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Nicht nur die Seeversicherung. Philipp Hellweges Projekt zur Geschichte des Versicherungsrechts
(2020)
Die Gerichte sind überlastet, außergerichtliche Wege der Konfliktlösung haben Konjunktur. Doch sind diese Wege tatsächlich so neu und so modern, wie sie uns erscheinen? Das Verbundprojekt "Außergerichtliche und gerichtliche Konfliktlösung" ist dieser Frage grundlegend nachgegangen. Die von 2012 bis 2015 vom Land als LOEWE-Schwerpunkt geförderte Initiative sollte strukturelles Wissen zur Konfliktlösung hervorbringen.
Der Tagungsvortrag von Herrn Pilch, und noch mehr dessen Ausarbeitung in diesem Band, weist im Verhältnis zu seinem Buch eine klarere Ausrichtung auf die rechtshistorische Problematik auf. Die doppelte Fragestellung gegenüber dem modernen Normbegriff und der mittelalterlichen Rechtsgewohnheit wurde zu Gunsten einer Konzentration auf die letztere reduziert. So steht die Thematik jetzt viel deutlicher vor uns. Ich kann mich deshalb darauf beschränken, einige grundsätzliche Probleme noch einmal aus meiner Sicht anzusprechen und schärfer zu beleuchten. ...
Die Diskussion über die Frage, ob die Politik offener Grenzen mit dem geltenden Recht in Einklang steht, gewinnt an Dynamik und Tiefenschärfe. Wir freuen uns, dass mit Roman Lehner erstmals ein Fachkollege auf unsere andernorts vertretene Auslegung der Dublin III-VO und des Schengener Grenzkodex erwidert und uns dabei attestiert hat, mit Art. 20 IV Dublin III "einen sehr klugen Gedanken in die Debatte gebracht" zu haben. Im Ergebnis widerspricht uns Lehner gleichwohl. Seine Gegenthese lautet im Kern: Schutzanträge an der deutsch-österreichischen oder einer anderen Binnengrenze unterfallen Art. 3 Abs. 1 und nicht Art. 20 Abs. 4 Dublin-III-VO, weshalb die Zuständigkeits- und letztlich die Antragsprüfung in Deutschland und nicht in Österreich stattzufinden haben. Dieser Einwand beruht freilich auf einem grundlegenden Missverständnis der Konzeption des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems (GEAS) und speziell des Art. 3 Abs. 1 S. 1 Dublin III.
Debattieren wir in der Rechtsgeschichte zu wenig über Grundsätzliches und über Methodenfragen – oder lässt sich im Gegenteil eine gewisse Ermüdung feststellen, weil die Vielzahl übergreifender Diskussionen nur von der Quellenlektüre und der inhaltlichen Arbeit ablenkt? Die Antwort fällt schwer. Im Anschluss an einige Gespräche auf dem Rechtshistorikertag in Tübingen haben wir uns entschlossen, in Rechtsgeschichte – Legal History den Raum für genau diese Erörterung zur Verfügung zu stellen. Um die Debatte anzustoßen, haben wir den einleitenden Beitrag über Normengeschichte, Wissenschaftsgeschichte und Praxisgeschichte an knapp 30 Kolleginnen und Kollegen versandt und sie eingeladen, ihre Sicht der Dinge knapp und zugespitzt darzulegen. ...
Dieter Grimm im Interview: Welche Hürden das Grundgesetz vor einem NPD-Verbot errichtet, wie andere Demokratien mit verfassungsfeindlichen Parteien fertigwerden, und warum eine NPD-Klage gegen ein Verbot vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Strassburg durchaus Erfolgschancen besäße.
Das Verhältnis zwischen den Frankfurtern und ihrer Universität ist ein wechselvolles: gestiftet und großzügig unterstützt von Bürgern und Stadtpolitikern, gepflegt in den harten Jahren der Inflation, gleichgeschaltet und wissenschaftlich ausgehungert während des Nationalsozialismus, entfremdet und abgelehnt nach der Studentenrevolte in den 1960er und 1970er Jahren, wiederentdeckt ab den 1980er Jahren, geschätzt und gefördert seit der (Rück-)Verwandlung in eine Stiftungsuniversität (2008).
Ab Donnerstag, 21. November, wollen wir mit Wissenschaftler_innen und Praktiker_innen aus Recht und Netzpolitik über die rechtlichen und gesellschaftlichen Herausforderungen des Persönlichkeitsschutzes im Internet diskutieren. In der Veranstaltungsreihe "Persönlichkeitsrecht 2.0" an der HU Berlin, sollen die Entfaltung und Verletzung der Persönlichkeitsrechte im Internet wissenschaftlich aufgearbeitet werden.
