Biologische Hochschulschriften (Goethe-Universität)
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Die 5-Lipoxygenase ist das Schlüsselenzym der Bildung proentzündlicher Leukotriene. Diese Mediatoren sind assoziiert mit Erkrankungen des entzündlichen Formenkreises wie beispielsweise Arteriosklerose [6]. Durch die Veröffentlichungen von Qiu et. al. [248] und Gredmark-Russ et. al. [650] konnte gezeigt werden, dass die Infektion mit humanen Cytomegalovirus in vitro und in vivo zur Induktion der 5-LO in HPASMCs und SMCs (smooth muscle cells) führt. HCMV ist ein ß-Herpesvirus, welches nach einer zumeist asymptomatischen Primärinfektion, dauerhaft im Wirt persisiert und bei Schwächung des Immunsystems oder entzündliche Prozessen reaktiviert werden kann [256]. Geht das Virus in die lytische Replikationsphase über, werden Entzündungsprozesse gefördert, die zur Ausprägung von Krankheitsbildern wie Retinitis, rheumatoider Arthritis oder auch Psoriasis führen. Es besteht demnach ein Zusammenhang zwischen der aktiven HCMV-Infektion und Erkrankungen des entzündlichen Formenkreises, welche unter anderem durch die Induktion der 5-LO vermittelt wurden.
Ziel der Arbeit war es, den molekularen Mechanismus der viral induzierten 5-LO-Promotoraktivierung aufzuklären. Dazu wurde zunächst überprüft, ob die Infektion mit HCMV in HFF, einer Zelllinie die äußerst permissiv für die Infektion ist und daher zumeist als Testsystem für HCMV herangezogen wird, eine verstärkte 5-LO-Expression hervorruft, oder ob es sich um einen zelltypspezifischen Effekt der smooth muscle cells handelt. Es konnte gezeigt werden, dass es nach Infektion zu einer verstärkten Promotoraktivierung, mRNS- sowie Proteinexpression der 5-LO kam (Abb. 19, 23, 24). Weitere Untersuchungen charakterisierten, welches virale Protein die Effektvermittlung bedingte. Aufgrund der sequentiellen Genexpression des Virus unterscheidet man nach Zeitpunkt der Expression in Immediate Early, Early und Late Proteine, wobei letztere erst nach Replikation des viralen Genoms exprimiert werden. Der Zusatz von Foscavir als Replikationsinhibitor verdeutlichte, dass ein Immediate Early oder Early Protein die Induktion hervorruft (Abb. 16). Reportergenassay-Experimente unter Überexpression einzelner viraler Proteine zeigten, dass Immediate Early 1 essentiell an der Erhöhung der 5-LO-Promotoraktivität beteiligt ist (Abb. 18). Weitergehende Versuche unter Verwendung des IE1-Deletionsvirus CR208 bestätigten, dass die Induktion der 5-LO-Promotoraktivität sowie der mRNS-Expression durch dieses virale Protein vermittelt wird (Abb. 18, 20-22). Auf Proteinebene konnte ebenfalls nach IE1-Überexpression beziehungsweise nach Infektion mit HCMV eine erhöhte 5-LO-Expression detektiert werden (Abb. 23 und 24). Aktivitätsuntersuchungen, bei denen die Konzentration der 5-LO-Produkte LTB4 und 5-HETE gemessen wurden, bestätigten, dass das Enzym funktionsfähig ist (Abb. 25). Nach Infektion mit HCMV kommt es demnach zur IE1-vermittelten Induktion der 5-LO auf mRNS- und Proteinebene sowie nachgeordnet zur verstärkten Produktion von inflammatorischen Leukotrienen, die an der Ausbildung der entzündlichen Symptomatik einer lytischen Infektion beteiligt sind.
Immediate Early 1 ist ein potenter Transaktivator, der sowohl virale als auch zelluläre Promotorstrukturen aktivieren kann [387]. Funktionell wird dies reguliert über die Förderung der Transkriptionsfaktor-Expression, aber auch durch Beeinflussung histonmodifizierender Enzyme wie Histondeacetylasen [464]. Für den 5-LO-Promotor ist bekannt, dass dessen Aktivität über Bindung von Sp1, sowie durch HDAC-Inhibition beeinflusst werden kann [9, 171]. Diese beiden Regulationsmechanismen stellen demnach mögliche Verknüpfungspunkte in der viral induzierten Induktion des 5-LO-Promotors dar. Zunächst wurde die Expression von Transkriptionsfaktoren, welche charakterisierte Bindungsstellen im 5-LO-Promotor besitzen, nach IE1-Überexpression untersucht. Es zeigte sich, dass der zelluläre Sp1-mRNS-Spiegel durch IE1 80fach induziert werden kann (Abb. 27). Im Reportergenassay mit 5-LO-Promotordeletionskonstrukten, bei denen gezielt einzelne Sp1-Bindungsstellen, sogenannte GC-Boxen, mutiert wurden, konnte bestätigt werden, dass die IE1-vermittelte Induktion essentiell von Sp1-abhängt, da die Mutation der GC4-Box die Aktivierung nahezu komplett inhibiert (Abb. 30, 31). Auch der Zusatz von Mithramycin, einem DNS-Interkalator, welcher die Bindung von Sp1 an die DNS unterdrückt, ist in der Lage die Induktion abzuschwächen (Abb. 33) [651]. Um die direkte Sp1-Bindung an den 5-LO-Promotor nachzuweisen wurden sowohl EMSA- als auch ChIP-Experimente durchgeführt. Es zeigte sich, dass in vitro und in vivo die Sp1-Bindung an den proximalen 5-LO-Promotor nach IE1-Überexpression beziehungsweise nach Infektion zunimmt (Abb. 49, 50). Interessanterweise wird dieser Effekt nicht durch Immediate Early 2, einer Spleißvariante von IE1, welche eine große strukturelle Ähnlichkeit aufweist, hervorgerufen. Da Veröffentlichungen gezeigt haben, dass beide Immediate Early Proteine in der Lage sind, Sp1 auf mRNS-Level zu induzieren, muss ein weiterer regulatorischer Mechanismus in die Sp1-Promotorbindung involviert sein [410]. In Co-Immunopräzipitations Versuchen zeigten beide IEPs eine Interaktion mit Sp1 (Abb. 38), wonach der Unterschied in der transaktivierenden Fähigkeit des 5-LO-Promotors nicht durch Protein-Protein-Bindung mit Sp1 bedingt wird. Strukturell unterscheiden sich die beiden Proteine in ihrer carboxyterminalen Sequenz. Für IE1 ist hier eine intrinsische Kinaseaktivität beschrieben, die zur Autophosphorylierung, aber auch zur Phosphorylierung von Bindungsproteinen führen kann. Western Blot Analysen auf den zellulären phospho-Sp1-Gehalt nach viraler Überexpression konnten zeigen, dass IE1, nicht aber IE2 die posttranslationale Modifikation des Transkriptionsfaktors fördert (Abb. 39). Auch die Testung viraler Deletionsmutanten, denen einzelne Exons beziehungsweise die ATP-Bindungsstelle der Kinasedomäne fehlen, bestätigten die Schlüsselfunktion dieses Strukturelements (Abb. 37). Ob es sich um eine direkte oder indirekte Phosphorylierung von Sp1 durch IE1 handelt wurde durch in vitro Kinase-Assays und die Testung unterschiedlicher Proteinkinase-Inhibitoren bestimmt (Abb. 40, 42, 45). Obwohl die beiden Proteine miteinander interagieren können, kam es nicht zu einer direkten Phosphorylierung, sondern zelluläre Kinasen wie Tyrosinkinasen und nachgeordnet die Mitglieder des MAPK-Signalweges sind in die Phosphorylierung von Sp1 involviert. Die finale Bestätigung der essentiellen Funktion von Sp1 in der IE1-vermittelten Aktivierung des 5-LO-Promotors lieferte ein Reportergenassay-Experiment mit Sp1-Knock-down Zellen, welche nach viraler Überexpression keine 5-LO-Promotoraktivität und mRNS-Expression mehr zeigten (Abb. 47, 48). Für die Vermittlung der IE1-induzierten 5-LO-Promotoraktivierung sind dessen transaktivatorische Fähigkeiten demnach essentiell, durch Erhöhung der Sp1-mRNS-Expression und nachfolgender Phosphorylierung wird die DNS-Bindung des Transkriptionsfaktors an die GC4-Box des 5-LO-Promotors erhöht und dieser damit transkriptionell aktiviert.
Neben der Regulation über verstärkte phospho-Sp1-Bindung an die GC4-Box Region muss die Induktion von 5-LO durch IE1 noch über weitere Interaktionen vermittelt werden, da die reine Sp1-Überexpression ohne IE1 keine Promotoraktivierung hervorrufen konnte (Abb. 34). Überprüft wurde daher die HDAC-inhibitorische Fähigkeit von IE1, da der 5-LO-Promotor über diese epigenetischen Mechanismen reguliert werden kann. Pull-down-Experimente zeigten zunächst eine Protein-Protein-Interaktion zwischen IE1 und HDAC1/2/3 (Abb. 51). Nachfolgend konnte in einem HDAC-Aktivitätsassay gezeigt werden, dass diese Interaktion die Enzymaktivität der HDACs drastisch reduziert (Abb. 52). Durch HDAC-Inhibition liegen Promotorstrukturen zunehmend acetyliert vor und sind damit transkriptionell aktiv. Für den funktionellen Nachweis auf den 5-LO-Promotor diente ein Reportergenassay-Experiment in dem IE1 und in steigenden Mengen HDAC überexprimiert wurde (Abb. 53). Die Überexpression von HDAC1 und HDAC3 konnten den aktivierenden Einfluss von IE1 auf den 5-LO-Promotor teilweise konzentrationsabhängig revertieren und scheinen damit an der Effektvermittlung beteiligt zu sein. Die Charakterisierung der HDAC-vermittelten 5-LO-Promotorregulation von Pufahl et. al. bestätigte durch Knock-down Experimente, dass HDAC3 entscheidenden Einfluss auf den 5-LO-Promotor hat [172]. HDAC1 dagegen reguliert über die verstärkte Deacetylierung von Sp1 dessen DNS-Bindungsaffinität. Eine Hemmung dieser beiden Histondeacetylasen durch das virale Protein erhöht damit die Aktivität des 5-LO-Promotors.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass das Ziel der Arbeit erreicht wurde und ein detaillierter Mechanismus der 5-LO-Promotoraktivierung durch HCMV aufgeklärt wurde. Immediate Early 1 induziert dabei zunächst die Expression und Phosphorylierung von Sp1. Ebenso interagiert das virale Protein mit HDAC1/2/3 und hemmt deren Aktivität, wodurch es zur Öffnung der 5-LO-Promotorstruktur kommt. Entscheiden ist hierbei vor allem die Hemmung von HDAC3. HDAC1 Inhibition sorgt im getesteten Zellsystem zusätzlich für verstärkte Acetylierung des Transkripti-onsfaktors Sp1, welcher aufgrund der dadurch erhöhten DNS-Bindungsaffinität an die GC4-Box-Region binden und so die Transkription fördern kann. Interessanterweise ist die Bindung an andere beschriebene GC-Boxen des 5-LO-Promotors nicht induktiv, was die Annahme nahelegt, dass nicht Sp1 alleine, sondern ein transaktivatorischer Komplex an diese Region bindet. Die Aktivierung des Promotors führt nachfolgend zur mRNS- und Proteinexpression, welche eine verstärkte Leukotrienbildung zur Folge hat. Diese Mediatoren sind in die Entstehung der entzündlichen Charakteristik einer aktiven HCMV involviert. Das Virus macht sich demnach generelle Prinzipien der Transaktivierung zu Nutze und fördert so zum einen seine Reaktivierung aus der Latenz, zum anderen die produktive Verbreitung der Infektion.
In der äußeren plexiformen Schicht (OPL) der Säugetierretina sind die Photorezeptoren mit den Horizontal- und den Bipolarzellen verschaltet. Diese erste neuronale Verschaltungs-ebene des Sehsystems birgt eine hochkomplexe Architektur aus chemischen und elektrischen Synapsen. Sie ermöglicht die Modulation des Lichtsignals sowie die Aufspaltung der Signale in parallele Übertragungswege. In der vorliegenden Doktorarbeit wurden verschiedene Synapsensysteme in der OPL von Maus-, Kaninchen-, und Makakenretinae mittels immunhistochemischer Färbetechniken licht- und elektronen-mikroskopisch untersucht. In der Mausretina wurden die anatomischen Eigenschaften der Endfüßchen blau-empfindlicher (S-) Zapfen untersucht. Die S-Zapfenendfüßchen waren um 15 % kleiner als die der M-Zapfen, die Bereiche der Invaginierungen am S-Zapfenendfüßchen hingegen um 35 %. Eine deutliche Reduktion der Horizontalzellkontakte ging damit einher. Die Zahl der postsynaptisch von OFF-Bipolarzellen exprimierten Glutamatrezeptor- (GluR) Unterein-heiten GluR1 und GluR5 war am S-Zapfenendfüßchen um fast 50 % kleiner als an M-Zapfen. Dieser Befund spiegelte die geringe Anzahl synaptischer Kontakte von OFF-Bipolarzellen am S-Zapfen wider. Die OFF-Bipolarzelltypen 1 und/oder 2 waren für diese Reduktion verantwortlich. Diese Befunde sind ein erster Hinweis für den sogenannten Grün-OFF-Signalweg in der Mausretina. In der Makakenretina wurde die Verteilung von Protocadherin β16 (Pcdh β16) untersucht. Es konnte auf postsynaptischer Seite an den Photorezeptorterminalien gezeigt werden. Pcdh β16 lag auf den invaginierenden Spitzen von Dendriten der H1 Horizontalzellen sowie an ihren desmosome-like junctions unterhalb der Zapfenendfüßchen. An diesen Orten fielen die Pcdh β16-immunreaktiven Punkte mit den dort von H1 Zellen exprimierten GluR-Untereinheiten GluR2 - 4 und GluR6/7 zusammen. Im Zuge dieser Analyse wurde ebenfalls eine Kolokalisation dieser AMPA- (GluR2 - 4) und Kainat- (GluR6/7) Rezeptoren an den desmosome-like junctions festgestellt. Darüber hinaus zeigte eine elektronenmikroskopische Untersuchung, dass Pcdh β16 auch an flachen Synapsen in Triaden-assoziierter Position am Zapfenendfüßchen zu finden ist. Dies kann als Hinweis auf eine Expression durch flat midget Bipolarzellen oder Bipolarzellen des Typs DB3 gewertet werden. Dies lässt vermuten, dass dieses Protein an der Formation zelltypspezifischer Kontakte bzw. Synapsen beteiligt ist. In einer vergleichenden Studie der synaptischen Verteilung des zytoplasmatischen Gerüstproteins Zonula Occludens-1 (ZO-1) in Makaken-, Kaninchen- und Mausretinae zeigte sich ein sehr einheitliches sowie auch zelltypspezifisches Verteilungsmuster. ZO-1 fiel bei allen Spezies mit Connexin 36 (Cx36) an den gap junctions zwischen Photo-rezeptorterminalien und zwischen den Dendriten von OFF-Bipolarzellen zusammen. Außerdem ist ZO-1 mit gap junctions bestimmter Horizontalzellen assoziiert: In der OPL der Kaninchenretina fiel es mit Cx50 zusammen, dem Connexin der axonlosen A-Typ Horizontalzellen. An den großen gap junctions zwischen den Primärdendriten dieser Zellen bildete ZO-1 jedoch eine Zaun-ähnliche Struktur als Abgrenzung um die gap junctions herum, anstatt direkt mit den Connexinen kolokalisiert zu sein. Eine direkte Interaktion mit den Connexinen wird durch die räumliche Anordnung weitgehend ausgeschlossen, was auf eine Funktion von ZO-1 als tight- oder adherens junction Protein hindeutet. In der Mausretina fiel ZO-1 mit Cx57 an dendro-dendritischen gap junctions zwischen den Maus-Horizontalzellen zusammen. In der Makakenretina sind die Connexine der Horizontalzellen noch nicht bekannt. Trotzdem ließ sich ZO-1 den dendro-dendritischen gap junctions zwischen H1 Horizontalzellen zuordnen. Darüber hinaus zeigte sich eine enge Assoziation dieser dendro-dendritischen gap junctions mit den GluRs unterhalb der Zapfenendfüßchen an den desmosome-like junctions. Der von den GluRs ermöglichte Calcium-Einstrom könnte sich durch die räumliche Nähe zu den Connexinen modulierend auf die Leitfähigkeit der elektrischen Synapsen auswirken.
Taspase1 stellt die bisher einzige Typ2-Asparaginase mit proteolytischer Aktivität dar. Das wichtigste Substrat der Taspase1 ist das MLL-Protein, einem Homolog des Trithorax- Proteins aus Drosophila melanogaster, das auch dort eine wichtige Rolle bei Differenzierungsprozessen spielt. Bei Patienten mit einer t(4;11)-Translokation ist Taspase1 maßgeblich an der Ausbildung einer t(4;11)-assoziierten Leukämie beteiligt. Die Inhibierung der proteolytischen Aktivität der Taspase1 könnte daher einen Ansatzpunkt für eine neuartige Krebstherapie darstellen. Aufgrund der ungewöhnlichen Eigenschaften von Taspase1 ist es bisher nicht gelungen einen selektiven Inhibitor für das katalytische Zentrum der Taspase1 zu identifizieren. Unter nativen Bedingungen (ca. 50 mM NaCl) befindet sich Taspase1 bereits in einem nahezu vollständig inhibierten Zustand, da im katalytischen Zentrum der Taspase1 ein Chloridion komplexiert ist. Dieses Chloridion wird einzig und allein nach Interaktion mit dem natürlichen Substrat MLL aus dem katalytischen Zentrum verdrängt, was zu einer kurzfristigen Aktivierung der Taspase1 führt. Nach Ablauf der hydrolytischen Spaltung des Substrates nimmt das Chloridion wieder seine Position im katalytischen Zentrum ein. Unter diesen Bedingungen ist aus sterischen Gründen die Bindung eines potentiellen Inhibitors im katalytischen Zentrum nicht möglich. Durch Herstellung von Mutanten der Taspase1 und deren Substrats konnte der Mechanismus der katalytischen Spaltung durch Taspase1 aufgeklärt werden. Dabei erwiesen sich drei Aminoäuren als essentiell für die Hydrolyse. Interessanterweise ist die Anwesenheit des Substrates, insbesondere des Aspartates an Position Sieben der cleavage sites CS1 bzw. CS2 notwendig um den katalytischen Prozess zu starten. Das negativ geladene Aspartat, verdrängt zunächst das Chloridion von seiner Position und aktiviert dadurch das katalytische Zentrum (Rotation von Threonin 234). Erst dadurch wird Threonin 234 zu einer katalytisch aktiven Aminosäure und kann einen nukleophilen Angriff auf die Peptidbindung zwischen Aspartat und Glycin des Substrates durchführen. Die Hydrolyse wird dabei durch die OH-Gruppe des Serins 252 durch Wechselwirkung mit dem Carboxylsauerstoff unterstützt. Durch Mutation beider Aspartate an Position sieben im artifiziellen Substrat 2CL zu Glycin oder Lysin führte zu einem vollständigen Verlust der hydrolytischen Spaltung an CS1 und zu einem starken Rückgang der hydrolytischen Spaltung an CS2. Die Mutationen T234D und S252D der Taspase1 führten beide zum vollständigen Verlust der katalytischen Spaltung, sowohl in cis, als auch in trans. Unter Verwendung des Taspase1-Aktivitätsassays konnte der transkriptionelle Regulator MLL4 als potentielles Substrat der Taspase1 identifiziert werden.
Ziel dieser Arbeit war es, mit der Methode der NMR-Spektroskopie strukturelle und funktionelle Eigenschaften von Fettsäurebindungsproteinen zu untersuchen. NMR-Spektren von Proteinen mit hohem -Faltblattanteil, wie H-FABP, zeigen häufig eine große Dispersion mit einer typischen Verteilung tief- und hochfeldverschobener Signale. Es wurden 1D/2D 1H-NMR Spektren für den Wildtyp und mehrere Mutanten (F4E, F4S, F4S/W8E, W8E, F16E, F16S, K21I, F64S, L66G und E72S) des humanen H-FABP aufgenommen und so weit wie möglich zugeordnet. Auf diese Weise ließ sich bestimmen, ob die typische -Faßstruktur des Wildtyp bei den Mutanten noch intakt ist. Fast alle Mutanten wiesen eine Signalaufspaltung von 10,2 bis 0,4 ppm wie der Wildtyp auf, nur die W8- Mutanten W8E und F4S/W8E zeigen keine Struktur mehr. H-FABP zeigt in NMR-Spektren sogenannte Spinsystem-Heterogenitäten, die auf mehrere parallel existierende konformationelle Zustände zurückzuführen sind und im NMR- Zeitfenster ( < 200 ms) nicht untereinander austauschen. Diese Spinsystem-Heterogenitäten werden nicht direkt durch Liganden verursacht, da sie auch in delipidierten H-FABP-Spektren vorhanden sind. Noch sind sie abhängig von der Position der in räumlicher Nachbarschaft befindlichen Seitenkette des F57, da sie auch in den Spektren einer F57S-Mutante anwesend sind. Eine Relipidierung der H-FABP Proben mit unterschiedlichen Fettsäuren führte zu einer selektiven Bevorzugung einzelner Spinsysteme. So konnte gezeigt werden, daß die Ligandenbindung beim H-FABP nach einem ,,selected-fit" Mechanismus abläuft, bei dem je nach gebundenem Liganden (Palmitin-, Palmitolein-, Stearin- oder Ölsäure) unterschiedliche, schon vorher vorliegende Konformationen des Proteinrückgrates bevorzugt werden. Ein weiterer Teil der hier vorliegenden Arbeit war die Bestimmung der Lösungsstruktur des humanen B-FABP. Es wurde zur Strukturaufklärung die holo-Form des Proteins verwendetet, die ein Fettsäuregemisch endogener Fettsäuren enthielt. Durch den Einsatz mehrdimensionaler homonuklearer und 15N-editierter NMR-Experimente gelang es, nahezu alle 1H und 15N Resonanzen der Aminosäuren zuzuordnen. Lediglich für K37 konnten in den Spektren keine Signale gefunden werden. Nach einer automatisierten Zuordnung der aus den NOESY-Spektren gewonnenen Abstandsbeschränkungen wurde zur Verfeinerung der Lösungsstruktur des humanen B-FABP ein strukturgefilterter Iterationsprozeß durchlaufen. Mit 2490 Abstandsrandbedingungen zwischen Protonenpaaren sowie 106 stereospezifischen Zuordnungen wurden Torsionswinkeldynamikrechnungen mit abschließender Energieminimierung durchgeführt. Ein mittlerer globaler RMSD-Wert der Proteinrückgratatome von 0,85 ± 0,12 Å erfüllt die Ansprüche einer hochaufgelösten Struktur. Die Tertiärstruktur entspricht einem -Faß bzw. einer -Muschel. Sie besteht aus zehn antiparallelen -Faltblattsträngen und einer kurzen Helix-Turn-Helix Domäne. Die - Faltblattstränge bilden zwei nahezu orthogonale -Faltblätter von jeweils fünf Strängen. Die Lösungsstruktur ähnelt trotz teilweise niedriger Sequenzhomologie den bereits bekannten Strukturen der FABPs aus unterschiedlichsten Organismen. Eine sehr gute Übereinstimmung wurde im Vergleich mit der Lösungsstruktur des H-FABP beobachtet. Die enge Verwandtschaft beider zur Unterfamilie IV gehörenden Proteine äußert sich durch die hohe Sequenzhomologie (67%), die Ähnlichkeit der Konformation und Bindungsaffinität der Liganden, die helikale Konformation am N-Terminus (V1-F4) und ein vergleichbares Wasserstoffbrückennetzwerk innerhalb der Bindungstasche.
Das Neuroblastom ist ein Tumor, der sich von sympathoadrenergen Vorläuferzellen ableitet und die häufigste solide Krebsform im Kindesalter darstellt. Das breite klinische Spektrum dieses Tumors, das von spontaner Regression zu fataler Progression reicht, spiegelt die außerordentliche biologische und genetische Heterogenität dieses Tumors wider. Polyploidie und Genexpressionsanalysen werden auf klinischer Seite zur Risiko- und Therapieeinschätzung eingesetzt. Genomweite Screeninganalysen identifizierten den Transkriptionsfaktor Phox2b als erstes Prädispositionsgen für NB. Frühere Arbeiten haben gezeigt, dass Phox2b absolut essentiell für die Entstehung aller Ganglien des autonomen NS aus Neuralleistenzellen ist. Ziel der Untersuchungen dieser Arbeit war es, die Auswirkungen der NB-assoziierten Phox2b-Mutationen auf Proliferations- und Differenzierungsverhalten sympathoadrenerger Vorläuferzellen zu untersuchen. Hierzu wurden paravertebrale, sympathische Grenzstränge aus Huhnembryonen des Embryonaltags 7 präpariert, dissoziiert und mit Expressionsplasmiden für Phox2bwt und NB-Phox2b-Mutationen transfiziert. Nach zwei Tagen in Kultur wurden mit molekularbiologische Methoden Veränderungen des Proliferations-und Differenzierungsverhalten untersucht. Die Analyse des Proliferationsverhaltens transfizierter Neurone mit BrdU-Proliferationsassays und Phospho-Histon-3-Antikörpern offenbarte einen stark antiproliferativen Effekt des Phox2bwt-Proteins, den die untersuchten NB-Phox2b-Mutationen nicht aufwiesen. NB-Phox2b-Patienten sind heterozygot, d.h. Träger eines gesunden und eines mutierten Phox2b-Allels. Um die genetische Situation im NB-Patienten nachzuahmen, wurde mit spezifischen siRNAs das endogene Phox2b-Protein-Niveau herunter reguliert. NB-Phox2b-Mutationen mit mis- oder nonsense Mutation in der Homöodomäne zeigten unter Phox2b-Knockdown-Bedingungen einen proliferationsstimulierenden Effekt. Diese Experimente warfen die Frage auf, über welche Mechanismen Phox2b und NB-Phox2b-Mutationen Einfluss auf die Zellzykluskontrolle nehmen. Die quantitative Analyse der Expression bekannter Zellzyklusregulatoren wie Zyklin D1, D2 und D3 und der Zyklin-abhängigen Kinase-Inhibitoren p18, p21 und p57kip2 verlief ergebnislos. Die Überexpression des Zyklin-abhängigen Kinase-Inhibitors p27kip1 wirkte antiproliferativ auf Kulturen sympathoadrenerger Vorläuferzellen und das p27kip1-Epxressionsniveau korrelierte mit dem Phox2b-Proteinniveau. P27kip1 scheidet jedoch als alleiniger Vermittler des antiproliferativen Effekts von Phox2b aus, da die ebenfalls antiproliferativ wirkende Phox2-Homöodomäne keinen Einfluss auf das p27kip1-Expressionsniveau besitzt. Vielmehr wurde der bHLH-Transkriptionsfaktor Hand2 als Mediator der Proliferationseffekte von Phox2b identifiziert. Die Proliferation sympathoadrenerger Vorläuferzellen ist abhängig von der Hand2-Proteinmenge, und Hand2-Überexpression ist ausreichend, den antiproliferativen Effekt von Phox2b aufzuheben. Damit im Einklang geht der proliferationsstimulierende Effekt der Phox2bHDmut bei siRNA-vermitteltem Hand2-Knockdown verloren. Weiterhin führt Phox2b-Überexpression zu verringertem Hand2-Expressionsniveau und Phox2b-Knockdown zu vermehrter Hand2-Transkription. In Protein-Protein-Interaktionsexperimenten konnte eine direkte Bindung von Hand2 an Phox2bwt und die untersuchten NB-Phox2b-Mutanten nachgewiesen werden. Diese Ergebnisse zeigen, dass Hand2 in der Vermittlung der Phox2b-Proliferationseffekte auf transkriptioneller und posttranskriptioneller Ebene involviert ist. Der Wirkungsmechanismus dieser Phox2b-Varianten / Hand2-Komplexe konnte nicht endgültig geklärt werden und wird in Form verschiedener Modelle diskutiert. In NB-Patienten korreliert ein hohes Expressionsniveau von Differenzierungsmarkern mit mildem Krankheitsverlauf. Die Rolle von Phox2b als Schlüsselgen in der Entstehung und Differenzierung autonomer Neurone und die genetische Heterogenität des NB legen eine Funktion von NB-Phox2b-Mutationen auf den Differenzierungsstatus sympathoadrenerger Vorläuferzellen nahe. In quantitativen Analysen wurde die Expression von Phox2b-Zielgenen und in NB-Diagnostik involvierten Genen untersucht. Phox2bK155X, eine C-terminal trunkierte NB-Phox2b-Mutation, wirkte dominant-negativ auf die Expression der noradrenergen Markergene Th und Dbh, Tlx3 und die Neurotrophinrezeptoren trkA und p75, deren reduzierte Expression mit schlechter Prognose und damit aggressiven NB-Formen korreliert ist. Zusammenfassend konnte in dieser Arbeit gezeigt werden, das NB-Phox2b-Mutationen in sympathoadrenergen Vorläuferzellen, den potentiellen Tumorentstehungszellen des NB, proliferationsstimulierend wirken und zumindest die C-terminal trunkierte Phox2bK155X-Mutation zur Dedifferenzierung dieser Zellen führt. Hereditäre Mutationen in Phox2b könnten im Patienten nicht nur die terminale Differenzierung sympathischer Neurone stören, sondern auch durch eine verlängerte Phase der Neurogenese die Empfänglichkeit für weitere Tumor-initiierende Mutation erhöhen.
In den vergangenen Jahren haben ökologische Fragen in der Naturstoffforschung mehr und mehr an Bedeutung gewonnen. Naturstoffe bilden dabei einen wichtigen Aspekt in der Aufrechterhaltung symbiotischer Systeme.
Symbiosen stellen eine der treibenden Kräfte der Evolution dar. Diese artenübergreifende Interaktion zweier Organismen ermöglicht die Evolution in wechselseitiger Anpassung, wobei per Definition in die Kategorien Mutualismus, Kommensalismus und Parasitismus unterschieden wird. Teilweise führt die obligatorische Abhängigkeit eines Organismus zum partiellen Merkmals- und Stoffwechselwegverlust, der durch seinen Symbiose-Partner kompensiert wird. In den meisten Fällen stellt Symbiose ein komplexes Netzwerk aus mehr als zwei Lebewesen dar.
Diese Arbeit beschreibt die Anwendung der Klonierungsmethode ExRec ("overlap extension PCR-yeast homologous recombination") für die vereinfachte Bereitstellung von Naturstoffen. Es konnte ein 45 kb großes Gencluster erfolgreich kloniert und zwei neue Peptide Ambactin und Xenolindicin aus Xenorhabdus charakterisieren werden, wobei letztgenanntes von einem stillen Gencluster stammt. ExRec stellt eine sehr effiziente und wichtige Methode für die Klonierung großer Gencluster als auch für die Klonierung aus Metagenombibliotheken und RNA Pools dar...
In der vorliegenden Untersuchung wurden Populationen der Gattung Corbicula im Rhein mit Individuen aus der Mosel, der Weser sowie aus Frankreich, Spanien, Nordamerika und dem Nahen und Fernen Osten sowohl mit genetischen als auch morphologischen Methoden untersucht. Aus diesen Daten sollte ermittelt werden, wie viele Taxa bei der rezenten Besiedelung Europas auftraten und welche Migrationsrouten hierbei nachgewiesen werden konnten. Es konnte gezeigt werden, dass im Rhein zwei hybridisierende genetische Linien auftraten, wobei keine Rückkreuzung mit den Eltern nachgewiesen werden konnte. Die Hybride waren morphologisch nicht zu unterscheiden. Hinweise auf einen unterschiedlichen Chromosomensatz dieser Linien bzw. eine Polyploidie konnte nicht gefunden werden. In der Rhone wurde eine weitere Linie entdeckt. Eine der genetischen Linien im Rhein konnte im Vergleich zu Individuen aus Fernost als C. fluminea identifiziert werden. Die Herkunft der beiden Linien aus Rhein und Rhone blieb unklar, da sie nicht Individuen aus Israel oder Nordamerika zugeordnet werden konnten. Eine Polytomie der MP- und ML-Analysen war nicht auf einen zu geringen Datensatz zurückzuführen, vielmehr konnte gezeigt werden, dass Corbicula im Pleistozän eine Radiation durchief. Schalenmorphologisch konnten die genetischen Linien aus dem Rhein nicht durchgehend den zwei auftretenden Morphen zugeordnet werden. Gleichzeitig schienen diese Individuen die Extreme einer weltweiten Variabilität der Schalenform darzustellen. Ein morphologischer Vergleich von Schalen aus der Sammlung Senckenberg zeigte keine Unterschiede zwischen Individuen, die als C. fluminalis und C. fluminea bezeichnet waren. Vielmehr scheint die Schalenform nicht genügend conchologischen Merkmale zu besitzen, um die genetischen Linien zu unterscheiden. Die Besiedelung Europas durch die Körbchenmuschel erfolgte mehrfach unabhängig in verschiedenen Flusssystemen Südwest- und Mitteleuropas Anfang der 1980er Jahre. Auf- grund der hier nachgewiesenen Isolationswirkung von Stauwehren der Bundeswasserstrassen auf Makroinvertebraten und der Ergebnisse der DAF-Fingerprints von Corbicula- Populationen wurde die Mosel vermutlich von Frankreich aus besiedelt.
Bei Nicht-Säugern, speziell beim Vogel, kommt es nach einem durch Schall oder ototoxische Substanzen verursachten Innenohrtrauma, zu einer spontanen Regeneration der Haarzellen und weitreichender funktioneller Erholung des Hörvermögens. In bisherigen Untersuchungen konnte gezeigt werden, daß beim Vogel die funktionelle Erholung des Hörvermögens nach Innenohrtrauma, trotz spontaner Regeneration der Haarzellen, nicht vollständig ist. Ziel dieser Studie war es herauszufinden, ob die nach Haarzellschädigung und Regeneration beobachtete unvollständige Restitution des Hörvermögens nach alleiniger Nervenfaserschädigung ausbleibt. In einem ersten Schritt wurde mit immunhistochemischen Methoden untersucht, ob AMPA-Rezeptoruntereinheiten im Innenohr der Taube exprimiert werden. Durch die Verwendung von polyklonalen Antikörpern gegen GluR1, GluR2, GluR3 und GluR4 konnte gezeigt werden, daß diese AMPA-Rezeptoruntereinheiten im Innenohr des Vogels exprimiert werden. Eine punktförmige immunreaktive Färbung konnte sowohl auf den Ganglienzellen als auch unterhalb der Haarzellen, in der Region der Synapsen, für GluR2/3 und GluR4, nicht aber für GluR1 festgestellt werden. Auf den Haarzellen selbst konnte eine immunreaktive Färbung für GuR4 nachgewiesen werden. Die Immunoblotanalyse zeigte für die Antikörper gegen GluR1, GluR2/3 und GluR4 Banden bei dem Molekulargewicht der Proteine von 100 kDa. In einem zweiten Schritt wurden die Auswirkungen von AMPA auf die afferenten Hörnervenfaserendigungen morphologisch und physiologisch untersucht. Es zeigte sich, daß die afferenten Hörnervenfaserendigungen durch Applikation von AMPA in den Recessus scalae tympani (30µl/15 min.) geschädigt wurden. Der Verlauf der CAP (Compound action potential)-Hörschwellenkurven wurde sowohl über einen Zeitraum von 8 Stunden, als auch über einen Zeitraum von mehreren Monaten ermittelt. In ebenfalls durchgeführten Kontrollversuchen, bei denen künstliche Perilymphe ohne AMPA infundiert wurde, traten keine Hörverluste auf. Somit konnte eine Schädigung des Innenohres bzw. Hörverluste durch den operativen Eingriff oder durch die Infusion ausgeschlossen werden. Die beobachteten Hörverluste sind also spezifisch auf die Wirkung von AMPA zurückzuführen. Bei der Applikation von 1 mM AMPA-Lösung konnte eine Erhöhung der Hörschwellen um bis zu 80 dB im hochfrequenten Bereich und bis zu 30 - 40 dB im tieffrequenten Bereich über den Zeitraum von mehreren Stunden beobachtet werden. Am dritten Tag nach der AMPA-Applikation zeigten alle untersuchten Tiere eine Verbesserung der Hörschwellen um 20 - 40 dB. Weitere Messungen über den Zeitraum von zwei bis drei Monate zeigten, daß bei einigen Tieren innerhalb von 7 - 21 Tagen die Hörschwellenkurven die Ausgangswerte des unbehandelten Ohres erreichten, daß aber bei der Mehrheit der Tiere eine Anhebung der Hörschwellen von ca. 20 - 30 dB im hochfrequenten Bereich bestehen blieb. Die mittlere bleibende Schwellenanhebung, gemittelt für alle Frequenzen, betrug 8 dB + 5 dB. Bei den Tieren, bei denen ein hochfrequenter Verlust bestehen blieb, erreichten auch die ermittelten CAP-Amplituden bei den hohen Frequenzen ihre Ausgangswerte nicht mehr. Zusätzlich zu den CAP-Schwellenkurven wurden 13 - 15 Wochen nach AMPA-Instillation die Antworteigenschaften einzelner Hörnervenfasern erhoben. Fasern, deren charakteristische Frequenz (CF) über 0,3 kHz lag, zeigten signifikant erhöhte CF-Schwellen. Für Fasern mit CF-Werten über 0,4 kHz wurden verminderte Q10dB-Werte gefunden, während die Spontanentladungsrate für Fasern mit CF-Werten über 0,18 kHz erhöht war. Die maximale Entladungsrate war bei allen Fasern, für die dieser Wert ermittelt wurde (n = 20), ebenfalls erhöht. Neurone, deren CF über einem Wert von 1,5 kHz lag, konnten, methodisch bedingt, nicht untersucht werden. Diese beobachteten funktionellen Veränderungen in der Aktivität und Sensitivität der auditorischen Neurone weisen darauf hin, daß es bei der Wiederherstellung der Verbindung zwischen Haarzelle und neuraler Synapse zu dauerhaften Schäden kommt. Mittels elektronenmikroskopischer Darstellung konnten bei den Tieren, die direkt nach der Infusion (nach 10 min.) der AMPA-Lösung dekapitiert wurden, große vakuolisierte afferente Terminalien unterhalb der Haarzellen gefunden werden. Die efferenten Nervenendigungen waren nicht beschädigt. Während im apikalen Bereich der Papilla basilaris sehr viele Vakuolen bzw. zerstörte afferente Nervenfaserendigungen zu sehen waren, konnten deutlich weniger Vakuolen im medialen Teil und nur sehr wenige Vakuolen im basalen Teil gefunden werden. Dieser Befund korreliert mit der Verteilung der afferenten Nervenfasern entlang der Papilla basilaris. Bei Tieren, die zwei Wochen nach der AMPA-Applikation dekapitiert wurden, konnten keine morphologischen Veränderungen mehr gefunden werden. Die untersuchten Papillen waren von den Kontrollohren nicht mehr zu unterscheiden. Dies zeigt, daß auf struktureller Ebene scheinbar eine vollständige Rekonstitution der Verbindung zwischen Haarzelle und Synapse stattfindet. Dieser Befund steht im Widerspruch zu den elektrophysiologisch erhobenen Daten. Festzuhalten bleibt, daß auch bei ausschließlicher Schädigung der afferenten Nervenendigungen und trotz deren Neubildung ein residualer Hörverlust bestehen bleibt. Als Ursache für die mangelhafte funktionelle Erholung des Hörvermögens könnten durch die längere Abwesenheit der Nervenfaserendigungen hervorgerufene Veränderungen der Eigenschaften der Haarzellen oder eine veränderte Expression und Funktion der Glutamatrezeptoren in Frage kommen.
Derzeit breiten sich gebietsfremde Stechmücken (Diptera: Culicidae) aufgrund von Globalisierung und Klimawandel auf der ganzen Welt aus und bilden neue, stabile Populationen. Wegen ihrer hämatophagen Ernährungsweise sind sie Überträger von Pathogenen, die teilweise schwere bis tödliche Krankheiten beim Menschen, seinen Haustieren oder auch Wildtieren auslösen können. Mit den Stechmücken treten daher auch Infektionskrankheiten vermehrt in Gebieten auf, in denen sie vorher nicht vorkamen oder als bereits ausgerottet galten. Da die meisten im Menschen wirksamen Pathogene nicht durch Impfungen kontrolliert werden können, bleibt als eine der wenigen Möglichkeit der Krankheitsprävention die Dezimierung der Stechmückenpopulation. Daher sind Stechmücken momentan im Fokus von biologischer und epidemiologischer Forschung. Diese hat zum Ziel epidemische Krankheitsausbrüche vektorübertragener Krankheiten in der menschlichen Population zu verhindern. Eine Verringerung der lokalen Stechmückenpopulation bis hin zum Aussterben kann durch die Verwendung von Insektiziden, die Vernichtung von Bruthabitaten oder anderen Kontrollmaßnahmen erreicht werden. Jedoch sind diese Maßnahmen unterschiedlich effektiv, haben zum Teil unerwünsch-te ökologische und gesundheitsschädigende Folgen und sind unterschiedlich aufwendig und kostenintensiv in der Anwendung. Für die Entwicklung eines integrierten, effektiven, zielgerichteten und kostengünstigen Vektormanagements fehlen bislang jedoch die populationsbiologischen Grundlagen.
Ziel dieser Arbeit ist daher die Schaffung der Datengrundlage eines Integrierten Stechmückenmanagements für die Asiatische Buschmücke (Aedes japonicus japonicus THEOBALD 1901), die am weitesten verbreitete exotische Stechmücke in Deutschland. Schwerpunkte dafür wurden auf das zeitliche und räumliche Vorkommen, die Temperaturabhängigkeit des Lebenszyklus, sowie die Wirksamkeit von Kontrollmethoden gelegt.
Die Kenntnis der räumlichen Verbreitung und saisonalen Häufigkeit der Stechmücken ist notwendig, um befallene Standorte und Zeitpunkte des größten Populationszuwachses definieren zu können. Die Verbreitung und die Häufigkeit der endothermen Stechmücken sind stark von der Umgebungstemperatur abhängig, die beispielsweise deren Entwicklungsdauer und Sterblichkeit beeinflusst. Dabei entwickeln sich die verschiedenen Stadien (Ei, Larven, Puppe, Imago), die eine Stechmücke während ihres Lebens durchläuft, in Abhängigkeit von der Umgebungstemperatur unterschiedlich und haben jeweils andere Temperaturpräferenzen. Lebenszyklustabellen geben die Entwicklungsdauer und Mortalität pro Stadium in Abhängigkeit von der Temperatur an. Mit ihrer Hilfe können somit die räumlichen und zeitlichen Vorkommen und Häufigkeiten einer Stechmückenart berechnet werden. Dies ist insbesondere für Stechmücken in Gebieten mit jahreszeitlichen Temperaturveränderungen wichtig. Um Daten für eine solche Lebenszyklustabelle aufnehmen zu können, ist es notwendig Laborexperimente bei festgelegten Temperaturen durchzuführen. Die Voraussetzung dafür ist, dass die Stechmückenart im Labor optimale Bedingungen erhält, um ihren Lebenszyklus abschließen zu können. In dieser Arbeit wurde daher ein Laborprotokoll entwickelt, mithilfe dessen der Lebenszyklus der Asiatischen Buschmücke im Labor untersucht werden kann. Dazu wurden systematisch die Fütterung, die innerartliche Konkurrenz und das Wasservolumen des Brutge-fäßes für die aquatischen Stadien erprobt. Auf Basis dieses Protokolls wurden anschließend die Temperatureinflüsse auf die Entwicklung aller Stadien aufgenommen. Diese Daten dienten der Parametrisierung eines populationsdynamischen Modells. Dieses wurde verwendet, um Standorte mehrjähriger Populationen zu definieren, saisonale Häufigkeiten für Deutschland zu berechnen, durch Temperaturveränderungen hervorgerufene zukünftige Verbreitungsgebiete vorherzusagen, sowie Effekte von Kontrollmaßnahmen auf die Häufigkeit der Asiatischen Buschmücke zu modellieren.
Um eine dauerhafte Kontrolle der Stechmückenvektoren zu gewährleisten, ist weiterhin die permanente Neuentwicklung von wirksamen Kontrollmethoden notwendig. Dazu gehört die präventive Vermeidung von Bruthabitaten der aquatischen Stadien von Stechmücken. Die exotischen Stechmücken, die in Deutschland etabliert sind, gehören mehrheitlich der Gattung Aedes an und sind sogenannte Gefäßbrüter. Ihre bevorzugten Bruthabitate sind kleine Was-seransammlungen wie sie in Baumhöhlen, Gesteinsauswaschungen, Gießkannen, Regentonnen und Blumenuntersetzern vorkommen. In dieser Arbeit wurde untersucht, welche Farben und Volumina von Plastikbechern die Asiatische Buschmücke zur Eiablage bevorzugt, um präferierte Bruthabitate gezielt zu identifizieren und verringern zu können. Auch die Bereitstellung von Insektiziden wird durch in Stechmücken auftretende Insektizidresistenzen erschwert. Insektizide sollen dabei umweltfreundlich, spezifisch für den Zielorganismus und nicht gesundheitsschädlich für den Menschen sein. Weiterhin sind eine gute Anwendbarkeit, geringe Kosten und eine hohe Effizienz wünschenswert. Eine Quelle für potentielle Insektizide sind pflanzliche Stoffe, zum Beispiel ätherische Öle. Diese sind leicht erhältlich, natürlichen Ursprungs und wirksame Vergrämungsmittel gegen stechbereite Stechmückenweibchen. In dieser Arbeit wurde nach einer Literaturrecherche Nelkenöl ausgewählt und als Insektizid gegen Larven der Asiatischen Buschmücke getestet. Dafür wurden die akute toxische Wirkung von Nelkenöl bei drei Temperaturen untersucht und zusätzlich die Wirkung von Nelkenöl auf die Eiablage im Freiland. Nelkenöl zeigte dabei sowohl eine larvizide als auch eine eiablagehemmende Wirkung. Weiterhin wurde Kupfer in Form von kupferhaltigen Euromünzen als Larvizid untersucht. Kupfer ist ein wirksamer Stoff gegen die aquatischen Stadien von Stechmücken. Allerdings wurde der Stoff noch nicht in Form der einfach zu handhabenden, leicht erhältlichen Kupfermünzen getestet. Dazu wurden Vorexperimente durchgeführt, um herauszufinden, wieviel Kupferionen sich aus den Münzen lösen lassen. Anschließend wurde der akut toxische Effekt auf Larven der Asiatischen Buschmücke untersucht.
Ein Integriertes Stechmückenmanagement hat zum Ziel, die lokale Stechmückenpopulation zu kontrollieren, um so Stichen und daraus resultierender Krankheitsübertragung vorzubeugen. Dies erfolgt über die Aufklärung von Betroffenen, der Überwachung der Stechmückenpopulation, dem Testen auf Pathogenbefall und der direkten Kontrolle von Stechmücken. Diese Arbeit leistet einen Beitrag zu den Kenntnissen über die Laborhaltung einer exotischen Stechmückenart, zur Identifizierung von Bruthabitaten, zur zeitlichen und räumlichen Festlegung von Kontrollmaßnahmen und zur Anwendung von Larviziden und eines Vergrämungsmittels. Mit dieser Arbeit wurde die Grundlage eines faktenbasierten Integrativen Stechmückenmanagements für die Asiatische Buschmücke entwickelt, das eventuell auch auf weitere Aedes-Arten übertragbar ist, und als Handlungsempfehlung für politische Entscheidungstragende dienen kann.
Das Gehirn weist in mehreren Bereichen anatomische Asymmetrien zwischen beiden Hemisphären auf, so auch in Bereichen der Hörrinde. Zudem ist bereits langjährig bekannt, dass menschliche Sprache vorrangig in der linken Gehirnhälfte, d.h. linksseitig lateralisiert, verarbeitet wird. Daraus folgend stellt sich die Frage, ob dies eine besondere Spezialisierung ist, oder ob es noch weitere lateralisierte Hirnfunktionen gibt. Viele akustische Signale haben dabei frequenzmodulierte (FM) Komponenten, die im Hörsystem für die Erkennung nach Parametern wie Richtung und Dauer der Modulation analysiert werden müssen. Ob die Analyse von FM-Komponenten oder einzelner Reizparameter im Gehirn lateralisiert stattfindet, wurde in der Literatur meist mit bildgebenden Verfahren untersucht.
Für das Erkennen und Unterscheiden der Modulationsrichtung weist eine Vielzahl von Studien auf eine erhöhte Aktivität in der rechten Hörrinde hin. Für die Analyse von Stimulusdauern ist es bisher allerdings noch unklar bzw. umstritten, ob diese lateralisiert erfolgt. Für die Untersuchung der Lateralisierung einfacher Sprachkomponenten werden häufig Konsonant-Vokal-Silben (CV-Silben) verwendet. In einer Vielzahl von Studien konnte eine linkslastige Lateralisierung, wie bei der Spracherkennung, gezeigt werden.
In der vorliegenden Arbeit wurde nun untersucht, ob ein eindeutigeres Muster von Lateralisierung zu finden ist, wenn diese in Wahrnehmungsexperimenten, untersucht wird. Dabei wurde ein zu untersuchender Teststimulus (FM-/CV-Stimulus) auf einem Ohr mit einem kontralateralen breitbandigen Rauschen auf dem anderen Ohr gleichzeitig präsentiert. Durch die Struktur der Hörbahn kann dabei davon ausgegangen werden, dass in einer Hemisphäre des Vorderhirns vorrangig Informationen aus dem kontralateralen Ohr verarbeitet und Informationen aus dem ipsilateralen Ohr unterdrückt werden und sich somit Rückschlüsse auf die Funktion/Beteiligung einer Hemishpäre ziehen lassen. Das Rauschen diente dabei zur unspezifischen Aktivierung der gegenüberliegenden Hemisphäre.
Die Lateralisierung wurde systematisch für unterschiedlich komplexe Reize untersucht. Dazu wurden in zwei Versuchsreihen Unterscheidungsexperimente durchgeführt, die sich in mehrere Messungen (mit mehreren Durchläufen) mit unterschiedlichen Parametereinstellungen gliederten. Pro Durchlauf musste sich die Versuchsperson immer zwischen zwei Antwortmöglichkeiten entscheiden (2-AFC-Verfahren). Der Schalldruckpegel des Rauschens war dabei für alle Messungen konstant. Der Schalldruckpegel der Teststimuli blieb zwar während einer Messung konstant, wurde jedoch innerhalb eines Experimentes von Messung zu Messung reduziert.
In einer gemeinsamen Analyse wurden jeweils die Fehlerraten und Reaktionszeiten beider Ohren, getrennt nach Seite und FM-/ CV-Stimulus, miteinander verglichen, um so auf eine mögliche Lateralisierung schließen zu können. Damit die Daten der Versuchspersonen bei vergleichbarer Schwierigkeit analysiert werden konnten, wurde als Vergleichswert zwischen allen Versuchspersonen der Schalldruckpegel der ersten Messung mit einer Fehlerrate von mindestens 15,0 % gewählt (15 %-Kriterium). Um auszuschließen, dass das Hörvermögen der Versuchspersonen Unterschiede zwischen beiden Ohren aufweist, wurde vor jeder Messung der „Punkt subjektiver Gleichheit“ für die Lautstärke-wahrnehmung zwischen linkem und rechten Ohr bestimmt.
In der ersten Versuchsreihe wurde dabei die Verarbeitung der Modulationsrichtung und der Stimulusdauer von FM-Stimuli untersucht. Es zeigte sich für beide Experimente, dass ein sinkender Schalldruckpegel des FM-Stimulus zu einer steigenden Fehlerrate führte. Unter Anwendung des 15 %-Kriteriums waren die Fehlerraten für die Unterscheidung der Modulationsrichtung signifikant geringer, wenn der FM-Stimulus auf dem linken Ohr präsentiert wurde. Dies ist ein deutlicher Hinweis für eine rechtslastige Lateralisierung.
Für die Unterscheidung der Stimulusdauer gab es dagegen keinen signifikanten Unterschied zwischen den Fehlerraten beider Ohren. Somit muss davon ausgegangen werden, dass beide Hemisphären für diese Aufgabe benötigt werden und eine bilaterale Verarbeitung stattfindet. In den Reaktionszeiten konnten in beiden Experimente keine signifikanten Unterschiede gezeigt werden. Die Unterscheidung der Modulationsrichtung wurde dabei von allen Versuchspersonen als einfacher eingestuft als die Unterscheidung der Stimulusdauer, was sich auch in niedrigeren Antwortschnelligkeit und Fehlerraten bei vergleichbaren Schalldruckpegeln zeigte.
In der zweiten Versuchsreihe wurde als Referenzmessung nochmals die Unterscheidung der Modulationsrichtungen von FM-Stimuli durchgeführt. Anschließend wurde die Unterscheidung von „da“ und „ga“ untersucht. Diese CV-Silben differieren ausschließlich in der FM-Komponente. Die Untercheidung von CV-Silben ohne Unterschied in der FM-Komponente wurde mittels „ta“ und „ka“ getestet. Für alle drei Experimente zeigte sich, dass ein geringerer Schalldruckpegel des FM- oder CV-Stimulus zu einer steigenden Fehlerrate führte. Unter Anwendung des 15 %-Kriteriums zeigte sich für die Unterscheidung der Modulationsrichtung ein Trend zu niedrigeren Fehlerraten bei der Präsentation des FM-Stimulus auf dem linken im Vergleich mit dem rechten Ohr. In den Reaktionszeiten konnten keine signifikanten Unterschiede gezeigt werden.
Für die Unterscheidung von „da“ und „ga“ ließ sich unter Anwendung des 15 %-Kriteriums in den Fehlerraten und Reaktionszeiten kein Vorteil eines Ohres nachweisen. Dagegen zeigten sich klare Unterschiede bei einzelnen Versuchspersonen. So waren die Fehlerraten für Versuchspersonen, die vorwiegend „da“ erkannt bzw. gehört hatten signifikant höher, wenn der CV-Stimulus auf dem rechten Ohr präsentiert wurde, für „ga“-Hörer war das Gegenteil der Fall. In den Reaktionszeiten konnte kein signifikanter Zusammenhang nachgewiesen werden. Somit ließ sich zeigen, dass je nach Strategie der Versuchsperson bzw. deren individueller Wahrnehmung der CV-Silben, Unterschiede in der Lateralisierung erreicht werden können.
Für die Unterscheidung von „ta“ und „ka“ zeigten sich unter Anwendung des 15 %-Kriteriums signifikant niedrigere Fehlerraten und Reaktionszeiten, wenn der CV-Stimulus auf dem linken Ohr präsentiert wurde. Dies weist deutlich auf eine rechtslastige Lateralisierung hin. Vergleicht man alle drei Experimente ließ sich zudem zeigen, dass die Unterscheidung der Modulationsrichtung einfacher war als die Unterscheidung verschiedener CV-Stimuli. Dabei war die Unterscheidung von „da“ und „ga“ für die Versuchspersonen schwieriger als die Unterscheidung von „ta“ und „ka“. Allerdings konnte in den Lateralisierungsdaten kein direkter Zusammenhang zwischen den FM- und „da“-/„ga“-Stimuli gezeigt werden.
Zusammenfassend konnte in allen fünf Experimenten eine verschieden stark lateralisierte Verarbeitung von akustischen Stimuli bei gleichzeitigem kontralateralen Rauschen gezeigt werden. Der Vorteil eines Ohres (bzw. einer Hemisphäre) war sowohl von der Aufgabe als auch vom Stimulustyp abhängig. Dabei gab es zum Teil starke Unterschiede in der Effektstärke und dem Grad der Lateralisierung zwischen den einzelnen Versuchspersonen. Insgesamt konnte gezeigt werden, dass sich die hier angewendete psychophysische Methode gut eignet, um Ergebnisse zur Lateralisierung von akustischen Stimuli zu gewinnen und somit die Verhaltensrelevanz von Ergebnissen aus Studien mit bildgebenden Verfahren zu überprüfen.
