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Neuer Band der Reihe Frankfurter Beiträge zur Erziehungswissenschaft nimmt Adornos berühmten Radioessay als Ausgangs- und Bezugspunkt für vielfältige Interpretationen und Gegenwartsanalysen.
Rezension zu: Sabine Andresen, Dieter Nittel, Christiane Thompson (Hg.) Erziehung nach Auschwitz bis heute. Aufklärungsanspruch und Gesellschaftsanalyse. Frankfurter Beiträge zur Erziehungswissenschaft, Band 22, Goethe-Universität, FB 04, 2019
Rezension zu: Wer studiert Islamische Theologie? Ein Überblick über das Fach und seine Studierenden Lena Dreier und Constantin Wagner.
Eine Erhebung im Auftrag der Akademie für Islam in Wissenschaft und Gesellschaft (AIWG) an der Goethe-Universität bietet einen Einblick in das Fach Islamische Theologie und seine Studierenden: 80 Prozent der Studierenden sind weiblich. Fast drei Viertel der Studierenden stammen aus einem nichtakademischen Elternhaus. Viele geben an, sich aktiv in die Gesellschaft einbringen zu wollen. Klare Berufsperspektiven für die Absolventinnen und Absolventen fehlen indes.
I first encountered the work of Miriam Hansen as a graduate student in the mid-1990s when her book Babel and Babylon was the talk of the (at that time still fairly modest) film studies town – even though it was sitting somewhat uneasily on the fence. In fact, it was this position beyond the canonical that made the book so attractive in the first place. It did not fit into the raging debate of that time between psychosemiotics and neo-formalism, nor did it offer the (often too schematic and naive) way out within the cultural studies paradigm of empowering the individual or sub-culturally constituted groups.
[Rezension zu: Lewe, Christiane; Othold, Tim und Nicolas Oxen (Hg.): Müll. Interdisziplinäre Perspektiven auf das Übrig-Gebliebene. Bielefeld: Transcript, 2016.]”.
Der von Christiane Lewe, Tim Othold und Nicolas Oxen herausgegebene Band Müll. Interdisziplinäre Perspektiven auf das Übrig-Gebliebene eröffnet in Schlaglichtern Zugänge zu ‚übrig-gebliebener‘ Materialität in kulturwissenschaftlicher Perspektive. Ausgehend von der Annahme, bei nicht mehr gebrauchten Dingen handele es sich um das Ergebnis sozio-kultureller Zuschreibungsprozesse, interessieren sich die Beiträge für so unterschiedliche Phänomene wie die Inszenierung von Müll im Fernsehen, Gender und Schmutz, Gebäuderecycling, Self-Storage oder künstlerische Auseinandersetzungen mit Müll. Als gemeinsamer Schnittpunkt der Fallstudien stellt sich dabei das Vorhaben heraus, den als konventionell unterstellten Abwertungen des Übrig-Gebliebenen entgegenzuarbeiten. Eine literaturwissenschaftliche Perspektive fehlt hingegen.
Do deserto de gelo da abstração ao filosofar concreto: correspondência Adorno-Benjamin (1928-1940)
(2013)
Trata-se de uma resenha crítica da controvertida correspondência entre Theodor W. Adorno e Walter Benjamin – dois dos mais expressivos representantes da chamada primeira geração de teóricos críticos associados ao Instituto de Pesquisa Social. Além de remeter suas cartas à respectiva experiência intelectual de cada um deles, este artigo busca oferecer uma análise fundamentada dessa instigante interlocução filosófica, para além da rígida bipolarização entre "adornianos" e "benjaminianos", que, via de regra, tem predominado em sua recepção especializada, dentro e fora do Brasil. Para isso, procura-se enfatizar o contraponto produtivo entre a Dialética negativa de Adorno e o projeto das Passagens de Benjamin, tomando como centro gravitacional o processo construtivo deste último trabalho – cerne tanto das afinidades, quanto das insolúveis dissonâncias entre os dois autores. Esta pesquisa tem o apoio da FAPESP.
Rezension zu: David SHERMAN. Sartre and Adorno - The Dialectics of Subjectivity. Albany: SUNY Press, 2007, xii + 328 pp., €64.59, ISBN 978-0-7914-7115-9.
Review of: Vinzenz Brinkmann, Oliver Primavesi, Max Hollein (eds.), Circumlitio. The Polychromy of Antique and Medieval Sculpture. Proceedings of the Johann David Passavant Colloquium, 10-12 December 2008. Liebighaus Skulpturensammlung, Frankfurt am Main, 2010, 423 pp., 334 colour ill.,ISBN 978-3-7774-2871-0
New scientific methods now being applied to the analysis of traces of pigments and gilding on ancient Greek and Roman marble statuary, and other marble artefacts, have the potential to revolutionise our understanding of the relationship between form and colour in antiquity. At present the enquiry is still in its infancy, but the papers delivered at a conference held in Frankfurt in 2008, reviewed here, provide a general introduction to the subject and to a wide range of work in progress.
Honneth, Axel. Das Recht der Freiheit. Berlin: Suhrkamp, 2011.
Em Das Recht der Freiheit, Honneth trabalha mais uma vez os três momentos da esfera do direito objetivo hegeliano com o intuito de mostrar que a liberdade dos indivíduos só é possível nas instituições cujas práticas normativas garantem um reconhecimento recíproco. Essas instituições são a realidade do mundo moderno onde a estrutura da liberdade subjetiva se encontra refletida de maneira objetiva.
Built to colonize
(2019)
Die Untersuchung von graffiti writing als soziokulturelle Praxis hat sich zu einem Forschungstrend entwickelt, ohne dass bislang eine systematische Untersuchung dieses Phänomens vorlag. Diese Lücke schließt nun Lohmann mit einer Herausarbeitung der Charakteristika antiker Graffiti im Kontext pompejanischer Wohnkultur. ...
Das zu besprechende Buch ist der Versuch einer Integration von Kindheits- und Biographieforschung. Es bietet einen umfangreichen, fast alle Autoren in diesen Bereichen versammelnde Übersicht über die beiden Forschungsgebiete. Ein Teil dieser Beiträge wird unter der Frage betrachtet, welchen Beitrag die Biographieforschung für die neue Kindheitsforschung zu leisten vermag. Unter "neue Kindheitsforschung" wird dabei jene Kindheitsforschung verstanden, die nach der "Perspektive von Kindern" fragt. Das Ergebnis besteht in Bezug auf das Buch darin, dass hier eine Vielzahl von neuen Verbindungen zwischen beiden Forschungsbereichen eröffnet wird. Eine der wesentlichen Verbindungen wird darin gesehen, dass die Biographieforschung Hinweise zu einem anderen Verständnis qualitativer Forschung im Kontext von Kindheitsforschung zu geben vermag.
In ihrer Dissertation geht Kathrin Schrader der Frage nach, welche Selbsttechnologien Frauen entwickeln, deren Lebensrealitäten von der Verschränkung von Drogenkonsum und Sexarbeit geprägt sind. Auf der Basis von acht Interviews mit drogengebrauchenden Sexarbeiterinnen analysiert sie mittels einer gouvernementalitätstheoretischen Perspektive und der Intersektionalen Mehrebenenanalyse die Handlungsfähigkeiten im Kontext massiver gesellschaftlicher Diskriminierungen in den Subjektkonstruktionen der interviewten Frauen. Auf diese Weise kann sie sehr überzeugend die Wechselwirkungen von gesellschaftlichen Strukturen, Stereotypen und Diskursen sowie Identitätskonstruktionen herausarbeiten und leistet somit einen wichtigen Beitrag zur Dekonstruktion des gesellschaftlichen Umgangs mit dieser Gruppe.
