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Chemiker stehen in ihrer Mentalität Architekten nahe: Sie planen und bauen Moleküle. Schon lange, bevor der atomare Aufbau der Materie experimentell bewiesen war, entwickelten sie genaue Vorstellungen über die Raumstruktur von Molekülen. Erst zu Beginn des 20.Jahrhunderts wurden diese "Arbeitshypothesen" – zum Beispiel das von Jacobus van’t Hoff postulierte Tetraedermodell für den vierbindigen Kohlenstoff – von den Physikern glänzend bestätigt. Zwar ist es mittlerweile möglich, die Struktur von unbekannten Molekülen zuverlässig vorherzusagen; doch nach wie vor sind genaue experimentelle Strukturbestimmungen ein unverzichtbarer Bestandteil vieler Forschungsprojekte.
Wenn man in der ersten Hälfte des vergangenen Jahrhunderts bereits den Begriff "Brain Drain" (Abwanderung) gekannt hätte, dann wären damit bestimmt nicht die deutschen Wissenschaftler gemeint gewesen, denn die geistige Elite zog es noch nicht in Scharen aus ihrer Heimat. Im Gegenteil! Damals folgte die internationale wissenschaftliche Elite dem Ruf nach Deutschland, weil hier weltweit herausragende Forscherpersönlichkeiten arbeiteten und lehrten. Das galt auch für die Frankfurter Universität. Namen wie Paul Ehrlich, Franz Oppenheimer oder Friedrich Dessauer stehen für hochkarätige Forschung, die ausländische Studenten und Wissenschaftler in die Mainmetropole lockte, bis das Nazi-Regime mit der Verfolgung der jüdischen Wissenschaftler dieser Blütezeit ein jähes Ende setze und viele Forscher ins Ausland – insbesondere in die USA – fliehen mussten.
Von Schnecken und Menschen : beeinflussen Umweltchemikalien die Entwicklung und Fortpflanzung?
(2003)
In allen Stämmen des Tierreichs werden Entwicklung und Fortpflanzung durch chemische Botenstoffe gesteuert. Obwohl die generelle Strategie der endokrinen Kontrolle im Laufe der Evolution weitgehend unverändert blieb, bildeten die verschiedenen systematischen Gruppen stark divergierende Hormonsysteme aus. Gleichwohl werden einige Hormonklassen, etwa die zu den Steroiden gehörenden Geschlechtshormone der Wirbeltiere, auch von wirbellosen Tieren, wie den Stachelhäutern (Echinodermaten) oder den Vorderkiemerschnecken (Prosobranchier), als Signalstoffe verwendet.
Können sich die indianischen Kulturen Nordamerikas im 21. Jahrhundert anders behaupten als nur in der Pflege von Folklore? Wie können Stammesangehörige mit den überlieferten Kenntnissen umgehen und damit ihr Leben in der modernen amerikanischen Gesellschaft gestalten? Wie bestehen Kulturen, die nur knapp der Ausrottung entgangen sind, als Minderheiten im eigenen Land?
Problematische Verhaltensweisen von Kindern und Jugendlichen liefern regelmäßig Stoff für mehr oder weniger reißerische Schlagzeilen. Die öffentliche Meinung ist dabei relativ eindeutig: Früher ist alles besser gewesen! Damals hätten die Schüler das, was sie lernen sollten, gelernt und sich darüber hinaus auch noch ordentlich benehmen können. Heute dagegen könnten sie weder richtiges Deutsch sprechen noch rechnen. Frechheit, Vandalismus und Gewalt seien in Schulen an der Tagesordnung. Schuld seien Fernsehen, Computerspiele, die erziehungsunfähigen Eltern, die überforderten Lehrerinnen und Lehrer, die sozialen Verhältnisse oder der Werteverlust in unserer postmodernen Gesellschaft. Lehrer klagen, dass die Schüler immer unruhiger und unaufmerksamer werden; geordneter Unterricht sei kaum noch möglich. In extremen Fällen greifen sie zu dem aus ihrer Sicht einzig bleibenden Mittel: Sie beantragen eine Umschulung problematischer Kinder in Sonderschulen. Prof. Dr. Hans-Peter Langfeldt hat die für diesen Prozess notwendigen »Gutachten« unter die Lupe genommen.