Die Genexpression in prokaryotischen Organismen unterliegt einer Vielzahl von Regulationsmechanismen, deren Aufgabe darin besteht, die Zelle an sich ändernde Umweltbedingungen anzupassen, um so das Überleben des prokaryotischen Organismus zu gewährleisten. Eine Reihe von Hitzeschock- und Virulenzgenen unterliegen temperaturabhängiger Regulation, mit dem Ziel, die Zelle an die sich ändernde Umgebung anzupassen. Die Messung der Temperatur erfolgt dabei über temperatursensitive RNA-Elemente, sogenannte RNA-Thermometer, die sich üblicherweise in der 5’-untranslatierten Region der Gene befinden, die sie regulieren. Sie unterdrücken die Translationsinitiation, indem sie die Shine-Dalgarno (SD)-Sequenz bei niedrigen Temperaturen über Basenpaarung blockieren und dadurch die Bindung des Ribosoms verhindern. In Kapitel 2 der vorliegenden Arbeit wurde die thermodynamische Stabilität der temperatursensitiven Haarnadelschleife 2 des Salmonella FourU RNA-Thermometers über einen breiten Temperaturbereich analysiert. Freie Enthalpie-, Enthalpie- und Entropie-Werte für die Basenpaaröffnung der einzelnen Nukleobasen innerhalb der RNA wurden über die temperaturabhängige Messung von Iminoprotonen-Austauschraten mittels NMR-Spektroskopie bestimmt. Die Austauschraten wurden für die Wildtyp-RNA und die A8C-Mutante bestimmt und miteinander verglichen. Es zeigte sich, dass die Wildtyp-RNA durch das außergewöhnlich stabile Basenpaar G14-C25 stabilisiert wird. Dies konnte durch die Untersuchung der Entfaltung der destabilisierenden G14A-C25U-Doppelmutante verifiziert werden. Über CD-spektroskopsiche Untersuchungen konnte der globale Entfaltungsübergang der jeweiligen RNA analysiert werden. Das Mismatch-Basenpaar innerhalb des Wildtyp-RNA-Thermometers (A8-G31) erwies sich als Ursache für die geringere Kooperativität des Entfaltungsübergangs der Wildtyp-RNA im Vergleich zur A8C-Mutante. Enthalpie- und Entropie-Werte für die Basenpaaröffnung einzelner Nukleotide sind für beide RNAs linear korreliert. Die Steigungen dieser Korrelationen stimmen mit den Schmelzpunkten der RNAs überein, die über CD-Spektroskopie bestimmt wurden. Entfaltung der RNA tritt also genau dann auf, wenn alle Nukleotide gleiche thermodynamische Stabilitäten besitzen. Die Resultate sind mit einem Reißverschluss-Mechanismus für die RNA-Helix Entfaltung konsistent und erklärbar, in dem die Stapelinteraktionen der benachbarten Nukleobasen innerhalb der RNA-Helix verantwortlich für die beobachtete Kooperativität sind. Die Ergebnisse weisen auch auf die Wichtigkeit der RNA-Lösungsmittel-Interaktion für die Stabilität der RNA-Struktur hin. So konnten langreichweitige Wechselwirkungen der A8C-Mutation auf die Stabilität der G14-Nukleobase identifiziert werden, die möglicherweise über die Hydrathülle der RNA vermittelt werden. Schließlich konnte für das FourU-Motiv eine Mg2+-Bindestelle identifiziert werden, die die temperaturabhängige Stabilität des RNA-Thermometers beeinflusst. Es besteht also die Möglichkeit, dass Änderungen der intrazellulären Mg2+-Konzentration die Expression des agsA-Gens in vivo modulierend beeinflussen. In Kapitel 3 dieser Arbeit wurden die dynamischen Eigenschaften des Phosphodiesterrückgrats einer perdeuterierten cUUCGg-Tetraloop-14mer-RNA untersucht. Dazu wurden die Relaxationseigenschaften aller 31P-Kerne dieser RNA bei magnetischen Feldstärken von 300, 600 und 900 MHz untersucht. Dipolare Relaxationsbeiträge konnten unterdrückt werden, indem eine perdeuterierte RNA-Probe in einem D2O-Puffer verwendet wurde. Um die 31P-Relaxationsdaten (R1, R2) interpretieren zu können, wurde zusätzlich mittels Festkörper-NMR die Chemische Verschiebungsanisotropie (CSA) der 31P-Kerne des Phosphodiesterrückgrats bestimmt. Die Messungen wurden bei verschiedenen Salzkonzentrationen und unter unterschiedlichen Hydratationsbedingungen durchgeführt. Aus den Daten konnte ein 31P-CSA-Wert von 178.5 ppm im statischen Zustand (S2 = 1) bestimmt werden. Auf der Grundlage der durchgeführten R1- und R2-Messungen wurde eine Modelfree-Analyse durchgeführt, um Informationen über die schnellen Dynamiken des Phosphodiesterrückgrats zu erhalten. Die Resultate zeigen, dass die Dynamiken des Phosphodiesterrückgrats auf der Subnanosekundenzeitskala stärker ausgeprägt sind als die Dynamiken der Ribofuranosylreste und der Nukleobasen. Des Weiteren konnte gezeigt werden, dass die Dynamik einer individuellen Phosphatgruppe zu der jeweiligen 5’-benachbarten Nukleobase korreliert ist. In Kapitel 4 dieser Arbeit wird die Entwicklung neuer Methoden beschrieben, mit denen Torsionswinkelinformation aus der Analyse kreuzkorrelierter Relaxationsraten gewonnen werden können. Im ersten Teil des Kapitels wird die Entwicklung einer neuen NMR-Pulssequenz beschrieben, über die der glykosidische Torsionswinkel Chi in 13C,15N-markierten Oligonukleotiden bestimmt werden kann. Mit dem neuen quantitativen Gamma-HCNCH-Experiment ist es möglich, die dipolaren kreuzkorrelierten Relaxationsraten Gamma-C6H6-C1´H1´ (Pyrimidine) und Gamma-C6H6-C1´H1´ (Purine) zu messen. Die kreuzkorrelierten Relaxationsraten wurden an einer 13C,15N-markierten cUUCGg-Tetraloop-14mer-RNA bestimmt. Die aus den Raten extrahierten Chi-Winkel wurden mit bereits vorhandener Strukturinformation verglichen. Sie stimmen bemerkenswert gut mit den Winkeln der Kristallstruktur des Tetraloops überein. Zusätzlich wurde die neue Methode an einer größeren 30mer-RNA, dem „Stemloop D“ (SLD) aus dem Coxsackievirus-B3-Kleeblatt, getestet. Für die SLD-RNA wurde der Effekt von anisotroper Rotationsdiffusion auf die Relaxationsraten untersucht. Es konnte gezeigt werden, dass die Chi-Winkelbestimmung besonders für Nukleotide in der anti-Konformation sehr genau ist und die Methode eine eindeutige Unterscheidung von syn- und anti-Konformation zulässt. Im zweiten Teil von Kapitel 4 wird die Entwicklung des Gamma-HCCCH-Experiments beschrieben. Hierbei handelt es sich um eine neue NMR-Pulssequenz zur Messung der Gamma-C1´H1´-C3´H3´-Rate in 13C-markierten RNAs. Die Funktionsfähigkeit der neuen Methode wurde an einer cUUCGg-Tetraloop-14mer-RNA demonstriert. Zusätzlich dazu wurden die analytischen Gamma-C1´H1´-C3´H3´(P,nü_max)-, Gamma-C1´H1´-C4´H4´(P,nü_max)- und Gamma-C2´H2´-C4´H4´(P,nü_max)-Abhängigkeiten mathematisch hergeleitet. Die an der 14mer-RNA gemessenen Gamma-C1´H1´-C3´H3´-Raten wurden mit Hilfe der Gamma-C1´H1´-C3´H3´(P,nü_max)-Beziehung analysiert. Die Ergebnisse für die Pseudorotationsphase P sind konsistent mit Referenzwinkeln aus der 14mer-NMR-Struktur und den bereits bekannten (Gamma-C1´H1´-C2´H2´)/(Gamma-C3´H3´-C4´H4´)-Ratenverhältnissen. Die neue Methode liefert zusätzliche Informationen, um Konformation (P, nü_max) und Dynamik S2(C1´H1´-C3´H3´) der Ribosereste in RNA-Molekülen genauer beschreiben zu können. In Kapitel 5 dieser Arbeit wird die Entwicklung des 3D-HNHC-Experiments, einer neuen NMR-Pulssequenz, beschrieben. Dieses Experiment ermöglicht es, die H2-, C2- und N1-Resonanzen in Adenin-Nukleobasen 13C, 15N-markierter RNA-Oligonukleotide miteinander zu korrelieren. Die Funktionsfähigkeit der neuen Methode wurde an einer mittelgroßen, entsprechend markierten 36mer-RNA demonstriert. Die neue Methode vereinfacht die Zuordnung der Kerne der Adenin-Nukleobasen, da Zuordnungsmehrdeutigkeiten aufgrund überlappender Resonanzen in der 1H-Dimension aufgelöst werden können. In Kombination mit dem TROSY-relayed-HCCH-COSY-Experiment liefert das neue 3D-HNHC-Experiment das fehlende Glied für die Zuordnung der Imino-H3-Resonanzen der Uracil-Nukleobasen über das AU-Basenpaar hinweg zu den H8-Resonanzen der Adenin-Nukleobasen.
Der Lichtsammelkomplex II (LHCII) dient als Lichtantenne für das photosynthetische Reaktionszentrum II der höheren Pflanzen. Seine Trimere stellen das häufigste Protein in der Thylakoidmembran dar. Ungefähr die Hälfte des Chlorophylls der Pflanze befindet sich in diesem Komplex. Der LHCII ist ein integrales Membranprotein und bindet neben Chlorophyll a und b auch verschiedene Carotinoide. Seine Pigmente absorbieren Licht und geben die dadurch aufgenommene Energie an die photosynthetischen Reaktionszentren weiter, wo sie ausgehend von einer Ladungstrennung chemisch konserviert wird. Die Weiterleitung der Anregungsenergie im LHCII geschieht über spezifische Pfade und mit ultraschneller Kinetik im Femtosekundenbereich. Der LHCII ist das einzige Antennenprotein der höheren Pflanzen, dessen dreidimensionale Struktur bei einer fast atomaren Auflösung von 3.4Å gelöst wurde. Bei dieser Auflösung war es jedoch nicht möglich, den Unterschied zwischen Chlorophyll a und b zu bestimmen, außerdem waren nur zwei der insgesamt drei bis vier gebundenen Carotinoide sichtbar. Das Ziel der vorliegenden Arbeit bestand darin, die einzelnen Pigmente, deren Positionen aus der Struktur bekannt waren, nach ihrer chemischen Natur zuzuordnen. Hierzu wurden mutierte Komplexe untersucht, bei denen jeweils ein bestimmtes Chlorophyllmolekül fehlte. Dies wurde durch Punktmutationen im Polypeptid erreicht, bei denen diejenige Aminosäure ausgetauscht war, an die ein bestimmtes Chlorophyllmolekül über das zentrale Mg 2 Atom gebunden war. Die veränderten Proteine wurden durch ortsgerichtete Mutagenese und Überexpression des Polypeptids in E. coli hergestellt, wo sie ohne die Pigmente aggregiert in Einschlusskörpern vorlagen. Die Rückfaltung in Gegenwart von Pigmenten und Detergenzien erfolgte auf einer NickelAffinitätssäule, an die das LHC Protein mittels einer HexaHistidinmarkierung gebunden war. So konnte in einem biochemischen Schritt das Protein gefaltet, die Pigmente inkorporiert und die native, trimere Form gebildet werden. Die Rückfaltung von histidinmarkierten Proteinen auf Metallaffinitätssäulen kann als generelle Methode auch für andere, schwierig zu faltende, lösliche und Membranproteine angewandt werden. Der native Zustand des rückgefalteten LHCII wurde folgendermaßen bewiesen: Der Pigmentgehalt, der durch HPLC Analyse bestimmt worden war, war identisch zum nativ isolierten Protein. Auch ein Absorptionsspektrum zeigte bei 4K die charakteristische Aufspaltung in mehrere Chlorophyllmaxima. Es konnte gezeigt werden, dass in einem Fluoreszenzexperiment die Anregungsenergie, die bei kurzwelligem Chlorophyll b eingestrahlt wurde, im Komplex komplett auf das langwelligste Chlorophyll a übertragen wurde. Schließlich wurden aus dem rekombinanten Protein zweidimensionale Kristalle erzeugt, deren elektronenmikroskopische Projektionsbilder identisch zu denen des Nativproteins waren. Der Austausch der Chlorophylle an einigen Bindungsstellen durch Chlorophyllderivate, die entweder im Zentralatom oder in der Porphyrinringstruktur verändert waren, zeigte, dass das Zentralatom den entscheidenden Faktor zur Stabilisierung der Chlorophyllbindung darstellt. Es wurden neun Mutanten erzeugt, bei denen jeweils derjenige Aminosäurerest ausgetauscht war, von dem aus der Struktur bekannt war, dass er den fünften Liganden für das zentrale Mg 2 Atom eines bestimmten Chlorophylls darstellt. Die HPLC Analyse ihrer Pigmente zeigte, dass die Mutanten tatsächlich jeweils ungefähr ein Chlorophyllmolekül verloren hatten; dies diente dazu, die jeweilige Bindungstasche zu Chl a oder Chl b zuzuordnen. Nur sechs Mutanten bildeten Trimere, ihre biochemischen Daten zeigten, dass die in der Struktur vorgenommene Zuordnung bis auf das Chl b3 korrekt war. Einige Chlorophyllmutanten waren auch in ihrem Gehalt an Neoxanthin reduziert, daraus konnte die ungefähre Lage des Neoxanthins in der Nähe der Helix C abgeleitet werden. Die mutierten Proteine lieferten nicht nur die Zuordnung einer Bindungstasche zu einem bestimmten Chlorophylltyp, sondern es konnte aus den Differenzspektren im Vergleich zum Wildtyp auch die Wellenlänge eines bestimmten Chlorophylls abgeleitet werden. Um eine höhere spektrale Auflösung zu erzielen, wurden die Spektren bei 4K aufgenommen. Die Zuordnung einzelner spektraler Banden zu bestimmten Chlorophyllen zeigte, dass in einer bestimmten Bindungstasche nur entweder Chlorophyll a oder Chlorophyll b gebunden war, da sich nur eine einzige Differenzbande im Spektrum ergab. Weiterhin implizieren die gefundenen Einzelbanden, dass die Pigmente keiner starken excitonischen Kopplung unterliegen, wie dies zum Beispiel im B850 Ring des bakteriellen Lichtsammelkomplexes der Fall ist. Bei LHCII Komplexen, die nur mit Chlorophyll b rückgefaltet worden waren, zeigte sich eine ungewöhnlich langwellige Fluoreszenz bei 77K. Dies könnte auf eine räumlich limitierte Kopplung eines einzelnen Chlorpohyllpaars hinweisen. Bei der Mutante der Chl a2 Bindungsstelle zeigte sich, dass dies das langwelligste der untersuchten Pigmente war. Der zugehörige Koomplex war auch der einzige, bei dem die Fluoreszenz ins Kürzerwellige verschoben war. Die Lage des Chlorophylls a2 an der Außenseite des Proteins ist prädestiniert für die Energieübertragung zum photosynthetischen Reaktionszentrum oder zu benachbarten LHC Komplexen.
Obwohl die Kristallstrukturen der CytochromcOxidase aus RinderherzMitochondrien und dem Bodenbakterium P. denitrificans bekannt sind und die Funktionsweise des Enzyms mit Hilfe zahlreicher Methoden bereits intensiv untersucht wurde, wird nach wie vor kontrovers diskutiert, an welcher Stelle im katalytischen Zyklus wieviele Protonen aufgenommen bzw. gepumpt werden und über welchen der beiden Protoneneintrittspfade dies geschieht. Ziel der vorliegenden Arbeit war es, diesen Fragestellungen mit Hilfe von elektrischen Messungen nachzugehen, um dann ein genaueres Bild von der mechanistischen Funktionsweise des Enzyms zu erhalten. Hierzu wurden Teilschritte des katalytischen Zyklus der CytochromcOxidase aus P. denitrificans genauer untersucht. Dies gelang durch Spannungsmessungen an der schwarzen Lipidmembran mit Ru II (2,2'bipyridyl) 3 Cl 2 (Rubpy) als lichtinduzierbarem Einelektronendonor. Es konnte gezeigt werden, daß ausgehend vom vollständig oxidierten Zustand O nach Lichtanregung ein Elektron von Rubpy auf die Oxidase übertragen und anschließend vom CuA zum Häm a mit einer Zeitkonstanten von » 20 µs transportiert wird. Zeitaufgelöste spektroskopi sche Messungen deuten darauf hin, daß das Elektron auf dem Häm a verbleibt. Die Reduktion dieses Kofaktors führt zu einer Protonenaufnahme über den KWeg mit einer Zeitkonstanten von » 175 µs. Nimmt man an, daß sich Häm a in der Mitte des Dielektrikums befindet (Hinkle und Mitchell, 1970), so deuten die relativen Amplituden der beiden Phasen an, daß etwa 0.8 Protonen aufgenommen werden, in sehr guter Übereinstimmung mit (Capitanio et al., 2000). Aus MehrfachblitzExperimenten unter anaeroben Bedingungen, ausgehend vom OZustand, konnten erste Erkenntnisse über den E ® R Übergang gewonnen werden, nämlich daß hierbei ein Prozeß mit einer Zeitkonstanten von ca. 1.1 ms auftritt und daß sowohl K als auch DWeg an diesem Teilschritt des katalytischen Zyklus beteiligt sind. Da mit der MehrfachblitzMethode aber immer ein Gemisch aus verschiedenen Zuständen entsteht, war es nicht möglich, quantitative Aussagen über die Zahl der transportierten Ladungen zu treffen. Aus diesem Grund wurde eine Möglichkeit gesucht, den EZustand in hoher Ausbeute mit ausreichender Stabilität herzustellen, um dann ein Elektron zu übertragen. Dies gelang durch Darstellung des OxoferrylZustandes F mit Hilfe von H 2 O 2 und anschließende Zweielektronenreduktion durch CO. Die Übertragung von einem Elektron auf den so gebildeten EZustand lieferte 3 Phasen im Spannungssignal mit Zeitkonstanten von » 25 µs, » 200 µs und » 1.5 ms. Die relativen Amplituden dieser Phasen und die Ergebnisse von K und DWegMutanten legen nahe, daß nach Aufnahme des 2. Elektrons vermutlich ein Proton über den KWeg aufgenommen und anschließend 1 Proton über den DWeg gepumpt wird. Es konnte somit zum ersten Mal gezeigt werden, daß bereits während des reduktiven Teils (O ® R) des katalytischen Zyklus ein Proton von der intrazellulären zur extrazellulären Seite transportiert wird und zwar ohne daß unmittelbar vorher die Sauerstoffreduktion stattgefunden haben muß. Erste Experimente zum P ® F Übergang lassen sich so deuten, daß mit Aufnahme des 3. Elektrons ein Proton zum binuklearen Zentrum transportiert und mindestens 1, wenn nicht gar 2 Protonen durch das Enzym gepumpt werden. Hier sind noch weitere Experimente nötig, um die genaue Zahl der transportierten Ladungen und die für die einzelnen Protonenbewegungen verwendeten Protoneneintrittspfade zu bestimmen. Messungen zum F ® O Übergang schließlich zeigten, daß nach dem CuA ® Häm a Elektro nentransfer mit einer Zeitkonstanten von ca. 25 µs vermutlich 1 Proton über den DWeg bis zu den Hämen transportiert (t » 270 µs) und anschließend ein Proton ebenfalls über den DWeg gepumpt wird (t » 1.5 ms). Aus den gewonnenen Daten wurde ein neuer Mechanismus für die Sauerstoffreduktion in der ParacoccusCOX entwickelt. Dieser beruht auf dem von Mitchell und Rich postulierten Elektroneutralitätsprinzip (Mitchell und Rich, 1994) und ist stark an das von Michel vorgeschlagene Modell (Michel, 1998; Michel, 1999) angelehnt. Zur Klärung der Fragen, ob sich bakterielles und RinderzEnzym eventuell in ihrem Mechanismus unterscheiden oder ob nicht eventuell ein Proton während des O ® E Übergangs gepumpt wird (allerdings nur, wenn unmittelbar vorher die Sauerstoffreduktion durchlaufen wurde), sind u.a. noch intensivere Untersuchungen des P ® F Teilschrittes notwendig. Im Rahmen dieser Arbeit wurden weiterhin 2 verschiedene Kobaltkomplexe auf ihre Eignung als lichtinduzierbare Sauerstoffdonatoren (cagedSauerstoff) für die COX untersucht. Hierbei stellte sich heraus, daß beide Verbindungen ungeeignet sind, da sie entweder instabil sind ((µsuperoxo)bis[pentaammincobalt(III)]) oder Nebenreaktionen mit dem Protein eingehen ((µperoxo)(µhydroxo)bis[bis(bipyridyl)cobalt(III)]). Abschließend wurde der Einfluß von Zn 2 Ionen auf elektrogene Schritte im katalytischen Zyklus genauer erforscht. Es wurde deutlich, daß Zn 2 bakterielle COX von beiden Seiten inhibieren kann, wobei die Bindestelle(n) auf der intrazellulären Seite im Gegensatz zur extrazellulären Seite hochaffin ist/sind. Die elektrischen Messungen deuten darauf hin, daß hierbei sowohl D als auch KWeg blockiert werden, wobei die exakte Position der Metallbindestelle(n) noch zu klären ist.
Isolation des Carotinoidbiosynthese Genclusters aus Flavobacterium spec P99-3. Das isolierte Gencluster von 15 kb Größe zeigt 7 offene Leseraster, die auf Grund ihrer Sequenzhomologie Carotinoidgenen zugeordnet werden können oder anhand von Komplementationen in einem heterologen Expressionssystem in E. coli mit anschließender HPLC-Analayse eine eindeutige Funktion im Biosysnthesewegs des selten vorkommenden Myxols zugeordnet werden kann.
Es ist wohl unumstritten, dass das Leben, wie wir es kennen, ohne die sauerstoffproduzierenden Organismen unserer Erde nicht möglich wäre. Zu ihnen gehören nicht nur die Landpflanzen, deren mannigfaltige Nutzung wichtiger Bestandteil unseres Alltags ist. Auch mikroskopisch kleine Algenarten leisten einen entscheidenden Beitrag zu den Stoffwechselkreisläufen dieser Welt. Unter ihnen befinden sich die Kieselalgen (Diatomeen), die mit einer Varietät von bis zu 10000 Spezies etwa 40 % der marinen Primärproduktion verantworten. Der Ursprung der heutigen zur oxygenen Photosynthese befähigten Eukaryoten geht auf Endosymbioseereignisse zurück, von denen aus sich diese Organismen ausgesprochen vielfältig entwickelt haben. Diese Vielfalt wird dabei nicht nur anhand ihrer äußeren Morphologie, sondern auch auf subzellulärer Ebene, deutlich. So zum Beispiel durch die unterschiedlichen Strukturen der Thyakoidmembranen, die sich in Kieselalgen wie Cyclotella meneghiniana in dreilagigen Bändern arrangieren. In Pflanzen wie Nicotiana tabacum (Tabak) hingegen bilden sie große, stapelartige Bereich aus, die zur räumlichen Separation der in den Thylakoiden eingebetteten Photosystemen beitragen. Auch die an die Photosysteme (PS) gebundenen Lichtsammelproteine (Lhcs) haben sich in Tabak und Cyclotella unterschiedlich entwickelt. Gemäß ihrem Namen zeichnen sie sich zwar allesamt durch die Sammlung und Weiterleitung der Lichtenergie an die Photosysteme aus, grenzen sich aber in Hinblick auf Proteingröße und Pigmentierung voneinander ab.
Die Lhcs der höheren Pflanzen werden entsprechend ihrer Zuordnung zu den Photosystemen in den aus zwei Heterodimeren bestehenden LHCI des PSI und die Lhcb-Antennenproteine des PSII unterschieden. Zu letzteren gehören der trimere Hauptantennenkomplex LHCII und die monomeren, minoren Antennenproteine. Die Lhcs binden die zur Lichtsammlung benötigten Pigmente, vor allem Chlorophyll a und Chlorophyll b, aber auch primäre Carotinoide wie Violaxanthin, Lutein und Neoxanthin, in unterschiedlichen Stöchiometrien. Es ist bereits bekannt, dass die Pigmentierung entscheidend zur Stabilität der Lichtsammelproteine beiträgt, wenngleich zum Teil auch eine gewisse Flexibilität in Bezug auf die Art der gebundenen Pigmente an den entsprechenden Bindestellen der Proteine besteht.
Im Rahmen dieser Arbeit liegt der Fokus auf der Fragestellung inwieweit die in der Regel nicht in Pflanzen vorkommenden Ketocarotinoide die Struktur und Funktion des LHCII aus einer Ketocarotinoide produzierenden N. tabacum - Transformante (bkt-Linie) beeinflussen und welche Auswirkungen sie auf dessen Photosyntheseapparat im Allgemeinen haben. Die bkt-Linie bildet dabei zum Teil auf Kosten ihrer primären Carotinoide sowohl das als antioxidativ und als anti-kanzerogen beschriebene Astaxanthin, als auch dessen Vorstufe Canthaxanthin und einige Derivate dieser Pigmente, die, nach vergleichenden HPLC-Analysen von Blättern und Thylakoidfraktionen, zu einem großen Teil mit der Thylakoidmembran assoziiert sind. Durch spektroskopische Untersuchungen konnte gezeigt werden, dass diese Ketocarotinoide in Hinblick auf die Energieweiterleitung zum Chlorophyll a nicht funktionell an den LHCII binden, ihre Produktion aber die Trimerisierung dieses Lichtsammelkomplexes in N. tabacum nachhaltig beeinträchtigt. Auch die Assemblierung der PSII-LHCII-Superkomplexe wird dadurch maßgeblich gestört. Elektronenmikroskopische Aufnahmen von Chloroplasten der bkt-Linie verdeutlichten zudem die Beeinträchtigung der Granathylakoid-Stapelung: Sie fällt ungeordneter aus als im Wildtyp, was durch den Mangel an intakten LHCII-Trimeren begründet sein kann.
In funktioneller Hinsicht stören die Ketocarotinoide die Energieweiterleitung innerhalb des PSII und bewirken die Reduktion der photoprotektorischen, nicht-photochemischen Fluoreszenzlöschung des Wirtsorganismus nachhaltig. Zeitgleich reduzieren sie durch einen abschirmenden Effekt auf Grund ihrer Assoziation mit der Thylakoidmembran und/oder durch einen eventuellen S1-S1-Energietransfer von Chl a auf die Ketocarotinoide aber auch die Menge der Lichtenergie, die über die Lhcs an die Photosysteme weitergeleitet wird. Dadurch kommt ihnen neben dem nachhaltig störenden Einfluss auf die Intaktheit des Photosyntheseapparats zugleich auch eine schützende Wirkung vor einem Übermaß an Lichtenergie zu.
Aus Cyclotella meneghiniana sind zwei Hauptantennenkomplexe bekannt: FCPa und FCPb. Im Gegensatz zu den Lhcs der Chl a/b-haltigen Organismen binden die Lichtsammelproteine der Diatomeen das Xanthophyll Fucoxanthin anstelle des Luteins, und Chlorophyll c anstelle des Chlorophyll b. Im Gegensatz zu der bereits sehr detailliert aufgeklärten Struktur des trimeren LHCII in höheren Pflanzen, existieren für den Aufbau des FCPb in C. meneghiniana bisher nur fundierte Modellvorschläge. Diese postulieren eine homotrimere Grundstruktur für den FCPb, die zu höheren Oligomeren assembliert.
In der vorliegenden Arbeit konnte anhand elektronenmikroskopischer Aufnahmen und der anschließenden Einzelpartikelanalyse nun erstmalig die Struktur des etwa 6-7 nm großen, trimeren FCPb gezeigt und die Richtigkeit der bisher postulierten Modellvorschläge in Hinblick auf die Struktur des Trimers bewiesen werden. Nach den hier dargelegten Erkenntnissen gleicht die Anordnung der Untereinheiten des FCPb-Trimers der des LHCII. Zudem ergibt sich aus dem Zusammenhang der hier erhobenen Daten und den in der Fachliteratur veröffentlichten Ergebnissen zum Thema FCPb ein klares Bild über die Anordnung der höheren Oligomere in Form von Nonameren. Auch diese Erkenntnisse unterstützen das ursprünglich von C. Büchel vorgeschlagene Modell für die oligomere Struktur des FCPb in C. meneghiniana.
Der erste Teil der vorliegenden Arbeit beinhaltet die funktionelle Analyse von fünf Oberflächenproteinen von B. recurrentis die die Fähigkeit besitzen, die Aktivierung von humanen Komplement zu inhibieren und Borrelien vor Bakteriolyse zu schützen. Im zweiten Teil der Arbeit wurden zwei immunologische Testverfahren mit hoher Sensitivität sowie Spezifität entwickelt und mit zahlreichen Patientenseren evaluiert. Die entwickelten Tests könnten in Zukunft als zuverlässige Instrumente für eine gesicherte Diagnose von LRF eingesetzt werden.
Eine Sequenzanalyse führte zur Identifizierung eines neuen Proteinclusters, welches die fünf untersuchten Komplement-inhibierenden Proteine als „Cluster of Complement-targeting and Host-interacting Proteins“ oder „Chi-Gencluster“, zusammenfasst. Diese Oberflächenproteine wurden als ChiA, ChiB, ChiC, ChiD und ChiE bezeichnet. Weiterführende Sequenzanalysen ergaben, dass das Chi-Gencluster extrem hoch konserviert ist und sowohl in den ersten B. recurrentis-Isolaten aus den 1990er Jahren als auch in B. recurrentis-Stämmen nachgewiesen werden konnte, die 2015 aus Patienten isoliert wurden.
Durch funktionelle Analysen konnte gezeigt werden, dass alle fünf Chi-Proteine in der Lage sind den alternativen und terminalen Komplementweg zu inhibieren. Ebenfalls konnte für die Proteine ChiB, ChiD sowie ChiE nachgewiesen werden, dass die Interaktion mit der Komplementkomponente C5 dosisabhängig verläuft.
Die strukturelle Aufklärung des Proteins ChiB ermöglichte es Aminosäuren zu identifizieren, von denen angenommen wurde, dass sie für die Interaktion mit Komplement eine Rolle spielen könnten. Durch in vitro Mutagenese konnten insgesamt fünf verschiedene Varianten von ChiB generiert werden, die jedoch keine Veränderungen in ihrem Komplement-inhibierenden Potential gegenüber dem unveränderten ChiB-Protein aufwiesen. Weder in der Inhibition des alternativen oder des terminalen Komplementweges, noch in der Interaktion mit den untersuchten Komplementkomponenten C3b, C5 und C9.
Weiter konnte gezeigt werden, dass die lytische Aktivität von Humanserum durch Vorinkubation mit ChiB, ChiC, ChiD und ChiE drastisch reduziert werden konnte, sodass Serum-sensible Borrelienzellen in Gegenwart von Komplement überlebten. „Gain-of-function“ B. garinii-Transformanten, welche mit dem entsprechendem Chi-kodierenden Gen transformiert wurden, bestätigten die mit den gereinigten Proteinen erhobenen Ergebnisse.So konnte nachgewiesen werden, dass ChiB-, ChiC- oder ChiD-produzierende „Gain-of-function“ B. garinii Transformanten, nicht jedoch ChiE- produzierende Zellen, in der Lage waren einen Serum-resistenten Phänotypen auszubilden. Für Transformanten, die zwei-, drei- oder vier Chi-Proteine in verschiedenen Kombinationen gleichzeitig produzierten, konnte allerdings die Fähigkeit in Gegenwart von Humanserum zu überleben nicht bestätigt werden.
Molekulare Analysen mit verschiedenen RF-Borrelienstämmen führten zum Nachweis, dass die fünf Chi-kodierenden Gene bei allen Isolaten vorhanden sind und unter in vitro Bedingungen exprimiert werden. Im Gegensatz zu B. recurrentis PAbJ, ließ sich das HcpA kodierende Gen in B. duttonii LAI nicht nachweisen, jedoch alle dem Chi-Cluster zugehörigen Gene. Bei B. duttoni V fehlte das gesamte Chi-Cluster sowie die für CihC- und HcpA-kodierenden Gene. Durch eine Western Blot-Analyse konnte mit spezifischen Antikörpern bestätigt werden, dass die Proteine CihC, HcpA und ChiB in B. recurrentis A17 unter in vitro Bedingungen produziert wurden.
Im zweiten Teil der vorliegenden Arbeit wurden durch die Analyse der IgM- und IgG-Immunreaktivitäten der LRF-Patientenseren zwei Proteine identifiziert, CihC und GlpQ, die als potenzielle Antigene für die Serodiagnostik des LRF evaluiert wurden. Eine initiale Evaluierung des IgM Lineblot-Immmunoassays zeigte jedoch nur eine geringe Sensitivität für die beiden Antigene, während der IgG Lineblot-Immunoassay eine sehr hohe Sensitivität aufwies. Der ELISA hingegen zeigte bei einer Kombination beider Antigene sehr gute Sensitivitäten und Spezifitäten. Um die starke Hintergrundfärbung bei den Lineblot-Immunoassays, welche eine korrekte Bewertung der Reaktivitäten gegenüber CihC erheblich erschwerten, zu minimieren, wurde ein „Epitop-Mapping“ durchgeführt, um immunogene Regionen innerhalb des CihC-Proteins zu lokalisieren. Eine zweite Evaluierung mit dem immunreaktiven N-terminalen CihC-Fragment CihC-N führte zu einer deutlichen Verbesserung der IgG Lineblot-Immunoassays mit einer Sensitivität von 100 % und einer starken Reduktion der Hintergrundfärbung. Zusätzlich konnte die Sensitivität der IgM-ELISA deutlich verbessert werden. Die Verwendung von CihC-N führte beim IgG-ELISA zur Herabsetzung des Cut-off-Wertes und zu einer besseren Unterscheidung zwischen den positiven LRF-Seren und den verwendeten Kontrollseren. Im Rahmen dieser Arbeit konnten somit zwei serologische in vitro Diagnostika entwickelt werden, die als zuverlässige Point-of-Care-Diagnostik in klinischen Studien eingesetzt werden könnten. Zur Steigerung der Sensitivität des IgM-Lineblot-Immunoassays sollten allerdings weiterführende Untersuchungen mit weiteren immunreaktiven Antigenen, wie z.B. den Vmp-Proteinen von B. recurrentis, angestrebt werden.
Die hier vorgelegte Arbeit hatte zur Aufgabe, funktionellen Einflüsse auf den Neurotransmittertransporter GAT-1 zu erhellen, welche durch eine N-Glykosilierung des Transportproteins hervorgerufen werden. Frühere Untersuchungen deuteten bereits darauf hin, daß der Glykosilierung der drei extrazellulär vorhandenen N-Glykosilierungsstellen des GAT- 1 neben einer expressionellen Bedeutung auch eine funktionelle zukam. So zeigten sich bei Arbeiten anderer Gruppen, welche N-Glykosilierungsmutanten des GAT-1 verwendeten, um die Glykosilierung des Transportproteins zu beeinträchtigen, daß fehlende Oligosaccharide an den N-Glykosilierungsstellen des GAT-1 durchaus in eine Reduktion der GABA-Aufnahme in die Zellen mündete, was zumindest bei Oozyten des Xenopus laevis auf eine verminderte Transportrate zurückgeführt werden konnte. An CHO-Zellen konnte nun auf gleiche Weise eine Reduktion der GABA-Aufnahme beobachtet werden, und es galt, mit elektrophysiologischen Methoden die Ursachen dieser Reduktion zu erkunden. Die hier vorgelegte Arbeit vermochte nun bei CHO-Zellen, eine Verminderung der Transportrate als Ursache jener reduzierten GABA-Aufnahme auszumachen. Zu diesem Zwecke wurden die CHO-Zellen entweder mit der DNA des mGAT1 Wild-Typs (einem aus der Maus klonierten GAT-1-Transporter) oder mit der DNA von N-Glykosilierungsmutanten des mGAT1 transfiziert. Es fanden zwei verschiedene N-Glykosilierungsmutanten Verwendung, an denen jeweils zwei der drei N-Glykosilierungsstellen Asparagin durch Aspartat bzw. Glycin ersetzt wurden: (Asp176, Gly181, Asn184) bzw. DDN (Asp176, Asp181, Asn184). Wie indes die durch eine beeinträchtigte N-Glykosilierung verminderte Transportrate zustande kam, und wie sich eine entsprechende Erklärung in die bisherige Annahme den GAT-1 Reaktionszyklus betreffend einfügen und mit dessen Struktur verbinden ließe, vermochte die hier vorgelegte Arbeit zu einem großen Teil einsichtig zu machen. Zwei Phänomene konnten die Transportrate vermindern: Zunächst waren die Zeitkonstanten transienter Ströme, welche bei Abwesenheit von GABA auftreten, verlangsamt. Weil diese Ströme den ratenlimitierenden Schritt im Reaktionszyklus zu repräsentieren scheinen, mußte also jener Schritt, welcher die Okklusion des ersten Natriums oder die darauffolgende Konformationsänderung beinhaltet, verlangsamt sein. Im weiteren zeigten Analysen der bei den transienten Strömen auftretenden Ladungsverschiebungen, daß die Natrium-Transporter-Interaktion auf extrazellulärer Seite durch das Fehlen von Oligosacchariden an den N-Glykosilierungsstellen des GAT-1 beeinträchtigt war, wobei als Grund hierfür eine Verstärkung der dimensionalen bzw. elektrogenen Schranke zu sehen ist, welche sich vor der Natriumbindungsstelle des GAT-1 befindet. Eine Veränderung der Expressionsrate als tragende Ursache verminderter Transportraten bzw. reduzierter GABA-Aufnahmen konnte hingegen ausgeschlossen werden. Experimente mit dem N-Glykosilierungs-Inhibitor dMM sowie Vergleiche von Experimenten verschiedener Mutanten vermochten die oben beschriebenen Effekte hauptsächlich auf die durch die Mutationen fehlenden Oligosaccharide zurückzuführen und weniger auf andere durch die Mutation hervorgerufene strukturelle Änderungen des GAT-1-Proteins.
Die wichtigste Aufgabe der mitotischen Spindel ist die genaue Segregation der duplizierten Chromosomen in der Mitose. Diese dynamische Struktur wird von sich teilenden Zellen gebildet, um die Bewegung der Chromosomen, das Markenzeichen der Mitose, zu dirigieren. Trotz aller Unterschiede in Form und Größe der Spindeln unterschiedlicher Zelltypen, haben alle eukaryontischen Spindeln fundamentale strukturelle Eigenschaften gemeinsam. Eine der wichtigsten Eigenschaften ist die bipolare Symmetrie. Innerhalb der Spindel sind unterschiedliche Klassen der Mikrotubuli vorhanden, die durch ihre Organisation und durch ihre dynamischen Eigenschaften unterteilt sind. Alle Klassen der Mikrotubuli zeigen dynamische Instabilität. Dennoch weisen die Kinetochor-Mikrotubuli und die Spindel-Mikrotubuli zusätzlich ein anderes Verhalten auf, das als polwärts gerichteter Mikrotubuli-Flux ("Poleward Microtubule Flux") bezeichnet wird. Dabei werden die Tubulin-Untereinheiten stetig an den Plus-Enden der Mikrotubuli eingefügt und dann zu den Minus-Enden getragen, wo sie abgebaut werden. Dieser polwärts gerichtete Mikrotubuli-Flux ist für die Segregation der Chromosomen von großer Bedeutung. Mehrere regulatorische Proteine der Mikrotubuli, einschließlich der destabilisierenden und der depolymerisierenden Proteine, steuern die Dynamik dieser Mikrotubuli, um eine fehlerfreie Bildung der Spindel und eine korrekte Segregation der Chromosomen gewährleisten zu können. Die Kinesin-13 Familie der Depolymerasen gehört zu den prominentesten Modulatoren der Dynamik der Mikrotubuli. Das am Besten charakterisierte und intensiv studierte Mitglied dieser Familie ist das Protein KIF2C/MCAK. Aufgrund der unterschiedlichen Lokalisationen von MCAK während der Mitose, an den Spindelpolen, an den Chromosomen-Armen, an den Centromeren/Kinetochoren, kann MCAK eine Reihe an wichtigen Funktionen erzielen. Allerdings bleibt die Korrektur von Kinetochor-Mikrotubuli Fehlverknüpfungen die wichtigste Aufgabe von MCAK während der Mitose. Diese wesentliche Funktion steht unter der Kontrolle von Aurora B. In dieser Arbeit konnte gezeigt werden, dass MCAK während der Mitose auch von einem wichtigen Komplex, dem Cyclin B1/CDK1 Komplex, reguliert wird. In der Tat steuert die Kinase CDK1 sowohl die Lokalisation als auch die katalytische Aktivität von MCAK. Mit Hilfe einer systematischen Reihe an Experimenten konnte nachgewiesen werden, dass MCAK sowohl in vitro als auch in vivo von CDK1 phosphoryliert wird. CDK1 phosphoryliert den katalytischen Bereich von MCAK genau am Threonin 537 und führt zu einer deutlichen Abnahme der Depolymerisierungsaktivität von MCAK in vitro und in humanen Zellen. Diese Inhibition erfolgt wahrscheinlich durch eine Reduzierung der Affinität von MCAK zu den Mikrotubuli-Enden. Die Expression der Phosphostatus-vortäuschenden Mutante T537E in HeLa-Zellen verursachte eine fehlerhafte Verteilung der Chromosomen in der Mitose. Die Chromosomen waren in Anwesenheit der T537E Mutante nicht mehr in der Lage, sich auf der Metaphaseplatte anzuordnen. Darüber hinaus führte die Expression von T537E zu einer signifikanten Reduzierung des centromerischen Abstandes, was auf eine Anhäufung von Kinetochor-Mikrotubuli Fehlverknüpfungen hindeutet. Ferner zeigt die Expression der nichtphosphorylierbaren Mutante T537A in den HeLa-Zellen eine verstärkte Lokalisation an den Spindelpolen, was zum Auftreten von erheblichen Spindel-Aberrationen führte. Basierend auf den Daten der vorliegenden Arbeit wurde ein Modell entwickelt, in dem die Phosphorylierung von MCAK durch CDK1 früh in der Mitose stattfinden muss, um einerseits MCAK zu inaktivieren und andererseits diese Depolymerase aus den Spindelpolen zu verdrängen. Beide Ereignisse sind für den Aufbau einer bipolaren Spindel unentbehrlich. Zu späteren Zeitpunkten der Mitose muss das Threonin 537 dephosphoryliert werden, um eine Reaktivierung von MCAK an den Centrosomen/Kinetochoren zu ermöglichen. Dies wird die Korrektur-Funktion für Kinetochor-Mikrotubuli Fehlverknüpfungen von MCAK wiederherstellen, was eine korrekte Anordnung der Chromosomen auf der Metaphaseplatte fördert.
In der vorliegenden dreiteiligen Studie werden Mongolische Wüstenrennmäuse untersucht, deren Hörspektren im tieffrequenten Bereich und deren Unterscheidungsfähigkeiten von Kommunikationsrufen denen des Menschen ähneln. Die extrazelluläre Aktivität im primären auditorischen Kortex (AI) der narkotisierten Versuchstiere, evoziert durch Reintöne und arteigene Kommunikationsrufe, wird in der linken (LH) und rechten Gehirnhemisphäre (RH) aufgenommen. Es werden Multikanalelektroden (16 Eingangskanäle) verwendet, welche eine simultane Aufnahme der neuronalen Aktivitäten aller kortikalen Schichten ermöglichen. Zur Analyse der neuronalen Mechanismen werden Wellenformen einzelner Elektrodenkanäle und Aktivitätsprofile, bestehend aus den Wellenformen aller Elektrodenkanäle in einem Zeitfenster von 600 ms, auf Ebene von Aktionspotentialen (MUA), lokalen Feldpotentialen (LFP) und Current-source-density (CSD) Analysen, untersucht. Während MUAs die neuronalen Aktionspotentiale im Nahfeld der Elektrode reflektieren, umfassen die LFPs die summierten Potentiale (inhibitorisch und exzitatorisch) von Neuronen eines größeren Areals. Die CSDs hingegen werden durch die Integration von LFP-Wellenformen benachbarter, linear angeordneter Elektrodenkanäle berechnet und ermöglichen so eine Lokalisation der Ursprünge geräuschspezifischer Aktivitätsflüsse.
Im ersten Teilprojekt werden CSD-Profile in Antwort auf unterschiedliche Reintöne untersucht, um die Aktivitätskomponenten, die so genannten Sinks, für weiterführende Analysen zu quantifizieren. Es können zwei primäre (s1 und s2), drei mittlere (s3-s5) und vier späte (s6-s9) Sinks in einem Zeitfenster von 600 ms definiert werden. Eine Veränderung der Stimulusfrequenz eine Oktave über und unter der charakteristischen Frequenz (CF), beziehungsweise des Lautstärkepegels = 24 dB über der minimalen Schwelle, führt zu qualitativen Veränderungen in der CSD-Profilstruktur. Die Sink s7 wird durch Stimuli mit niedrigem Lautstärkepegel weniger verlässlich evoziert, wohingegen die Sink s9 bei Stimuli eine Oktave über der CF verlässlicher evoziert wird. Die Ergebnisse weisen darauf hin, dass im AI die spektralen Informationen eine Oktave über und unter der CF asymmetrisch integriert werden.
Auf Einzelschichtebene konnte bereits gezeigt werden, dass spektrotemporale Eigenschaften von Stimuli durch MUAs schlechter reflektiert wurden als durch LFPs, was vermutlich eine direkte Konsequenz der unterschiedlichen Ursprünge der Signaltypen ist. Daher werden im zweiten Teilprojekt die spezifischen Unterschiede der MUA-, LFP- und CSD-Antworten auf Ebene kortikaler Schichten und kompletter laminarer Profile untersucht, um die Unterschiede und den Informationsgehalt der drei Signaltypen zu charakterisieren. Signifikante Unterschiede, welche durch zwei Reintöne und sieben Kommunikationssignale evoziert werden, können verstärkt im mittleren und späten Latenzbereich und in granulären und infragranulären Schichten vorgefunden werden. Der Grad der Rufspezifizität ist in LFP und CSD-Antworten im Vergleich zu demjenigen in MUA-Antworten größer. Die Segregationsleistung ist im Vergleich zu einzelnen kortikalen Schichten in den von kortikalen Kolumnen abgeleiteten laminaren Profilen um den Faktor 1,8-2,6 erhöht. Die Neuronenpopulationen einzelner kortikaler Kolumnen sind vermutlich wichtig für die Kodierung von Geräuschen, welche sich in ihren spektrotemporalen Eigenschaften unterscheiden.
Viele vorangegangene Studien konnten zeigen, dass die Gehirnhemisphären akustische Signale asymmetrisch verarbeiten. Daher werden im dritten Hauptteil die laminaren Profile der LH und RH quantitativ und statistisch verglichen. Die MUA-, CSD-Profile und im geringeren Maße auch die LFP-Profile zeigen systematische Unterschiede auf signifikantem Niveau in der Dauer, Onset Latenz und vertikalen Ausdehnung bestimmter Aktivitäten. Kommunikationsrufe evozieren in der LH, welche beim Menschen auf Sprachstimuli spezialisiert ist, im Vergleich zur RH komplexere CSD-Profile. Die neuronale MUA-, LFP- und CSD-Aktivitätsstärke ist in der RH für weniger komplexe Stimuli teilweise signifikant erhöht. Die Asymmetrie in der Auftrittsverlässlichkeit der Sink s6 lässt vermuten, dass sich die intrakolumnäre Vernetzung in Schicht VIa zwischen der LH und RH unterscheidet. Die wenigen, signifikanten und nicht systematischen Unterschiede zwischen den Sink-Parametern der LH und RH nach kortikaler Ausschaltung mit dem GABAA-Rezeptor Agonist Muscimol weisen darauf hin, dass die Hemisphärenasymmetrie durch Prozesse des ipsilateralen Kortex maßgeblich beeinflusst wird.
Mitochondrien, Organellen der oxidativen Phosphorylierung, sind in vielfältiger Weise an Alterungsprozessen in unterschiedlichen Modellorganismen beteiligt. Viele Mechanismen und Faktoren, die das Altern beeinflussen, scheinen konserviert zu sein. In dem in dieser Arbeit untersuchten Ascomyzeten Podospora anserina treten z. B. altersabhängige Reorganisationen der mtDNA auf, die zu einem Verlust lebensnotwendiger Gene führen können. In Menschen wurden ebenfalls Umstrukturierungen des mitochondrialen Genoms in unterschiedlichen Geweben mit fortschreitendem Alter beschrieben. Umgekehrt treten manche Faktoren, die die Lebensspanne beeinflussen, nur in einigen Modellsystemen auf. Hierzu gehört z. B. die Induktion der alternativen Oxidase in vielen langlebigen P. anserina-Mutanten. Diese Modifikation in der Atmungskette kann in S. cerevisiae und Säugern nicht beobachtet werden, da diesen Organismen eine alternative terminale Oxidase der oxidativen Phosphorylierung fehlt. Der Fragestellung, wie die Atmungskette im Falle der exklusiven PaAOX-abhängigen Respiration in der unsterblichen Mutante ex1 hinsichtlich der Zusammensetzung und kinetischer Eigenschaften des Elektronentransports charakterisiert ist, wurde in der vorliegenden Arbeit nachgegangen. Über die funktionalen Eigenschaften der Mitochondrien hinaus ist auch die Morphologie dieser Organellen altersabhängiger Änderungen unterworfen. Hinsichtlich der Gestalt der Mitochondrien in verschiedenen Altersstadien ist nur sehr wenig bekannt. Bisher steht nur fest, dass der P. anserina-Wildstamm „S“ im mittelalten Stadium filamentöse Mitochondrien aufweist. Ob und in welchem Ausmaß es zu Veränderungen der mitochondrialen Morphologie während des Alterns im Wildstamm „s“ und der Mutante grisea kommt, wurde im Rahmen der vorliegenden Arbeit analysiert. In der vorliegenden Arbeit wurde darüber hinaus PaDnm1 als putativer mitochondrialer Teilungsfaktor charakterisiert. Insbesondere die Modulation der PaDnm1-Expression durch Überexpression bzw. Deletion soll zeigen, welchen Einfluss PaDnm1 auf die mitochondriale Morphologie und andere phänotypische Parameter wie z. B. die Lebensspanne hat. Die in dieser Arbeit durchgeführten Untersuchungen führten zu folgenden Ergebnissen: 1. Im Wildstamm „s“ wurde im Gegensatz zu ex1 durch enzymkinetische Analysen eine starke Interaktion der Komplexe I und III nachgewiesen. Ein Großteil der Komplexe I und III ist im Wildstamm „s“ in Form von Superkomplexen organisiert. In der Mutante ex1 liegen die Komplexe I und III dagegen hauptsächlich frei vor. Die spezifische Aktivität der Cytochrom-c-Reduktase ist in ex1 niedriger als im Wildstamm „s“. 2. Seneszente Isolate des Wildstammes „s“ und der PaDnm1::ble-Mutante weisen im Gegensatz zur Mutante grisea eine starke Freisetzung von Wasserstoffperoxid auf. 3. Juvenile und mittelalte Wildstamm „s“-Isolate enthalten überwiegend kurze, filamentöse Mitochondrien, die entlang der Hyphenachse im Cytoplasma orientiert sind. Im seneszenten Stadium kommt es zu einer starken mitochondrialen Fragmentierung. Der Übergang von einer filamentösen zu einer sphärischen Morphologie dieser Organellen tritt auch in Mutante grisea auf. In ex1-Hyphen sind hauptsächlich filamentöse Mitochondrien enthalten. Initiale Analysen zur mitochondrialen Feinstruktur zeigen, dass in Wildstamm „s“ und Mutante grisea eine lamellenartige Cristaestruktur erkennbar ist. In der Mutante ex1 hingegen erscheinen die Cristae ungeordneter und weniger zahlreich. 4. Die Mitochondrienfragmentierung im seneszenten Wildstamm „s“ korreliert mit einer Induktion der Transkription von PaDnm1. In Mutante grisea ist die PaDnm1-Transkriptmenge während des Alterns konstant, obwohl sich die mitochondriale Morphologie wie im Wildstamm „s“ verändert. Überexpression von PaDnm1 führt zur Mitochondrienfragmentierung während die gezielte Deletion dieses Gens eine starke Elongation der Mitochondrien zur Folge hat. PaDnm1 ist somit das erste in einem filamentösen Pilz charakterisierte Gen der mitochondrialen Teilungsmaschinerie. 5. PaDnm1::ble-Isolate zeigen im seneszenten Stadium mitochondriale Fragmentierung wie Wildstamm „s“ und Mutante grisea. Das mitochondriale Genom von PaDnm1::ble ist stabilisiert, d. h. die Bildung der seneszenzfördernden plDNA wird unterdrückt. Die mittlere Lebensspanne der PaDnm1::ble-Mutante ist deutlich (> Faktor 10) gegenüber der des Wild-stammes „s“ erhöht. Bemerkenswerterweise zeigt PaDnm1::ble im Gegensatz zu anderen langlebigen P. anserina-Mutanten nach der Sporenkeimung keine physiologischen Defekte: Wuchsrate, männliche und weibliche Fertilität, Myzelmorphologie und Mitochondrien-segregation während der Ascosporengenese sind nicht eingeschränkt. Allerdings weist PaDnm1::ble eine erhöhte Empfindlichkeit gegenüber Ammoniumazetat auf. Dies äußert sich in einer Inhibierung der Sporenkeimung und einer Verringerung der Wuchsrate bei Anzucht der Mutante auf AmAc-haltigem Medium.
Auf den Einsatz von Tieren im Rahmen der (Umwelt-)Risikobewertung von Stoffen kann nach wie vor nicht verzichtet werden. Dabei führen die Überprüfungen einer zunehmenden Anzahl neu entwickelter Stoffe, aber auch die gestiegenen Anforderungen der Gesetzgebungen zu einem hohen Verbrauch von Versuchstieren. Diese Untersuchungen sind wichtig, da viele der in Gebrauch befindlichen und in allen Bereichen genutzten Chemikalien potentiell endokrin wirksam sind, auf unterschiedlichen Wegen in die Umwelt gelangen und sich potentiell negativ auf die Gesundheit von Mensch und Tier auswirken können.
Bei den bisher verwendeten Methoden werden vor allem juvenile oder adulte Tiere, aber auch Tiere zur Untersuchung des kompletten Lebenszyklus über eine oder mehrere Generationen für die Beurteilung von Substanzen eingesetzt. Dabei ist bekannt, dass die Entstehung reproduktiver Störungen in der Embryonalphase der jeweiligen Individuen auftritt. Um den Tierverbrauch zu reduzieren, werden teilweise In-vitro-Testsysteme angewendet. Es zeigt sich aber, dass diese Tests lediglich einen bestimmten Zelltyp in einem bestimmten Entwicklungsstadium abbilden können, was die Aussagekraft über die tatsächliche Wirkung auf ein komplexes Gewebe und dessen Entwicklung, erst Recht für den kompletten Organismus, stark einschränkt. Die Aussagekraft dieser Methoden ist daher in bestimmten eingeschränkten Grenzen zu sehen. In der vorliegenden Arbeit wird eine alternative Ersatzmethode vorgestellt mit dem Ziel einer stärkeren Aussagekraft bei toxikologisch und ökotoxikologisch relevanten Endpunkten. Im Fokus stehen hierbei die Effekte von androgenen und estrogenen Substanzen auf die Geschlechtsentwicklung von Hühnerembryonen (Gallus gallus domesticus) auf Ebene der Expression der mRNA, vereint mit Effekten auf Ebene der Organhistologie und – morphologie, verglichen mit den Normalzuständen unbehandelter Individuen. Die neu entwickelte Methode zur Beurteilung solcher Substanzen kann im Rahmen der human- und umwelttoxikologischen Risikobewertung von Stoffen eingesetzt werden und ist ein geeignetes Werkzeug, um die notwendigen Untersuchungen mit der gefordert hohen Beurteilungsqualität durchzuführen. Gleichzeitig kann mit dieser Tierversuchsersatzmethode bei hoher Aussagekraft auch der Verbrauch an weiter und höher entwickelten Versuchstieren verringert werden, was auch einem gesellschaftlich-ethischen Bedürfnis gerecht wird.
Die Analyse von DNA-Sequenzen steht spätestens seit der Feststellung ihrer tragenden Rolle in der Vererbung organismischer Eigenschaften im Fokus biologischer Fragestellungen. Seit Kurzem wird mit modernsten Methoden die Untersuchung von kompletten Genomen ermöglicht. Dies eröffnet den Zugang zu genomweiten Informationen gegenüber begrenzt aussagekräftigen markerbasierten Analysen. Eine Genomsequenz ist die ultimative Quelle an organismischer Information. Allerdings sind diese Informationen oft aufgrund technischer und biologischer Gründe komplex und werfen meist mehr Fragen auf, als sie beantworten.