Dass in Bremen an einer Uferböschung des Flüßchens Ochtum ein alter – mit Stacheldraht bespannter – Schleppkahn als Konzentrationslager gedient hat, erfährt, wer den "Benz-Distel" aufschlägt. Drei Bände des großen Werkes über die Geschichte der nationalsozialistischen Konzentrationslager liegen nun vor. Auf ursprünglich sieben, mittlerweile neun Bücher, die in halbjährlichem Abstand bis zum Frühjahr 2009 im Verlag C.H. Beck erscheinen werden, ist die Gesamtgeschichte der Lager angelegt, die Wolfgang Benz und Barbara Distel initiiert haben. Das mit dem Geschwister-Scholl-Preis ausgezeichnete Herausgeberteam der "Dachauer Hefte" treibt bereits seit Jahrzehnten die Forschung zu den nationalsozialistischen Konzentrationslagern voran. Im Zentrum des schon wegen seines schieren Umfangs eindrucksvollen Projekts steht die Topografie der Lager, genauer: der Umstand, dass die Nationalsozialisten Deutschland und das gesamte besetzte Europa flächendeckend mit einem Netz von Haftstätten überzogen haben. "Der Ort des Terrors" heißt denn auch die mit Mitteln der Kulturstiftung des Bundes und des Auswärtigen Amtes geförderte Gesamtdarstellung der Lager. ...
Hypothese 1: Ein Verleger hat eine Idee. Es fehlt auf dem Markt ein handliches Buch über die antiken Theater, griechische wie römische. Ein älteres Buch mit dem Titel "Antike Theater in Attika und auf der Peloponnes" ist vergriffen, der Verlag des genannten Buchs hat seine Produktion eingestellt. Der Autor wird gefragt, ob er nicht sein Buch in erweiterter Form neu auflegen möchte. – Hypothese 2: Ein Autor hat ein Buch unter dem Titel "Antike Theater in Attika und auf der Peloponnes" 1996 beim tuduv-Verlag in München herausgegeben. Das Buch ist inzwischen vergriffen, der Verlag hat seine Produktion eingestellt. Der Autor fragt bei einem anderen Verlag an, ob Interesse an einer Neuauflage besteht. Er erhält eine positive Antwort, wird aber aufgefordert, den Inhalt des Buchs zu erweitern und Theater außerhalb der genannten Landschaften zusätzlich zu berücksichtigen.
Keine Hinweise erlauben es dem Rezensenten, sich für die Gültigkeit der einen oder der anderen der beiden Hypothesen zu entscheiden. ...
Agelidis (A.) legt mit dem zu besprechenden Buch die überarbeitete Fassung ihrer Bonner Dissertation von 2004 vor. Berücksichtigt werden Denkmäler aus Athen, Attika, Oropos, dem böotischen Orchomenos, Delos und Thasos. Von anderen Orten bzw. aus anderen Landschaften seien keine von Choregen und Agonotheten errichteten Denkmäler bekannt. Wie A. betont, gab es seit dem Werk von Emil Reisch (Griechische Weihgeschenke, Leipzig 1890) keine zusammenfassende Untersuchung mehr zum Thema. ...
Die internationale Herkunft der für die Herausgabe und die Studien verantwortlichen Autoren und Autorinnen ist ein wichtiges Merkmal dieses Sammelbandes zur frühen Geschichte des Nationalsozialismus in Deutschland. Die Beiträge des 14. Bandes der Dachauer Symposien zur Zeitgeschichte stammen je zur Hälfte von englischen und deutschen sowie männlichen und weiblichen Fachleuten. Beides ist sowohl positiv wie leider noch nicht alltäglich. Mit dieser Vorausschau können hohe Erwartungen geweckt werden, und – um es vorwegzuschicken – diese werden auch voll und ganz befriedigt. ...
Im zu besprechenden Buch stellt P. Kögler (im Folgenden K.) unterschiedliche Gattungen der Feinkeramik von Knidos vor, die den Zeitraum vom mittleren Hellenismus bis in die mittlere Kaiserzeit abdecken. Die Keramik wurde sowohl in lokalen Töpfereien in Knidos gefertigt als auch importiert, wobei der Importanteil etwa 5% des bearbeiteten Materials ausmacht. Das von K. behandelte Fundmaterial stammt aus den amerikanischen Altgrabungen von 1967 bis 1977 in Knidos und wurde an verschiedenen Stellen aufbewahrt; ein Teil lagert im Grabungsdepot in Knidos, ein anderer Teil im Museumsdepot in Bodrum, allerdings ist das Material nicht mehr vollständig vorhanden. Die Grabungsdokumentation war dementsprechend nicht mit jener einer sorgfältig durchgeführten Grabung zu vergleichen: Weder die bedeutenden Funde aus dem Ofenschutt einer Töpferwerkstatt in der südlichen Nekropole in Knidos noch andere geschlossene Fundkomplexe, die für die Keramikforschung von Bedeutung gewesen wären, wurden damals zufriedenstellend dokumentiert.
Trotz dieser ungünstigen Umstände widmete das archäologische Institut der Universität zu Frankfurt auf Einladung des damaligen Grabungsleiters in den Jahren 1992-1996 der Bearbeitung der Keramikfunde aus den Altgrabungen ein Forschungsprojekt, in dem das Fundmaterial geordnet, dokumentiert und in sinnvollen Teilbereichen zur Publikation vorbereitet wurde. ...
Wie kein anderer Ort ist Auschwitz zu einem Synonym für die nationalsozialistische Terrorpolitik geworden. Mit Majdanek teilt die Stadt das Schicksal, sowohl ein Konzentrations- als auch ein Vernichtungslager beherbergt zu haben. Mindestens 1,1, möglicherweise sogar anderthalb Millionen Menschen wurden in Auschwitz ermordet, vor allem europäische Juden, aber auch nichtjüdische Polen, Sinti und Roma. Mit Monowitz und seinen Nebenlagern befand sich hier zudem "das erste von einem Privatunternehmen initiierte und finanzierte Konzentrationslager" (S. 43). Jenseits dieses dreiteiligen Lagerkomplexes sollte in Auschwitz eine deutsche Musterstadt entstehen. Auf den Reißbrettern nationalsozialistischer Visionäre avancierte die Stadt "zum Ideal ökonomischer Erschließung und rassischer Auslese, zum Zukunftsmodell der deutschen Herrschaft im eroberten Land" (S. 51). Kurzum: an keinem anderen Ort manifestierte sich die symbiotische Verbindung zwischen Lebensraum und Vernichtung deutlicher als in dieser im deutsch-polnischen Grenzgebiet gelegenen Stadt. Dies rechtfertigt es, Auschwitz eine Überblicksdarstellung in einer Reihe (C. H. Beck Wissen) zu widmen, deren historische Veröffentlichungen in der Regel größere Epochen behandeln, zumal über Auschwitz noch immer keine Monografie erschienen ist. ...