Die Wissenschaftsgeschichte des öffentlichen Rechts ist ein Teilgebiet der Geschichte des öffentlichen Rechts. Sie befasst sich mit der wissenschaftlichen Bearbeitung dieses Rechts in der Vergangenheit. Da sich die wissenschaftliche Bearbeitung des öffentlichen Rechts in literarischen Produkten niederschlägt, hat es die Wissenschaftsgeschichte des öffentlichen Rechts mit Literatur über öffentliches Recht zu tun. Das öffentliche Recht besteht wie anderes Recht auch aus Normen und Normenkomplexen unterschiedlichen Ranges und unterschiedlicher Provenienz. Zum öffentlichen Recht gehören aber auch die Entscheidungen unterschiedlicher Akteure, die diese Normen anwenden, vor allem Ausführungsund Durchsetzungsinstanzen wie Körperschaften, Anstalten und Behörden und Instanzen zur Streitschlichtung und Rechtmäßigkeitskontrolle wie Gerichte. ...
Über problematische Straßennamen und Denkmäler wird politisch debattiert. Wie der öffentliche Raum aussieht, wird gemeinhin nicht als juristische Frage behandelt. Trotzdem taucht die Frage, was die Gesellschaft im öffentlichen Raum sehen will, auch als rechtliches Argument auf. Wann erkennt der Diskurs solche Fragen politischer Ästhetik als juristisches Argument an? Und welche Bedingungen entscheiden darüber?
Der Bundestag diskutiert heute in erster Lesung den Gesetzentwurf "zur Änderung der in das Geburtenregister einzutragenden Angaben" (19/4669). Demnach soll für die Eintragung des Geschlechts neben den bestehenden drei Varianten "weiblich", "männlich" und "ohne Angabe" nunmehr eine vierte Beurkundungsmöglichkeit geschaffen werden: "divers". Der Kabinettsentwurf ist schon als "Trauerspiel für die geschlechtliche Selbstbestimmung" (Grüne) und als "verfassungswidrig" (Aktion Standesamt 2018) kritisiert worden. Die Kritik der trans*- und inter*-Community hat Grietje Baars hier zusammengefasst. Tatsächlich wird mit der Einführung der sogenannten dritten Option der deutlich weniger radikale Weg der beiden vom Bundesverfassungsgericht aufgezeigten Alternativen beschritten. Die Entscheidung ist ausführlich hier besprochen worden.
Ob Änderungen des bisherigen Personenstandsrechts gerechtfertigt werden können, soll aber nicht Gegenstand dieses Beitrags sein. Im Folgenden soll vielmehr – umgekehrt – gefragt werden, warum Geschlecht überhaupt als rechtliche Kategorie erfasst wird – und ob die Gründe hierfür eigentlich (noch) tragen.
Pourquoi Legendre?
(2006)
Das ist noch vornehm formuliert. Kommt man hierzulande auf Pierre Legendre zu sprechen, dann fallen die Kommentare von Verwaltungsrechtlern und Rechtshistorikern, also den Fachkollegen des französischen Gelehrten, drastisch aus. Vornehme Zurückhaltung wird kaum geübt, gefragt wird auch nicht, das Urteil steht fest: eine besonders spinnerte Spielart von French Theory. Man kennt das Verurteilungsspiel, meist sind Franzosen Objekte des Insults: Foucault – ein nihilistischer Phantast; Derrida – der Verderber unserer Jugend; Baudrillard – der Weltauflöser. Natürlich sind dies nicht die Urteile der modebewussten Intellektuellenschickeria, sondern des deutschen Normalprofessors, bei dem allenfalls der eher bodenständige, nachgerade empiristische Bourdieu durchgehen mag. ...
Premiere
(2003)
Die 1968 gegründete Zeitschrift "Kritische Justiz" stand anfangs am äußerst linken Rand der juristischen Publikationen. Auch der Rezensent, der in einer Ausgabe des Jahrgangs 1970 die Neuauflage der Lebenserinnerungen des KommunistenMax Hoelz "Vom 'Weißen Kreuz' zur roten Fahne" besprach, machte aus seinem dezidiert linken Standpunkt kein Geheimnis: die Neuauflage sei "wichtiges Lehrmaterial für die gegenwärtigen Klassenkämpfe" (Kritische Justiz 1970, 363–365). ...
Die Privatautonomie ist ein zentrales Strukturmerkmal des deutschen Zivilrechts und eng mit der Vertragsfreiheit verwoben. Doch was macht die Privatautonomie konkret aus, in welchem Verhältnis steht sie zur Vertragsfreiheit und können beide losgelöst voneinander in einer Rechtsordnung verwirklicht sein? All diese Fragen, welche die grundlegenden Merkmale unseres geltenden Zivilrechts betreffen, stellen sich, wenn man sich der Frage widmet, ob es im Zivilrecht der DDR Privatautonomie gab. Der Blick zurück lohnt, auch um das geltende Zivilrecht und seine Strukturmerkmale noch besser zu verstehen.