Die Rekonstruktion einer bislang unbekannten Genomsequenz aus kurzen Sequenzen stellt eine technische Herausforderung dar, die mit grundlegenden, aber in der Realität nicht zwingend zutreffenden Annahmen verbunden ist. Außerdem können biologische Faktoren, wie Repeatgehalt oder Heterozygotie, die Fehlerrate einer Assemblierung stark beeinflussen. Die Beurteilung der Qualität einer de novo Assemblierung ist herausfordernd, aber zugleich äußerst notwendig. Anschließend ist eine strukturelle und funktionale Annotation von Genen, kodierenden Bereichen und repeats nötig, um umfangreiche biologische Fragestellungen beantworten zu können. Ein qualitativ hochwertiges und annotiertes assembly ermöglicht genomweite Analysen von Individuen und Populationen. Diese Arbeit beinhaltet die Assemblierung und Annotation des Genoms der Süßwasserschnecke Radix auricularia und eine Studie vergleichender Genomik von fünf Individuen aus verschiedenen molekularen Gruppen (MOTUs).
Mollusken beherbergen nach den Insekten die größte Artenvielfalt innerhalb der Tierstämme und besiedeln verschiedenste, teils extreme, Habitate. Trotz der großen Bedeutung für die Biodiversitätsforschung sind verhältnismäßig wenige genomische Daten öffentlich verfügbar. Zudem sind Arten der Gattung Radix auch aufgrund ihrer großen geografischen Verbreitung in diversen biologischen Disziplinen als Modellorganismen etabliert. Eine annotierte Genomsequenz ermöglicht über bereits untersuchte Felder hinaus die Forschung an grundlegenden biologischen Fragestellungen, wie z.B. die Funktionsweise von Hybridisierung und Artbildung. Durch Assemblierung und scaffolding von sechs whole genome shotgun Bibliotheken verschiedener insert sizes und einem transkriptbasiertem scaffolding konnte trotz des hohen Repeatgehalts ein vergleichsweise kontinuierliches assembly erhalten werden. Die erhebliche Differenz zwischen der Gesamtlänge der Assemblierung und der geschätzten Genomgröße konnte zum Großteil auf kollabierte repeats zurückgeführt werden.
Die strukturelle Annotation basierend auf Transkriptomen, Proteinen einer Datenbank und artspezifisch trainierten Genvorhersagemodellen resultierte in 17.338 proteinkodierenden Genen, die etwa 12,5% der geschätzten Genomgröße abdecken. Der Annotation wird u.a. aufgrund beinhaltender Kernrthologen, konservierter Proteindomänenarrangements und der Übereinstimmung mit de novo sequenzierten Peptiden eine hohe Qualität zugesprochen.
Das mapping der Sequenzen von fünf Radix MOTUs gegen die R. auricularia Assemblierung zeigte stark verringerte coverage außerhalb kodierender Bereiche der nicht-Referenz MOTUs aufgrund hoher Nukleotiddiversität. Für 16.039 Gene konnten Topologien berechnet werden und ein Test auf positive Selektion ausgeführt werden. Insgesamt konnte über alle MOTUs hinweg in 678 verschiedenen Genen positive Selektion detektiert werden, wobei jede MOTU ein nahezu einzigartiges Set positiv selektierter Gene beinhaltet. Von allen 16.039 untersuchten Genen konnten 56,4% funktional annotiert werden. Diese niedrige Rate wird vermutlich durch Mangel an genomischer Information in Mollusken verursacht. Anschließende Analysen auf Anreicherungen von Funktionen sind deshalb nur bedingt repräsentativ.
Neben den biologischen Ergebnissen wurden Methoden und Optimierungen genomischer Analysen von Nichtmodellorganismen entwickelt. Dazu zählen eigens angefertigte Skripte, um beispielsweise Transkriptomalignments zu filtern, Trainings eines Genvorhersagemodells automatisiert und parallelisiert auszuführen und Orthogruppen bestimmter Arten aus einer Orthologievorhersage zu extrahieren. Zusätzlich wurden Abläufe entwickelt, um möglichst viele vorhandene Daten in die Assemblierung und Annotation zu integrieren. Etwa wurde ein zusätzliches scaffolding mit eigens assemblierten Transkripten mehrerer MOTUs sequenziell und phylogenetisch begründet ausgeführt.
Insgesamt wird eine umfassende und qualitativ hochwertige Genomsequenz eines Süßwassermollusken präsentiert, welche eine Grundlage für zukünftige Forschungsprojekte z.B. im Bereich der Biodiversität, Populationsgenomik und molekularen Ökologie bietet. Die Ergebnisse dieser Arbeit stellen einen Wissenszuwachs in der Genomik von Mollusken dar, welche bisher trotz ihrer Artenvielfalt deutlich unterrepräsentiert bezüglich assemblierter und annotierter Genome auffallen.
Zur Untersuchung der Zusammensetzung und Diversität von Bambusameisengemeinschaften (Hymenoptera, Formicidae) sowie ausgewählten Nischenparametern der beteiligten Ameisenarten, wurden auf dem Gelände des Gombak Field Studies Centre (University Malaya, Selangor, Westmalaysia) fünf Haine von Riesenbambusarten (Gigantochloa scortechinii, G. thoii, Bambusoidea) gefällt und abgesammelt. Es wurden Hinweise auf deterministische oder stochastische Strukturierungsmechanismen der Ameisengemeinschaften gesucht. Hierzu wurden verschiedene Fragestellungen anhand der Multiplen Regression untersucht. Zusätzlich wurden Stichproben von Bambusschößlingen und jungen Bambushalmen hinsichtlich der Nutzungsweise und Besiedlung durch Ameisen studiert. In der vorliegenden Arbeit werden die Ergebnisse der Auswertung auf Hainebene, d. h. der Bambusameisenzönosen als Ganzes betrachtet, vorgestellt. 1. In fünf Bambushainen wurden bisher 66 nistende Ameisenarten aus 21 Gattungen und 6 Unterfamilien identifiziert. Die drei gattungs
Die Kombination aus proteolytischer Spaltung, massenspektrometrischer Analyse und Datenbanksuche ist eine etablierte Methode zur Identifizierung von Proteinen. Ist die Identität eines Proteins geklärt, dann stellt sich im Anschluß daran häufig die Frage nach den posttranslationalen Modifikationen des Proteins. Auch hierfür ist die Massenspektrometrie eine prädestinierte und häufig angewandte Methode. Eine der wichtigsten posttranslationalen Modifikationen eukaryotischer Proteine ist die Phosphorylierung an Ser-, Thr- und Tyr-Resten. In der vorliegenden Arbeit ist die Weiterentwicklung und Anwendung zweier massenspektrornetrischer Methoden zur Analyse der Proteinphosphorylierung beschrieben: i) der Neutralverlust-Scan zur selektiven Detektion von Ser/Thr-phosphorylierten Peptiden, und ii) die Metallaffinitätschromatographie zur selektiven Anreicherung von Phosphopeptiden. Bei der Optimierung der Analytik der Proteinphosphorylierung mittels Neutralverlust-Scan hatte sich am Beispiel der katalytischen Untereinheit der Proteinkinase A gezeigt, dass die Verwendung einer Protease mit geringer Spaltungsspezifität (Elastase) wesentliche Vorteile gegenüber einer Protease mit hoher Spaltungsspezifität (Trypsin) besitzt. Die kleineren Elastase-generierten Phosphopeptide zeigen im Vergleich zu den Trypsin-generierten Phosphopeptiden eine effektivere Phosphorsäure-Abspaltung und lassen sich im Neutralverlust-Scan mit deutlich besserer Empfindlichkeit detektieren. in weiterer Vorteil der Elastase ist in ihrer Eigenschaft partiell überlappende Peptide zu generieren begründet. Die Metallaffinitätschrornatographie wurde eingesetzt, um die Elastase-generierten Phosphopeptide selektiv anzureichern. Es konnte gezeigt werden, dass die Metallaffinitätschromatographie eine geeignete Methode ist, um die Komplexität des Elastase-generierten Peptidgemischs drastisch zu reduzieren, so dass eine automatische Fragmentionen-Analyse aller angereicherten Peptide mittels nanoESl möglich ist. Die Leistungsfähigkeit der Kombination aus Elastase-Verdau, Metallaffinitätschromatographie und Q-TOF- Tandem-MS wurde am Beispiel des Transkriptionsinitiationsfaktors IA unter Beweis gestellt, wo mit Hilfe dieser Analysen-Strategie drei bislang unbekannte in-vivo-Phosphorylierungsstellen nachgewiesen werden konnten. Neben der Proteinphosphorylierung wurden in dieser Arbeit auch eine Reihe anderer kovalenter Modifikationen untersucht. Bei der Analyse der katalytischen Untereinheit der Proteinkinase A konnten neben einer bislang unbekannten fünften Phosphorylierungsstelle an Ser259 auch die Modifikation von Cys343 durch Glutathion und die N-terminale Modifikation durch Gluconsäure nachgewiesen werden. Mittels Q-TOF-Tandem-MS wurde die in-vivo-Myristoylierung des humanen Proteins GAPR 1 nachgewiesen. Mittels der sog Top-Down-Analyse wurde am Beispiel des Proteins Dynamin A gezeigt, wie mittels dieser Strategie eine vollständige Charakterisierung aller kovalenten Modifikationen eines Proteins erreicht werden kann. Im Falle von Dynamin A konnte die Acetylierung des N-terminalen Methionins nachgewiesen werden. Andere kovalente Modifikationen konnten ausgeschlossen werden. Im letzten Kapitel der vorliegenden Arbeit wird am Beispiel von Dynamin A gezeigt, wie sich die Kombination aus partieller proteolytischer Spaltung, Tandem-MS und Datenbanksuche effektiv zur Charakterisierung der Domänenstruktur von Proteinen einsetzen lässt.
Der Nachweis nichtkovalenter Komplexe mittels ESIMS erfordert Analysebedingungen, die sich deutlich von den Bedingungen der etablierten Standard-ESIMS kovalent gebundener Biopolymere unterscheiden. Für die ESIMS-Analyse nichtkovalenter Komplexe ist insbesondere die Einschränkungen auf das Lösungsmittel Wasser mit Zusatz von Salzen oder Puffern problematisch, was den Nachweis vollständig desolvatisierter Analytionen unter Erhalt der häufig relativ schwachen nichtkovalenten Wechselwirkungen erschwert. Die Problematik für die massenspektrometrische Analyse nichtkovalenter Komplexe steht dabei in engem Zusammenhang mit dem Mechanismus der ElektrosprayIonisierung. Ziel der vorliegenden Arbeit war es daher, grundlegende Phänomene des ESIProzesses zu untersuchen und so ein besseres Verständnis der einzustellenden Randbedingungen beim ESImassenspektrometrischen Nachweis nichtkovalenter Komplexe zu erlangen. Die Untersuchungen erfolgten dabei unter Verwendung geeigneter Modellsysteme, wie Salze, Kohlenhydrate, Peptide und ausgewählte nichtkovalente Komplexe. Eine wesentliche Bedeutung kam der Charakterisierung der physikalischen Randbedingungen der im Rahmen der vorliegenden Arbeit eingesetzten ESIMS-Systeme zu. Auf experimenteller und theoretischer Basis wurden die verschiedenen Aufbautypen im Eingangsbereich des oTOFMS-Systems MICKEY verglichen, wobei ein besonderes Augenmerk auf deren desolvatisierende Wirkung gelegt wurde. Es ließ sich zeigen, daß an diesem oTOFMS-System der Aufbau mit geheizter Transferkapillare dem Aufbau mit Stickstoffgegenstrom vorzuziehen ist, um eine effiziente Desolvatisierung von Analytionen in der ESI zu erzielen. Am oTOFMS-System MARINER wurde die Bedeutung des Drucks in der ersten Druckstufe für die Desolvatisierung von Analytionen am Beispiel ausgewählter nichtkovalenter Proteinkomplexe demonstriert. Dabei konnte gezeigt werden, daß eine Erhöhung des Drucks den Nachweis vollständig desolvatisierter, aber dennoch intakter nichtkovalenter Komplexe dramatisch begünstigt. Dies kann auf die mit der Druckerhöhung einhergehenden Veränderungen der Stoßbedingungen der Analytionen mit dem Restgas beim Passieren der ersten Druckstufe sowie auf die größere Verweilzeit der Ionen in diesem Bereich zurückgeführt werden. Als weitere Randbedingung für Untersuchungen an ESIoTOFMS-Systemen wurde zudem der Einfluß der Axialgeschwindigkeit der Ionen auf das Erreichen des Detektors auf der Grundlage theoretischer und experimenteller Befunde charakterisiert. Die Bedeutung der Axialgeschwindigkeit insbesondere für den Nachweis von Analytionen mit hohen m/zVerhältnissen konnte dabei am Beispiel des nichtkovalenten Komplexes Hämoglobin gezeigt werden. Ebenfalls wurden ausgewählte Phasen des ESIProzesses bei der Überführung gelöster Analyte in massenspektrometrisch detektierbare Gasphasenionen untersucht. So wurde der Einfluß der Zerstäubungsbedingungen auf das resultierende Ionensignal am Beispiel der diskontinuierlichen Zerstäubung von Analytlösung getestet. Künstlich induzierte Zerstäubungsimpulse an der Spraykapillare wurden mit den Extraktionsimpulsen des verwendeten oTOFMSSystems synchronisiert, was die gezielte Analyse einzelner Phasen der diskontinuierlichen Emission von Flüssigkeit ermöglicht. Mit Hilfe des Modellanalyts Bariumbromid ließ sich anhand charakteristischer Indikatorsignale in den Massenspektren auf qualitativer Basis zeigen, daß zu Beginn einzelner Sprayimpulse zunächst kleine Tröpfchen an der Spraykapillare emittiert werden und die Tröpfchengröße im zeitlichen Verlauf des Emissionsimpulses zunimmt. Dieser Befund steht im Einklang mit der von Juraschek [Jur97] vorgestellten Verteilung der Tröpfchengrößen während der diskontinuierlichen Zerstäubung unter den Bedingungen der ESIMS. Ferner konnte durch synchronisierte ESIoTOFAnalyse am Modellsystem einer ZuckerPeptidMischung gezeigt werden, daß Analyte mit höherer Aufenthaltswahrscheinlichkeit an der Flüssigkeitsoberfläche bevorzugt (d.h. zu früheren Zeitpunkten der diskontinuierlichen Zerstäubung) in die geladenen Initialtröpfchen gelangen. Analyte, welche eine höhere Aufenthaltswahrscheinlichkeit im Flüssigkeitsinneren aufweisen, gelangen mit geringerer Wahrscheinlichkeit und somit zu einem späteren Zeitpunkt eines Zerstäubungsimpulses in die Tröpfchen. Die vorgestellten Resultate stehen im Einklang mit den Modellvorstellungen zur Verteilung der Analyte beim für die Desolvatisierung relevanten unsymmetrischen Tropfenzerfall, die unter anderem die geringere Nachweiseffizienz hydrophiler Analyte zu erklären vermag. Der Einfluß des Lösungsmittels auf das resultierende Ionensignal wurde im Rahmen dieser Arbeit im Hinblick auf seine Wirkung als chemische Umgebung des Analyten, auf seine Eigenschaften als Trägerkomponente des Analyten und auf seine Wirkung als Reaktionspartner der Analytionen in der Gasphase untersucht. Als Modellsystem diente der Analyt Bariumbromid in verschiedenen Alkoholen und AlkoholMischungen. Die Untersuchungen ergaben, daß insbesondere die Polarität des eingesetzten Lösungsmittels einen relevanten Aspekt für dessen Wirkung als chemische Umgebung des Modellanalyten darstellt. Eine hohe Polarität des eingesetzten Lösungsmittels begünstigt die Dissoziation des Analyten in Lösung und wirkt somit dem Nachweis von AnalytGegenionAddukten entgegen. Als maßgebliche Eigenschaft in der Rolle der Trägerkomponente ließ sich am Modellanalyt Bariumbromid die Verdampfbarkeit des Lösungsmittels identifizieren. Untersuchungen an einer Analytmischung aus Turanose und Octylglucosid ergaben ferner, daß ebenfalls ausgeprägte Wechselwirkungen zwischen Analyt und Lösungsmittelmolekülen der Verdampfung des Lösungsmittels entgegenwirken. Eine geringe Verdampfbarkeit des Lösungsmittels und eine starke Solvatisierung des Analyten erschweren somit die Desolvatisierung der Analytionen und haben geringe Analytsignalintensitäten in den Massenspektren zur Folge. Ebenfalls ist dem Einfluß der Leitfähigkeit der Analytlösung und somit der Polarität des Lösungsmittels auf die Intensität des resultierenden Ionensignals Rechnung zu tragen. Reaktionen in der Gasphase sind in den ausgewählten Modellsystemen im wesentlichen stoßinduzierte Elektronentransferreaktionen zwischen Lösungsmittel molekülen und zweiwertigen Metallkationen. Eine niedrige Ionisierungsenergie sowie ein hoher Energieeintrag während der Stoßaktivierung - und somit eine hohe Molekülmasse des Lösungsmittels - konnten dabei als begünstigende Faktoren für diese Reaktionen ermittelt werden. Die Resultate zum grundsätzlichen Einfluß des Lösungsmittels dienten als Basis zur Untersuchung des Lösungsmitteleinflusses auf die Bildung von Gramicidin DDimeren mit Hilfe der ESIMS. Am Beispiel dieser nichtkovalenten Peptidkomplexe konnte gezeigt werden, daß die resultierenden Massenspektren unter schonenden Desolvatisierungsbedingungen die Veränderungen des Dimerisierungsgleichgewichts bei Variation des Lösungsmittels widerspiegeln. Die verschiedenen Komponenten der Peptidmischung Gramicidin D bilden zudem in Lösung gemischte Dimere, deren Signale in den Massenspektren eine eindeutige Identifizierung auch geringer Mengen Dimere zulassen. Es ließ sich ferner zeigen, daß die Veränderung der Zusammensetzung von Lösungsmittelgemischen während der Desolvatisierung aus kinetischen Gründen keinen Einfluß auf den detektierbaren Anteil GramicidinDimere aufweist. Untersuchungen zur unspezifischen Adduktbildung in der ESIMS zwischen einem Analyten und weiteren Komponenten der Lösung wurden im Rahmen der vorliegenden Arbeit am Beispiel verschiedener PeptidAnionenAddukte durchgeführt. Es konnte gezeigt werden, daß insbesondere im negativen Ionenmodus eine ausgeprägte unspezifische Adduktbildung eintritt, während im positiven Ionenmodus nur in geringem Maße PeptidAnionenAddukte zu beobachten sind. MS 2 Untersuchungen der Addukte im negativen Ionenmodus ergaben, daß deren Dissoziation unter Abspaltung der zum Anion korrespondierenden Säure erfolgt, wobei in der Reihe der untersuchten Anionen die Stabilität des Addukts mit abnehmender Gasphasenbasizität des Anions zunimmt. Es konnte aber ferner gezeigt werden, daß neben der Gasphasenbasizität noch weitere Faktoren für die Adduktstabilität von Bedeutung sind; insbesondere sind in diesem Zusammenhang dem Einfluß von CoulombWechselwirkungen und räumlichen Faktoren im Addukt Rechnung zu tragen. Soll die Adduktbildung eines Analyten mit in der Lösung vorhandenen Anionen generell vermindert werden, so ist eine Analyse im positiven Ionenmodus vorzuziehen. Untersuchungen zur Stabilität spezifischer nichtkovalenter Komplexe in der ESIMS wurden im Rahmen der vorliegenden Arbeit am Beispiel der HämGlobinKomplexe von Hämoglobin und Myoglobin durchgeführt. Unter schonenden Desolvatisierungsbedingungen sind die in Lösung vorhandenen nichtkovalenten Komplexe ebenfalls in den ESIMassenspektren detektierbar. Durch vergleichende Untersuchungen im positiven und negativen Ionenmodus sowie durch Variation des Ladungszustands der HämGruppe ließ sich allerdings zeigen, daß die Stabilisierung dieser Komplexe in der ESIMS im wesentlichen auf CoulombWechselwirkungen zwischen Protein und prosthetischer Gruppe in der Gasphase beruht. Die Resultate demonstrieren deutlich, daß die in der ESIMS beobachtete Stabilität nichtkovalenter Komplexe in der Gasphase unter Umständen erheblich von der biologisch relevanten Stabilität dieser Spezies in Lösung abweicht. Zwar kann mit Hilfe der ESIMS die Stöchiometrie nichtkovalenter Komplexe zuverlässig ermittelt werden; zur Ermittlung ihrer Stabilität sind jedoch analytische Untersuchungen in kondensierter Phase prinzipiell vorzuziehen. Zum Nachweis nichtkovalenter Komplexe mittels ESIMS ist für jedes Instrument und jede neue analytische Fragestellung stets eine Optimierung der Analysebedingungen erforderlich. Die vorgestellten Resultate bestätigen anhand ausgewählter Beispiele, daß in Lösung vorhandene spezifische Komplexe intakt in Gasphasenionen überführt und massenspektrometrisch detektiert werden können, sofern die Analyseparameter sorgfältig angepaßt wurden. Dabei stellt der Energieeintrag in die Analytionen während der Desolvatisierung ebenso einen bedeutenden Parameter dar wie die Stabilität des nichtkovalenten Komplexes in der Gasphase, welche in einigen Fällen durch die Wahl des ''richtigen" Ionenmodus zur Analyse beeinflußt werden kann. Ein grundsätzliches ''Patentrezept" zum erfolgreichen massenspektrometrischen Nachweis nichtkovalenter Komplexe kann jedoch nicht gegeben werden. Die Desolvatisierung von Analyten aus einem relativ schwer verdampfbaren Lösungsmittel, wie z.B. Wasser, ist problematisch, und die Freisetzung hydrophiler Analytionen wird durch die ausgeprägte Solvatisierung dieser Spezies erschwert. Um neben diesen unabänderlichen Schwierigkeiten weitere Probleme, wie die Bildung von Addukten, zu vermeiden, sollten für die ESIMSAnalyse möglichst saubere Proben Verwendung finden. Ist zur Stabilisierung des Komplexes in Lösung allerdings der Zusatz von Salzen erforderlich, so sollten unter anderem solche Anionen gewählt werden, die nur in geringem Maße Addukte bilden. Ferner ist im Hinblick auf eine Minimierung der Adduktbildung mit Anionen eine Untersuchung im positiven Ionenmodus vorzuziehen. Für die Weiterentwicklung der ESIMS zur Analyse nichtkovalenter Komplexe ist eine weitere Optimierung der grundsätzlichen Desolvatisierungsmöglichkeiten wünschenswert, welche eine schonende Desolvatisierung des Analyten unter Erhalt der spezifischen nicht kovalenten Wechselwirkungen ermöglichen. Ferner sind Methoden zu entwickeln, um Proben effizient und schnell zu reinigen, ohne die Proteinkomplexe irreversibel zu dissoziieren. Durch Entwicklungen dieser Art sollten erhebliche Fortschritte in der ESIMSAnalytik nichtkovalenter Komplexe möglich sein, die dem Ziel eines zuverlässige en Einsatzes dieser Methode in der Routineanalytik biologisch bedeutender Proben näherkommen.
Der ligandaktivierte Transkriptionsfaktor Farnesoid X Rezeptor (FXR) ist neben seiner Funktion als Regulator des Gallensäurehaushaltes auch in vielen anderen metabolischen Prozessen wie Glukose- und Lipidhomöostase involviert und besitzt antiinflammatorische Eigenschaften. Gerade bei hepatischen, gastrointestinalen und systemischen Erkrankungen erscheint FXR daher als interessante Zielstruktur zur Behandlung metabolischer Erkrankungen. Basierend auf den natürlichen Liganden von FXR, den Gallensäuren, wurde Obeticholsäure (OCA) als seminsynthetisches Derivat der endogenen Chenodesoxycholsäure zu einem potenten FXR-Agonisten entwickelt. OCA wurde in mehreren Studien auf seine therapeutische Wirkung bei hepatisch-entzündlichen Krankheitsbildern wie der primären biliären Cholangitis (PBC), der nicht-alkoholischen Fettleber (engl: non-alcoholic fatty liver disease, NAFLD) und der daraus folgenden nicht-alkoholischen Steatohepatitis (NASH) getestet. Mittlerweile ist OCA als Zweitlinientherapie der PBC auf dem Arzneimittelmarkt zuge-lassen. Neben OCA gibt es noch eine große Anzahl an weiteren FXR-Liganden, deren strukturelle Diversität von Steroiden bis nicht-steroidalen kleinen Molekülen (engl: small molecules) reicht. Trotz dieser Erfolge muss das Therapiepotential von FXR noch weiter ausgebaut werden. Die meisten verfügbaren Liganden besitzen in vitro zwar eine hohe Potenz, können in ihrem pharmakokinetischen Profil oder ihrer Selektivität gegenüber anderen nukleären Rezeptoren aber nicht überzeugen.
Die hier vorliegende Arbeit hat sich mit der Entwicklung unterschiedlicher Liganden für FXR beschäftigt und diese in vitro und teilweise auch in vivo charakterisiert, um sie entsprechend ihrer Wirkungsweise einzuordnen und ein besseres Verständnis der regulatorischen Funktion von FXR zu erlangen.
Modulation von FXR bezieht sich nicht nur auf die agonistische Aktivierung, sondern setzt sich auch mit Antagonismus auseinander. Neben einigen Krankheitsbildern, die aus einer Überexpression von FXR resultieren, werden Antagonisten als Werkzeug (engl: tool compound) zur Aufklärung von konformellen Veränderungen von FXR und deren Auswirkung auf bestimmte Signalwege benötigt. Für die Erforschung solcher FXR-Antagonisten sollte das Potential nicht-steroidaler Antirheumatika (engl: non-steroidal anti-rheumatic drugs, NSAIDs) als etwaige Leitstrukturen untersucht werden, da in einer Veröffentlichung von Lu et al. ein FXR-Antagonismus durch NSAIDs postuliert wurde. Beim Versuch der Reproduktion der Ergebnisse von Lu et al. mit den drei NSAIDs Ibuprofen, Indometacin und Diclofenac wurde festgestellt, dass die Effekte auf den ersten Blick antagonistisch erscheinen, aber bei genaueren biochemischen Untersuchungen zweifelsfrei als Zytotoxizität identifiziert wurden.
FXR-Antagonisten wie Guggulsteron oder Gly-MCA sind auf ihre therapeutische Wirksamkeit unter-sucht worden, aber die genaue Wirkweise ist noch nicht aufgeklärt. Aufgrund ihrer steroidalen Grundstruktur ist ihre Selektivität gegenüber anderen nukleären Rezeptoren fraglich. Die überschaubare Anzahl an publizierten nicht-steroidalen FXR-Antagonisten besitzt zwar moderate IC50-Werte, ihre strukturelle Diversität und Selektivität ist aber limitiert. Zur Entwicklung neuer potenter FXR-Antagonisten, die aus kleinen Molekülen (engl: small molecules) aufgebaut sind, wurde eine N-Phenylbenzamid-Leitstruktur ausgewählt. Diese Leitstruktur wurde im Rahmen der SAR-Unter-suchungen zur Entwicklung von Anthranilsäurederivaten als FXR-Partialagonisten innerhalb des Arbeitskreises entdeckt. Ausgehend von dieser Leitstruktur wurde eine mehrstufige, systematische SAR-Untersuchung durchgeführt, wodurch ein sehr potenter FXR-Antagonist entwickelt werden konnte, der anschließend umfangreich biochemisch auf FXR-Modulation, Selektivität, Löslichkeit, Toxizität und metabolische Stabilität charakterisiert wurde.
Neben dem Verständnis eines Modulationsmechanismus ist die konkrete Anwendung eines FXR-Liganden zu therapeutischen Zwecken von großem Interesse. Die Beteiligung von FXR in unterschiedlichen metabolischen Prozessen macht den Rezeptor zu einem begehrten Ansatzpunkt für die Wirkstoffentwicklung. Doch die Behandlung eines multifaktoriellen Krankheitsbildes (z.B. metabolisches Syndrom, NASH) sollte sich nicht nur auf einen der gestörten Signalwege beziehen, da diese Erkrankungen durch mehrere Faktoren ausgelöst oder beeinflusst werden. Der semisynthetische FXR-Agonist OCA zeigte innerhalb der FLINT-Studie sowohl antientzündliche und antifibrotische Effekte, als auch eine Verbesserung der metabolischen Parameter mit Blick auf NAFLD und NASH. Die lösliche Epoxidhydrolase (engl: soluble epoxidhydrolase, sEH) besitzt nachweislich anti-inflammatorische und antisteatotische Effekte in der Leber. Aus diesem Grund wurde eine Leitstruktur entwickelt, die eine duale Modulation aus FXR-Aktivierung und sEH-Inhibition erzeugt. Dafür wurden die Pharmakophore eines im Arbeitskreis entwickelten FXR-Partialagonisten sowie eines potenten sEH-Inhibitors miteinander verknüpft. Zur Weiterentwicklung einer ausgewogenen hohen Potenz beider Modulationsfaktoren wurden mehrere unterschiedliche SAR-Untersuchungen als translationales Projekt in mehreren Arbeiten durchgeführt. In der hier vorliegenden Arbeit konnten dieses SAR-Untersuchungen zusammengeführt und weiterentwickelt werden. Dabei wurde ein ausgewogener und hochpotenter dualer Modulator erhalten, der umfassend in vitro und in vivo charakterisiert wurde. Die gezielte duale Aktivität, die mit dieser Substanz erreicht wurde, führt in einem Krankheitsbild zu synergistischer Ergänzung zweier Therapieoptionen. Jedoch kann eine unerwünschte Promiskuität über verwandten nukleären Faktoren zu Nebenwirkungen führen. Die Ursache dafür kann eine saure Funktion darstellen. Ein sehr potenter nicht-azider FXR-Agonist mit einem subnanomolaren EC50-Wert konnte im Arbeitskreis entwickelt werden. Diese Verbindung ist FXR-selektiv, hat keinen toxischen Effekt auf HepG2-Zellen und eine moderate metabolische Halbwertszeit. Die qRT-PCR-Untersuchung direkter und indirekter FXR-Zielgene zeigte eine verstärkte Expression nach der Inkubation mit der nicht-aziden Substanz. Dadurch lässt sich das Prinzip der Nebenwirkungsminderung durch nicht-azide Verbindungen beweisen.
Insgesamt konnte in dieser Arbeit gezeigt werden, wie vielfältig und vielversprechend eine FXR-Modulation aufgebaut sein kann. Zum einen konnte über eine ausgeprägte biochemische Evaluation eine Differenzierung zwischen FXR-Antagonismus und Zelltoxizität bewiesen werden, worauf sich aufbauend eine genaue in vitro-Charakterisierung von neuen N-phenylbenzamidbasierten FXR-Antagonisten durchführen ließ, die ausgehend von einer moderat potenten Leitstruktur zu einer sehr potenten optimierten Substanz entwickelt wurden. FXR-Antagonismus und die dazu passenden tool compounds sind nicht nur von Bedeutung zum besseren Verständnis der unterschiedlichen Bindungsmodi des FXR, sondern auch potentielle Therapieansätze zur Behandlung von Krankheiten, in denen eine FXR-Überexpression stattfindet. Die agonistische Modulation von FXR wurde genauer betrachtet in der in vitro-Untersuchung nicht-azider FXR-Agonisten, die durch das Fehlen einer sauren Funktion ein hohes Maß an Selektivität und dabei eine geringe Toxizität aufwiesen. Synergistische Effekte zur Behandlung eines multifaktoriellen Krankheitsbildes durch die Kombination von FXR-Partialagonismus und sEH-Inhibition konnte durch die Entwicklung der potenten und balancierten Substanz sowohl in vitro als auch in vivo bewiesen werden, wodurch diese Verbindung ein vielversprechender Kandidat für weitere klinische Entwicklung ist.
Um die Biodiversität Burkina Fasos darzustellen und auszuwerten, wurden umfangreiche Diversitätsdaten aus Sammlungsbelegen, Vegetationsaufnahmen und Literatur zusammengestellt. Die eigene Datenerhebung während dreier Feldaufenthalte hat mit > 300 Vegetationsaufnahmen (einschließlich der Biodiversitätsobservatorien) und > 1200 Herbarbelegen dazu beigetragen. Die Verwendung von relationalen Datenbanken (Microsoft Access) und GIS ermöglichte eine umfassende Analyse dieser enormen Datenmengen (> 100 000 Verbreitungspunkte) unter Einbeziehung von weiteren Art- oder ortsgebundenen Informationen. Datenbankstrukturen und Prozeduren wurden zu einem großen Teil selbst entwickelt. Unregelmäßigkeiten in den Primärdaten konnten durch Artverbreitungsmodelle ausgeglichen werden, die rasterbasierte Umweltdaten verwenden, insbesondere Satellitenbilder, Klima- und Höhendaten. Für die zusammenfassenden Analysen (Artenreichtum nach Familie, Lebensform, Photosynthesetyp; turnover) mussten wiederum eigene Prozeduren entwickelt werden. Räumliche Muster der Biodiversität wurden im landesweiten Rahmen, wie auch lokal für die Regionen Oudalan und Gourma, dargestellt. Die Zusammenfassung der Flora nach taxonomischen und ökologischen Gruppen gewährt dabei Einblicke in ökologische Zusammenhänge und die Eignung einzelner Gruppen als Indikatoren. Deutlich zeigen sich die Veränderungen des Lebensformspektrums und des Artenreichtums sowohl auf Landesebene im Zusammenhang mit dem Makroklima als auch in einer detaillierten Analyse des Oudalan – wo der Einfluss von Boden und Relief deutlich wird. Die großräumigen Muster der Artenvielfalt sind hauptsächlich durch klimatische Faktoren geprägt, auch der menschliche Einfluss ist in Form verschiedener Nutzungsformen vom Klima abhängig und schwer davon zu trennen. Umso deutlicher werden die Folgen intensiver Landnutzung aber in den Detailstudien der nordsudanischen Biodiversitätsobservatorien und des sahelischen Wiederbegrünungsprojektes. Über die in diesem Rahmen dargestellten Ergebnisse hinaus ergeben sich insbesondere aus der umfassenden Datenbasis und der interdisziplinären Zusammenarbeit mit Fernerkundung und Ethnobotanik weitere vielversprechende Möglichkeiten. Unter anderem wird auf der Grundlage der Datenbanken und ergänzender Literaturrecherchen eine aktualisierte Checklist der Gefäßpflanzen Burkina Fasos erstellt und eine Revision der phytogeographischen Zonen für Burkina Faso ist geplant.
Entwicklung von Immunisierungsstrategien zur Induktion hoher funktionaler Antikörperantworten
(2018)
Neuartige Viren und Erreger, die sich antigenetisch tiefgreifend von bekannten Varianten unterscheiden, können verheerende Epidemien auslösen, da weder gegen diese Erreger eine Immunität in der Bevölkerung besteht, noch prophylaktische oder therapeutische Maßnahmen verfügbar sind. Eine prophylaktisch vermittelte Immunität durch Impfung stellt die bei Weitem effektivste Methode zur Vorbeugung viraler Infektionen dar, jedoch sind die Entwicklungs- und Herstellungszeiten eines neuen Impfstoffs in der Regel mit der Ausbruchsdynamik nicht kompatibel. Inzwischen steht zwar eine überschaubare Anzahl antiviraler Medikamente zur Verfügung, doch ist die Wahrscheinlichkeit gering, dass diese meist hoch spezifischen Wirkstoffe gegen neu auftretende Viren aktiv sind. Das beispiellose Ausmaß der Ebola-Epidemie 2014 führte zum Einsatz experimenteller antikörperbasierter Therapien, welche das Potential der passiven Vermittlung von temporärem Immunschutz naiver Personen verdeutlicht. Für viele neuartige Viren ist die Entwicklung von Therapieansätzen allerdings noch nicht entsprechend weit fortgeschritten. Zudem bedingt eine Verwendung des eigentlichen Erregers oft hohe Sicherheitsmaßnahmen, was die Arbeit erschwert. Aus diesem Grund werden Notfalltherapien benötigt, die schnell in klinisch relevanter Qualität und Quantität unter niedrigen biologischen Sicherheitsmaßnahmen produziert werden können.
Diese Arbeit basiert auf der zentralen Hypothese, dass die Induktion von hohen Titern funktioneller Antikörperantworten die Basis für einen breiteren Schutz gegen antigenetisch entferntere Virusstämme sowie für die schnelle Produktion von therapeutischen Antiseren darstellt.
Um diese Hypothese zu testen und Einblicke in verschiedene Aspekte dieses Prozesses zu bekommen, wurde zunächst die Nutzung von Adjuvanzien als Zusätze für Impfstoffe am Beispiel des pandemischen A(H1N1)pdm09-Impfstoffs untersucht. Neben den alljährlichen Epidemien, die von saisonalen Influenza-A-Viren der Subtypen H1N1 oder H2N3 verursacht werden, können neuartige Subtypen zu weltweiten Pandemien führen. Während die saisonalen Influenza-Impfstoffe in der Regel keine Adjuvanzien enthalten, wurden einige pandemische H1N1-Impfstoffe aus 2009 mit einem reduzierten Antigengehalt formuliert und mit squalenbasierten Adjuvanzien kombiniert, um eine ausreichende Wirksamkeit bei größerer Verfügbarkeit zu gewährleisten. Zur Charakterisierung des Effekts dieser Adjuvanzien auf die Immunantworten wurden Frettchen mit 2 µg des kommerziellen H1N1pmd09-Impfstoffes alleine sowie in Kombination mit verschiedenen Adjuvanzien immunisiert, die Antikörpertiter gegen homologe und heterologe Influenzastämme untersucht und mit dem Schutz vor einer Infektion korreliert. Dabei zeigte sich, dass die Verwendung squalenbasierter Adjuvanzien die funktionalen Antikörperantworten um das 100-fache erhöhte und zu einer signifikant reduzierten Viruslast nach der Infektion mit dem homologen pandemischen Virus führte. Während in keiner Gruppe Antikörper gegen die heterologen Hämagglutinin-(HA-)Proteine H3, H5, H7 und H9 nachweisbar waren, induzierten mit squalenbasierten Adjuvanzien kombinierte Impfstoffe subtypenspezifische Antikörper gegen das N1 Neuraminidase-(NA-)Protein einschließlich H5N1. Darüber hinaus führte die Immunisierung mit squalenbasierten Adjuvanzien zu einer besseren Kontrolle der Influenzavirus-Replikation in den oberen Atemwegen.
Anschließend wurde im zweiten Teil dieser Arbeit unter Einbeziehung der gewonnenen Erkenntnisse eine Immunisierungsstrategie zur schnellen Produktion therapeutischer Hyper-immunseren entwickelt, wobei unterschiedliche Antigenexpressionssysteme miteinander verglichen wurden. Während in den frühen Stadien eines Ausbruchs Rekonvaleszenzseren nicht ohne weiteres verfügbar sind, können Antiseren tierischen Ursprungs innerhalb eines kurzen Zeitraums hergestellt werden. Die Herausforderung liegt in der schnellen Induktion einer schützenden Immunität, wobei die effiziente Produktion und Reinigung von Hyperimmunserum in klinisch relevanten Mengen ebenso essenziell ist wie die Anpassungsfähigkeit der Immunisierungsstrategie an neue oder hinsichtlich ihrer Antigenizität veränderte Viren. Hierzu wurden verschiedene Immunisierungsstrategien in Mäusen und Kaninchen verglichen, die unterschiedliche Expressionssysteme für das Modellantigen Ebolavirus-Glykoprotein (EBOV-GP) verwenden: (i) Ebolavirus-ähnliche Partikel (VLP), (ii) das rekombinante modifizierte Vacciniavirus Ankara (MVA) sowie (iii) das rekombinante Virus der vesikulären Stomatitis (VSV). Im Ergebnis induzierte eine dreimalige Immunisierung mit VLPs in Kombination mit squalenhaltigem Adjuvans neutralisierende Antikörpertiter, die vergleichbar mit der Immunisierung mit replikationskompetentem VSVΔG/EBOV-GP waren. Dies deutet darauf hin, dass nicht die De-novo-Antigenexpression, sondern vielmehr die mehrfache Präsentation des Antigens in nativer Konformation für die Produktion von neutralisierenden Antikörpern essenziell ist. Darüber hinaus waren die funktionalen Antikörpertiter aller Kaninchenseren in der In-vitro-Analyse gegen das Wildtypvirus 10- bis 100-fach höher als der Durchschnitt, der in mit VSVΔG/EBOV-GP geimpften Probanden beobachtet wurde. Die Etablierung eines optimierten mehrstufigen Reinigungsverfahrens unter Verwendung einer zweistufigen Ammoniumsulfat-Präzipitation, gefolgt von einer Protein-A-Affinitätschromatographie, führte zu aufgereinigten IgG-Präparationen mit nahezu unveränderter neutralisierender Aktivität, die über neun Tage im xenogenen In-vivo-Modell stabil waren. Die signifikante Erhöhung von totalen und funktionalen Antikörpertitern in Kombination mit einer größeren Breite der Antikörperantwort im Kontext von squalenbasierten Adjuvanzien stützt die Hypothese dieser Arbeit. Adjuvantierte Immunisierungsstrategien sind damit ein vielversprechender Ansatz nicht nur zur Wirksamkeitssteigerung von Subunit- und Proteinimpfstoffen, sondern auch zur schnellen Herstellung von therapeutischen Antiseren.
Um Materie mit Nanometergenauigkeit anzuordnen, ist Selbstorganisation die mächtigste Strategie. DNA (Desoxyribonukleinsäure) ist hierfür ein hervorragendes Baumaterial, da sie ein billiges, programmierbares, biokompatibles und gut verstandenes Polymer ist. Aus diesen Gründen ist DNA zur Basis für ein schnell wachsendes Gebiet geworden: die DNA-Nanotechnologie. Das Ziel dieser Arbeit war es, neue Interaktionsmöglichkeiten für die DNA-Nanotechnologie zu entwickeln und neuartige Strukturen aus DNA-minicircles aufzubauen, einem bislang vernachlässigten Konstruktionselement. ...
Habituation ist eine der einfachsten Formen des Gedächtnisses. Hierbei handelt es sich um die erlerne Gewöhnung an einen harmlosen Reiz. Dies bedeutet, dass nach mehrfacher wiederholter Repräsentation eines harmlosen Reizes die Reaktion darauf stetig abnimmt, bis sie völlig zum erliegen kommt. Je nach Trainingsprotokoll kann diese Gewöhnung bis zu mehren Tagen andauern. Habituation ist hoch konserviert und ein Verhaltensmuster, dass auch bei sehr einfachen vielzelligen Organismen zu finden ist und untersucht werden kann. Zur Untersuchung des Zusammenspiels innerhalb eines neuronalen Netzwerkes, welches für die Habituation des Rückzugsreflexes (Ausweichreaktion nach Berührung) verantwortlich ist wurde hier der Fadenwurm Caenohabditis elegans (C. elegans) als Modell Organismus verwendet. Aufgrund seines einfachen, nur 302 Zellen umfassenden, Nervensystems eignet sich C. elegans sehr gut für Grundlagenforschung in diesem Bereich. Das neuronale Netzwerk, das verantwortlich ist für den Rückzugsreflex ist in drei Ebenen organisiert. Wahrgenommen wird der Reiz von sensorischen Neuronen (ASH, ALM, AVM, PLM, PVM). Die Weiterleitung erfolgt über verschiedene Interneuronen (AVA, AVB, AD, AVE, PVC) hin zu den Motorneuronen, welche die Muskeln enervieren und somit die Reaktion auf den in erster Ebenen wahrgenommen Reiz auslösen.
Mit Hilfe von optogenetischen Werkzeugen wurde hier Untersucht welche Rolle einzelne Zellen innerhalb dieses Netzwerkes innehaben und an welcher Stelle innerhalb des Netzwerkes die kurzzeitige Habituation des Reizes, nach einem Einfachen Lernprotokoll stattfindet. Zuerst musste eine Möglichkeit gefunden werden die zur Verfügung stehenden optogenetischen Werkzeuge zellspezifisch zu exprimieren. In dieser Arbeit wurden hierfür Rekombinasesysteme verwendet, die es ermöglichten zur Expression eine Kombination aus 2 verschiedenen Promotoren zu verwenden. Beide Promotoren dürfen hierbei nur in einer Zelle, der Zielzelle, überlappen. Es konnte zellspezifische Expression des Kationenkanals Chanelrhodopsin 2 (ChR2) in den beiden Zellparen AVAL/R und ASHL/R (nimmt aversive Reize wahr) erreicht werden.
Zur Untersuchung der Habituation wurde zusätzlich noch ein Wurmstamm verwendet, welcher ChR2 unter dem mec-4 Promotor exprimiert. ChR2 ist hier in den Mechanorezeptorneuronen (MRN) ALM, AVM, PLM und PVM exprimiert. Die hier durchgeführten Experimente deuten darauf hin das den MRNs die Größte Rolle bei der Ausbildung einer Habituation zukommt. Es gibt jedoch auch Hinweise darauf, dass AVA zusätzlich eine Rolle spielt.
Im weiteren Verlauf der Arbeit wurde die Rolle von AVA genauer untersucht. AVA gilt als der Hauptsignalgeber für eine Rückwärtsbewegung (spontan und nach Reizempfang). Es konnte gezeigt werden dass eine Unterbrechung der ’Gap Junktionen’ zwischen AVA und PVC eine stärkere Reaktion zur Folge haben. AVA scheint also durch PVC inhibiert zu werden. Ebenfalls mit AVA direkt interagierende Neuronen sind AVD und AVE. Mit den hier zur Verfügung stehenden Mitteln konnte die genaue Modulation von AVA durch diese Zellen jedoch nicht gezeigt werden.
In dieser Arbeit konnte der Grundstein für eine funktionale Aufklärung des Nervensystems von C. elegans gelegt werden. Vor allem durch die Möglichkeit der zellspezifischen Expression kann es zukünftig gelingen das Zusammenspiel der einzelnen Nervenzellen und ihren Anteil an einem bestimmtem Verhalten zu Untersuchen.
Protease-aktivierbare Retroviren bieten die Möglichkeit des gezielten Gentransfers in solche Tumorzellen, die an der Zelloberfläche proteolytisch aktive Proteasen, wie beispielsweise Matrix Metalloproteasen (MMP), exprimieren. Hierfür wird zunächst der Zelleintritt der Retroviren durch eine mit den Hüllproteinen fusionierte Blockierungsdomäne verhindert. Zwischen dieser Blockierungsdomäne und dem Hüllprotein befindet sich ein für eine zelluläre Protease fungierender Substratlinker, worüber die Blockierung entfernt und der natürliche Infektionsmechanismus der Retroviren wieder hergestellt wird. In Bezug auf die Tumortherapie mittels eines solchen Gentransfers ist es jedoch unmöglich vorherzusagen, welches Protease- Substrat für einen bestimmten Tumortyp am besten geeignet ist. Deshalb wurden im Rahmen dieser Arbeit retrovirale Protease-Substrat-Bibliotheken entwickelt, um erstmalig die Substrate der tumorassoziierten MMPs in lebenden Tumorzellen zu selektionieren und damit verbunden MMP-aktivierbare Retroviren mit verbesserten molekularen Eigenschaften für den gezielten Gentransfer zu evolvieren. Hiefür wurden, ausgehend von einem Protease-aktivierbaren Retrovirus, welches als Substratlinker das MMP-Standardsubstrat P-L-G-L-W-A präsentiert, Retroviren erzeugt, in denen dieses Substrat kombinatorisch diversifiziert wurde. In einer ersten retroviralen Protease-Substrat-Bibliothek wurde zunächst an drei Stellen zu P-X-G-L-X-X unter Ausschluss der Aminosäure Arginin diversifiziert, um die Selektion durch Proprotein-Konvertasen wie Furin zu vermeiden. Anschließend erfolgte die Selektion der Virus-Bibliothek in der Modell-Tumorzelllinie HT1080, wofür hier das entsprechende Protokoll etabliert wurde. Die Substratlinker der am häufigsten selektionierten Retroviren enthielten die beiden Konsensusmotive P-QG- L-Y-[Q/K] und P-Q-G-L-Y-[A/S]. Zur Identifizierung der optimalen Aminosäuren an allen sechs Positionen des Substrates wurden in einer zweiten Bibliothek die variierten Positionen auf Grundlage der selektionierten Konsensusmotive fixiert und die zuvor konstanten Positionen zu X-Q-X-X-Y-[Q/A] diversifiziert. Die aus dieser Bibliothek selektionierten Retroviren enthielten das Konsensusmotiv P-Q-G-[L/I/V]-Y-[Q/A], womit die zuvor selektionierten MMP-aktivierbaren Retroviren bestätigt wurden. Die biochemische Charakterisierung von mit den selektionierten Substratlinkern rekonstituierten Retroviren zeigte, dass ihre Substratlinker eine bemerkenswerte Verbesserung der Spaltung durch MMP-2 und eine erhöhte Inkorporation der dazugehörigen Hüllproteine in die Partikel aufwiesen. Außerdem ermöglichten die selektionierten Substratlinker den entsprechenden Retroviren sich schneller innerhalb der Zellpopulation auszubreiten, ohne dabei die Abhängigkeit von der MMP-Aktivierung zu verlieren. Darüber hinaus konnte sowohl die Kinetik des Zelleintritts bis zu 10-fach als auch die Infektiosität bis zu 1000-fach gegenüber dem parentalen Virus, das den Standard-Substratlinker trug, gesteigert werden. Letztendlich waren hierfür nur zwei selektionierte Aminosäureaustausche gegenüber dem MMP-Standardsubstrat verantwortlich, nämlich Glutamin (Q) und Tyrosin (Y), die zu dem Motiv P-Q-G-L-Y-A führten. Ausschlaggebend für die beschriebenen Selektionen waren die mehrfache Abdeckung der kombinatorischen Vielfalt der Substratlinker auf Partikel-Ebene bereits vor Selektion sowie die langsame Erhöhung des angelegten Selektionsdrucks während der Selektion. Dadurch konnte eine Deletion des kodierenden Bereichs der Blockierungsdomäne (EGF) im Virusgenom vermieden werden. Als treibende Kraft der Selektion stellte sich die proteolytische Aktivierung der selektionierten Retroviren an der Zelloberfläche heraus. Die Ergebnissen führen schließlich zu einem Modell der MMP-Aktivierung EGF-blockierter Retroviren. Danach binden die Partikel an die EGF-Rezeptoren der Zelloberfläche und gelangen so in die räumliche Nähe des MMP-Aktivierungskomplexes. Daraufhin werden sie proteolytisch aktiviert und infizieren die Zielzellen. Die hier selektionierten Substratlinker bzw. die entsprechenden Viren sind in Bezug auf die proteolytische Aktivierung optimal an die gewählte Tumorzelllinie angepasst.
Die Transkription ist ein entscheidender Schritt in der Transition der genetischen Information, welche durch die DNA codiert und im Genom hinterlegt ist, zu dreidimensionalen Funktionseinheiten in der Zelle, den Proteinen. Während der Transkription wird die Information von der Ebene der DNA in RNA umgewandelt, welche in der Zelle zusätzlich zu dessen Rolle als Informationsmediator in Form der mRNA eine Vielzahl von Funktionen ausübt. Die Transkription benötigt in Hinblick auf ihre essentielle Rolle in der Errichtung des Proteoms und der notwendigen Adaption von Genexpressionsprogrammen an externe zelluläre Stimuli, den Zellzyklus etc. eine präzise und gleichzeitig flexible Regulation. Besonders für die Transkription von mRNA dient die eukaryotische RNA-Polymerase II (RNAP II) in diesem Prozess als eine zentrale Einheit, die einer Vielzahl regulativer Mechanismen wie post-translationaler Modifikationen und der Assemblierung dynamischer Proteinkomplexe unterliegt. Während Komponenten dieser Regulation wie die Zusammensetzung und Dynamik des Prä-Initiationskomplex bereits seit Jahrzehnten beschrieben sind, ist eine besondere Form der RNAP II-abhängigen Regulation erst in den letzten Jahren Gegenstand genauerer Untersuchungen geworden. So erfährt die RNAP II bei einer Vielzahl von Genen unmittelbar nach der Initiation einen Arrest, der das Enzym nicht weiter über die DNA prozessieren lässt und somit die produktive Elongation des Gens blockiert. Die Aufhebung dieser Blockade wird durch den positiven Transkriptions-elongationsfaktor b (P-TEFb) dominiert, der durch distinkte post-translationale Modifikationen der C-terminalen Domäne der RNAP II und assoziierter Faktoren die produktive Elongation ermöglicht. P-TEFb selbst unterliegt dabei einer strengen Regulation durch eine inaktivierende Assoziation mit Speicherkomplexen. P-TEFb wurde abseits dieser Komplexe in einer Vielzahl von Elongations-assoziierten Proteinkomplexen identifiziert, der Mechanismus der Transition aus dem inaktiven Speicherkomplex zur aktiven Form an der RNAP II war jedoch unbekannt.
Ein zentrales Element aller aktiven Komplexe ist die Anwesenheit von Proteinen der AF4/FMR2-Familie, darunter das AF4 Protein. Bemerkenswerterweise war die genaue Rolle dieses Proteins in den Komplexen bisher unbekannt oder wurde lediglich auf die strukturelle Integrität der Komplexe beschränkt. AF4 und speziell dessen N-Terminus ist über diese Rolle hinaus als Bestandteil des Fusionsproteins AF4-MLL eng mit der onkogenen Zelltransformation im Falle einer durch die t(4;11)(q21;q23) chromosomalen Translokation bedingter, akuter lymphoblastischer Leukämie assoziiert.
In dieser Arbeit konnte gezeigt werden, dass das AF4 Protein und im Speziellen sein N-Terminus in der Lage ist, die zelluläre Transkription durch die Aktivierung und Rekrutierung von P-TEFb zu aktivieren. In Anwesenheit von AF4 wird die Kinase-Untereinheit CDK9 des P-TEFb post-translational an Lysinresten modifiziert und damit aktiviert sowie die C-terminale Domäne der RNAP II im Kontext stärker phosphoryliert. Gleichzeitig wurde das P-TEFb inaktivierende Protein HEXIM1 stärker exprimiert. AF4 und AF4-MLL waren weiterhin in der Lage ein Elongations-kontrolliertes Reportergen zu aktivieren. Gleichzeitig führte die Überexpression des AF4 zu einer Erhöhung der zellulären RNA Menge. Zur genaueren Untersuchung der AF4-abhängigen Mechanismen wurden zwei Zelllinien erstellt, die zum Einen eine induzierbare und reproduzierbare Überexpression und Reinigung des AF4 erlaubten (TCZP-AF4ST) und zum Anderen durch lentiviralen knock-down eine an AF4-Mangelsituation nachstellten (AF4kd V100). Es konnte so gezeigt werden, dass AF4 über P-TEFb hinaus eine regulative Funktion gegenüber Transkription-assoziierten Faktoren wie CDK7, MENIN und NF?B besitzt und dass diese Faktoren vorrangig, analog zu P-TEFb, mit dem N-Terminus des AF4 interagieren. Die Überexpression von AF4 führte über die Bindung an die 7SK snRNA und deren Degradation zur Rekrutierung des P-TEFb aus den Speicherkomplexen in distinkte AF4-assoziierte Komplexe und zu einer Umverteilung des Faktors auf distinkte Loci im Zellkern, wobei der AF4 N-Terminus für sich alleine jedoch nicht in der Lage war, diese Funktion auszuüben. Im Falle eines Mangels an AF4 kam es zur Wachstumsretardierung der Zellen sowie zu einem völligen Aktivitätsverlust in Reportergenversuchen.
Die Tatsache, dass AF4 ein zentrales Element in der Elongationskontrolle darstellt führte zu der weitergehenden Vermutung, dass virale immediate early (IE) Proteine zur Kontrolle viraler Genexpression auf der Ebene der Elongation ebenfalls auf dieses Wirtsprotein zugreifen können. Es konnte vor diesem Hintergrund gezeigt werden, dass AF4 tatsächlich mit den IE-Proteinen IE1 (HCMV) und Zta (EBV) aus der Familie der Herpesviren interagiert und durch die Stabilisierung des AF4 Proteins eine kooperative, transaktivierende Funktion auf ein ALOX5 Reportergen ausgeübt wurde. Es wurde gezeigt, dass die viralen IE-Proteine dabei Komponenten der AF4 Komplexe sind und in der Zelle zur epigenetischen Regulation des ALOX5 Gens führen. Weiterhin konnte in diesen Experimenten dargestellt werden, dass AF4 über seine Rolle in der Elongationskontrolle hinaus auch distinkte Effekte in der Aktivierung von Promotoren und damit in der Initiation der Transkription zeigt. Damit konnte in dieser Arbeit zum ersten Mal die essentielle Rolle des AF4 Proteins in der Elongationskontrolle und der Initiation der Transkription als auch in der Infektion durch Herpesviren gezeigt werden.