Am 28. Januar 2011 wurde im Pergamonmuseum die Sonderausstellung mit dem Titel "Die geretteten Götter aus dem Palast vom Tell Halaf" eröffnet. Diese am 14.8. zu Ende gegangene Schau beleuchtete vornehmlich sowohl das Lebenswerk des "Laien"-Archäologen Max Freiherr von Oppenheim sowie die mit seinem Namen verbundenen Ausgrabungen auf dem Tell Halaf im heutigen Syrien. Viele der von Oppenheim ans Licht gebrachten Funde fielen im November 1943 einem Luftangriff auf Berlin zum Opfer und zerbarsten durch die damit einhergehenden Hitzeschwankungen in viele tausend Stücke. ...
Besagtes Kapitel wird mit einem Beitrag von Jörg Becker über die spätneolithische Halaf-Kultur mit dem Titel: "Frühe Siedler am Tell Halaf – Zur Bedeutung der Halaf-Kultur" (345-351) eröffnet. ...
Cet ouvrage issu de la thèse de doctorat de Michaela Stark se présente avant tout comme un outil utile pour qui s’intéresse à l’iconographie des dieux et particulièrement des enfances divines. En se limitant aux périodes archaïque et classique, l’auteure a ainsi établi un riche corpus de près de deux cents cinquante-cinq représentations iconographiques de mythes grecs dans lesquels des dieux et des héros sont figurés en enfants. Publié entre la conclusion et la bibliographie sous la forme de notices détaillées, ce catalogue constitue presque un tiers de l’ouvrage avec près d’une centaine de pages et présente toute l’ampleur du travail fourni par Michaela Stark. Chaque représentation étudiée y est décrite de manière précise et accompagnée d’une bibliographie conséquente. Même si l’on peut s’étonner que l’auteure n’ait pas intégré à son étude l’iconographie d’Érichthonios ou de Persée enfant en choisissant de se limiter pour les enfances héroïques à Achille et Héraclès, ce catalogue offre néanmoins au lecteur un panorama relativement complet des représentations d’enfances mythologiques. Le reste de l’ouvrage divisé en quatre chapitres propose une étude typologique et analytique du corpus ainsi réuni. ...
Since the study of Late Antiquity evolved in the last few decades into an important research topic, several publications have been dedicated to the late antique city, resulting in lively discussions on "decline" and "transition". In line with this evolution Late Antiquity has recently been the central theme of several conferences and workshops, dealing with specific study themes of Late Antiquity as a whole, focussing on a particular time period and/or dedicated to well-defined geographical areas. ...
After this contribution dealing with the capital of Asia, the paper of Axel Filges discusses the late antique and Byzantine situation in the smaller town of Blaundos in Phrygia (Zum Aussagepotential ruinöser Mauern. Bevölkerung und Bebauung im spätantiken und byzantinischen Blaundos [Phrygia]). ...
Die Publikation erschien anlässlich der gleichnamigen Gemeinschaftsausstellung der Antikensammlung der Staatlichen Museen zu Berlin und des Deutschen Archäologischen Instituts (DAI), die von Mai 2009 bis Januar 2010 im Pergamonmuseum präsentiert wurde. Diese interinstitutionelle Zusammensetzung vertreten paritätisch die Herausgeber, von denen zwei im Museumsbetrieb und zwei im Forschungsinstitut beheimatet sind. Programmatisch wird im Vorwort die schon über hundertjährige Zusammenarbeit hervorgehoben, die durch die neue Kooperation nicht nur wieder aktiviert, sondern sogar "auf ein neues Niveau" (7) gehoben werden sollte. ...
Dem weitgesteckten, mit einer Fülle von Fragen und Problemen behafteten Feld der Weihgeschenke in griechischen Heiligtümern ist gerade in den letzten Jahren eine Vielzahl von Monographien und Aufsätzen gewidmet worden, die von unterschiedlichen Seiten Erkenntnisse zum Verständnis des Phänomens beitragen. Trotzdem sind wir – wegen der gewaltigen, zudem ständig wachsenden Menge des Materials, wegen der Unpubliziertheit großer Materialmengen wie auch wegen zahlreicher Überlieferungslücken – immer noch weit davon entfernt, ein umfassendes Bild von der Praxis des griechischen Votivwesens entwerfen zu können. Auch breiter angelegte Untersuchungen stehen vor dem Problem, daß stets nur ein Teil der mit dem Themenkomplex verbundenen, untereinander stark verknüpften Fragen bearbeitet werden kann: untersucht man beispielsweise eine einzelne Weihgeschenkgattung in breiterem regionalem Rahmen, so fehlt eine Einordnung in das (diachron sich entwickelnde) Spektrum der jeweiligen Heiligtümer, analysiert man die vielfältigen Probleme des Votivspektrums eines ganzes Heiligtums, so fehlt der Vergleich zu den Kultstätten der näheren und ferneren Umgebung. Bevor eine umfassendere Auswertung auch nur versucht werden kann, sind noch zahlreiche detaillierte Einzeluntersuchungen zu leisten. Zu diesen gehört auch das hier besprochene, hochwillkommene Werk zur Gattung der Waffenweihungen. ...
Grundlage dieser Publikation ist ein Forschungsprojekt zu einem datenbankgestützten Katalog der Funde attischer Keramik nördlich von Etrurien, der unter der folgenden Adresse online abrufbar ist: akne.unibas.ch. In dessen Rahmen fand 2011 in Basel eine Tagung statt, deren Beiträge in diesem Band nach einem Vorwort der Herausgeber geographisch gegliedert nach Norditalien, Rhonetal und Ostfrankreich sowie nordwestliches Alpenvorland, Süddeutschland und Böhmen präsentiert werden. Ein Kapitel mit grundsätzlichen Überlegungen zur griechischen Keramik als Medium des Kulturtransfers schließt diesen Tagungsband ab. ...
Rüdiger Krause beleuchtet in seiner historischen Interpretation der Besiedlung von Ipf, Goldberg sowie Rechteckhöfen und Flachlandsiedlungen am westlichen Rand des Nördlinger Rieses neben den Funden griechischer Keramik auch weitere Funde und Befunde des 6. und 5. Jahrhunderts v. Chr. ...
Autor des Bandes ist Holger Sonnabend, Althistoriker, einer der Organisatoren der Stuttgarter Kolloquien zur Historischen Geographie des Altertums und gemeinsam mit seiner Frau Anbieter von Studienreisen. Er hat bereits in einer 1999 erschienenen Monographie zentrale Überlegungen zu Naturkatastrophen im griechisch-römischen Altertum vorgelegt (Naturkatastrophen in der Antike. Wahrnehmung – Deutung – Management, Weimar 1999). ...
Jürgen Herget lehrt als physischer Geograph an der Universität Bonn. Der Forschungsschwerpunkt seiner Arbeitsgruppe liegt in der Rekonstruktion historischer Hochwasser. Ausgehend von Methoden der fluvialen Geomorphologie und Paläohydrologie hat Herget in den vergangenen 15 Jahren eine Reihe von Beiträgen zu entsprechenden Naturrisiken und den damit verbundenen gesellschaftlich-politischen Folgen vorgelegt. ...