Journalisten leisten eine unabdingbare Informations- und Kontrollfunktion für die internationalen Kapitalmärkte. Dabei stehen ihre journalistischen Beiträge in einem Spannungsfeld zwischen Presse- und Meinungsfreiheit auf der einen sowie kapitalmarktrechtlichen Verhaltensvorschriften auf der anderen Seite. Dieser Beitrag versucht sich an der Auflösung dieser Konfliktlage. Dabei wird insbesondere die Übertragung anerkannter Grundsätze des Presserechts auf die Finanzmarktberichterstattung diskutiert. Den Journalisten kommt dabei im Ergebnis eine weitreichende Privilegierung zu, die allerdings insbesondere dort Einschränkungen erfährt, wo irreführende oder unrichtige Informationen verbreitet werden.
Schneller als erwartet fängt Donald Trump an, seine Versprechungen, mit denen er sich die Stimmen der radikalen Rechten im Wahlkampf erkauft hat, einzulösen. Und er scheint die Möglichkeit der Befriedung der Ultra-Rechten gefunden zu haben: die Nominierung eines neuen Richters am Obersten Gerichtshof der Vereinigten Staaten, dem Supreme Court.
Punktierkunst
(2005)
Ach, Festschriften. Was soll man zu diesem weiter und weiter vor sich hinwesenden Wesen noch sagen? Unwesen? Nun, es gibt natürlich Ausnahmen von der Sitte, mehr oder weniger lieblos herausgekramte oder lieblos verfasste Schreibversuche von Kollegen, Schülern, Freunden, oder solchen, die sich dafür halten, als Hommage für einen mehr oder weniger alt gewordenen Mann zusammenzudrucken. Eine solche Ausnahme zu sein versprechen Titel, Umfang und Adressat einer 2004 im Heidelberger Synchron Verlag erschienenen, von Rüdiger Campe und Michael Niehaus herausgegebenen Festschrift. Der Titel: "Gesetz. Ironie". Eine feine Symmetrie. Sechs Buchstaben auf der linken, sechs Buchstaben auf der rechten Seite. C’est chic. Und die Worte sind gut, und gut gewählt. Wer wird schon an einem Buch vorbeigehen, das ein solch schönes Wortpaar ziert. Und dann auch noch ein rätselhafter Punkt in der Mitte, der erst recht Neugierde weckt. Der Umfang: Einvierteltausend Seiten, also ein Viertel des Üblichen. Im fettsüchtigen Zeitalter des Quadriple-XLFood ein Leichtgewicht. Der Adressat: Manfred Schneider, 60 Jahre, und in seiner Wissenschaft, dem Nachdenken über Literatur, so etwas wie ein Garant für das Zusammentreffen von Strenge und Ironie, wie die Herausgeber zu Recht hervorheben. Also, drei Gründe, die Festschriftsache etwas näher zu betrachten. ...
Das "Gesetz zur Verbesserung der Rechtsdurchsetzung in sozialen Netzwerken" (Netzwerkdurchsetzungsgesetz, NetzDG) hatte bereits während seiner kurzen Entstehungszeit heftige Kritik ausgelöst und wird von zahlreichen Beobachtern auch in seiner in Kraft getretenen Fassung für unionsrechts- und grundgesetzwidrig gehalten. In Zweifel stehen vor allen Dingen die Gesetzgebungskompetenz des Bundes und die Vereinbarkeit des NetzDG mit der Meinungs- und Informationsfreiheit. Gegenwärtig sind drei Anträge auf vollständige bzw. teilweise Aufhebung des NetzDG im Bundestag anhängig (hier, hier und hier). Auch bei den Regierungsfraktionen steht das NetzDG unverändert auf der rechtspolitischen Agenda. Im Koalitionsvertrag heißt es, die am 1.7.2018 erstmals fälligen Berichte der Plattformbetreiber sollen zum Anlass genommen werden, "das Netzwerkdurchsetzungsgesetz insbesondere im Hinblick auf die freiwillige Selbstregulierung weiterzuentwickeln". ...
Ob eine Suche nach Rechtsbegriffen des Mittelalters förderlich sei, erscheine – so Harald Siems – zweifelhaft. Theoretische Reflexionen über Recht habe man im Frühen Mittelalter kaum angestellt. Jedenfalls nicht in der Intensität, dass sie sich zum Begriff verdichtet hätten. Die Frage nach dem Rechtsbegriff sei auch deshalb fehl am Platze, weil im Frühmittelalter so etwas zur Lösung von Rechtsfragen nichts hätte beitragen können. Warum sollte jemand auf die Idee kommen, "quasi auf Vorrat" Rechtsbegriffe zu entwickeln? Schon wenn es um konkrete Rechtsfragen wie beispielsweise die Behandlung von Diebstahl oder Raub geht, fehle es "noch lange an Begriff und System". Diese knappe Feststellung bringt Siems’ Ausführungen für einen kurzen Moment in die Nähe von Überlegungen, die Pilch anstellt und die auf dieser Tagung zu verfolgen sind. Aber wirklich nur für einen Augenblick blitzt das auf: Siems sagt, Rechtsbegriffe seien eine schwierige, abstrakte Kategorie, für die heute die Vertreter der Rechtstheorie und der Rechtsphilosophie zuständig seien. ...