Die nicht-konventionelle Hefe P. ciferrii produziert große Mengen der tetra-acetylierten Sphingoidbase Phytosphingosin (TAPS). Sphingoidbasen sind essentielle Komponenten des stratum corneums, der multilamellaren Barriere der menschlichen Haut, und daher in der Kosmetik-Industrie von großem Interesse. Im Rahmen dieser Arbeit sollte die biotechnologische Produktion der Sphingoidbasen Phytosphingosin, Sphinganin und Sphingosin auf molekularbiologischer Ebene in P. ciferrii charakterisiert und optimiert werden. Die Hefe P. ciferrii konnte durch Etablierung einer einfachen und hoch-effizienten Transformations-Methode auf genetischer Ebene leicht zugänglich gemacht werden. Durch Inaktivierung des für NHEJ essentiellen PcLIG4 Gens konnte die Effizienz zielgerichteter genomischer Integrationen von transformierten DNA-Konstrukten von 1 % auf 87 % erhöht werden. Die Etablierung des Cre-loxP Systems erlaubte das mehrfache Verwenden eines Selektions-Markers wodurch sukzessiv mehrere genomische Integrationen in einem Stamm ermöglicht wurden. Durch diese Errungenschaften konnte das Ziel „Optimierung der Sphingoidbasen-Produktion der nicht-konventionellen Hefe P. ciferrii“ im Folgenden erfolgreich verfolgt werden. Der initiale Schritt der Sphingoidbasen-Biosynthese ist die von der Serin-Palmitoyl-Transferase katalysierte Kondensation von L-Serin und Palmitoyl-CoA. Durch die Deletion von Genen, die am L-Serin-Katabolismus von P. ciferrii beteiligt sind (PcSHM1, PcSHM2und PcCHA1), konnte die de novo Sphingoidbasen-Biosynthese optimiert werden und führte in einem lig4? Stamm zu einer etwa dreifachen Erhöhung der TAPS-Produktion. Weitere Ansätze den (vermutlich durch L-Serin feed back regulierten) L-Serin-Biosyntheseweg bzw. die in vivo L-Serin-Verfügbarkeit zu optimieren, führten nicht zu einer gesteigerten TAPS-Produktion. Durch weitere Deletion und Überexpression von Genen des Sphingolipid-Stoffwechsels konnte die TAPS-Produktion jedoch um ein Vielfaches verbessert werden. So konnte ein Stamm konstruiert werden, der die Gene PcLCB1, PcLCB2 und PcSYR2 überexprimiert und Deletionen der Gene PcSHM1, PcSHM2, PcCHA1, PcLCB4 und PcORM12 trägt. Dieser Stamm (CSS.L4.O.L2.L1.S2) wies eine mehr als fünffach erhöhte maximale spezifische TAPS-Produktbildungsrate (q Pmax ) auf und produzierte mit 2 g * L rund siebenmal mehr TAPS als der lig4? Ausgangsstamm, weshalb ein Einsatz dieses Stammes für die industrielle TAPS-Produktion denkbar wäre. Ausgehend von einem für die TAPS- (und somit Sphingoidbasen-) Produktion optimierten Stamm sollten Stämme mit optimierter TriASa- oder TriASo-Produktion für industrielle Zwecke generiert werden. Es stellte sich allerding heraus, dass erhöhte Mengen dieser Sphingoidbasen wahrscheinlich wachstumshemmend für P. ciferrii sind, weshalb eine weitere Produktions-Optimierung nicht ohne Weiteres möglich ist. In einem Laborstamm gelang es jedoch, durch Konstruktion und anschließende Transformation eines optimierten integrativen Plasmids (trägt die Gene, die für die Produktion von Sphingosin bzw. TriASo nötig sind) eine TriASo-Produktion von bis zu 30 mg * g (BTM) zu erzielen, wobei gleichzeitig die Bildung des Nebenprodukts TriASa auf weniger als 4 mg * g (BTM)reduziert wurde. Weiterhin konnte durch Deletion von PcSCS7 in einem TriASo-Produktionsstamm die TriASa-Produktion mehr als vierfach reduziert werden. Die Bildung eines weiteren von P. ciferrii gebildeten Nebenproduktes [Tri-Acetyl-Sphingadienin (TriASd)] konnte durch Deletion des PcSLD1 Gens unterbunden werden. Nach Inaktivierung von PcSCH9 konnte eine fast 20 %ige Verbesserung der TriASo-Produktion erreicht werden. Es konnten zwei putative Acetyl-Transferasen identifiziert werden (PcAft2 und PcSli1), die an der Acetylierung von Phytosphingosin (zu TAPS), Sphinganin (zu TriASa) und Sphingosin (zu TriASo) beteiligt sind. Die Aufklärung und Optimierung dieser von PcAtf2 und PcSli1 katalysierten Schritte sind vielversprechende Ansatzpunkte die Sphingoidbasen-Produktion in P. ciferrii weiter zu optimieren.
In allen drei Domänen des Lebens ist in der Translation die Initiation der geschwindigkeits-bestimmende Schritt. Die Effizienz der Translationsinitiation und ihre unterschiedliche Regula-tion ist von Translationsinitiationsfaktoren (IFs) abhängig. Bakterien enthalten nur drei IFs, während die Anzahl bei Archaeen (aIFs) und Eukaryoten (eIFs) deutlich höher ist.
Das Archaeon Haloferax volcanii beispielsweise besitzt 14 Gene, die für aIFs bzw. deren Untereinheiten kodieren. Eine Deletionsanalyse ergab, dass fünf aIFs essenziell und neun aIFs nicht essenziell sind. Um einen Einblick in die Funktions- und Interaktionsbereiche der aIFs in H. volcanii zu erhalten, wurden die aIFs mit einem His-Tag versehen und überexpri-miert. Die Überexpression erfolgte in der jeweiligen Deletionsmutante. Für essenzielle aIFs fand sie im Wildtyp statt. Durch Affinitätsaufreinigungen wurden die aIFs und ihre Bindungs-partner isoliert und mittels Massenspektrometrie (MS) identifiziert. Für den Ausschluss unspe-zifischer Proteine dienten zwei stringente Kontrollen als Referenz, das Reportergen Dihydro-folatreduktase (HVO_1279) mit His-Tag und das Expressionsplasmid ohne Gen.
Die ersten Arbeiten konzentrierten sich auf den heterotrimeren Faktor aIF2. Er bindet die Ini-tiator-tRNA und ist damit für die Bildung des Präinitiationskomplexes von zentraler Bedeu-tung. Der Faktor aIF2 besteht aus jeweils einer α-, β- und γ-Untereinheit. In H. volcanii existie-ren zwei Orthologe für aIF2β. Die Überexpressionen der α-, β1-, β2- und γ-Untereinheiten führten zur Co-Isolation der jeweils anderen Untereinheiten des aIF2 (α, β1/ β2, γ).
Die Strategie der Co-Affinitätsaufreinigung und MS wurde auf alle weiteren annotierten aIFs ausgedehnt, um mögliche Funktionen zu identifizieren und ein potenzielles Interaktionsnetz-werk der aIFs zu erstellen. Für alle aIFs konnte ein unterschiedliches Muster an co-gereinigten Proteinen festgestellt werden. Mitgereinigte Proteine waren aIFs, Proteine der Translation, Transkription, Replikation und ribosomale Proteine. Auch RNA-Polymerase-Untereinheiten (RNAPUs) konnten co-isoliert werden. Mit 13 der 14 aIFs konnten andere Ini-tiationsfaktoren co-gereinigt werden. Sechs aIFs konnten zu Beginn bei keinem weiteren Initi-ationsfaktor mitgereinigt werden. Einer dieser Faktoren war aIF2β-1, der jedoch in den Affini-tätsaufreinigungen mit nachfolgender FPLC von aIF2β-2 identifiziert werden konnte. Der Fak-tor aIF1 konnte nur in der stationären Phase von aIF2α mitgereinigt werden.
Die am häufigsten co-gereinigten Proteine waren aIF2Bδ-1 und aIF5B. Für aIF2Bδ-1 kam dies überraschend, da er bereits als Translationsinitiationsfaktor ausgeschlossen wurde. Mit dem Faktor aIF2Bδ-1 selbst konnten fünf aIFs co-gereinigt werden.
Da mit den aIFs auch RNAPUs co-gereinigt werden konnten, wurden sieben RNAPUs ebenfalls mit einem His-Tag versehen und überexprimiert. Auch mit den RNAPUs konnten aIFs, sowie weitere Proteine der Translation mitgereinigt werden.
Diese Umstände legen nahe, dass es möglicherweise eine engere Verbindung der Tran-skription und Translation in H. volcanii geben könnte, als bisher angenommen.
Die Medusen der metagenetischen Cnidarier (Nesseltiere) werden je nach Kultur- und Sprachraum z. B. mit einer weiblichen Gestalt mit schlangenartigen Haaren (Medusa), mit stark brennenden Quaddeln auf der Haut oder mit Stränden verklebenden Gallertmassen in Verbindung gebracht. Diese Assoziationen fußen hauptsächlich auf Merkmalen der Scheibenquallen (Scyphozoa), deren bisexuelle Medusen in Größe, Tentakellängen, Nematocytenbesatz und Mesogloeagehalt gegenüber der relativ unauffälligen ungeschlechtlichen Polypengeneration beeindrucken. Häufig ist die Medusengeneration der Scheibenquallen namensgebend. Die Medusen der Ohrenqualle Aurelia aurita (Fahnenquallen, Semaeostomeae) sind an den durchscheinenden, ohrenförmig um den Gastralraum angeordneten Gonaden erkennbar. In gemäßigten Klimazonen ist die bisexuelle Vermehrung - und das anschließende oft massenhafte Absterben in Küstennähe - auf den Sommer beschränkt (Lucas 1996), so daß die Medusen der Ohrenqualle häufige spätsommerliche Gäste an Stränden z. B. der Nord- und Ostsee (mit für den Menschen harmloser Nesselwirkung) sind. Vertreter der von Linné (1758) und Lamarck (1816) typologisierten Aurelia aurita sind weltweit verbreitet und bezüglich der Morphologie, Physiologie, Ethologie und Ökologie gut untersucht (z. B. Fautin & Lowenstein 1992; Costello & Colin 1994; Hammer et al. 1994; Lucas 1994). Unter ökologischen Gesichtspunkten ist das breite Spektrum der Ohrenqualle bezüglich abiotischer Umweltfaktoren hervorzuheben. Die häufig massenhaften Medusenaggregationen und der daraus resultierende Predationsdruck gegenüber dem Mikrozooplankton (Copepoden, Invertebratenund Fischlarven) weist der Ohrenqualle eine wichtige - und gelegentlich dominierende - Stellung in marinen Plankton-Lebensgemeinschaften zu (Janas & Witek 1993; Schneider & Behrends 1994; Sullivan et al. 1994; Tsikhon-Lukanina et al. 1996). Die breite Anpassungsfähigkeit und hohe Vermehrungsrate wird anekdotenhaft durch eine kürzlich erfolgte Meldung bekräftigt, nach der offensichtlich Aurelia-Schwärme die Kühlwasserleitungen eines Kraftwerks in Australien verstopften und lahmlegten (Cnidaria-List-Server). Das ubiquitäre Vorkommen läßt sich auf eine große ökologische Toleranz gegenüber Klima und Salzgehalt zurückführen, so daß die Ohrenqualle als Bewohner aller Meere von 40° südlicher bis 70° nördlicher Breite und Habitaten mit Salinitäten von 6-41‰ gilt (Kramp 1961). Dabei werden geographische Populationen, Unterarten und Arten der Gattung Aurelia anhand morphologischer Medusenmerkmale sowie auf Basis von Allozymunterschieden in unterschiedlicher Konsequenz teilweise in eine Art, Aurelia aurita zusammengefaßt, oder in mehrere distinkte Spezies voneinander abgegrenzt (Mayer 1910; Kramp 1961; Russell 1970; Kozloff 1987; Greenberg et al. 1996). Der nicht konsistente taxonomische Status der Ohrenqualle beruht entweder auf phylogenetisch uninformativen diagnostischen Merkmalen oder spiegelt Differenzierungen wider, die mit Artbildungsprozessen erklärt werden können. In der vorliegenden Arbeit sollen die phylogenetischen Beziehungen zwischen Aurelia-Populationen auf einer weltweiten geographischen Skala unter organismischen und molekularen Aspekten untersucht werden. Die möglichen Speziationsprozesse orientieren sich an den von Avise (2000) klassifizierten beiden Kategorien, nach denen die gängigen Spezieskonzepte auf Basis phylogenetischer und biologischer Kriterien, oder analog von Ridley (1996) nach evolutionären und zeitlich unabhängigen Kriterien eingeteilt werden. Die DNA-Sequenzinformationen eines mitochondrialen Gens (16S rDNA) sowie eines auf dem Kerngenom liegenden ribosomalen Locus (ITS-1/5.8S rDNA) sollen verwendet werden, um die genealogischen Beziehungen verschiedener Aurelia- Populationen sowohl phylogeographisch (Avise 1994) als auch bezüglich der phylogenetischen Artkonzepte zu untersuchen (Eldredge & Cracraft 1980; Wiley 1981; Cracraft 1989; Übersicht in Hull 1997). Mittels morphologischer Merkmale, Lebenszyklusdaten und den molekulargenetischen Daten soll gleichzeitig geprüft werden, ob sich die von Avise (2000) genannte Kategorie der biologisch definierten Spezieskonzepte in phänetisch (Sneath & Sokal 1973; Whittemore 1993), ökologisch (van Valen 1976; Schluter 1996) oder reproduktiv (Mayr 1963) getrennte Einheiten bei der Ohrenqualle widerspiegeln. Der Beitrag verschiedener Diversifizierungsfaktoren wie geographische Verbreitung, Selektion und genetische Drift wird in diesem Zusammenhang unter besonderer Berücksichtigung ökologischer Aspekte in Kapitel 2 dargestellt. Nicht zuletzt auch aufgrund ihrer besonderen ökologischen Plastizität empfiehlt sich die Ohrenqualle zur Nutzung als Biomonitor zur Untersuchung von Umweltbeeinträchtigungen auf Individuumebene. Eine in diesem Zusammenhang nützliche Besonderheit im Lebenszyklus von Aurelia betrifft den Übergang von der sich ungeschlechtlich vermehrenden Polypengeneration in die bisexuelle Medusengeneration, bei dem an der Oralseite des Polypen Medusenlarven (Ephyren) in Form einer polydisken Strobilation abgeschieden werden. Die Strobilation wird extrinsisch durch natürliche Faktoren ausgelöst und kann bei den Polypen der Ohrenqualle künstlich durch Temperaturabsenkung oder Erhöhung der Iod-Ionenkonzentration induziert werden (Spangenberg 1967). Dieses experimentell beeinflußbare Lebenszyklusstadium wurde im Rahmen von ökotoxikologischen Studien verwendet, um den Einfluß von Chemikalien auf die verzögerte Strobilation nach künstlicher Auslösung oder die Störung des Strobilationsverlaufs zu testen (Spangenberg 1984; Thiel & Jarms 1986). Black & Bloom (1984) untersuchten die Beziehung zwischen der Strobilationsinduktion und der Produktion von Hitzeschockproteinen (HSP) nach Temperaturerhöhung und konnten die Induzierbarkeit von Hitzeschockproteinen als Reaktion auf Temperaturstreß immunologisch nachweisen. Diese Studien zeigen, daß die Ohrenqualle ein hohes Reaktionspotential gegenüber variablen Umweltbedingungen besitzt. Die Charakterisierung dieses Reaktionspotentials soll in der vorliegenden Arbeit mittels der Analyse organismischer Reaktionen gegenüber anthropogen verursachten Streßfaktoren durchgeführt werden. Im Rahmen von experimentellen Schadstoff- expositionen sollen an Aurelia-Polypen genetische Reaktionen auf der Ebene der mRNATranskription untersucht werden. Der Schwerpunkt liegt auf der Etablierung von Biomarkern (van Gestel & van Brummelen 1996) mittels molekulargenetischer Methoden, wobei die Durchführbarkeit und Effektivität verschiedener Methodenansätze verglichen werden sollen. Die identifizierten Biomarker sollen im Hinblick auf die Analyse der Dosis-Wirkungsbeziehungen zwischen Schadstoffkonzentrationen und dem Ausmaß der genetischen Reaktion mittels quantitativer PCR-Verfahren näher charakterisiert werden. Ein anschließender Test der im Labor charakterisierten Biomarker auf die Anwendbarkeit im Freiland soll entsprechende Hinweise für die Sensitivität und Durchführbarkeit des in Kapitel 3 ausgeführten Biomarker-Assays liefern. Ein weiteres Ziel der vorliegenden Arbeit ist die Verknüpfung verschiedener biologischer Organisationsebenen im Kontext ökologischer und ökotoxikologischer Forschung (Clements 2000). Erkenntnisse zum Wirken von Umwelteinflüssen auf molekularer Ebene bieten sich als Basis einer Bewertung individueller Reaktionen für Veränderungen auf Populationsebene an. Dieser Zusammenhang wird in Kapitel 4 anhand der Relevanz von Biomarkern für Aussagen auf Populationsund Speziesebene besprochen.
Paracoccus denitrificans besitzt eine verzweigte Elektronentransportkette. Unter aeroben Bedingungen werden die Elektronen ausgehend von Ubichinol bevorzugt über den bc 1 Komplex auf die aa 3 Cytochrom c Oxidase übertragen. Alternativ können die Elektronen jedoch unter Umgehung des bc 1 Komplexes direkt auf die ba 3 Chinoloxidase transferiert werden. Diese gehört wie die Cytochrom c Oxidase zur Gruppe der HämKupfer Oxidasen; sie reduzieren Sauerstoff zu Wasser und koppeln diese Reaktion an eine vektorielle Translokation von Protonen über die Membran. Die vorgelegte Dissertation befaßt sich mit der Charakterisierung der ba 3 Chinoloxidase. Mittels Mutationen sollen ausgesuchte Aminosäuren untersucht werden, die an der Protonen Translokation bzw. der Reduktion von Sauerstoff beteiligt sind. Zudem soll das Phänomen der heterogenen Untereinheit II geklärt sowie die Notwendigkeit für die Anwesenheit von Häm a in der highspin Position untersucht werden. Dazu mußte zunächst das homologe Expressionssystem für die ba 3 Chinoloxidase verbessert werden. Zu diesem Zweck wurde ein aa 3 /ba 3 ParacoccusDeletionsstamm geschaffen, der es ermöglicht, die Expression der auf einem Plasmid in trans angebotenen Gene der Chinoloxidase um den Faktor fünf zu erhöhen. In Anlehnung an ein bereits existierendes Reinigungsprotokoll ist es gelungen, die Chinoloxidase in einem zweistufigen säulenchromatographischen Verfahren zu isolieren. Das gereinigte Enzym oxidiert sein Substrat Ubichinol in einer pHabhängigen, aber Ionenstärke unabhängigen Reaktion. Bis dato sind zwei Kanäle definiert, der D und der KKanal, über die Protonen ausgehend vom Cytoplasma bis zum binukleären Zentrum transportiert werden. Diese werden dann entweder für die Reduktion des Sauerstoffs verwendet oder gekoppelt an diesen Prozeß über die Membran transloziert. Durch gezielte Punktmutationen sowie GanzzellPumpexperimente kann der Beginn eines weiterführenden ProtonenAusgangskanals bestimmt werden, der durch die benachbarten Arginine 490, 491 und das DRingPropionat des highspin Häms gebildet wird. Durch WasserstoffbrückenBindungen und Ladungsinteraktionen stabilisieren diese Arginine die deprotonierte, anionische Form der PropionatGruppe und erlauben somit eine transiente Bindung von Protonen an das Propionat. Für die Stabilisierung dieses Zustands bzw. die spätere Weiterleitung von Protonen scheint unter anderem die Aminosäure Aspartat 416 verantwortlich zu sein, da eine Mutation an dieser Position zu einem entkoppelten Phänotyp führen kann. Für die Reduktion des Sauerstoffs werden vier Elektronen benötigt. Da aber das vollständig reduzierte binukleäre Zentrum nur drei Elektronen liefern kann, wird ein Tyrosinradikal diskutiert, welches das benötigte vierte Elektron zur Verfügung stellen soll. Gezielte Punktmutationen und spektroskopische Analysen der ba 3 Chinoloxidase sollten zeigen, ob es sich dabei um Tyrosin 297 handelt, dessen Radikalform durch eine kovalente Bindung zu Histidin 293 stabilisiert wäre. Die Mutationen Y297H und Y297F führen in beiden Fällen zu einer enzymatisch inaktiven ba 3 Chinoloxidase. Durch FTIRSpektroskopie kann gezeigt werden, daß Mutationen an dieser Position die Stabilität des binukleären Zentrums beeinflussen. Es läßt sich jedoch aufgrund der fehlenden Enzymaktivität sowie der Störung der geometrischen Struktur des binukleären Zentrums keine Aussage über die Bedeutung der Aminosäure Tyrosin 297 als Elektronendonor treffen. Die Verkürzung des CTerminus der Untereinheit II durch das Einbringen von StopCodons zeigt, daß es sich bei der Heterogenität dieser Untereinheit um einen proteolytischen Abbau handeln muß. Dieser geschieht an spezifischen, aber bisher noch nicht näher charakterisierten Positionen, hat aber keinen Einfluß auf den Zusammenbau oder die Aktivität der Oxidase. Durch die heterologe Expression der bo 3 Chinoloxidase aus E. coli in Paracoccus kann gezeigt werden, daß eine Grundvoraussetzung für eine aktive Chinoloxidase ein farnesyliertes Häm b Derivat in der highspin HämPosition ist. Die dadurch gebildete HydroxylGruppe stellt eine Möglichkeit dar, wie die für die Reduktion des Sauerstoffs notwendigen Protonen das binukleäre Zentrum erreichen können. Ob es sich dabei um ein Häm a oder o handelt, ist wirtsspezifisch und eine Frage der HämVerfübarkeit bzw. des HämEinbaus.
Elche stellen eine Problemart in der Zootierhaltung dar. Sie erreichen im Zoo entgegen dem Trend, dass Tiere in Menschenobhut älter werden als ihre frei lebenden Artgenossen, meist weniger als die Hälfte des biologisch möglichen Alters. Besonders schwierig gestaltet sich die adäquate Fütterung, da die Tiere sehr stark von der Gabe frischer Laubäsung abhängen und die Fütterung mit Ersatzfuttermitteln, wie z.B. Heu, langfristig nicht erfolgsversprechend ist. Zudem sind die Tiere sehr anfällig für Parasiten und eine von Schafen übertragene Viruserkrankung (Bösartiges Katarrhalfieber). Ihr hoher Platzbedarf und das Problem der innerartlichen Aggression machen die Haltung dieser größten Hirschart zusätzlich kompliziert. In dieser Arbeit wird die Methode der Angewandten Chronoethologie in der Zootierhaltung vorgestellt, die sich die von der Inneren Uhr gesteuerten Verhaltensrhythmen einer Tierart zur Beurteilung ihres Wohlbefindens und ihrer Haltungsbedingungen in der künstlichen Zooumwelt zu Nutze macht. Der Besitz einer Inneren Uhr stellt in der hochgradig rhythmisch organisierten Umwelt einen Selektionsvorteil im Sinne einer frühzeitigen Anpassung an wiederkehrende Umweltbedingungen dar. Die Innere Uhr ist so alt wie das Leben selbst, genetisch fixiert, über Zeitgeberreize mit ihrer Umwelt synchronisiert und regelt die Lebensvorgänge von Organismen auf allen organisatorischen Ebenen, auch auf der Ebene des Verhaltens. Ist der normale Verhaltensrhythmus einer Tierart bzw. eines Individuums bekannt, ist es möglich, aus Abweichungen von der Norm auf Störungen des Organismus - auf Unwohlsein - zu schließen. Anhand des Vergleiches von drei Elchhaltungen mit jeweils zwei Tieren, die unter verschiedenen Bedingungen gehalten wurden, konnten mit Hilfe zeitgeraffter Videoaufzeichnung und dem Einsatz eines Speichertelemetriesystems die folgenden Faktoren als einflussreich auf das Verhaltensmuster von Elchen in Menschenobhut identifiziert werden. Die nächtliche Aufstauung von Elchen ist aufgrund des Raum- und Reizmangels in den Boxen ein erheblicher Eingriff in das natürliche, gleichmäßig über Tag und Nacht verteilte Verhaltensmuster der Tiere. Außerdem sind sie in ihrem Verhalten hochgradig vom täglichen Ablauf des Pflegeralltags im Zoo beeinflusst. Feste Fütterungszeiten können einen starken Zeilgeberreiz darstellen- den die Elche in den beiden naturferneren Haltungen stärker zu antizipieren scheinen als den Zeitgeber „Licht". Größe und vor allem Strukturierung des Außengeheges haben einen Einfluss auf dessen zeitliche und räumliche Nutzung. Abschüssige Gehegeteile können die unerwünschte Verhaltensweise Grasen fördern. In unseren mitteleuropäischen Breiten leiden die Elche im Sommer unter Hitzestress, was sich in verringerter Aktivität widerspiegelt. Ein hohes Besucheraufkommen kann die Tiere ebenfalls in ihrem Verhalten beeinflussen. Es hat sich jedoch gezeigt, dass sich der Elch schnell an die Zoogegebenheiten und viele Besucher gewöhnt. Durch den Vergleich der verschiedenen Haltungsbedingungen konnten in der vorliegen Arbeit Vorschläge zur Verbesserung der Haltung von Elchen in Menschenobhut und zu ihrem zeitlichen Management gemacht werden. Der Elch hat sich aufgrund des für Wiederkäuer typischen, sehr geregelten Verhaltensrhythmus aus alternierenden Aktivitäts- und Ruhephasen, der auch unter den verschiedenen Haltungsbedingungen prinzipiell bestehen bleibt, als sehr gut geeignetes Modelltier für die Anwendbarkeit der Methode der Angewandten Chronoethologie in der Zootierhaltung herausgestellt. Abweichungen von der Norm können leicht erkannt werden. Änderungen im Verhaltensmuster m Form erhöhter lokomotorischer Aktivität lassen bei den untersuchten Tieren auf Unwohlsein (Krankheit, Abweichungen von der täglichen Routine, unterbundenes Brunftverhalten) schließen und können im Sinne eines chronoethologischen Paradigmas als eine indikative Verhaltensweise gewertet werden. Das Ziel einer vollständig automatisierten Verhaltenserfassung- und Auswertung mittels Bewegungsmeldern soll im restringierten Raum der Elchbox in einem weiteren Projekt verwirklicht werden, um damit Tierpflegern, Zooveterinären und Verantwortlichen ein gut handhabbares Mittel zur objektiven und langfristigen Beurteilung des Wohlbefindens ihrer Schützlinge zur Verfügung stellen zu können.
Der metasomale Lichtsinn des Skorpions : eine immunhistologische und feinstrukturelle Untersuchung
(2003)
Extraretinale Photorezeption im Bauchmark des Skorpions war seit mehr als 30 Jahren aus elektrophysiologischen und verhaltensbiologischen Untersuchungen bekannt. Von den zugehörigen Sinneszellen waren aber weder ihre Struktur und Lage noch ihre neuronale Verschaltung bekannt. Mit immunhistologischen und feinstrukturellen Untersuchungen konnten in dieser Arbeit in den letzten Abdominalganglien des Skorpions Paruroctonus mesaensis Zellgruppen identifiziert werden, die vermutlich das strukturelle Korrelat dieser extraretinalen Photorezeption, des metasomalen Lichtsinns (ML), sind. In meiner Arbeit konnten folgende Befunde erhoben werden: Immunhistologische Erkenntnisse: - In den metasomalen Ganglien des Skorpions gibt es wenige Zellen, die immunhistologisch mit Antikörpern gegen Proteine der Phototransduktionskaskade (Opsin, Transducin und Arrestin) reagieren. - Der metasomale Lichtsinn ist kein geschlossenes Sinnesorgan sondern ist aus mehreren Zellclustern mit jeweils etwa 5-7 spindelförmigen kleinen Zellen zusammengesetzt. - Diese ML-Zellgruppen sind bilateralsymmetrisch auf der Ventralseite der Ganglien jeweils an den Übergängen in die Konnektive angeordnet. - Die Zellen sind - wie alle Invertebraten-Photorezeptoren - histaminerg. Ihre kurzen afferenten Axone enden ipsilateral im gleichen Ganglion auf ebenfalls histaminergen Inteneuronen, die bis in das Unterschlundganglion reichen. Feinstrukturelle Erkenntnisse: - Nach den bisherigen Untersuchungen haben alle ML-Zellen die gleiche Feinstruktur. Das Cytoplasma ist sehr reichhaltig mit Mitochondrien und rauhem endoplasmatischen Retikulum gefüllt, was erkennen lässt, dass diese Zellen hochaktiv sind. Sie haben kein Schirmpigment. - Sie besitzen einen länglichen, häufig gelappten Zellkern mit viel Heterochromatin. - Besonders charakteristisch für die ML-Zellen sind Lysosomen, die rhabdomere Abbauprodukte beinhalten. Diese Abbauprodukte verändern sich in Abhängigkeit vom Licht und unter der Kontrolle der inneren Uhr. Es lassen sich die für Arthropodenaugen charakteristischen Abbaustufen für diese exogenen und endogenen Abbauvorgänge feststellen. - An der apikalen Seite der potentiellen Photorezeptorzellen befinden sich lange rhabdomere Mikrovilli, die sich unregelmäßig um eine Lakune winden. Gemeinsam mit Nachbarzellen bilden diese Mikrovilli eine Haube, die von einer Kapsel umschlossen wird. - Das andere Zellende setzt sich in ein kurzes Axon fort. - Efferente Fasern innervieren die afferenten Endigungen der Rezeptorzellen nahe an ihren Terminalen. - Als Besonderheit ist in den ML-Zellen eine einzelne intrazelluläre Cilie zu finden. Sie ist meist zwischen dem Zellkern und einem Golgi-Apparat lokalisiert. Eine potentielle Funktion des Metasomalen Lichtsinns im Skorpion wird insbesondere im Zusammenhang mit der Perzeption natürlicher Zeitgeberreize durch den retinalen und extraretinalen Photorezeptorkomplex.
Die X-chromosomal gebundene chronische Granulomatose (X-CGD) ist eine seltene Erbkrankheit, bei der die NADPH-Oxidase der Phagozyten nicht funktionell ist. Der Grund hierfür liegt meist in Mutationen in der GP91phox Untereinheit der Phagozyten-Oxidase. Hierdurch treten lebensbedrohliche Bakterien- und Pilzinfektionen bei Patienten auf, was neben einer geringen Lebensqualität zu einer erheblich verkürzten Lebenserwartung führt. Eine Stammzelltransplantation eines gesunden Spenders ist bislang der einzige heilende Therapieansatz. Für X-CGD-Patienten, die keinen passen-den Spender zur Verfügung haben, stellt die genetische Modifikation autologer hämato-poetischer Stammzellen eine alternative Form der Therapie dar. Im Jahr 2004 wurden daher in einer präklinischen Phase I/II Studie in Frankfurt zwei X-CGD-Patienten gentherapeutisch behandelt. Hierbei wurden CD34+ Stammzellen ex vivo mit einem γ-retroviralen Vektor transduziert, der eine LTR-getriebene Expressionskassette für GP91phox trägt. Nach einer nicht-myeloablativen Konditionierung wurden die genetisch modifizierten Zellen der Patienten retransplantiert. Beide behandelten Patienten zeigten schon kurz nach Therapiebeginn eine deutliche Verminderung der Infektionsanfälligkeit und somit eine stark verbesserte Lebensqualität. Auf zellulärer Ebene konnte ein gutes Engraftment der modifizierten hämatopoetischen Stammzellen im Knochenmark beobachtet werden. In funktionellen Tests konnte die Bildung superoxidproduzierender Phagozyten für die Immunabwehr gezeigt werden. Das molekulare Monitoring beider Patienten hat jedoch über die Zeit eine Verringerung der Enzymaktivität in den Phagozyten (Superoxidproduktion) gezeigt, obwohl der Anteil genetisch modifizierter Zellen nicht geringer wurde. Im Rahmen der vorliegenden Arbeit konnte durch quantitative RT-PCR-Analysen proviraler mRNA-Transkripte, eine Korrelation zwischen dem Verlust der Enzymaktivität und reduzierter Transgen-expression gezeigt werden. Durch DNA-Analysen peripherer Blutproben beider Patienten konnte eine verstärkte Methylierung an der Promotor-CpG-Insel, welche die Transgen-expression reguliert, als Ursache identifiziert werden. Weiterführende klonale Untersuchungen genmodifizierter Kolonien aus dem Knochenmark der Patienten offenbarten einen direkten Zusammenhang zwischen der Abwesenheit von Transkription bzw. Superoxidbildung und der Methylierung dieser CpG-Insel im proviralen Promotor-bereich. Somit konnte zum ersten Mal ein epigenetisches Silencing bei Patienten nach einer Behandlung mit Gentherapie nachgewiesen werden. In weiteren Versuchen konnte die vollständig ausgebildete, spezifische Methylierung des SFFV-Promotors in transduzierten Knochenmarkzellen eines Patienten durch in vitro Behandlung mit einem Methyltransferase-Inhibitor (Aza-D) in Kombination mit einem Histondeacetylase-Inhibitor (TSA) bis zu 30% reduziert werden. Dieser Teilerfolg zeigt, dass eine klinisch relevante Reaktivierung der Transgenexpression, durch Umkehrung des Silencings am SFFV-Promotor, prinzipiell möglich ist. Das Phänomen der Abschaltung der Genexpression des γ-retroviralen Vektors in der Frankfurter Gentherapiestudie, hat ein Testsytem zur Evaluierung zukünftiger Gentherapie-Vektoren erfordert. Durch Monitoring proviraler Parameter (Kopien, Transgenexpression, Proteinexpression und Promotor-CpG-Methylierung), in der murinen embryonalen Stammzelllinie P19 konnte in dieser Arbeit ein prädiktiver Silencing-Assay erfolgreich etabliert werden. Mit Hilfe dieses Systems wurden vielversprechende Silencing-resistente Vektoren mit dem UCOE (Ubiquitous Chromatin Opening Element) identifiziert. Hierdurch wurden wichtige Grundlagen geschaffen, um zukünftige virale Vektorsysteme in Bezug auf ihre Langzeitexpression testen zu können. Zusätzlich zu der Inaktivierung der transduzierten Expressionskassette konnte in beiden Patienten ein klonales Auswachsen von Subklonen beobachtet werden, das letztendlich zu einem myelodisplastischen Syndrom bei beiden Patienten führte. Der virale Enhancer war im Gegensatz zum viralen Promotor niemals methyliert, wodurch seine transaktivierenden Eigenschaften unbeeinflusst blieben. Diese enhancervermittelte Aktivierung proliferationsfördernder Gene (Mds1-Evi1-Genlokus) konnte durch RT-PCR-Analysen zunächst in Mischpopulationen aus peripherem Blut der Patienten nach-gewiesen werden. Weiterführende klonale Analysen in Knochenmarkzellen zeigten den direkten Zusammenhang zwischen der transkriptionellen Aktivierung des Mds1-Evi1-Genlokus und den proviralen Insertionen. Somit konnte die Ursache für die therapie-assoziierte, klonale Dominanz in beiden X-CGD-Patienten aufgeklärt werden. In der Frankfurter Gentherapiestudie wurde erstmals ein klinischer Erfolg für X-CGD-Patienten erzielt. Durch intensives molekulares Monitoring konnte im Rahmen dieser Arbeit aufgedeckt werden, dass der eingesetzte γ-retrovirale Vektor über das Phänomen der Insertionsmutagenese hinaus, auch in Bezug auf die epigenetische Abschaltung der Transkription (Silencing), für zukünftige Studien modifiziert werden muss. Sicherheits-verbesserte Vektoren mit einer Resistenz gegenüber Silencing in murinen embryonalen Stammzellen konnten in dieser Arbeit charakterisiert werden. Mit diesen Genfähren könnte der angestrebte Langzeittherapieerfolg in Zukunft möglich werden.
Die Entwicklung neuer und die Adaption bestehender Methoden ist weiterhin eine der vordringlichsten Aufgaben der Forschung zur Bekämpfung der tödlichen Infektion mit dem HI-Virus. So wurde im ersten Teil dieser Arbeit untersucht, ob die Methode der Generierung MHC-unabhängiger Immunantworten gegen Oberflächenproteine, die bereits in der experimentellen Tumortherapie verwendet wird, für die HIV Therapie adaptiert werden kann. In dieser Arbeit war das HIV Hüllprotein Env das Zielmolekül. Der zweite Teil der Arbeit versucht, Erkenntnisse aus der HIV-Forschung für alternative Tumortherapieansätze am Beispiel des kutanen T-Zell Lymphoms zu verwenden. Der erste Teil beschäftigt sich mit der Verwendung des Hüllproteins Env von HIV als Zielstruktur für die Generierung MHC-unabhängiger Immunantworten gegen HIV-infizierte Zellen. Hierfür wurden CD4, 5-Helix sowie zwei Varianten von DC-SIGN als HIV Env-bindende Liganden als chimäre T Zell-Rezeptoren, zusammen mit Teilen von CD3 und CD28, in humanen Zellen exprimiert. Die Funktionalität der Konstrukte konnte gezeigt werden, ein therapeutischer Effekt in vitro war jedoch nicht nachweisbar. Der zweite Teil untersucht die Verwendung des HIV Hüllproteins als therapeutischem Gen zur Behandlung des kutanen T-Zell Lymphoms. Die Pseudotypisierung von MLV-basierenden Vektoren mit HIV Env ermöglicht das zielzellspezifische Eindringen der Vektoren in humane CD4-positive Zellen. Aus diesen Zellen besteht auch das kutane T Zell Lymphom (CTCL). MLV/HIV pseudotypisierte retrovirale Vektoren, die die 89.6P Variante des HIV Hüllproteins Env als therapeutisches Gen transportieren, wurden generiert und zunächst in vitro getestet. Das Wachstum von CTCL-Zellen konnte durch Zugabe dieser Vektorpartikel verhindert und die Zellzahl unter den Ausgangswert reduziert werden. Die Verwendung im Maus-Experiment zeigte einen vergleichbaren Erfolg wie die Verwendung der Herpes simplex Thymidinkinase, obwohl von syn Env nur etwa ein Viertel der Vektorpartikel appliziert wurde. Ein bystander-Effekt ließ sich damit also nachweisen. Die Verwendung chimärer T-Zell-Rezeptoren für MHC-unabhängige Immunantworten gegen HIV-Reservoirs im Körper ist ein vielversprechender Therapieansatz. Neben der Verwendung HIV Env-bindender zellulärer Proteine könnte das Spektrum möglicher Liganden durch die Verwendung Subtypen-übergreifender, nicht-inhibitorischer Antikörper, erweitert werden. Dies ist möglich, da für die Immunantwort lediglich die Bindung an das Hüllprotein notwendig ist. Zur Erhöhung des therapeutischen Effektes des retroviralen Gentransfers zur Therapie kutaner T-Zell Lymphome eignen sich hoch fusogene virale Hüllproteine, die auf diese Weise einen noch stärkeren bystander-Effekt ermöglichen. Die in dieser Arbeit beschriebenen Ergebnisse deuten darauf hin, dass dieser sehr groß sein muss, solange replikationsinkompetente Vektoren verwendet werden.
Durch Integration beziehungsweise Deletion einzelner oder mehrerer Gene der Carotinoidbiosynthese wurden Cyanobakterien-Transformanten mit einem vom Wildtyp abweichenden Carotinoidgehalt oder einer veränderten Carotinoidzusammensetzung hergestellt. Anhand dieser Transformanten wurden die Auswirkungen der geänderten Carotinoidkomposition auf die Photosyntheseleistung und besonders auf den Schutz der Photosynthese vor Schädigungen durch Starklicht untersucht. Die Integration des Zeaxanthin Epoxidase-Gens aus Gentiana lutea in das Genom von Synechococcus PCC 7942 PIM8 führte zu einer Transformante Synechococcus PCC 7942 PIM8 pFP1ZE in der erstmalig die am Xanthophyllzyklus der höheren Pflanzen beteiligten Carotinoidepoxide Violaxanthin und Antheraxanthin gebildet wurden. Diese beiden zusätzlich gebildeten Carotinoidepoxide hatten keine Auswirkungen auf die Photosyntheseleistung und die Quantenausbeute von Synechococcus PCC 7942 PIM8 pFPlZE unter Schwachlichtbedingungen. Allerdings ging in dieser Transformante die maximale Photosyntheseleistung nach Inkubation im Starklicht deutlich stärker zurück als in der Kontroll-Transformante. Diese erhöhte Sensitivität gegenüber Starklicht korreliert mit dem signifikant niedrigeren Zeaxanthingehalt dieser Transformante. Die wichtige Schutzfunktion von Zeaxanthin vor Starklichtschädigungen des Photosyntheseapparates wurde durch Experimente mit Synechocystis PCC 6803 bestätigt. Es wurden durch Inaktivierung des Ketolase-Gens, des b-Carotin Hydroxylase-Gens bzw. beider Gene zusammen, Mutanten hergestellt. die entweder kein Echinenon, kein Zeaxanthin oder keines der beiden Carotinoide synthetisieren konnten. Darüber hinaus wurde in den b-Carotin Hydroxylase-defizienten Mutanten ein nicht hydroxyliertes Myxoxanthophyllderivat anstelle von Myxoxanthophyll gebildet. In den Zeaxanthin defizienten Synechocystis Mutanten ist die Photosynthese nach Inkubation in Starklicht deutlich stärker inhibiert als im Wildtyp und der Mutante ohne Echinenon. Besonders empfindlich gegenüber Starklicht erwiesen sich die Kulturen ohne Zeaxanthin und Myxoxanthophyll, wenn in Gegenwart von Methylenblau oder Methylviologen verstärkt 1O2 bzw. O2.-, H2O2 und OH. generiert wurden, In diesen Mutanten war ein drastisch erhöhter Chlorophyll- und Carotinoidabbau messbar. Um den verstärkten Abbau an Carotinoiden unter Starklichtbedingungen zu kompensieren, muss die Carotinoidbiosynthese unter diesen Bedingungen erhöht werden. In Hemmstoffversuchen konnte nachgewiesen werden, dass die Bildung von Phytoen, dem ersten Carotinoid im Syntheseweg, unter Starklichtbedingungen erhöht ist. Messungen der Transkriptmenge aller Carotinoidgene aus Synechococcus zeigten, dass die Gene der Phytoen Synthase (crtB), der Phytoen Desaturase (crtP), z-Carotin Desaturase (crtQb) sowie der b-Carotin Hydroxylase (crtR) im Starklicht hochreguliert werden. Die Gene der Lycopin lsomerase (crtH) und der Lycopin Zyklase (crtL) werden nicht auf Ebene der Transkription reguliert. Während die Erhöhung der Transkriptmenge von crtR bereits nach 15 min erfolgt und somit bereits nach 60 min eine deutlich gesteigerte Umwandlung von b-Carotin in das antioxidativ wirksamere Zeaxanthin nachgewiesen wurde, erfolgt ein Anstieg der Transkriptmenge der Gene crtB, crtP und crtQb erst nach ca. 60 min und führt damit erst wesentlich später zu einer generellen Steigerung der Carotinoidbiosynthese, um den verstärkten Carotinoidabbau im Starklicht zu kompensieren. lnkubationen von Synechococcus in Gegenwart von Substanzen, die den Redoxzustand der photosynthetischen Elektronentransportkette oder des Thioredoxinsystems modulieren, zeigten, dass nicht Licht direkt der auslösende Reiz für die Hochregulation der Carotinoidsynthese im Starklicht ist. Ein funktionierender photosynthetischer Elektronentransport ist für eine Hochregulation der Carotinoidbiosynthese erforderlich. Weder die Reduktion des Plastochinonpools noch die der zellulären Thioldisulfid-Gruppen erwiesen sich als Signal, dass in Synechococcus PCC 7942 zur Hochregulation der Carotinoidbiosynthese im Starklicht führt. Möglicherweise ist der Redoxzustand des Cytochromb6/f-Komplexes oder eine der unter Starklichtbedingungen verstärkt gebildeten ROS, wie z. B. O2- oder OH, der Reiz, der eine Steigerung der Carotinoidbiosynthese auslöst.
Photolabile Schutzgruppen haben sich im Laufe der letzten Jahre als wertvolle Werkzeuge für die Untersuchung und Regulation biologischer Prozesse etabliert. Dabei wird die photolabile Schutzgruppe auf geeignete Weise mit Biomolekülen verknüpft, sodass deren Funktion temporär deaktiviert wird. Durch Bestrahlen mit Licht geeigneter Wellenlängen wird die photolabile Schutzgruppe entfernt und die Aktivität des Biomoleküls bzw. des zu beobachtenden Prozesses wiederhergestellt. Die Grundlagen der Verwendung photolabiler Schutzgruppen im biologischen Kontext wurden in zwei Pionierarbeiten 1977 von J.W. ENGELS und 1978 von J.F. HOFFMAN gelegt. Davon ausgehend haben sich zahlreiche Anwendungen photolabiler Schutzgruppen für biologisch interessante Molekülklassen entwickelt. Auf dem speziellen Gebiet der Nukleinsäuren wurden in den letzten Jahren einige fundamentale Mechanismen entdeckt und aufgeklärt, die nicht zuletzt auch therapeutisch interessante Anwendungsmöglichkeiten für photolabile Schutzgruppen bieten. Hierbei stellt das An-/Aus-Schaltverhalten von Nukleinsäuren jedoch ein nicht-triviales Problem dar. Selbst der gezielte Einbau einer einzelnen photolabilen Schutzgruppe in ein multifunktionales Oligonukleotid führt in der Regel nämlich nicht zu einer vollständigen Deaktivierung dessen. Ein multipler Einbau photolabiler Schutzgruppen entlang der Sequenz eines funktionellen Oligonukleotids schaltet die Hintergrundaktivität im deaktivierten Zustand zwar vollständig aus, allerdings müssen in diesem Fall hohe Bestrahlungsintensitäten bzw. –dauern für das Entfernen aller photolabilen Modifikationen angewendet werden. Dadurch geht zum einen die Zeitauflösung der lichtgeschalteten Prozesse verloren, nicht zuletzt erhöht sich dabei aber auch das Risiko von lichtinduzierten Schäden am biologischen System. Das Kernthema der vorliegenden Dissertation war es daher, neue Architekturen für den Aufbau photoaktivierbarer Oligonukleotide zu entwickeln.
Das erste große Projekt basierte auf der Annahme, dass sich Duplexstrukturen, die für die Funktion vieler Nukleinsäuremechanismen fundamental sind, durch Zyklisierung von Oligonukleotiden global destabilisieren und damit effizienter photoaktivieren lassen, als durch lokalen Einbau einzelner photolabiler Schutzgruppen in Oligonukleotide. Hierzu wurden geeignete Alkin-Modifikationen an photolabile Nitrobenzyl- und Cumarin-Schutzgruppen angebracht und diese an die Nukleobasen verschiedener DNA-Bausteine geknüpft. Es ist daraufhin gelungen, Oligonukleotide mit je zwei photolabilen Alkin-Modifikationen herzustellen und diese intrasequentiell über eine Cu(I)-katalysierte Click-Reaktion mit einem Bisazid-Linker zu zyklisieren. Die so erhaltenen Oligonukleotide wiesen dramatisch erniedrigte Schmelzpunkte gegenüber den nativen Duplexen, sowie gegenüber den zweifach photolabil geschützten Oligonukleotiden auf. Dabei wurde außerdem festgestellt, dass Zyklisierungsparameter wie die Linkerlänge, -polarität und –flexibilität und die Wahl der photolabilen Schutzgruppe keinen signifikanten Einfluss auf die Duplexstabilität hat. Über einen Bereich von Ringgrößen zwischen ca. 11-21 Nukleotiden wurden die niedrigsten Duplexstabilitäten beobachtet. Sehr kleine, sowie große Ringe ab 30 Nukleotiden wiesen dagegen höhere Stabilität auf.
Da mit dem entwickelten Zyklisierungskonzept auch mehrere Ringstrukturen innerhalb einer Oligonukleotidsequenz aufgebaut werden können, wurde im nächsten Schritt eine photoaktivierbare Variante des C10-Aptamers hergestellt, welches selektiv gegen Burkitt’s Lymphomzellen bindet. Dieses 90-mer DNA-Oligonukleotid wurde an drei Stellen photolabil Alkin-modifiziert und infolge mit einem Trisazid-Linker zu einer bizyklisierten Struktur verknotet. Mit Hilfe von Fluoreszenzmikroskopie-Experimenten konnte demonstriert werden, dass das durch eine solche „Photo-Klammer“ deaktivierte C10-Aptamer keine Bindungsaffinität gegenüber Burkitt’s Lymphomzellen aufweist, die Bindungsaktivität jedoch nach Belichten wiederhergestellt werden kann. Mit Atomkraftmikroskopie-Experimenten ist es darüber hinaus gelungen, die Photoaktivierung des verknäuelten C10-Aptamers mit molekularer Auflösung abzubilden. Mit diesem Ergebnis können nun lange funktionelle Oligonukleotide auf definierte Weise photoaktivierbar gestaltet werden, insbesondere auch dann, wenn keine (Informationen über) funktionelle Sekundärstrukturen existieren.
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Paradoxer Schlaf als Parameter zur Messung der Stressbelastung bei Giraffen (Giraffa camelopardalis)
(2012)
Das Wohlbefinden von Tieren zu schützen ist im Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland festgeschrieben. Das Wohlbefinden eines Tieres wissenschaftlich zu bewerten ist jedoch eine bislang ungelöste Herausforderung. Die Biologie nähert sich dem Problem, subjektive Empfindungen eines Tieres objektiv darzustellen, vorrangig über die Messung der Stressbelastung.
Die Stressantwort eines Organismus setzt sich allgemein aus einer Kombination von vier Systemen zusammen: einer Verhaltensreaktion, einer Antwort des vegetativen Nervensystems, einer neuroendokrinen Antwort und einer Immunantwort. Der in Zoos am häufigsten untersuchte Parameter zur Messung der Stressbelastung ist die Analyse der Cortisolmetaboliten-Konzentration im Kot der Tiere. Da jedoch nicht in jeder Stresssituation das „Stresshormon“ Cortisol ausgeschüttet wird, ist es für eine exakte Bewertung der Stressbelastung notwendig, weitere Systeme der Stressantwort wie beispielsweise das Verhalten zu erfassen. Die Chronoethologie verfolgt diesen Ansatz, indem sie Änderungen des Zeitmusters im Verhalten eines Tieres als Antwort auf Veränderungen in der Umwelt oder eines endogenen Faktors erfasst und diese nach Kriterien der Befindlichkeit bewertet. Hier könnte zukünftig das Schlafverhalten eine herausragende Stellung einnehmen, da es von allen vier Stressantwortsystemen beeinflusst wird. Zudem wird aus der medizinischen Schlafforschung berichtet, dass sich insbesondere die Dauer, die ein Organismus im Paradoxen Schlaf (PS) verbringt, durch Stress verändert. Dennoch fand das Schlafverhalten zur Messung der Stressbelastung bei Zoo- und Wildtieren bislang kaum Beachtung. Ziel dieser Arbeit war es daher, die Anwendbarkeit des PS als Parameter zur Messung der Stressbelastung bei Zoo- und Wildtieren zu erforschen, um letztlich die Beurteilung des Wohlbefindens von Tieren weiter zu objektivieren. Aufgrund ihrer einzigartigen Schlafstellung während des PS sowie ihrer hohen Sensibilität gegenüber Umweltveränderungen wurde die Giraffe (Giraffa camelopardalis) als Modelltier für diesen non-invasiven Forschungsansatz gewählt.
Im Rahmen der Arbeit wurde in 645 Nächten das Schlafverhalten von 17 Giraffen unterschiedlichen Alters und Geschlechts beobachtet und analysiert. Um stressbedingte Veränderungen im PS-Muster erkennen zu können, wurden die Giraffen zunächst unter „Normalbedingungen“ beobachtet, um hieraus Referenzwerte zu generieren. Anschließend wurden unterschiedliche als stressintensiv einzustufende Situationen wie Nahrungsmangel, Transport, Veränderungen in der Herdenstruktur, Auswirkungen einer Geburt auf das Muttertier sowie verschiedene singuläre Ereignisse hinsichtlich ihrer Auswirkungen auf das PS-Muster der Giraffen untersucht und den Referenzwerten gegenübergestellt. Um die Methode der Schlafbeobachtung als Parameter der Stressbelastung zu validieren, wurde zusätzlich ein bei Wiederkäuern etablierter, bereits genannter Stress-Parameter eingesetzt: die Messung der Cortisolmetaboliten-Konzentration im Kot mit Hilfe eines Enzymimmunoassays. Diese Methode wurde hier erstmalig an Giraffen angewendet.
Durchschnittlich hielt eine Giraffe unter Normalbedingungen 27 Minuten pro Nacht paradoxen Schlaf. Dabei war die nächtliche PS-Dauer in hohem Maße vom Alter abhängig. Während juvenile Giraffen im Mittel 63 Minuten PS pro Nacht aufwiesen, verbrachten gealterte Giraffen nur 4,5 Minuten pro Nacht in der PS-Stellung. Infolge eines Stressors veränderte sich die PS-Dauer der Tiere: So zeigten alle vier transportierten Giraffen in den ersten Nächten nach ihrem Transport keinen PS oder stark reduzierte PS-Zeiten. Parallel erhöhte sich nach dem Transport die Cortisolmetaboliten-Konzentration im Kot aller Giraffen für mehrere Tage. Auch die untersuchten Veränderungen in der Herdenstruktur hatten in den meisten Fällen signifikante Veränderungen der PS-Dauer zur Folge. Die stärkste im Rahmen dieser Arbeit beobachtete Veränderung des Schlafverhaltens bewirkte der Tod eines Giraffenbullen: Die adulte Giraffenkuh hielt in der Folge für eine Dauer von 21 Tagen keinen paradoxen Schlaf mehr. Ihre Cortisolmetaboliten-Konzentration im Kot stieg nach dem Tod des Bullen hingegen nicht an. Die beobachteten Giraffenmütter zeigten nach der Geburt ihrer jeweiligen Jungtiere ebenfalls eine reduzierte PS-Dauer. Hingegen hatten neugeborene Giraffen, die an Nahrungsmangel litten und innerhalb weniger Tage verstarben, eine höchst signifikant längere PS-Dauer als gleichalte Jungtiere, die überlebten.
Während bei Nahrungsknappheit eine erhöhte PS-Dauer helfen kann Energie zu sparen, ist eine Reduktion der PS-Dauer als Resultat erhöhter Aufmerksamkeit zu interpretieren, wie sie im Zuge der Feindvermeidung in Stress-Situationen sinnvoll ist.
Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass die PS-Dauer im Gegensatz zur Cortisolmetaboliten-Konzentration von allen beobachteten Stressoren beeinflusst wurde. Dabei veränderte sich die PS-Dauer in Abhängigkeit des jeweiligen Stressors graduell unterschiedlich, was Rückschlüsse auf die Intensität des Stressors ermöglicht.
Der PS ist infolge dieser Ergebnisse hervorragend als Parameter zur Messung der Stressbelastung bei Giraffen geeignet. Die Analyse des PS kann dabei helfen, die Auswirkungen von subjektiv als stressintensiv oder stressarm eingestuften Situationen auf das Wohlbefinden eines Tieres objektiv zu bewerten. Darüber hinaus ermöglicht die kontinuierliche Überwachung des PS-Musters, z.B. mit Hilfe moderner Videosoftware, Beeinträchtigungen des Wohlbefindens, wie sie beispielsweise durch Unterernährung, Verletzung oder Krankheit hervorgerufen werden, frühzeitig zu erkennen, was ein zeitnahes Eingreifen zum Wohle des Tieres möglich macht.
Die Bedeutung verschiedener CRASP-Proteine für die Komplementresistenz von Borrelia burgdorferi s.s.