Die drei Herausgeber sind Mitarbeiter am Römisch-Germanischen Zentralmuseum Mainz (RGZM): Generaldirektor und Mittelalterarchäologe Falko Daim, Konservator und Ur- und Frühgeschichtler Detlef Gronenborn mit Forschungsschwerpunkten im Neolithikum, der Paläoklimatologie, Theoriediskussion und sozialen Netzwerkanalyse sowie wissenschaftlicher Mitarbeiter und Vor- und Frühgeschichtler Rainer Schreg, dessen Schwerpunkte in der archäologischen Umweltforschung und historischen Archäologie liegen. ...
Rezension zu: Heinrich Schlange-Schöningen, Hieronymus. Eine historische Biographie (Darmstadt 2018)
(2020)
Die Herrschaft Roms erstreckte sich über mehrere Jahrhunderte hinweg und umfasste den größten Teil der damals bekannten antiken Welt. Dies war auch und vor allem wegen einer äußerst effektiven Armee möglich, die es schaffte, mit relativ geringer Truppenzahl das Reich stabil und sicher zu halten. Diese allgemein bewunderte Leistungsfähigkeit ist schon mehrfach untersucht und beschrieben worden. Umfassende Darstellungen zur römischen Armee, die gleichermaßen für die Wissenschaft, wie auch für die Allgemeinheit einen Einblick ermöglichen, gab es bislang aber nur in englischer oder französischer Sprache. Mit dem hier zu besprechenden voluminösen und reich bebilderten Werk legen nun Thomas Fischer und seine Mitautoren einen solchen Überblick in deutscher Sprache vor. ...
Bis auf eine kurze Einleitung über Gliederung und Bewaffnung der Marineinfanterie (S. 353) ist der Teil VI der Publikation (S. 352-395), der sich mit der römischen Kriegsmarine beschäftigt, von Thomas Schmidts und Ronald Bockius verfasst worden. ...
Die kompakte Monographie, die mittlerweile auch in englischer Sprache erschienen ist, wurde von Arvid Göttlicher verfasst, der in den vergangenen gut 30 Jahren bereits mehrere Bücher zur antiken Seefahrt vorlegte und als einer der profundesten Kenner der Materie im deutschsprachigen Raum gelten darf. Bei dem hier zu besprechenden Werk aus dem Jahre 2006 wurde allerdings ein Titel gewählt, der nicht besonders treffend erscheint. Es handelt sich hier keineswegs um eine Einführung zur antiken Schifffahrt, wie der erste Titelteil suggeriert; vielmehr steht die Auseinandersetzung mit den Teilen von Herodots Werk im Vordergrund, die diverse Aspekte der Nautik behandeln. ...
Die hier zu besprechende Monographie "Mensch und Landschaft im südwestlichen Latium in der römischen Antike" stellt die leicht überarbeitete Fassung der Dissertation von Michael Teichmann (im Folgenden T.) dar, die er im Winter 2016/17 an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel am Institut für Geoarchäologie eingereicht hat. Der Phoibos Verlag strebt mit der Serie "Phoibos Humanities Series" eine Doppelstrategie an und vertreibt das Werk sowohl als gedrucktes Buch (89 €) wie auch als E-Book (59 €). Möglicherweise erklärt sich so der Verzicht auf einen Index, da das maschinenlesbare E-Book einen solchen theoretisch überflüssig macht. Da der Rezensent mit dem gedruckten Buch gearbeitet hat, fiel das Fehlen eines Indexes doch negativ ins Gewicht. ...
Der hier zu besprechende Sammelband ist das Begleitbuch zu einer Ausstellung der Abguss-Sammlung des Instituts für Klassische Archäologie der Freien Universität Berlin zum Thema "Realismen in der griechischen Plastik", die von Februar bis Juli 2018 dort zu sehen war. Die Ausstellung war aus Lehrveranstaltungen der beiden Herausgeber hervorgegangen und folgte damit bekannten Vorgängern vergangener Jahrzehnte, deren begleitende Kataloge geradezu Handbuchstatus erlangt haben. ...
Verbreitungsbilder von Artefakten regten die archäologische Forschung seit dem späten 19. Jahrhundert dazu an, "Kulturkreise" zu definieren und auf dieser Basis Siedlungsräume ethnischer Gruppen, deren (Fremd)bezeichnung in lateinischen und griechischen Schriftquellen überliefert ist, zu lokalisieren. Diese Herangehensweise provoziert seit nunmehr fast zwei Jahrzehnten eine heftige Diskussion über die Interpretierbarkeit materieller Quellen im Hinblick auf die Benennung, Definition und Lokalisierung antiker Ethnien und Identitäten. ...
Einem ganz anderen Sujet widmet sich der abschließende archäobiologische Beitrag "Searching for Rome’s boundaries: An archaeobiological perspective" von Sabine Deschler-Erb, die anhand des Tierknochenspektrums verschiedener Fundplätze im Dreieck zwischen Avenches, Bregenz und Chur der Frage des Einflusses naturräumlicher Faktoren im Tierknochenbestand und den daraus resultierenden Speisegewohnheiten nachgeht. ...
In der Reihe "Bildbände zur Archäologie" des Philipp von Zabern Verlags erschien 2015 der Band "Antike Felsgräber" von Stephan Steingräber. Ziel des Autors ist es, die monumentalen Felsfassadengräber Etruriens in einem größeren Kontext darzustellen, was im Untertitel "unter besonderer Berücksichtigung der etruskischen Felsgräbernekropolen" zum Ausdruck kommt. Mit 162 überwiegend sehr qualitätvollen Abbildungen auf 144 Seiten fügt sich der Band in die bekannte Reihe, die archäologische Denkmäler für ein breites, Kultur interessiertes Publikum erschließt. Der Autor gehört zu den Kennern dieser etruskischen Gräber und zieht im Vorwort die Verbindungslinien zu seiner wissenschaftlichen Tätigkeit. In 14 Kapiteln spannt der Verfasser einen weiten Bogen (S. 7-86) mit Schlaglichtern auf Felsgräber und Felsarchitektur außerhalb Südetruriens; letzteren ist ein ausführliches Kapitel gewidmet (S. 87-128). Ein Anhang mit einer nützlichen Zusammenstellung der wichtigsten Informationen zu den südetruskischen Felsgräbernekropolen (S. 131-137) und einem Glossar beschließen den Bildband. Die Bibliographie spiegelt in ihrer Auswahl die Schwerpunktsetzung des Bandes. Nur der Titel selbst – auf dem Umschlag steht der Untertitel nicht – sowie das zentrale Titelbild der Felsgrabnekropole von Myra in Kleinasien stehen in eigenartigem Widerspruch zur eindeutig regionalen Konzeption. Um es gleich vorwegzunehmen, diese ambivalente Zielsetzung wirkt sich im Verlauf der Darlegungen ungünstig aus. ...