Geschichtsschreibung lebt davon, dass sie Veränderungen beobachtet. Selbst eine Geschichte des Augenblicks kommt nicht ohne ein Vorher und ein Nachher aus. Es gibt keine Geschichte ohne Ereignis und ohne die Differenz, welche sie als "Zeit" begreift und beschreibt. Rechtsgeschichte hat es mit Veränderungen im Recht zu tun. Das Recht eines beliebig gesetzten Zeitpunkts X wird betrachtet und danach beurteilt, was neu, was anders geworden, was gleich geblieben ist. Das muss erst einmal erkannt und beschrieben werden, ehe man nach den Gründen fragt, warum es denn anders geworden ist, und zwar so und nicht anders anders geworden ist. ...
Martin Pilchs rechtstheoretische Auseinandersetzung mit dem Begriff der Rechtsgewohnheit bzw. Rechtsgewohnheiten sowie dem Rechtsbegriff als solchem, wie sie seit geraumer Zeit innerhalb der Rechtsgeschichte des Mittelalters diskutiert werden, bietet Gelegenheit zu einer Stellungnahme aus der Perspektive der altorientalischen Rechtsgeschichte. Während in anderen Bereichen der antiken Rechtsgeschichte Rechtsgewohnheiten als Begriff und als Phänomen jedenfalls in jüngerer Zeit durchaus thematisiert werden, spielt dies im Zusammenhang mit Untersuchungen zu den Keilschriftrechten bislang eine allenfalls untergeordnete Rolle. ...
Diese Bemerkungen entspringen einem Diskussionsbeitrag in der lebendigen Januar-Runde. Naturgemäß fehlen etliche Kontexte. Ein Wort auch hier sei trotzdem gewagt, da im Ganzen sonst doch manches beiseite bliebe. Im Hinblick auf hier die gebotene Kürze bitte ich um Verständnis für einige Hinweise auf frühere Ausführungen. ...
Einen schönen Einstieg in "Rechtspluralismus" bietet ein jüdischer Witz: Zum Rabbi kam ein Mann und lamentierte über seine Ehefrau. Sie erziehe die Kinder falsch und kümmere sich zu wenig um den Haushalt. Sie koche nicht gut und sonst allerlei gelinge ihr ebenfalls nicht. Daraufhin dachte der Rabbi kurz nach und sagte: "Ja, ja, sicher, Du hast Recht." Am Tag darauf kam die Frau zum Rabbi und beschwerte sich heftig über ihren Ehemann. Dieser kümmere sich zu Hause um gar nichts, liege nur faul herum und sonst sei auch nichts mit ihm anzufangen. Da dachte der Rabbi wieder kurz nach und antwortete: "Ja, ja, Du hast Recht." Beiden Gesprächen wohnte der Schüler des Rabbis bei. Dieser wunderte sich nun und fragte den Rabbi in vorwurfsvollem Ton: "Du kannst nicht geben Recht dem Einen und dann der Anderen. Das geht nicht, dass beide Recht haben." Da dachte der Rabbi wieder nach und sprach: "Ja, ja, Du hast auch Recht." ...
Seit Montag hat sich der dringende Verdacht erhärtet, dass der CDU-Politiker und nordhessische Regierungspräsident Walter Lübcke durch einen neonazistischen Täter ermordet worden sein soll. Der mutmaßliche Täter war laut antifaschistischen Recherchen lange Jahre in der extrem rechten Szene rund um Kassel aktiv und eng vernetzt. Die Ermittlungen sind noch im Gange, aber schon gibt es eine Debatte darüber, ob Stephan E. als Einzeltäter gehandelt haben könnte oder es Unterstützer gegeben hat. In der jüngeren Vergangenheit wurden rechtsterroristische Attentate mitunter als "Amokläufe" von Einzelnen verharmlost, wodurch gleichsam die ideologischen Zusammenhänge solcher Taten negiert werden. Unabhängig vom Fall Lübcke ist jedoch die Frage nach einer vermeintlichen Einzeltäterschaft bereits falsch gestellt. ...
Rechtstransfer
(2005)
Anlass zu beschreiben, was Rechtstransfer bedeutet, sieht nicht nur die gegenwärtige juristische Gesellschaft. Erheblicher Bedarf an Erklärungsmodellen bestand auch im 19. Jahrhundert. Eine der größten Migrationswellen, die so genannte Rezeption des römischen Rechts, hatte Europa während mehrerer Jahrhunderte überflutet. Aus dieser Flut, kaum hatte sie ihren Höchststand erreicht, reckten sich nun allerorts nationale Gesetzgebungsprogramme und ganze Kodifikationen hervor. Das Verhältnis von rezipiertem, römischem Recht – das längst ganz "eigen" und "heutig" geworden war – zu den das ius commune störenden oder sogar zerstörenden Eingriffen nationaler Gesetzgeber galt es zu klären und zu erklären. Nur wenn es für den einstigen Transfer des römischen Rechts in germanische Gefilde plausible und irreversible Gründe gab, gab es auch Gründe, die kecken Vorstöße des nationalen Gesetzgebers zurückzuweisen und der Positivität des Rechts Einhalt zu gebieten. Das war die Position eines Savigny und seiner Gesinnungsgenossen. ...