Golf und dem Nördlichen Eismeer, der Mandschurei im Osten und Polen im Westen leben. Bei aller kultureller Vielfalt, die sich aus diesem weit verzweigten Verbreitungsgebiet ergibt, sind die Türkvölker hauptsächlich durch ihre Sprachen miteinander verbunden; eine gewisse gesellschaftliche und kulturelle Konvergenz scheint sich aber heute, nach dem Zerfall der Sowjetunion, anzubahnen.
Die Organische Synthese – also die Kunst, aus einfachen Molekülen gezielt komplexe Moleküle herzustellen – war immer schon sowohl von akademischem als auch von industriellem Interesse, wie schon die Anfänge der Farbenindustrie beweisen. Ohne organische Synthese wäre eine Indigoproduktion oder die Herstellung von Anilinfarben aus Steinkohlenteer zu Beginn des vergangenen Jahrhunderts undenkbar gewesen. Die enge Verbindung zwischen Wissenschaft und Technologie auf dem Gebiet der organischen Synthese zieht sich wie ein roter Faden durch die Chemie bis hin zu den aktuellen biologischen oder materialwissenschaftlichen Fragestellungen. So ist die Entwicklung von Wirkstoffen – sei es für Arznei- oder Pflanzenschutzmittel – auch heute ohne organische Synthese undenkbar.
Die Welt wird kleiner. Moderner Verkehr und moderne Kommunikation lassen die Kontinente enger zusammenrücken. Die Staaten verlieren mehr und mehr Funktionen an supranationale Organisationen und Konzerne; vielerorts ist gar die Rede vom nahen Ende der Nationalstaaten und ihrer Epoche. In einem großen Teil Europas jedenfalls hat die Einführung des Euro vor einem guten Jahr diesen Souveränitätsverlust, der für Währungen, Zölle und vieles andere längst zuvor vollzogen worden war, auch sinnlich erfahrbar gemacht.
Die Häufigkeitsrate atopischer Erkrankungen bei Kindern, wie Heuschnupfen, Asthma, Neurodermitis (atopische Dermatitis), nimmt weltweit zu. Die Gründe sind vielschichtig. Gesichert ist der Zusammenhang zwischen der erblichen Überempfindlichkeit gegenüber natürlichen Substanzen (Atopie) und vermehrter Allergen- und Passivrauch-Exposition sowie Zunahme der Ein-Kind-Familien, Veränderung der mikrobiologischen Besiedlung des Darmes und Infektexposition. Besonders gut untersucht wurden diese Zusammenhänge von Erika von Mutius in einer Studie, in der sie von 1991 bis 1992 die Häufigkeit von Asthma in München (5030 Kinder) und Leipzig/Bitterfeld (2623 Kinder) verglichen hat.
Kanada ist ein offiziell zweisprachiges Land, in dem der Dualismus von Englisch und Französisch Geschichte hat. Die Frankophonie in Kanada ist in den letzten 20 Jahren in Bewegung geraten: Wirtschaftswandel und Migration aus französischsprachigen Ländern haben ihre soziale Struktur deutlich verändert. Damit einher geht auch ein Wandel in der Politik: Die Basis-Alphabetisierung für frankophone Erwachsene hat Priorität, um damit die Voraussetzung für bessere ökonomische Chancen zu schaffen. Dagegen rücken kulturelle Interessen, wie sie noch in den 1980er Jahren eine wesentliche Rolle für die "Selbstidentifikation" der Frankophonen spielten, in den Hintergrund.
IFLS-Journal. Nr. 4, 2003
(2003)
Der Forenserver des HRZ What’s the Frequency, Hedy? Das HRZ bildet aus EDV-Einkaufsnewsletter Für Neueinsteiger Kostenloser Internetzugang Der Software-Update-Server Zugriffsstatistiken über die eigenen Webseiten Die Software-Frage Aktuelle Meldungen - wirklich aktuell Überblick über die Dienstleistungen des HRZ
Ich kritisiere die Konzeption Amstutz’ aus einer Perspektive, die eine kulturelle Evolution im strikten Sinne als gegeben ansieht. Gemessen daran verspielt Amstutz den Nutzen evolutionären Denkens, indem er sich nur metaphorisch auf Evolution bezieht, ohne zugleich seinen Rechtsbegriff zu entwickeln. Das führt zu wissenschaftlich unbefriedigenden Aussagen, zumal saltationistische, quasi-lamarckistische und gruppenselektionistische Modelle genutzt werden, die weder für die biologische noch die kulturelle Evolution brauchbar sind.