Römische Grabbauten sind im Grunde kein Thema, dem es an wissenschaftlicher Aufmerksamkeit mangelt. Allerdings lag der Fokus in den vergangenen Jahrzehnten beinahe durchweg auf den Denkmälern in Rom und Italien, die sowohl aus bautypologischer als auch aus sozial- und kulturhistorischer Perspektive intensiv erforscht wurden und werden. Für die Grabbauten in den Provinzen, insbesondere den Nordwestprovinzen fehlte es dagegen lange an übergreifenden Studien. Diese Lücke wird nun durch die in Teilen auf den Ergebnissen eines EUProjektes zum Thema "Transformation" aufbauende Studie von Markus Scholz (S.) geschlossen, der sich den erhaltenen Denkmälern in detaillierter Weise anhand einer typologischen Methodik annimmt. Der Größe des Untersuchungsgebiets, das von Britannien über die Rhein- und Donauprovinzen bis ans Schwarze Meer reicht, und der damit einhergehend immensen Zahl einbezogener Objekte (ca. 3500 Grabbauten) entspricht auch der Umfang des Werkes, das mit zwei Bänden mit jeweils rund 570 Seiten bereits auf den ersten Blick gewichtig anmutet. ...
Das vorliegende Buch ist als Begleitband zur gleichnamigen Sonderausstellung erschienen, die vom 04.04.-14.09.2008 in der Archäologischen Staatssammlung München gezeigt wurde. Sein Titel weckt hohe Erwartungen, verspricht er doch die Betrachtung einer kurzen, in der oberflächlichen Gesamtwahrnehmung der römischen Militärgrenzen an Rhein und Donau kaum auffälligen Teilstrecke des obergermanischen Limes als Beispiel eines kulturellen Welterbes. Es handelt sich um die rund 50 km lange Strecke der militärisch gesicherten Außengrenze der römischen Provinz Germania Superior, die zwischen dem bei Hanau gelegenen Großkrotzenburg und Miltenberg entlang des westlichen Ufers des Mains verlief. Dieser Limesabschnitt unterscheidet sich einzig dadurch von allen anderen Strecken des obergermanischen Limes, dass die durchgehenden Grenzsperren nicht aus Palisaden bzw. (später) Wall und Graben bestanden, sondern der Fluss selbst die natürliche Grenzsperre zwischen dem römischen Provinzterritorium und den germanischen Stammesgebieten bildete. ...
Der vorliegende Band umfasst vier Themenkomplexe, die in insgesamt elf Aufsätzen behandelt werden. Während sich das erste Kapitel ausschließlich auf eine in der Vulkaneifel (in Duppach-Weiermühle) gelegene Nekropole mit ihren Grabmäler beschränkt, die wie aus dem Vorwort ersichtlich den eigentlichen Anlass und Schwerpunkt des Kolloquiums darstellt, wird der Fokus im zweiten Kapitel auf diverse Grabbauten im Saarland und in Rheinland-Pfalz erweitert. Im dritten Abschnitt werden exemplarisch einige ausgewählte Grabbezirke und Grabbauten aus dem Rheinland, Kärnten und dem Schweizer Jura vorgestellt, bevor im letzten Kapitel unter dem Gesichtspunkt "Struktur und Nutzung" sowohl Grabbauten in Villenkontexten auf der Iberischen Halbinsel gezeigt werden als auch in einem kurzen Aufsatz der Umgang mit römischen Grabbauten in Spätantike und Mittelalter angesprochen wird. ...
Während sich Peter Henrich im ersten Artikel (S. 13-37) auf die Topographie und den Grabungsbefund konzentriert, um gegen Ende noch einen kurzen Ausblick auf die chronologische Entwicklung, die Umnutzung sowie die darauffolgende Zerstörung zu bieten, unternimmt Marianne Tabaczek daraufhin (S. 39-65) den Versuch, die beiden stark zerstörten Grabmäler A und B zu rekonstruieren. ...
So berichten im zweiten Kapitel, welches die Überschrift "Grabbauten der Treverer und Mediomatriker" trägt, Klaus-Peter Henz und Anja Klöckner über Grabmäler bei Tholey im Saarland (S. 69-88), stellt Steven Ditsch Grabbauten des 2. und 3. Jh. n. Chr. aus der Pfalz vor (S. 89-107) und beschäftigt sich Gabrielle Kremer mit kaiserzeitlichen Grabmälern des Mosel- und Rheingebietes, wobei sie ihr Hauptaugenmerk auf den Grabbau von Mersch richtet (S. 109-135). Das Kapitel beschließt Markus Siedow, der mit Kammern versehene Grabbauten aus dem Trierer Raum behandelt (S. 137-164). Die verschiedenen Artikel setzen inhaltlich voneinander abweichende Schwerpunkte. ...
Etwas mehr als zwanzig Jahre nach seiner Entdeckung liegt nun endlich die vollständige Publikation des spätantiken Münzschatzes von Simitthus (das moderne Chimtou in Tunesien) vor. Dies ist sehr erfreulich, stellt er doch einen der umfangreichsten und am vollständigsten dokumentierten Goldschätze der Spätantike da. Umso trauriger ist es, dass der Bearbeiter dieses bedeutenden Fundes die Publikation seines Manuskriptes nicht mehr erleben konnte, starb Dr. Hans Roland Baldus doch in 2011. ...
Für Schüler/innen ist Unterricht ein krisenhafter Prozess, da sie dort mit Fremdem konfrontiert werden. Die Aufgabe von Lehrer/innen besteht darin, solche Krisen sowohl zu initiieren als auch bei deren Lösung behilflich zu sein. Aber auch Lehrer/innen können im Unterricht in Krisen geraten. Wie erfahren Lehrer/innen diese Krisen, wie gehen sie mit ihnen um? Und wie hängen die Krisen der Lehrer/innen mit denjenigen der Schüler/innen zusammen? Mit diesen Fragen befasst sich der Erziehungswissenschaftler Jan-Hendrik HINZKE in einer vor kurzem erschienenen Studie.
HINZKE hat eine Reihe von Interviews mit Lehrer/innen geführt und mithilfe der dokumentarischen Methode ausgewertet. Die Ergebnisse hat er schließlich in einer Typologie präsentiert. In dem vorliegenden Aufsatz wird diese Studie nicht nur vorgestellt, sondern auch kritisch erörtert. Zu diesem Zweck wird ein Teil eines Interviews mittels der Methode der objektiven Hermeneutik reanalysiert. Es zeigt sich, dass die Lehrperson, mit der das Interview geführt wurde, ihr pädagogisches Handeln nicht als krisenhaft erfährt, sondern als durch Routinen geprägt. Insoweit kann dem Ergebnis von HINZKE, dass alle Lehrer/innen ihr Handeln als krisenhaft erfahren, nicht zugestimmt werden. Das andere Ergebnis, nämlich dass die Krisen der Schüler/innen kaum in den Blick der Lehrer/innen geraten, bestätigt sich hingegen.