Dieses Jahr ist ein Jahr des Schreckens. Fast Tag für Tag empört sich die Zeitungswelt in der lautesten Weise über vermüllte Kinder, Gefolterte, mit dem Koran verprügelte Frauen, Begnadigungen der besonderen Art, Geruchsproben von Meinungsäußerern, Schrottimmobilien, Großkapital und Erbschaften, Dopingtäter, Schrottpublikationen. Ein typographisch gedehntes Greinen über die Vielzahl von Schlechtigkeiten der Menschen. Was tun? ...
Dieser Beitrag setzt sich grundlegend mit den Funktionen der Planfeststellung auseinander. Dabei wird die Annäherung des Rechtsinstruments an die immissionsschutzrechtliche Genehmigung beschrieben und untersucht, ob sich diese beiden Zulassungsregime gegenwärtig noch in einer Konkurrenzsituation befinden oder ob ein flexibler Austausch derselben möglich ist. Eine funktionelle und strukturelle Gegenüberstellung der beiden Institute bestätigt das Fortwähren gewisser Unterschiede, die auf die jeweilige idealtypische Konstruktion zurückzuführen sind. Planfeststellung und immissionsschutzrechtliche Genehmigung befriedigen somit grundsätzlich verschiedene sachliche Bedürfnisse, die es bei etwaigen Regimewechseln zu berücksichtigen gilt.
"Mit Bettina und Savigny in traulich scherzendem Gespräche den Sonnenuntergang betrachtet. Savigny heim, wir allein zurük und gute Nacht, Hand in Hand, in denen die ersten Küsse glühen, tief bewegt zu Bette…" Das notierte Philipp Hössli, Gast auf dem Landsitz der von Arnims in Wiepersdorf, in sein Tagebuch am 21. September 1822. Im Frühjahr 1821 war der 21jährige Philipp Hössli aus Nufenen, Graubünden, in Berlin zum Studium eingetroffen, hatte sich umgehend bei Wilhelm von Humboldt und Carl Friedrich von Savigny vorgestellt und wurde von diesem herzlich willkommen geheißen. Savigny machte ihn mit seiner Familie, darunter auch seiner Schwägerin, Bettina von Arnim, bekannt. "Die Frau von Arnim begleitet", "Bald weg zu Frau von Arnim", "Zu Madame von Arnim", "Bei Frau von Arnim" – fast für jeden Tag findet sich ab Juni 1822 ein solcher Eintrag in Hösslis Tagebuch. Im Juli heißt es dann: "Zu Bettina. Wunderbare Stunden!" Eine glühende Liebesgeschichte zwischen Bettina und ihrem 15 Jahre jüngeren "Schweizerknaben" nimmt ihren Lauf. "Nach dem Essen an die Castanien.…Dann auf die Bäume gestiegen. Wonniges Gefühl…" "Dann eilen wir in ihr Zimmer aufs Sopha. … In reinster, innigster Liebe beisammen. Über Freundschaft gesprochen." ...
Auch im Fachbereich Rechtswissenschaft an der Goethe-Universität kam es 1968 zu heftigen Turbulenzen. Dabei zeigten die meisten jüngeren Professoren des Fachbereichs durchaus Verständnis für manche der studentischen Forderungen. Einige Reformansätze scheiterten, andere wurden erst durch feinere Nachjustierungen funktional.
Öffentlichkeit der Verhandlung ist eine der obersten Maximen unserer Strafprozesse. So mühsam diese Forderung im Geist der Aufklärung vom bürgerlichen Liberalismus vor 200 Jahren erkämpft wurde, so hoch wird der heilige Grundsatz – "das Kernstück des Strafverfahrens" (so Pfeiffer in der Einleitung des Karlsruher Kommentars zur StPO) – noch heute, meilenweit von der Geheimjustiz des Absolutismus entfernt, gehalten. In peniblen Entscheidungen hat sich die höchstrichterliche Rechtsprechung über Generationen mit so zentralen Fragen wie der auseinandergesetzt, ob ein versehentliches Abschließen einer Gerichtstür oder ein unzulänglicher Hinweis auf den Verhandlungssaal zur Urteilsaufhebung nach § 338 Nr. 6 StPO (Verletzung der Öffentlichkeit) führen muss – und dabei die doch wohl recht beschränkte praktische Relevanz des Publizitätsprinzips etwas aus den Augen verloren oder überbewertet. ...
