitogenen Signalkaskade, beschrieben. In dieser Arbeit sollten daher die physiologischen Konsequenzen dieser Virus-Wirtszell-Interaktion analysiert werden. Für die Untersuchungen ist der akut enteropathische SIV-Stamm PBj ein geeignetes Modellsystem, da PBj im Gegensatz zu anderen Lentiviren in nichtmitogen- stimulierten Zellen repliziert. Außerdem induziert PBj die Proliferation von unstimulierten Zellen, wofür eine Aktivierung mitogener Signale notwendig ist. Weiterhin sind die Ursachen für die ausgeprägte PBj-induzierte akute Erkrankung nur unvollständig aufgeklärt. Für die Untersuchungen wurde ein replikationsfähiger Virusklon von PBj mit zwei Punktmutationen in der Raf-Bindungs-Domäne (RBD) des viralen Nef-Proteins erzeugt. In der erzeugten Virusmutante, PBj-Delta-RBD, wurden im Nef-Protein zwei benachbarte Aspartate zu Glycin verändert. Die erzeugte Virusmutante PBj-Delta-RBD war in der Lage in unstimulierten primären Zellen zu replizieren und zeigte die gleiche Replikationskinetik wie das Wildtypvirus (PBj-wt). Im Gegensatz zu PBj-wt induzierte PBj-Delta-RBD in vitro keine Zellproliferation, ERK1/2-Aktivierung oder IL-2- Sezernierung. Diese Ergebnisse zeigen, dass die RBD für die Fähigkeit, in unstimulierten Zellen zu replizieren, nicht benötigt wird. Dagegen ist die RBD für eine Induktion der ERK-Aktivität, Zellproliferation oder IL-2 Sezernierung notwendig. Die Infektion von Schweinsaffen (Macaca nemestrina) mit PBj-wt induzierte wie erwartet eine akute Enteropathie mit Symptomen wie blutigem Durchfall, Anorexie, Exikose und Tod. In pathologischen Untersuchungen wurden in den mit PBj-wt infizierten Tieren nekrotische Läsionen im gesamten Darmbereich beobachtet. Die Histopathologie des Kolons zeigte, dass die gesamte Mikrovilli-Struktur der Darmschleimhäute zerstört war. Darüber hinaus war eine massive Infiltration von Lymphozyten in die Mikrovilli erkennbar. Im Gegensatz dazu entwickelte keiner der mit PBj-Delta-RBD infizierten Schweinsaffen eines der für SIV-PBj charakteristischen Symptome, trotz einer vergleichbaren Replikationskinetik in vivo. Zusätzlich waren makroskopisch keine Veränderungen des Kolons festzustellen. Die histologische Untersuchung des Kolons der PBj-RBD-infizierten Schweinsaffen zeigte lediglich eine moderate Infiltration von Lymphozyten in die Mikrovilli. Die Analyse der frühen und späten Aktivierungsmarker auf T-Zellen im peripheren Blut und in den lymphatischen Geweben Milz und Lymphknoten zeigte, dass in PBj-wt-infizierten Schweinsaffen ein deutlich erhöhter Anteil aktivierter CD3+-T-Zellen im Vergleich zu PBj-Delta-RBD-infizierten Affen nachweisbar war. Zusammenfassend lassen die Ergebnisse dieser Arbeit den Schluss zu, dass in PBj-infizierten Zellen über eine Interaktion von PBj-Nef mit c-Raf die klassische mitogene Signalkaskade aktiviert wird. Dies induziert wiederum physiologische Aktivitäten wie Zellproliferation, Zellaktivierung und IL-2-Ausschüttung. Die festgestellte Aktivierung von CD8+-T-Zellen führt in vivo zu einer massiven Infiltration von aktivierten CD8+-T-Zellen in die Schleimhäute des Magen-Darm- Trakts. Es ist anzunehmen, dass die aktivierten CD8+-T-Zellen hier Perforin ausschütten und auf diese Weise massive Gewebsveränderungen der Mucosa induzieren. In der Folge kommt es zu den beobachteten Symptomen wie blutigem Durchfall und daraufhin zu Exikose. Ähnliche Mechanismen könnten auch bei der HIV-Enteropathie eine Rolle spielen. Die Ergebnisse dieser Arbeit deuten darauf hin, dass eine Verhinderung der Nef-Raf-Interaktion das Auftreten einer Enteropathie unterdrücken könnte. Die Nef-Raf-Interaktion ist somit ein potentielles Ziel für einen therapeutischen Ansatz.
Protease-aktivierbare Retroviren bieten die Möglichkeit des gezielten Gentransfers in solche Tumorzellen, die an der Zelloberfläche proteolytisch aktive Proteasen, wie beispielsweise Matrix Metalloproteasen (MMP), exprimieren. Hierfür wird zunächst der Zelleintritt der Retroviren durch eine mit den Hüllproteinen fusionierte Blockierungsdomäne verhindert. Zwischen dieser Blockierungsdomäne und dem Hüllprotein befindet sich ein für eine zelluläre Protease fungierender Substratlinker, worüber die Blockierung entfernt und der natürliche Infektionsmechanismus der Retroviren wieder hergestellt wird. In Bezug auf die Tumortherapie mittels eines solchen Gentransfers ist es jedoch unmöglich vorherzusagen, welches Protease- Substrat für einen bestimmten Tumortyp am besten geeignet ist. Deshalb wurden im Rahmen dieser Arbeit retrovirale Protease-Substrat-Bibliotheken entwickelt, um erstmalig die Substrate der tumorassoziierten MMPs in lebenden Tumorzellen zu selektionieren und damit verbunden MMP-aktivierbare Retroviren mit verbesserten molekularen Eigenschaften für den gezielten Gentransfer zu evolvieren. Hiefür wurden, ausgehend von einem Protease-aktivierbaren Retrovirus, welches als Substratlinker das MMP-Standardsubstrat P-L-G-L-W-A präsentiert, Retroviren erzeugt, in denen dieses Substrat kombinatorisch diversifiziert wurde. In einer ersten retroviralen Protease-Substrat-Bibliothek wurde zunächst an drei Stellen zu P-X-G-L-X-X unter Ausschluss der Aminosäure Arginin diversifiziert, um die Selektion durch Proprotein-Konvertasen wie Furin zu vermeiden. Anschließend erfolgte die Selektion der Virus-Bibliothek in der Modell-Tumorzelllinie HT1080, wofür hier das entsprechende Protokoll etabliert wurde. Die Substratlinker der am häufigsten selektionierten Retroviren enthielten die beiden Konsensusmotive P-QG- L-Y-[Q/K] und P-Q-G-L-Y-[A/S]. Zur Identifizierung der optimalen Aminosäuren an allen sechs Positionen des Substrates wurden in einer zweiten Bibliothek die variierten Positionen auf Grundlage der selektionierten Konsensusmotive fixiert und die zuvor konstanten Positionen zu X-Q-X-X-Y-[Q/A] diversifiziert. Die aus dieser Bibliothek selektionierten Retroviren enthielten das Konsensusmotiv P-Q-G-[L/I/V]-Y-[Q/A], womit die zuvor selektionierten MMP-aktivierbaren Retroviren bestätigt wurden. Die biochemische Charakterisierung von mit den selektionierten Substratlinkern rekonstituierten Retroviren zeigte, dass ihre Substratlinker eine bemerkenswerte Verbesserung der Spaltung durch MMP-2 und eine erhöhte Inkorporation der dazugehörigen Hüllproteine in die Partikel aufwiesen. Außerdem ermöglichten die selektionierten Substratlinker den entsprechenden Retroviren sich schneller innerhalb der Zellpopulation auszubreiten, ohne dabei die Abhängigkeit von der MMP-Aktivierung zu verlieren. Darüber hinaus konnte sowohl die Kinetik des Zelleintritts bis zu 10-fach als auch die Infektiosität bis zu 1000-fach gegenüber dem parentalen Virus, das den Standard-Substratlinker trug, gesteigert werden. Letztendlich waren hierfür nur zwei selektionierte Aminosäureaustausche gegenüber dem MMP-Standardsubstrat verantwortlich, nämlich Glutamin (Q) und Tyrosin (Y), die zu dem Motiv P-Q-G-L-Y-A führten. Ausschlaggebend für die beschriebenen Selektionen waren die mehrfache Abdeckung der kombinatorischen Vielfalt der Substratlinker auf Partikel-Ebene bereits vor Selektion sowie die langsame Erhöhung des angelegten Selektionsdrucks während der Selektion. Dadurch konnte eine Deletion des kodierenden Bereichs der Blockierungsdomäne (EGF) im Virusgenom vermieden werden. Als treibende Kraft der Selektion stellte sich die proteolytische Aktivierung der selektionierten Retroviren an der Zelloberfläche heraus. Die Ergebnissen führen schließlich zu einem Modell der MMP-Aktivierung EGF-blockierter Retroviren. Danach binden die Partikel an die EGF-Rezeptoren der Zelloberfläche und gelangen so in die räumliche Nähe des MMP-Aktivierungskomplexes. Daraufhin werden sie proteolytisch aktiviert und infizieren die Zielzellen. Die hier selektionierten Substratlinker bzw. die entsprechenden Viren sind in Bezug auf die proteolytische Aktivierung optimal an die gewählte Tumorzelllinie angepasst.
Angiotensin II (ANG II), das physiologisch aktivste Produkt des Renin-Angiotensin-Systems (RAS), ist als ein Vasokonstriktor maßgeblich an der Modulation des Blutdrucks beteiligt. Darüber hinaus spielt das Octapeptid eine wichtige Rolle in der Freisetzung von Vasopressin und Hypophysenhormonen und reguliert den Flüssigkeits- und Salzhaushalt. Die Modulation des Blutdrucks sowie die Stimulation der Vasopressinfreisetzung werden über seine AT1-Rezeptoren vermittelt. Viele dieser physiologischen Funktionen zeigen eine klare Tag/Nacht-Variation. Der Nucleus suprachiasmaticus des Hypothalamus (SCN) repräsentiert den zentralen Schrittmacher der circadianen Uhr der Säugertiere und reguliert mitunter den Schlaf/Wach-Zyklus und den circadianen Rhythmus des Blutdrucks. Mit der Entwicklung eines transgen-hypertensiven Rattenstammes [TGR(mREN2)27], der über eine der Herzfrequenz und Aktivität entgegengesetzt phasenverschobene circadiane Rhythmik des Blutdrucks verfügt, konnte eine enge physiologische Beziehung zwischen ANG II und dem SCN aufgezeigt werden. Diese Hypertonie wird durch das zusätzliche und zudem noch übermäßig exprimierte Mäuse-Renin2-Gen im Zirkulations-RAS dieser Ratten verursacht. Die hieraus folgende übermäßige Bereitstellung von Renin im Blutkreislauf führt zu einer erhöhten Konzentration von ANG II im systemischen Kreislauf. Die Funktionswege, die zur phasenverschobenen circadianen Rhythmik des Blutdrucks bei TGR führen sowie die Rolle, die das Octapeptid ANG II generell in der Blutdruckmodulation bei normotensiven und transgen-hypertensiven Tieren spielt, sind noch weitgehend unbekannt. Es wird angenommen, dass das Gehirn-RAS über eine autonome ANG II-Synthese Einfluss auf die Modulation des Blutdrucks ausübt. Ob dieser Einfluss des Gehirn-RAS direkt am zentralen Schrittmacher der circadianen Rhythmik ansetzt und ob und wie sich dieser Einfluss durch das Transgen der TGR verändert, ist ebenfalls nicht bekannt. Um die Wirkung des im Blutkreislauf übermäßig vorhandenen ANG II auf Komponenten des Gehirn-RAS in Hirnarealen vor und hinter der funktionellen Blut/Hirn-Schranke auf zuzeigen, wurden im Verlauf dieser Arbeit der SCN sowie zwei Zirkumventrikularorgane von normotensiven Sprague-Dawley (SDR) und transgen-hypertensiven TGR(mREN2)27 (TGR) Ratten auf die Dichte und Verteilung ihrer AT1-Rezeptoren hin überprüft. Da die physiologische Rolle von ANG II im SCN selbst auch ungeklärt ist und ultrastrukturelle Befunde zur Lokalisation des Octapeptids und seiner AT1-Rezeptoren im SCN bisher nicht verfügbar sind, wurde in dieser Dissertationsarbeit eine immunhistologische Technik entwickelt, mit deren Hilfe sich Immunreaktionen gegen das Octapeptid ANG II und seine AT1-Rezeptoren auf licht- und elektronenmikroskopischer Ebene darstellen lassen. Die hier beschriebenen Befunde machen den Einfluss des Transgens - vermittelt durch die erhöhte ANG II-Konzentration im Blutkreislauf von TGR - auf Veränderungen in Dichte und Verteilung der AT1-Rezeptoren in Hirnarealen vor und hinter der funktionellen Blut/Hirn-Schranke deutlich. AT1-Rezeptoren erscheinen in Hirnarealen mit offenem Kapillarsystem reduziert, im SCN dagegen unverändert und in anderen Regionen mit funktioneller Blut/Hirn-Schranke teilweise erhöht. Lokal begrenzte Veränderungen in der Bereitstellung der AT1-Rezeptoren innerhalb einzelner Kerngebiete hängen maßgeblich von deren topographischer Organisation ab, die bei bisherigen autoradiographischen- und Ligand-Bindungs-Studien jedoch keine Berücksichtigung fand. Die hier vorliegende Arbeit demonstriert erstmalig, dass ANG II im SCN als ein Neurotransmitter und -Modulator fungiert, dessen Effekte über seinen AT1-Rezeptor vermittelt werden. Der Rezeptor vermittelt des Weiteren auch den aktiven - vermutlich bidirektionalen - Transport von ANG II durch die Kapillarendothelien des SCN und ist an der Aufnahme von ANG II (Endozytose) und dessen intrazellulären Transport in einem Hormon/Rezeptor-Komplex in Neuronen, Glia- und Endothelzellen im SCN beteiligt. Die Befunde machen darüber hinaus eine Synthese von ANG II in distinkten Neuronen des SCN wahrscheinlich und deuten an, dass autonom produziertes ANG II im SCN an der Regulation des Blutdrucks und der Freisetzung von Vasopressin beteiligt ist.