In den letzten Jahren ist das Interesse an der Annalistik, ja überhaupt der republikanischen Historiographie in erfreulicher Weise gestiegen. Die vorliegende Sammlung der Fragmente der "Frühen Römischen Historiker" (FRH) greift teilweise auf diese Arbeiten zurück, betritt aber auch vielfach Neuland. Ihr Ziel ist die Bereitstellung der einschlägigen Texte in einer Form, die dem heutigen Leserkreis gerecht wird. Die unübersichtliche Präsentation Peters, deren lateinische Einleitung mit Schwerpunkt Quellenkritik ohnehin nicht jedermanns Sache war, legte es nahe, eine Textsammlung mit knapperer Einleitung, dafür aber mit Übersetzung und Erläuterung der Fragmente (Frg.) vorzulegen. Zudem nahmen die Hrsg. Hans Beck und Uwe Walter (B.u.W.) die Gelegenheit wahr, von Peter übersehene Fragmente zu ergänzen, wobei sie der Anordnung der neueren Budé-Ausgaben von M. Chassignet folgen. Damit werden die Texte der römischen Annalisten erstmals wieder einem breiteren Leserkreis vorgestellt, und die nützliche Ausgabe ist rundweg als gelungen zu bezeichnen. Im folgenden soll zunächst die Einleitung betrachtet werden, danach werden die zehn Autoren kurz besprochen. Die griechischsprachige Annalistik, Cato und auch die ältere lateinische Annalistik sind vollständig behandelt, die Autoren der jüngeren Annalistik wird Band 2 enthalten, der für 2003 angekündigt ist. ...
Das schlanke Buch bietet einen kompakten, aber nuancierten Überblick über feministische Kriminologien. Allerdings beschränkt sich Claire M. Renzetti weitgehend auf eine Analyse des US-amerikanischen Kontexts. Zudem wird gesellschaftliche Restrukturierung vor allem als Wandel des Frauenanteils unter kriminologischen Wissenschaftler_innen, Gesetzesübertretenden sowie Polizeikräften, Richter_innen oder Strafvollzugsbeamt_innen thematisiert, während z. B. Prozesse der Neoliberalisierung keine Berücksichtigung finden. Schließlich fehlen relevante jüngere Ansätze wie Foucault’sche oder neuere materialistische Perspektiven. Insgesamt liefert das Buch damit vor allem bezüglich der Frühphasen feministischer Kriminologie in den USA hilfreiche Einordnungen.
Welche Formen der menschlichen Interaktion können für das demokratische Athen des 5. und 4. Jhs. v. Chr. rekonstruiert werden und in welche normativen Konzepte und sozialen Regelwerke waren sie eingebettet? Der von Christian Mann, Matthias Haake und Ralf von den Hoff herausgegebene Sammelband behandelt diese Fragestellungen auf einer interdisziplinären Ebene und beinhaltet die Beiträge zu einer altertumswissenschaftlichen Tagung, die im November 2006 an der Universität Freiburg im Breisgau veranstaltet wurde. Wie bei Tagungsbänden üblich stellt sich auch hier für den Rezensenten bereits beim Blick auf das Frontispiz die zentrale Frage: Fügen sich die einzelnen Beiträge sinnvoll in das übergeordnete Konzept und in den bereits im Titel angekündigten methodischen Rahmen? Inwiefern wurde also im vorliegenden Fall den Fragen nach "Rollenbildern" nachgegangen, und welche konzeptuellen Entwürfe werden von den jeweiligen Autoren angeboten, um die programmatischen Begriffe "Medien", "Gruppen" und "Räume" jeweils einzeln, aber auch in ihren Beziehungen zueinander zu fassen? ...
In ihrer 2015 veröffentlichten Studie zum römischen Bindungswesen "Was die römische Welt zusammenhält" analysiert Angela Ganter cliens-patronus-Beziehungen in der Zeit zwischen Cicero und Cyprian. Ihr Ansinnen ist es dabei, "das Wechselverhältnis von patronalen Haltungen und politischem Einfluss neu zu reflektieren" (S. 23). Im Fokus ihrer Untersuchungen stehen Verhaltensweisen und Wertvorstellungen von Patronen und Klienten gerade auch im Hinblick auf politisch-gesellschaftliche Veränderungen und Verwerfungen zwischen dem 1. Jahrhundert v. Chr. und dem 3. Jahrhundert n. Chr. Diese lange Zeitdauer strukturiert Ganter durch einzelne Fallstudien, die sie als "Tiefenstudien" (S. 25) bezeichnet. ...
Gli storici del diritto dell’età medievale – quei pochi, almeno, o pochissimi che ancora si interessano ai secoli che segnarono il passaggio dalla tarda antichità al primo medioevo – non possono che salutare con grande piacere il volume del L. riconoscendovi immediatamente un nuovo e prezioso strumento di lavoro. L’importanza della Gallia tardoantica e poi di quella merovingia nella storia della tradizione giuridica romanistica era certo già nota da tempo. Merito del L. non è però solo quello di riproporre all’interesse della storiografia un tema – quello della storia delle fonti normative e giurisprudenziali di quell’epoca così particolare – che negli ultimi decenni, nonostante alcune lodevoli eccezioni, sembrava avviato a un progressivo abbandono. Nella sua rassegna d’insieme, egli non si limita infatti a riferire lo stato delle ricerche aggiornando e integrando l’opera tuttora fondamentale del Conrat.1 Si sforza invece di intervenire costantemente, prendendo posizione in pratica su ogni questione e proponendo, di volta in volta, integrazioni, precisazioni e, soprattutto, originali considerazioni, frutto di lunghi studi personali. Un libro coraggioso e sovente originale, dunque, che – è facile prevedere – nelle librerie degli studiosi del diritto nell’età altomedievale troverà posto, appunto, accanto alla Geschichte del Conrat. ...
Der von Ursula Kern herausgegebene Sammelband dokumentiert mit acht wissenschaftlichen Essays und einem ausführlichen Katalogteil den gegenwärtigen Stand der Forschung zu bürgerlichen Frauen in Frankfurt am Main zwischen 1750 und 1820. Der Band veranschaulicht die kulturellen, sozialen und ökonomischen Handlungsspielräume von bürgerlichen Frauen innerhalb einer städtischen Kultur, die ihnen den Zugang zur politischen Macht verwehrte.
"Wer war Fritz Bauer?" Wenn man als jemand, der das justitielle Wirken dieses großen kritischen Juristen der deutschen Nachkriegsgeschichte und die heftigen politischen Auseinandersetzungen, die sich damals an seine Person und Aktivitäten knüpften, noch miterlebt hat, diese Frage an junge Berufskollegen stellt, wird man überrascht erfahren, wie wenige darauf noch eine Antwort wissen. Die Erinnerung an ihn, der so viel zur Rettung oder besser Wiedergewinnung des Ansehens der deutschen Rechtspflege nach deren Untergang in der Katastrophe der Nazidiktatur beigetragen hat, ist verblasst, ja, er ist nahezu in Vergessenheit geraten. ...
Kann man anhand des englischen Kolonialrechts die Übertragung von Rechtsvorstellungen auf fremdeKulturen analysieren? Sicherlich, aber man muss sich dabei im Klaren darüber sein, wieviel Umfang und Zeit man dem Thema widmen möchte, denn das englische war das ausgedehnteste und variantenreichste Kolonialreich überhaupt. ...
Robert Koch hat das Tuberkulosebakterium entdeckt, Marie Curie radioaktive Elemente und Louis Pasteur die Isomerie des Kohlenstoffatoms. Die Liste von "Entdeckern" und ihren "Entdeckungen" ließe sich endlos fortführen: Seitdem die Naturwissenschaften um die Mitte des 19. Jahrhunderts ihren Siegeszug angetreten haben, registrieren Astronomen fortwährend neue Himmelskörper, stoßen Zoologen auf zahllose fremde Lebensformen und gewinnen Genetiker immer atemberaubendere Erkenntnisse über das menschliche Erbgut. Der Fundus naturwissenschaftlicher Entdeckungen scheint unerschöpflich: Nahezu täglich erfährt der staunende Durchschnittsbürger von bis dato unbekannten Gesetzmäßigkeiten und Spezies, deren "Entdeckung" unser Wissen über die physische Welt erweitert. ...
