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Der Band ist das Ergebnis einer Tagung, die vom 22. bis 24. Juni 2006 in Trient abgehalten worden ist. Einleitend weisen Diego Quaglioni und Gerhard Dilcher auf den Nutzen des Austauschs zwischen italienischer und deutscher Geschichtswissenschaft auf dem Feld der kaiserlichen Gesetzgebung der Staufer hin, insbesondere in Bezug auf die roncalische Gesetzgebung. Dilcher verweist auf die komplizierte Überlieferung und den ambivalenten Charakter der einzelnen roncalischen Gesetze, in denen sich mittelalterliche und deutsche Rechtstraditionen mit römisch-justinianischen Traditionen unter einem neuen Ordnungs- und Gesetzgebungswillen des Herrschers vermischten. ...
Der umfangreiche Aufsatzband fokussiert die historischen Zäsuren, die die Zerstörungen der beiden Weltkriege im Bereich von Architektur und Städtebau in Europa veranlasst haben. Die Verwüstungen von historischen, identitätsstiftenden urbanen Entitäten hatten unterschiedlichste Wiederaufbaudiskurse und -maßnahmen zur Folge, die prägend für das Erscheinungsbild und die funktionalen Strukturen zahlreicher europäischer Kommunen jeden Größenmaßstabs – vom nordfranzösischen Dorf Gerbéviller bis zur niederländischen Metropole Rotterdam – geworden sind. Das wesentliche Kriterium des Wiederaufbaus stellte nicht eine als außerhalb von Ort und Zeit gedachte architektonische und urbanistische Innovation dar, deren Hauptanliegen es war, Stadträume gewandelten Lebensbedingungen anzupassen. Im Gegensatz zu dieser landläufigen Auffassung betonen die Herausgeber zu Recht, dass beim Wiederaufbau immer und notwendigerweise Geschichte und Zukunft in je unterschiedlicher Weise vermittelt wurden. ...
Die umfangreiche Studie zum Angestelltenwohnungsbau in der Weimarer Republik muss in zweifacher Hinsicht als bemerkenswertes Novum gelten: zum einen ist ein Gesamtüberblick in dieser Perspektive bisher höchstens ansatzweise geleistet, zum anderen handelt es sich um den in der Kunst- und Architekturgeschichte bislang seltenen Fall, dass ein Spezifikum der Weimarer Republik – der kollektive Siedlungsbau – nun in kompetenter Weise von der französischen Forschung beleuchtet wird. Das fachübergreifende Interesse steht außer Frage: Denn es ist eben die soziale Schicht der Angestellten als essentiellem Bestandteil der gesellschaftlichen Modernisierung, die über ein neues Berufsverständnis und neue Mentalitäten entscheidenden Anteil an den Transformationen in Deutschland in der ersten Hälfte des 20. Jhs. hat bzw. diese hervorbringt. Entsprechend kann der berühmte, aber soziologisch bislang unzureichend differenzierte Siedlungsbau zu Recht einer spezifischen Angestellten-Wohnkultur zugerechnet werden. ...
Der von Olga Moskatova, Sandra Beate Reimann und Kathrin Schönegg herausgegebene Sammelband "enseits der Repräsentation. Körperlichkeiten der Abstraktion in moderner und zeitgenössischer Kunst" will die starre Dichotomie von Abstraktion und Körperlichkeit bzw. die reduktionistische Auffassung von Abstraktion als Entkörperlichung hinterfragen, wie sie sich etwa in den Schriften Wilhelm Worringers findet. Wie starr der Gegensatz zwischen Abstraktion und Körperlichkeit erscheint hängt jedoch stark davon ab, was man unter dem Begriff der Körperlichkeit genau versteht. So kann sich dieser auf eine räumlich konstruierte figurative Repräsentation von Körpern beziehen, oder aber auf die Physis des Artefakts bzw. den Leib der Produzierenden und/oder Rezipierenden dieses Artefakts. Dies impliziert aber gänzlich verschiedene Ebenen von Körperlichkeit. Hat sich die Opposition von Abstraktion und Körperlichkeit im Sinne einer räumlich-figurativen Repräsentation mittlerweile als Topos konsolidiert, so ist die Annahme einer strikten Gegenüberstellung von Abstraktion und Körperlichkeit – nun im Sinne einer materiellen/sinnlichen Fülle und Dichte – schon weniger geläufig. Wie von den Herausgeberinnen in ihrer Einleitung selbst betont wird, hat gerade die Abstraktion von einer räumlich-figurativen Körperdarstellung wesentlich zu einer Hervorkehrung des materiellen Substrats des Artefakts (seines "material support") bzw. einer Betonung der leiblichen Involvierung von Produzierenden und Betrachtenden beigetragen. Abstraktion vs. Körperlichkeit erscheint in dieser Hinsicht nur mehr als schwindender Gegensatz. Einen ähnlichen Effekt zeitigt auch das "Jenseits" in "Jenseits der Repräsentation", das sämtliche starre Gegenüberstellungen mit den Begriffen des Untertitels unterminieren soll. Ist dies bei Repräsentation und Körperlichkeit im Sinne von räumlich-figurativer Darstellung offensichtlich, so gilt es auch für die Ebene von Repräsentation und abstrakter Körperlichkeit, wobei Körperlichkeit nun die Widerspenstigkeit des Materials bezeichnet, das die Repräsentation zwar aufbaut, aber nicht völlig in ihr aufgeht, sondern einen obstinaten Körper als Rest bildet, der sich gegen eine Semiose sperrt. Körperlichkeit erscheint unter diesem Blickwinkel als Kehrseite jeder Repräsentation, wie es Marcel Finke in seinem Beitrag über die "Reclining Figures" von Francis Bacon betont.