(2010)
Die vorliegende Arbeit liefert einen wichtigen Beitrag zum Verständnis des molekularen Mechanismus der Immunevasion von B. burgdorferi s.s., insbesondere der Bedeutung einzelner CRASP-Proteine für die Komplementresistenz. Sie trägt dazu bei, die Relevanz dieser Proteine für die Pathogenese dieses Erregers zu untermauern. Im Rahmen dieser Arbeit gelang es, verschiedene Vektoren mit den ursprünglichen oder mutierten CRASP-kodierenden Genen cspA, cspZ, erpP und erpA aus B. burgdorferi s.s. zu generieren und diese in das CRASP-negative Isolat B. garinii G1 zu transformieren. Die Expression der speziesfremden Gene als auch der Transport der CRASP-Moleküle auf die Zelloberfläche von B. garinii G1 konnten nachgewiesen werden. Für die konstitutiv CRASP-1- oder CRASP-2-produzierenden Borrelienzellen konnte gezeigt werden, dass diese, auf der Zelloberfläche lokalisierten CRASP-Moleküle mit Faktor H und FHL-1 interagieren, die gebundenen Komplementregulatoren ihre funktionelle Aktivität zur C3b-Inaktivierung aufrechterhalten und die Zellen in Gegenwart von Komplement überleben. Damit wurde erstmals der Nachweis erbracht, dass beide CRASP-Moleküle unabhängig voneinander Schutz vor komplementvermittelter Lyse verleihen. Untersuchungen mit den veränderten CRASP-1-Molekülen ergaben, dass die Transformante G1/pCRASP-1 E147K eine verringerte Bindung von Faktor H und FHL-1 aufwies, welche sich jedoch nicht auf die Komplementresistenz der Zellen auswirkte. Im Gegensatz dazu führte eine Aminosäuresubstitution im C-Terminus des CRASP-1-Moleküls an Position 240 zum Verlust der Bindung von Faktor H und einer stark verminderten Bindung von FHL-1, so dass auch keine Kofaktoraktivität nachgewiesen werden konnte. Trotz des Bindungsverlustes beider Komplementregulatoren zeigte die Transformante G1/pCRASP-1 Y240A nur geringe Ablagerungen des lytischen, terminalen Komplementkomplexes (TCC) auf der Zelloberfläche und Wachstum in Gegenwart von aktiven Komplement. Mittels eines Hämolyse-Assays wurde schließlich festgestellt, dass CRASP-1 direkt mit Komponenten des Komplementsystems interagiert und dadurch die Assemblierung des TCC verhindert. Die Bedeutung der Aminosäuren an den Positionen 81, 139, 207 und 211 im CRASP-2-Molekül für die Faktor H / FHL-1-Bindung und die daraus resultierenden Auswirkungen auf die Komplementresistenz der Borrelien wurde gleichfalls nachgewiesen. Dabei wies insbesondere die Transformante G1/pCRASP-2 Y211A ein inhibiertes Wachstum in Humanserum und verstärkt Komplementablagerungen auf der Zelloberfläche auf, was auf den Verlust bzw. der sehr schwachen Bindung von FHL-1 und Faktor H zurückzuführen ist. Im Gegensatz zu den Transformanten, welche ein CRASP-2-Molekül mit nur einem Aminosäureaustausch produzierten, zeigten die Transformanten, deren CRASP-2-Molekül zwei Aminosäuresubstitutionen aufwies (G1/pCRASP-2 R139A-Y207A, G1/pCRASP-2 R139A-Y211A, G1/pCRASP-2 Y207A-Y211A) keine Bindung der beiden Regulatorproteine und keinen Schutz der Zellen vor der lytischen Wirkung von Komplement. Neue, unerwartete Erkenntnisse ergaben sich aus den Untersuchungen mit Borrelienzellen, welche das CRASP-3- oder CRASP-5-kodierende erpP- bzw. erpA-Gen enthielten. Obwohl gereinigtes als auch denaturiertes CRASP-3 und RASP-5 in der Lage war, Faktor H zu binden, wiesen die vitalen Zellen der Transformanten G1/pCRASP-3 und G1/pCRASP-5 keine Bindung von Faktor H und keinen Schutz der Zellen vor komplementvermittelter Lyse auf. Aus den durchgeführten Untersuchungen konnten für gereinigtes CRASP-3 und CRASP-5 als auch für die CRASP-3- und CRASP-5-produzierenden Transformanten neue Liganden, nämlich CFHR-2 und CFHR-5, aus Humanserum identifiziert werden. Zusammenfassend lassen sich folgende Aussagen hinsichtlich des molekularen Mechanismus der Komplementresistenz bei B. burgdorferi s.s. aus den erhobenen Daten dieser Arbeit mit transformierten Borrelienzellen formulieren: *Die Komplementresistenz der Borrelien wird durch die Faktor H- und FHL-1-bindenden Proteine CRASP-1 und CRASP-2, jedoch nicht durch CRASP-3 und CRASP-5 determiniert, *CRASP-1 als multifunktionelles Protein ist zusätzlich in der Lage, direkt mit Komplement zu interagieren, *Die C-terminalen Domänen von CRASP-1 und CRASP-2 sind für die Bindung der beiden Komplementregulatoren Faktor H und FHL-1 relevant, *CRASP-3 und CRASP-5 auf der Borrelienoberfläche lokalisiert, interagieren mit CFHR-1, CFHR-2 und CFHR-5, aber nicht mit Faktor H.
In der vorliegenden Arbeit wurden 10 Typen der Gehölzvegetation und 14 Typen der Krautvegetation für das Untersuchungsgebiet Atakora vorgestellt. Dabei konnten nur Sonderstandorte, wie Galeriewälder und Lateritkrusten, klar abgetrennt werden. Viele Arten besitzen keine eindeutigen ökologischen Präferenzen, was sich gut mit der Einschätzung der lokalen Bevölkerung deckt, die für den Großteil der Arten angaben, dass diese wüchsen wo sie wollten. Dabei fällt auf, dass sich die Typen (vor allem in Gehölzschicht aber auch in Krautschicht) in den einzelnen Dörfern oft nur in Teilen entsprechen. Gründe dafür konnten nur teilweise in den unterschiedlichen ökologischen Gegebenheiten und unterschiedlichen Nutzungspräferenzen einzelner wichtiger Trennarten gegeben werden. Selten findet sich ein hundertprozentiges Zusammentreffen eines Gehölztyps mit einem Krauttyp. Damit bestätigt sich die Annahme unterschiedlicher Entwicklungsbedingungen und teilweise unabhängiger Entwicklung dieser beiden Elemente in der westafrikanischen Savanne. Gesellschaften, in denen eine Krautschicht mit einer Gehölzschicht eng korreliert sind, konnten nur für landwirtschaftlich nicht genutzte Sonderstandorten wie Galeriewälder und Lateritkrusten gebildet werden. Zudem zeigt sich, dass die Vegetation in der dichter besiedelten Ebene klarer strukturiert ist, als in der Bergregion. Dies trifft vor allem auf die Gehölzvegetation zu. Dennoch sind erstaunlich viele Gehölzarten auch in der intensiver genutzten Ebene anzutreffen, was für große Regenerationsfähigkeit und die Anpassung der hauptsächlichen Savannengehölze an das menschliche Wirken spricht. Die geringere Zahl an Gehölzarten in der Ebene ist hauptsächlich Resultat der wesentlich stärker degradierten Galeriewälder. In den Berggebieten sind zudem mehr Gehölzschichttypen und mehr krautige Arten angetroffen worden. Hier zeigt sich, dass Berggebiete auch in dieser Untersuchungsregion als Refugium für Vegetationsformationen und Arten gelten können. Die Nutzung von Wildpflanzen für verschiedene Zwecke wurde dokumentiert. Dabei konnte gezeigt werden, dass Präferenzen für diverse Nutzungen auf ethnischen, teilweise auch auf persönlichen Präferenzen, sowie auf der Verfügbarkeit der Pflanzen basieren. Dabei zeigte sich, dass die Präferenzen von Arten als Bau- und Brennholz eher auf der Verfügbarkeit basieren, während die Präferenzen für Medizinalpflanzen eher auf ethnischnen Vorstellungen von Wirksamkeit und teilweise auch auf kollektiven Erfahrungen basieren. Es erwies sich, dass die traditionelle Nutzung von Wildpflanzen als Brenn- und Bauholz und zu zusätzlichen Ernährung in dem Untersuchungsgebiet einen geringen Einfluß auf die Biodiversität hat, solange diese Pflanzen nicht kommerzialisiert werden. Es gibt genügend Pflanzenarten, die leicht zu finden sind und gute Eigenschaften für die eingesetzten Zwecke aufweisen, so dass man meist auf die jeweiligen in einem Dorfgebiet häufig anzutreffenden Arten ausweichen kann. Für diese geringe Auswirkung der traditionellen Nutzung von Gehölzpflanzen auf die Biodiversität sprechen auch die Aussagen der Bevölkerung über die geringere Verfügbarkeit von Gehölzpflanzen zu bestimmten Nutzungen. Dabei ergab sich eine Reihung von Nennungen, die von weniger Bauholz über weniger Brennholz zu weniger Gehölzpflanzen für die traditionelle Medizin abnahmen. Zudem wurde in allen Befragungen verneint, dass eine Art aus dem Dorfgebiet verschwunden wäre. Daraus läßt sich schließen, dass ein Großteil der wichtigen Gehölzpflanzen in dem Untersuchungsgebiet noch vorhanden ist, aber auf Grund der intensivierten Landwirtschaft nicht mehr in der Lage ist, sich zu richtigen Bäumen zu entwickeln. Da sich dadurch einige Gehölzpflanzen nur noch vegetativ vermehren können, kann eine genetische Verarmung von Populationen bestimmter Arten angenommen werden. Dies wäre ein interessanter Ansatzpunkt für zukünftige Forschungen. Ein negativer Einfluß auf die Biodiversität durch traditionelle Nutzungen ist bei der Nutzung von Gehölzpflanzen für die traditionellen Medizin größer, vor allem wenn Wurzeln verwendet werden. Dennoch lässt sich erkennen, dass der Einfluß der traditionellen Nutzungen von Wildpflanzen im Vergleich zu der landwirtschaftlichen Nutzung der Flächen einen marginalen Effekt auf die Vegetation hat. Im Rahmen der ethnobotanischen Befragungen wurden Pflanzennamen, Umweltwahrnehmung und die Vorstellungen von Krankheit der Bétamaribè und Wama dokumentiert. Diese weisen im Gegensatz zu den Vorstellungen anderer afrikanischer Völker kaum Differenzen auf. Die Vorstellungen von Krankheit sind dabei von einem starken Wandel betroffen, da man sich immer stärker auf westliche Konzepte und Medikamente verläßt. Ein positiver Effekt hiervon auf die Phytodiversität ist jedoch nicht zu erwarten, da die Medikamentkosten eine Intensivierung der Landwirtschaft erfordern. Über 240 traditionelle Heilrezepte wurden gesammelt. Die wichtigste Rolle spielen dabei Gehölzpflanzen. Dabei zeigt sich, dass sich die Präferenzen zwischen den einzelnen Dörfern stärker unterscheiden als bei der Nutzung von Pflanzen zu Brenn- und Bauholzzwecken. Auch erweisen sich große Unterschiede zu Verwendungen von Medizinalpflanzen in anderen Untersuchungsgebieten. Dies liegt an unterschiedlichen Vorstellungen und Erfahrungen zur Wirksamkeit von Pflanzen vor allem bei Krankheiten, die auch von alleine wieder vergehen wie Magen-Darm-Erkrankungen. Das Wissen über Heilpflanzen ist in der Ebene geringer ausgeprägt, als in den beiden Bergdörfern. Gründe hierfür können jedoch nicht alleine in den geringeren pflanzlichen Ressourcen gesehen werden. Ein Wandel in der Landwirtschaft bezieht sich hauptsächlich auf die Anbauprodukte. Während traditionelle angepaßte Cerealien seltener angebaut werden, baut man viele Produkte für den Verkauf an. Die herausragende Stellung darunter nimmt die anspruchsvolle und arbeitsintensive Baumwolle ein. Die Auszahlungsmodalitäten der halbstaatlichen Baumwollgesellschaft kommen dabei den bäuerlichen Bedürfnissen am ehesten entgegen. Um den finanziellen Ansprüchen der Verwandtschaft zu entgehen werden kurzfristige Strategien zur Geldbeschaffung angenommen. Es zeigt sich also, dass die Ursachen von Degradation eher in dem Kulturwandel und einer zunehmenden Abhängigkeit der Bauern von Bareinkünften zu sehen ist als in der oft pauschal genannten Überbevölkerung. Zukünftige Forschungen über Biodiversität und Vegetationswandel sollten auch den Kulturwandel stärker berücksichtigen. Die Degradation zeigt sich in dem Untersuchungsgebiet mehr in der Verarmung der Böden als in einem Rückgang der Biodiversität. Obwohl schon historische Vegetationsbeschreibungen von einer starken Beeinträchtigung der vermuteten natürlichen Wälder sprechen, ist nicht davon auszugehen, dass sich die Vegetation in dem Untersuchungsgebiet die letzten 50 Jahre stark verändert hat. Das in nördlicheren Gebieten von der lokalen Bevölkerung beobachtete Verschwinden von Arten wird kategorisch verneint. Bei den genannten zurückgehenden Arten handelt es sich hauptsächlich um wichtige Nutzarten. Da hierzu historische Daten fehlen, kann es sich auch um selektive Wahrnehmung der Bauern handeln. Dennoch ist anzunehmen, dass sich in Zukunft die Degradationsphänomene verschlimmern werden. Da die Bargeldbedürfnisse der Bauern nicht mehr zurückzuschrauben sind und zudem die Experimentiefreudigkeit in der recht unsicheren Umweltsituation gering ist, muss auf bestehende Produkte zurückgegriffen werden, um sowohl diese Bargeldbedürfnisse zu befriedigen, als auch die Umwelt zu schonen. Eine Chance hierfür könnte eine Vermarktung von Fonio, wie bereits in Mali geschehen, darstellen. Dieses anspruchslose, noch auf sehr ausgelaugten Böden wachsende und zudem sehr nahrhafte und wohlschmeckende Getreide sollte wieder vermehrt angebaut werden und auf lange Sicht die anspruchsvolle und Boden auslaugende Baumwolle ersetzten. Dies ist jedoch nur möglich, wenn Fonio über internationale Strukturen auch in Europa und Amerika vermarktet wird. Eine weitere finanziell nicht ausgeschöpfte Ressource bieten die Mangobäume. In der Hochzeit der Mangoernte werden die Bäume vielfach nicht mehr abgeerntet, weil die Preise für die Früchte stark sinken. Die Früchte fallen dann meist Flughunden und Vögeln zum Opfer. Wie das Beispiel Burkina Faso zeigt, könnten diese Früchte getrocknet, zu Marmelade oder Saft verarbeitet werden und selbst in Europa in dieser haltbaren Form verkauft werden. Leider sind bislang die entsprechenden Initiativen und Strukturen dazu in Benin noch nicht geschaffen. Eine weitere, wenn auch langfristigere Möglichkeit wäre die Ersetzung der Baumwollfelder durch Cashjew-Pflanzungen. Diese werden von der Bevölkerung immer mehr angenommen. Dabei könnten neue Gehölzresourcen geschaffen und die Bodenfruchtbarkeit erhöht werden. Einige Initiativen von kleinen NGO's, die das Pflanzen von Bäumen befürworten, finden großen Anklang. Es muß nur eine Möglichkeit gefunden werden, solche Produkte auch international zu kommerzialisieren, um die Böden stark belastende und zudem arbeitsaufwendige Baumwolle zu ersetzten. Zudem sind Initiativen von einzelnen Dörfern in der Atakoraregion, Teile des Dorfgebietes unter Schutz zu stellen und damit Ressourcen und Wissen vor allem für die traditionelle Medizin zu sichern, ermutigend. Es zeigt, dass die lokale Bevölkerung Bedrohungen ihrer Umwelt ernst nimmt und versucht mit Hilfe von NGO's Gegenmaßnahmen zu schaffen. In diesem Hinblick wäre es wichtig, dass sich zukünftige Forschungen mehr den pharmazeutischen Inhaltsstoffen von Heilpflanzen widmen, so wie dies in Südamerika bereits geschieht. Dabei sollten jedoch die Rechte der autochtonen Bevölkerung gewahrt werden. Zudem wäre es wichtig, mehr über die Ökologie einzelner Gehölzpflanzen unter Berücksichtigung der jeweiligen Nutzungsverhältnisse zu kennen. Hierbei wäre es auch interessant über die Naturverjüngung ausgewählter Arten zu arbeiten. Zudem sollten Forscher, die über Degradationsprobleme arbeiten, vor allem in angewandten Bereichen, mehr auf die Erfahrungen der lokalen Bevölkerung hören und weniger scheinbar offensichtliche und populäre Theorien wie Überbevölkerung strapazieren. Dabei sollten auch vermehrt historische Quellen zu Rate gezogen werden, da es scheint, dass die westafrikanische Savanne nicht so degradiert ist, wie es oft behauptet wird und noch große Potentiale besitzt, wenn diese richtig genutzt werden. Abschließend sei bemerkt, dass, wenn man Berichte aus anderen afrikanischen Regionen hört und sieht, der Norden Benins als "Insel der Glückseeligen" betrachtet werden kann. Die politische Lage ist stabil, die Bevölkerung aufgeschlossen und freundlich, es gibt kaum Kriminalität, große Krankheitsepedemien sind in den letzten Jahren ausgeblieben, Hunger wird selten erlitten und auch die Umweltdegradation hält sich in Grenzen. Möge die hier vorliegende Arbeit dazu beitragen, diese Region und die Bétamaribè ein wenig mehr ins Bewußtsein der Öffentlichkeit bringen und ein wenig dazu beitragen, dass die Situation der Region und ihrer Bevölkerung sich nicht verschlechtert.
Im Rahmen dieser Arbeit wurden Epoxyeicosatriensäuren (EETs) hinsichtlich ihrer Beteiligung an der Verarbeitung nozizeptiver Information untersucht. Im ersten Teil der Arbeit lag der Fokus auf der löslichen Epoxidhydrolase (sEH) und der drei von ihr metabolisierten EETs, 8,9-, 11,12-, und 14,15-EET. Dabei stellte sich heraus, dass sEH-defiziente Mäuse eine verlängerte mechanische Hyperalgesie bei zymosan-induziertem pathophysiologischen Nozizeptorschmerz aufwiesen. Anhand von Lipidmessungen mittels LC-MS/MS konnte gezeigt werden, dass zum Zeitpunkt des stärksten Schmerzempfindens (48 Stunden nach Zymosan-Injektion) vorwiegend 8,9-EET in den Dorsalwurzelganglien der sEH-defizienten Mäuse akkumuliert. Zudem wurde anhand von Calcium-Imaging-Versuchen gezeigt, dass 8,9-EET Calcium-Einströme in primär afferenten Neuronen von Wildtyp-Mäusen hervorruft, und eine Stimulation von Ischiasnerven mit 8,9-EET zu erhöhter Freisetzung des pronozizeptiven Peptids CGRP führt. Schließlich konnte gezeigt werden, dass Wildtyp-Mäuse nach intraplantarer 8,9-EET-Injektion eine geringere mechanische Schmerzschwelle aufweisen. Die Resultate dieses Teils der Arbeit weisen darauf hin, dass die lösliche Epoxidhydrolase (sEH) eine wichtige Rolle in der späten Phase des pathophy-siologischen Nozizeptorschmerzes spielt, indem sie 8,9-EET zu seinem bioinaktiven Metaboliten 8,9-DHET umsetzt. Im zweiten Teil der Arbeit wurde 5,6-EET gesondert untersucht, da es nicht durch sEH metabolisiert wird. Dabei wurde beobachtet, dass 5,6-EET bei akutem Schmerz in DRGs freigesetzt wird. In Calcium-Imaging-Versuchen mit DRG-Neuronen aus Wildtyp- TRPV4- und TRPA1-defizienten Mäusen sowie transfizierten Zelllinien zeigte sich, dass schon geringe Konzentrationen an 5,6-EET den TRPA1- (transient receptor potetntial ankyrin 1-) Kanal aktivieren (EC50 193 nM) und den TRPV1-Kanal sensibilisieren können. Auch die CGRP-Freisetzung am Ischiasnerv ist nach 5,6-EET-Stimulation signifikant erhöht. Zudem konnte beobachtet werden dass eine periphere Injektion von 5,6-EET zu akuter mechanischer Hyperalgesie in Wildtyp-, aber nicht in TRPA1-defizienten Mäusen führt. Die Resultate dieses Teils der Arbeit weisen 5,6-EET als bisher potentesten endogenen TRPA1-Aktivator aus, und implizieren eine wichtige Rolle dieses Lipids beim Übergang von physiologischem zu pathophysiologischem Nozizeptorschmerz und zu neruogener Inflammation. Darüber hinaus leisten die Resultate einen Beitrag zum grundlegenden Verständnis endogener TRP-Kanal-Aktivatoren bei der Schmerzwahrnehmung.
Replizierende Murine Leukämieviren (MLV) können wertvolle Werkzeuge für die humane Krebsgentherapie werden, da sie das Transgen innerhalb des gewünschten Gewebes verteilen, ihr Genom stabil integrieren und einen natürlichen Tumortropismus aufweisen. In vorliegender Arbeit wurde ein System zur visuellen Analyse der MLV‐Replikation sowie der Virusbindung an Zielzellen mittels Einfügung fluoreszierender Proteine etabliert und als Werkzeug für dasDesign und die Optimierung dieser Viren als Gentherapievektoren benutzt. Zuerst wurde die Kodierungskapazität dieser Retroviren durch Aufteilen der viralen Gene auf zwei semireplikative Vektoren vergößert. Die Kopplung der Genome mit fluoreszierenden Proteinen ermöglichte ebenfalls in diesem Zusammenhang die Beobachtung der Repliktion aber auch die einfache Aufdeckung von Rekombinationsereignissen. Die Ergebnisse zeigten den Bedarf weiterer Optimierungen, stellten allerdings einen Vorreiter auf diesem Forschungsgebiet dar und zeigten das Potential dieses Systems auf (Sliva et al., 2004a). Zusätzlich zum natürlichen Tumortropismus sollte die Sicherheit von replizierenden Retroviren für die Tumortherapie erhöht werdn. Gezielte Veränderungen des ecotropen Hüllproteins zu EGFR‐exprimierenden Zellen mittels gerichteter Evolution sowie der Versuch, den Wirtstropismus des Env mit der Insertion des Liganden SDF‐1α auf humane CXCR4‐exprimierende Zellen auszuweiten, sind jedoch gescheitert. Diese Daten müssen sich in die Reihe der erfolglos gebliebenen Versuche, den Wirtstropismus des ecotropen Env auf humane Zellen auszuweiten, einreihen (Sliva et al., 2004b). Abschließend wurde shRNA als therapeutisches Effektormolekül erfolgreich mittels replikationskompetenter MLV in Zielzellen überragen, was zur deutlichen Herabsetzung des Proteinlevels des Zielproteins der siRNA führte (Sliva et al., 2006). Diese modifizierten Viren sind ein gutes Werkzeug zur einfachen in vitro Untersuchung von Genfunktionen, und könnten auch eine Erleichterung für die Untersuchung von Genfunktionen innerhalb von proliferierendem Tumorgewebe darstelln. Des Weiteren präsentieren die Ergebnisse und Beobachtungen dieser Arbeit einen großen Schritt in Richtung Anwendung dieser Virn für die humane Gentherapie. Denn gekoppelt mit z.B. einer tumorspezifischen Expression der shRNA‐Expressionskassette und der intelligenten Wahl der siRNA‐(Ziel)Sequenz, die nach Applikation zum Tod von malignen Tumorzellen führt, wären sie die perfekte Waffe gegen solide Tumoren.
Die Substitution von klassischen, mit der Nahrungsmittelproduktion in Konkurrenz stehenden, Substraten wie Glukose durch alternative Kohlenstoffquellen in der Biotechnologie ist sowohl aus ethischer, als auch aus ökonomischer Sicht erstrebenswert. Diese Arbeit beschreibt die Synthese von Bulkchemikalien in Form zweier Dicarboxylsäuren und einer Feinchemikalie in Form eines Sesquiterpens aus dem alternativen Substrat Methanol mit Hilfe genetisch veränderter Stämme des methylotrophen α-Proteobakteriums Methylobacterium extorquens.
Mesacon- und (2S)-Methylsuccinsäure sind Dicarboxylsäurederivate der CoA-Ester Mesaconyl- und (2S)-Methylsuccinyl-CoA, die als Intermediate im Ethylmalonyl-CoA- Weg (EMCP) vorkommen. M. extorquens nutzt den EMCP für die Regeneration von Glyoxylat, das für das Wachstum auf C1-Substraten wie Methanol obligatorisch ist. In dieser Arbeit konnte erstmals Mesacon- und (2S)-Methylsuccinsäure de novo durch die Expression einer für die Vorstufen Mesaconyl- und (2S)-Methylsuccinyl-CoA aktiven Thioesterase produziert werden. Ein kobaltlimitiertes Wachstum von M. extorquens führte aufgrund mangelnder Cofaktorversorgung zweier Vitamin-B12-abhäniger Mutasen im EMCP zu einer Akkumulation der beiden CoA-Ester-Vorstufen, womit eine Produktion von 0.65 g/l Mesacon- und (2S)-Methylsuccinsäure erreicht wurde. Weitergehende Untersuchungen belegten außerdem einen positiven Effekt eines ausgeschalteten PHB-Zyklusses auf die Produktion der beiden EMCP- Dicarboxylsäurederivate.
Diese Arbeit beinhaltet zusätzlich grundlagenwissenschaftliche Untersuchungen zur Substitution der EMCP-katalysierten Glyoxylatregeneration durch einen heterologen Glyoxylatzyklus in EMCP-negativen M. extorquens-Stämmen. Dabei konnte erstmals ein methanolverwertendes, methylotrophes Bakterium identifiziert werden, das einen Serin-Zyklus in Kombination mit dem Glyoxylat-Zyklus zur Kohlenstoffassimilation verwendet, ohne dabei zusätzliche Stoffwechselwege zur CO2-Fixierung wie den EMCP, RuMP oder CBB-Zyklus zu verwenden.
Die Präsenz einer nativen C30-Carotinoidbiosynthese, ausgehend von der Vorstufe Farnesylpyrophosphat (FPP), empfiehlt M. extorquens als Produktionsorganismus für (Sesqui-)Terpene. In dieser Arbeit wurde mit Hilfe einer induzierbar gesteuerten Expression einer Terpensynthase in Form einer α-Humulen-Synthase, einer FPP-Synthase und eines prokaryontischen Mevalonatweges, erstmals die de novo Synthese eines Terpens aus Methanol am Beispiel des α-Humulens etabliert. Durch optimierte Expressionen der Terpensynthase, FPPS und einzelner MVA-Gene mit Hilfe angepasster Translationsinitiationsraten der jeweiligen ribosomalen Bindestellen und der Verwendung eines in der nativen Carotinoidbiosynthese inhibierten M. extorquens-Stammes wurden finale Produkttiter von bis zu 1.65 g/l α-Humulen in Fed-Batch-Fermentationen erreicht.
Diese kumulative Dissertation beinhaltet außerdem einen Reviewartikel, in dem der verwendete Mikroorganismus M. extorquens in mikrobiologischer, genetischer, biochemischer und auch biotechnologischer Hinsicht ausführlich beschrieben wird. Zudem gibt ein Buchkapitel eine Übersicht über die Verwendung von Methanol in der Biotechnologie.
NMR-spektroskopische Untersuchungen zur Bindung kleiner Moleküle an das Zellzyklusprotein CDC25A
(2010)
Viele verschiedene Funktionen der Zelle werden durch posttranslationale Modifikationen von Proteinen reguliert. Die reversible Phosphorylierung der OH-Gruppen der Aminosäuren Serin, Threonin und Tyrosin ist eine der Möglichkeiten die Aktivität von Proteinen an- und abzuschalten und Interaktion mit Bindungspartnern zu ermöglichen oder zu verhindern. Die Phosphatase CDC25A übernimmt eine zentrale Rolle in der Steuerung des Zellzyklus, unterliegt selbst wiederum einer differenzierten Kontrolle durch Änderung des Expressionslevel, Phosphorylierung und Lokalisation innerhalb der Zelle. Da eine Überfunktion von CDC25A mit einer Vielzahl von verschiedenen Krebserkrankungen assoziiert ist, wird die Entwicklung starker und selektiver Inhibitoren, die auch in vivo wirksam sind, vorangetrieben. Die strukturellen Grundlagen selektiver Inhibition sind allerdings noch unzureichend erforscht. Im ersten Teil dieser Arbeit wurden die Grundlagen für eine erfolgreiche Durchführung von NMR-Experimenten gelegt, für die Proteinproben mit hoher Konzentration und Langzeitstabilität benötigt werden. CDC25A kann nicht in der vollen Länge exprimiert werden und wäre als Vollkonstrukt auch zu groß, um effektiv per NMR untersuchbar zu sein. Durch Erzeugung diverser Konstrukte der katalytischen Domäne von CDC25A konnte ein Expressionslevel erreicht werden, der die Erzeugung ausreichender Mengen an Protein praktikabel macht. Neben des oftmals geringen Expressionslevels ist ein weiteres Problem bei NMR-spektroskopischen Untersuchungen vieler Phosphatasen deren geringe Stabilität während der Aufreinigung und in der endgültigen Probe. Durch Optimierung der Pufferbedingungen für den Zellaufschluss in Bezug auf pH-Wert, Salzkonzentration und Art des Kations per „Incomplete Factorial Design“ konnte die Ausbeute an löslichem Protein erheblich gesteigert werden. Die Verwendung dieser Pufferbedingungen während der ersten Aufreinigungsschritte verminderte auch die Tendenz des Proteins während der Chromatografie auszufallen. Die Zusammensetzung des Puffers für die endgültige NMR-Probe wurde schließlich durch das aus der Kristallografie entlehnte Verfahren der Dampfdiffusion ebenso in Hinblick auf pH-Wert, Salzkonzentration und Art des Anions optimiert. Unter diesen optimierten Pufferbedingungen wurde die katalytische Aktivität des Proteinkonstrukts anhand der Hydrolyse von para-Nitrophenylphosphat nachgewiesen. Acht Substanzen wurden auf Inhibition dieser katalytischen Aktivität getestet. Das natürliche Substrat Phosphotyrosin zeigte eine kompetitive Hemmung, zwei starke und ein schwacher Inhibitor zeigten entsprechend verminderte Reaktionsraten. Von den restlichen 4 Substanzen (Inhibitoren anderer Protein-Tyrosin-Phosphatasen und strukturelle Verwandte) zeigten 3 weitere eine starke Wirkung. Diese hohe Promiskuität gegenüber Inhibitoren stellt ein großes Problem für die strukturgetriebene Wirkstoffentwicklung bei CDC25A und generell aller Phosphatasen dar. Nach Erhalt der fertigen Proben zeigten erste 2D-NMR-Spektren eine geringer als zu erwartende Zahl von Signalen und starke Überlappungen der sichtbaren Signale. Um auszuschließen, das Dimerisierung oder unspezifische Aggregation hierfür verantwortlich sind, wurden DOSY-Spektren gemessen. Aus der Eigendiffusionsrate ergibt sich ein hydrodynamischer Radius, der mit durch HYDROPRO simulierten Werten übereinstimmt und sich deutlich von dem des putativen Dimers absetzt. Daher wird davon ausgegangen, dass die Signalverluste im NMR nicht durch Dimerisierung oder Aggregation ausgelöst werden. Um die Bindung von Inhibitoren auch durch NMR-Spektroskopie nachzuweisen, wurden Saturation-Transfer-Difference-Experimente (STD) durchgeführt. In diesen war aber sowohl für das natürliche Substrat Phosphotyrosin als auch für alle im Enzymtest aktiven Inhibitoren kein Effekt nachweisbar. Dies weist auf eine sehr hohe koff-Rate der Bindung an das Protein hin oder auf eine irreversible chemische Modifikation des aktiven Zentrums, die bis zum Zeitpunkt der Messung bereits abgeschlossen war. Für die strukturbasierte Wirkstoffentwicklung werden spezifische Interaktionspunkte auf der Proteinoberfläche gesucht. Hierfür wurden 15N-HSQC-Spektren mit und ohne Bindungspartner gemessen und die Veränderungen der chemischen Verschiebung bestimmt („chemical shift perturbation“). Es konnten für Phosphotyrosin und die beiden starken Inhibitoren BN82002 und NSC663284 signifikante Veränderungen nachgewiesen werden. Für alle drei Moleküle gab es sowohl komplett einzigartige Veränderungen als auch paarweise übereinstimmende als auch ein Signal das für alle 3 übereinstimmt. Neben den Inhibitoren wurden drei Peptide auf spezifische Interaktion getestet. Das erste entspricht der Zielsequenz des natürlichen Substrats CDK, die anderen beiden sind Teile der Sequenz von CDK an einer nachgewiesenen als auch einer putativen sekundären Interaktionsfläche der beiden Proteine. Auch für die drei Peptide konnten wie für die Inhibitoren individuelle als auch übereinstimmende Signalveränderungen nachgewiesen werden. Als Voraussetzung für die Bestimmung der Oberflächenkontakte, die für die spezifische Bindung von Substrat, Inhibitoren und Interaktionspeptiden nötig sind, wird eine Zuordnung der Signale des 15N-HSQC-Spektrums zu den Aminosäureresten des Proteins benötigt. Hierzu wurden 3D-Tripelresonanz-NMR-Experimente an 15N, 13C-markierten Proben (zusätzlich auch noch 2H-markierte Proben zur Unterdrückung von Relaxationseffekten) durchgeführt. Um die Zuordnung zu unterstützen wurden außerdem Proben mit individuell 15N-markierten Aminosäuren hergestellt, um einem Signal im HSQC zumindest den Typ der Aminosäure zuordnen zu können. Aufgrund der trotz Pufferoptimierung, Deuterierung des Proteins und verringerter Signalüberlagerung in den Spektren der individuell markierten Proben zu geringen Anzahl an Signalen konnten nur kurze Bereiche der Aminosäuresequenz zugeordnet werden. Aufgrund dieser Basis konnte kein aussagekräftiges Mapping erzielt werden.
Die Kichererbse (C. arietinum L.) ist eine der ältesten kultivierten Leguminosen und stellt eine Nahrungsgrundlage in vielen Ländern mit semiaridem Klima dar. Seit einigen Jahren unterstützen molekulare Marker sowohl die Züchtungsforschung als auch die Genomanalyse dieser Pflanze, so daß bereits eine genetische Karte des Kichererbsengenoms erstellt werden konnte. Da repetitive Komponenten einen Großteil des Genoms ausmachen können, ist ihre Charakterisierung zum Verständnis der Organisation des Kichererbsengenoms unerläßlich. Insgesamt konnten sieben repetitive Sequenzfamilien aus C. arietinum isoliert und identifiziert werden, von denen einige direkt in der Genomanalyse bzw. für taxonomische Fragen Anwendung fanden. Außerdem wurde ein universelles Primerpaar zur schnellen Detektion von DNA-Transposons entwickelt und verwendet. 1. Die beiden Satellitenelemente CaSat1 und CaSat2 sowie das Ty3-gypsy-ähnliche Retrotransposon CaRep stellen vermutlich die abundantesten Familien repetitiver Sequenz dar. Die beiden AT-reichen Satelliten bestehen aus 162-167 bzw. 100 Bp langen, hintereinander (,,head-to-tail") angeordneten Monomeren. CaSat2 ist ein dominanter Bestandteil des pericentrischen Heterochromatins, während CaSat1 hauptsächlich in der Nachbarschaft der 18S-5.8S-25S rDNA-Loci lokalisiert ist. Eine Verwandtschaft von CaSat1 zu IGS-Sequenzen ist nicht auszuschließen. Eine vollständige Kopie des dispersen Retroelements CaRep, das im pericentrischen Heterochromatin konzentriert ist, jedoch den zentralen Bereich von CaSat2 ausspart, konnte rekonstruiert werden. Das Element ist 11.4 Kbp lang und hat relativ lange, flankierende LTRs von je 3.3 Kbp. Alle drei hochrepetitiven Elemente sind spezifisch für die Gattung Cicer. Die genomische Organisation von CaRep wurde offenbar während der Evolution der annuellen Cicer-Spezies mehrfach rearrangiert. 2. Da die beiden Satelliten CaSat1 und CaSat2 in allen untersuchten Spezies der Gattung Cicer (außer C. cuneatum) vorhanden sind, lassen sich ihre Abundanz und Organisation zur Klärung taxonomischer Fragen verwenden. Die Ergebnisse unterstützen die Außenseiterrolle von C. cuneatum innerhalb der annuellen Cicer- Spezies und damit Thesen zu einem separaten Ursprung dieser Annuellen sowie die Forderung nach der taxonomischen Trennung von der Sektion Monocicer. Auch unterstützen und ergänzen die Ergebnisse über die Satellitenelemente bereits vorliegende molekulare Daten, Karyotypisierungen sowie Kreuzbarkeitsdaten und bestätigen die Gruppierung von C. chorassanicum sowie der ersten Kreuzungsgruppe. 3. Das hochabundante Retrotransposon CaRep kann für eine S-SAP (,,sequence-specific amplified polymorphisms")-ähnliche Markertechnik verwendet werden und liefert polymorphe molekulare Marker, die sich in die genetische Karte integrieren lassen. Die damit detektierten Polymorphismen werden vermutlich durch Variabilität innerhalb der LTR-Sequenzen erzeugt. Ein Teil der so generierten Marker ist mit den Resistenzgenloci gegen Fusarium oxysporum f.sp. ciceri gekoppelt. Die Hybridisierung bestätigt, daß durch die Marker tatsächlich Loci des Retrotransposons auf der genetischen Karte lokalisiert werden. 4. Unabhängig davon konnten durch PCR-Ansätze die drei mittelrepetitiven, dispersen Retrotransposonfamilien CaDis, CaTy und CaLin identifiziert werden. Von den beiden LTR-Retrotransposons CaDis und CaTy gehört letztere Familie zur Ty1-copia- Untergruppe, CaLin repräsentiert ein non-LTR-Element der LINE-Klasse. Alle drei Familien sind weniger abundant als CaRep und in den distalen Bereichen einiger oder aller Heterochromatinblöcke bzw. in den angrenzenden euchromatischen Regionen zu finden. Im Gegensatz zu den hochabundanten Familien kommen homologe Sequenzen der drei Familien auch außerhalb der Gattung Cicer vor und deuten auf eine evolutiv frühe Anwesenheit innerhalb der Fabaceen hin. Die sehr heterogenen Sequenzen von CaLin sind vermutlich sehr ursprünglich und haben während der Evolution der Annuellen keine großen Rearrangements erfahren. CaDis-Sequenzen werden in vielen Geweben transkribiert, jedoch ist unklar, ob dies auf eine Aktivität des Elements hinweist oder auf das Durchlesen benachbarter Gene zurückzuführen ist. 5. Um auch transposable Elemente der Klasse II (DNA-Transposons) nachweisen zu können, wurde ein degeneriertes Primerpaar aus dem Bereich der Transposase abgeleitet, mit dessen Hilfe pflanzliche En/Spm-Elemente in über 30 Pflanzenarten aus 20 Gattungen, darunter auch wichtigen Kulturpflanzen wie Zuckerrübe, Weizen und Erbse nachgewiesen werden können. Dieser Ansatz stellt einen Ausgangspunkt für die Charakterisierung solcher Elemente in beliebigen Pflanzengenomen und ihre Verwendung bei der Genomanalyse sowie zur Genidentifikation und -isolation dar. 6. Die niedrig- bis mittelrepetitive, disperse En/Spm-Familie aus C. arietinum (CaEn/Spm) umfaßt drei Subfamilien und ist auf mindestens sechs Chromosomen im distalen Teil der Heterochromatinblöcke angrenzend an euchromatische Bereiche lokalisiert. Die hier vorgelegten Befunde umfassen die erste chromosomale Lokalisation eines DNA-Transposons in Pflanzen durch FISH. Die genomische Organisation homologer Sequenzen in anderen Cicer-Spezies deutet möglicherweise auf transposable Aktivität während der Evolution der Annuellen hin. CaEn/Spm- ähnliche Elemente scheinen bereits in einem Vorgänger von C. arietinum und nahe verwandten Leguminosen vorhanden gewesen zu sein. Durch die vorliegenden Daten war es möglich, ein vorläufiges Modell der Verteilung repetitiver Sequenzen auf den acht Kichererbsenchromosomen zu entwerfen, das für die weitere Genomanalyse von C. arietinum genutzt werden kann. Obwohl vermutlich nur ein Teil aller repetitiven Komponenten dieses Genoms charakterisiert wurde, deutet sich - im Gegensatz zu Pflanzen mit vergleichbarer Genomgröße - durch die Konzentration repetitiver Sequenzen im pericentrischen Heterochromatin eine Ähnlichkeit zur Chromosomen- organisation in Arabidopsis thaliana an.
Bisher konnte allein für den Magnetkompass der Vögel ein Mechanismus der Magnetperzeption identifiziert werden. In Verhaltensversuchen, die Zugorientierung als Kriterium einsetzten, ob Magnetrezeption ungestört abläuft oder nicht, konnte dieser Mechanismus analysiert werden. Die Experimente zeigten, dass der Magnetrezeptionsmechanismus lichtabhängig ist. Vögel die im blau bis grünen Teil des Spektrums in Orientierungstrichtern getestet wurden bevorzugten signifikant ihre der Jahreszeit entsprechende Zugrichtung. Führte man diese Tests mit längerwelligerem Licht durch, zeigten die Tiere Desorientierung. Durch die gezielte Manipulation des umgebenden Erdmagnetfeldes durch künstliche Felder, ergab sich ein Wirkprinzip des Magnetkompasses der Vögel, welches nichts mit dem der uns bekannten technischen Kompasse gemein hat. Die Tiere richten sich nicht nach der Polarität des Feldes, sondern detektieren vielmehr den Neigungsgrad und den Verlauf der magnetischen Feldlinien. Durch den Einsatz von Hochfrequenzfeldern als diagnostisches Werkzeug, konnte gezeigt werden, dass der Inklinationskompass der Vögel auf einem Radikalprozess basiert. Darüber hinaus konnte gezeigt werden, dass der Sitz des lichtabhängigen Magnetkompasses im rechten Auge lokalisiert ist. Unter bestimmten künstlichen Lichtbedingungen wurden von Rotkehlchen allerdings Verhaltensantworten gezeigt, die von der normalen Zugorientierung abwichen. In der vorliegenden Arbeit werden gerade jene Phänomene genauer analysiert, die in der Vergangenheit zu Nicht-Kompass-Antworten geführt haben. Die Intensitätserhöhung kurzwelliger Lichter hatte zu vermehrt axialem Verhalten geführt, eine Kombination aus langwelligem, gelben Licht mit einer kurzwelligen Komponente hatte zu Fixrichtungen geführt, d.h. die Vögel zeigten nicht mehr die saisontypische Zugumkehr. Auf biogenem Eisen (Magnetit) basierende Rezeptoren der Magnetfeld-wahrnehmung werden als zweites System der Perzeptionsmöglichkeit diskutiert, wobei ihnen im Zusammenhang mit dem ‚Kartensinn’ eher eine Intensitätssensibilität zugeschrieben wird. In der vorliegenden Arbeit wurden Versuche durchgeführt, die das komplexe Zusammenspiel unterschiedlicher Perzeptionsmechanismen des Erdmagnetfeldes untersuchen. Mischlichtbedingungen wurden daraufhin untersucht, ob sie einem radikalpaar-basierenden Inklinationskompass unterliegen, oder nicht. Für türkis-gelbes Mischlicht wird gezeigt, dass die eingeschlagene Fixrichtung nicht mit Hilfe eines Inklinationskompasses aufgesucht wird. Darüber hinaus beruht die Richtungswahl des getesteten Vogels nicht auf einem Radikalpaarmechanismus, ist aber abhängig vom vorliegenden Magnetfeld. Da Magnetit bei Vögeln in der Oberschnabelregion lokalisiert werden konnte, wurden Betäubungsversuche mit einem Lokalanästhetikum durchgeführt. Die Fixrichtung bricht zusammen und die Vögel zeigen desorientiertes Verhalten. Im Gegensatz dazu bleiben Vögel unter Grün und Weisslicht, Bedingungen wo ein Inklinationskompass zum Einsatz kommt, mit Oberschnabelbetäubung unbeeindruckt und suchen die jahreszeitlich passende Richtung auf. Für kurzwellige Lichter wird eine Intensitätsabhängigkeitsstudie durchgeführt, die analysiert ab wann Zugorientierung in Nicht-Kompass-Antworten umschlägt. Die Wellenlängenabhängigkeit der Intensitätssensitivität, die beobachtet wird, lässt auf die Beteiligung des optischen Systems schliessen. Deshalb wurden Versuche durchgeführt, die über die Lateralisation des Magnetkompasses hinaus die Rechtsdominanz des Rotkehlchenauges genauer untersucht haben. Mittels einer Brille, die die gleiche Lichtintensität auf beide Augen fallen ließ, aber in klare und unscharfe Wahrnehmung der Umgebung unterschied, konnte herausgefunden werden, dass über die reine Aktivierung von Licht hinaus Formensehen eine entscheidene Rolle zu spielen scheint. Versuche in absoluter Dunkelheit zeigen, dass von Rotkehlchen trotz der Abwesenheit von Licht signifikant eine Vorzugsrichtung aufgesucht wird, die keiner saisonalen Zugumkehr unterläuft. Die Fixrichtung beruht nicht auf einem Inklinationskompass und sie bricht nach Oberschnabelbetäubung zusammen. Alle bisher analysierten Nicht-Kompass-Antworten scheinen auf einem zweiten, magnetit-basierenden Mechanismus zu beruhen. Diese Rezeptoren scheinen neben Intensitätsinformationen des Erdmagnetfeldes auch Richtungsinformationen zu generieren. Die biologische Relevanz der ihnen unterliegenden Fixrichtungen bleibt allerdings ungeklärt.
RNA hat neben der Rolle als Informationsüberträger wichtige Aufgaben in regulatorischen Prozessen. Sie kann komplexe Strukturen ausbilden und ähnlich wie Proteine Liganden binden oder enzymatische Reaktionen katalysieren. Im Rahmen dieser Arbeit sollten zwei Beispiele von RNA-Liganden-Interaktionen untersucht werden. Im ersten Abschnitt wurde die Interaktion des TetR-bindenden Aptamers 12-1 mit dem Tetracyclin-Repressorprotein (TetR) biochemisch charakterisiert. Über Gelverzögerungs- experimente wurde gezeigt, dass das Aptamer 12-1K delta A TetR mit hoher Affinität und Spezifität bindet. Es wurde ein KD von 22 nM bestimmt. Die Bindung ist dabei ebenso stark wie die Bindung von TetR an die Operatorsequenz tetO. In Anwesenheit von Tetracyclin (Tc) nimmt die Affinität des TetR/Aptamer-Komplexes um das sechsfache ab. Des Weiteren konnten die Bindeepitope des Aptamers durch eine Analyse von verschiedenen TetR-Mutanten im DNA-Bindebereich bestimmt werden. Die Aminosäuren T27, N47 und K48 sind dabei essentiell für die RNA-Bindung und führen bei einem Austausch zum Verlust der RNA-Bindung. Der Bindebereich des Aptamers überlappt mit Aminosäureresten, die für die tetO-Bindung essentiell sind. Die Stöchiometrie der TetR/Aptamer-Bindung wurde durch LILBID-Messungen auf eine molare Verteilung von 2:1 festgelegt. Ein TetR-Dimer bindet dabei ein Aptamermolekül. Durch die umfassende biochemische Analyse der TetR/Aptamer-Bindung kann das Aptamer 12-1 nun als Expressionssonde für RNAs in bakteriellen Zellen genutzt werden. Des Weiteren kann das Aptamer als alternativer, artifizieller Transkriptionsregulator im tet on / tet off-System verwendet werden. Im zweiten Teil der Arbeit sollten miRNAs identifiziert werden, die an der posttrans- kriptionellen Regulation der 5-Lipoxygenase (5-LO) und der Cyclooxygenase-2 (COX-2) beteiligt sind. Mit bioinformatischen Vorhersageprogrammen wurden die 3’-UTR- Bereiche von 5-LO und COX-2 nach putativen Bindestellen abgesucht. Im Fall der 5-LO wurden durch eine zusätzliche Microarray-Expressionsanalyse miRNAs ausgewählt, welche in 5-LO positiven Zellen hoch exprimiert sind und Bindestellen im 3’-UTR aufweisen. Es konnten verschiedene miRNAs detektiert werden, jedoch keine Regulation der 5-LO Aktivität beobachtet werden. Für COX-2 wurde neben der Suche nach putativen miRNA-Bindestellen zudem die Stabilität des 3’-UTR untersucht. Mit Hilfe des auf Perl basierenden Programms SignificanceScoreAssignment (Florian Groher, Diplomarbeit 2011) konnte der 3’-UTR von COX-2 als generell destabilisierend analysiert werden. In Colonkarzinom- spezifischen HT-29-Zellen wurden miRNAs untersucht, welche Bindestellen im 3’-UTR von COX-2 aufweisen. In diesem Kontext sollte der Einfluss einer Interaktion von HT- 29-Zellen mit aktivierten Thrombozyten sowie daraus isolierten Bestandteilen wie Mikropartikeln und PDGF analysiert werden. MiR-16, miR-26b, miR-199a und miR- 199a* konnten in HT-29-Zellen nachgewiesen werden. Bei einer Stimulation von HT-29- Zellen mit PDGF-BB werden miR-16 und miR-26b konzentrationsabhängig stärker exprimiert, während die Expression von miR-199a und miR-199a* signifikant abnimmt. Eine direkte Regulation von COX-2 durch die untersuchten miRNAs konnte durch Überexpressions- und Reportergenanalysen jedoch nicht festgestellt werden. Die Analysen der 5-LO- und COX-2-Regulation durch miRNAs stellen Vorarbeiten dar. Die etablierten Methoden können nun für eine detaillierte Betrachtung weiterer miRNAs verwendet werden.
Rattanpalmen, die kletternden Vertreter der Unterfamilie Calamoideae, sind ein Charakteristikum aller südostasiatischen Regenwälder. Etwa 600 Arten sind gegenwärtig bekannt, ihr Verbreitungsgebiet erstreckt sich von Afrika bis in den Pazifik, mit einem deutlichen Schwerpunkt in Südostasien. Neben seiner ökologischen Rolle ist Rattan das wichtigste kommerzielle Produkt der Wälder Südostasiens nach dem Holz selbst. Da bisher fast der gesamte Bedarf aus den natürlichen Beständen entnommen wurde, werden vor allem die qualitativ hochwertigsten Arten zunehmend seltener und gelten zum Teil bereits als gefährdete Arten. Bereits 1980 wurden in Malaysia die ersten Versuche gestartet, Rattan in großem Umfang in Pflanzungen anzubauen, wobei Pflanzungen in Gummiplantagen eine besonders attraktive Lösung bieten. Mit der Anlage von Pflanzungen ist aber auch mit einer geänderten Schädlingssituation zu rechnen, die früher oder später zu Schädlingsproblemen führen wird. Zur Beurteilung derartiger Entwicklungen ist aber eine möglichst umfassende Kenntnis der natürlichen Verhältnisse, der potentiellen Schadinsekten sowie natürlicher Schutzfaktoren unabdingbar. Gemessen an der Bedeutung von Rattan, ist der Kenntnisstand über seine Ökologie und speziell der mit ihm assoziierten Insektenfauna ausgesprochen gering. Ziel des vorliegenden Projektes war es, eine möglichst breite Datenbasis über die mit Rattan assoziierte herbivore Insektenfauna zu erarbeiten, wobei Calamus manan als wichtigste kommerzielle Art in Malaysia den Schwerpunkt bildet, und durch den Vergleich verschiedener Pflanzungen und des natürlichen Habitats Entwicklungstendenzen aufzuzeigen. Diese Studie wurde auf der Halbinsel Malaysia durchgeführt, Untersuchungsgebiete für Calamus manan waren eine Pflanzung unter Gummibäumen in Kg. Bongsu, Perak, eine Versuchspflanzung in Sekundärwald in Sg. Buloh, Selangor, eine Dorfpflanzung in Sekundärwuchs in Ulu Gombak, Selangor, sowie das natürliche Habitat, ebenfalls in Ulu Gombak. Pflanzungen von Calamus caesius wurden in Sg. Buloh und der Dorfpflanzung in Ulu Gombak bearbeitet, im natürlichen Habitat in Ulu Gombak wurden des weiteren die Rattanarten Calamus scipionum, C. ornatus, C. insignis und Korthalsia rigida untersucht sowie als Vergleichsart die stammbildende Palme Caryota mitis. Über zwei Untersuchungsperioden von zusammen 20 Monaten wurde die markierten Versuchspflanzen monatlich auf herbivore Insekten untersucht sowie Wachstumsdaten erhoben. Die Wachstumsraten zeigten große Unterschiede sowohl zwischen den einzelnen Pflanzen eines Plots als auch zwischen den verschiedenen Plots. Der mittlere jährliche Blattzuwachs für Calamus manan betrug in den Pflanzungen 4,914,2 Blätter, im natürlichen Habitat dagegen nur 1,6. Die Wachstumsraten für Calamus caesius betrugen 10,2 und 12,0 Blätter/Jahr, die im natürlichen Habitat untersuchten Pflanzen legten im Mittel zwischen 0,8 und 2,2 Blätter pro Jahr an. Die festgestellten Blattzuwachsraten umspannen damit fast die gesamte Bandbreite der in der Literatur für Palmen berichteten Blattzuwachsraten von 0,5 bei Arenga obtusifolia bis 14,428,8 bei Elaeis guineensis. Gute Korrelationen zwischen Blattzuwachs und allen aufgenommenen Größenparametern sind für alle bearbeiteten Calamus mananPflanzungen und Calamus caesius in Sg. Buloh gegeben, Wachstumsleistung und verschiedene Größendimensionen der Pflanze zeigen sich hier eng gekoppelt. Die festgestellten Schäden am jüngsten Blatt betrugen im Mittel der Plots zwischen 5,33 % und 12,20 % entfernte Blattfläche. Da die Schäden in 10%-Klassen abgeschätzt wurden, sind die Unterschiede zwischen den Plots als geringfügig anzusehen, sie entsprechen der allgemeinen Beobachtung, daß Schäden durch herbivore Insekten üblicherweise unter 10 % liegen. Verschiedene Schadenstypen wurden identifiziert, wobei hohe Schäden eines Typs fast immer mit einem geringen Anteil an den Gesamtaufnahmen und ein hoher Anteil mit geringen Schäden verbunden ist. Für alle Calamus manan-Pflanzungen, mit Ausnahme der Dorfpflanzung, bestehen signifikante negative Korrelationen zwischen Blattschäden und Pflanzenhöhe, teilweise auch mit dem Blattzuwachs. Ebenso bestehen signifikante negative Korrelationen für die Blattschäden an Calamus caesius mit den Wachstumsraten der zweiten Beobachtungsperiode. Da Literaturangaben zufolge das Wachstum von Palmen sehr tolerant gegenüber Blattflächenreduktionen ist und die meisten gefundenen Herbivoren eher eine Präferenz für größere Pflanzen zeigen, werden diese Korrelationen dahin gehend interpretiert, daß schneller wachsende Individuen weniger Schäden akkumulieren als langsamer wachsende. Im Verlauf dieser Studie wurden etwa 106 Arten auf verschiedensten Palmen festgestellt, davon 60 Arten auf den markierten Palmen der Plots. 51 Arten wurden auf der Hauptuntersuchungsart Calamus manan nachgewiesen. Wie die Zeit-Arten-Beziehung zeigt, ist die Fauna sicher noch nicht vollständig erfaßt. Dem gegenüber stehen 16 Arten, die bisher in der Literatur für die Halbinsel Malaysia berichtet wurden. Insgesamt gefunden wurden in den Plots 5557 Individuen aller Stadien, 79,6 % davon Lepidoptera, 18,0 % Coleoptera und 2,4 % Orthoptera. Bedeutendste Gruppe waren die Hesperiiden mit 56,3 %, gefolgt von den Oecophoridae mit 18,3 % und den Hispinae (Chrysomelidae) mit 17,9 %. Eine ähnliche Faunenzusammensetzung aus Hispinae, Hesperiidae und Psychidae wurde in Pflanzungen von Metroxylon sagu festgestellt; im Gegensatz dazu steht die Ölpalmenfauna in Südostasien, deren wichtigste Vertreter den Familien Psychidae und Limacodidae angehören. In den Plots wurden 11 Arten von Hesperiiden gefunden, weitere 15 Arten wurden außerhalb der Plots und an anderen Palmen gefunden. Häufigste Hesperiide und häufigster Fund überhaupt war mit 1336 Exemplaren Salanoemia sala. Sie stellt 24,0 % aller Funde bzw. 42,7 % aller Hesperiidae und war in 8 der 13 Plots, darunter alle Calamus manan-Plots, vertreten. Über die Biologie dieser Art war bisher nichts bekannt. Wie fast alle Hesperiidenlarven legen die Larven von S. sala Schutzbauten an. Exemplarisch für andere Hesperiiden wird hier die Larvenbiologie dieser Art dargestellt und diskutiert. Ein starker Populationsanstieg in allen drei Kg.-Bongsu-Plots während eines Monats markiert diese Art als potentielle Problemart. Lotongus calathus trat nur in einem einzigen Plot, in Sg. Buloh, auf, stellt mit 30,6 % aller Hesperiidenfunde aber dennoch die zweithäufigste Art. Die Larvenbiologie dieser Art ist insofern einmalig, als die Larven in Symbiose mit einer häufigen Ameisenart, Dolichoderus thoracicus, leben. Die Larven stellen mit ihren Blattrollen Nistraum zur Verfügung, während die Ameisen offensichtlich Schutz gewähren. Dies erlaubt es L. calathus, eine sehr viel höhere Population aufzubauen als alle anderen Hesperiiden in diesem Plot zusammen. Das Zusammenkommen der Symbiosepartner scheint unter natürlichen Bedingungen ein relativ seltenes Ereignis zu sein, das durch die Anlage der Calamus manan-Pflanzung eine große Förderung erhielt. Als weitere regelmäßig an Calamus manan vorkommende Hesperiiden wurden Quedara monteithi, Gangara thyrsis und Erionota hiraca identifiziert. Die beiden erstgenannten sind bereits in der Literatur von Rattan beschrieben, Auflistungen der Arten E. thrax oder E. torus in der Literatur sind mit hoher Wahrscheinlichkeit E. hiraca zuzuschreiben. Eine noch unbeschriebene Art der Gattung Zela wurde nur wenige Male an Calamus manan gefunden, sie neigt jedoch zu Massenbefall und ist daher als weitere Problemart anzusehen. Korthalsia rigida besaß mit Acerbas martini eine eigene Hesperiidenart, ebenso Caryota mitis mit Plastingia naga. Letztere ist nahe mit Salanoemia sala verwandt und besitzt eine sehr ähnliche Larvenbiologie. Die Nymphalidae stellen nur 2,6 % der Gesamtfunde, sind damit aber dritthäufigste Lepidopterenfamilie. In den Untersuchungsplots wurden sechs verschiedene Arten gefunden, zwei Satyrinae und vier Amathusiini. Wichtigste Art war Amathusia ochraceofusca, die fast die Hälfte aller Nymphaliden stellt. Sie trat an Calamus manan in Kg. Bongsu und Sg. Buloh auf, ihre Larven leben, wie die meisten Amathusiini, gesellig. Weitere wichtige Funde waren die beiden Satyrinen Elymnias panthera und Coelites epiminthia, die ebenfalls in den Calamus manan-Pflanzungen auftraten. Während E. hypermnestra, die in dieser Studie nicht an Rattan gefunden wurde, ein bekannter Palmenschädling ist, war die Larvenbiologie von E. panthera ebenso wie von C. epiminthia bisher unbekannt. Die Familie Oecophoridae, vertreten durch eine einzige, bisher noch unidentifizierte Art, stellt mit 18,3 % der Gesamtfunde sowohl die zweithäufigste Art als auch Gruppierung. Sie trat in allen Pflanzungen sowie an Calamus manan und C. scipionum im natürlichen Habitat auf. Analog zu den Hesperiiden legen die Larven Schutzbauten an, die hier aber aus einem durchsichtigen Seidengewebe bestehen. Ein starker Populationsanstieg während der Beobachtungszeit markiert auch diese Art als potentielle Problemart. Andere Arten von geringerer Bedeutung waren die Notodontide Ambadra sp. sowie die beiden Limacodidae Olona gateri und Thosea vetusta. Eine Art der Gattung Batrachedra, die als Schädling der Infloreszenzen von Kokospalmen bekannt ist, wurde exklusiv auf Caryota mitis gefunden, die von ihr verursachten Schäden sind das vorherrschende Schadensbild dieser Palme. Nach den Hesperiiden und der Oecophoride stellt die Unterfamilie Hispinae der Chrysomelidae die dritte bedeutende Herbivorengruppe an Rattanpalmen dar. Auf sie entfallen 17,9 % der Gesamtfunde. Larven und Adulte besiedeln dieselben Wirtspflanzen, wobei die Larven fast ausschließlich auf den jungen, noch nicht vollständig aufgefalteten Blättern zu finden sind. Octodonta nipae stellt ein Drittel aller Hispinae, die Art wurde nur auf Calamus manan in Kg. Bongsu und der Dorfpflanzung gefunden. O. nipae lebt gesellig und scheint eine starke Förderung durch Blätter zu erfahren, die durch Schlingpflanzen im Unterwuchs am Auffalten gehindert werden. Pistosia spp. und Callispa spp. waren mit vier bzw. 12 Morphospezies vertreten und kamen in jeweils 12 der 13 Plots vor. Curculionidenlarven, die nicht aufgezogen werden konnten, kamen in einer Reihe von Pflanzen vor. Ihr Anteil ist eher unbedeutend, da ihr Auftreten aber meist den Tod der ganzen Pflanze bedeutet, stellen sie ebenfalls potentielle Problemarten dar. Cerambycidenlarven, die zwischen Blattscheide und Stamm minieren, wurden ebenfalls nur sehr selten gefunden, vor allem da sie ältere Pflanzen bevorzugen. Ihre Fraßspuren vermindern den Marktwert der geernteten Stämme, sie sind aus ökonomischer Sicht daher momentan einer der bedeutendsten Schädlinge. Eine Reihe von Orthopteren der Familien Acrididae und Chorotypidae wurden vor allem in den Pflanzungen unter Gummibäumen in Kg. Bongsu gefunden. Sie dürften polyphag sein und wohl vor allem an den Pflanzen des Unterwuchses fressen. Bestimmendes Element aller Calamus manan-Plots sind die vier Hesperiiden Salanoemia sala, Quedara monteithi, Erionota hiraca und Gangara thyrsis, dazu die Oecophoride und Pistosia sp. 2. Sg. Buloh erhält durch die massive Präsenz der Hesperiide Lotongus calathus eine Sonderstellung Die Artenzahlen der Plots liegen zwischen 13 und 24, wobei in den artenärmeren Plots relativ viele Funde an unmarkierten Pflanzen dazukommen, so daß die vollständigen Artenzahlen ähnlich liegen dürften. Die Gesamtfundzahlen nehmen mit abnehmender Natürlichkeit des Systems von 0,82 Funden/Pflanze im natürlichen Habitat bis 18,4 in einer der Pflanzungen unter Gummibäumen zu, der Diversitätsindex nimmt in der entsprechenden Richtung ab. Sg. Buloh fällt hierbei, wie bereits erwähnt, mit 25,24 Funden pro Pflanze und dem niedrigsten aller Diversitätsindizes aus der Reihe. Clusteranalysen, basierend auf den reinen Artenlisten, gruppieren die Plots in etwa entsprechend der Natürlichkeit. Clusteranalysen auf Basis von Arten und Abundanzen stellen den Sg.-Buloh- Plot abseits der anderen, die drei Kg.-Bongsu- Plots werden zusammengruppiert, ebenso die Pflanzung und das natürliche Habitat in Ulu Gombak. Die beiden Calamus caesius-Plots sind einander in Artenzahlen, Abundanzen und Diversitätsindex ähnlicher als die C. manan-Plots untereinander. Vergleiche mit den entsprechenden C. manan-Plots in denselben Lokalitäten ergeben weder eine eindeutige Gruppierung nach den Pflanzenarten noch nach den Lokalitäten. Die Fauna an Calamus caesius in Sg. Buloh war durch die Hesperiide Zela zeus und die Oecophoride dominiert. Beide Arten sind auch in der Dorfpflanzung in Ulu Gombak zumindest prinzipiell vorhanden, hier ist jedoch keine Art dominant. Im natürlichen Habitat war die Fauna von Korthalsia rigida durch die Hesperiide Acerbas martini dominiert, Caryota mitis durch die Hesperiide Plastingia naga und durch Batrachedra sp. Die verschiedenen Calamus-Arten wiesen keine dominanten Arten auf. In den Clusteranalysen zeigten die Plots im natürlichen Habitat wenig Beziehungen zueinander. Ausblick Insgesamt sind von den 106 Arten dieser Studie 88 Arten auf Rattan gefunden worden, maximal 11 davon waren bisher von Rattan bekannt. Eindeutig dominiert wird die mit Rattan assoziierte Fauna durch die Ordnung Lepidoptera, insbesondere von den Hesperiiden. Unter den Foliovoren wurden drei der Hesperiiden und die Oecophoride als potentielle Problemarten identifiziert. Allerdings liegen die festgestellten Fundzahlen noch unter allen für andere kommerziell interessante Palmen aufgestellten Schwellenwerten, die für Rattan vermutlich ohnehin höher angesetzt werden müßten.