Bevor der Bundesgesundheitsminister mit der Corona-Bewältigung in das Rampenlicht der Öffentlichkeit treten konnte, versuchte er in einer Reihe von Gesetzgebungsvorhaben und Maßnahmen, die deutsche gesetzliche Krankenversicherung (GKV) zu verändern. Eine seiner Maßnahmen war das Digitale-Versorgung-Gesetz, das der Bundestag im Dezember 2019 verabschiedete (DVG, BGBl. I, S. 2562) und die medizinische Versorgung durch Digitalisierung und Innovation verbessern sollte. Es sieht u.a. vor, Gesundheits-Apps auf Rezept zu verschreiben und Videosprechstunden und Telemedizin zum Alltag werden zu lassen. Vor allem aber sollen umfangreiche medizinische Daten der Versicherten in einem Forschungsdatenzentrum zusammengeführt und effektiv ausgewertet werden, um bessere Erkenntnisse in der Gesundheitsforschung zu erlangen.
Dagegen hatte ein Versicherter Beschwerde erhoben, und das Bundesverfassungsgericht hat im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes entschieden, dass Teile dieses Gesetzes – nämlich §§ 68a Abs. 5 und 303a-303f SGB V – in der Tat erhebliche verfassungsrechtliche Bedenken aufwerfen. Dennoch hat das Gericht den Vollzug dieser Regelungen nicht ausgesetzt (Rn. 6 ff.) und noch nicht einmal die hilfsweise beantragte Reduktion des Datenumgangs angeordnet. Das ist im Ergebnis, vor allem aber in seiner Begründung unter mindestens zwei Aspekten kritisch zu betrachten.
Die Welt wird kleiner. Moderner Verkehr und moderne Kommunikation lassen die Kontinente enger zusammenrücken. Die Staaten verlieren mehr und mehr Funktionen an supranationale Organisationen und Konzerne; vielerorts ist gar die Rede vom nahen Ende der Nationalstaaten und ihrer Epoche. In einem großen Teil Europas jedenfalls hat die Einführung des Euro vor einem guten Jahr diesen Souveränitätsverlust, der für Währungen, Zölle und vieles andere längst zuvor vollzogen worden war, auch sinnlich erfahrbar gemacht.
Erinnern wir uns zurück: Am 11.11.2011, nur wenige Tage nach Bekanntwerden der zehnfachen Mordserie des sog. Nationalsozialistischen Untergrunds (NSU), erfolgte im Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) eine umfangreiche Vernichtung von Akten. Geschreddert wurden Akten zu sieben V-Leuten des Verfassungsschutzes, die ihm Rahmen der "Operation Rennsteig" angeworben worden waren. Diese Geheimdienstoperation unter Beteiligung des BfV, verschiedenen Landesverfassungsschutzämtern sowie dem Militärischen Abschirmdienst hatte zwischen 1997 und 2003 zum Ziel, die rechtsextremistische Szene in Thüringen zu untersuchen. Angeworben wurden dabei auch V-Leute, die im Thüringischen Heimatschutz aktiv gewesen sind, gerade jener rechtsextremistischen Gruppierung, in der das NSU-Trio politisch sozialisiert wurde. Auch nach diesem Tag ging die Aktenvernichtung im BfV weiter. Die unter dem Namen "Operation Konfetti" bekanntgewordene Vernichtungsaktion schlug hohe Wellen und führte zumindest kurzzeitig zu einer schweren Legitimationskrise des Verfassungsschutzes. Infolge der Krise trat der damalige BfV-Präsident Heinz Fromm zurück. ...
Mit dem am 22. September 2021 neu in Kraft getretenen § 126a StGB, der nun explizit das Anlegen von Feindeslisten unter Strafe stellt, sollen Menschen (noch) besser gegen Hass und Hetze im Internet geschützt werden. So legitim diese Intention auch ist, drängt sich gleichsam die Frage auf, ob diesem Phänomen wirkungsvoll mit dem Strafrecht entgegnet werden kann und aus rechtsstaatlicher Perspektive überhaupt werden darf. Unter dieser Prämisse wird kritisch eruiert, ob und inwiefern sich § 126a StGB in das dogmatische Gerüst des Strafrechts einordnen lässt. Dabei ist § 126a StGB dem modernen Präventionsstrafrecht zuzuordnen. Dieses verfolgt den Ansatz, durch eine Vorverlagerung der Strafbarkeit das Strafrecht als funktionales Mittel zur Erhöhung des Sicherheitsgefühls zu instrumentalisieren. Nach der Bewertung der tatsächlichen Bedrohungslage wird der Handlungsunwert der Verbreitung von Feindeslisten analysiert. Daneben werden weitere Grenzen der strafrechtlichen Vorverlagerung beleuchtet, namentlich die fundamentalen Prinzipien des Tatstrafrechts, des Bestimmtheitsgebots und des Ultima-Ratio-Grundsatzes, an denen sich § 126a StGB messen lassen muss.