Für die Erforschung der spätantiken Herrscherideologie hat Andreas Alföldi (1895-1981) Grundlegendes geleistet. Ihm gelang es, bildliche Darstellungen zum Sprechen zu bringen und ihre Bedeutung für die Repräsentation der Kaiser zu verdeutlichen. In dieser Tradition bewegt sich der Tübinger Althistoriker (und zeitweilige Assistent Alföldis) Frank Kolb mit seinem hier anzuzeigenden Buch. Darin führt er die verstreuten, von verschiedenen altertumswissenschaftlichen Disziplinen vorangetriebenen Forschungen zur spätantiken Herrscherideologie zusammen, die er durch eigene Beiträge wesentlich beeinflußt hat. ...
Anhand der ausgewählten Fälle wurde eruiert, inwieweit die Nichtbesetzung der gemeldeten offenen Stellen auf folgende Probleme zurückzuführen ist: Informationsprobleme zwischen den beteiligten Akteuren: Arbeitsamt, Arbeitslose, Betrieb, Kommunikations- und Koordinationsprobleme und Motivationsprobleme.
Von einem darwinschen Standpunkt aus kritisiere ich, dass zwar viele Bausteine geliefert werden, es jedoch an einem Fundament fehlt, auf welchem mit diesen Steinen zu bauen sei. Die Begriffe „Recht“ und „Verhalten“ seien durchgängig unbefriedigend, wenn überhaupt, defi-niert. Unrecht und Normbruch würden nicht hinlänglich unterschieden. Das Verhältnis von Sein und Sollen bleibe unklar. Schließlich seien durchgängig Ausbeutung, Unterdrückung und Manipulation von Präferenzen kein Thema. Die psychoanalytische Perspektive der „gesellschaftlichen Produktion von Unbewusstheit“ (Erdheim) fehle gänzlich.
In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts hat sich die Inselgruppe der Malediven im Indischen Ozean in rasantem Tempo von einem geografisch isolierten und deshalb nahezu unbekannten Flecken am Rande der Welt zum Geheimtipp für Tiefseetaucher und weiter zum modernen, internationalen Touristikzentrum entwickelt. Von den zirka 1250 Inseln, die dem Inselstaat angehören, sind heute fast 100 als "tourist resorts" ausgebaut , die über einen internationalen Flughafen und mit Wasserflugzeugen bequem erreichbar sind. Nur die wenigsten Besucher werden dabei bemerken, dass die Bewohner des zwischen Afrika und Asien gelegenen Archipels zu einer alten Kulturnation gehören. Tatsächlich können die Malediver auf eine schriftliche Tradition zurückblicken, die der des Deutschen in ihrer zeitlichen Erstreckung nicht nachsteht; sie ist zudem durch den durchgreifenden Wechsel der Staatsreligion vom Buddhismus zum Islam und einen mehrfachen Wandel der Schrift geprägt.
In südlichen Gefilden wächst so manches, was in Maßen genossen dem Wohlbefinden dient. Dies gilt nicht nur für Heilkräuter und Rotwein, sondern vermutlich auch für andere für den Mittelmeerraum typische Getränke und Speisen. Auf der Suche nach diesen "natürlichen Apotheken" erfassen Wissenschaftler aus Deutschland und sechs weiteren europäischen Ländern derzeit seltene Unterarten bewährter Nutzpflanzen wie Thymian, Olive, Wein und Orange. Sie erforschen, ob die seit Jahrhunderten überlieferten Schutzund Heilungskräfte der Gewächse einer wissenschaftlichen Prüfung standhalten und worauf sie beruhen. Die Frankfurter Gruppe um Prof. Dr. Walter Müller hat dabei insbesondere Stoffe im Blick, die das Nervensystem beeinflussen. Macht mediterrane Kost wirklich geistig fit?