Der metasomale Lichtsinn des Skorpions : eine immunhistologische und feinstrukturelle Untersuchung
(2003)
Extraretinale Photorezeption im Bauchmark des Skorpions war seit mehr als 30 Jahren aus elektrophysiologischen und verhaltensbiologischen Untersuchungen bekannt. Von den zugehörigen Sinneszellen waren aber weder ihre Struktur und Lage noch ihre neuronale Verschaltung bekannt. Mit immunhistologischen und feinstrukturellen Untersuchungen konnten in dieser Arbeit in den letzten Abdominalganglien des Skorpions Paruroctonus mesaensis Zellgruppen identifiziert werden, die vermutlich das strukturelle Korrelat dieser extraretinalen Photorezeption, des metasomalen Lichtsinns (ML), sind. In meiner Arbeit konnten folgende Befunde erhoben werden: Immunhistologische Erkenntnisse: - In den metasomalen Ganglien des Skorpions gibt es wenige Zellen, die immunhistologisch mit Antikörpern gegen Proteine der Phototransduktionskaskade (Opsin, Transducin und Arrestin) reagieren. - Der metasomale Lichtsinn ist kein geschlossenes Sinnesorgan sondern ist aus mehreren Zellclustern mit jeweils etwa 5-7 spindelförmigen kleinen Zellen zusammengesetzt. - Diese ML-Zellgruppen sind bilateralsymmetrisch auf der Ventralseite der Ganglien jeweils an den Übergängen in die Konnektive angeordnet. - Die Zellen sind - wie alle Invertebraten-Photorezeptoren - histaminerg. Ihre kurzen afferenten Axone enden ipsilateral im gleichen Ganglion auf ebenfalls histaminergen Inteneuronen, die bis in das Unterschlundganglion reichen. Feinstrukturelle Erkenntnisse: - Nach den bisherigen Untersuchungen haben alle ML-Zellen die gleiche Feinstruktur. Das Cytoplasma ist sehr reichhaltig mit Mitochondrien und rauhem endoplasmatischen Retikulum gefüllt, was erkennen lässt, dass diese Zellen hochaktiv sind. Sie haben kein Schirmpigment. - Sie besitzen einen länglichen, häufig gelappten Zellkern mit viel Heterochromatin. - Besonders charakteristisch für die ML-Zellen sind Lysosomen, die rhabdomere Abbauprodukte beinhalten. Diese Abbauprodukte verändern sich in Abhängigkeit vom Licht und unter der Kontrolle der inneren Uhr. Es lassen sich die für Arthropodenaugen charakteristischen Abbaustufen für diese exogenen und endogenen Abbauvorgänge feststellen. - An der apikalen Seite der potentiellen Photorezeptorzellen befinden sich lange rhabdomere Mikrovilli, die sich unregelmäßig um eine Lakune winden. Gemeinsam mit Nachbarzellen bilden diese Mikrovilli eine Haube, die von einer Kapsel umschlossen wird. - Das andere Zellende setzt sich in ein kurzes Axon fort. - Efferente Fasern innervieren die afferenten Endigungen der Rezeptorzellen nahe an ihren Terminalen. - Als Besonderheit ist in den ML-Zellen eine einzelne intrazelluläre Cilie zu finden. Sie ist meist zwischen dem Zellkern und einem Golgi-Apparat lokalisiert. Eine potentielle Funktion des Metasomalen Lichtsinns im Skorpion wird insbesondere im Zusammenhang mit der Perzeption natürlicher Zeitgeberreize durch den retinalen und extraretinalen Photorezeptorkomplex.
Das Philadelphia-Chromosom (Ph) ist das zytogenetische Korrelat der t(9;22). 95% der chronisch myeloischen Leukämien (CML) und 20-25% der akuten lymphatischen Leukämien (ALL) des Erwachsenen sind Ph-positiv (Ph+). Die t(9;22) führt zur Expression des chimären BCR/ABL Fusionsproteins, das für die Pathogenese der Ph+ Leukämien verantwortlich ist. Das ABL-Protein ist eine nicht-Rezeptor Tyrosinkinase. Im BCR/ABL-Fusionsprotein wird die Kinase-Aktivität von ABL, die im Normalfall streng reguliert ist, durch die Fusion mit BCR konstitutiv aktiviert. Die N-terminale BCR-"coiled-coil" Domäne vermittelt die Oligomerisierung des Fusionsproteins und dadurch zur Aktivierung der ABL-Kinase. Dies führt zur malignen Transformation hämopoetischer Zellen. Der ABL-Kinaseinhibitor STI571 ist ein tumorzellspezifisches Therapeutikum für Ph+ Leukämien, das bei der Mehrzahl der Patienten zur hämatologischen Vollremission führt. Insbesondere bei Patienten mit CML-Blastenkrise und Ph+ ALL kommt es durch klonale Selektion STI571-resistenter Zellen zu einem frühen Therapie-refraktären Rezidiv der Krankheit. Ziel dieser Arbeit war es, die Grundlagen für neue, tumorzellspezifische Therapiestrategien für die Behandlung BCR/ABL-positiver Leukämien zu legen. Im ersten Teil der Arbeit sollte geklärt werden, ob sich die "coiled-coil" Domäne als Zielstruktur für einen molekularen Therapieansatz eignet: es wurde untersucht, ob eine Hemmung der Oligomerisierung das Transformationspotential von BCR/ABL negativ beeinflußt. Der Zusammenhang zwischen Oligomerisierung und Transformationspotential von BCR/ABL wurde mit Hilfe verschiedener Fusionskonstrukte untersucht, bei denen die Oligomerisierungsdomänen verschiedener Proteinen, (BCR, PML, PLZF und TEL) mit dem ABL-Teil von BCR/ABL fusioniert wurden (X-ABL). Es konnte gezeigt werden, daß ein direkter Zusammenhang zwischen der Oligomerisierung, Transformationspotential und STI571-Sensitivität besteht: verstärkte Oligomerisierung der X-ABL Konstrukte führte zu einem ein höheren Transformationspotential und einer geringeren STI571-Sensitivität und umgekehrt. Außerdem wurde gezeigt, daß die Inhibierung der Oligomerisierung mit Hilfe eines rekombinanten Peptids das Transformationspotential von BCR/ABL erniedrigt und gleichzeitig die Sensibilität gegenüber STI571 stark erhöht. Diese Ergebnisse zeigen, daß die Oligomerisierungsdomäne von BCR/ABL einen therapeutischer Angriffspunkt für die Behandlung Ph+ Leukämien darstellt. Im zweiten Teil der Arbeit wurde der Tumorzell-spezifische Mechanismus der As2O3-induzierten Apoptose bei Ph+ Zellen untersucht. Kürzlich wurde gezeigt, daß aktiviertes RAS die Expression von endogenem PML hochreguliert. RAS wird durch BCR/ABL konstitutiv aktiviert. Bei der Akuten Promyelozytenleukämie (APL) ist PML im Rahmen der t(15;17) durch die Fusion mit RARa modifiziert. Die Behandlung von Zellen mit As2O3 führt zur Modifikation von PML durch den "small ubiquitin like modifier" (SUMO-1). Im Rahmen dieser Arbeit konnte gezeigt werden, daß sich die Gemeinsamkeiten zwischen Ph+ CML und ALL-Blasten und den t(15;17) positiven APL-Blasten in Hinsicht auf die Sensibilität für die As2O3-induzierte Apoptose auf die direkte oder indirekte Modifikation von PML durch die jeweiligen Translokationsprodukte zurückführen lassen. In dieser Arbeit wurde mittels Überexpression von PML und konstitutiv aktiviertem RAS (RASV12) gezeigt, daß BCR/ABL durch Aktivierung des RASSignalweges die PML-Expression modifiziert und die As2O3-induzierte Apoptose Ph+ Zellen somit durch PML vermittelt wird. An einem Mausmodell der Ph- Leukämie wurde die Wirkung von As2O3 auf die normale Hämopoese sowie auf die BCR/ABL-positive Leukämie überprüft. Es konnte gezeigt werden, daß As2O3 die normale Hämopoese nicht stört und bei 25% der behandelten Tiere zu einer Verbesserung des Blutbildes und einem längerem Überleben führt. Sowohl das therapeutische Angreifen an der Oligomerisierungsoberfläche von BCR/ABL als auch das Ausnützen der Modifikation von PML durch BCR/ABL eröffnen neue Möglichkeiten zur Behandlung von Ph+ Leukämien.
Durch Integration beziehungsweise Deletion einzelner oder mehrerer Gene der Carotinoidbiosynthese wurden Cyanobakterien-Transformanten mit einem vom Wildtyp abweichenden Carotinoidgehalt oder einer veränderten Carotinoidzusammensetzung hergestellt. Anhand dieser Transformanten wurden die Auswirkungen der geänderten Carotinoidkomposition auf die Photosyntheseleistung und besonders auf den Schutz der Photosynthese vor Schädigungen durch Starklicht untersucht. Die Integration des Zeaxanthin Epoxidase-Gens aus Gentiana lutea in das Genom von Synechococcus PCC 7942 PIM8 führte zu einer Transformante Synechococcus PCC 7942 PIM8 pFP1ZE in der erstmalig die am Xanthophyllzyklus der höheren Pflanzen beteiligten Carotinoidepoxide Violaxanthin und Antheraxanthin gebildet wurden. Diese beiden zusätzlich gebildeten Carotinoidepoxide hatten keine Auswirkungen auf die Photosyntheseleistung und die Quantenausbeute von Synechococcus PCC 7942 PIM8 pFPlZE unter Schwachlichtbedingungen. Allerdings ging in dieser Transformante die maximale Photosyntheseleistung nach Inkubation im Starklicht deutlich stärker zurück als in der Kontroll-Transformante. Diese erhöhte Sensitivität gegenüber Starklicht korreliert mit dem signifikant niedrigeren Zeaxanthingehalt dieser Transformante. Die wichtige Schutzfunktion von Zeaxanthin vor Starklichtschädigungen des Photosyntheseapparates wurde durch Experimente mit Synechocystis PCC 6803 bestätigt. Es wurden durch Inaktivierung des Ketolase-Gens, des b-Carotin Hydroxylase-Gens bzw. beider Gene zusammen, Mutanten hergestellt. die entweder kein Echinenon, kein Zeaxanthin oder keines der beiden Carotinoide synthetisieren konnten. Darüber hinaus wurde in den b-Carotin Hydroxylase-defizienten Mutanten ein nicht hydroxyliertes Myxoxanthophyllderivat anstelle von Myxoxanthophyll gebildet. In den Zeaxanthin defizienten Synechocystis Mutanten ist die Photosynthese nach Inkubation in Starklicht deutlich stärker inhibiert als im Wildtyp und der Mutante ohne Echinenon. Besonders empfindlich gegenüber Starklicht erwiesen sich die Kulturen ohne Zeaxanthin und Myxoxanthophyll, wenn in Gegenwart von Methylenblau oder Methylviologen verstärkt 1O2 bzw. O2.-, H2O2 und OH. generiert wurden, In diesen Mutanten war ein drastisch erhöhter Chlorophyll- und Carotinoidabbau messbar. Um den verstärkten Abbau an Carotinoiden unter Starklichtbedingungen zu kompensieren, muss die Carotinoidbiosynthese unter diesen Bedingungen erhöht werden. In Hemmstoffversuchen konnte nachgewiesen werden, dass die Bildung von Phytoen, dem ersten Carotinoid im Syntheseweg, unter Starklichtbedingungen erhöht ist. Messungen der Transkriptmenge aller Carotinoidgene aus Synechococcus zeigten, dass die Gene der Phytoen Synthase (crtB), der Phytoen Desaturase (crtP), z-Carotin Desaturase (crtQb) sowie der b-Carotin Hydroxylase (crtR) im Starklicht hochreguliert werden. Die Gene der Lycopin lsomerase (crtH) und der Lycopin Zyklase (crtL) werden nicht auf Ebene der Transkription reguliert. Während die Erhöhung der Transkriptmenge von crtR bereits nach 15 min erfolgt und somit bereits nach 60 min eine deutlich gesteigerte Umwandlung von b-Carotin in das antioxidativ wirksamere Zeaxanthin nachgewiesen wurde, erfolgt ein Anstieg der Transkriptmenge der Gene crtB, crtP und crtQb erst nach ca. 60 min und führt damit erst wesentlich später zu einer generellen Steigerung der Carotinoidbiosynthese, um den verstärkten Carotinoidabbau im Starklicht zu kompensieren. lnkubationen von Synechococcus in Gegenwart von Substanzen, die den Redoxzustand der photosynthetischen Elektronentransportkette oder des Thioredoxinsystems modulieren, zeigten, dass nicht Licht direkt der auslösende Reiz für die Hochregulation der Carotinoidsynthese im Starklicht ist. Ein funktionierender photosynthetischer Elektronentransport ist für eine Hochregulation der Carotinoidbiosynthese erforderlich. Weder die Reduktion des Plastochinonpools noch die der zellulären Thioldisulfid-Gruppen erwiesen sich als Signal, dass in Synechococcus PCC 7942 zur Hochregulation der Carotinoidbiosynthese im Starklicht führt. Möglicherweise ist der Redoxzustand des Cytochromb6/f-Komplexes oder eine der unter Starklichtbedingungen verstärkt gebildeten ROS, wie z. B. O2- oder OH, der Reiz, der eine Steigerung der Carotinoidbiosynthese auslöst.