Am Anfang der modernen Lehren vom Staat war Thomas Hobbes. Genauer: sein unbestritten einflussreichstes Werk: der "Leviathan". Einige Historiker, Philosophen und Staatslehrer werden den Moment des Anfangs, wenn es denn auf einen solchen ankommt, anders bestimmen wollen. In der Tat wäre hinsichtlich des Ursprungs der ungebundenen Staatstechnik an Machiavellis "Fürst", geschrieben 1513 und publiziert 1552, zu erinnern. Oder an Jean Bodin als Vater der modernen Souveränitätslehre. Was die Moderne betrifft, so kommen als weitere Schnittstellen, zugleich Bruchstellen mit dem Alten, je nach Perspektive und Präferenz, auch folgende Ereignisse, Bewegungen und Prozesse in Frage: die Entdeckung der Neuen Welt, das Erdbeben von Lissabon, die Glaubensspaltung nebst Westfälischem Frieden, die Kopernikanische Wende, die "Großen Revolutionen", die Philosophie der Aufklärung, auch Gutenbergs Erfindung des Buchdrucks und andere mehr. "Im Anfang liegt nicht nur ein Zauber, sondern auch ein Rätsel." ...
Zum Gegenstand der Polizeiwissenschaft gehörte – jedenfalls unter der Herrschaft eines weiten Polizeibegriffs – auch die staatliche Sorge für die Wirtschaft. Die Herausbildung der Wirtschaft als eines eigenständigen gesellschaftlichen Teilsystems, also eines sozialen Bereichs, für den die Geltung von Leitprinzipien eigener Art beansprucht wird, fällt auf das Ende des 18. Jahrhunderts. Am Beginn der nachhaltigen Durchsetzung eines staatsunabhängigen wirtschaftlichen Denkens steht das Werk von Adam Smith, der die klassische Nationalökonomie begründete. Die Polizeiwissenschaft traf nun auf einen Gegenstand, für den eine überaus mächtige Theorie die Erklärungshoheit beanspruchte. Welche Konsequenzen ergaben sich daraus? Dieser Frage soll am Beispiel der staatlichen Kapitalhilfen für Unternehmen nachgegangen werden. ...
Angesichts der in Deutschland und anderswo präzedenzlosen Eingrenzung des rechtlich Erlaubten stehen die begrenzenden Rechtsverordnungen, Allgemeinverfügungen und vollziehenden Maßnahmen des Staates im Zentrum grundrechtlicher Aufmerksamkeit. Freiheitsschonendere Alternativen werden in erster Linie durch das Prisma der Erforderlichkeit in den Blick genommen. Sich in einer Pandemielage gegen Beschränkungen zu entscheiden, erscheint grundrechtlich unverdächtig. Doch wäre es das tatsächlich? Im Folgenden werden zwei unterschiedliche Szenarien einer solchen Entscheidung vorgestellt und es wird ein näherer Blick auf die Folgen für den individuellen Grundrechtsgebrauch geworfen. Es zeigen sich Grundrechtsfragen, die im Ergebnis auch für die Beurteilung des beschränkenden Staates aufgeworfen sind.
Auf den ersten Blick wirkt der Gesetzentwurf der Bundesregierung zum Verlust der Staatsangehörigkeit für Terror-Kämpfer im Ausland als hilfloser Umgang mit Personen, die ein militärisches Gewaltpotential an den Tag gelegt haben. Auf den zweiten Blick offenbart er aber eine Abkehr von der Essenz moderner Staatsangehörigkeit. Sie besteht in der fundamentalen Gleichheit der Staatsbürger, die durch diesen Status formalisiert wird.
Zwei nennenswerte Autoren des 19. und 20. Jahrhunderts sind Heinrich Brunner sowie Rudolf His. Beiden gelang es durch intensive Quellenauswertung Licht in das vielmals als düster betrachtete Mittelalter zu bringen. Der Beitrag geht der Frage nach, wie Brunner und His die mittelalterlichen Quellen am Beispiel der Strafen zu Haut und Haar deuteten und was wir anhand der gezogenen Erkenntnisse über die Zeit, in der beide lebten, lernen können. Brunner und His waren Teil der germanistischen Strömung und lebten in einem Zeitalter, in dem neue Kodifikationen wie Unkraut aus der Erde schossen. Zudem war das 19. Jahrhundert von vielen gesellschaftlichen Umbrüchen geprägt. All diese Umstände sind in die Quellenanalyse der Autoren eingeflossen und führten stellenweise zu Kategorisierungsversuchen, Verallgemeinerungen und einer Rekonstruktion eines Systems, welches es so nicht gegeben haben kann.
Der Aufsatz gibt einen Überblick über die vielfältigen Missbrauchsformen von DHL-Packstationen und analysiert damit verbundene Strafbarkeiten. Täter verschaffen sich rechtswidrig Zugang zu Packstationskonten von DHL-Kunden, um in fremdem Namen Pakete zu bestellen oder von Kunden bestellte Pakete abzuholen. Die strafrechtliche Beurteilung dieses Täterverhaltens im Hinblick auf Vermögens- und Eigentumsdelikte sowie speziellere Tatbestände wie die Falschverdächtigung bildet den Schwerpunkt der folgenden Ausführungen.