Gerade das Changieren des Begriffs Körperlichkeit zwischen unterschiedlichen Bedeutungen führt also zu einer Destabilisierung gängiger Dichotomisierungen – der Preis dafür ist jedoch eine an unterschiedlichen Stellen des Bandes immer wieder punktuell auftretende begriffliche Unschärfe, die durch eine Prüfung, was Körperlichkeit im jeweiligen Kontext der einzelnen Beiträge meint, zu kompensieren ist. ...
Der Titel "Portrayed on the Heart" von Cynthia Hahns vorliegender Publikation bezieht sich auf jene von Gregor den Großen formulierte didaktische Funktion von bildlichen Darstellungen, deren Verinnerlichung gleichsam auf eine Vervollkommnung des Menschen zielte. Dieser Aufgabe war auch die bildliche Hagiographie des Mittelalters verpflichtet, "in inducing a movement beyond words and images - in creating an effect on the soul." (S. 331) Die Frage, welche Bildstrategien entwickelt wurden, um von der Heiligkeit der dargestellten Person zu überzeugen, und wie die Bildrhetorik auf die Wahrnehmung von Heiligkeit Einfluß zu nehmen vermochte, versucht sie am Beispiel der illuminierten "libelli" des 10. bis 13. Jahrhunderts zu beantworten. Diese Handschriften stellten aufgrund ihres Bildprogramms eine eigene Gruppe innerhalb der oft auch schmucklosen "libelli" dar, welche verschiedene hagiographische Texte zur Verehrung eines Heiligen, wie die Vita, das Offizium, Hymnen und Gebete, enthielten. Die in "Portrayed on the Heart" analysierten "libelli" geben der Autorin die Möglichkeit, ihre bisher in verschiedenen Aufsätzen veröffentlichen Erkenntnisse zum Thema von Hagiographie und Bildnarration zu synthetisieren sowie Wesen und Stellenwert von Heiligkeit im frühen und hohen Mittelalter aus mediävistischer Perspektive theoretisch zu hinterfragen. In diesem Sinne stellt das Buch eine anspruchvolle Einführung in das Forschungsfeld mittelalterlicher Heiligkeit dar. ...
Mit dem vorliegenden Band haben sich die Herausgeber des Desiderats einer übergreifenden Analyse zur Musealisierung mittelalterlicher Kunst angenommen. Ihnen ist es gelungen, Kunsthistoriker und Kunsthistorikerinnen aus musealen Sammlungen und Universitäten zusammenzubringen, die überwiegend in Fallstudien die Inszenierungspraktiken mittelalterlicher Kunst in verschiedenen europäischen Ländern beleuchten, womit ein breites geographisches Feld abgesteckt ist. Der mit einem abschließenden Register ausgestattete Band führt die insgesamt fünfzehn Beiträge in einer sich an den Untersuchungsfeldern orientierenden chronologischen Anordnung auf. Die Herausgeber begründen diese Entscheidung in der Einleitung damit, dass eine Systematisierung im Hinblick auf historische Modelle, ästhetische Bewertungen sowie Praktiken des Kuratierens kaum möglich gewesen wäre – Aspekte, die in mehr oder weniger allen Beiträgen zum Tragen kommen und dort oft ineinandergreifen (8). Auf eine Vorstellung der einzelnen Beiträge wird verzichtet, gleichwohl werden Konzept und Ziel des Bandes dargelegt und wesentliche, auch den Titel bestimmende Begriffe, wie etwa der der Musealisierung näher erläutert. Weitergehende, in der Erforschung von Wissensordnungen virulente Begriffe, wie der des Dispositivs, oder auch alternative historische Denkmodelle werden in den einzelnen Fallstudien aufgegriffen. ...
In der letzten Zeit sind eine Reihe von Büchern erschienen, in denen Kunstkritiker/innen und Kurator/innen ihre gesammelten Artikel veröffentlichen. Auch Isabelle Graws "Die bessere Hälfte. Künstlerinnen des 20. und 21. Jahrhunderts" liegt eine Reihe von Aufsätzen zugrunde, die in den 1990er Jahren in Zeitschriften wie Artis und den von Graw herausgegebenen Texten zur Kunst zu lesen waren. Allerdings hat Graw ihre kontinuierliche Auseinandersetzung mit der Positionierung von Künstlerinnen im Betriebssystem Kunst in drei Kapiteln neu zusammengefaßt, so dass ein eigenständiges Buch entstanden ist. ...
Es war, zumindest für die Spezialforschung, ein veritabler Paukenschlag, als Claudia Märtl 2010 auf einer Münchner Tagung über das Ende der konziliaren Epoche mit einem unbekannten, genau zum Thema passenden Text aufwartete, den sie in einer Augsburger Handschrift entdeckt hatte: das Dreiergespräch "Agreste otium" des Martin Le Franc, der bis dahin fast ausschließlich durch seine moralisch-didaktischen Werke in französischer Sprache bekannt war, allen voran das allegorische Versepos "Le champion des dames" (1440–1442) sowie ein Streitgespräch zwischen Fortuna und Tugend, "L’Estrif de Fortune et de Vertu" (1447). ...