Ziel dieser Arbeit war die Klärung des pathogenen Mechanismus einer Mutation im kardialen Myosinbindungsprotein C Gen. Diese Mutation (eine G-Insertion), die zu einer intern deletierten mRNA mit vorzeitigem Stop Codon führt, wurde im Rahmen einer HCM- Familienanalyse identifiziert. Ein C-terminal verkürztes MyBP-C war jedoch im Herzgewebe eines Patienten nicht nachweisbar (Moolman et al., 2000). Es stellte sich die Frage, ob die Krankheit in dieser Familie auf einen "dominant-negativen" Effekt von sehr wenigen veränderten Proteinen oder auf einen Mangel an normalem MyBP-C (Haploinsuffizienz) zurückzuführen ist. Zur Überprüfung einer möglichen Suppression des mutierten Allels auf mRNA Ebene wurde eine semiquantitative RT-PCR-Analyse myokardialer RNA durchgeführt. Dabei wurde festgestellt, dass die nicht-mutierte mRNA in einem vierfachen Überschuß gegenüber der mutierten mRNA im Patienten-Herzgewebe vorliegt. In Modellversuchen wurde sodann die Expression der intern deletierten mRNA in transient transfizierten Zellen untersucht. Hierfür wurden drei MyBP-C cDNAs verwendet: (1) die vollständige Wildtyp cDNA (WT), (2) eine intern deletierte cDNA, die mit dem vorzeitigen Stop-Codon endet (MTI) und (3) eine cDNA, die sich nur durch die interne Deletion von der WT-Sequenz unterscheidet (MTII). Aufgrund einer Leserahmenverschiebung enthält die cDNA MTII (wie die mutierte Patienten-mRNA) zusätzlich zum nativen Stop-Codon ein vorzeitiges Terminationscodon. In COS-1 Zellen führten alle drei cDNAs zur Synthese der erwarteten Genprodukte. In neonatalen Kardiozyten wurde nur das verkürzte Protein vom Typ MTI eindeutig exprimiert. Die cDNA MTII führte nicht, bzw. nur in sehr geringem Ausmaß zur Synthese eines verkürzten MyBP-C (Western Blot). Die Analyse immunfluoreszent markierter Kardiozyten für das c-myc/MyBP-C-Fusionsprotein und für Titin ergab folgende "steady state" Expressionen: WT>MTI>>MTII. In der Mehrzahl der Zellen, die MTI oder MTII exprimierten, lagen die Rumpfproteine diffus im Cytoplasma vor, ohne eine erkennbare Veränderung der endogenen Sarkomerstruktur hervorzurufen. Ein relativ geringer Anteil von Zellen zeigte eine korrekte, sarkomere Inkorporation der verkürzten Proteine. Aufgrund der unterschiedlichen "steady state" Konzentration von MTI und MTII in Kardiozyten und aufgrund der Expressionsunterschiede in den verschiedenen Zelltypen wurde ein zelltypspezifischer und intron-unabhängiger Mechanismus vermutet, der die Suppression der Nonsense-mRNA (MTII) und damit eine Reduktion der Synthese des verkürzten MyBP-C bewirkt. Dieser Effekt wurde auf den Einfluß von Sequenzen zurückgeführt, die sich in der reifen mRNA 3' vom vorzeitigen Stop-Codon befinden. Zur Eingrenzung dieser Sequenzen wurde der Bereich zwischen dem vorzeitigen und dem nativen Stop-Codon in überlappende Fragmente unterteilt und an das Stop-Codon der cDNA MTI angefügt. Die transiente Expression dieser cDNA-Konstrukte (MTI-DSE I, II, III, I/II) führte in Kardiozyten ebenfalls zu einer reduzierten Synthese des verkürzten MyBP-C. Die erhaltenen Ergebnisse, d.h. sowohl die reduzierte Transkriptmenge des mutierten MyBP-C Allels im Patienten- Herzgewebe als auch die geringe Akkumulation verkürzter MyBP-C Proteine in transient transfizierten Kardiozyten erklären den pathogenen Mechanismus der untersuchten MyBP-C Mutation nicht vollständig. Jedoch unterstützen sie die Vermutung, dass die Abwesenheit des verkürzten MyBP-C auf einer Suppression der MyBP-C Nonsense-mRNA basiert und bekräftigen die Vorstellung, dass die HCM in der untersuchten Familie mit einem Mangel an Myosinbindungsprotein C im Myokard assoziiert ist (Haploinsuffizienz). Ein "dominant- negativer" Effekt einer sehr geringen Menge von veränderten Molekülen auf die Struktur oder auf die regulatorische Funktion der kardialen Sarkomere kann allerdings nicht völlig ausgeschlossen werden.
Winterroggen (Secale cereale L.) erwirbt durch längerfristiges Wachsen bei tiefen Temperaturen eine Anpassung an Kälte und Frost und entwickelt eine erhöhte Toleranz gegenüber kälte-induzierter Photoinhibierung. Diese Anpassung wird als Kältehärtung bezeichnet. Die erworbene Toleranz gegenüber kälteinduzierter Photoinhibierung geht nach drei Tagen Enthärtung bei einer Temperatur von 220C wieder verloren. Die Zielsetzung der Promotion war es, nach differentiell exprimierten Genen zu suchen, die nicht als Antwort auf kurzzeitigen Kältestreß hochreguliert werden, sondern Gene zu isolieren die im Zuge länger einwirkender Kälte in Winterroggenblättern verstärkt exprimiert werden. Werden die mRNAs aus kältegehärteten (CHL) mit den mRNAs aus enthärteten Roggenblättern (DHL) verglichen, so können Gene isoliert werden, die in CHL stärker exprimiert werden. Diese differentiell exprimierten Gene können, da sie nach Enthärtung deutlich seltener exprimiert werden, eine limitierende Funktion bei Kältehärtung einnehmen. Um diese Gene isolieren zu können wurden zwei molekularbiologische Methoden, "Suppression Subtractive Hybridisation"-PCR und "Differential Display"-PCR angewendet. Mit diesen Methoden konnten insgesamt zwölf verschiedene cDNA-Fragmente differentiell exprimierter Gene isoliert werden. Im Vergleich mit DHL sind in CHL die Transkriptmengen für neun cDNA-Fragmente isolierter Gene erhöht. Auch die Transkriptmenge des Chloroplasten-kodierte Gens für LSU ist in CHL bei einem Vergleich mit DHL gesteigert. Die isolierten cDNA-Fragmente von differentiell exprimierten Genen kodieren für Proteine aus den verschiedensten Teilbereichen des pflanzlichen Stoffwechsels und sind nachfolgend aufgelistet. Photosynthesestoffwechsel: SSU und LSU (kleine und große Untereinheit von RubisCO), LHCIIb (Lichtsammelkomplex IIb), Fructose-1,6-bisphosphatase, Transketolase, Genexpression: RNA-bindendes Protein, Transkriptionselongationsfaktor, Nucleotidstoffwechsel: UMP Synthase, Antioxidativ wirkendes Enzym: PMSR (Peptid-Methioninsulfoxidreduktase) Es konnten cDNA-Fragmente dreier bekannter Gene und eines unbekannten Gens (Klon 5C, zeigte Homologie zu einer Sequenz aus Oryza sativa) isoliert werden, deren Expression in DHL spezifisch erhöht ist. Energiestoffwechsel: H+ATPase, Pathogenabwehr/ programmierter Zelltod: Llsl Gen (lethal leaf spot Gen 1), Proteinstoffwechsel: Disulfidisomerase Neben der Analyse der Expression auf RNA-Ebene wurden Untersuchungen zur Expression auf Proteinebene vorgenommen. Western Blut Analysen zeigten, daß die geringeren Transkriptmengen von rbcS und rbcL in DHL und NHL nicht mit einem parallelen Rückgang der Proteinmengen von SSU und LSU korrelieren. Die Proteinmengen an SSU und LSU in CHL, DHL und NHL weisen keine allzu großen Unterschiede auf Sowohl die Transkiptmenge des Gens Lhcb als auch die Menge des LHCIIb-Proteins war in enthärteten Winterrogenblättern in Vergleich zu gehärteten Winterroggenblättern vermindert. Auch für das antioxidativ wirkende Enzym PMSR (Peptid-Methionin-Sulfoxid-Reduktase) konnten in CHL höhere Transkriptmengen als in DHL und in NHL nachgewiesen werden. PMSR ist ein ubiquitär verbreitetes Enzym, das eine nachgewiesene wichtige Funktion bei der Abwehr von reaktiven Sauerstoffformen (ROS) ausübt. Den bislang untersuchten antioxidativen Schutz-Systemen konnte bei der Kältehärtung keine begrenzende Funktion zugeschrieben werden. Ein Schwerpunkt der Promotion lag deshalb auf der Untersuchung vom ScPMSR als antioxidativ wirkendes Enzym im Zusammenhang mit Kältehärtung. Die Transkriptmenge an ScPMSR erhöht sich nach dem längerfristigen Einwirken von Kälte. Zur Durchführung von Immunoblot Analysen mußte zunächst ein Antikörper gegen ScPMSR hergestellt werden. Mittels eines aus einer cDNA-Bank isolierten cDNA-Klons von ScPMSR wurde rekombinantes ScPMSR-Protein in E. coli Zellen produziert und nach der Reinigung zur Herstellung spezifischer Antiseren eingesetzt. Bei dem in dieser Arbeit isolierten ScPMSR handelt es sich um ein cytoplasmatisches Isoenzym. In Western Blot Analysen mit dem ScPMSR-Antikörper konnte in Gesamtproteinextrakten aus CI-IL, DHL und NHL die ScPMSR-Proteinbande (23kDa) nachgewiesen werden. In CHL und in NHL die in niedrige Temperaturen umgesetzt wurden liegt noch eine zusätzliche Proteinbande einer Größe von 68kDa vor. Werden CHL in 220C umgesetzt wird diese Bande innerhalb von 48h deutlich schwächer. Im Gegensatz dazu verstärkt sich die 68kDa-Proteinbande kontinuierlich, wenn NHL bis zu 48h in tiefe Temperaturen gestellt werden. Die Gesamtmengen an PMSR-Protein (23 kDa + 68kDa) zeigen nicht allzu große Unterschiede bei CHL, DHL und NHL und korrelieren damit nicht mit der geringeren Transkriptmenge an PMSR in DHL und NHL. Rechnerisch könnte es sich bei dem bei Kälte gebildeten 68kDa großen Proteinaggregat um ein PMSR-Trimer handeln. Dieses Aggregat konnte allerdings in vitro durch die stark denaturierend wirkenden Stoffe Guanidinhydrochlorid und SDS nicht in nachweisbare Untereinheiten aufgelöst werden. Bei dem bei Kälte gebildeten Proteinaggregat könnte es sich um die enzymatisch aktive Form eines PMSR-Trimers handeln, das bei Kälte der Abwehr von ROS dient. Insgesamt deuten die Resultate darauf hin, daß ScPMSR bei der Kältehärtung von S. cereale von Bedeutung ist. Aufgrund der geringer Substratspezifität kann PMSR bei Kälte als weitgefächertes Reparaturenzym fungieren. Nicht zuletzt wird der zyklische Oxidations- und Reduktionsprozeß von Methionin und Methioninseitenketten auch als "sink" für ROS angesehen. Es bedarf jedoch zusätzlicher Untersuchungen, um die Rolle von ScPMSR bei Kältehärtung von Secale cereale als antioxidativ wirkendes Enzym weiter definieren zu können.
Die verschiedenen Typen von Nervenzellen sind durch die differentielle Expression terminaler Differenzierungsgene charakterisiert. Dies sind z.B. Gene, deren Produkte die Synthese und den Transport der verwendeten Neurotransmitter gewährleisten. Die Expression dieser Gene wird während der Entwicklung durch spezifisch exprimierte Transkriptionsfaktoren reguliert. In der Entwicklung sympathischer Nervenzellen sind Mitglieder aus der Familie der basic Helix-Loop-Helix-(bHLH)-Transkriptionsfaktoren und der paired-Homöodomänen-Faktoren identifiziert worden, deren Expression in Vorläuferzellen aus der Neuralleiste durch das Signalmolekül BMP4 induziert wird und die an der Regulation des sympathischen Phänotyps beteiligt sind. Nullmutanten des bHLH-Faktors Mash1 und des Homöodomänen-Faktors Phox2b zeigen eine stark gestörte Entwicklung der sympathischer Nervenzellen. Weitere bHLH-Faktoren, dHand und eHand, vermögen in vitro die Expression noradrenerger Differenzierungsgene in Neuralleistenzell-kulturen zu induzieren. Ob diese Faktoren in vivo eine Rolle in der entwicklungsabhängigen sympathischen Differenzierung spielen, kann im Mausmodell nicht untersucht werden, da die Nullmutanten noch vor der Sympathogenese sterben. Das Huhnembryo bietet das ideale Modellsystem, die Rolle von Transkriptionsfaktoren in vivo zu untersuchen und durch Kopplung embryologisch-experimenteller und molekularer Verfahren die Faktoren gezielt in bestimmten Geweben zu exprimieren. In dieser Arbeit werden Experimente dargestellt, welche die Rolle dieser Transkriptionsfaktoren genauer definieren. Durch die viral induzierte Expression von Phox2a und Phox2b im Huhnembryo wird gezeigt, dass die Expression dieser Faktoren ausreicht, in multipotenten Vorläuferzellen des Brachialnervs und des Hinterwurzelganglions die Differenzierung sympathischer Nervenzellen zu induzieren. Dieser Phänotyp umfasst neben der Expression typisch noradrenerger und panneuronaler Gene ebenfalls die Expression der Transkriptionsfaktoren Phox2a und -b, dHand und Cash1. Es wird gezeigt, dass dHand im Laufe der sympathischen Entwicklung noch vor den noradrenergen und panneuronalen Differenzierungsgenen exprimiert wird. Auch dHand ist in der Lage, nach viraler Misexpression in multipotenten Vorläuferzellen des Embryos Differenzierung zu sympathischen Nervenzellen auszulösen. Weiter wird gezeigt, dass die Überexpression von BMP4 im Huhnembryo dazu führt, dass undifferenzierte Vorläuferzellen im Brachialnerv zu sympathischen Nervenzellen differenzieren. Mash1 vermag nach Überexpression die Expression neuronaler Gene im Brachialnerv und umliegenden Mesoderm zu induzieren. Die Bildung sympathischer Nervenzellen im Bereich des Brachialnervs wird ebenfalls induziert. Diese exprimieren wiederum neben den noradrenergen und panneuronalen Genen auch die Transkriptionsfaktoren Phox2a/b und dHand. Die Ergebnisse zeigen überzeugend das Vermögen der Transkriptionsfaktoren Phox2a/b, dHand und Mash1 den komplexen sympathischen Phänotyp in multipotenten Vorläuferzellen aus der Neuralleiste zu induzieren. Besonders wichtig sind hierbei die Ergebnisse nach dHand-Überexpression. Hiermit wird erstmals gezeigt, dass dieser bHLH-Transkriptionsfaktor in vivo eine hervorragende Rolle innerhalb der Regulation noradrenerger und neuronaler Gene einnimmt. Die Ergebnisse der verschiedenen Untersuchungen zeigen darüber hinaus, dass während der Normalentwicklung in Vorläuferzellen des peripheren Nervensystems die Expression einer Gruppe von Transkriptionsfaktoren induziert wird. Deren Mitglieder werden in einer festgelegten zeitlichen und epistatischen Reihung exprimiert. Jeder Einzelne dieser Transkiptionsfaktoren ist ausreichend, in Vorläuferzellen die Entstehung sympathischer Nervenzellen auszulösen. Dabei wird die Expression der anderen Mitglieder dieser Gruppe induziert. Es handelt sich also nicht um eine lineare Kaskade von Transkriptionsfaktoren, sondern um ein Netzwerk von Faktoren, die ihre Expression gegenseitig regulieren und vermutlich gemeinsam die Expression terminaler Differenzierungsgene steuern.