Durch Substitution der vier Cysteine des a-Amylase-Inhibitors Tendamistat wurden Disulfidmutanten erzeugt. Zur Herstellung wurde im Rahmen dieser Arbeit die statistische Mutagenese angewandt. Die beiden Mutanten 11H27I45R73T und 11H27N45S73D wurden mit einem kombinierten Verfahren aus Olignukleotidsynthese und PCR erzeugt. Dieses hat als Grundlage die Genkassette, die in pT136 und pAX5a enthalten ist. Durch die gleichzeitige Veränderung beider Cysteine einer Disulfidbrücke sind Probleme mit der Einschränkung in der Variantenvielfalt nicht vorhanden, sowie mehrfache Mutationszyklen nicht notwendig. Die 4-fach-Mutanten wurden in Streptomyces lividans kloniert und exprimiert. Dabei konnte gezeigt werden, daß stabiles Tendamistat erhalten wird. Damit wurde Disulfidbrücken-freies Tendamistat erhalten, ohne zusätzliche Mutationen einführen zu müssen.
Das für die Phytoen-Desaturase (CrtI) aus Rubrivivax gelatinosus kodierende Gen konnte aus genomischer DNA amplifiziert und in unterschiedliche Expressionsvektoren kloniert werden. Die Funktion der Phytoen-Desaturase wurde in vivo durch Komplemetierung einer Phytoen bildenden E. coli-Transformante überprüft. Die heterologe Expression von crtIRg in E. coli, als lösliches und aktives Enzym mit einer molekularen Masse von 57 kDa, konnte nur mit dem Plasmid pPEUcrtIRg erreicht werden. Mittels in vitro Enzymtests konnten kinetische Parameter und der Kofaktor des Enzyms bestimmt werden. Der Km-Wert für das Substrat Phytoen lag bei 14,8 μM, der Vmax-Wert bei 5,2 nmol/h*mg CrtIRg. Für das Substrat Neurosporin konnte ein Km-Wert von 33 μM und ein Vmax-Wert von 0,6 nmol/h*mg CrtIRg ermitteltwerden. FAD steigerte als Kofaktor den Umsatz des Substrates um das 39-fache. Sowohl für die Phytoen-Desaturase aus Rvi. gelatinosus, als auch für die Phytoen-Desaturase aus Rba. sphaeroides konnte in vitro gezeigt werden, dass die Anzahl der an einem Carotinoidmolekül katalysierten Reaktionsschritte stark von der Enzym- bzw. Substratkonzentration abhängt. Bei einer hohen Phytoen- und einer niedrigen Enzymkonzentration wird fast nur Neurosporin gebildet (3 zusätzliche Doppelbindungen), während bei einer hohen Enzym- und einer niedrigen Phytoenkonzentration deutlich mehr Lycopin synthetisiert wird (4 zusätzliche Doppelbindungen). In den jeweiligen Organismen spielt die Konkurrenz der bakteriellen Phytoen-Desaturase mit dem sich in der Carotinoidbiosynthesekette anschließenden Enzym in Bezug auf die Anzahl der eingefügten Doppelbindungen eine wichtige Rolle. Dies konnte in Hemmstoffuntersuchungen am Beispiel zweier Xanthphyllomyces dendrohous-Mutanten gezeigt werden. Die Verringerung der aktiven CrtI-Menge in der Torulin-Mutante DQ1 förderte die Bildung von β-Carotin (nur 4 Desaturierungsschritte). Dagegen führte die Senkung der aktiven Lycopin-Zyklase-Menge in der β-Carotin-Mutante PR1-104 zur Förderung der durch CrtI katalysierten Reaktion mit der Folge, dass hauptsächlich Torulin gebildet wurde (5 Desaturierungsschritte). Mittels Error Prone PCR sowie dem E. coli-Stamm XL1-Red konnte das Gen crtI aus Rvi. gelatinosus mutagenisiert werden. Die erstellten Mutationsbibliotheken konnten in Phytoen bildenden E. coli-Transformanten exprimiert und Klone mit veränderten Phytoen-Desaturasen mittels Farbscreening identifiziert werden. Aus Klonen mit einem veränderten Lycopin/Neurosporin-Verhältnis wurde die DNA isoliert und crtI sequenziert. Dadurch konnten mutierte Gene ermittelt werden, deren modifizierte Expressionsprodukte entweder mehr Lycopin oder fast ausschließlich Neurosporin bildeten. Es zeigte sich, dass die Veränderung der Aminosäure an Position 208 einen starken Einfluss auf die Anzahl der eingefügten Doppelbindungen hat. Die Aminosäure befindet sich in einer membrangebundenen Helixstruktur bei der es sich vermutlich um einen direkt an der katalytischen Reaktion beteiligten Bereich handelt. Es konnte gezeigt werden, dass alle Mutationen, die die Anzahl der katalysierten Reaktionsschritte senkten, Leucin-Prolin-Austausche (oder umgekehrt) waren. Prolin (bzw. Leucin) veränderte in diesen Fällen die Sekundärstruktur des Proteins wodurch, die Funktion gestört wurde. Neben diesen strukturellen Veränderungen wurden Mutationen ermittelt, die zu einer verstärkten Expression der Phytoen-Desaturase führten, was eine erhöhte Lycopinbildung bewirkte. Es zeigte sich, dass bei einigen dieser Mutanten die Replikation der Plasmid-DNA erhöht war. Die starke Replikation ist wahrscheinlich auf eine Verarmung an beladenen tRNA Molekülen zurückzuführen. In ColE1-Plasmiden (pPEU) kann es zu einer unkontrollierten Replikation kommen, die auf Wechselwirkungen zwischen den Replikationsregulierenden Strukturen RNAI und RNAII mit den unbeladenen tRNA Molekülen zurückzuführen ist. Auf der Grundlage der erlangten Erkenntnisse und mittels Computer gestützter Analysen konnte ein Modell der Sekundärstruktur und der Membranassoziation des Enzyms erstellt werden.
Die Na,K-Pumpe ist ein integrales Membranenzym und gehört zur Gattung der P-Typ-ATPasen. Das Enzym setzt bei der Hydrolyse von ATP die resultierende freie Energie in aktiven Transport zur Errichtung eines Na+/K+-Konzentrationsgradienten über der jeweiligen Plasmamembran um. Diese Funktion wird mit einer strukturellen Alternierung zwischen zwei Hauptkonformationen E1 und E2 des Enzyms in Verbindung gebracht. In der vorliegenden Arbeit erfolgte eine Charakterisierung von Sekundärstruktur- und Proteinmikroumgebungsänderungen bei Teilreaktionen der Na,K-ATPase mittels reaktionsinduzierter und zeitaufgelöster FTIR-Differenzspektroskopie. Die hier verwendete IR-Durchlichttechnik setzt voraus, daß das zu untersuchende Enzym in hochreiner, hochkonzentrierter (1 mM) und aktiver Form in einen Proteinfilm in Gegenwart eines geschützten, photolytisch spaltbaren ATP-Derivats (caged ATP) überführt werden kann. In dieser Arbeit wurde zum ersten Mal eine umfassende IR-spektroskopische Beschreibung von einzelnen Teilreaktionen innerhalb des E1/E2-Reaktionsmodells der Na,K-ATPase durchgeführt. Die Untersuchung des Enzyms in Form eines Proteinfilms mit einer Schichtdicke von etwa 5 µm ist aufgrund der hohen Hintergrundabsorption des Wassers und der geringen Extinktionskoeffizienten der Proteinschwingungsmoden erforderlich. Der überwiegende Teil der Messungen wurde mit (1-(2-nitrophenyl)ethyl)-caged ATP und Schweinenierenenzym bei 5° und 15°C durchgeführt. Nach Abspaltung der Schutzgruppe mittels eines UV-Blitzes und somit der Freisetzung von ATP wurden zeitabhängig (Millisekunden bis Sekunden) die Differenzspektren verschiedener Teilreaktionen im Bereich von 2000 bis 950 cm-1 ermittelt. Der große Vorteil dieser Technik besteht in der Möglichkeit der Registrierung von Zustandsänderungen einzelner Aminosäuren des Proteins, in Bezug auf die Sekundärstruktur, Phosphorylierung, Protonierung und Kationenkoordination. Besonders gut können Änderungen an den Seitenketten der Aminosäuren Aspartat und Glutamat detektiert werden. Die enzymatische ATP-Hydrolyseaktivität der Na,K-ATPase wurde in den Proteinfilmen IR-spektroskopisch anhand der V as (PO2-) bei 1246 cm-1 bestimmt. Die Messungen der spezifischen Aktivität von Schweinenierenenzym ergab bei 15°C einen Wert von 34 nmol Pi mg-1 min-1. Vergleichsmessungen, die mit einem Standardaktivitätstest in Annäherung an die Protein-filmbedingungen durchgeführt wurden, ergaben Ergebnisse von der gleichen Größenordnung. In Abhängigkeit von der Zusammensetzung des kationischen Mediums konnten nach der photochemischen Freisetzung von ATP IR-Differenzspektren von drei verschiedenen Teilreaktionen untersucht werden: (1) ATP-Bindung, (2) Bildung des Phosphoenzyms E1P, (3) Bildung des Phosphoenzyms E2P. Des weiteren wurden Differenzspektren der AMPPNP-Bindung, der ADP-Bindung und der Ammoniumbindung, die mit der K+-Bindung vergleichbar ist, ermittelt. Alle Teilreaktionen führten zu unterschiedlichen Differenzspektren, die charakteristisch für die jeweiligen Zustandsänderungen sind. Durch geeignete Differenzbildung konnten ebenfalls die Differenzspektren der Phosphorylierung (EATP -> E1P) und der Phosphoenzym-Konversion (E1P -> E2P) berechnet werden. Sekundärstrukturänderungen können bei der IR-Spektroskopie innerhalb des Amid I-Bereichs zwischen 1700 und 1610 cm-1 detektiert werden. Die Ergebnisse der IR-Differenzspektroskopie zeigen, daß die Sekundärstruktur der Na,K-ATPase bei allen untersuchten Teilreak-tionen weitgehend konserviert bleibt. Unter den ermittelten Differenzspektren der Teilreaktionen resultiert die größte Netto-Sekundärstrukturänderung in einer Größenordnung von etwa 0,2 % (~3 Aminosäuren/Protomer) bei der E2P-Bildung. Als Folge der Bindung von ATP und ADP an das Enzym gibt es Evidenzen für die Beteiligung von Arginin. Die Bindung von AMPPNP an die Na,K-ATPase hingegen zeichnet sich klar durch andere molekulare Wechselwirkungen unter Beteiligung von Asp und/oder Glu aus. Die Phosphorylierung der Na,K-ATPase in Gegenwart von 1,2 M Na+ (E1P-Bildung) kann anhand von zwei Signalen der V (C=O) bei 1739 und 1709 cm-1, wobei eines der phosphorylierten Seitenkette Asp 369 zugeordnet wird, detektiert werden. Das zweite Signal wird der Protonierung eines Seitenkettenrestes Asp oder Glu zugerechnet, welches in Verbindung mit der Na+-Okklusion bei der E1P-Bildung stehen dürfte. Weitere Signale, die in Zusammenhang mit den molekularen Vorgängen bei der Phosphorylierung und Na+-Koordination stehen, können in der spektralen Region um 1550 cm-1 (V as(COO-)) und 1400 cm-1 (V s(COO-)) detektiert werden. Das Differenzspektrum der Phosphorylierung der Na,K-ATPase in Gegenwart von 130 mM Na+ (E2P-Bildung) enthält keine Beiträge der Kationenokklusion oder -deokklusion. Dennoch enthält das Differenzspektrum der E2P-Bildung die Information über die Transformation der Kationenbindungsstellen von E1 -> E2. Während E1 den Na+-affinen Zustand darstellt, repräsentiert E2 den K+-affinen Zustand der Na,K-ATPase. Das Signalprofil der Differenzspektren der E2P-Bildung unterscheidet sich stark von dem der E1P-Bildung. Neben der Phosphorylierung an Asp 369, die auch hier oberhalb von 1700 cm-1 anhand eines V (C=O)-Signals detektiert wird, können weitere positive und negative Signale sowohl oberhalb von 1700 cm-1 als auch im Bereich um 1550 cm-1 (V as(COO-)) und 1400 cm-1 (V s(COO-)) nachgewiesen werden. Bei der Transformation der Kationenbindungsstellen von E1 -> E2 können somit starke Änderungen an den Seitenketten von Asp und/oder Glu detektiert werden, die auf eine Neuorganisation der Kationenbindungsstellen der Na,K-ATPase schließen lassen. An dieser Neuorganisation sind sowohl Ände-rungen des Protonierungszustandes als auch Änderungen in der Koordinationssphäre der kationenkoordinierenden Gruppen Asp und/oder Glu beteiligt. Da von der Na,K-ATPase keine hochauflösenden Kristallstrukturen existieren, wurden die Kristallstrukturen der Ca-ATPase des sarkoplasmatischen Retikulums, ebenfalls eine P-Typ-ATPase, zur Erläuterung des Mechanismus der Kationenbindung herangezogen (Toyoshima et al., 2004b). Zur Ca-ATPase existieren bereits analoge IR-Differenzuntersuchungen. Dies bot die Möglich-keit des direkten Vergleichs gleicher Teilreaktionen innerhalb des gemeinsamen E1/E2-Reaktionsmodells. Dieser Vergleich zeigt, daß die Sekundärstrukturen beider Enzyme bei den jeweiligen Teilreaktionen weitgehend konserviert bleiben. Bei der Ca-ATPase können die größten Netto-Sekundärstrukturänderungen von etwa 0,3 % des Enzyms (~3 Aminosäuren/Enzym) als Folge der ATP-Bindung beobachtet werden (Barth et al., 1996). Bei dieser Teilreaktion werden bei der Na,K-ATPase die kleinsten Sekundärstrukturänderungen detektiert. Beim Vergleich der Signalprofile beider Enzyme weist der sekundärstrukturrelevante Amid I-Bereich bei der Phosphoenzym-Konversion auf konträre Strukturrelaxationen hin. Die Differenzspektren der Ca-ATPase im Vergleich zur Na,K-ATPase deuten auf eine sich unterscheidende Kationenkoordination hin. Durch eine Kombination der Resultate von IR-Differenz- und Fluoreszenzspektroskopie der FITC-Na,K-ATPase zur Charakterisierung von Enzymzuständen, konnte ein Modell zum Mechanismus der Inhibierung der Na,K-ATPase durch das Herzglucosid Ouabain postuliert werden. Durch Fluoreszenzmessungen an der FITC-Na,K-ATPase konnte gezeigt werden, daß Ouabain in Gegenwart von 20 mM Na+ an das Enzym bindet, was bei 130 mM Na+ nicht mehr der Fall ist. Aufgrund von IR-Differenzsignalen der E2P-Bildung, aufgenommen bei 20 mM Na+, ist es möglich, oberhalb von 1700 cm-1 (ν(C=O)), bei 1554 cm-1 (V as(COO-)) und bei 1408 cm-1 (V s(COO-)) zwischen der an Asp 369 phosphorylierten und unphosphorylierten Na,K-ATPase zu unterscheiden. Nach Ouabain-Zugabe hingegen konnten diese Signale nicht mehr detektiert werden. Bezüglich der Inaktivierung des Enzyms im Standardaktivitätstest, für dessen Ablauf Na+-Konzentrationen von um die 130 mM eingesetzt werden, kann gefolgert werden, daß Ouabain nicht an das freie, sondern an das phosphorylierte Enzym bindet und somit die Inaktivierung der Na,K-ATPase nach sich zieht.
Aufgrund des großen Potenzials der Nanotechnologie ist in Zukunft eine Zunahme der Produktion und Verwendung von Nanomaterialien zu erwarten, wodurch mit einer steigenden Freisetzung in der Umwelt zu rechnen ist. In der vorliegenden Dissertation werden daher Methoden zur Untersuchung von Nanomaterialien betrachtet und Effekte von NP auf Algen untersucht.
In Teil I wurden Silber-, Titandioxid- und Polystyrol-Nanopartikel sowie Kohlenstoffnano-röhrchen untersucht. Von jedem Nanomaterial standen eine unmodifizierte Form sowie zwei modifizierte Partikeltypen mit geladener Oberfläche und zusätzlich Polystyrol-Mikropartikel zur Verfügung. Zunächst erfolgte eine Charakterisierung der Materialien mittels Transmissions-elektronenmikroskopie, wobei die Größe der Objekte gemessen und das Verhalten beschrieben wurde. Zudem wurde im Fall der Polystyrol-Nanopartikel der Einfluss mehrerer Chemikalien getestet, welche im Zusammenhang mit der Probenvorbereitung für das Elektronen¬mikroskop zum Einsatz kamen. In einem nächsten Schritt erfolgte die Untersuchung von Nanomaterialien in umweltrelevanten Matrices. Hierbei wurden Boden- und Wasserproben sowie humane Körperflüssigkeiten und Fischgewebe elektronenmikroskopisch auf die Anwesenheit von synthetischen Nanomaterialien untersucht und Proben mit Nanomaterialien versetzte, um die Nachweisbarkeit mit dem Elektronenmikroskop bewerten zu können. Zusätzlich wurden verschiedene Zellkulturen und Gewebe auf morphologische Auffälligkeiten im Zusammenhang mit einer Exposition gegenüber Nanomaterialien untersucht.
Die durchgeführten Versuche zeigen, dass die Transmissionselektronenmikroskopie für viele Nanomaterialien ein sinnvolles Charakterisierungswerkzeug darstellt. Die Untersuchung besonders kleiner Partikel mit einem Durchmesser im einstelligen Nanobereich gestaltet sich jedoch schwierig bis unmöglich. Für den Nachweis von Nanomaterialien in Umweltmatrices und Zellen ist die Methode nur bedingt geeignet, wobei insbesondere niedrige Partikelkonzentrationen problematisch sind. Die Methode ist somit lediglich als Ergänzung zu anderen Nachweismethoden zu betrachten, kann jedoch hilfreiche Informationen zur Lokalisation von Nanoobjekten in Zellen und zu ihrem Verhalten in Umweltproben liefern.
In Teil II wurden die beiden Grünalgen Raphidocelis subcapitata und Chlamydomonas reinhardtii sowie die Diatomee Cyclotella meneghiniana gegenüber unterschiedlich modifizierten Silber-, Titandioxid- und Polystyrol-Nanopartikeln exponiert. Die Beurteilung der Toxizität wurde anhand der über die Absorption gemessenen Zellzahl, des Chlorophyll a Gehalts, der über die Chlorophyllfluoreszenz gemessenen Parameter Fv/Fm und NPQ sowie der transmissions¬elektronenmikroskopischen Untersuchung der Algenzellen vorgenommen. Zudem wurde der Einfluss der Beschattung von Algenzellen durch die Nanopartikel experimentell untersucht.
Die Untersuchungen zeigen, dass Nanomaterialien bei Absorptionsmessungen in Abhängigkeit von ihrem Grundmaterial, ihrer Oberflächenmodifikation und dem umgebenden Medium ein mehr oder weniger starkes Streuungsverhalten zeigen. Auch die Anwesenheit von Algen kann einen deutlichen Einfluss haben. Trotz der Beeinflussung der Lichtstreuung hat die Beschattung von Algen durch die Trübung des Mediums durch Nanomaterialien keinen Einfluss auf das Wachstum der Testorganismen. Die direkte Exposition der Algen gegenüber den Nanomaterialien zeigt, dass Silber-Nanopartikel die toxischste Wirkung haben. Die Abgabe von Silberionen durch die Partikel kann hierbei die auftretenden Effekte erklären. Auch Titandioxid-Nanopartikel führen zu negativen Effekten, wobei mögliche Gründe die Toxizität des Materials und die physikalische Isolierung der Zellen sind. Die Polystyrol-Nanopartikel haben eine stimulierende Wirkung auf die Algenzellen, welche auf einer Präferenz von adhäsivem Wachsen und dem Hormesis-Effekt beruhen kann. Die Oberflächenmodifikation der Nanomaterialien hat zwar einen Effekt auf die Toxizität, ihr Einfluss wird jedoch durch andere Faktoren überlagert. In Bezug auf die unterschiedlichen Methoden zum Nachweis der Toxizität, ist die Bestimmung des Chlorophyll a-Gehalts als besonders sensitiv zu bewerten und kann zudem auf alle Partikel angewandt werden. Hinsichtlich der Absorptionsmessung besteht teilweise ein Einfluss durch die Partikelstreuung. Die Messung der Chlorophyllfluoreszenz scheint einer starken Beeinflussung durch externe Faktoren und ggf. die Nanomaterialien selbst zu unterliegen. Die elektronenmikroskopische Untersuchung ist vergleichsweise wenig sensitiv, kann jedoch ergänzende Informationen bezüglich der Wirkweise von Nanomaterialien liefern. Der Vergleich der Testorganismen zeigt, dass Raphidocelis subcapitata empfindlicher reagiert als Chlamydomonas reinhardtii. Eine allgemeingültige Sensitivitätsabstufung zwischen den Grünalgen und der Diatomee ist nicht möglich, da die Reaktionen in Abhängigkeit von Medium bzw. Partikelgrundmaterial unterschiedlich ausfallen.
Der Typ I Interferonrezeptor, der aus den Transmembranproteinen ifnar1 und ifnar2 besteht, nimmt eine wichtige Rolle bei der angeborenen und erworbenen Immunantwort ein. Durch Bindung von Typ I Interferonen werden antivirale, antiproliferative und immunmodulatorische Aktivitäten in der Zelle induziert. Die Wirkung der Interferone wird bereits bei der Behandlung einer Vielzahl von Krankheiten eingesetzt. Es ist bislang nicht bekannt, wie die verschiedenen Typ I Interferone nach Bindung an einen gemeinsamen Rezeptor, unterschiedliche Zellantworten induzieren. So unterscheiden die Typ I Interferone sich nicht hinsichtlich ihrer Bindungsstelle oder der Stöchiometrie der Bindung an ifnar1 bzw. ifnar2. Sie weisen jedoch unterschiedliche Affinitäten zu den Rezeptoruntereinheiten auf, wobei ihnen eine niedrigere Affinität zu ifnar1 gemeinsam ist. Bislang konnte keine Interaktion zwischen den Rezeptoruntereinheiten nachgewiesen werden. Es wird angenommen, dass bei der Rezeptorassemblierung das Interferon zunächst an ifnar2 bindet und anschließend ifnar1 rekrutiert. Es wird postuliert, dass die unterschiedlichen Zellantworten für verschiedene Typ I Interferone auf Unterschieden in der Stabilität der ternären Komplexe beruhen könnten. Im Rahmen dieser Arbeit wurden daher die Struktur und Dynamik des Interferonrezeptors in vitro für die Typ I Interferone IFNa2 und IFNb charakterisiert. Die Struktur des ternären Komplexes aus den extrazellulären Domänen von ifnar1 und ifnar2 mit IFNa2 wurde mittels Elektronenmikroskopie untersucht. Über Einzelpartikelanalyse aufgereinigter Komplexe von IFN mit den extrazellulären Domänen von ifnar1 (ifnar1-EC) und ifnar2 (ifnar2-EC) konnte ein Strukturmodell des ternären Komplexes erstellt werden. Dieses zeigte eine Verschiebung der membranproximalen Domänen von ifnar1-EC und ifnar2-EC wie sie bereits für den Rezeptor für Erythropoietin und den Wachstumsfaktor beobachtet wurden, welche zu den Typ I Zytokinrezeptoren gehören. Die Struktur des ternären Komplexes ermöglicht als erste Struktur eines Typ II Zytokinrezeptors einen Einblick in die Architektur des Komplexes und mögliche Aktivierungsmechanismen. Die Strukturen der Komplexe für die verschiedenen Typ I Interferone IFNa2 und IFNb wiesen keine fundamentalen Unterschiede auf, was auf einen gemeinsamen Aktivierungsmechanismus hinweist. Temperatur-abhängige Messungen von Bindungskinetik und –affinität ergaben sehr unterschiedliche Energiehyperflächen für die Ligandenbindung an ifnar1- und ifnar2-EC, und wiesen auf einen mehrstufigen Prozess und mögliche Konformationsänderungen bei der Bindung an ifnar1-EC hin. Zur Analyse der Dynamik von ifnar1-EC wurden daher verschiedene fluoreszenzbasierte Assays etabliert. Eine besondere Herausforderung bestand darin, das Protein ortsspezifisch und stöchiometrisch mit zwei verschiedenen Fluorophoren zu koppeln. Ifnar1-EC wurde an verschiedenen Stellen kovalent mit Fluoreszenzfarbstoffen markiert. Es wurde gezeigt, dass nach Bindung eines geeigneten tris-NTA-Fluorophor-Konjugats an den C-terminalen His-Tag die Fluoreszenz abstandsabhägig durch Förster-Resonanz-Energie-Transfer gelöscht wurde. Für ifnar1-EC wurde eine ligandeninduzierte Abstandsänderung detektiert. Die detaillierte Analyse ergab nach Bindung von IFNa2 eine Abstandszunahme von 13 A vom N- zum C-Terminus. Durch die Interferonbindung nimmt demnach ifnar1-EC eine gestrecktere Konformation ein. Ähnliche Ergebnisse wurden auch in Anwesenheit von ifnar2-EC und für IFNb erhalten. Die Einzelmolekülanalysen mittels Fluoreszenz Korrelationsspektroskopie (FCS) zeigten sowohl einen Verlust der Flexibilität von ifnar1-EC nach Ligandenbindung als auch ein ligandeninduziertes Rearangement der Ig-ähnlichen Domänen. Die Änderung der Flexibilität wurde durch Messungen der Fluoreszenzlebensdauer bestätigt. Untersuchungen der Kinetik der Ligand-induzierten Konformationsänderung mittels Stopped-Flow Messungen bestätigten eine mehrstufige Umorientierung der Ig-ähnlichen Domänen nach Ligandenbindung. Zusätzlich konnte gezeigt werden, dass sich nach Ligandenbindung die Zugänglichkeit des Tryptophans in der membranproximalen Domäne von ifnar1-EC ändert. Da die membranproximale Domäne nicht bei der Ligandenbindung beteiligt ist, deutet dieser Effekt auf eine Propagation der Ligand-induzierten Konformationsänderung in diese Domäne hin. Das Tryptophan könnte mit der Membran interagieren, was auf eine wichtige Rolle der membranproximalen Domäne für die korrekte Orientierung von ifnar1 in der Membran hindeut. Die Stopped-Flow Analyse zeigte, dass es sich hierbei um einen einstufigen Prozess handelt, der mit der Interferonbindung korreliert. Die Ergebnisse wiesen insgesamt auf eine Ligand-induzierte Flexibilitätsänderung und Umorientierung der Ig-ähnlichen Domänen bei ifnar1-EC hin. Vermutlich wird nach Ligandenbindung das Signal in die membranproximale Domäne von ifnar1-EC propagiert. Die Strukturen der ternären Komplexe mit den verschiedenen Typ I Interferonen wiesen keine fundamentalen Unterschiede auf. Auch die Ergebnisse der fluoreszenzbasierten Assays zeigten keine Unterschiede für IFNa2 und IFNb, was die Hypothese stützt, dass die differentielle Aktivität der Interferone nicht auf grundsätzlichen Unterschieden in der Architektur des ternären Komplexes beruht, sondern in der unterschiedlichen Dynamik der Komplexe codiert sein könnte.
Die Grundlage dieser Arbeit bilden Befunde über den Kupfer-Metabolismus des Ascomyceten Podospora anserina. In der Kupfermangel-Mutante grisea ist der Transkriptionsfaktor GRISEA inaktiv, welcher die Aktivität der hochaffinen Kupfer(I)-Permease PaCTR3 kontrolliert. Der Kupfer-Mangel aller Zellkompartimente führt zu pleiotropen Effekten und zu einer moderaten Verlängerung der mittleren Lebensspanne (60%). Um Effekte des Kupfermangels, die positiven bzw. negativen Einfluß auf die Lebensspanne zeigen, voneinander zu trennen, erschien es vielversprechend, den Kupfermangel auf ein Kompartiment der Zelle zu beschränken. In Hefe komplexiert COX17 Kupfer und gibt es im mitochondrialen Intermembranraum an SCO1 und COX11 (Assemblierungsfaktoren der Cytochrom-c-Oxidase) weiter. Zur Aufschlüsselung Kupfer-abhängiger Stoffwechsel-Wege wurde in dieser Arbeit eine PaCox17-Nullmutante konstruiert und charakterisiert. Die PaCox17::ble-Deletionsmutante ist durch AOX-Respiration, hohe Aktivität der Cu/Zn-SOD und ein stabilisiertes Chondriom charakterisiert. Eine vergleichende Analyse von Mutante und Wild-Stamm führte zu folgenden Ergebnissen: 1. Die Disruption des PaCOX17-Weges verhindert die Assemblierung der COX beinahe völlig. COX-Respiration kann nur in sehr geringem Umfang nachgewiesen werden. 2. Der Ausfall der COX induziert die alternative Oxidase und führt zu AOX-Respiration. 3. Die Atmungsrate der Mutante PaCOX17::ble ist, aufgrund der AOX-Respiration, gegenüber dem Wild-Stamm annähernd verdreifacht. 4. Weiterhin zeigen PaCox17::ble-Stämme ein stabilisiertes mitochondriales Genom, normalerweise wird weder plDNA amplifiziert noch wird beta-senDNA gebildet. 5. Der Kupfer-Spiegel des Zytoplasmas ist gegenüber Wild-Stämmen stark erhöht. 6. PaCox17::ble-Stämme sind durch konstant starke Expression der Cu/Zn-SOD charakterisiert. Die Mn-SOD spielt eine untergeordnete Rolle. 7. Die beschriebenen Effekte führen zu einer enormen Verlängerung der mittleren Lebensspanne (1250% des Wild-Stammes). Neben der Isolation und Charakterisierung der Mutante PaCox17::ble wurde PaSco1 isoliert und initial charakterisiert. PaSco1 liegt in P. anserina wahrscheinlich in einer Kopie vor. Es kodiert das Kupferbindeprotein PaSCO1, welches Kupfer vermutlich von PaCOX17 übernimmt und an die Untereinheit 2 der COX weitergibt. In dieser Arbeit wurden Teilaspekte des Kupfermetabolismus von P. anserina untersucht. Von besonderem Interesse waren Zusammenhänge zwischen Kupfer-Metabolismus und mitochondrialen Funktionen. Einen weiteren Schwerpunkt bildeten entwicklungsbiologische Prozesse, der Alterungsprozess war von übergeordneter Bedeutung. Es konnte gezeigt werden, daß Störungen der Kupfer-Homöostase die Respiration, den zellulären oxidativen Stress, die Stabilität des Chondrioms und diverse Entwicklungsprozesse, wie beispielsweise Fortpflanzung und Alterung des Hyphenpilzes beeinflussen.
Degenerationsvorgänge am Innenohr und experimentelle Untersuchungen über Protektionsmöglichkeiten
(2000)
Hörverluste durch Innenohrschäden gelten beim Menschen und anderen Säugetieren als irreversibel. Deshalb wird es von vielen Wissenschaftlern versucht, eine Regeneration im Innenohr der Säugetiere zu induzieren oder das Ohr pharmakologisch vor Schädigung zu schützen. Ziel dieser Arbeit war es zu untersuchen, ob neurotrophe Wachstumsfaktoren Meerschweinchen vor experimentell ausgelösten Innenohrschäden schützen können. Als erstes wurde in dieser Arbeit ein Tiermodell zur akuten und frequenzspezifischen Hörschädigung entwickelt. Meerschweinchen wurden Kanamycin und Ethakrynsäure intravenös infundiert. Es wurde festgestellt, daß die erwünschten frequenzspezifischen Hörverluste durch 266 mg/kg Kanamycin kombiniert mit 30 mg/kg Ethakrynsäure reproduzierbar induziert werden konnten. Die Hörschwellen und ihre Verluste wurden anhand der Summenaktionspotentiale vom Hörnerv bestimmt. Anschließend wurde an Meerschweinchen eine Methode zur chronischen Applikation von Wachstumsfaktoren ausgearbeitet. Es wurden drei implantierbare Applikationssysteme getestet, das Mikrodosiersystem (MDS) aus der Tübinger HNO-Klinik, die wiederbefüllbaren ESOX-Pumpen und osmotische ALZET-Pumpen. Durch die osmotischen ALZET-Mikropumpen konnten neurotrophe Faktoren über einen Zeitraum von mehreren Wochen kontinuierlich und zuverlässig appliziert werden. Diese Pumpen wurden in Meerschweinchen implantiert und lieferten eine Lösung mit der Testsubstanz oder eine Kontrollösung, die an das runde Fenster der Cochlea oder in die Zerebrospinalflüssigkeit abgegeben wurden. Im dritten Teil der Arbeit wurden die beiden entwickelten Methoden miteinander kombiniert. Damit war es möglich zu testen, ob der durch die Mikropumpen applizierte neurotrophische Faktor-3 (NT-3) die durch Ototoxika ausgelösten Schwellenverluste vermindert, Argumente für die Wahl von NT-3 waren, daß NT-3 in vitro bereits eine starke protektive Wirkung an den Neuronen des Spiralganglions erwiesen hatte (Marzella et al., 1997). Außerdem sind Rezeptoren für NT-3 auch bei adulten Tieren in den cochleären Haarzellen vorhanden. Die physiologische Wirkung von NT-3 war aber in vivo noch nicht untersucht worden. Zu Beginn der Experimente wurden die Tiere mit Mikropumpen implantiert, die über 14 Tage eine NT-3-haltige oder Kontrollösung applizierten. Vier Tage nach Implantation der Pumpen wurden die Meerschweinchen durch die Infusion der oben genannten ototoxischen Arzneimitteln vertäubt. Die Hörschwellen wurden kurz bevor und über 32 Tage nach der Vertäubung gemessen. Die Hörschwellen der mit NT-3 behandelten Tiere wurden mit den Hörschwellen der Kontrolltiere verglichen. Durch die Infusion von Kanamycin und Ethakrynäure wurden bei Meerschweinchen Hörverluste in der Größenordnung von 40 dB induziert. Bei der Gabe von NT-3 an die rechten Cochleae wurden diese ototoxisch ausgelösten Schwellenverluste um 9 dB vermindert, und dies nicht nur auf der behandelten, sondern auch auf der kontralateralen Seite. Diese Befunde deuteten darauf hin. daß bei der lokalen Gabe die neurotrophen Faktoren auf systemischem Wege auch andere Seite erreichen und dort eine Wirkung ausüben. Ähnliche Effekte wurden auch bei lokaler Gabe von einem anderen neurotrophen Faktor, Glial cell line-derived neurotrophic factor (GDNF), beoobachtet (Shoji et al., 2000). Die kontralaterale Wirkung war hier aber schwächer (3 dB), als die ipsilaterale (5 dB). Die ins Ohr implantierten Pumpen verursachten per se Hörverluste von etwa 5 dB. NT-3 verminderte auch diese Hörverlustedurchschnittlich um 4 dB. In einer weiteren Versuchsreihe wurde der systemische Effekt von NT-3 geprüft. Dafür wurde NT-3 nicht lokal an das runde Fenster der Cochlea, sondern in die Zerebrospinalflüssigkeit appliziert. Die ototoxisch ausgelösten Hörverluste konnten durch den systemisch gegebenen NT-3 um 5 dB verringert werden. Relativ zu den ototoxisch ausgelösten Hörverlusten in der Größenordnung von 40 dB war die Protektion durch systemisch (5 dB) oder lokal (9 dB) applizierten NT-3 gering. Die stärkste otoprotektive Wirkung durch Wachstumsfaktoren, von 12-18 dB, wurde bis jetzt durch gentechnisch in die Cochlea eingebrachten GDNF erreicht (Yagi et al., 1999). Der Schutzeffekt durch den lokal am Ohr gegebenen GNDF (5 dB, Shoji et al., 2000) war aber geringer, als der vom identisch verabreichten NT-3 (9 dB, diese Arbeit, s. auch Sudavicius et al., 2000). Wenn durch gentechnische Art des Verabreichens die Wirkung von NT-3 im gleichen Maße potenziert werden sollte, wie es bei GDNF der Fall ist, wäre die protektive Wirkung von NT-3 stärker als die von GDNF.
Im Rahmen dieser Arbeit wurde die Eignung von Pseudorezeptoren im virtuellen Screening untersucht. Hierzu wurde nach intensiver Auseinandersetzung mit bisher bekannten Konzepten ein neues Computerprogramm zur automatischen Konstruktion von Pseudorezeptormodellen entwickelt. Das Ziel von Pseudorezeptoren ist die Konstruktion eines alternativen, artifiziellen Wirtssystems aus bekannten Liganden eines Zielproteins, dessen dreidimensionale Struktur unbekannt ist. Der generierte Pseudorezeptor ist zu verstehen als die Menge aller Pseudoatome, die um die Ausgangssubstanz(en) projiziert werden. Bei multiplen Referenzliganden wird eine Gewichtung der Pseudoatome durchgeführt. Zudem wird ausschließlich von Distanz- und Winkelparametern Gebrauch gemacht, die aus Untersuchungen von Kokristall-strukturen gewonnenen wurden. Eine abschließende Kodierung generierter Pseudorezeptoren als 90-dimensionalen Korrelationsvektor wurde zum virtuellen Screening eingesetzt. In zwei retrospektiven Fallbeispielen wird gezeigt, dass die generierten Pseudorezeptoren für COX-2 und PPARα mit den realen Zuständen ihrer kokristallisierten Bindetaschen in den PDB Einträge 6cox und 2p54 kompatibel sind. Im retrospektiven virtuellen Screening in der Wirkstoffdatenbank COBRA (8.311 Moleküle) nach COX-2 Inhibitoren (136 Aktive) konnte eine Anreicherung der aktiven Strukturen in den ersten zwei Perzentilen gezeigt werden (54% der Aktiven). Zudem konnten 80% der aktiven Moleküle bereits nach Vorhersage von 10% Falsch-Positiven gefunden werden. Im Falle des retrospektiven Screenings nach 94 PPAR Liganden konnten 30% der aktiven Moleküle nach der Vorhersage von 10% Falsch-Positiven entdeckt. Nach 20% Falsch-Positiver wurden 46% der PPAR Liganden wieder gefunden. Weiterhin konnte mit den ligandenbasierten Informationen eines H4 Pseudorezeptors eine Justierung einer potentiellen Bindetasche des Histamin H4 Rezeptors aus einer molekularen Dynamiksimulation vorgenommen werden. Schließlich wurde in einem prospektiven virtuellen Screening nach Histamin H4 Liganden mit einem Pseudorezeptor zwei Strukturen mit unterschiedlichem Grundgerüst und einem Ki ~ 30 µM identifiziert.
Fossile Rohstoffe dienen in unserer heutigen Gesellschaft als Energiequelle und als Rohstofflieferant für Grund-, Feinchemikalien und Pharmazeutika. Sie tragen jedoch zum Klimawandel und Umweltverschmutzung bei. Lignocellulosische Biomasse ist eine erneuerbare und nachhaltige Alternative, die durch biotechnologische Prozesse erschlossen werden kann. Die Bäckerhefe Saccharomyces cerevisiae ist ein sehr gut untersuchter Modellorganismus, für den es zahlreiche genetische Werkzeuge und Analysemethoden gibt. Zudem wird S. cerevisiae häufig in biotechnologischen Prozessen eingesetzt, da diese Hefe robust gegenüber industriellen Bedingungen wie niedrigen pH-Werten, toxischen Chemikalien, osmotischem und mechanischem Stress ist. Die Pentose D-Xylose ist ein wesentlicher Bestandteil von lignocellulosischer Biomasse, die aber nicht natürlicherweise von der Bäckerhefe verwerten werden kann. Für eine kommerzielle Herstellung von Produkten aus lignocellulosischer Biomasse muss S. cerevisiae D-Xylose effektiv verwerten. Für die Bäckerhefe konnten heterologe Stoffwechselwege etabliert werden, damit diese D-Xylose verwerten kann. Für eine effiziente Xyloseverwertung bleiben dennoch zahlreiche Herausforderungen bestehen. Unter anderem nehmen die Zellen D-Xylose über ihre endogenen Hexosetransporter nur langsam auf. Die heterologe Xylose-Isomerase (XI) besitzt in S. cerevisiae eine geringe Aktivität für die Isomerisierung von D-Xylose. Unspezifische Aldosereduktasen konkurrieren mit der Xylose-Isomerase um das gleiche Substrat und produzieren Xylitol, ein starker Inhibitor der Xylose-Isomerase. Eine Möglichkeit die Umsatzrate von Enzymen zu steigern und Substrate vor Nebenreaktionen zu schützen, ist die Anwendung von Substrate Channeling Strategien. Bei Substrate Channeling befinden sich die beteiligten Enzyme in einem Komplex, wodurch die Substrate lokal angereichert werden und von einem aktiven Zentrum zum nächsten weitergeleitet werden, ohne Diffusion in den restlichen Reaktionsraum. In dieser Arbeit wurde untersucht, ob ein Komplex zwischen einem membranständigen Transporter und einem löslichen Enzym konstruiert werden kann, um durch Substrate Channeling eine verbesserte Substrat-Verwertung zu erreichen. Die Xylose-Isomerase aus C. phytofermentans und die endogene Hexose-Permease Gal2 sollten in dieser Arbeit als Modellproteine in S. cerevisiae-Zellen mit Hilfe von Protein-Protein-Interaktionsmodulen (PPIM) in räumliche Nähe zueinander gebracht werden.
Die Expression verschiedener PPIM konnte in S. cerevisiae mittels Western Blot nachgewiesen werden. Auch Fusionsproteine aus unterschiedlichen PPIM wurden in dieser Hefe exprimiert. Die PPIM binden komplementäre PPIM oder kurze Peptidliganden, welche an die Xylose-Isomerase und an den Gal2-Transporter fusioniert wurden. Die Funktionalität beider Proteine wurde mittels in vivo und in vitro Tests untersucht. Die Xylose-Isomerase mit N-terminalen Liganden des WH1-Protein-Protein-Interaktionsmoduls (WH1L-XI) und der Gal2-Transporter mit N-terminalen SYNZIP2-Protein-Protein-Interaktionsmodul (SZ2-Gal2) erwiesen sich als geeignete Kandidaten für weitere Untersuchungen. Mittels indirekter Immunfluoreszenz konnte die Ko-Lokalisierung von SZ2-Gal2 und WH1L-XI, die einander über ein Scaffold-Protein binden, nachgewiesen werden.
Transformanten, in denen ein Komplex aus Transporter, Scaffold-Protein und Xylose-Isomerase gebildet wurde, zeigten bessere Fermentationseigenschaften gegenüber der Scaffold-freien Kontrolle und dem Wildtyp: Sie verwerteten Xylose schneller, bildeten weniger vom unerwünschten Nebenprodukt Xylitol, produzierten mehr Ethanol und wiesen eine höhere Ethanolausbeute auf. Der beobachtete Substrate Channeling Effekt kompensierte die geringere Enzymaktivität der WH1L-XI im Vergleich zum Wildtyp-Protein. Die Wirksamkeit des Substrate Channeling wurde verringert, wenn die Bildung des Komplexes aus Transporter, Scaffold-Protein und Xylose-Isomerase gestört wurde, indem ein getaggtes GFP mit dem Scaffold-Protein um die Bindungsstelle an Gal2 konkurrierte. Dies zeigt, dass die positive Wirkung auf die Komplex-Bildung zwischen XI und Gal2 zurück zu führen ist. Die Fermentationseigenschaften konnten gesteigert werden, indem der zuvor zwischen SZ2-Zipper und Gal2-Transporter verwendete Linker, der aus zehn Aminosäuren von Glycin, Arginin und Prolin (GRP10) bestand, durch einen aus Glycin und Alanin (GA10) ersetzt wurde. Die verbesserten Fermentationseigenschaften beruhten auf einem Substrate Channeling Effekt und einer gesteigerten Aufnahmerate des SZ2-GA10-Gal2-Transporters. Ein Vergleich der Strukturvorhersagen von SZ2-GRP10-Gal2 und SZ2-GA10-Gal2 zeigte, dass der GRP10-Linker einen unstrukturierten, flexiblen Linker ausbildet, während der GA10-Linker eine starre α-Helix ausbildet. Die Struktur und der Transportprozess von Gal2 sind nicht aufgeklärt. Bei verwandten Transportern geht man davon aus, dass Substrate durch Konformationsänderungen ins Innere der Zelle transportiert werden, indem die beiden Domänen gegeneinander klappen. Die α-Helix könnte die Geschwindigkeit der Konformationsänderungen begünstigen.
Durch Kontrollexperimente konnte ausgeschlossen werden, dass die gesteigerten Fermentationseigenschaften eine Folge der Stabilisierung der XI- und Gal2-Fusionsproteine durch das Anfügen des Liganden oder durch Komplexbildung mit dem Scaffold-Protein waren. Substrate Channeling zwischen Gal2 und XI entsteht durch die Komplexbildung mit dem Scaffold-Protein, wodurch sich Gal2 und XI in räumlicher Nähe zueinander befinden. Dieser Effekt beruht möglicherweise zusätzlich aufgrund einer hohen örtlichen Ansammlung dieser Proteine, da die tetramere XI weitere Scaffold-Proteine binden könnte, welche weitere Gal2-Transporter binden könnte. Darüber hinaus sammeln sich Transporter an bestimmten Orten der Membran an und Transporter mit ähnlicher oder gleicher Transmembransequenz tendieren dazu zu ko-lokalisieren. Hierdurch könnten Gal2-XI-Agglomerate entstehen und Xylose wird mit hoher Wahrscheinlichkeit von einer der vielen Xylose-Isomerasen umgesetzt.
Lineare sowie zyklische 3-Alkylpyridinalkaloide sind vor allem in Schwämmen der Ordnung Haplosclerida, zu der auch Haliclona viscosa zählt, weit verbreitet. Die Synthese der zuvor von C. Volk isolierten Haliclamine C und D, des Viscosamins und des Viscosalin C bildete den Ausgangspunkt dieser Arbeit.[1-4] Sie erfolgte ausgehend von den bekannten Synthesen der Cyclostellettamine und Haliclamine[5-7] und gliedert sich in drei Abschnitte: erstens Synthese eines ω-Hydroxyalkylpyridins aus einem Bromalkohol, zweitens Funktionalisierung der Monomere in Abhängigkeit der gewählten Methode zur Di- bzw. Trimerisierung und drittens Verknüpfung und gegebenenfalls Zyklisierung. Durch Anwendung und Weiterentwicklung der bekannten Synthesewege wurden so insgesamt 14 lineare Monomere, zwei zyklische Monomere, 16 Cyclostellettamine, zwei Isocyclostellettamine, sieben Haliclamine, fünf Viscosaline sowie Viscosamin[8] und ein Analogon mit Heptylkette hergestellt. Dieser synthetische Zugang ermöglichte es, sowohl den finalen Strukturbeweis für die zuvor isolierten Verbindungen zu erbringen, als auch durch die Analyse der Fragmentierungs-muster von synthetischen und natürlichen Verbindungen mehr über das Verhalten dieser Verbindungen unter MS-Bedingungen zu erfahren. Die so gewonnenen Erkenntnisse führten dazu, dass drei unbekannte Verbindungen ohne Isolierung der Reinsubstanz mit einer Kombination von MS- und HPLC-Daten identifiziert werden konnten. So konnten das erste monozyklische 3-Alkylpyridinalkaloid marinen Ursprungs und zwei neue Haliclamine identifiziert und synthetisiert werden Des Weiteren gelang es, für die von C. Volk isolierten, jedoch nicht identifizierten Verbindungen Strukturen zu ermitteln bzw. auf Grund der MS-Daten Strukturvorschläge zu machen. Die durch den synthetischen Zugang große Anzahl verfügbarer 3-Alkylpyridinalkaloide ermöglichte außerdem eine systematische Untersuchung über den Zusammenhang von biologischer Aktivität und Struktur. Die Ergebnisse der am Helmholtz Institut für Infektionsforschung durchgeführten Experimente zu den antibakteriellen sowie cytotoxischen Eigenschaften von natürlichen wie auch rein synthetischen 3-Alkylpyridinalkaloiden zeigten, dass die Aktivität sich schon beim Addieren bzw. Subtrahieren einer Methylengruppe in einer Alkylkette signifikant ändert. [1] C. A. Volk, M. Köck, Org. Lett. 2003, 5, 3567-3569. [2] C. A. Volk, M. Köck, Org. Biomol. Chem. 2004, 2, 1827-1830. [3] C. A. Volk, H. Lippert, E. Lichte, M. Köck, Eur. J. Org. Chem. 2004, 3154-3158. [4] C. A. Volk, Dissertation, Johann Wolfgang Goethe Universität (Frankfurt am Main), 2004. [5] A. Grube, C. Timm, M. Köck, Eur. J. Org. Chem. 2006, 1285-1295 und Referenzen darin. [6] J. E. Baldwin, D. R. Spring, C. E. Atkinson, V. Lee, Tetrahedron 1998, 54, 13655-13680. [7] A. Kaiser, X. Billot, A. Gateau-Olesker, C. Marazano, B. C. Das, J. Am. Chem. Soc. 1998, 120, 8026-8034. [8] C. Timm, M. Köck, Synthesis 2006, 2580-2584.