Durch die Digitalisierung ist die soziale Bedeutung des Urheberrechts stark gewachsen. Die vom Urheberrecht etablierte Exklusivitätskultur steht überdies in einem fundamentalen Konflikt mit der im Internet vorherrschenden Zugangskultur. Ein Beispiel hierfür ist der Streit um die jüngste Urheberrechtsrichtlinie der EU.
Synästhetische Normativität
(2017)
Im Herzen Frankreichs, südlich von Paris und Orléans, östlich von Blois, in einem ausgedehnten Waldgebiet liegt das Schloss von Chambord, das prächtige, das unvergleichliche Chambord, Prunk- und Jagdresidenz Franz’ I., architektonischer Höhe- und Wendepunkt der französischen Renaissance. Karl V., Kaiser des Heiligen Römischen Reiches und des allerchristlichsten Königs ewiger Rivale, soll das Schloss, als er es 1539 zu Gesicht bekam, gepriesen haben als den "Inbegriff dessen, was menschliche Kunst vermag.". ...
Im Rahmen des Tarifvertragsrechts spielen Selbstständige eine nur untergeordnete Rolle – so schien es zumindest in der Vergangenheit die Regel gewesen zu sein. Während das Tarifvertragsgesetz in seiner ursprünglichen Fassung von 1918 (TVVO) nur Arbeitnehmer im Blick hatte, wurde der persönliche Anwendungsbereich mit Einführung des § 12a TVG auf arbeitnehmerähnliche Personen ausgedehnt, wobei der restriktiv ausgelegte Anwendungsbereich und die Auswirkungen in der Praxis zeigten, dass hierdurch keine umfassende Erweiterung des Tarifvertragsrechts auf Selbstständige erreicht werden würde. Nunmehr steht das Arbeitsrecht, auch in Hinblick auf Überschneidungen mit dem Kartellrecht, vor der Herausforderung, sich auf sich ändernde Arbeitsformen und neue wirtschaftliche Gegebenheiten anzupassen, um in Zukunft auch andere Personengruppen von seinem Schutze zu erfassen. Dass es sich hierbei nicht um eine rein nationale Angelegenheit handelt, zeigt der Wandel des politischen und rechtlichen Diskurses auf Unionsebene.
In Spanien blickte man, wie wohl in keinem anderen Land Europas, auf reiche Erfahrungen mit der Inkorporation großer Gruppen Fremdgläubiger, auf massenhafte und nicht immer von äußerem Zwang freie Erwachsenentaufen zurück. Im 15. Jahrhundert hatten die Taufen von Juden, im 16. Jahrhundert die von Muslimen zu zahlreichen politischen, rechtlichen und theologischen Problemen geführt. Weitere Dimensionen erhielten die Fragen nach Taufe, Orthodoxie und Kirchenangehörigkeit durch die Reformation in Europa einerseits und die Mission in Lateinamerika andererseits. ...
Seit dem 17. Jahrhundert gibt es historische Reflexionen darüber, wie und warum das antike römische Recht, geformt durch Lehre und Praxis des mittelalterlichen Italiens nördlich der Alpen, "rezipiert" worden sei. Ebenso diskutierte man seit dem 19. Jahrhundert über das Lübecker Stadtrecht im Rahmen der Hanse sowie die Ausbreitung des Magdeburger Rechts auf Städte im slawischen Osten. Die heutige Rechtsgeschichte sucht nach neuen Modellen und Terminologien, um den Transfer von Gesetzbüchern, Rechtsprinzipien, Institutionen, Rechtssprache oder kulturellem Habitus von Rechtsanwendern angemessener zu erfassen. Berichtet wird hier über ein Südosteuropaprojekt (1850 bis 1933) mit Blick auf den Transfer normativer Ordnungen (Verfassungsrecht, Zivilrecht, Strafrecht) in ehemaligen Provinzen des Osmanischen Reichs, die nun zu jungen Nationalstaaten wurden, etwa Griechenland, Rumänien, Bulgarien, Serbien, Montenegro und Albanien.
Anders als das Grundgesetz enthält der EWG-Vertrag Bestimmungen zum Schutz der Umwelt und ermächtigt die Gemeinschaft zum Erlaß eigenen Umweltrechts. Der Jurist Thomas Schräer erläutert, daß aber aufgrund der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs die Gefahr besteht, daß die Umweltpolitik das Nachsehen gegenüber der Rechtsangleichung hat, die notwendig ist, um bis Ende 1992 den EG-Binnenmarkt zu verwirklichen. Es wird auch die Möglichkeit eingeschränkt, im Alleingang strengeres nationales Umweltrecht anzuwenden. Schröer entwickelt ein Modell zur Abgrenzung der vertraglichen Gesetzgebungsermächtigungen, das beiden Anliegen Rechnung zu tragen versucht.