Im Mittelpunkt der vorliegenden Arbeit stand die Untersuchung von Faktoren, die eine physiologische Funktion bei der VIP-Induktion cholinerger sympathischer Neuronen des Huhns besitzen. Die essentielle Bedeutung von neuropoietischen Zytokinen bei diesem Differenzierungsprozess wurde bereits durch Geissen et al. (1998) gezeigt. Eine weitere Eingrenzung der in vivo beteiligten Mitglieder dieser Zytokinfamilie sollte nun durch Klärung des beteiligten Rezeptorkomplexes vorgenommen werden. Hierzu wurde zunächst die Klonierung des 5'-Bereiches der Huhn-LIFRb-cDNA unter Verwendung der 5'-RACE-Technik abgeschlossen. Anschließend wurde ein antisense Ansatz etabliert, der es ermöglicht, in vivo die Signaltransduktion über die Rezeptoruntereinheit LIFRb zu blockieren. Unter Verwendung eines retroviralen Expressionsvektors RCAS(B) wurde LIFRb antisense RNA im sich entwickelnden Hühnerembryo exprimiert. Dies bewirkte eine spezifische Reduzierung der endogenen LIFRb-Expression in den infizierten Geweben, die über In situ-Hybridisierung und Immunfärbungen nachweisbar war. Die Reduktion der LIFRb hatte keinen Einfluß auf die allgemeine Entwicklung des sympathischen Ganglions. Sie führte jedoch zu einer selektiven Reduktion der VIP-Expression, wohingegen die frühe cholinerge (ChAT), noradrenerge (TH) und panneuronale (SCG10) Genexpression unbeeinflußt bleibt. Damit ist eindeutig gezeigt, daß neuropoietische Zytokine, die über LIFRb wirken, essentiell sind für bestimmte Aspekte der terminalen Differenzierung (VIP-Expression) cholinerger sympathischer Neuronen. In Anlehnung an die vorangegangene Studie sollten unbekannte Zytokine, die an den Komplex aus LIFRb- und gp130-Rezeptoruntereinheiten binden, über eine Expressionsklonierung identifiziert werden. Hierzu konnten funktionelle LIFRb-Fc/gp130-Fc Rezeptorfusionsproteine hergestellt werden, die in der Lage sind, VIP-induzierende Faktoren in HCM, RCM und AMG zu blockieren. Über Kontrollexperimente wurde ein Expressionsklonierungsprotokoll erarbeitet, das geeignet ist auf Einzelzellebene Zytokin-exprimierende Zellen zu detektieren und aus diesen die Plasmid-Information zu ermitteln. Somit wird das Verfahren als prinzipiell durchführbar erachtet. In der bisher durchgeführten Suchrunde in einer HCM-Bank gelang es jedoch nicht, neuropoietische Zytokine zu identifizieren.
In der vorliegenden Arbeit wurden Tauben daraufhin trainiert, in einer Außenvoliere verstecktes Futter zu finden. Nachdem die Tauben diese Aufgabe erlernt hatten, fand keine weitere Verbesserung des Wiederfindeverhaltens statt. Die komplexe Aufgabe, drei aus 48 möglichen Bechern auszuwählen, wurde mit einer überraschend hohen Präzision von den Tauben gelöst. Zudem erwies sich das Ortsgedächtnis als zeitlich äußerst stabil. Die Ergebnisse meiner Arbeit belegen zum ersten mal, dass Brieftauben (Columba livia) in der Lage sind, sich über einen Zeitraum von mindestens 5 Jahren einmal erlernte Orte zu merken, ohne dabei vermehrt Fehler zu machen. Unterschiedliche Fehlerquoten konnten infolge der unterschiedlichen Anordnung der Futterverstecke gefunden werden. Dabei war es für Tauben offensichtlich schwieriger, Futterverstecke in einer flächigen Anordnung aufzusuchen. Die Taubengruppen, deren Zielbecher in einer Reihe angeordnet waren, zeigten eine stärkere Reihenfolgepräferenz beim Aufsuchen der Futterverstecke. Diese Reihenfolgepräferenz führte zu einer geringeren Fehlerquote. Der Sonnenkompass scheint beim Aufsuchen der Futterverstecke für die Brieftauben eine wichtige Rolle zu spielen. Alle vier untersuchten Taubengruppen reagierten auf eine Verstellung der inneren Uhr mit einer Abweichung ihrer Richtungspräferenzen in die erwartete Richtung. Dabei sind Unterschiede in der Stärke dieser Abweichung zwischen den Gruppen und zwischen einzelnen Individuen feststellbar. Diese Abweichung ging wieder zurück, sobald die innere Uhr der Tiere wieder dem natürlichen Tagesrhythmus angepasst war. Diese Beobachtung kann als weiterer Beleg für das Nutzen des Sonnenkompasses in der Voliere zum Auffinden von Futterorten gewertet werden. Aber auch die Landmarken in der Umgebung der Versuchsvoliere werden als Orientierungsparameter von den Tauben genutzt. So erhöhte sich die Fehleranzahl deutlich, wenn die Voliere nach außen hin abgeschirmt wurde. Dieser Effekt verstärkt sich, wenn zusätzlich zur Abschirmung bei bedecktem Himmel die Sonne nicht mehr sichtbar ist. Offensichtlich nutzen die Tauben zur Orientierung im extremen Nahbereich, genau wie in der Fernorientierung, ein multifaktorielles System. Fällt einer der Faktoren aus, wie beispielsweise die Sonne, kann auf ein anderes System zurückgegriffen werden. Die Tauben waren auch bei der Manipulation zweier Orientierungssysteme, wie dies bei der Abschirmung der Voliere von den äußeren Landmarken bei gleichzeitigem bedecktem Himmel der Fall war, immer noch in der Lage, Futterorte zu finden. Dies spricht für das Vorhandensein weiterer Orientierungsfaktoren. Welcher Art diese Faktoren sind, könnte Gegenstand weiterer Untersuchungen sein.
Die Komplexität des durch 2-Aminoacetophenon (AAP) ausgelösten "Untypischen Alterungstones" (UTA) in Weinen wurde im Zusammenhang mit pflanzenbaulichen und mikrobiologischen Einflussfaktoren diskutiert. Neben einem Überblick über den Stand der Forschung wurde der Wirkzusammenhang zwischen Pflanzen- und Mikroorganismenstress verdeutlicht. Indol-3-essigsäure (IAA) gilt als wesentliche Vorstufe für die Bildung von AAP. Die Funktion und Wirkung des Pflanzenhormons IAA wurde vorgestellt, um die Bildung und den Stoffwechsel in der Pflanze in Verbindung mit der Metabolisierung durch Mikroorganismen zu diskutieren. Die mögliche Bedeutung des Elicitors Jasmonsäure konnte gezeigt werden. Um die Faktoren der typischen Weinentwicklung von denen der atypischen zu trennen, wurden zunächst die Einflüsse verschiedener Rebsorten, Rebsortenklone und der Gärungsbedingungen als substratdeterminierende Faktoren für die Hefen durch Mikrovinifikationen und Modellgärungen auf wertbestimmende Inhaltsstoffe untersucht. Die Zusammenhänge zwischen Umwelt- und Substrateinflüssen einerseits und dem Auftreten des UTA andrerseits wurden untersucht. Zum Schutz der Pflanze vor UV-B-Strahlung wurde ein Absorber in die Laubwand bzw. Traubenzone versprüht. Der Einfluss kurzwelliger energieintensiver Strahlung (UV-B) auf die Bildung fehltonrelevanter Verbindungen wie AAP und Skatol wurde festgestellt. Die in Verbindung mit dem UTA stehenden Substanzen AAP und Skatol konnten durch UV-B-Schutzmassnahmen sowie einer Blattdüngung und einer Argininsupplementierung des Mostes reduziert werden. Die Bildung wertbestimmender Inhaltsstoffe während der Weinbereitung steht im engen Zusammenhang mit pflanzenbaulichen und mikrobiologischen Parametern. Der Wirkungs-zusammenhang zwischen Pflanzen- und Mikroorganismenstress und seine Auswirkungen auf die Bildung von dem "UTA" zuzurechnenden unerwünschten Aromasubstanzen wurde aufgezeigt. Ein Stress-Organismus-Reaktions-Modell für Pflanzen zur Beschreibung von Stressreaktionen auf Umwelteinflüsse und ein Erklärungsansatz des "UTA" wurde erstellt. Vor dem Hintergrund der Beobachtungen wurde eine Stressdefinition für Mikroorganismen entwickelt.
Der tägliche und jahreszeitliche Wechsel in den Lichtverhältnissen bedeutet für alle Lebewesen eine regelmäßige und fundamentale Veränderung ihrer Lebensbedingungen. Mit Hilfe einer Inneren Uhr können Lebewesen regelmäßige Veränderungen ihrer Umwelt antizipieren. Diese Innere Uhr gewährleistet die Generierung eines endogenen, zirkadianen Rhythmus und dessen Synchronisation mit der Umwelt. Bei Wirbeltieren werden diese Funktionen durch einen spezifischen neuronalen Schaltkreis im Gehirn, dem photoneuroendokrinen System (PNS), erfüllt. Das Pinealorgan ist ein essenzieller Bestandteil des PNS. Dort werden photoperiodische Reize und Signale vom endogenen Oszillator in die Synthese des Neurohormons Melatonin umgesetzt. Die vom zentralen Oszillator im SCN gesteuerte Freisetzung von Noradrenalin (NA) aus sympathischen-postganglionären Nervenfasern in das Pinealorgan ist der entscheidende Reiz zur nächtlichen Ankurbelung der Melatoninbiosynthese. Melatonin wird ausschließlich in der Nacht gebildet und fungiert daher als ein Zeithormon. Unmittelbar nach der Synthese wird das Melatonin in die Blutbahn abgegeben und liefert allen Zellen, die mit spezifischen Melatoninrezeptoren ausgestattet sind, die entsprechenden Licht- und Zeitinformationen. NA bewirkt in allen untersuchten Säugetierarten die Aktivierung des Schlüsselenzyms der Melatoninbiosynthese, der AANAT. Die zellulären und molekularen Regulationsmechanismen für die AANAT unterscheiden sich jedoch artspezifisch. So ruft NA in Pinealozyten der Ratte die cAMP/PKA/pCREB-vermittelte Aktivierung der Transkription des Aanat Gens hervor, wogegen in Pinealozyten des Rindes NA die Regulation der proteasomalen Proteolyse des AANAT Proteins kontrolliert. Das übergeordnete Ziel dieser Arbeit war es, zelluläre und molekulare Mechanismen der noradrenergen Signaltransduktionskaskade zu identifizieren, welche für die Steuerung der Melatoninbiosynthese im Pinealorgan von Säugetieren verantwortlich sind. Deshalb wurden in kultivierten Pinealozyten der Ratte und des Rindes sowohl transkriptionale als auch posttranslationale Regulationsmechanismen untersucht, welche durch NA gesteuert und an der Regulation des Schlüsselenzyms der Melatoninbiosynthese, der AANAT, beteiligt sind. Mit Hilfe der Immunzytochemie konnte erstmalig das subzelluläre Verteilungsmuster sämtlicher bekannter regulatorischer (R)-Untereinheiten der PKA Typ I und II in Pinealozyten der Ratte nachgewiesen werden. Ebenso wurden die A Kinase Anker Proteine (AKAP) 95 und 150 immunzytochemisch dargestellt, wobei zwischen der AKAP 150-Immunreaktivität (IR) und der IR von RII alpha bzw. RII beta eine weitgehende Kolokalisation in der Nähe der Zellmembran der Pinealozyten vorlag. Diese Kolokalisationen deuten eine funktionelle Interaktion der PKA Typ II mit AKAP 150 in Pinealozyten der Ratte an. Keine Funktion bei der Steuerung der Melatoninbiosynthese scheinen der cAMPregulierte Austauschfaktor EPAC und die monomere GTPase Rap zu besitzen. So konnte eine Stimulation kultivierter Pinealorgane mit 8-CPT-2'-O-Me-cAMP, einem EPAC-spezifischen cAMP-Analog, einzeln oder in Kombination mit Noradrenalin (NA) weder den AANAT Proteingehalt noch die Freisetzung von Melatonin beeinflussen. Die Ergebnisse der vorliegenden Arbeit belegen, dass die cAMP-vermittelte Aktivierung der Melatoninbiosynthese ausschließlich auf die PKA zurückzuführen ist. Ebenso beeinflussten weder NA noch 8- CPT-2'-O-Me-cAMP den Aktivitätszustand von ERK 1 und 2. Eine Erhöhung des cAMP-Spiegels in Pinealozyten der Ratte scheint somit keinen Einfluss auf den Aktivitätszustand von ERK 1 und 2 im Pinealorgan der Ratte auszuüben. In der vorliegenden Arbeit konnte gezeigt werden, dass die schnelle Dephoshorylierung von pCREB eine entscheidende Funktion bei der akuten Herabregulation des CRE-tragenden Aanat Gens darstellt und somit eine wichtige Rolle für die Beendigung der Melatoninbiosynthese im Pinealorgan der Ratte spielt. Nach Entzug des NA-Stimulus kam es innerhalb von 30 Minuten zu einer fast vollständigen pCREB Dephosphorylierung, die mit einer Abnahme der Aanat mRNA, des AANAT Proteingehalts und der Melatoninbiosynthese einherging. Die pCREB Dephosphorylierung und die Abnahme der Melatoninbiosynthese konnten durch PSP-Inhibitoren verhindert werden. Aufgrund der pharmakologischen Untersuchungen und des intrazellulären Verteilungsmusters scheint die PSP 1 die pCREB Dephosphorylierung im Zellkern der Rattenpinealozyten zu steuern. Mit Hilfe eines Ko-Immunpräzipitationsansatzes wurde erstmalig eine NA-abhängige Komplexbildung von AANAT und Protein 14-3-3 in Pinealozyten der Ratte und des Rindes dargestellt. Die vorliegenden Untersuchungen belegen somit, dass Tierarten, welche generell eine unterschiedliche molekulare Strategie zur Regulation der Melatoninbiosynthese entwickelt haben, mit der NA-abhängigen Ausbildung des AANAT/Protein 14-3-3 Komplexes jedoch einen gemeinsamen Mechanismus zur Regulation des AANAT Proteins besitzen. Ferner wurde die funktionelle Bedeutung des Cannabinoidsystems für die Steuerung der Melatoninbiosynthese im Pinealorgan der Ratte untersucht. Mit Hilfe der Immunhistochemie und des Immunoblotverfahrens konnten erstmalig CB 1- und 2 Rezeptorproteine im Pinealorgan der Ratte dargestellt werden. Die Stimulation kultivierter Pinealorgane der Ratte mit THC hatte keinen Einfluss auf den pCREB- und AANAT Proteingehalt, konnte jedoch die NA-induzierte Aktivierung des AANAT Proteins und die Melatoninfreisetzung hemmen. Das Pinealorgan der Ratte und des Rindes dient als ein gut geeignetes Modellsystem zum Studium von Signalskaskaden, da hier Noradrenalinreize in ein definiertes, einfach messbares Endprodukt, die Biosynthese und Sekretion des Neurohormons Melatonin, umgewandelt werden. Die in dieser Arbeit aufgedeckten Signaltransduktionsprozesse liefern daher nicht nur neue Einblicke in die Regulationsprozesse der Melatoninbiosynthese, sondern dienen ebenso dem besseren Verständnis von Signalübertragungs- und Signalverarbeitungsprozessen in komplexeren neuronalen und neuroendokrinen Systemen.