Der neue "Spezialwagen" hatte sich bewährt. Früher als erwartetwar Emanuel Schäfer in der Lage, seinen Berliner Vorgesetzten den reibungslosen Vollzug seines Auftrags zu melden. "Serbien judenfrei!", lautete im Juni 1942 Schäfers Notiz an das Reichssicherheitshauptamt. Dass die "Endlösung der Judenfrage" im Kernland des ehemaligen jugoslawischen Königreiches derart zügig vonstatten gehen konnte, war dem Einsatz einer fahrbaren Gaskammer zu verdanken, in der mehr als 5000 Menschen den Tod fanden. Die Organisation dieser "Spezialwageneinsätze" oblag dem seinerzeitigen Befehlshaber der Sicherheitspolizei und des SD in Serbien – dem promovierten Juristen Emanuel Schäfer. ...
Frühjahr 1934. Vorübergehend sieht es so aus, als kehrten im deutschen Reich wieder Ruhe und Ordnung ein: Hilfspolizei und "wilde" Konzentrationslager werden aufgelöst, mit der Wirtschaft geht es bergauf und ein Nichtangriffspakt mit Polen verheißt außenpolitische Stabilität. Das neue Regime hat sich konsolidiert; nun wird die revolutionäre "Bewegung" in rechtsstaatliche Bahnen gelenkt – so sieht es jedenfalls der "Reichsjuristenführer" Dr. Hans Frank. Am 20. März tönt seine Stimme landesweit durch die Volksempfänger: "Der Staat Adolf Hitlers … ist ein Rechtsstaat." Die Macht des Nationalsozialismus verwirkliche sich "ausschließlich in den Formen des Rechts"; sie strebe nach "Rechtssicherheit", "Rechtsschnelligkeit" und "Rechtsklarheit". Kurze Zeit später scheinen Frank Bedenken zu kommen: Im Sommer protestiert er gegen die verfahrenslose Erschießung Ernst Röhms und seiner Gefolgsleute. Die Hinrichtung von Parteigenossen der ersten Stunde passt nicht zum Bild eines völkischen Rechtsstaates. Roland Freisler sieht das anders. Selbstverständlich sei der nationalsozialistische Staat ein Rechtsstaat; man müsse diesen Begriff nur richtig deuten: nicht im Sinne eines Staates der "Shylockgerechtigkeit", in dem "das Formale… zur Zwangsjacke des Lebens" wird, sondern eines Staates des "richtigen", weil aus dem gesunden Volksempfinden geschöpften Rechts: "Ihm ist … Recht alles, was dem Volke dient und frommt" – auch Terror, Verfolgung und Mord. ...
Zimmermanns drei Clarendon lectures erörtern die Emanzipation der deutschen Romanistik von der Pandektistik unter dem Einfluss des BGB (1–52), die trotzdem fortdauernde Verwurzelung der Zivilistik im römischen Recht (53–105) und die europäische Natur der heutigen nationalen Privatrechte (107–185). Zimmermann widmet die erste Vorlesung der Vergangenheit, die zweite der Gegenwart, die dritte der Zukunft (XX), doch hat man es eher durchgehend mit einer Mixtur von Rechtsgeschichte, Rechtsdogmatik, Rechtsvergleichung und Rechtspolitik zu tun. Es geht ihm nämlich darum, durch eine gemeineuropäische Rekonstitution der deutschen Historischen Rechtsschule das Bewusstsein einer "intellectual unity created by a common tradition" als Vorbedingung der Europäisierung des Privatrechts wieder aufzubauen (XIXf.). Die Anrufung des Savigny-Erbes folgt der rechtshistorischen Gepflogenheit, Zukunftsentwürfe als revivals zu gestalten und gegenwärtige Diskurse mit dem scholastischen Autoritätsargument abzuschneiden. ...
Die von Gustav Radbruch (Einführung in die Rechtswissenschaft, Stuttgart 1964, 166) als Ergebnis ihres Ergebnisses karikierte Auslegung und verwandte Operationen des dogmatischen wishful thinking methodisch aufzufassen ist eine ebenso eitle wie alte Usance der neuzeitlichen Jurisprudenz. So bietet nun der durch viele Vorarbeiten als Kenner der Materie ausgewiesene Schröder die erste Gesamtdarstellung der Rechtsmethoden in Kontinentaleuropa »vorwiegend am Beispiel« Deutschlands an (2). Der Titel extrapoliert das pandektistische Credo, das Recht sei eine Wissenschaft, auf die gesamte neuere Rechtsgeschichte. Und auch der Untertitel trügt, denn Schröder behandelt nicht die dogmatische und justizielle Praxis von Methodenlehre, sondern nur die empfohlenen Methoden der Rechtsgewinnung. Deren Geschichte, das methodologische Pendant zu der um die Normdurchsetzung unbekümmerten Dogmengeschichte, hängt aber nicht völlig in der Luft, sondern orientiert sich am jeweiligen Rechtsbegriff, der die drei Epochen des göttlichen Naturrechts bis 1650, des aufklärerischen Dualismus und des Positivismus seit 1800 bestimmt. ...
Die Kunst der Nachkriegszeit sorgt zwar bisweilen für spektakuäre Besucherzahlen bei Ausstellungs-Ereignissen, doch auf dem Buchmarkt ist die "zweite Moderne" eigentlich nach wie vor ein Stiefkind. Um so bemerkenswerter ist es, daß soeben in der eher populären, von Klaus Herding begründeten "kunststück"-Reihe des Fischer Verlages eine Publikation von Regine Prange zu Jackson Pollock erschienen ist. ...
Als allererste synthetische Darstellung der vollständigen Rechts- und Verfassungsgeschichte Osteuropas stellt Küppers Buch eine beachtenswerte Leistung dar, deren Stärke eine getreue Schilderung rechtshistorischer Fakten bildet. Hin und wieder gelingen Küpper aber auch tiefschürfende, obgleich nicht immer ganz neue, analytische Einsichten, etwa dass Ostmitteleuropas bis heute nachwirkende Rückständigkeit auf den sogenannten zweiten Feudalismus zurückgehe, in dessen Folge Böhmen, Ungarn und Polen im 16. – 18. Jahrhundert in verschiedenem Maße ihre Unabhängigkeit eingebüßt haben (24 f.). Die daraus entstandene "Staats- und Rechtsferne der Bevölkerung" gelte erst recht für das ein halbes Jahrtausend lang von den Osmanen beherrschte Südosteuropa (27), dem Küpper außerdem in der nachfolgenden Nationalstaatenperiode des 19. Jahrhunderts das starke Auseinanderklaffen des Modernisierten in den Städten und des Alten auf dem Lande treffend attestiert (368, 397). ...
The question of Russia’s European identity has traditionally been controversial. Usually, the country is either defined as belonging to Eastern Europe in a narrower sense or, contrarily, totally excluded from the concept of Europe. From the times of Czar Peter the Great (1689–1725), Russia acquired the unquestioned status of a European power; however, despite the "enlightened" reforms of Empress Catherine the Great (1762–1796), its society remained feudal, its economy backward and its government autocratic. Right up until its collapse, the Russian Empire was decidedly less urbanized and less advanced in agriculture in comparison not only with the West but also with East-Central Europe. ...