Wie findet man einen neuen Wirkstoff? Die pharmazeutisch-chemische Forschung steht mit diesem Vorhaben vor einer scheinbar unlösbaren Aufgabe, denn der "chemische Raum" aller wirkstoffartigen Moleküle ist unvorstellbar groß. So wurde geschätzt, dass man prinzipiell aus 1060 bis 10100 verschiedenen Verbindungen die geeigneten Kandidaten auswählen kann. Zum Vergleich: Seit dem Urknall sollen "nur" etwa 10 hoch 18 Sekunden, etwa 14 Milliarden Jahre, vergangen sein. Dies bedeutet, dass der chemische Raum praktisch unendlich ist. Aus dieser Überlegung lassen sich zumindest zwei Schlussfolgerungen ziehen: Zum einen gibt es die begründete Hoffnung, dass ein Molekül mit der gewünschten Aktivität existiert, zum anderen stellt sich die Frage, wie diese unvorstellbar große Zahl chemischer Verbindungen systematisch durchmustert werden kann? Doch die Situation ist nicht so hoffnungslos, wie sie auf den ersten Blick erscheint. Dies zeigt die erfolgreiche Entwicklung immer neuer Medikamente. Das Forschungsgebiet der Chemieinformatik befasst sich mit der Entwicklung von intelligenten Lösungsansätzen, die Chemikern bei dieser Suche nach den "Nadeln im riesigen Heuhaufen" helfen können.
Es wurden Untersuchungen über die Stoffwechselleistungen der im Most und Wein vorkommenden Essigsäurebakterien der Gattungen Acetobacter (13 Stämme) und Gluconobacter (2 Stämme) während der Weinbereitung durchgeführt. Die 15 Stämme der Essigsäurebakterien stammten aus der Sammlung des Fachgebiet Mikrobiologie und Biochemie Forschungsanstalt Geisenheim sowie aus der CCM (Czechoslovak Collection of Microorganisms). Die Stoffwechselleistungen, die unter Berücksichtigung des Zucker-Säure-Stoffwechsels beobachtet wurden, wurden bei Trauben der Sorten Riesling, Rotberger, Portugieser und Reichensteiner, den Mosten der Sorten Riesling, Portugieser und Rotberger und den Weißweinen der Sorten Riesling, Müller Thurgau und Rotwein eines Sortengemisches sowie Weiß- und Rotweinen verschiedener Jahrgänge aus Tunesischen Weinanbaugebieten durchgeführt. Die Essigsäurebakterien wurden auf die Nährböden (Traubenbeeren, Moste und Weine) beimpft und nach festgelegten Zeiten geerntet und analysiert. Die Beimpfung der Traubenbeeren erfolgte durch Besprühen der intakten und angestochenen Beeren mit den Bakterienkulturen. Im Verlauf der Arbeit wurden verschiedene Analyseverfahren angewandt. Dünnschichtchromatographie wurde für die qualitative Analyse der Zuckersäure eingesetzt. Die Ketozuckersäuren wurde durch Flüssigchromatographie sowie HPLC bestimmt. Außerdem auch für die Bestimmung organischer Säuren, Zucker und Alkohole. Ethanol wurden auch mit Titration nach der Methode von Rebelein bestimmt. Gluconsäure, Essigsäure, Glucose, Fructose, D- und L-Milchsäure sowie Dihydroxyaceton wurden enzymatisch spektrophotometrisch quantifiziert. Der Vergleich der Ergebnisse von intakten und angestochenen Beeren zeigte, dass bei angestochenen Beeren ein schnelleres Wachstum der Essigsäurebakterien und damit auch höhere Stoffwechselleistungen erfolgten. Gluconsäure, 2-Ketogluconsäure, 5-Ketogluconsäure sowie 2,5-Diketogluconsäure können von verschiedenen Essigsäurebakterienstämmen produziert werden. Es scheint so, als ob die verschiedenen Arten der Essigsäurebakterien spezifische Muster der Gluconsäure Oxidationprodukte aufweisen. In synthetischen Medien produzierten Essigsäurebakterien große Menge Gluconsäure. Nach 30 Tage produzierten Essigsäurebakterien der Stämme Acetobacter aceti var. aceti, A. liquefaciens Stamm 1347-2, A. xylinum und Gluconobacter oxydans var. suboxydans im Glucosemedium jeweils mehr als 40 g/l Gluconsäure. 