Ziel dieser Arbeit ist es, eine Lücke im methodischen Spektrum neurobiologischer Methoden zu schließen. Es ist heute möglich, das Gehirn auf unterschiedlichen Ebenen zu beschreiben. Es stehen jedoch keine Methoden zur Verfügung, um die Anordnung der Zellen innerhalb eines Nukleus quantitativ zu beschreiben. Die Anzahl und die Anordnung der Zellen ist jedoch eine essentielle Voraussetzung, um die Funktion eines Nukleus zu verstehen. Das hier vorgestellte Verfahren zur Rekonstruktion eines Nukleus basiert auf Nissl-gefärbten Semidünnschnitten der Medialen Superioren Olive (MSO) der Wüstenrennmaus Meriones ungiuculatus. Diese werden mit einer Digitalkamera lichtmikroskopisch aufgenommen und bilden die Basis der Rekonstruktion. In einem ersten Schritt werden innerhalb einer Schnittebene mehrere Einzelbilder patchworkartig zu einem Image Mosaic zusammengefügt. Durch diesen Schritt ist die Auflösung innerhalb einer Schnittebene praktisch unbegrenzt. Das Verfahren beinhaltet mehrere Kontrollmechanismen und funktioniert praktisch fehlerfrei. Danach werden die Bilder farblich korrigiert und mit Methoden der Mustererkennung werden die Zellkerne extrahiert. Die Extraktion der Zellkerne steht in ihrer Qualität einer manuellen Extraktion in nichts nach. Die Zellkerne dienen als Grundlage für den Archimedes-Alignment-Algorithmus, der die Schnittserie in einen dreidimensionalen Bezug setzt, indem aufeinander folgende Schnitte aneinander ausgerichtet werden. Auch dieses Verfahren beinhaltet eine Kontrolle und funktioniert fehlerfrei. Aus diesen Daten kann dann eine Rekonstruktion erstellt werden. Diese wird weiter ausgewertet und ergibt schließlich ein dreidimensionales Abbild des untersuchten Bereichs. Sämtliche Verfahrensschritte arbeiten entweder fehlerfrei oder mit einer nur sehr geringen Fehlerrate. Somit stellt dieses Verfahren eine robuste, effiziente und universell anwendbare Möglichkeit für die umfassende Analyse der Neuronenverteilung im ZNS dar. Das Verfahren eröffnet die Möglichkeit, Nuklei dreidimensional zu untersuchen, bietet aber auch einen Ansatzpunkt um mittels histologischer Daten weiteres Datenmaterial (etwa elektrophysiologischer oder morphologische Daten) zu integrieren.
Es wurden Untersuchungen über die Stoffwechselleistungen der im Most und Wein vorkommenden Essigsäurebakterien der Gattungen Acetobacter (13 Stämme) und Gluconobacter (2 Stämme) während der Weinbereitung durchgeführt. Die 15 Stämme der Essigsäurebakterien stammten aus der Sammlung des Fachgebiet Mikrobiologie und Biochemie Forschungsanstalt Geisenheim sowie aus der CCM (Czechoslovak Collection of Microorganisms). Die Stoffwechselleistungen, die unter Berücksichtigung des Zucker-Säure-Stoffwechsels beobachtet wurden, wurden bei Trauben der Sorten Riesling, Rotberger, Portugieser und Reichensteiner, den Mosten der Sorten Riesling, Portugieser und Rotberger und den Weißweinen der Sorten Riesling, Müller Thurgau und Rotwein eines Sortengemisches sowie Weiß- und Rotweinen verschiedener Jahrgänge aus Tunesischen Weinanbaugebieten durchgeführt. Die Essigsäurebakterien wurden auf die Nährböden (Traubenbeeren, Moste und Weine) beimpft und nach festgelegten Zeiten geerntet und analysiert. Die Beimpfung der Traubenbeeren erfolgte durch Besprühen der intakten und angestochenen Beeren mit den Bakterienkulturen. Im Verlauf der Arbeit wurden verschiedene Analyseverfahren angewandt. Dünnschichtchromatographie wurde für die qualitative Analyse der Zuckersäure eingesetzt. Die Ketozuckersäuren wurde durch Flüssigchromatographie sowie HPLC bestimmt. Außerdem auch für die Bestimmung organischer Säuren, Zucker und Alkohole. Ethanol wurden auch mit Titration nach der Methode von Rebelein bestimmt. Gluconsäure, Essigsäure, Glucose, Fructose, D- und L-Milchsäure sowie Dihydroxyaceton wurden enzymatisch spektrophotometrisch quantifiziert. Der Vergleich der Ergebnisse von intakten und angestochenen Beeren zeigte, dass bei angestochenen Beeren ein schnelleres Wachstum der Essigsäurebakterien und damit auch höhere Stoffwechselleistungen erfolgten. Gluconsäure, 2-Ketogluconsäure, 5-Ketogluconsäure sowie 2,5-Diketogluconsäure können von verschiedenen Essigsäurebakterienstämmen produziert werden. Es scheint so, als ob die verschiedenen Arten der Essigsäurebakterien spezifische Muster der Gluconsäure Oxidationprodukte aufweisen. In synthetischen Medien produzierten Essigsäurebakterien große Menge Gluconsäure. Nach 30 Tage produzierten Essigsäurebakterien der Stämme Acetobacter aceti var. aceti, A. liquefaciens Stamm 1347-2, A. xylinum und Gluconobacter oxydans var. suboxydans im Glucosemedium jeweils mehr als 40 g/l Gluconsäure. 5-Ketogluconsäure wurden in allgemein mehr als 2-Ketogluconsäure produziert. Von allen beobachteten Stämmen produzierte nur A. liquefaciens 2,5-Diketogluconsäure. Sowohl in den roten- als auch in den weißen Traubenbeeren produzierten sie Gluconsäure und ihre Oxidationsprodukte. In 15 Tagen wurden bis 11,5 g/l Gluconsäure, 5,3 g/l 2-Ketogluconsäure und bis 9,8 g/l 5-Ketogluconsäure produziert. Das Wachstum der Essigsäurebakterien in den Weinen verlief sehr langsam. In den Weinen wurden von den Essigsäurebakterien nur Essigsäure produziert. Die Produktion von Essigsäure war bei den unterschiedlichen Stämme sehr verschieden. A. aceti var. aceti produzierte die höchste Konzentration von Essigsäure sowohl bei Rotwein als auch bei Rieslingwein. A. aceti var. aceti produzierte bis 87 g/l in Rotwein und bis 61 g/l in Rieslingwein Bei Untersuchungen fertiger Weine wurden außer Gluconsäure auch 2-Ketogluconsäure, 5-Ketogluconsäure und 2,5-Diketogluconsäure gefunden, die auf den Stoffwechsel der Essigsäurebakterien aus Glucose und Gluconsäure zurückgeführt werden müssen. In den untersuchten fertigen Weinen aus Tunesien wurde 0,2 - 7,4 g/l Gluconsäure, 2 - 35 mg 2-Ketogluconsäure, 6 - 30 mg/l 5-Ketogluconsäure und bis 14 mg 2,5-Diketogluconsäure analysiert. Nach den vorliegenden Untersuchungsergebnissen stammen die hohen Gluconsäurekonzentrationen in den Weinen von Gluconobacter oxydans. Die Herkunft der Gluconsäure in diesen Weinen aus dem Stoffwechsel von Essigsäurebakterien wird durch die hochsignifikanten Beziehungen zwischen Gluconsäure und 2-Ketogluconsäure, sowie 2,5-Diketogluconsäure belegt.
Die Neubildung von Aromasubstanzen durch Carotinoidabbau ist eine der vielen Veränderungen der Weine während der Flaschenlagerung. In gealterten Weinen entstehen aromawirksame Kohlenwasserstoffe, C13-Komponenten, u.a. TDN aus den Carotinoidsubstanzen der Weinbeeren. TDN, das natürlich in Pflanzenprodukten vorhanden ist, liefert einen wichtigen Beitrag zum typischen Kerosin-ähnlichen Charakter in Flaschen gealterter Rieslingweine. Als TDN-Precursoren sind oft die Carotinoide Lutein und ß-Carotin vorgeschlagen worden. Die TDN-Bildung wird von mehreren Faktoren beeinflusst. Außer vom Carotinoidgehalt in den Beeren bzw. Mosten, auch von den Traubensorten und -klonen, den verwendeten Hefen und auch durch die Jahrgänge. Andere Aspekte, wie das Vorhandensein von Luteinestern, die Verhältnisse der Carotinoide untereinander, weinbauliche Maßnahmen, wie Entblätterungen, sowie die Gesamtsäure bzw. die pH-Werte der Traubenmaischen, die die TDN-Bildung beeinflussen könnten, wurden ebenfalls mit einbezogen. Die TDN-Bildung während des Weinherstellungsprozesses sowie die TDN-Entwicklung bei der Alterung und dem damit verbundenen Carotinoid-Abbauprozess wurde in dieser Arbeit durch Modellversuche zu klären versucht. Während der Studien wurden Traubenbeeren, Moste und Jahrgangsweine der Sorte Riesling und anderer weißer Sorten verwendet. Der Einfluss von Mikroorganismen auf den TDN-Gehalt wurde durch Verwendung von 9 Hefestämmen (Saccharomyces spp.) und auch bei Spontangärung untersucht. Die Extraktionen der Carotinoide aus Trauben, Mosten und Weinen wurden unter verschiedenen Bedingungen durchgeführt. Eine neue Methode musste wegen des hohen Wasser-, Zucker- und Säuregehalt des Mostes und Weines sowie der gärenden Moste verschiedener Dichten entwickelt werden. Für die Analysen der Carotinoide sowie die deren Luteinestern wurden verschiedene HPLC-Verfahren eingesetzt. Als stationäre Phase dienten Säulen LiChroCART 250-4 HPLC Cartridge LiChrospher 100 RP18 (5µm), RP18 125-4 M LiChroCART, sowie eine 250x4,6 mm (5µm) Hypersil Elite C18. Die Säulentemperatur lag bei 28°C. Die Trennungen wurden mit verschiedenen mobilen Phasen durchgeführt. Mit dem Einsatz des Dioden-Array-Detektor wurden verschiedene Wellenlänge zur Messung der einzelnen Carotinoide verwendet. Lutein wurde bei 450(±4) nm bestimmt, während Zeaxanthin, ß-Apo-8'-Carotinal, ß-Carotin und Chlorophyll-b bei 460(±6) nm und Chlorophyll-a bei 440(±4) nm, gemessen wurden. Außerdem wurden auch typische Wellenlängen wie 473(±6) nm für ß-Apo-8'-Carotinal und 662(±4) nm für Chlorophyll-a eingesetzt. Die TDN-Konzentrationen der Proben wurden durch Gaschromatographie/ Massenspektrometrie analysiert. Die mögliche TDN-Bildung unter Berücksichtigung des Carotinoidabbaus wurde außer in Jungweinen auch in Blankweinen nach Zugabe von Reinsubstanzen bzw. Beerenextrakten beobachtet. In den trüben Jungweinen veränderten sich die Mengen aller Farbstoffe während der Gärung. Die bedeutendsten Veränderungen der Carotinoid-Inhaltstoffe fanden nach dem Erreichen der Maximum-Werte der gebundenen ß-Glucosidaseaktivität der Hefen statt. Die größere Aktivität bei Kellertemperatur, die ebenfalls von der Populationszahl abhängt, verursachte auch die größeren Veränderungen des Carotinoidgehaltes. Es wird festgestellt, dass nach der Gärung nur noch die Hälfte der Konzentrationen der Carotinoide und Chlorophylle übrig geblieben ist und die Bildung von TDN bereits während der Gärung stattgefunden hat. Es wurde gezeigt, dass der Lutein- bzw. der TDN-Gehalt in Jungweinen mit der Glucosidaseaktivität der verwendeten Hefen korreliert werden kann. Dass der Zusammenhang zwischen dem Lutein in Mosten und den TDN-Konzentrationen in den Weinen bei den Rieslingklonen deutlicher ist als bei den anderen Sorten, zeigt dass Lutein ein TDN-Precursor ist. Die Verhältnisse von Lutein zu ß-Carotin ist in den Rieslingtraubenbeeren größer als in den Beeren der anderen "Weißen-Sorten". Die TDN-Bildung in Weinen, die aus den Mosten mit niedrigeren pH-Werten gewonnen wurden, war höher als solche aus Mosten mit höherem pH-Wert. Bei den Weinen aus Trauben der entblätterter Rebstocke zeigten höhere TDN-Gehalt, weil solche weinbauliche Maßnahmen die Konzentrationen der gelöster Carotinoide in den Trauben und folgend auch in den Jungweinen erhöht. Lutein, ß-Carotin und Zeaxanthin sind die Carotinoid-Hauptprecursor bei der TDN-Bildung. Beim prozentualen Vergleich deren Verluste während der Gärung und Lagerung ist der bei Lutein bzw. Zeaxanthin grösser als der bei ß-Carotin. Dabei sind die Mengen maßigen Verluste von ß-Carotin höher als bei Lutein und Zeaxanthin. Als TDN-Precursor sind die Carotinoide Lutein bzw. Zeaxanthin labiler als ß-Carotin. Zeaxanthin wurde nur in sehr geringen Mengen in der Traubenbeeren gefunden. Die Reinsubstanzen Lutein bzw. ß-Carotin zeigten auch deutlich ihren Precursor-Charakter in Hinblick auf die potentielle TDN-Bildung. Durch Säurehydrolyse der Reinsubstanzen bei 50oC zeigte es sich, dass normales TDN, TDN+2 und TDN+4 in D2O (2H2O) aus Lutein gebildet wurde. Aus ß-Carotin wurde nur wenig TDN erzeugt.