Die erstaunliche Fülle an wissenschaftlichen Arbeiten - Aufsätzen wie Monographien -, die Hans Holbein d.J. (1497/98-1543) in den letzten Jahren, namentlich im Hinblick auf seinen 500. Geburtstag, auf sich gezogen hat, wird neuerdings ergänzt durch die gewichtigen, gleichsam komplementären Bücher von Susan Foister, die den "englischen Holbein" - die in England zwischen 1526 und 1543 entstandenen Werke - behandelt, und von Jochen Sander, der Holbein als "Tafelmaler in Basel" - das heißt die Zeit bis zu dessen zweiter Reise und endgültiger Übersiedlung nach England 1532 - in den Blick nimmt.
Jochen Sander, Leiter der Gemäldeabteilung des Städelschen Kunstinstituts in Frankfurt a.M. und ausgewiesener Kenner namentlich der altniederländischen Malerei, bietet in seiner umfangreichen, vorzüglich ausgestatteten Untersuchung - zugleich seiner Freiburger Habilitationsschrift - vor allem zweierlei: eine kritische Auseinandersetzung mit der bisherigen Forschungsliteratur, mit deren Prämissen und Thesen, und eine genaue Darstellung des materiellen Befundes wie der Entstehungsgeschichte von Holbeins Tafelbildern (das heißt nicht seiner Wandbilder oder graphischen Arbeiten) vor 1532. ...
Der Begleitband zur Ausstellung Fantastische Welten. Albrecht Altdorfer und das Expressive in der Kunst um 1500 gliedert sich, nach einer kurzen Einführung durch Jochen Sander (15–19), in einen knappen Essayteil mit Beiträgen von Guido Messling, Matthias Weniger, Susanne Jaeger und einen Katalogteil der Ausstellungsexponate, die unterteilt in ihre Themengebiete wiederum durch einleitende Texte begleitet werden. ...
Nachdem die 20-bändige Gustav Radbruch- Gesamtausgabe bis auf den Register-Band erschienen ist, sind Gesamtblicke auf das Werk des Heidelberger Rechtslehrers und SPD-Politikers erleichtert worden. Einen solch anspruchsvollen Gesamtblick unternimmt Hanno Durth in seiner Frankfurter Dissertation. Durth geht es um die (Re-)Konstruktion eines komplexen Sinnzusammenhangs, den er – in Anknüpfung an den bei Radbruch eher beiläufigen Begriff des Kulturrechts sowie an Wiethölters Begriff der Rechtskulturverfassung – Radbruchs "Theorie eines Kulturverfassungsrechts" nennt. Ausgangspunkt ist die Behauptung, dass die übliche Einordnung Radbruchs in den südwestdeutschen Neukantianismus mehr verwirre und versperre als weiterhelfe (3). Um "Neues an Radbruch" zu entdecken, wendet Durth Theorieströmungen auf Radbruchs Rechtslehre an, "die hierauf bisher keine Anwendung fanden" (5) … und die "Radbruchs ganzheitlichen Ansatz widerspiegeln" sollen: "sie müssen eine Rechtstheorie beschreiben können, die eine Gesellschafts- und eine Geschichtstheorie beinhaltet" (6). Im Einzelnen rekurriert Durth vor allem auf die Systemtheorie Luhmanns, daneben aber je nach Gegenstand auf die Theorien von Habermas, Derrida, Assmann, Baumann, Beck, Cornell, Marcuse "und andere(n)" (6). ...
Die Rechtsgeschichte ist kein Insichgeschäft, schon gar nicht, wenn sie sich einem so dauerhaften Thema wie der Privatautonomie und deren Grenzen zuwendet. Welches ist der rechte Umgang des Rechtshistorikers mit diesem Thema, welchen Gebrauch darf der Nichthistoriker von der Rechtsgeschichte machen, und was soll er von ihr lernen? Sibylle Hofers Untersuchungen betreffen beide Fragenkomplexe: Jedenfalls war es problematisch, so lautet ihre erste Botschaft, dass Franz Wieacker insbesondere in seinem berühmten Vortrag über "Das Sozialmodell der klassischen Privatrechtsgesetzgeber und die Entwicklung der modernen Gesellschaft" vom Dezember 1952 – und nach ihm so viele – dem Privatrechtsdenken des 19. Jahrhunderts ein privatrechtliches "Einheitsmodell mit unbeschränkter Freiheit als Grundsatz" unterstellte und diesem Modell Affinitäten zu einem liberalistischen, wenn nicht gar besitzindividualistischen Sozialmodell attestierte. Wenn man nun erfahren muss, dass in der Zivilrechtsliteratur jenes Jahrhunderts von "Privatautonomie" oder "Vertragsfreiheit" kaum die Rede war und auch nicht etwa von irgendwelchen Äquivalenten dieses Begriffspaars, dann muss dies Betroffenheiten bei all jenen auslösen, die sich vom 19. Jahrhundert wegen seiner angeblich liberalistischen Positionen absetzten, um mit Wieacker "eine materiale Ethik sozialer Verantwortung" zu suchen, oder nach alternativen Sozialmodellen Ausschau hielten, in denen die Vertragsfreiheit in sozialere, gerechtere Bahnen gelenkt werden sollte. ...
Jürgen Schardt legt eine umfassende Studie zur Architektur der Stadt- und Universitätsbauten in Frankfurt am Main von 1906 bis 1956 vor. Besonderer Schwerpunkt liegt dabei auf den gesellschaftlichen und politischen Rahmenbedingungen der Architekturproduktion und einer kritischen Revision der etablierten Historiografie der Goethe-Universität. Der Autor widmet sich in drei Teilen jeweils dem Kaiserreich und der Gründung der Hochschule im Jahr 1914, der Zeit der Weimarer Republik sowie der Jahre des Aufbaus nach dem Zweiten Weltkrieg. Schardt untersucht die entstandenen Gebäude hinsichtlich schlüssiger Kriterien bürgerlicher Architektur, beleuchtet aber auch andere für die Hochschulgeschichte relevante Rahmenbedingungen. Die lesenswerte Studie verbindet dabei Aspekte der Sozial-, Wissenschafts- und Architekturgeschichte.
Die Basler Historikerin Caroline Arni legt eine inspirierende und materialreiche Studie dazu vor, wie die Wissenschaften vom Menschen im 19. Jahrhundert das Ungeborene als Wissensgegenstand erschlossen. Sie arbeitet die Beiträge der Fötalphysiologie, Embryologie, Psychiatrie, Psychologie und Psychoanalyse heraus und rekonstruiert, welchen historischen Konjunkturen die Vorstellung eines mütterlichen Einflusses auf die Entwicklung des Ungeborenen unterlag. Überzeugend zeigt sie auf, wie das Konzept der biologischen Entwicklung unlösbare Fragen danach aufwarf, was ein menschliches Subjekt ausmacht. Die höchst lesenswerte wissenschaftshistorische Studie bietet auch für die geschlechtertheoretische Erforschung von Schwangerschaft und Geburt in der Gegenwart eine Vielzahl von Anregungen.