Im Rahmen dieser Arbeit wurde die schnelle Energietransfer- (EET) und Elektronentransfer (ET)-Dynamik unterschiedlichster Quantenpunkte (QD) spektroskopisch untersucht. Die untersuchten Systeme bestanden in den meisten Fällen aus Donor-Akzeptor-Paaren, bei denen die Halbleiternanokristalle als Donor fungierten. Der Fokus lag dabei auf der gezielten Anpassung des Donors, um die optimale Funktionalität zu erreichen. Die Untersuchung der Nanokristalle erstreckte sich daher von einfachen Kernen über verschiedene Kern-Schale-Partikel bis hin zu völlig anderen Strukturen wie Nanoplatelets (NPL). Als Akzeptor wurden eine Vielzahl von Molekülen verwendet, die sich als Elektronen- und/oder Energieakzeptoren für die verschiedenen QDs eignen.
Die Hitzestressantwort stellt einen universellen Schutzmechanismus aller lebenden Organismen dar. Infolge einer Temperaturerhöhung werden Hitzestresstranskriptionsfaktoren (Hsf) aktiviert und bewirken eine gesteigerte Expression von Hitzestressproteinen (Hsp). Als molekulare Chaperone schützen diese die Zelle vor durch Hitze verursachten Schäden. In höheren Pflanzen ist dieses Phänomen sowohl auf der Ebene der Hsf als auch der Hsp besonders komplex. Das Ziel der vorliegenden Arbeit war die Untersuchung der Funktion von Komponenten des Chaperonsystems in der pflanzlichen Thermotoleranz. Zur Untersuchung der Thermotoleranz wurde ein transientes Expressionsystem mit Mesophyllprotoplasten aus steril angezogenen Tomatenpflanzen (Lycopersicon esculentum) zweier Linien (WT und CS) verwendet. CS-Pflanzen zeigen Cosuppression von HsfA1 und zeichnen sich durch eine Integration zweier direkt aufeinander folgender Transgenkassetten in invertierter Orientierung aus. Die fehlende Expression von HsfA1 in CS-Pflanzen ist die Folge eines Prozesses, der als RNA-interference (RNAi) bezeichnet wird. In unserem transienten Expressionssystem wurden Mesophyllprotoplasten mit einem Expressionsplasmid transformiert, das für Luciferase aus Photinus pyralis als thermosensitivem, leicht nachweisbarem Reporterprotein kodiert. Mit Hilfe dieses Testsystems konnten wir den Schutz der Luciferase gegen eine thermische Denaturierung bei 41°C (30 min) und die nachfolgende Renaturierung für 120 min bei 25°C in Abhängigkeit von endogenen und transient exprimierten Hsp und Hsf beobachten. Mit Hilfe der RNAi-Technologie und unter Verwendung von genspezifischen inverted repeat-Konstrukten konnten wir weiterhin die Bildung einzelner Komponenten des endogenen Chaperonsystems verhindern und damit ihre Funktion untersuchen. Es zeigte sich, dass in Protoplasten aus CS-Pflanzen praktisch alle hitzestressinduzierten Proteine fehlten und diese nicht in der Lage waren, Thermotoleranz auszuprägen, wie unter Verwendung des Reporterproteins Luciferase nachgewiesen werden konnte. Weiterhin fand keine Bildung cytoplasmatischer Multichaperonkomplexe, der sogenannten Hitzestressgranula (HSG), statt. Dieser Defekt in der Ausprägung von Thermotoleranz konnte durch Expression von HsfA2, HsfA3 und HsfA4b repariert werden. Die Überexpression dieser Hsf führte gleichermaßen zu (1) einer Expression von Chaperonen, (2) Thermoprotektion des Reporterenzyms Photinus pyralis-Luciferase und (3) Bildung von HSG-Komplexen. In weiteren Analysen lag unser Augenmerk insbesondere auf Vertretern der sHsp, sowie der Hsp70- und Hsp101-Chaperonfamilien. Hierbei erwies sich, dass vor allem Klasse CI-sHsp und Vertreter der Hsp70-Famile beim Schutz der Luciferase gegen Denaturierung während eines Hitzstresses eine Rolle spielen, während hauptsächlich Hsp101 und Vertreter der Hsp70-Familie in der darauf folgenden Erholungsphase von Bedeutung sind. Die Untersuchung der Interaktionen von drei Klassen cytoplasmatischer sHsp und ihrer intrazellulären Verteilung im Rahmen meiner Arbeit zeigte, dass jeder dieser Klassen eine unterschiedliche Funktion im Netzwerk cytoplasmatischer sHsp zukommt. Unter Verwendung nativer Gelelektrophorese und indirekter Immunfluoreszenz konnte nachgewiesen werden, dass sHsp der Klassen CI, CII und CIII in der Lage sind, auf der Ebene oligomerer Komplexe zu interagieren und ihre intrazelluläre Lokalisation wechselseitig zu beeinflussen. Proteine der Klasse CII zeigten eine starke Tendenz zur Bildung von Aggregaten, in die Klasse CIII-sHsp rekrutiert wurden. Im Unterschied dazu verfügten Klasse CI-Proteine über die Fähigkeit, diese Aggregate aufzulösen. Die detaillierte Untersuchung von fünf Isoformen der Klasse CI und zwei Isoformen der Klasse CII aus Lycopersicon esculentum ergab, dass diese oligomere Komplexe einer unterschiedlichen Anzahl von Untereinheiten bilden. Nach Coexpression waren Proteine beider Klassen in heterooligomeren Komplexe zu finden. Allerdings deuteten sich bei der Analyse der Fähigkeit einzelner Isoformen der Klasse CI, Heterooligomere mit Klasse CII-Proteinen zu bilden, Unterschiede an. sHsp kommt weiterhin eine Funktion in der Kontrolle der Aktivität von HsfA2 zu. Im Rahmen dieser Arbeit konnte ich zeigen, dass sHsps der Klassen CI und CII völlig unterschiedliche Rollen in der Regulation der intrazellulären Verteilung von HsfA2 spielen. Nach Überexpression in Mesophyllprotoplasten bildete LpHsp17.4-CII, nicht aber das nahe verwandte LpHsp17.3-CII mit HsfA2 große, cytoplasmatische Aggregate. Hsp17-CI dagegen verhinderte die Coaggregation von Hsp17.4-CII mit HsfA2.
In dieser Arbeit wurden zwei Themenblöcke bearbeitet. Zum einen der Aufbau und die Charakterisierung des Kerr-Schalters, einer Anlage zur Messung von Fluoreszenz mit einer Zeitauflösung im Femtosekundenbereich. Zum anderen die Charakterisierung von pyrenmodifizierten Nukleobasen, sowie deren Anwendung in einem neomycinbindenden Aptamer.
In der vorliegenden Arbeit wird ein neu entwickeltes Erfassungsinstrument für die pflanzliche Artenvielfalt in der Normallandschaft vorgestellt, dass den Namen GISMap trägt. Die standardisierte Vorgehensweise und eine große Reproduzierbarkeit des Aufnahmeverfahrens sind wichtige Eigenschaften der Methode. GISMap basiert auf der GIS-gestützten Auswertung der Landschaftsstruktur, die in Form eines digitalen Landschaftsmodells (DLM) zugrunde gelegt wird. Im Zentrum der Methode steht ein im Rahmen der Arbeit entwickelter Algorithmus, der eine zufallsgesteuerte Festlegung von Aufnahmeflächen in der zu untersuchenden Landschaft vornimmt und sich dabei an den Ökotonen orientiert, die sich zwischen zwei benachbarten Landschaftselementen ausbilden. Ökotone sind als Übergangsbiotope häufig sehr reich an Strukturen und können daher eine große Artenvielfalt aufweisen. GIS-Map macht sich diese ökologische Gegebenheit zunutze, um auf möglichst kleinem Raum eine große Artenzahl zu erfassen. Die von GISMap errechneten Aufnahmeflächenkoordinaten wurden mit Hilfe eines GPS-Empfängers im Gelände lokalisiert und einer floristischen Untersuchung unterzogen. Als geeignete Aufnahmeflächengröße erwies sich dabei ein Kreis mit einer Fläche von 700 m². Die Flächen wurden mit Magneten markiert, um sie zur Dauerbeobachtung der Flora nutzen zu können. In dem 33 km² großen Untersuchungsgebiet, das im östlichen Bereich des Taunus liegt, wurden insgesamt 141 Aufnahmeflächen für 16 64tel-MTB-Rasterfelder angelegt. Um den mit der Methode zu erzielenden Erfassungsgrad abschätzen zu können, wurden umfangreiche Vergleichsuntersuchungen durchgeführt, die auch eine Auswertung vorliegender Literaturquellen mit einschlossen. In den 16 untersuchten Rasterfeldern konnten durchschnittlich 73 % der insgesamt vorkommenden Arten mit der Methode erfasst werden. Dazu müssen nur 0,3 % der Fläche tatsächlich einer floristischen Untersuchung unterzogen werden. Alle kartierten Arten erhalten dabei eine punktgenaue Koordinate. Die Methode wurde als Basisinstrument konzipiert und sollte mit bereits vorliegenden Fachdaten kombiniert werden, um die Erfassung der Farn- und Samenpflanzen eines Gebietes zu vervollständigen. Diskutiert wird der Einsatz im Rahmen eines Landschaftsinformationssystems (LIS). Durch eine Ergänzung der mit GISMap erhobenen Daten mit anderen vegetationskundlichen Daten aus dem Untersuchungsgebiet konnte der Erfassungs-grad von 73 % auf 85 % gesteigert werden. Im Rahmen der Arbeit werden zahlreiche Möglichkeiten der technischen Weiterentwicklung dargestellt, die zu einer Optimierung der Methode beitragen können. Ausgehend von den Daten des digitalen Landschaftsmodells wurden zur Beschreibung der landschaftlichen Struktur des Untersuchungsgebietes verschiedene Landschaftsstrukturmaße berechnet, wie sie in der modernen landschaftsökologischen Forschung mittlerweile häufig zum Einsatz kommen. Diese wurden mit den erfassten Sippenzahlen korreliert, um Zusammenhänge zwischen der Landschaftsstruktur und dem auftretenden floristischen Ar-tenreichtum darzustellen. Dabei wurde auch der Fragestellung nachgegangen, ob auf der Basis von Maßzahlen für die Landschaftsstruktur Prognosen über die zu erwartende pflanzli-che Artenvielfalt getroffen werden können. Ein weiterer Aspekt der Untersuchungen bestand in der Nutzung des entstandenen Aufnahmeflächennetzes zur langfristigen Beobachtung von Veränderungen der Vegetation des betrachteten Landschaftsausschnittes. Anhand der Frequenzen in den Aufnahmeflächen kann mit GISMap ein langfristiges Monitoring auf der Ebene einzelner Arten durchgeführt werden. Dies wird u. a. in Hinblick auf die im Untersuchungsgebiet auftretenden Neophyten diskutiert. Als Möglichkeit zum Monitoring der gesamten Vegetation wurde der Ansatz verfolgt, die Verteilung der kartierten Arten auf 24 häufig in der Literatur beschriebene Pflanzenformationen festzustellen. Es wird vorgeschlagen, eine langfristige Beobachtung dieses Verteilungsmusters vorzunehmen, um einen Aufschluss über ökologische Veränderungen der Landschaft anhand der Vegetation zu erhalten. Weitere Auswertungen der gesammelten floristischen Daten beziehen sich auf ihre Eignung zum Monitoring von klimatischen Veränderungen. Die Berechnung mittlerer Temperaturzahlen für 6 Höhenstufen erwies sich dabei als ungeeignet, da ihre Unterschiede zwischen den Höhenstufen nicht statistisch abzusichern waren. Darüber hinaus wurde die Verteilung von Kühlezeigern in dem entstandenen Aufnahmeflächennetz für die verschiedenen Höhenstufen untersucht. Hinweise zu ihrer Eignung als Indikatoren für klimatische Veränderungen werden diskutiert.
Verschiedene physikalische Effekte erlauben es Licht so zu führen und zu verändern, dass es Einblicke in für Menschen sonst unzugängliche Bereiche gewährt. Eines von insgesamt drei Elementen dieser Dissertationsschrift ist der Aufbau eines Multiphotonen-Mikroskops. Dieses fortschrittliche Werkzeug erweitert das zur Verfügung stehende Instrumentarium um verschiedene Analysemethoden, allen voran die 2-Photonen-Fluoreszenz-Mikroskopie. Durch geringfügige Modifikationen können auch weitere Methoden, wie beispielsweise stimulierte Raman-Streuung realisiert werden.
Insbesondere die 2-Photonen-Fluoreszenz-Mikroskopie war für das zweite Element dieser Dissertationsschrift von großer Bedeutung. In dieser Studie wurde das Bleichverhalten von Spinach bei 2-Photonen-Absorption untersucht, sowohl an frei in Lösung befindlichen als auch auf einem Träger immobilisierten Spinach-Komplexen. Die Ergebnisse zu den frei in Lösung befindlichen Spinach-Komplexen zeigen, dass die Verstärkung der Fluoreszenz von DFHBI grundsätzlich auch im Fall der 2-Photonen-Absorption eintritt. Dabei wurde ein Ausbleichen der 2-Photonen-induzierten Fluoreszenz für frei in Lösung befindliche Spinach-Komplexe erst bei außerordentlich hohen Intensitäten der Anregungsstrahlung beobachtet. Dieser Befund kann zumindest teilweise auf das Eindiffundieren fluoreszenter Spinach-Komplexe in das sehr kleine Fokalvolumen innerhalb der 2-Photonen-Anregung stattfindet zurückgeführt werden. Für immobilisierte Spinach-Komplexe konnte gezeigt werden, dass eine kontinuierliche Bildaufnahme gegenüber einer Bildaufnahme in Intervallen mit jeweils zusätzlichen Dunkelphasen zur Erholung des reversiblen Bleichens der 2-Photonen-induzierten Fluoreszenz, sowie der generelle Verzicht auf spezielle Belichtungsschemata und Methoden der Datenakquise mit keinen besonderen Nachteilen verbunden ist. Abschließend betrachtet erweist sich Spinach bei 2-Photonen-Anregung als ausgesprochen resistent gegenüber einem irreversiblem Ausbleichen des Fluoreszenzsignals.
Als drittes Element dieser Dissertationsschrift wurde die Dynamik von Chrimson, einem Kanalrhodopsin mit rot-verschobener Absorption mittels zeitaufgelöster Spektroskopie im sichtbaren Spektralbereich untersucht. Sowohl die Anregungswellenlänge als auch der pH-Wert bzw. der Protonierungszustand des Gegenions haben einen messbaren Einfluss auf die Primärreaktion. Diese verlangsamt sich, sobald der pH-Wert abgesenkt oder die Anregungswellenlänge rot-verschoben wird. Darüber hinaus führt eine Rot-Verschiebung der Anregungswellenlänge zu einer geringeren Effizienz der Isomerisation des Retinal-Chromophors. Die Primärreaktion von Chrimson entspricht dabei einem Reaktionsmodell mit einer Verzweigung des Reaktionspfades auf der Energiehyperfläche des angeregten Zustandes. Ein Reaktionspfad führt dabei durch ein lokales Minimum, welches in seiner Ausprägung stark von der elektrostatischen Umgebung des Retinal-Chromophors abhängt. Je nach ursprünglichem Protonierungszustand des Gegenions der Retinal-Schiff-Base wurden große Unterschiede hinsichtlich der beobachteten transienten Absorptionsmuster für den im Anschluss von Chrimson durchlaufenen Photozyklus gefunden. Bei pH 6,0 weist der Photozyklus von Chrimson eine insgesamt deutlich schnellere Kinetik auf, als es für den Photozyklus bei pH 9,5 beobachtet wurde. Es ist bemerkenswert, dass in elektrophysiologischen Messungen für beide Photozyklen eine Öffnung des Ionenkanals gefunden wurde. Die Kanalfunktion von Chrimson ist somit grundsätzlich nicht vom Protonierungszustand des Gegenions abhängig, wenngleich die Kinetik des Ionenkanals durchaus davon beeinflusst wird. Dies deutet auf Unterschiede in den Wechselwirkungen zwischen dem Ionenkanal und dem Gegenion der Retinal-Schiff-Base hin.
Die Charakterisierung reaktiver Intermediate ist experimentell äußerst anspruchsvoll und häufig nicht eindeutig möglich. Die chemische Fachliteratur ist daher durchzogen von Arbeiten, in denen Intermediate anhand chemischer Intuition oder aufgrund spekulativer Interpretationen experimenteller Daten postuliert werden. Auch wenn es die Chemie wie kaum eine andere wissenschaftliche Disziplin geschafft hat, naturgegebene Zusammenhänge intuitiv erfassbar zu machen und es Chemikern somit möglich ist, mit Zettel und Stift Moleküle mit gewünschten Eigenschaften zu designen und komplexe Reaktionen zu planen, so ist doch davon auszugehen, dass zahlreiche in der Literatur postulierte Intermediate nicht korrekt zugeordnet wurden. Durch die massive Steigerung der Leistungsfähigkeit von Computern und Software in den vergangenen Jahrzehnten lassen sich quantenchemisch immer größere Systeme mit hinreichender Genauigkeit behandeln, sodass es in vielen Fällen möglich ist, experimentelle Untersuchungen theoretisch zu evaluieren und auch experimentell nicht nachweisbare Moleküle detailliert zu untersuchen. Insbesondere durch kombinierte experimentelle und quantenchemische Studien können komplexe chemische Zusammenhänge detailliert verstanden werden. Dadurch lassen sich neue Konzepte entwickeln, die eine Weiterentwicklung chemischer Intuition ermöglichen. Anhand dieses Leitbilds wurde in dieser Arbeit die Stoffklasse der Metallopniktinidene sowie daraus abgeleitete Verbindungen quantenchemisch untersucht.
Streptomyces coelicolor ist der Modellorganismus der GC reichen, Gram+ Actinomyceten, die mehr als zwei Drittel aller bekannten Antibiotika produzieren. Phänotypisch zeichnet er sich durch die Bildung eines Substrat- und eines Luftmyzels aus, welches im Laufe der weiteren Differenzierung Sporen bildet. Streptomyceten produzieren neben Antibiotika noch eine Vielzahl biotechnologisch interessanter Metaboliten. Der komplexe Lebenszyklus und Stoffwechsel erfordern eine genaue Regulation der Genexpression. Die letzten Jahre haben gezeigt, dass neben Proteinen auch die RNA eine regulatorische Funktion hat. Verschiedene regulatorisch aktive RNA Elemente wie Riboswitche, RNA-Thermometer und kleine nicht kodierende RNAs (small noncoding RNAs – sRNAs) wurden identifiziert. sRNAs wirken meist als antisense Riboregulatoren, indem sie ihre Ziel-mRNA binden und dadurch die Translation hemmen oder fördern. In dieser Arbeit wurden verschiedene bioinformatische Methoden verwendet, um sRNAs im Genom von S. coelicolor vorherzusagen. Es wurden Terminatorstrukturen und konservierte Sekundärstrukturen in den intergenen Regionen vorhergesagt, die keinem Gen zuzuordnen waren. In einem weiteren Ansatz wurden Bindestellen des Regulatorproteins DasR vorhergesagt, um DasR kontrollierte sRNAs zu identifizieren. Zusätzlich wurde mittels 454 Sequenzierung erstmalig das Transkriptom von S. coeliocolor analysiert. Auf diese Weise konnten etwa 500 sRNAs vorhergesagt werden. Eine der beiden charakterisierten sRNAs, sc32, ist 139 nt lang. Ihr Promoter liegt im kodierenden Bereich des Gens bldC und sie wird spezifisch durch Kälteschock induziert. Die zweite charakterisierte sRNA, sc1, ist 159 nt lang und in allen sequenzierten Streptomyceten konserviert. Ihre Expression wird nur bei Stickstoffmangel in der Stationärphase reprimiert. Durch molekularbiologische Analysen konnte ein Zielgen von sc1 identifiziert werden, die extrazelluläre Agarase DagA. Es konnte gezeigt werden, dass sc1 an die dagA-mRNA bindet und dadurch die Translation inhibiert. Als zweites mögliches Ziel von sc1 konnte die Histidinkinase SCO5239 identifiziert werden. Hier wurde gezeigt, dass Koexpression von sc1 die Expression einer SCO5239 Reportergenfusion um den Faktor acht steigert. Durch Analyse des Proteoms von sc1 Mutanten, konnte die differenzierte Expression von elf weiteren Proteinen gezeigt werden. Sc1 scheint als Regulator zu agieren, indem es auf die Stickstoffversorgung der Zelle reagiert und den Sekundärmetabolismus deaktiviert.
Obwohl für eine Vielzahl von Chemikalien Ergebnisse aus Standardtest vorliegen, gibt es relativ wenige Erkenntnisse über generationsübergreifende Substanzeffekte und die Auswirkungen von Chemikalien auf die genetische Diversität. Im Rahmen der vorliegenden Dissertation werden generationsübergreifende Effekte des Modellschadstoffes Tributylzinn (TBT) bei drei subakuten Konzentrationen (4,46; 6,69 und 8,93 mikro g Sn/kg TG) auf Life-Cycle-Parameter und genetische Diversität der Zuckmücke Chironomus riparius untersucht. Dabei wird eine genetisch variable (GEN+) und eine genetisch verarmte (GEN-) Populationen betrachtet. Darüber hinaus wird das Anpassungspotential an den Stressor TBT abgeschätzt. Die genetische Variabilität von C. riparius wird mittels neu entwickelter Mikrosatellitenmarker bestimmt. Dabei werden geringfügige Längenunterschiede zwischen hochvariablen DNA-Fragmenten detektiert. Weiterhin werden Abweichungen vom Hardy-Weinberg-Gleichgewicht bestimmt. Für die Ermittlung von potentiellen Anpassungsprozessen an den Stressor TBT werden nach ausgewählten Generationen akute und chronische Anpassungstest durchgeführt. Um der Fragestellung nachzugehen, ob eine TBT-Vorexposition zu einer veränderten Sensitivität gegenüber einem Zweitstressor führt, werden Experimente mit Cadmium durchgeführt. Auch in den Zweitstressorstudien wird der Multigenerationsansatz gewählt, und es werden Life-Cycle-Experimente über drei weitere Generationen durchgeführt. Für die Experimente werden die mit 4,46 und 8,93 mikro g Sn/kg TG vorexponierten Tiere anschließend nach unterschiedlicher Generationenzahl einer umweltrelevanten Cadmiumkonzentration (1,2 mg/kg TG) ausgesetzt. Im Verlauf der Multigenerationsstudie mit 4,46 mikro g Sn/kg TG werden in beiden Populationen signifikante Effekte auf die Entwicklung und Reproduktion beobachtet. In den ersten Generationen ist der Schlupfzeitpunkt der Larven bei TBT-Exposition signifikant (p < 0,05, t-Test) verzögert. Die Reproduktion scheint ebenso ein sensitiver Parameter zu sein, wobei die Weibchen der genetisch variableren Population signifikant (p < 0,05, t-Test) größere Gelege in den späteren Generationen produzieren. Die niedrige TBT-Konzentration hat in beiden Populationen keinen signifikanten Effekt auf die durchschnittliche Populationswachstumsrate. In den letzten Generationen der Studie wird für die genetisch variablere Population eine Veränderung des Lebenszyklus festgestellt, wobei die Weibchen eine erhöhte Reproduktionsleistung aufweisen. Es werden keine Effekte auf die Heterozygotie festgestellt. Allerdings treten in beiden Populationen zahlreiche Abweichungen vom Hardy-Weinberg-Gleichgewicht auf. Weiterhin werden signifikante (Pearson-Korrelation, p < 0,05) Effekte der genetischen Diversität auf zahlreiche Life-Cycle-Parameter (Gelegeanzahl pro Weibchen, Gelegegröße) ermittelt. In den chronischen und akuten Anpassungsexperimenten gibt es deutliche Hinweise auf Adaptationsprozesse gegenüber dem Stressor TBT. In der TBT-Studie mit 8,93 mikro g Sn/kg TG werden in beiden Populationen signifikante Effekte auf zahlreiche Life-Cycle-Parameter festgestellt, wobei die Entwicklung und Reproduktion der Tiere negativ beeinflusst wird. Darüber hinaus werden in der genetisch variableren Population signifikante (p < 0,05, X2-Test) Effekte von TBT auf die genetische Diversität beobachtet. Diese nimmt im Verlauf der Studie ab. Nach der vierten Generation gibt es in der genetisch variableren Population Hinweise auf Anpassungsprozesse, die allerdings in den letzten Generationen nicht mehr nachzuweisen sind. Ähnlich wie in der ersten Multigenerationsstudie wird auch in dieser Studie ein signifikant (Pearson-Korrelation, p < 0,05) positiver Zusammenhang zwischen der genetischen Diversität und der Populationswachstumsrate bei TBT-Exposition festgestellt. In den Zweitstressorexperimenten wird der Effekt der Vorbelastung bei der genetisch variableren Population deutlich. Die mit 8,93 mikro g Sn/kg TG über neun Generationen exponierte Population reagiert dabei empfindlicher auf den Stressorwechsel als die dazugehörige Referenzpopulation. Innerhalb der Multigenerationsstudien werden zahlreiche Effekte der Organozinnverbindung TBT auf Life-Cycle-Parameter und die genetische Diversität von C. riparius deutlich. Diese Dissertation zeigt die hohe Bedeutung von Mehrgenerationenstudien für die Abschätzung und Bewertung eines Risikopotentials von Schadstoffen.
Es gibt viele Theorien, die sich mit der Auswirkung einer zunehmenden carnivoren Ernährung von Homininen auf Carnivorengilden beschäftigen. Aussterbeereignisse in der Carnivorengilde werden oft mit carnivoren Homininen in Verbindung gebracht. Um zu prüfen, ob solche Theorien überhaupt zutreffen, benötigt man zunächst ein Modell, das Effekte von Konkurrenzbeziehungen innerhalb von Carnivorengilden quantifiziert darstellt.
In dieser Arbeit ist daher ein Modell entwickelt worden, das die Konkurrenz um Beute innerhalb einer Carnivorengilde darstellt und ermöglicht Veränderungen durch das Eintreten neuer Mitglieder in die Gilde zu modellieren. Dieses Modell wurde zur Analyse der rezenten Großcarnivorengilden der Serengeti, des Krüger-National-Parks und des Bandipur-Biosphärenreservat verwendet. Ebenso ist es zur Analyse pleistozäner Großcarnivorengilden Javas eingesetzt worden.
In dem Modell wird die verfügbare Beutemasse als limitierende Ressource für die Carnivorengilde betrachtet. Im ersten Schritt wird die Beute kategorisiert – in dieser Arbeit nach ihrer Körpermasse – und geprüft, welche Mitglieder dieselben Beutekategorien nutzen und welche für sie essentiell sind. Im zweiten Schritt wird die konkurrenzfreie Kapazität der Gildenmitglieder berechnet. Hierzu wird die für die gesamte Gilde verfügbare Beutemasse unter der Annahme verwendet, sie stehe einem Gildenmitglied allein zur Verfügung. Die konkurrenzfreie Kapazität ist daher die Populationsgröße, die ein Gildenmitglied mit dieser Beutemasse erreichen kann und stellt einen Referenzwert dar. Basierend auf diesem Referenzwert und der tatsächlichen Populationsgröße kann nun berechnet werden, zu welchem Anteil ein Mitglied diese Kapazität ausschöpft. Ist der Konsum an Beutemasse der übrigen Mitglieder in den essentiellen Beutekategorien bekannt, kann berechnet werden, zu welchem Anteil ein Mitglied durch ein anderes Mitglied von dieser Kapazität verliert. Dieser Verlust an Kapazität wird als Konkurrenzeffekt bezeichnet.
Dieses Modell ist sowohl auf rezente als auch fossile Gilden anwendbar. Um mit dem Modell die Konkurrenzeffekte zu berechnen, werden die Häufigkeit bzw. Populationsgröße, das Beutemassenspektrum sowie der tägliche Bedarf an Beutemasse benötigt.
Diese Größen können bei der Strukturanalyse von rezenten Gilden aus Freilandstudien entnommen werden. Im Falle fossiler Gilden müssen diese Größen erst rekonstruiert werden. Dafür sind in dieser Arbeit vorhandene Rekonstruktionsmethoden ergänzt, aber auch entwickelt worden, mit denen man basierend auf der Körpermasse fossiler Carnivora die benötigten Parameter rekonstruieren kann. Hierzu sind verschiedene Regressionen berechnet worden, die einen Zusammenhang zwischen verschiedenen Zahnparametern und der Körpermasse darstellen. Weiterhin sind Muster der Beutemassenspektren rezenter Carnivora untersucht worden und Regressionen berechnet worden, die zur Rekonstruktion der mittleren Beutemasse eines Carnivoren verwendet werden.
Die benötigten Daten der javanischen Gilden werden mit den eben genannten Regressionen rekonstruiert. Anschließend wird eine Strukturanalyse der genannten rezenten und fossilen Großcarnivorengilden durchgeführt.
Bei den drei rezenten Gilden ist eine generelle sich wiederholende Struktur erkennbar. Die erfolgreichsten Mitglieder schöpfen ihre Kapazität zu ca. 60 % aus und verfolgen eine soziale Lebensweise.
Dennoch werden die erfolgreichsten Mitglieder der Gilden von unterschiedlichen Arten repräsentiert. So sind dies der Löwe im Krüger-Nationalpark, die Tüpfelhyäne in der Serengeti oder der Rothund in Bandipur.
Bei den fossilen Gilden war diese Struktur allerdings nicht erkennbar. Hier schöpft der Tiger seine Kapazität in allen Gilden am stärksten aus und hat extrem hohe Konkurrenzeffekte (bis zu ca. 98 %) auf die übrigen Gildenmitglieder.
Diese Unterschiede können mit Isolationsbedingungen Javas als Insel zusammenhängen, die sich grundsätzlich auf Strukturen der Säugergemeinschaften auswirken.
Vermutlich konnte der Tiger durch Veränderungen der Körpermasse seine konkurrenzstarke Position in der Großcarnivorengilde Javas halten.
Das entwickelte Modell ermöglicht auch eine Modellierung von Szenarien, die verschiedene Möglichkeiten berücksichtigt. Diese sind vor allem Veränderungen der Populationsgrößen, aber auch Veränderungen der Körpermasse und daraus resultierende Verschiebungen der Beutemassenspektren.
In Beispielen der Trinil-Gilde wird gezeigt, dass die Rolle eines hyper- bzw. hypocarnivoren Homo erectus in der Gilde mit dem entwickelten Modell dargestellt werden kann. Auch lassen sich Szenarien modellieren, in denen ein hyper- bzw. hypocarnivorer Homo erectus in die Gilde eindringt und so die übrigen Mitglieder von bei ihrer Kapazitätsausschöpfung Einbuße hinnehmen müssen.
In dem Szenarium von Trinil wird erkennbar, dass nur ein hypercarnivorer Homo erectus einen starken Effekt auf die Gildenmitglieder hatte. Geht man von einem omnivoren Homo erectus aus, ist der Konkurrenzeffekt geringer und es sind keine Aussterbeereignisse zu erwarten.
Das Modell kann in weiteren Studien zur Testung von Hypothesen zu Aussterbeereignissen Aufklärung bieten. Durch Einbeziehung weiterer Faktoren wie Kleptoparasitismus und interspezifische Tötungen kann es noch erweitert werden. Auch eine Dynamisierung des Modells, die eine kontinuierlich zeitliche Veränderung der Gilden modellieren kann, ist in zukünftigen Studien möglich.
Extrazelluläre Nukleotide fungieren als auto- und parakrine Signalstoffe aus. Im peripheren und zentralen Nervensystem dienen Nukleotide als Neurotransmitter und Neuromodulatoren. Die nahezu ubiquitäre Expression von Purin-Rezeptoren läßt auf umfassende physiologische Funktionen schließen. Nukleotide konnen über ionotrope P2X-Rezeptoren oder metabotrobe P2Y-Rezeptoren ihre Signalwirkung vermitteln. Via P1-Rezeptoren kann Adenosin, ein Baustein bzw. Abbauprodukt von ATP, seine neuromodulatorische und neuroprotektive Wirkung entfalten. Alkalische Phosphatasen, die Ekto-Nukleotid-Pyrophosphatase/Phosphodiesterase Familie (NPP-Familie) und die Ekto-Nukleosid-Triphosphat-Diphosphohydrolase-Familie (E-NTPDasen) können Nukleosiddiphosphate und Nukleosidtriphosphate hydrolysieren. Die E-NTPDasen sind die wahrscheinlichsten Kandidaten für die Moduluation purinerger Signale im Nervensystem. In dieser Arbeit wurde die Klonierung und Charakterisierung der NTPDase3 der Ratte beschrieben. Ein vollständiger cDNA-Klon der NTPDase3 wurde aus einer Rattenhirnbank isoliert, sequenziert und anhand der familientypischen Sequenzmuster (ACRŽs) als E-NTPDase identifiziert. Die Sequenz enthielt einen offenen Leserahmen der für ein 529 Aminosäuren großes Protein kodierte. Sequenzvergleiche zeigten eine große Ähnlichkeit des Proteins mit den NTPDasen 1, 2 und 8, welche plasmamembranständige Ekto-Enzyme sind. Eine plasmamembranständige Lokalisation konnte in NTPDase3-transfizierten CHO-Zellen und in PC12-Zellen mit endogener NTPDase3-Expression nachgewiesen werden. Anhand von Computeranalysen und Sequenzvergleichen wurden Überlegungen zur Sekundär- und Tertiärstruktur angestellt und Ähnlichkeiten zur Zuckerkinase/ Hitzeschock-Protein 70/Aktin-Superfamilie aufgezeigt. Das Protein war entsprechend der in silico-Analyse glykosiliert und ließ sich über das Lektin ConcavalinA anreichern. Messungen an Membranfraktionen heterelog transfizierter CHO-Zellen zeigten die Hydrolyse verschiedener Nukleosidtriphosphate und Nukleosiddiphosphate mit einer Präferenz für Nukleosidtriphosphate. Das Enzym ist primär Kalziumabhängig und a rbeitet optimal im physiologischen pH-Bereich von pH 7,5 bis pH 8,0. Mit einem ATPase:ADPase-Verhältnis von 5:1 liegt die NTPDase3 zwischen der NTPDase1 und der NTPDase2. Seine biochemischen Eigenschaften machen das Ekto-Enzym zu einem Kandidaten für die Modulation purinerger Signale. Nukleotid-vermittelte Signale können via Hydrolyse durch die NTPDase3, möglicherweise in Kombination mit anderen E-NTPDasen, beendet werden. Als Bestandteil einer Enzymkette mit der Ekto-5Ž-Nukleotidase kann das Enzym zur Produktion des neuromodulatorisch und neuroprotektiv wirkenden Adenosins beitragen. Mögliche Rollen bei der Regulation autokriner, parakriner und synaptischer Signale in nichtneuronalen wie neuronalen Geweben wurden für die Gewebe diskutiert, in denen die NTPDase3 per Westernblot nachgewiesen werden konnte. Neben Dünndarm, Prostata, Pancreas, Nebenhoden und Samenleiter wurde ein NTPDase3-Band vor allem im zentralen Nervensystem gefunden. In allen geprüften Hirnteilen (Bulbus olfactorius, Cerebellum, Cortex, Mesencephalon, Diencephalon, Hippocampus, Striatum, Medulla oblongata), dem Rückenmark und der Hypophyse wurde die NTPDase3 im Westernblot detektiert. Das Enzym könnte an der Regulation exokriner Drüsenfunktionen im Pancreas und am epithelialem Ionentransport involviert sein oder auch bei endokrinen Funktionen des Pankreas und der Hypophyse mitwirken. Möglicherweise hat die NTPDase3 funktionelle Bedeutung bei der Termination und Modulation purinerger Neurotransmission im enterischen Nervensystem, im Rückenmark und in verschiedenen Hirnregionen. An verschiedenen zentralnervösen Funktionen, wie Schmerzwahrnehmung, Atmungs- und Kreislauf-Regulation sowie Gedächtnis- und Lernprozessen sind purinerge Signale maßgeblich beteiligt und es ist wahrscheinlich, daß E-NTPDasen an der Modulation dieser Signale mitwirken. Die in dieser Arbeit beschriebene NTPDase3 ist ein viel versprechender Kandidat für die Regulation purinerger Signale im peripheren und zentralen Nervensystem.
Primäre Hirntumore des Zentralen Nervensystems (gehen aus Nervenzellen, Gliazellen, Hirnhäute (Meningen) und auch Hirngefäße aus. Das anaplastische Astrozytom, Oligodendrogliom und Oligoastrozytom (WHO-Grad III) und auch die bösartigste Form, das Glioblastoma multiforme (WHO-Grad IV) bilden den wesentlichen Anteil der astrozytären Tumoren. Bedingt durch die ungünstige Prognose für Patienten mit Glioblastomen bedarf es einer Optimierung der therapeutischen Maßnahmen. Die momentane Therapie besteht nach Konstitution des Patienten und der Lokalisation des Tumors meist aus der Operation mit angeschlossener Strahlen- und eventueller adjuvanten Chemotherapie. Die Prognose ist abhängig von verschiedenen Faktoren, wie der Ausbreitung und der Lokalisation des Tumors und hat sich in den letzten Jahren leider nur unwesentlich verbessert, da immer noch von einer medianen Überlebenszeit des Patienten zwischen 8 und 15 Monaten im Falle eines Glioblastoms ausgegangen werden kann. Die Entstehung und Progression von malignen Tumorerkrankungen sind eng mit Störungen und Defekten in Signalwegen, die das Zellüberleben und den Zelltod regulieren, verknüpft. Aberrationen, wie die Blockade von Tumorsuppressorgenen, oder die Aktivierung bzw. Überexpression von Onkogenen, führen zur veränderten Expression von Zelltod-inhibitorischen Genen wie den anti-apoptotischen Bcl-2 Familienmitgliedern, und letztendlich zu Abweichungen der normalen zellulären Homöostase. Veränderungen dieser Art bewirken, dass Tumorzellen die Fähigkeit erhalten, unkontrolliert zu proliferieren, infiltrativ zu wachsen und eine eigene Vaskularisierung zu initiieren. Tumorzellen besitzen eine erhöhte Apoptose- und Zelltodresistenz, die maßgeblich durch die stark erhöhte Expression von anti-apoptotischen Bcl-2-Proteinen gekennzeichnet ist. In der vorliegenden Arbeit stand daher die Fragestellung im Mittelpunkt, inwieweit anti-apoptotische Proteine der Bcl-2-Familie zur Resistenz von malignen Gliomzellen gegen die Apoptose und den autophagischen Zelltod beitragen und wie diese Mechanismen gezielt überwunden werden können. Die Blockade der vier Familienmitglieder der Bcl-2-Subfamilie (Bcl-2, Bcl-xL, Mcl-1, Bcl-w) wurde über den Einsatz von spezifischen Inhibitoren, den sogenannten BH3-Mimetika, vermittelt. BH3-Mimetika besitzen eine hohe Affinität zur Bindungstasche der Bcl-2-Proteine, wobei durch die Bindung eine Blockade des Proteins hervorgerufen wird. Die eingesetzten BH3-Mimetika haben unterschiedliche Bindungsprofile und können daher ein, zwei oder mehrere Proteine der Bcl-2-Familie inhibieren. Die verwendeten Inhibitoren BH3I-2, HA14-1 und ABT-737, die nur eine limitierte Wirkung auf den Zelltod von Gliomzellen entfalteten, sind allesamt nicht in der Lage, Mcl-1 zu blockieren. Deshalb wurde zusätzlich ein Pan-Bcl-2-Inhibitor, das (-)-Gossypol, verwendet. Dieser Inhibitor hemmt alle anti-apoptotischen Bcl-2-Familienmitglieder, und steigerte über die Inhibition und Degradation von Mcl-1 effizient den Zelltod von Gliomzellen. Dagegen zeigte die (-)-Gossypol-Behandlung in nicht transformierte Astrozytenkulturen keine zytotoxischen Effekte. Zusätzlich wurde nachgewiesen, dass durch das BH3-Mimetikum (-)-Gossypol ein autophagischer Zelltod induziert wird. Unter der Verwendung eines charakteristischen Markerproteins, dem LC3-Protein, konnte nach Induktion des nicht-apoptotischen, autophagischen Zelltodes durch (-)-Gossypol eine Translokation von GFP-LC3 in die Autophagosomen und Autolysosomen festgestellt werden. Viele Gliome weisen eine Methylierung des MGMT-Promotors auf, die es den Zellen erschwert, schnell DNA-Schäden zu reparieren. Aufgrund dieser Methylierung sind diese Tumoren sensitiv für eine Behandlung mit alkylierenden Substanzen (Temozolomid). Auf Grundlage dieser Beobachtungen wurden die kombinatorischen Effekte von BH3 Mimetika und Temozolomid in MGMT-positiven (U87) und MGMT-negativen (U343) Gliomzelllinien verglichen, wobei sich lediglich in MGMT-negativen U343-Gliomzellen signifikante, kombinierte Effekte ergaben. Dieser Zelltod war mit einer Potenzierung der Autophagie assoziiert, nicht jedoch mit einer Aktivierung von Caspasen und einer lysosomalen Dysfunktion. Die Depletion des endogenen Autophagieinhibitors mTOR bewirkte nach den Behandlungen mit (-)-Gossyol und TMZ einen zusätzlichen zytotoxischen Effekt. Im Gegensatz dazu wurde durch lentivirale RNA-Interferenz gegen die Autophagiegene ATG5 und Beclin1 eine potente Reduktion der zellulären Autophagie und des autophagischen Zelltodes erreicht. Insgesamt unterstreichen diese Daten die zentrale Rolle von Bcl-2 Proteinen für die Regulation der Autophagie und legen nahe, dass durch (-)-Gossypol und (-)-Gossypol in Kombination mit Temozlomid in Gliomzellen zytotoxische Autophagie induziert wird.
Das Zytolysin ClyA von Escherichia coli ist der Prototyp einer neuartigen Familie von porenbildenden, bakteriellen Zytolysinen, welche in verschiedenen Vertretern der Enterobacteriaceae vorkommen. Es handelt sich bei diesem Toxin um ein Protein von 34 kDa, das hämolytische und zytotoxische Aktivität aufweist und das in Zellmembranen stabile Poren einführt, indem es sich zu ringförmigen ClyA-Oligomeren zusammenlagert. Die vorliegende Dissertation sollte einen Beitrag zur funktionalen Charakterisierung des ClyA-Proteins von E. coli K12 liefern. Insbesondere sollte die Bedeutung der N-terminalen Region für den Sekretionsmechanismus, für die hämolytische und porenbildende Aktivität, für die Interaktion mit Zielmembranen und für die Fähigkeit zur Oligomerisierung des Proteins analysiert werden. Im Rahmen dieser Arbeit wurden hierzu ClyA-Derivate mit spezifischen Mutationen innerhalb des N-terminalen Bereiches hergestellt und auf ihre Funktions-tüchtigkeit überprüft. Diese Untersuchungen gingen von den bestehenden Erkenntnissen aus, dass die Sekretion von ClyA über eine periplasmatische Zwischenstufe verläuft und keine N-terminale Prozessierung des Toxins erfolgt. Es wurde festgestellt, dass bereits kurze, sukzessive Deletionen innerhalb der beginnenden N-terminalen Region, wie die Deletion der Aminosäuren an Position zwei bis fünf (ClyA∆2-5) und sechs bis zehn (ClyA∆6-10), einen deutlich hemmenden Effekt auf den Transfer von ClyA über die zytoplasmatische Membran zur Folge hatte, welcher durch die Deletion der Aminosäuren an Position zwei bis zehn (ClyA∆2-10) weiter verstärkt wurde. Größere N-terminale Mutationen, wie die Deletionen der Aminosäuren an Position zwei bis fünfzehn (ClyA∆2-15) und zwei bis zwanzig (ClyA∆2-20) sowie interne Deletionen, die Aminosäuren jenseits von Aminosäureposition zehn betrafen (ClyA∆6-15, ClyA∆11-15, ClyA∆11-20, ClyA∆16-20), führten zur fast vollständigen Inhibierung (ClyA∆6-15) oder totalen Blockierung (ClyA∆11-15, ClyA∆11-20, ClyA∆16-20, ClyA∆2-20, ClyA∆2-15) des Transports von ClyA in den periplas-matischen Raum. Während die hämolytische Aktivität der ClyA-Mutanten ClyA∆2-5, ClyA∆6-10 und ClyA∆2-10 zwar abnahm, jedoch im Vergleich zu der des wildtypischen ClyA-Proteins noch verhältnismäßig hoch war, beeinflussten die weiteren Deletionen (ClyA∆6-15, ClyA∆11-15, ClyA∆11-20, ClyA∆16-20, ClyA∆2-15, ClyA∆2-20) die hämolytische Eigenschaft des Toxins ganz erheblich. So verursachten diese Mutationen eine massive Abnahme (ClyA∆6-15) bzw. einen kompletten Verlust (ClyA∆11-15, ClyA∆11-20, ClyA∆16-20, ClyA∆2-20, ClyA∆2-15) der zytolytischen Aktivität des ClyA-Proteins gegenüber Erythrozyten. Untersuchungen an künstlichen Lipidmembranen ergaben, dass die Deletion der Aminosäuren an Position zwei bis fünf, sechs bis zehn und zwei bis zehn die porenbildende Aktivität des ClyA-Proteins nur unwesentlich beeinträchtigt. Dagegen störte die Deletion der Aminosäuren an Position zwei bis fünfzehn und zwei bis zwanzig die porenbildende Eigenschaft von ClyA so tiefgreifend, dass keine (ClyA∆2-20) oder nur Transmembranporen mit extrem geringem Innendurchmesser (ClyA∆2-15) erzeugt wurden. Daneben spiegelten instabile Membranporen, die durch die ClyA-Mutanten ClyA∆6-15, ClyA∆11-15, ClyA∆11-20 und ClyA∆16-20 im künstlichen Lipid-Bilayer gebildet wurden, die negativen Auswirkungen dieser Mutationen auf die porenbildende Aktivität des Toxins wider. Die gesammelten Daten unterstreichen somit nicht nur die essentielle Bedeutung der N-terminalen Region des Zytolysins ClyA von E. coli K12 für den Transport in den periplasmatischen Raum, sondern auch für die hämolytische und porenbildende Eigenschaft des Toxins. Allerdings wurde die hämolytische und porenbildende Aktivität des ClyA-Proteins erst durch Mutationen ab Aminosäureposition zehn signifikant beeinträchtigt. Demgegenüber verdeutlichten Untersuchungen zum Bindungsverhalten an Zielzellen sowie Crosslinking-Experimente, dass die N-terminale Aminosäuresequenz von Position zwei bis zwanzig von ClyA weder für die Bindung an Erythrozyten noch für die Oligomerisierung des Toxins einen wesentlichen Faktor darstellt.
Die G/F-Transition zytoskelettärer Elemente bildet die molekulare Basis zur Kontrolle der Zellform, Motilität, Migration und Invasivität von Zellen. Die Änderungen der Filamentlängen werden durch bindende Proteine kontrolliert, wodurch sich die viskoelastischen Eigenschaften des Zytoplasmas ändern. Die Kenntnis der mechanischen Eigenschaften der einzelnen Zytoskelettelemente in vitro (mit und ohne bindende Proteine) ist die Grundlage zum Verständnis der Zellmechanik. Daher wurde eine nicht destruktive Methode zur Bestimmung viskoelastischer Eigenschaften von Gelen und Flüssigkeiten entwickelt. Als Viskositätssensor dient ein kleines Glasstäbchen, welches in der zu untersuchenden Flüssigkeit in seiner Resonanzfrequenz schwingt. Aufgrund der Zähigkeit der Flüssigkeiten kommt es zur Mitbewegung angrenzender Flüssigkeitsschichten. Die Eindringtiefe der erzeugten Scherwellen ist eine Funktion der Viskosität und der Dichte der Flüssigkeit. Die extrem kleinen Auslenkungen (1100 nm) des Sensors werden von einem phasensensitiven akustischen Mikroskop detektiert, welches gleichzeitig die Detektion des Elastizitätsmoduls der Flüssigkeit ermöglicht. Nach Aufbau und Weiterentwicklung des Gerätes wurde die Viskoelastizität während der Polymerisation von Aktin, Tubulin und Neurofilamentprotein gemessen sowie während der Interaktion der Polymere mit einer Reihe spezifisch bindender Proteine, wie z.B. aAktinin, Profilin, Glykolyseenzyme, MAPs bzw. Zellgiften wie Cytochalasin D, Phalloidin, Colchizin und Taxol. Im Vergleich zu FAktinlösungen ist die dynamische Viskosität von Mikrotubulilösungen um eine Zehnerpotenz und die Schallgeschwindigkeit um etwa 100 m/s höher. Die Viskoelastizität von Nicht-Muskelaktin ist im Vergleich zu Muskelaktin etwa dreimal höher. Die steadystate-Viskositäten von F-Aktin und Mikrotubulilösungen nähern sich mit steigender Proteinkonzentration einem Maximalwert an, wohingegen die Elastizitäten sich einem Minimalwert annähern, was auf eine nematische Phasentransition zurückzuführen ist. Der Schallgeschwindigkeitsverlauf während der Polymerisation von Aktin und Tubulin ist biphasisch: er nimmt zunächst vor messbaren Viskositätsänderungen zu, was hinsichtlich des Aktins auf eine Zunahme steifer Aktinprimer und hinsichtlich des Tubulins auf die Bildung oligomerer Strukturen mit hoher intrinsischer Steifigkeit zurückzuführen ist. Für Proteinkonzentrationen >20 µM fällt dann die Schallgeschwindigkeit nach dem Erreichen des Viskositätsmaximums ab, was durch eine erhöhte Volumenkompressibilität infolge zunehmender Hydratation der Polymere begründet ist. Versuche mit polymerisationsfördernden bzw. depolymerisierenden Agenzien wie Taxol bzw. Colchizin und Kalzium zeigen, dass die hohe Elastizität von Mikrotubulilösungen durch die intrinsische Elastizität der Tubulinoligomere dominiert wird. Die Viskosität von Mikrotubuli mit assoziierten MAPs (MTP) ist im Vergleich zu FAktin ungefähr doppelt so hoch und im Vergleich zu PC-Tubulin ungefähr dreimal niedriger. Die Elastizität von MTP ist im Vergleich zu FAktin durchschnittlich 4 % höher und 3 % niedriger im Vergleich zu MAP-freien Mikrotubuli. Die Assoziationen von Neurofilamenten an Mikrotubuli induzierte einen Viskositätsanstieg, während die Elastizität fiel, was auf eine Destabilisation der Mikrotubuli während der Interaktion zurückzuführen ist. Die Destabilisation ist möglicherweise eine Folge einer GTP-Hydrolyse durch die an den Neurofilamenten assoziierte GTPase. Neben den zeitlich voneinander unabhängigen Verläufen der Schallgeschwindigkeit und der Viskosität konnte mit Hilfe der Detektion der Schalldämpfung während der Polymerisation von Aktin eine weitere zeitlich unabhängig verlaufende Kinetik bestimmt werden, welche mit der Quervernetzung und der Filamentlänge zusammenhängt. Die Schalldämpfung von Neurofilamenten ist im Vergleich zu F-Aktin etwa 10mal höher. Während der Polymerisation von Tubulin, mit und ohne MAPs, konnte aufgrund hoher Schallreflektionen, bedingt durch die festkörperähnlichen Strukturen, keine klar definierte Schalldämpfungskinetik bestimmt werden. Die Elastizität von Aktingelen (1 mg/ml) hängt nicht mit der Deformationsfrequenz (0,0533 kHz) zusammen. Nach der Zugabe von a-Aktinin steigt jedoch die Elastizität mit der Frequenz gemäß dem Verhalten eines elastischen Körpers an. Auch durch die Zugabe hoher ATP-Konzentrationen (2 mM) kann die Elastizität von Aktin erhöht werden. Impulsartige Modulationen der Schwingungsamplitude von ± 30 nm senkten die Viskosität von Aktingelen (< 25 µM) um 50 %, was auf ein Zerschlagen und Umorientieren von Filamenten zurückzuführen ist. Durch die Zugabe von aAktinin waren diese Viskositätsänderungen siebenmal niedriger. Die Viskosität von Aktingelen > 50 µM konnte durch impulsartige Erhöhungen der Schwingungsamplitude (> 40 nm) nicht verringert werden. Ebenso wurden die Viskositäten von Tubulingelen (15100 µM) und Neurofilamentlösungen (> 0,5 µM) durch impulsartige Deformationen im Nanometerbereich (10100 nm) nicht beeinflusst. Niedrige Profilinkonzentrationen (Aktin:Profilin 1) fördern die Polymerisation von Mg 2 bgGAktin. Ebenso führt die Zugabe von Profilin (Aktin:Profilin = 1:1) zu bereits polymerisiertem Aktin zu einer Viskositätszunahme. Profilin im Überschuss (Aktin:Profilin = 1:5) hemmt die Polymerisation von Mg 2 bgG Aktin. Im Gegensatz zu Muskelaktin verliert NichtMuskelaktin nach einiger Zeit (> 40 Minuten) seine Elastizität. Dieser Elastizitätsverlust kann durch die Zugabe von Profilin verzögert werden. Nach der Zugabe geringer Profilinkonzentrationen zu bgAktin wurde anhand von EM-Aufnahmen vermehrt nicht filamentöse Aktin-Aggregate gezeigt, welches besonders hohe Elastizitätswerte aufwies. Zusammen mit den rheologischen Befunden für Aktin und Mikrotubulilösungen kann geschlossen werden, dass nicht filamentöse Formen zytoskelettärer Elemente (Tubulinoligomere, Aktintrimere, GAktincluster) in hohem Maße zur Elastizität von Zellen beitragen. Hexokinase fördert die Polymerisation von Aktin. In Gegenwart hoher ATP-Konzentrationen wirkt sie durch Fragmentierung von Aktinfilamenten elastizitätsmindernd. In Gegenwart von Glukose wird dieser Effekt aufgehoben. LDHH 4 fördert in Gegenwart ihres Coenzyms NADH die Polymerisation von Aktin. Gibt man zusätzlich Pyruvat hinzu, so wird dieser Effekt nahezu umgekehrt. Unter diesen Bedingungen ist ferner die Enzymaktivität der LDHH 4 eingeschränkt. Umgekehrt fördert die LDHH 4 in Gegenwart von Laktat und NAD die Polymerisation von Aktin, wobei gleichzeitig die Enzymaktivität der LDHH 4 erhöht ist. Diese Befunde sprechen für eine deutliche Reziprozität zwischen LDHH 4 und Aktin. Aldolase reduziert deutlich die Viskoelastizität von F-Aktin, was in der Bildung von F-Aktin-Aldolase Parakristallen begründet ist. Die Zugabe des Substrates FBP erhöht hingegen die Viskoelastizität von F Aktin. Der Effekt hängt jedoch davon ab, ob Magnesium-Ionen an den Aldolase-G-Aktin-Komplex binden. Wird Aldolase zu polymerisierendem Aktin zugegeben, so bleibt die Viskosität der Lösung unverändert, während die Elastizität zunimmt. In diesem Falle wird die Steifigkeit der Filamente durch die Anla gerung der Aldolase erhöht. Zytosolische, nichtmembrangebundene Enzyme, wie die Aldolase, Hexokinase und LDH binden demnach an F-Aktin und modulieren seine Mechanik. Das Ausmaß der Modulation hängt von der Konzentration der Enzyme sowie der Gegenwart der jeweiligen Substrate ab. Ferner moduliert Aktin reziprok die Aktivität der Enzyme.
In der vorliegenden Arbeit sollten die in unserer Arbeitsgruppe identifizierten Splice- Varianten des murinen ARVCF (mARVCF) cloniert und charakterisiert werden. Es wurde gezeigt, daß alle 8 putativen Isoformen im gleichen Maße mit den Zelladhäsions-Molekülen M-, E- und N-Cadherin interagieren können und mit diesen an der Plasmamembran bzw. den Zell-Zellkontakten colocalisieren. Dabei nimmt N-Cadherin eine Sonderstellung ein. Zum einen ist die Interaktion mit endogenem N-Cadherin abhängig vom Zellkontext und zum anderen konnte mit Hilfe des MOM recruitment assays gezeigt werden, daß, im Gegensatz zu MOM-M- und MOM-E-Cadherin, eine Assoziation von mARVCF und MOM-N-Cadherin nicht in jeder Zelle stattfindet. Eine mögliche Konkurrenz von mARVCF mit dem nahe verwandten armadillo repeat Protein p120(ctn) um die Bindestelle in N-Cadherin konnte dabei als Ursache ausgeschlossen werden. Als nächstes wurde im Rahmen dieser Arbeit gezeigt, daß mARVCF eine duale Lokalisation an der Plasmamembran und im Zellkern aufweist. Dabei unterliegt mARVCF einem effektiven Exportmechanismus. Dieser Export kann durch Leptomycin B inhibiert werden, scheint somit also CRM1/exportin1-vermittelt zu sein und wird offenbar durch zwei verschiedene NES (nuclear export signal)-Sequenzen in mARVCF reguliert. Das in der p120(ctn) Subfamilie (zu der auch mARVCF gehört) konservierte NLS (nuclear localisation signal) konnte als für den Protein-Import unwirksam charakterisiert werden. Weiterhin wurde das LIM-only Protein FHL2 als neuer Interaktionspartner von mARVCF identifiziert. Dabei wirkt mARVCF als Mediator zwischen dem Cadherin- Catenin Komplex an der Plasmamembran und dem Interaktionspartner der Integrine FHL2. mARVCF ist in der Lage, FHL2 aus den Fokalkontakten zum Cadherin- Catenin Komplex an der Membran zu translozieren und in den Komplex einzubinden.