Lipophile, sedimentgebundene Substanzen sind für endobenthische Tiere in hohem Maße bioverfügbar und können von diesen aufgenommen und angereichert werden. Für benthivore Fische besteht damit das Risiko, diese Chemikalien mit der Nahrung aufzunehmen. Die Aufkonzentrierung sedimentgebundener Chemikalien über zwei oder mehr trophische Ebenen (Biomagnifikation) kann somit durch die Bestimmung der Biokonzentration von Chemikalien in Fischen nach der OECD-Richtlinie 305 (OECD 1996) nicht adäquat erfasst werden. Zur standardisierten Bestimmung der Bioakkumulation und Biomagnifikation wurde eine einfache, zwei trophische Stufen umfassende Labornahrungskette etabliert. Diese bestand aus dem endobenthischen Oligochaeten Tubifex tubifex (MÜLLER) als Beute und dem Dreistachligen Stichling (Gasterosteus aculeatus LINNÉ) als Prädator. Die Experimente wurden mit 14C-markiertem Hexachlorbenzol und Terbutryn in dotiertem künstlichem Sediment und rekonstituiertem Wasser durchgeführt. Um den Einfluss einzelner Expositionspfade an der Gesamtanreicherung der Modellchemikalien zu quantifizieren, wurden die Fische gegenüber dotiertem Wasser bzw. dotiertem Sediment (Biokonzentrationsszenario), vorexponierten Würmern (Biomagnifikationsszenario) und Kombinationen dieser Aufnahmepfade (Bioakkumulationsszenario) exponiert. Sedimentgebundenes HCB wurde im Bioakkumulationsszenario sowohl in den Tubificiden (BAFWurm/Sediment (FG/FG) = 7,8) als auch in den Fischen (AFFisch/Wasser (FG/FG) = 52500; AFFisch/Sediment (FG/FG) = 47; AFFisch/Wurm (FG/FG) = 3,2) deutlich angereichert. Da die Gewebekonzentration von HCB im Räuber, auch auf Basis lipidnormierter Konzentrationen, die Konzentration in seiner Beute überstieg (AFFisch/Wurm (lipidnormiert) = 1,3), kann von einer Aufkonzentrierung der Chemikalie entlang der Labornahrungskette ausgegangen werden (Biomagnifikation). Es konnte gezeigt werden, dass die Exposition gegenüber der Kombination sämtlicher Aufnahmepfade zu deutlich höherer Anreicherung in den Fischen führte als im Falle einzelner Expositionspfade. Ein Vergleich der Ergebnisse der einzelnen Expositionsszenarien erlaubt den Schluss, dass HCB von den Fischen im Bioakkumulationsszenario zu ungefähr gleichen Teilen über das Wasser (45%) und über die Nahrung (41%) aufgenommen wurde, während die Anwesenheit kontaminierten Sediments nur mit 14% zur Gesamtanreicherung beitrug. 14C-Terbutryn wurde im Bioakkumulationsszenario - auf Basis der Gesamtradioaktivität - sowohl in den Tubificiden (AF Wurm/Sediment (FG/FG) = 4,4) als auch in den Fischen (AFFisch/Wasser (FG/FG) = 323; AFFisch/Sediment (FG/FG) = 10; AFFisch/Wurm (FG/FG) = 1,4) angereichert. Allerdings wurde Terbutryn in den Stichlingen zum überwiegenden Teil zu einem polareren Metaboliten transformiert (84%). Daher müssen zur Abschätzung der Anreicherung von Terbutryn die auf den Gehalt an Ursubstanz korrigierten Gewebekonzentrationen und Anreicherungsfaktoren betrachtet werden. Hierbei wird deutlich, dass Terbutryn nicht entlang der Labornahrungskette aufkonzentriert wurde (AFFisch/Wurm = 0,09). Ein Vergleich der Ergebnisse der einzelnen Expositionsszenarien zeigt, dass der Hauptaufnahmepfad von 14C-Terbutryn in Stichlingen das umgebende Wasser ist, während die Anwesenheit kontaminierten Sediments und die Aufnahme über die Nahrung eine untergeordnete Rolle spielen. Da die Messung der Bioakkumulation und Biomagnifikation von sedimentassoziierten Substanzen sehr aufwendig ist, werden zur Abschätzung ihres Risikopotentials vermehrt mathematische Modelle entwickelt und eingesetzt, die eine Chemikalienanreicherung in Nahrungsketten vorhersagen sollen. Im Rahmen der vorliegenden Arbeit wurden die Vorhersagen dreier Modelle mit den experimentell ermittelten Daten verglichen. Hierdurch sollte sowohl die Eignung des entwickelten Testsystems als auch der verwendeten Modelle als nützliche Instrumente des environmental risk assessment überprüft werden. Die Vorhersagen der drei Modelle bei Applikation auf die Daten der Labornahrungskette stimmen gut mit den experimentell bestimmten Konzentrationen von HCB und Terbutryn in den Tubificiden und Fischen überein. Für HCB sagen alle drei Modelle eine Biomagnifikation in der Labornahrungskette vorher. Die Modelle unterschätzen die gemessenen Konzentrationen in den Fischen mit einem Faktor von 1,1 - 1,7 nur geringfügig. Die Konzentration in den Tubificiden wird vom Gobas/Morrison-Modell sehr präzise vorhergesagt (Unterschätzung um Faktor 1,1), während sie im Campfens/Mackay-Modell (Faktor 2,1) und Gobas-Modell (Faktor 6,3) deutlicher unterschätzt wird. Speziell die dem Campfens/Mackay- und Gobas-Modell zugrunde liegenden Annahmen zur Anreicherung in benthischen Organismen erwiesen sich für HCB und Tubificiden als unzureichend zu sein, da die Modelle hierbei nur die Aufnahme aus dem Porenwasser berücksichtigen. Für Terbutryn sind die Modellvorhersagen sehr viel ungenauer als für HCB, da vor allem die starke Metabolisierung von Terbutryn in den Stichlingen unterschätzt wird. Dies resultiert in einer Überschätzung der Terbutryn-Konzentration in den Fischen (Faktor 5,8 - 6,4). Allerdings bleiben zwei Punkte festzuhalten: 1) Die Modelle sagen keine Biomagnifikation von Terbutryn in der Labornahrungskette vorher. 2) Die Modellvorhersagen bestärken die Annahme, dass die Anreicherung von Terbutryn in den Fischen dominiert ist von der Aufnahme aus dem umgebenden Wasser über die respiratorische Oberfläche. Die analysierten Modelle können bei entsprechender Weiterentwicklung als nützliche Instrumente für eine erste Abschätzung des Risikos der Bioakkumulation sedimentgebundener, hoch lipophiler Substanzen in aquatischen Nahrungsketten im Rahmen der Risikoabschätzung (environmental risk assessment) dienen. Zum gegenwärtigen Entwicklungsstand ist die Labornahrungskette jedoch den Modellen vorzuziehen, da sie die konservativeren Daten liefert. Für eine abschließende Beurteilung der vorgestellten Methoden bedarf es allerdings einer Verbreiterung der Datenbasis.
Die Regulation des Zellzyklus wird durch Phosphorylierung und Dephosphorylierung gesteuert. Schlüsselenzyme sind dabei die Cdk/Cyclin-Komplexe. Für den Eintritt und das Durchlaufen der Mitose von besonderer Bedeutung ist die Polo-like Kinase 1 (Plk1). Zur Aufklärung Mitose-spezifischer Signalwege wurden in dieser Arbeit neue Interaktionspartner der Plk1 gesucht. Die Bedeutung dieser Interaktionen für Zellzyklus und Mitose sollten näher charakterisiert werden. In dieser Arbeit konnte gezeigt werden, daß Plk1 direkt mit humanem Cyclin B1, der regulatorischen Untereinheit des M-phase-promoting-factors (MPF), interagiert. Dabei konnte festgestellt werden, daß Plk1 in der Lage ist, Cyclin B1 innerhalb dessen cytoplasmic retention signals (CRS) am Ser-133 zu phosphorylieren. Ferner konnte gezeigt werden, daß die Phosphorylierung der CRS in einer synergistischen Weise durch Plk1 und MAPK (Erk2) stattfindet. Vorphosphorylierung der CRS durch MAPK an Ser-126 und Ser-128 führt nicht nur zu einer 3-4 fach stärkeren Phosphorylierung durch Plk1, sondern auch zur Entstehung neuer Phosphorylierungs-Stellen für Plk1. Die hier aufgeführten Daten zeigen, daß durch synergistische Phosphorylierung der CRS, an der Plk1 beteiligt ist, der rapide nukleäre Import des Cyclin B1/Cdk1-Komplexes in der Prophase gesteuert wird. Dieser rapide Import in den Kern ist Voraussetzung für die Auflösung der Kernmembran in der Prometaphase. Damit konnte gezeigt werden, daß Plk1 dazu beiträgt, den MPF in den Kern (zu seinen Substraten) zu bringen, um früh-mitotische Ereignisse zu induzieren. Mitotische Kinasen (wie MPF, aber auch MAPK) phosphorylieren ihre Substrate oft an Ser/Thr-Pro-Motiven. Sind diese Motive phosphoryliert (pSer/Thr-Pro), so können sie von Pin1, einer Peptidyl-Prolyl-cis/trans-Isomerase isomerisiert werden. In dieser Arbeit wurde gezeigt, daß Plk1 mit Pin1 interagiert. Dabei bindet Plk1 an die Protein-Interaktionsdomäne (WW-Domäne) von Pin1, ist aber gleichzeitig in der Lage, Pin1 innerhalb seiner katalytischen Domäne (PPIase Domäne) zu phosphorylieren. Es konnte gezeigt werden, daß das Ser-65 in Pin1 eine Phosphorylierungs-Stelle für Plk1 darstellt. Da bekannt war, daß Vortäuschung einer Phosphorylierung an Ser-16 oder Ser-67 die Pin1-Aktivität hemmt, wurde ein ähnlicher Effekt für Ser-65 erwartet. Jedoch führte die Vortäuschung der Phosphorylierung an Ser-65 nicht zu einer Reduktion der PPIase-Aktivität von Pin1. In dieser Arbeit konnte erstmals gezeigt werden, daß Pin1 über das Proteasom abgebaut wird. Die Vortäuschung der Ser-65-Phosphorylierung führt zur Stabilisierung des Pin1-Proteins. Damit ist Plk1 das erste bekannte Enzym, welches Pin1 durch Phosphorylierung stabilisiert.