5-Ketogluconsäure wurden in allgemein mehr als 2-Ketogluconsäure produziert. Von allen beobachteten Stämmen produzierte nur A. liquefaciens 2,5-Diketogluconsäure. Sowohl in den roten- als auch in den weißen Traubenbeeren produzierten sie Gluconsäure und ihre Oxidationsprodukte. In 15 Tagen wurden bis 11,5 g/l Gluconsäure, 5,3 g/l 2-Ketogluconsäure und bis 9,8 g/l 5-Ketogluconsäure produziert. Das Wachstum der Essigsäurebakterien in den Weinen verlief sehr langsam. In den Weinen wurden von den Essigsäurebakterien nur Essigsäure produziert. Die Produktion von Essigsäure war bei den unterschiedlichen Stämme sehr verschieden. A. aceti var. aceti produzierte die höchste Konzentration von Essigsäure sowohl bei Rotwein als auch bei Rieslingwein. A. aceti var. aceti produzierte bis 87 g/l in Rotwein und bis 61 g/l in Rieslingwein Bei Untersuchungen fertiger Weine wurden außer Gluconsäure auch 2-Ketogluconsäure, 5-Ketogluconsäure und 2,5-Diketogluconsäure gefunden, die auf den Stoffwechsel der Essigsäurebakterien aus Glucose und Gluconsäure zurückgeführt werden müssen. In den untersuchten fertigen Weinen aus Tunesien wurde 0,2 - 7,4 g/l Gluconsäure, 2 - 35 mg 2-Ketogluconsäure, 6 - 30 mg/l 5-Ketogluconsäure und bis 14 mg 2,5-Diketogluconsäure analysiert. Nach den vorliegenden Untersuchungsergebnissen stammen die hohen Gluconsäurekonzentrationen in den Weinen von Gluconobacter oxydans. Die Herkunft der Gluconsäure in diesen Weinen aus dem Stoffwechsel von Essigsäurebakterien wird durch die hochsignifikanten Beziehungen zwischen Gluconsäure und 2-Ketogluconsäure, sowie 2,5-Diketogluconsäure belegt.
Auf dem von Sabine Holtz bearbeiteten Feld kreuzen sich Forschungslinien der württembergischen Landesgeschichte, der Bildungs- und Sozialgeschichte, der Geschichte des Beamtentums und der Rechtswissenschaft. Es geht, ähnlich wie in Rudolf Stichwehs Buch "Der frühmoderne Staat und die europäische Universität" (1991), um die "Interaktion von Politik und Erziehungssystem". Um die Fragen konkreter zu machen, werden Begrenzungen eingeführt, nicht nur territorial und zeitlich auf das Württemberg des 17. Jahrhunderts, sondern auch durch Konzentration auf die 418 Beamten der Zentralbehörden des Herzogtums. Was haben diese Kanzler und Vizekanzler, Landhofmeister, Oberräte, Regierungsratssekretäre, Kanzleiadvokaten, Rentkammerräte, Rentkammer-Expeditionsräte, Kirchenräte und Kirchenratsadvokaten studiert? Waren es Landeskinder, sind sie in Lateinschulen oder Gymnasien vorbereitet worden, und schließlich, wie haben sie gelebt? ...
Wer an die allmähliche Verbesserung der Menschheit durch den "Fortschritt" glaubt, muss das immer wieder auftauchende Verbrechen für die letzte Bastion des Irrationalen halten. Je mehr man über Kriminalität weiß, desto größer wird die Herausforderung ihrer Beseitigung. Seit der Mitte des fortschrittstrunkenen 19. Jahrhunderts entsteht deshalb nicht nur der Kriminalroman, sondern es bemächtigen sich auch die Naturwissenschaften des Verbrechens und der Verbrecher. Das Rätsel Kriminalität scheint lösbar durch Biologie, Medizin, Eugenik und Psychiatrie. Schädel werden vermessen, man sucht Merkmale für "geborene Verbrecher", streitet um die Merkmale "geistiger Minderwertigkeit" und kombiniert dies mit Kriminalstatistiken und Milieustudien der beginnenden Soziologie. Die Juristen spüren, dass der ganze Sanktionsapparat von Schuld und Vergeltung durch die Aufdeckung determinierender Faktoren ins Wanken kommt. Setzen sie nicht mehr auf die Freiheit, sondern auf den Schutz der Gesellschaft, dann haben sie Schwierigkeiten zu begründen, dass der Schutz irgendwo aufhören muss, da man nicht alle "Minderwertigen" vorsorglich einsperren kann. Also erwägt man (neben anderen Schutzmaßnahmen) deren Sterilisation. Wenn es "geborene Verbrecher" gibt, dann sollte sich doch, so meinte man, wenigstens auf diesem Weg die nächste Generation dieser unerwünschten Variante des Menschseins verhindern lassen. ...