Der Typ 1 Diabetes mellitus (IDDM) ist eine multifaktorielle Erkrankung deren Risiko zu 50-60% von genetischen Faktoren vermittelt werden, wobei dem HLA-System auf Chromosom 6 (IDDM1) eine Schlüsselrolle zugesprochen wird. Innerhalb dieser Genregion befinden sich die beiden solitären retroviralen "long terminal repeats" (LTRs) DQ-LTR3 und DQ-LTR13. Sie können theoretisch mit Hilfe ihrer regulatorischen Elemente die Expression benachbarter funktioneller Gene beeinflussen. Im Rahmen der Fragestellung nach einer möglichen Funktion retroviraler LTRs im Kontext des Typ 1 Diabetes mellitus ist das unmittelbar benachbarte DQB1 Gen ein Kandidatengen von besonderer Bedeutung. Im Rahmen einer Familienassoziationsstudie wurde DQ-LTR13 als potentieller genetischer Risikomarker charakterisiert und es konnte gezeigt werden, daß die Haplotypen DQ8/LTR13+ und DQ2/LTR13- signifikant häufiger transmittiert werden als bei einer zufälligen Vererbung erwartet. Gleichzeitig unterscheidet sich ihr Segregationsmuster signifikant von dem der Haplotypen DQ8/LTR13- und DQ2/LTR13+. Das Kopplungsungleichgewicht zwischen DQ-LTR3 und DQ-LTR13 ist so ausgeprägt, daß sie zwar präferentiell aber nicht ausschließlich zusammen auf einem Haplotypen vorkommen. Die Wahrscheinlichkeit einer Erkrankung an IDDM in Zusammenhang mit einem der beiden Risikohaplotypen DQ8/LTR13+ bzw DQ2/LTR13- liegt bei 76% bzw. 68%. Aufgrund dieser Ergebnisse ist DQ-LTR13 insgesamt als unabhängiger genetischer Risikomarker für Typ 1 Diabetes mellitus zu bewerten, zusätzlich zu den bekannten Risikohaplotypen DQ8 und DQ2 und unabhängig von DQ-LTR3. Im Rahmen funktioneller Analysen unter Verwendung eines Reportergen-Assays konnte nach Transfektion diverser EBV-transformierter lymphoblastoider B-Zellen für keine der beiden LTRs die Fähigkeit nachgewiesen werden, als eigenständiger Promotor auf die Expression des Reportergens Luciferase zu wirken. Diese Fähigkeit konnte auch nicht durch die Gabe von Hydrocortison bzw. ß-Estradiol induziert werden. DQ-LTR13 ist jedoch in vitro in der Lage, abhängig von transkriptioneller Orientierung und Position, über den Promotor des DQB1 Gens verstärkend auf die Expression des Luciferase-Gens zu wirken. Dieser Effekt ist darüber hinaus, bezüglich der beiden Risikoallele DQB1*0302 und DQB1*0201, differentiell ausgeprägt. Eine Verifizierung des beobachteten Effekts in vivo war im Rahmen der vorliegenden Doktorarbeit leider nicht möglich.
Untersucht wurde die spätpleistozäne und holozäne Diatomeenflora aus drei Teilgebieten der westlichen Ostsee, dem Kattegat, der Kieler Bucht und der Pommerschen Bucht. Die Ergebnisse bestätigen die hervorragende Eignung der Diatomeen als Indikatororganismen in der Paläoökologie. Anhand der Mikroflora war es möglich, die wechselhafte Geschichte der verschiedenen Ostsee-Teilgebiete detailliert nachzuvollziehen. Es konnten Lage und Ausdehnung der Paläogewässer während der verschiedenen Stadien der Ostsee-Entwicklung sowie verschiedene abiotische Faktoren der Paläoumwelt - Salinität, pH-Wert, Trophie, Temperatur und Wassertiefe - rekonstruiert werden. Zur Rekonstruktion von Salinität, Trophie und pH-Wert kamen erstmals verschiedene Indikationssysteme - der Halobienindex nach ZIEMANN (1971), das Trophie-Indikationssystem nach HOFMANN (1994) und die pH-Rekonstruktion nach ARZET (1987) - zur Anwendung. Kattegat Der Schwerpunkt der Untersuchung lag auf dem südwestlich der Insel Anholt gelegenen Teil des Kattegats. In den 22 Kernprofilen konnten insgesamt 596 Diatomeentaxa registriert werden. In den Ablagerungen des Spätglazials waren im gesamten Untersuchungsgebiet keine silifizierten Mikrofossilien nachweisbar. Die anhand der seismoakustischen Untersuchungen aufgestellte Gliederung der holozänen Sedimente in die Abschnitte Holozän 1 (H1), Holozän 2 (H2) und Holozän 3 (H3) konnte durch die Analyse der Diatomeenfloren bestätigt werden. Die Ablagerungen des Sedimentabschnitts H1 entstanden während einer Transgressionsphase. Das in Alleröd und Jüngerer Dryas trockengefallene Untersuchungsgebiet wurde zu Beginn des Präboreals vollständig transgrediert. Durch das Auftreten halobionter Diatomeentaxa konnte der Beginn der Transgression im Untersuchungsgebiet auf den Anfang des Präboreals und ein Alter von 10.200 Jahren BP datiert werden. Für die Hauptphase der Transgression wurde ein Alter von rund 9.700 bis 9.300 Jahren BP ermittelt. In Übereinstimmung mit den seismoakustischen Befunden und den Ergebnissen der Makrofossil-Analyse konnte der Sedimentabschnitt H2 als Ablagerung aus dem Mündungsgebiet eines Fließgewässers identifiziert und auf ein Alter von rund 9.300 bis 8.300 Jahren BP datiert werden; wahrscheinlich entwässerte der Ancylus-See zumindest zeitweilig über den großen Belt in diesen Abschnitt des Paläokattegats. Die Diatomeenflora indiziert eine überwiegend durch den Einstrom von Süßwasser beeinflusste Paläoumwelt und ein alkalisches und eutrophes Milieu. Das charakteristische Merkmal der Thanathozönosen ist der hohe Anteil an allochthonen Schalen. Die Analyse der autökologischen Präferenzen zeigt, dass durchschnittlich 30 % der Taxa ursprünglich aus anderen Gewässertypen stammen. Mithilfe der Diatomeenflora konnte der Sedimentabschnitt H2 in drei Abschnitte untergliedert werden. Der Abschnitt H2a wurde während der Bildung einer Landzunge abgelagert, die die Mündung des Fließgewässers vom Paläokattegat trennte. Die Thanathozönosen indizieren die zunehmende Beeinflussung durch den Einstrom von Süßwasser. Der Abschnitt H2b wurde vor rund 8.800 Jahren BP deponiert, während die Landzunge ihre größte Ausdehnung und Isolationskraft erreichte. Die Diatomeenflora indiziert die maximale Beeinflussung durch den Zustrom von Süßwasser. Im Sedimentabschnitt H2c indizieren die Thanathozönosen die Verlagerung der Landzunge infolge küstendynamischer Prozesse und eine zunehmende Beeinflussung durch Meerwasser. Der Sedimentabschnitt H3, der während einer erneuten Transgression vor ca. 8.300 Jahren BP deponiert wurde, ist in weiten Bereichen vollständig frei von silifizierten Mikrofossilien. Eine autochthone, aus überwiegend halobionten Taxa zusammengesetzte Diatomeenflora ließ sich lediglich in einem der Kernprofile nachweisen. Das charakteristische Taxon der Transgressionsfloren in den Sedimentabschnitten H1 und H3 ist Paralia sulcata. Typisch sind des Weiteren Actinoptychus senarius, Cymatosira belgica, Dimeregramma minor, Ehrenbergia granulosa und Plagiogramma staurophorum. Kieler Bucht Aus der Kieler Bucht stand ein Kernprofil zur Verfügung. In diesem Profil konnten insgesamt 344 Diatomeentaxa nachgewiesen werden. Die brackischen Ablagerungen entstanden in der Mastogloia-Phase und konnten mithilfe der Diatomeenflora in zwei Abschnitte - Mastogloia 1 (M1) und Mastogloia 2 (M2) - untergliedert werden. Der Sedimentabschnitt M1 wurde deponiert, während das Milieu des Paläogewässers durch sporadische Ingressionen über den Großen Belt beeinflusst wurde. Die Diatomeenflora indiziert einen Paläosalzgehalt von maximal 9 Promille, ein eutrophes und alkalisches Paläomilieu und eine geringe Wassertiefe. Die Veränderungen im Artgefüge der Thanathozönosen innerhalb des Sedimentabschnitts M2 belegen einen kontinuierlichen Anstieg der Salinität um mindestens 8 Promille und das Auftreten starker Strömungen. Die Sedimentation erfolgte während des Übergangs vom brackigen Mastogloia-Stadium zur marinen Littorina-Phase. Mithilfe der Diatomeenflora konnte nachgewiesen werden, dass sich in dem Paläogewässer der Kieler Bucht frühestens vor 7.100 Jahren BP marine Verhältnisse etablierten. Die Flora indiziert einen Anstieg des Paläosalzgehalts auf mindestens 17 und maximal 30 Promille. In Übereinstimmung mit den Ergebnissen der Sedimentanalyse konnten die Ablagerungen der Littorina-Phase anhand der Diatomeenflora in zwei Subzonen - Littorina 1 (L1) und Littorina 2 (L2) - untergliedert werden. Während das Artgefüge in dem Abschnitt L1 auf große Strömungsgeschwindigkeiten während der Sedimentation hinweist, belegt die Flora in dem Abschnitt L2 eine deutliche Abnahme der Strömungsintensität. Pommersche Bucht In den neun Kernprofilen aus der Pommerschen Bucht konnten insgesamt 265 Diatomeentaxa identifiziert werden. In Übereinstimmung mit den Ergebnissen der geologischen Untersuchungen zeigt die Diatomeenflora, dass sich der südliche Abschnitt der Pommerschen Bucht nach dem Rückzug des Eisschildes bis in das Atlantikum hinein unabhängig vom nördlichen Teil entwickelte; erst während der Littorina-Phase wurde auch der südliche Abschnitt transgrediert. Mithilfe der Diatomeenflora wurde belegt, dass sich im Spätglazial vor ca. 12.000 Jahren BP im Süden der Pommerschen Bucht ein alkalischer, meso- bis schwach eutropher Süßwassersee etablierte. Die Thanathozönosen indizieren erhebliche Milieuunterschiede zwischen diesem See und dem Baltischen Eisstausee, der zeitweise den nördlichen Abschnitt der Pommerschen Bucht bedeckte. Im frühen Holozän entwickelte sich im südlichen Abschnitt der Pommerschen Bucht an gleicher Position wie im Spätglazial wiederum ein Süßwassersee, während der nördliche Abschnitt der Pommerschen Bucht vom Ancylus-See bedeckt war. Die Diatomeenfloren belegen, dass sich die Umweltbedingungen in beiden Paläogewässern ähnelten; sowohl im Norden als auch im Süden lag ein alkalisches und überwiegend eutrophes Milieu vor. Der Beginn der Mastogloia-Phase ist durch einen drastischen Wechsel im Artgefüge der Diatomeenflora gekennzeichnet; Taxa mit höherer Salinitätstoleranz, z. B. Epithemia turgida und Diploneis didyma, ersetzten die rein oligohalobe Ancylus-Flora. Die Veränderungen indizieren einen schwachen aber deutlichen Anstieg der Salinität im Norden der Pommerschen Bucht. Das charakteristische Taxon der Littorina-Phase ist die polyhalobe Planktonart Thalassionema nitzschioides. Es indiziert einen Anstieg des Paläosalzgehalts auf mindestens 13 Promille. Des Weiteren belegen die Diatomeen den stetig steigenden Wasserspiegel zu Beginn der Littorina-Phase. Chrysophyceen-Zysten, Chaetoceros-Sporen und die Skelette des Silicoflagellaten Distephanus speculum stellen in der Pommerschen Bucht wichtige Leitfossilien dar. Während Chrysophyceen-Zysten typisch für die Sedimente der Mastogloia-Phase sind, haben Chaetoceros-Sporen und Distephanus speculum charakteristischerweise ihren Verbreitungsschwerpunkt in den Ablagerungen des Littorina-Meers.
Das Thema der vorliegenden Promotion war die Aufklärung von Neutralisationsmechanismen auf Lymphozyten und Makrophagen unterschiedlicher primärer HIV-1-Subtypen im Verlauf der Krankheitsprogression. Ausgangspunkt für die Experimente war die Tatsache, dass humane Seren von HIV-1 infizierten Patienten bereits kurz nach der Serokonversion autologe Virusisolate auf Makrophagen, nicht aber auf Lymphozyten neutralisieren können (Ruppach et al., 2000). Bei Neutralisationsexperimenten mit einem dem V3-loop des gp120 komplementären P1 -Peptids (Subtyp B), sollte der Nachweis von neutralisierenden Antikörpern im Serum erbracht werden. Weiterhin sollte gezeigt werden, inwieweit die Neutralisation auf Makrophagen durch V3-Antikörper begründet ist. Nach erfolgter Neutralisation auf Makrophagen mit und ohne P1-Peptidvorinkubation konnte gezeigt werden, dass es zu keinen Veränderungen im Neutralisationsverhalten durch Vorinkubation mit einem V3-Peptid gekommen war. Daraus ließ sich folgern, dass es nicht die V3-Antikörper sind, die eine Neutralisation auf Makrophagen hervorrufen können. Als nächstes wurde das Neutralisationsverhalten eines frühen lsolates (8 Monate nach der Infektion) und einer späten Folgeprobe (27 Monate nach der Infektion) durch autologes Serum auf Lymphozyten und auf Makrophagen verglichen. Dabei konnte gezeigt werden, dass sowohl Ursprungs- wie auch Folgeisolat auf Makrophagen eine große Neutralisationsaktivität aufweisen, die auf Lymphozyten fehlt. Um besser eingrenzen zu können, welche Antikörper bei Neutralisationsreaktionen auf Makrophagen eine Rolle spielen, wurden Neutralisationsexperimente mit Serumimmunglobulinen eines frühen Isolates durchgeführt. Als Ergebnis konnte festgehalten werden, dass autologe IgG' s auf Makrophagen eine Neutralisationsreaktion herbeiführen können. Weiterhin stellte sich die Frage, ob autologe Immunglobuline in der Lage sind, heterologe Virusisolate zu neutralisieren. Dabei zeigte sich, dass im Test unterschiedlicher Subtypen, es zu einer hohen Kreuzneutralisationsaktivität gekommen war. Zusammenfassend konnte im Verlauf der Promotion erfolgreich dargestellt werden, dass die Serumimmunglobuline für die Neutralisation auf Makrophagen verantwortlich sind und, dass diese heterologe Eigenschaften besitzen.
Die Stat-Proteine (signal transducers and activators of transcription) bilden eine Familie von 7 verschiedenen Signaltranskriptionsfaktoren, die latent im Zytoplasma vorliegen. Sie spielen eine wichtige Rolle bei der Übertragung von zytokin- und wachstumsfaktorvermittelten Signalen von der Zellmembran in den Nukleus. Die Aktivierung der Stat-Proteine ist ein transienter und streng regulierter Signaltransduktionsprozess, dessen Deregulation eine Rolle bei der Krebsentstehung spielt. In verschiedenen Tumorarten werden vor allem konstitutiv aktive Stat3- und Stat5-Proteine gefunden. Stat5 ist das Hauptsignalprotein bei der prolaktinvermittelten Signaltransduktion im Brustgewebe. Neben Stat3 und Stat1 ist vor allem Stat5A maßgeblich an der Entwicklung und Differenzierung (Laktation) des Brustgewebes beteiligt. Bei der Entstehung von Brusttumoren scheint der Prolaktin/JAK/Stat5-Signalweg ebenfalls involviert zu sein. Die Funktion, die Stat5 dabei hat, ist jedoch weitgehend ungeklärt. Eine gezielte, nur Stat5-abhängige Regulation des Zellsystems ist nur schwer zu untersuchen, da Prolaktin noch eine Reihe weiterer Signalkaskaden aktiviert. In dieser Arbeit wird daher mit Hilfe einer konstitutiv aktiven Mutante die Funktion von Stat5A in der Regulation der Proliferation, Migration, Differenzierung und Apoptose, deren Fehlregulation die Transformation zu Tumorzellen bestimmt, untersucht. Es kann gezeigt werden, dass Stat5 multiple Aufgaben in Brustkrebs- und -epithelzellen übernimmt. Einige dieser Funktionen lassen sich mit der Wirkungsweise von Prolaktin korrelieren. In Tumorzellen hat nicht nur Prolaktin, sondern auch die konstitutiv aktive Stat5A-Mutante Einfluss auf die Proliferation und den Zellzyklus. Die Überexpression dieser Mutante führt, ebenso wie die Prolaktinstimulation, zu einer Erhöhung der Proliferationsrate, die im Falle von Prolaktin Cyclin D1 vermittelt ist. Für die konstitutiv aktive Stat5A-Mutante kann keine Regulation einiger am Zellzyklus beteiligter Proteine festgestellt werden. Die Untersuchungen der Zellmobilität dienen als Marker für das Metastasierungspotential. Sowohl in Brusttumor- als auch in -epithelzellen ist die Fähigkeit zur Migration in Zellen mit konstitutiv aktivem Stat5A, oder nach Prolaktinstimulation erhöht. Für die Tumorentstehung zeichnet sich demnach folgendes Bild: Prolaktin und konstitutiv aktives Stat5A erhöhen sowohl die Proliferations- als auch die Migrationsrate von Brustkrebszellen. Zusammenfassung 2 In der nicht transformierten Brustepithelzelllinie HC11 hat die konstitutiv aktive Stat5AMutante eine andere Funktion. Sie wirkt nicht als Mitogen, wie in Tumorzelllinien, sondern ist in Differenzierungsvorgänge involviert. Die konstitutiv aktive Mutante ist in der Lage, die Signaltransduktion in vitro durch Prolaktin und Dexamethason zu ersetzen und unabhängig davon, die ß-Kaseinbildung zu induzieren. In vivo zeigt sich, dass konstitutiv aktives Stat5A in die Kontrolle der Differenzierung des alveolaren Brustepithels involviert ist. Die alveolaren Strukturen bilden sich schon im jungfräulichen Gewebe und nicht erst in trächtigen Mäusen aus. Eine Überexpression der konstitutiv aktiven Stat5A-Mutante führt in HC11 Zellen jedoch nicht nur zu einer Differenzierung der Zellen, sondern ebenfalls zu einem Anstieg der Apoptoserate. Die konstitutiv aktive Stat5A-Mutante induziert die Expression der negativen Regulatoren des JAK/Stat-Signalweges SOCS1 und SOCS3. Diese blockieren die Janus-Kinase 2, welches wiederum eine Deaktivierung von Stat3 zu Folge hat. Als potentieller molekularer Mechanismus für die Förderung der Apoptose kann eine Inhibierung der Bcl-XL-Expression gezeigt werden. Die Ergebnisse zeigen, das Stat5 unterschiedliche Funktionen sowohl bei der Proliferation und Apoptose als auch bei der Differenzierung von Brustepithelzellen hat. Die Funktion von Stat5 auf das Zellgeschehen scheint vom zellulären Kontext und bereits aktivierten Signalwegen abzuhängen.
Die Entwicklung eines Impfstoffes gegen das humane Immundefizienz Virus (HIV-1) erfordert die Aktivierung einer humoralen und zellvermittelten Immunantwort. Diese kann durch lebende attenuierte Viren oder DNA Impfstoffe am besten induziert werden. Im Mittelpunkt der Impfstoffentwicklung steht das HIV-1 Hüllglykoprotein (Env), da es den initialen Kontakt mit der CD4-positiven Zielzelle herstellt. Die hohe Mutationsrate des HIV-1 führt zu Veränderungen des Hüllproteins und erzwingt die Ableitung konservierter Bereiche der nativen, oligomeren Konformation des Proteins. Im ersten Teil dieser Arbeit wurden CD4-gp120 Fusionsproteine hergestellt, die Konformationsänderungen des Hüllglykoproteins nachahmen sollten, wie sie beim Eintritt von HIV in die Wirtszelle entstehen. Eine inhibitorische Wirkung dieser Proteine bei der Infektion von CD4-exprimierenden Zellen, sowie die Bildung neutralisierender Antikörper in immunisierten transgenen CD4+ Mäusen konnten nicht nachgewiesen werden. Der zweite Teil dieser Arbeit beschäftigt sich mit der Entstehung und Charakterisierung replikationskompetenter Viren zur Expression des oligomeren HIV-1 Hüllglykoproteins. Hierfür wurden murine Leukämie Viren (MLV) mit einer verkürzten Variante des HIV-1 Hüllglykoproteins pseudotypisiert. Sämtliche akzessorischen Gene des HIV-1 waren nicht enthalten. Die regulatorische Funktion des akzessorischen Proteins Rev wurde entweder durch die Verwendung eines Introns, durch das posttranskriptionelle Element des "woodchuck hepatitis virus" (WPRE) oder durch Benutzung eines kodonveränderten Hüllproteins ersetzt. Folglich wurden drei unterschiedliche MLV/HIV-1 Pseudotypviren konstruiert. Alle MLV/HIV-1 Pseudotypviren konnten nach Transfektion in 293 T Zellen synthetisiert werden und waren in der Lage CD4- und CXCR4-positive Zielzellen zu infizieren. Die Effizienz der zweiten Infektion war für die Proviren mit WPRE Element und synthetischen Hüllprotein reduziert, obwohl die mRNA-Synthese korrekt erfolgte und die Funktion des akzessorischen Elements Rev erfolgreich ersetzt werden konnte. Das Intron enthaltende MLV/HIV-1 pseudotypisierte Virus zeigte kaum mRNA-Produktion, folglich konnte keine zweite Infektion stattfinden. Replikationskompetente MLV/HIV-1 Pseudotypviren konnten mit keinem Konstrukt erzeugt werden, da Viruspartikel, die aus infizierten Zellen freigesetzt wurden, kaum Hüllprotein enthielten. Verschiedene Faktoren könnten hierbei eine Rolle spielen, unter anderem das zytoplasmatisch auf 7 Aminosäuren verkürzte HIV-1 Hüllglykoprotein selbst, was nur in MT-4 Zellen eine HIV-Replikation erlaubt. Folglich sind für die Herstellung replikationskompetenter MLV/HIV-1 Pseudotypviren Veränderungen am CTerminus des Hüllglykoproteins unausweichlich.
In der vorliegenden Arbeit sollten die in unserer Arbeitsgruppe identifizierten Splice- Varianten des murinen ARVCF (mARVCF) cloniert und charakterisiert werden. Es wurde gezeigt, daß alle 8 putativen Isoformen im gleichen Maße mit den Zelladhäsions-Molekülen M-, E- und N-Cadherin interagieren können und mit diesen an der Plasmamembran bzw. den Zell-Zellkontakten colocalisieren. Dabei nimmt N-Cadherin eine Sonderstellung ein. Zum einen ist die Interaktion mit endogenem N-Cadherin abhängig vom Zellkontext und zum anderen konnte mit Hilfe des MOM recruitment assays gezeigt werden, daß, im Gegensatz zu MOM-M- und MOM-E-Cadherin, eine Assoziation von mARVCF und MOM-N-Cadherin nicht in jeder Zelle stattfindet. Eine mögliche Konkurrenz von mARVCF mit dem nahe verwandten armadillo repeat Protein p120(ctn) um die Bindestelle in N-Cadherin konnte dabei als Ursache ausgeschlossen werden. Als nächstes wurde im Rahmen dieser Arbeit gezeigt, daß mARVCF eine duale Lokalisation an der Plasmamembran und im Zellkern aufweist. Dabei unterliegt mARVCF einem effektiven Exportmechanismus. Dieser Export kann durch Leptomycin B inhibiert werden, scheint somit also CRM1/exportin1-vermittelt zu sein und wird offenbar durch zwei verschiedene NES (nuclear export signal)-Sequenzen in mARVCF reguliert. Das in der p120(ctn) Subfamilie (zu der auch mARVCF gehört) konservierte NLS (nuclear localisation signal) konnte als für den Protein-Import unwirksam charakterisiert werden. Weiterhin wurde das LIM-only Protein FHL2 als neuer Interaktionspartner von mARVCF identifiziert. Dabei wirkt mARVCF als Mediator zwischen dem Cadherin- Catenin Komplex an der Plasmamembran und dem Interaktionspartner der Integrine FHL2. mARVCF ist in der Lage, FHL2 aus den Fokalkontakten zum Cadherin- Catenin Komplex an der Membran zu translozieren und in den Komplex einzubinden.
In der vorliegenden Arbeit konnte eine neue Ca2 -abhängige NDPase (EC 3.6.1.6) kloniert und funktionell charakterisiert werden. Die mRNA der Ca2 -NDPase wurde in allen untersuchten Geweben der Ratte nachgewiesen. UDP, GDP und IDP, jedoch nicht ATP und ADP waren Substrate der Ca2 -NDPase. Ihre Enzymaktivität war strikt von Calciumionen abhängig und zeigte ein breites pH-Optimum zwischen 6,5 und 7,5. Der Km-Wert für UDP lag bei 216 µM. Die Ca2 -NDPase konnte im ER und in Prä-Golgi-Strukturen lokalisiert werden. Sie ist ein Transmembranprotein, dessen katalytische Domäne im Lumen des ER liegt. Dort ist sie vermutlich ein wichtiger Bestandteil der Qualitätskontrolle neu synthetisierter glycosylierter Proteine, in dem sie das die UDP-Glucose:glycoproteinglucosyltransferase inhibierende UDP zu UMP hydrolysiert. Das resultierende UMP dient als Antiporter um UDP-Glucose, das im Zytosol synthetisierte Substrat der UDP-Glucose:glycoproteinglucosyltransferase, in das ER zu transportieren. Im zweiten Teil der Arbeit wurden die Oligomerstrukturen der zelloberflächenlokalisierten NTPDase1 und NTPDase2 untersucht. Die Enzyme wurden heterolog in Xenopus laevis-Oocyten exprimiert. Nach metabolischer Markierung sowie Zelloberflächenmarkierung wurden die mittels Hexahistidyl-Epitop markierten Proteine durch Digitonin solubilisiert und die Oligomerenkomplexe wurden über Ni2 -NTA-Chromatographie gereinigt. Die gereinigten Proteinkomplexe wurden mittels Cross-Linking-Experimenten und der Blau-nativen Gelelektrophorese analysiert. Es konnte gezeigt werden, dass die NTPDase1 an der Zelloberfläche als Dimer vorlag. Die Dimerisierung erfolgte nicht über intermolekulare S-S-Brücken. Die Dimere der NTPDase1 erwiesen sich als relativ stabil. Inkubation bei 37°C resultierte mit zunehmender Dauer in einer steigenden, jedoch auch nach zwei Stunden noch nicht vollständigen Dissoziation der Dimere. Inkubation unter reduzierenden Bedingungen führte ebenfalls nicht zur vollständigen Dissoziation. Erst eine Inkubation bei 37°C in Gegenwart von DTT und Coomassie Brilliant Blue G250 vermochte eine vollständige Dissoziation der NTPDase1 zu bewirken. Zur vollständigen Dissoziation der Multimerstruktur der NTPDase1 wurden somit das Reduktionsmittel DTT und die unter diesen Bedingungen denaturierende Wirkung des Farbstoffs Coomassie Brilliant Blue G250 benötigt. Die NTPDase2 bildete kein distinktes Multimer, sondern lag im nativen Zustand an der Zelloberfläche in Form von nicht intermolekular über S-S-Brücken verknüpften Di-, Tri- und Tetrameren vor. Die Homomultimere der NTPDase2 zeigten im Vergleich zur NTPDase1 eine deutlich höhere Stabilität. Inkubation unter reduzierenden Bedingungen und in Gegenwart von Coomassie Brilliant Blue G250 führte im Gegensatz zur NTPDase1 nur zu einer unwesentlichen Dissoziation der Multimerstrukturen. Die Substratspezifität der NTPDase2 änderte sich mit zunehmender Dauer der heterologen Expression. Die ADPase-Aktivität der NTPDase2 stieg nach sieben Tagen signifikant (p < 0,0001) um das vierfache im Vergleich zum ersten Tag der Expression. Dies erniedrigte das ATP:ADP-Verhältnis von 1 : 0,1 nach 24 h Expression zu 1 : 0,4 nach sieben Tagen. Die Änderung der Substratspezifität der NTPDase2 ging mit einer Änderung des multimeren Verteilungsmusters der NTPDase2 einher. Mit zunehmender Expressionsdauer nahm der relative Anteil an höheren Multimeren zu. Im Gegensatz zur NTPDase2 zeigte die NTPDase1 keine signifikanten Änderungen ihrer Substratspezifität und Multimerstruktur. Die durch unterschiedliche Verteilungsmuster der Multimere bedingte Änderung der Substratspezifität der NTPDase2 eröffnet eine neue Möglichkeit zur Modulation Nukleotid-vermittelter Signalübertragung. Es konnte keine signifikante Tendenz zur Ausbildung von Heteromultimeren aus NTPDase1 und NTPDase2 nachgewiesen werden.