In den letzten Jahren findet die Wirkung von Polyphenolen auf den Alterungsprozess oder zur Behandlung von Krankheiten immer mehr Beachtung. Das Ziel dieser Arbeit war die Aufklärung der Wirkmechanismen der Polyphenole Gossypol, Curcumin und Quercetin, um Hinweise für neue oder verbesserte Therapieansätze zu erhalten. Die dazu durchgeführten Untersuchungen lieferten folgende Ergebnisse:
1. Der Ascomycet "P. anserina" eignet sich als Modellorganismus zur Untersuchung der Wirkmechanismen verschiedener Polyphenole, da die bereits aus der Literatur bekannten Effekte auf das Überleben höherer Organismen auch in "P. anserina" beobachtet wurden.
2. Die Mitochondrienfunktion spielt auf unterschiedliche Art eine Rolle in der Kompensation von Dysfunktionen oder Stressbedingungen in der Zelle und wirkt somit positiv auf die Regulation der Lebensspanne von "P. anserina". In der "PaSod3"-Deletionsmutante wurde eine Verschiebung der mitochondrialen Atmung von einer Komplex I-abhängigen hin zu einer vermehrt Komplex II-abhängigen Atmung festgestellt. Die damit verbundene Abnahme des mitochondrialen Membranpotentials dient neben der bereits bekannten hohen Superoxid-Menge als Signal zur Mitophagie-Induktion. Auch die Anpassung der Mitochondrienfunktion durch die erhöhte Bildung von mtRSCs, wie im Falle von Gossypol oder Quercetin, kann zur Kompensation von Dysfunktionen beitragen bzw. sie abschwächen.
3. Es gibt keinen grundlegenden gemeinsamen Wirkmechanimus der drei untersuchten Polyphenole. Zwar spielt Wasserstoffperoxid bei verschiedenen Stoffen eine Rolle, aber nicht bei allen. Zusätzlich wurde gezeigt, dass Wasserstoffperoxid abhängig von der vorherrschenden Konzentration wirkt und daher auch keine Allgemeingültigkeit des Effektes vorherzusagen ist. In niedrigen Konzentrationen sorgt Wasserstoffperoxid z. B. für eine Induktion der Autophagie und damit einhergehende eine Lebensverlängerung. Im Gegensatz dazu wirken hohe Wasserstoffperoxid-Konzentrationen lebensverkürzend und lösen verschiedene Formen von Zelltod aus.
4. Die Curcumin-vermittelte Langlebigkeit wurde das erste Mal in Verbindung mit einer funktionellen Autophagie gebracht. Im Detail führt die Behandlung mit Curcumin durch eine PaSOD1-abhängige leichte Erhöhung der Wasserstoffperoxid-Menge zu einer Induktion von nicht-selektiver Autophagie. Die induzierte Autophagie ist Ursache der Lebensverlängerung durch Curcumin.
5. Gossypol wirkt in Abhängigkeit der mitochondrialen Permeabilitäts-Transitionspore bzw. von ihrem Regulator Cyclophilin D. Hierbei verstärkt die deutlich erhöhte Wasserstoffperoxid-Menge wahrscheinlich die Induktion von programmiertem Zelltod. Gleichzeitig wird eine cytoprotektive Form von Autophagie und ein scheinbar ATG-unabhängiger Abbau von Mitochondrien induziert.
6. Quercetin wirkt in "P. anserina" abhängig vom Methylierungs-Status. Untersuchungen mit Mutanten der "O"-Methyltransferase PaMTH1 ergaben die Notwendigkeit der Anwesenheit von PaMTH1 für den lebensverlängernden Effekt von Quercetin. Analysen mit dem methylierten Derivat Isorhamnetin verdeutlichten diese Abhängigkeit und zeigten zudem, dass Quercetin sowohl in der methylierten als auch unmethylierten Form Effekte hervorruft. Jedoch sind nur die Effekte des unmethylierten Quercetin unabhängig von der Lebensverlängerung und eher schädlich für die Zelle.
Seit den 1950er Jahren hat sich Plastik als unverzichtbare Ressource im menschlichen Alltag etabliert. Als negative Folge dieses Booms wird seit einigen Jahrzehnten jedoch eine zunehmende Belastung aquatischer Ökosysteme mit Plastikmüll bzw. dessen Degradationsprodukten, sogenanntes „Mikroplastik“ (MP, < 5 mm) bzw. „Nanoplastik“ (NP, < 1 µm), beobachtet. Ziel dieser Arbeit war die Untersuchung des aktuellen Vorkommens von MP in limnischen Gewässern, die Analyse der Interaktion zwischen MP und limnischen Wirbellosenarten und der daraus resultierenden Toxizität sowie eine erste Risikoabschätzung.
Das Vorkommen von Mikroplastik in limnischen Gewässern wurde exemplarisch anhand der Elbe als großes Fließgewässer in Deutschland untersucht. Durch die Auswertung von elf Probestellen entlang des Verlaufs der Mittel- und Unterelbe konnte gezeigt werden, dass die MP-Konzentrationen im Sediment (2,26x10^4 – 2,27x10^7 P m^-3) im Mittel fast 150.000-fach höher sind als in der Wasserphase (0,88–13,24 P m^-3). Sedimente sind somit eine Senke für MP. Die Zusammensetzung der Polymerarten sowie MP-Formen deuten zudem an, dass die Partikel sowohl aus diffusen wie auch aus Punktquellen (z.B. Industrieabwässer) stammen. Im globalen Vergleich können die MP-Konzentrationen in deutschen Fließgewässern z. Z. als durchschnittlich betrachtet werden. Allerdings muss insgesamt davon ausgegangen werden, dass die bisher bestimmten MP-Umweltkonzentrationen die realen Konzentrationen möglicherweise unterschätzen. So zeigte die Elbestudie, dass die Sedimentfeinfraktion < 100 µm einen bedeutenden Polymeranteil enthielt. Die meisten bisher durchgeführten Studien zur Bestimmung von MP-Partikeln in Flüssen haben Partikel < 100 µm jedoch nicht in ihrer Analyse berücksichtigt.
Die Interaktion von MP mit limnischer Biota wurde anhand der Artgruppen der Muscheln (Bivalvia), Schnecken (Gastropoda) sowie Krebstiere (Crustacea) näher untersucht. Die Intensität der Interaktion ist maßgeblich von der Aufnahme von MP durch die verschiedenen Arten abhängig. Anhand von zahlreichen Aufnahmestudien mit verschiedenen limnischen Arten, darunter den Muschelarten Dreissena polymorpha, Sinanodonta woodiana und Anodonta anatina, der Lungenschnecke Lymnaea stagnalis sowie der Amphipodenart Gammarus pulex, wurde nachgewiesen, dass die MP-Aufnahme von den Eigenschaften der exponierten Arten bzw. Individuen, den MP-Charakteristika sowie den Expositionsbedingungen abhängt. Die Experimente mit Muscheln verdeutlichten die rasche Aufnahme, aber auch Exkretion von MP-Partikeln innerhalb weniger Stunden. In allen drei Artgruppen war die Aufnahme konzentrationsabhängig mit zunehmender Aufnahme bei steigenden MP-Konzentrationen. Die Muschelexperimente zeigten jedoch auch, dass eine gleichzeitige Exposition mit anderen Partikeln (z.B. Nahrung) zu einer reduzierten Aufnahme führt. Auch die Größe der Testorganismen beeinflusste die Aufnahme: So nahmen im Fall der Muscheln und Krebse kleinere Individuen (bzw. im Fall der Muscheln auch Arten) relativ pro Körpermasse mehr MP-Partikel auf als größere Individuen bzw. Arten. Für alle untersuchten Arten wurde darüber hinaus gezeigt, dass die MP-Größe relevanten Einfluss auf die Menge an aufgenommenen Partikeln hat.
Ein Vergleich zwischen den Artgruppen zeigte, dass Muscheln als filtrierende Organismen in den Laboruntersuchungen bei gleicher Expositionskonzentration mehr MP aufnahmen als Krebse (Zerkleinerer) und Schnecken (Weidegänger). Im Gegensatz zu Muscheln nutzen Krebstiere und Schnecken allerdings die Grenzschicht zwischen Wasser- und Sedimentphase als Suchraum für ihre Nahrung und sind in der Umwelt (auf Grund des höheren MP-Vorkommens in Sedimenten) somit möglicherweise gegenüber höheren MP-Konzentrationen exponiert als Muscheln. Die Extrapolation der gewonnenen Labordaten sowie der Vergleich mit publizierten Umweltdaten legen allerdings nahe, dass das MP-Vorkommen in Individuen aller drei Artgruppen bisher auf einige wenige MP-Partikel begrenzt ist. Ausgeprägte Unterschiede zwischen den Artgruppen sind bisher nicht erkennbar.
MP-Toxizitätsstudien mit G. pulex, L. stagnalis sowie D. polymorpha konnten trotz der Berücksichtigung einer Vielzahl an Endpunkten (Mortalität, Reproduktion, Nahrungsaufnahme, oxidativer Stress, Energiereserven, Immunzellaktivität) und trotz des Einsatzes zum Teil sehr hoher MP-Konzentrationen weit oberhalb aktueller Umweltkonzentrationen nur sehr wenige MP-induzierte Effekte nachweisen, darunter eine Steigerung der Filtrationsaktivität (D. polymorpha) bzw. Veränderung der Immunfunktion von Hämolymphzellen (L. stagnalis).
Zur weiteren Risikoabschätzung wurden diese Studienergebnisse mit publizierten Daten für marine und limnische Muschel- und Krebsarten in Artenempfindlichkeitsverteilungen (Species Sensitivity Distributions, SSD) zusammengeführt und jeweils eine SSD für Muscheln und Krebstiere erstellt. Die Erstellung einer SSD nur für limnische Arten ist zum jetzigen Zeitpunkt auf Grund der geringen Datenlage noch nicht möglich.
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Die phylogenetisch hochkonservierte Jak/Stat‐Signaltransduktionskaskade repräsentiert eines der zentralen Säulen zellulärer Signalübertragung eukaryotischer Organismen. Ubiquitär im Organismus exprimiert und über eine Vielzahl von Zytokinen, Hormonen und Wachstumsfaktoren aktiviert, sind Stat‐Transkriptionsfaktoren maßgeblich an dem Erhalt der Physiologie und Homöostase von Organen und Geweben beteiligt. So sind die Mitglieder Stat5A und Stat5B (als homologe Proteine im Verbund als Stat5 bezeichnet) entscheidende Regulatoren des Immunsystems und der Hämatopoese, der Funktion und Entwicklung des Prostata‐ und Brustdrüsengewebes (Mammogenese) oder bestimmter Funktionen der Leber. Wie auch Stat3, konnten Stat5 Proteine in aberrant aktiver Form in verschiedensten Typen und Stadien humaner Tumore nachgewiesen werden, wo sie über die Expression ihrer Zielgene sowie über weitere nicht‐kanonische Funktionen im Zytoplasma und im Zellkern einer fortschreitend malignen Entartung entscheidend beitragen. Als Folge der Unterstützung essentieller Tumorgenese‐
Mechanismen, wie gesteigertes Zellwachstum, Apoptosehemmung, Migration und Metastasierung, Sauerstoff‐unabhängiger Energiestoffwechsel, Angiogenese oder Umgehung der Immunabwehr, entwickeln Tumore häufig eine Abhängigkeit gegenüber der gesteigerten Aktivität dieser Vertreter der Stat‐Proteinfamilie und reagieren mit einem Wachstumsstopp und Apoptoseinduktion auf ihre Inhibierung. Perspektivisch stellt die gezielte Interferenz mit aberranten, Tumortyp‐spezifischen Stat5‐Aktivitäten einen relevanten Ansatz in der personalisierten Therapie Stat5‐abhängiger Tumore, vorrangig leukämischen Ursprungs, dar. ...
mRNA-Abbau ist ein essentieller Prozess der Genexpression, der den Zellen ermöglicht, die Qualität und die Quantität der mRNA zu kontrollieren. Besonders unter Stressbedingungen könnte der mRNA-Abbau eine bedeutende Rolle neben der Speicherung von mRNAs sowie der Regulation der Proteinhomöostase zum Schutz vor schädigenden Einflüssen spielen. Studien mit Hefen und Säugerzellen zeigten, dass dem 5'-3'mRNA-Abbau ein wichtige Rolle sowohl unter normalen Bedingungen als auch unter Stressbedingungen zukommt und dieser in zytoplasmatischen Processing bodies (P-bodies) stattfindet. Im Rahmen dieser Arbeit sollten Erkenntnisse über den 5'-3'mRNA-Abbau erhalten werden. Im Vordergrund stand die Frage nach der Existenz von P-bodies in Arabidopsis thaliana und die Identifikation und Charakterisierung deren Komponenten. Weiterhin sollten Erkenntnisse über die Rolle der P-bodies unter Stressbedingungen gewonnen werden. Dabei sollten besonders Informationen über die Beziehungen zwischen den P-bodies und RNA Stressgranula (mRNA Speicherkompartimente) und Hitzestressgranula (Regulation der Proteinhomöostase) erhalten werden. Das komplette sequenzierte Genom von Arabidopsis thaliana eignete sich zur Identifikation von mRNA-Abbauproteine kodierender Gene. Unter Verwendung von Aminosäuresequenzen bereits bekannter mRNA-Abbauproteine aus Hefe und Säugerzellen konnten Homologe für die Decappingproteine Dcp1 und Dcp2 sowie für die Proteine LSm1,2,5,8 als Untereinheiten des LSm1-7 Komplexes, welcher an der Regulation der Decappingreaktion beteiligt ist, identifiziert werden. Über Hefe-Zwei-Hybrid Analysen konnten anschließend Protein-Protein-Interaktionen zwischen den untersuchten Proteinen identifiziert werden. Weiterhin konnte unter Einsatz der BIFC-Analyse gezeigt werden, dass die Interaktionen zwischen den untersuchten Proteinen hauptsächlich in zytoplasmatischen Strukturen stattfanden. Aufbauend auf diesen Befunden wurde ein Antikörper gegen Dcp1 als Marker für die zytoplasmatischen Strukturen erstellt. Dieser ermöglichte erstmals die Detektion der endogenen Strukturen in Arabidopsis thaliana. Die weitere Charakterisierung über Immunofluoreszenzanalysen zeigten, dass diese P-bodies sind. Wie die P-bodies anderer Organismen sind sie hochdynamisch und benötigen untranslatierte mRNA für die Assemblierung. Die Größe und Anzahl der P-bodies hängt dabei vom Verhältniss des Zuflusses von mRNA und der mRNA-Abbaurate ab. Weiterhin konnte beobachtet werden, das die P-bodies besonders groß unter Stressbedingungen sind und deuten eine wichtige Funktion des mRNA-Abbaus unter Stress an. Dies führte zu der Frage nach der Beziehung der P-bodies zu RNA Stressgranula, die der Speicherung von mRNA unter Stressbedingungen dienen, sowie zu Hitzestressgranula, die an der Aufrechterhaltung der Proteinhomöostase beteiligt sind. Durch Kolokalisationsanalysen mit Markern der RNA Stressgranula, der Hitzestressgranula und der P-bodies konnte erstmals gezeigt werden, dass es sich um voneinander unabhängige Mikrokompartimente handelt, und dass unter Stressbedingungen die zellulären Prozesse mRNA-Abbau, mRNA-Speicherung und Aufrechterhaltung der Proteinhomöostase auf einzelne Mikrkompartimente beschränkt sind. Allerdings konnte zwischen P-bodies und RNA Stressgranula häufig eine räumliche Nähe beobachtet werden. Dies deutet auf einen Austausch von Komponenten zwischen diesen Strukturen hin. Zusammen zeigen die erhaltenen Ergebnisse, dass die identifizierten Proteine Komponenten des 5'-3'mRNA-Abbaus darstellen, und dass der 5'-3'mRNA-Abbau in Pflanzen auch in P-bodies stattfindet. Die Identifizierung und Charakterisierung der pflanzlichen P-bodies bildet eine Grundlage für zukünftige Untersuchungen. Vor allem die massive Bildung von P-bodies unter Stressbedingungen und die Interaktion der P-bodies mit RNA Stressgranula zeigen neue Aspekte der pflanzlichen Hitzestressantwort auf.
Die vorliegende Doktorarbeit beschäftigt sich mit der Untersuchung von molekularen Systemen, die aus mehreren Chromophoren bestehen und über einen Zweiphotonen-Prozess aktiviert werden können.
Die Zweiphotonen-Absorption (2PA) beschreibt die nahezu simultane Absorption zweier Photonen, deren Summe die Energie ergibt, die für den entsprechenden elektronischen Übergang nötig ist. Da für die Anregung somit zwei niederenergetische Photonen benötigt werden, kann für die 2PA Nahinfrarot-Licht (NIR-Licht) verwendet werden, welches eine geringe Phototoxizität aufweist und eine tiefe Gewebedurchdringung ermöglicht. Weiterhin wird durch die intrinsische dreidimensionale Auflösung der 2PA eine hohe Ortsauflösung der Photoaktivierung erzielt.
Photolabile Schutzgruppen (PPGs) bzw. Photocages sind chemische Verbindungen, die der vorübergehenden Maskierung der biologischen Funktion eines (Makro-)Moleküls dienen. Sie können durch Licht geeigneter Wellenlängen abgespalten werden (uncaging), wodurch die Aktivität des geschützten Substrats wiederhergestellt wird. Leider weisen viele der etablierten PPGs schlechte Zweiphotonen-Eigenschaften auf. Um die 2P-Aktivität einer PPG zu erhöhen, kann sie kovalent mit einem guten Zweiphotonen-Absorber verknüpft werden, der bei Bestrahlung das Licht über einen Zweiphotonen-Prozess absorbiert und anschließend mittels Energietransfer auf die photolabile Schutzgruppe überträgt. Dies führt schließlich zur Uncaging-Reaktion.
Im Zuge von Projekt I dieser Dissertation wurde eine solche molekulare Dyade für verbessertes Zweiphotonen-Uncaging bestehend aus einem Rhodamin-Fluorophor als Zweiphotonen-Absorber und einem Rotlicht-absorbierenden BODIPY als photolabile Schutzgruppe hergestellt und charakterisiert. Die Zweiphotonen-Aktivität des Fluorophors wurde mittels TPEF-Messungen (two-photon excited fluorescence) untersucht. Anschließend wurde das Rhodamin an einen 3,5-Distyryl-substituierten BODIPY-Photocage gekuppelt. Der Energietransfer innerhalb dieser Dyade wurde mithilfe von transienter Ultrakurzzeit-Spektroskopie und quantenmechanischen Berechnungen untersucht. Die Freisetzung der Abgangsgruppe para-Nitroanilin (PNA) bei Belichtung der Dyade konnte sowohl nach Einphotonen-Anregung des Rhodamins als auch des BODIPYs mithilfe von UV/vis-Absorptionsmessungen qualitativ nachgewiesen werden.
Da die Uncaging-Reaktion allerdings nicht besonders effektiv war, wurde für die Weiterführung des Projekts ein neuer BODIPY Photocage, der eine verbesserte Photolyse-Effizienz und eine höhere Photostabilität aufwies, verwendet und erneut an einen Rhodamin-Fluorophor geknüpft. Anhand dieser optimierten Dyade konnte die Einphotonen-Photolyse quantifiziert, d.h. eine Uncaging-Quantenausbeute für die Freisetzung von PNA bestimmt werden. Weiterhin wurde beobachtet, dass die Photolyse der Dyade mit einer deutlichen Änderung ihrer Fluoreszenzeigenschaften einherging. Dies ermöglichte einen Nachweis des Zweiphotonen-Uncagings mithilfe eines Fluoreszenzmikroskops. Die Dyaden-Moleküle wurden zur Immobilisierung in Liposomen eingeschlossen und unter dem konfokalen Fluoreszenzmikroskop belichtet. Sowohl nach Einphotonen- als auch nach Zweiphotonen-Anregung der Rhodamin-Einheit konnte die gewünschte Fluoreszenzänderung beobachtet und somit das Uncaging bestätigt werden.
In Projekt II der Dissertation wurde ein photoaktivierbarer Fluorophor (PAF) hergestellt. PAFs liegen in ihrer geschützten Form dunkel vor. Durch die Aktivierung mit Licht können sie Fluoreszenzsignale emittieren. Sie liefern somit ein direktes Feedback über die Lichtverteilung und –intensität innerhalb einer Probe und werden somit unter anderem für die Charakterisierung und Optimierung von Belichtungsapparaturen verwendet. Besonders wünschenswert ist hierbei eine Fluoreszenzaktivierung mit sichtbarem Licht bzw. mit NIR-Licht über einen Zweiphotonen-Prozess.
Im Zuge der Arbeit wurde ein Rhodamin-Derivat synthetisiert, das durch die Anbringung eines DEACM450-Photocages in seine nichtemittierende Form gezwungen wurde. Bei Bestrahlung mit 455 nm konnte die Abspaltung der Cumarin-Schutzgruppe und der damit verbundene Anstieg der Rhodamin-Fluoreszenz beobachtet und eine Uncaging-Quantenausbeute bestimmt werden. Für die Untersuchung der Zweiphotonen-Photolyse wurde der geschützte Fluorophor in einem Hydrogel immobilisiert und unter dem konfokalen Fluoreszenzmikroskop betrachtet werden. Anschließend wurden Fluoreszenzbilder vor und nach Photoanregung von bestimmten Regionen des Hydrogels aufgenommen. Durch das Uncaging der Probe konnten helle, definierte Muster geschrieben und ausgelesen werden. Die Photoaktivierung führte dabei sowohl über die Einphotonen-Anregung mit blauem Licht (488 nm) als auch über die Zweiphotonen-Anregung mit NIR-Licht (920 nm) zur Generierung von stabilen, gleichmäßigen Fluoreszenzmustern mit hohem Kontrast.
Ziel dieser Arbeit war die Untersuchung der Rolle der i-AAA Protease in P. anserina, besonders während des Alterns des Ascomyceten. Die dazu durchgeführten Untersuchungen führten zu folgenden Ergebnissen:
1. Unter Standardbedingungen ist der PaIap-Deletionsstamm langlebiger als der Wildstamm, ohne feststellbare physiologische Beeinträchtigungen aufzuweisen. Dass dies auf den Verlust von PaIap zurückzuführen ist, bestätigen die PaIap-Revertantenstämme, in denen das Gen wieder eingeführt wurde, wodurch deren Lebensspanne wieder Wildtyp-artig ist. Dies zeigt, dass PaIAP zelluläre Prozesse beeinflusst, die die Lebensspanne kontrollieren.
2. Bei Hitzestress weist der PaIap-Deletionsstamm dagegen eine höhere Hitzesensitivität auf als der Wildstamm, was sich in einer verkürzten Lebensspanne und der Störung vitaler Funktionen äußert. Dies deutet auf eine mögliche Rolle von PaIAP bei der Hitzestressantwort hin.
3. Im Einklang mit dem hitzesensitiven Phänotyp des PaIap-Deletionsstamms konnte in mitochondrialen Extrakten des Wildtyps gezeigt werden, dass die Proteinmenge von PaIAP durch Hitzestress signifikant zunimmt. Gleichzeitig weisen mitochondriale Proteinextrakte von PaIap-Deletionsstämmen nach Hitzestress signifikant geringere Mengen an PaHSP60 und PaCLPP auf, zwei weiteren Komponenten der mitochondrialen Proteinqualitätskontrolle. Dies unterstreicht die Beteiligung von PaIAP an der Hitzestressantwort von P. anserina.
4. Darüber hinaus beeinflusst der Verlust von PaIap die Zusammensetzung der mitochondrialen Atmungskette und führt bei 27°C zu einer vermehrten Organisation der Komplexe in stabilere Superkomplexe. Dieser Mechanismus wird beim Wildstamm erst nach Hitzestress beobachtet, wogegen der PaIap-Deletionsstamm die Superkomplexmenge nicht mehr weiter steigern kann.
5. Die Genexpression von proteolytisch inaktiven Varianten von PaIAP (PaIAPE540Q bzw. PaIAPE540QG) kann den Phänotyp des PaIap-Deletionsstamms bei 27°C nicht komplementieren und führt ebenfalls zu einer Verlängerung der Lebensspanne von P. anserina. Dies liefert wichtige Informationen über den Mechanismus wie PaIAP die Lebensspanne von P. anserina beeinflusst, da dazu die proteolytische Aktivität von PaIAP benötigt wird.
6. Darüber hinaus zeigt die Analyse des PaIap/PaClpP-Deletionsstamms, dass sich die Mechanismen, wie PaIAP und PaCLPP die Lebensspanne von P. anserina beeinflussen, unterscheiden. Die unterschiedlichen zellulären Aufgaben werden auch bei Hitzestress deutlich, wovon der PaIap/PaClpP-Deletionsstamm noch stärker betroffen ist als durch die Deletion von PaIap bzw. PaClpP. Dies verdeutlicht, dass sich die Effekte der Deletionen der beiden Gene addieren.
Insgesamt konnte in dieser Arbeit gezeigt werden, dass die i-AAA Protease PaIAP auch bei P. anserina wichtige zelluläre Funktionen besitzt, die sich auf den Alterungsprozess des Ascomyceten auswirken. Dabei war es möglich verschiedene neue Mechanismen zu identifizieren, wie die i-AAA Protease diese Funktionen ausübt. Dazu gehören z.B. der Einfluss der proteolytischen Aktivität auf die Lebensspanne, die durch die Abwesenheit der i-AAA Protease ausgelöste Reorganisation der Atmungskettenkomplexe in stabile Superkomplexe, und die Induktion der Hitzestressantwort durch PaIAP. Diese Befunde tragen zum besseren Verständnis der zellulären Funktion der i-AAA Protease bei und stellen einen entscheidenden Ausgangspunkt für weiterführende Analysen der bislang wenig verstandenen Aufgaben der Protease dar.
Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit der Modellierung der neuronalen Prozesse, die auditorischen Lokalisationsleistungen zugrunde liegen. Viele der hierzu aktuell diskutierten Modellvorstellungen lassen sich auf ein von L. Jeffress bereits in der Mitte des letzten Jahrhunderts vorgeschlagenes Netzwerkmodell zurückführen: Nach Jeffress werden interaurale Laufzeitunterschiede (ITDs) zwischen beiden auditorischen Pfaden in einem Netzwerk von Detektorneuronen (Koinzidenzdetektoren) ausgewertet. Systematische Laufzeitunterschiede resultieren aus der Architektur des Netzwerks, die sogenannte Delay-Lines realisieren soll. Trotz einer Reihe von Evidenzen für das im auditorischen Diskurs inzwischen als Paradigma geltende Modell, findet Kritik am Jeffress-Modell in jüngerer Zeit zunehmend Beachtung und Interesse. So argumentieren B. Grothe und D. McAlpine gegen die Übertragung des Delay-Line Modells auf die Verhältnisse bei Säugern. Zentrales Moment ihrer Kritik ist eine Afferenz der MSO aus einem weiteren Teilgebiet der Olive (MNTB). Wesentlicher Effekt der von der Projektion gebildeten inhibitorischen Synapse ist eine relative Verschiebung der Best-Delays der MSO-Zellen zur Präferenz contralateraler Delays. Damit besteht nicht nur zu der nach dem Jeffress-Modell notwendigen Aufteilung der Best-Delays ein Widerspruch, die ITDs liegen bei tiefen Frequenzen für kleine Säuger aufgrund deren geringer Kopfgröße außerhalb des Bereichs physiologisch auftretender Delays. In dieser Arbeit werden die Ergebnisse von Grothe und McAlpine durch Compartmental Modeling analysiert. Gegenüber einer Simulationsstudie aus den Gruppen von Grothe und McAlpine werden von uns durch explizite Modellierung der Dendriten zusätzliche Effekte der Inhibiton beschrieben. Wir stellen dar, wie die Topographie von Inhibiton und Excitation die Verarbeitungsprozesse in Bipolar-Zellen durch dendritische Low-Pass Filterung und Kontrastverst ärkung zwischen minimaler und maximaler Spikerate unterstützt. Unsere Ergebnisse können die empirisch nachgewiesene Verteilung excitatorischer (distaler) und inhibitorische (proximaler) Synapsen erklären. In der abschliessenden Analyse der von den Bipolar-Zellen generierten Spike Trains wird das von Grothe und McAlpine entworfene alternative ITD-Codierungsmodell auf der Basis von Ratencodes problematisiert: Bislang erklärt ihr Vorschlag nicht, wie organismische Lokalisationsleistungen auf der Basis weniger Spikes realisiert werden können.
Kenntnisse über die dreidimensionale Struktur therapeutisch relevanter Zielproteine bieten wertvolle Informationen für den rationalen Wirkstoffentwurf. Die stetig wachsende Zahl aufgeklärter Kristallstrukturen von Proteinen ermöglicht eine qualitative und quantitative rechnergestützte Untersuchung von spezifischen Protein-Liganden Wechselwirkungen. Im Rahmen dieser Arbeit wurden neue Algorithmen für die Identifikation und den Ähnlichkeitsvergleich von Proteinbindetaschen und ihren Eigenschaften entwickelt und in dem Programm PocketomePicker zusammengefasst. Die Software gliedert sich in die Routinen PocketPicker, PocketShapelets und PocketGraph. Ferner wurde in dieser Arbeit die Methode ReverseLIQUID reimplementiert und im Rahmen einer Kooperation für das strukturbasierte Virtuelle Screening angewendet. Die genannten Methoden und ihre wissenschaftliche Anwendungen sollte hier zusammengefasst werden: Die Methode PocketPicker ermöglicht die Vorhersage potentieller Bindetaschen auf Proteinoberflächen. Diese Technik implementiert einen geometrischen Ansatz auf Basis „künstlicher Gitter“ zur Identifikation zusammenhängender vergrabener Bereiche der Proteinoberfläche als Orte möglicher Ligandenbindestellen. Die Methode erreicht eine korrekte Vorhersage der tatsächlichen Bindetasche für 73 % der Einträge eines repräsentativen Datensatzes von Proteinstrukturen. Für 90 % der Proteinstrukturen wird die tatsächlich Ligandenbindestelle unter den drei wahrscheinlichsten vorhergesagten Taschen gefunden. PocketPicker übertrifft die Vorhersagequalität anderer etablierter Algorithmen und ermöglicht Taschenidentifikationen auf apo-Strukturen ohne signifikante Einbußen des Vorhersageerfolges. Andere Verfahren weisen deutlich eingeschränkte Ergebnisse bei der Anwendung auf apo-Strukturen auf. PocketPicker erlaubt den alignmentfreien Ähnlichkeitsvergleich von Bindetaschenfor-men durch die Kodierung berechneter Bindevolumen als Korrelationsdeskriptoren. Dieser Ansatz wurde erfolgreich für Funktionsvorhersage von Bindetaschen aus Homologiemodellen von APOBEC3C und Glutamat Dehydrogenase des Malariaerregers Plasmodium falciparum angewendet. Diese beiden Projekte wurden in Zusammenarbeit mit Kollaborationspartnern durchgeführt. Zudem wurden PocketPicker Korrelationsdeskriptoren erfolgreich für die automatisierte Konformationsanalyse der enzymatischen Tasche von Aldose Reduktase angewendet. Für detaillierte Analysen der Form und der physikochemischen Eigenschaften von Proteinbindetaschen wurde in dieser Arbeit die Methode PocketShapelets entwickelt. Diese Technik ermöglicht strukturelle Alignments von extrahierten Bindevolumen durch Zerlegungen der Oberfläche von Proteinbindetaschen. Die Überlagerung gelingt durch die Identifikation strukturell ähnlicher Oberflächenkurvaturen zweier Taschen. PocketShapelets wurde erfolgreich zur Analyse funktioneller Ähnlichkeit von Bindetaschen verwendet, die auf Betrachtungen physikochemischer Eigenschaften basiert. Zur Analyse der topologischen Vielfalt von Bindetaschengeometrien wurde in dieser Arbeit die Methode PocketGraph entwickelt. Dieser Ansatz nutzt das Konzept des sog. „Wachsenden Neuronalen Gases“ aus dem Bereich des maschinellen Lernens für eine automatische Extraktion des strukturellen Aufbaus von Bindetaschen. Ferner ermöglicht diese Methode die Zerlegung einer Bindestelle in ihre Subtaschen. Die von PocketPicker charakterisierten Taschenvolumen bilden die Grundlage für die Methode ReverseLIQUID. Dieses Programm wurde in dieser Arbeit weiterentwickelt und im Rahmen einer Kooperation zur Identifikation eines Inhibitors der Serinprotease HtrA des Erregers Helicobacter pylori verwendet. Mit ReverseLIQUID konnte ein strukturbasiertes Pharmakophormodell für das Virtuelle Screening erstellt werden. Dieser Ansatz ermöglichte die Identifikation einer Substanz mit niedrig mikromolarer Affinität gegenüber der Zielstruktur.
Die vorliegende Studie vermittelt einen epidemiologischen Überblick über das mit Haut- und Nagelläsionen assoziierte Pilzspektrum im Westen Panamas. Hierzu wurden Proben von vermutlich durch Pilzinfektionen verursachten Haut- sowie Nagelläsionen gesammelt und zum Anlegen von Kulturen verwendet. Die isolierten Pilze wurden basierend auf dem D-H-S System (Rieth), anhand morphologischer Merkmale, rDNA Sequenzdaten sowie phylogenetischen Analysen klassifiziert und mit Hilfe von Literaturdaten sowie physiologischen Eigenschaften als saprotrophe, opportunistische oder pathogene Organismen beurteilt. In Panama wurden 52 Proben von 51 Personen gesammelt, wobei das Material von 42 Haut- und Nagelläsionen der Füße, vier Läsionen der Fingernägel, zwei Chromomykosen, einer Tinea nigra und drei sonstigen Hautläsionen stammt. Bei 75 Prozent (n = 39) der Proben konnten Pilze kultiviert und insgesamt 201 Pilzstämme isoliert und subkultiviert werden. Hiervon wurden 50 Isolate (24,9 %) als Dermatophyten, 24 Stämme (11,9 %) als Hefen und 127 Isolate (63,2 %) als Schimmelpilze klassifiziert. Bei 19 Probanden (48,7 %) konnten Dermatophyten isoliert werden, wobei aus dem Probenmaterial von 12 Personen (63,2 %) ebenfalls andere Pilzarten nachgewiesen wurden. Von zwei Läsionen (5,1 %) wurden nur Hefen isoliert, wobei einmal eine Schwarze Hefe kultiviert wurde. In dem Material acht weiterer Proben (20,5 %) wurden Schimmelpilze und Hefestämme nachgewiesen und bei zehn Probanden (25,6 %) konnten aus dem Probenmaterial nur Schimmelpilze kultiviert werden. 172 Isolate wurden taxonomisch klassifiziert und 44 Arten aus 25 Gattungen, 17 Familien, 15 Ordnungen, sechs Klassen sowie den Abteilungen Ascomycota oder Basidiomycota zugeordnet. Die Ascomyceten stellen mit 164 Stämmen 40 verschiedener Arten aus 23 Gattungen, 15 Familien, 11 Ordnungen und vier Klassen die am häufigsten isolierte und vielfältigste Gruppe dar, während die Basidiomycota nur mit acht Isolaten vier verschiedener Arten zwei unterschiedlicher Gattungen, Familien, Ordnungen und Klassen nachgewiesen wurden. Im Rahmen dieser Arbeit wurden in Panama die anthropophilen Dermatophyten Trichophyton rubrum und T. interdigitale dokumentiert, wobei T. rubrum die am häufigsten isolierte Art darstellt. Kultivierte Hefen waren Candida albicans, C. duobushaemulonii, C. tropicalis, Hortaea werneckii, Sporobolomyces sp., Trichosporon asahii, T. japonicum und T. montevideense. Die Schimmelpilze stellen die größte und ökologisch diverseste Organismengruppe der kultivierten Pilze dar. So wurden von den untersuchten Läsionen sowohl humanpathogene Erreger, als auch opportunistische Arten und rein saprotrophe Pilze sowie mehrere Vertreter wahrscheinlich bisher nicht wissenschaftlich beschriebener Arten bzw. Gattungen nachgewiesen. Aus dem Probenmaterial wurden die Pilze Acremonium collariferum, Aspergillus awamori, A. clavatus, A. flavus, A. giganteus, A. heteromorphus, A. niger, A. ochraceus, A. sclerotiorum, A. versicolor, Chaetomium globosum, Chrysosporium tuberculatum, Cladosporium sphaerospermum, C. tenuissimum, Curvularia geniculata, C. lunata, Fonsecaea pedrosoi, Fusarium oxysporum, F. solani, Lophotrichus bartlettii, Microascus cinereus, Neoscytalidium dimidiatum, Penicillium commune, Scolecobasidium sp., Scopulariopsis carbonaria, S. croci, Verticillium cf. epiphytum und Wardomycopsis litoralis isoliert. Zudem wurden vier Isolate von zwei vermutlich neuen Arten der Gattung Acremonium (Bionectriaceae, Hypocreales), zwei Stämme mit einer genetischen Affinität zu der Gattung Cryptendoxyla (Cephalothecaceae, Sordariales) und jeweils ein mit den Gattungen Fusicladium (Venturiaceae, Venturiales), Knufia (Trichomeriaceae, Chaetothyriales) bzw. Rhexothecium (Eremomycetaceae, Dothideomycetidae) assoziierter Stamm kultiviert. Im Rahmen dieser Studie wurden A. giganteus, C. tenuissimum, L. bartlettii, S. carbonaria, S. croci, V. epiphytum und W. litoralis erstmalig von Mykosen des Menschen dokumentiert und die in der Literatur als Verursacher sowie Besiedler von Haut- und Nagelläsionen beschriebenen Organismen A. clavatus, A. flavus, A. niger, A. ochraceus, C. tropicalis, C. globosum, C. sphaerospermum, C. lunata, F. oxysporum, M. cinereus, P. commune, T. asahii, T. japonicum und T. montevideense wurden das erste Mal in klinischem Probenmaterial aus Panama nachgewiesen. Die Arten A. awamori, A. heteromorphus, C. globosum, C. tenuissimum, L. bartlettii, M. cinereus, P. commune, S. croci, T. asahii, T. japonicum, T. montevideense, V. epiphytum, W. litoralis und die Gattung Scolecobasidium wurden zudem erstmalig für Panama dokumentiert. Die Isolation von W. litoralis ist ebenfalls der erste Nachweis dieses Pilzes außerhalb von Spanien und auf dem amerikanischen Kontinent. Die große Anzahl im Rahmen dieser Arbeit beschriebener, bisher für die Wissenschaft unbekannter bzw. nicht in Panama dokumentierter Pilzarten lässt auf eine große mykologische Biodiversität in Panama schließen und zeigt den Bedarf weiterer Forschung.
Bestimmung der Lösungsstruktur von Rinder-Adrenodoxin durch Auswertung hochaufgelöster NMR-Spektren
(2001)
Ziel dieser Arbeit war die Bestimmung der Strukturen von RinderAdrenodoxin im oxidierten und im reduzierten Zustand. Die rekombinante Form dieses Elektronentransportproteins aus 128 Aminosäuren und dem [2Fe2S]EisenSchwefel Cluster mit einer Molmasse von 14,4 kDa wurde in E. coli exprimiert. Die hergestellten Proben wurden entweder mit 15 N oder 15 N, 13 Cangereichert, was den Einsatz einer breiten Palette heteronuklearer NMRExperimente ermöglichte. Nach der Zuordnung individueller Werte der chemischen Verschiebung für die NMRaktiven Kerne konnten durch 15 N und 13 Ceditierte dreidimensionale NOESYExperimente 1800 strukturrelevante Interprotonenabstände qualitativ bestimmt werden. Insgesamt konnten 70 Prozent der Resonanzen der NMR aktiven Kerne der jeweiligen Proteinzustände zugeordnet werden. Bedingt durch den paramagnetischen Einfluß des EisenSchwefelClusters waren durch enorme Linienbreiten und sehr schnelle T 1 Relaxationszeiten 30 Prozent der zu erwartenden Signale des Proteins nicht detektierbar. Zusätzlich konnten durch die Anwendung eines ct( 15 N, 1 H)HSQC Experiments weitere 18 Abstandsparameter von Amidprotonen im Einflußbereich des EisenSchwefelCluster, die aber gerade noch detektiert werden konnten, zu dem jeweiligen näheren Eisenkern gewonnen werden. Für die Strukturrechnung mußte der EisenSchwefelCluster künstlich mit der Aminosäure C46 verbunden werden, da das Programm DYANA keine Eisen Atome erkennt. Anschließend wurde dieser 'künstliche' Aminosäurerest neu benannt (CYSC). Diese neue Aminosäure wurde dann nach Energieminimierung in die DYANA Bausteinbibliothek eingebracht. Es zeigte sich, daß der EisenSchwefelCluster die Struktur wie eine 'Klammer' zusammenhält. Ohne die Einbindung des EisenSchwefelCluster kommt es nach der Strukturrechnung zu keiner Struktur, sondern zu einem ungeordneten 'Knäuel'. Bei der Interpretation der Strukturensembles wurde deutlich, daß Rinder Adrenodoxin ein relativ rigides Protein ist. Scheinbar hohe flexible Bereiche im Protein mußten korreliert werden mit den Bereichen des Proteins, die aufgrund von fehlenden Zuordnungen nicht gut genug definiert werden konnten. Es ist somit nicht definitiv zu bestimmen, woher diese Abweichung in den Strukturen herrührt. Allerdings wurde bei der Betrachtung von Aminosäureresten in der Wechselwirkungsdomäne deutlich, daß an den Positionen der Aminosäurereste D72, E73, D76 und D79 es zu Bewegungen beim Übergang aus dem oxidierten in den reduzierten Zustand kommen muß, da speziell die Aminosäurereste D72 und E73 ihre Position dramatisch verändern. Entsprechende Änderungen der Werte der X1 Diederwinkeleinstellungen wurden beobachtet und lokale Ramachandran Diagramme ergeben sich aus den Rechnungen. Weiterhin konnte gezeigt werden, daß im reduzierten Zustand S112 mit einer T 1 Relaxationszeit von 62,5 ms im Einflußbereich des EisenSchwefelCluster liegen könnte. Ein Hinweis darauf ist auch die Änderung der Geometrie des C Terminus, da im oxidierten Zustand dieser gerade vom Proteinkörper wegweist, während im reduzierten Zustand das Cterminale Ende sich in Richtung Proteinkörper biegt. Bisher wurde angenommen, daß dem CTerminus keine funktionelle Rolle zukommt. Die Struktur des Adrenodoxins wurde nach der Distanzgeometrierechnung unter Berücksichtigung aller experimenteller Daten erhalten. RinderAdrenodoxin ist klassifiziert als ein (alpha beta)Protein welches 22% betaFaltblatt, 17% alphaHelix und 6% 3 10 Helix besitzt. Für den oxidierten und den reduzierten Zustand konnten jeweils 5 betaFaltblätter und 4 Helices identifiziert werden. Beim oxidierten Zustand erstrecken sich die 5 betaFaltblätter auf die Aminosäurereste 812, 1822, 5759, 8889 und 103106, während beim reduzierten Adrenodoxin sie sich auf die Aminosäurereste 612, 2124, 5758, 8889 und 103106 erstrecken. Die 4 identifizierten Helices erstrecken sich im oxidierten Zustand auf die Reste 2935, 6466, 7229 und 98100. Die 4 Helices für den reduzierten Zustand werden durch die Reste 3336, 6164, 7275 und 98100 charakterisiert. Der EisenSchwefelCluster ist kovalent an die vier CysteinReste 46, 52, 55 und 92 gebunden. Mit einem mittleren globalen RMSDWert der Rückgratatome zur Mittelstruktur für das oxidierte Adrenodoxin von 0,94 Å und für das reduzierte Andrenodoxin von 1,53 Å sind die Anforderungen an relativ gut aufgelöste Strukturen erfüllt. Die hier bestimmten Strukturen entsprechen in ihrer Güte einer Kristallstruktur mit der Auflösung von 2.0 Å (Programm PROCHECK) für den reduzierten und den oxidierten Zustand von RinderAdrenodoxin und sind somit zufriedenstellend aufgelöst.
Im Gegensatz zu den Arbeiterinnen der sozial lebenden Wespen und Bienen sind alle Ameisen flügellos. Die Flügellosigkeit der Ameisenarbeiterinnen bedingt, dass selbst kleinste Räume in der Erde oder in Holz von Kolonien besiedelt werden können. Sie war eine wichtige Voraussetzung für ihre Vorherrschaft auf dem Boden. Die für bodennistende Arten als Baumaterial in Frage kommende Erde hat jedoch die Eigenschaft, dass z. B. starke Regenfälle die Stabilität der Bauwerke negativ beeinflussen können. Deshalb und weil Erde in den höheren Regionen des Laubdaches schwierig zu beschaffen ist, sind Erdnester für den Übergang zum Leben in den Baumkronen wenig geeignet. Höhlungen in verrottendem Holz stehen aufgrund der schnellen Zersetzung in den Tropen nur für einen relativ kurzen Zeitraum und wenig regelhaft zur Verfügung. Der dadurch vorherrschende Mangel an Nistraum im tropischen Regenwald ist möglicherweise der wichtigste Faktor der Koloniegrößeregelung bei Ameisen. Erst mit dem Übergang zu aktivem Freinestbau ist es den Ameisen gelungen, sich (i) unabhängig von natürlichen Höhlen zu machen und dadurch große Kolonien zu etablieren, (ii) den Kronenraum als Habitat dauerhaft zu erschließen, (iii) negativen Witterungseinflüssen entgegenzuwirken und (iv) vorhandene Nahrungsressourcen in diesem Stratum permanent zu nutzen. Die in der vorliegenden Arbeit untersuchten freinestbauenden Ameisen sind selbst in der Lage, additiv Nistraum zu schaffen. Die Vertreter dieser Gilde legen ihre Nester nicht in der Erde oder in natürlichen oder selbst ,ausgeräumten-- Hohlräumen von Bäumen an, sondern konstruieren aktiv frei in der Laubregion der Holzgewächse Nisträume bzw. Unterstände, indem sie Material zusammentragen oder herstellen, mit dem eine Abschottung des Brut- und Nahrungsraumes gegenüber der Umwelt erreicht wird. Die erfolgreiche Besiedlung der Kronenregion war den Ameisen nur durch veränderte Bautechniken und eine verbesserte und angepasste Materialverwendung möglich. Gegenstand der vorliegenden Dissertation war zunächst die Bestandsaufnahme der freinestbauenden Ameisen der Baumkronenregion südostasiatischer Regenwälder. Der erste Schritt einer Analyse der Freinestkonstruktionen von Ameisen bestand darin, die Vielfältigkeit der verwirklichten Nestformen zu erfassen und darzustellen, Gemeinsamkeiten und Unterschiede herauszuarbeiten und die beteiligten Ameisenarten zu identifizieren. Im zweiten Teil der Arbeit wurden intensiv die proximaten Mechanismen des aktiven Nest- und Pavillonbaus untersucht. Dazu wurden die einzelnen Schritte der Nestentwicklung für sieben Ameisenarten aus sechs Gattungen in allen Details dargestellt und zusammenfassend beschrieben. Es wurde ermittelt, welche Baumaterialien die verschiedenen Ameisen nutzen und wie diese Materialien verwendet werden. Zur Bestimmung der verschiedensten Nesttypen wurden neben architektonischen Unterschieden auch Differenzen in der Substratwahl, Materialbeschaffenheit und in der Funktion der Nestkonstruktionen berücksichtigt. Als weiteres Kriterium zur Klassifikation arborealer Nestanlagen diente die Verschiedenartigkeit der Materialbearbeitung und der Substratvorbereitungen durch die Ameisen. Einige dieser Nestcharakteristika sind quantitativer, andere qualitativer Natur. Im Verlauf der Untersuchung wurden 1767 Kolonien bearbeitet und eingeordnet. Davon konnten insgesamt 100 Arten bzw. Morphospezies bestimmt und als echte Freinestbauer im Sinne der vorher formulierten Definition charakterisiert werden. Die ermittelten Arten verteilten sich auf acht Gattungen aus den drei Unterfamilien Formicinae, Dolichoderinae und Myrmicinae. Diese drei Unterfamilien gelten als die am weitesten entwickelten Ameisen und dominieren in der Kroneregion tropischer Regenwälder. Auffallend an dieser höher entwickelten Gruppe von Ameisen ist die Tendenz, pflanzliche Produkte als Hauptnahrungsressource zu nutzen. Die artenreichste Gattung Polyrhachis (39 Arten) gehört der Unterfamilie Formicinae an; zusammen mit den Gattungen Camponotus (10) und Oecophylla (1) wurden allein 50 Arten aus dieser Unterfamilie gefunden. In der Gattung Camponotus konnten zwei Untergattungen (C. Karavaievia, C. Myrmotarsus) mit freinestbauenden Arten ermittelt werden. Mit 29 identifizierten Arten aus drei Gattungen stellten die Myrmicinae die zweitgrößte Unterfamilie, wobei allein 23 Arten auf die Gattung Crematogaster entfielen. In den beiden anderen Myrmicinen-Gattungen Monomorium (5 Arten) und Myrmicaria (1 Art) fanden sich nur vergleichsweise wenige Vertreter mit Freinestbau. Die dritte Unterfamilie, die Dolichoderinae, wird durch die Gattungen Dolichoderus und Technomyrmex mit zusammen 21 Arten repräsentiert. Die als Freinestbauer ermittelten Ameisenarten zeigen hinsichtlich ihrer Koloniestruktur und Nestorganisation einige nennenswerte Parallelen. Die Mehrzahl der Arten lebt in polydomen Kolonieverbänden, die ihre manchmal mehr als 200 Nestanlagen meist nur auf eine einzelne oder wenige Nestpflanzen verteilen. In den Gattungen Camponotus und Monomorium sind alle Arten polydom organisiert, bei Dolichoderus und Technomyrmex sind es 90 % und bei Crematogaster 70 %. Polydomie findet man auch bei Myrmicaria arachnoides und Oecophylla smaragdina. Als weitere Gemeinsamkeit fällt ins Auge, dass mit Ausnahme von Myrmicaria arachnoides und Polyrhachis spp. funktionell als Stallnester zu charakterisierende Nestkonstruktionen überwiegen. Insbesondere bei Technomyrmex (100 %), Dolichoderus (100 %), Camponotus (70 %), Crematogaster (82 %), aber auch bei Monomorium (100 %) und Oecophylla smaragdina besteht eine ausgeprägte Tendenz, die Honigtau liefernden Trophobionten und die Brut in denselben Bauten unterzubringen. Bei den meisten Arten besteht somit ein enger Zusammenhang zwischen Freinestbau und trophobiotischer Ernährungsweise. Diese enge räumliche Vereinigung von Nahrungs- und Nistressourcen bildet die Basis für die Entwicklung individuenreicher, konkurrenzstarker und ökologisch dominanter Ameisenarten in der Kronenregion. Insgesamt wurden 22 unterscheidbare Nesttypen ermittelt und in allen Einzelheiten dargestellt. Auf 47 Bildtafeln wurden dazu fotografisch und zeichnerisch die Charakteristika der verschiedenen Nesttypen hinsichtlich der Nestarchitektur und ethologischer Besonderheiten der beteiligten Ameisenarten abgebildet. Während die Anzahl der freinestbauenden Ameisenarten sicherlich nur annähernd erfasst werden konnte, ist bei der Darstellung der verschiedenen Nesttypen zu erwarten, dass die erfolgreichsten, auf der Basis ethoökologischer sowie material- und substrattechnischer Unterschiede ermittelten Erscheinungsformen aufgeklärt werden konnten. Die vorgenommene Unterteilung der Hauptkategorie ,Nestsubstrat-- in drei blattgebundene und zwei stammgebundene Unterkategorien zeigte, dass die zweifach geschützte und materialsparende Position zwischen Blättern, von zusammen 13 Arten aus den Gattungen Polyrhachis (6), Camponotus (Karavaievia) (2), Oecophylla (1) und Crematogaster (3) präferiert wurde. Nester auf der vergleichsweise ungeschützten Blattoberseite wurden nur von Arten der Gattung Polyrhachis gebaut. Die bevorzugte Position der Polyrhachis-Nester war auf der Blattunterseite, 67 % aller Polyrhachis Nester waren dort lokalisiert. Die Nester der Untergattung Camponotus (Karavaievia) waren zu 75 % und die von Technomyrmex, Monomorium und Myrmicaria gar zu 100 % auf der Blattunterseite angebracht. Zusammen betrachtet waren 64 % aller im Rahmen der vorliegenden Arbeit aufgenommenen Nestbauten auf der Unterseite einzelner Blätter zu finden. Von allen Nestbauten auf Stamm- und Astoberflächen waren 75 % von Crematogaster-Arten besiedelt. Diese Nestposition konnte ansonsten nur noch bei zwei Polyrhachis-Arten und bei der mit Epiphyten assoziierten Camponotus (Myrmotarsus) gefunden werden. Je nach Anteil der hauptsächlich verarbeiteten Baustoffe kann man in vier Nestmaterialtypen unterteilen: (i) Nester aus toten pflanzlichen Materialien, (ii) Pilznester, (iii) Seidennester und (iv) Wurzelnester (Ameisengärten). Am häufigsten vertreten waren die aus Larvalseide gefertigten Webenester der Gattungen Polyrhachis, Camponotus (Karavaievia) und Oecophylla; insgesamt 45 % aller Funde gehörten zu dieser Materialgruppe. Fremde Seide konnten neben drei Polyrhachis-Arten auch drei Arten aus der Gattung Dolichoderus verarbeiten. Bemerkenswert ist der hohe Anteil pilzbewachsener Nestbauten. In allen drei Unterfamilien fanden sich Arten, die zu unterschiedlichen Teilen Pilze in ihren Nestern hielten. In der Gattung Technomyrmex waren 70 % aller älteren Nester vollständig aus Pilzhyphen gebildet. Mehr als die Hälfte des Nestmaterials von Monomorium-Nestern bestand ebenfalls aus einem dichten Pilzmyzel. Pilze bildeten auch in den Nestern von einigen Arten der Gattungen Dolichoderus, Crematogaster und Camponotus (Myrmotarsus) die maßgebliche Materialkomponente. Folgt man der bisher verwendeten Begriffsdefinition, die arboreale Ameisennester in der Regel nach den hauptsächlich verwendeten Baumaterialien einteilt, so muss man zu den bislang bekannten Karton- und Seidennestern die dritte Gruppe der Pilznester hinzufügen. Die Wahl des jeweiligen Baumaterials wirkt sich direkt auf die angewandten Bearbeitungsmechanismen und die Art und Weise der Nestfixierung und Neststabilisierung aus. Die Vertreter der Myrmicinen-Gattungen Myrmicaria und Monomorium zeigten in der Materialnutzung sowie bei der Stabilisierung und Fixierung der Konstruktionen gattungsspezifische Eigenheiten. Die Festigung der Nestbauten werden über H- Brückenstabilisierung (Myrmicaria) und Trichomstabilisierung (Monomorium) erreicht. Pilzhyphenstabilisierte Nester bauen Vertreter der Gattungen Technomyrmex, Dolichoderus und Crematogaster. Wobei innerhalb der beiden letztgenannten Gattungen noch eine Reihe weiterer Fixierungsmechanismen auftreten können. Bei Dolichoderus und Crematogaster sind die Methoden der Materialverfestigung sehr vielfältig und haben jeweils eine große Radiation erfahren (Stabilisierung durch Fremdseide, Pilze, Wurzeln und Klebstoff). Den Camponotus-Arten war die Eroberung der Baumkronenregion mit Hilfe von wurzelstabilisierten Ameisengärten (C. (Myrmotarsus)) und mit der Verwendung klebriger Larvalseide (C. (Karavaievia)) möglich. Beschränkt auf Seide zur Nestfixierung sind die Arten der Gattungen Oecophylla und Polyrhachis. Das bestimmende Element in der Nestarchitektur von fast allen Ameisennestern ist die Bogenkammer oder der Bogengang. Die innere Architektur von Oecophylla-Nestern weicht praktisch als einzige von dieser weit verbreiteten ,Bogenkammer-Struktur-- ab. Bei allen anderen Ameisenarten sind die Nestkammern in der Höhendimension in etwa auf die Größe einer einzelnen Arbeiterin beschränkt. Wegen der kooperativen Zusammenarbeit vieler Arbeiterinnen bei Oecophylla wird die Korrelation von Kammerhöhe und Körpergröße in dieser Gattung aufgehoben. Morphologische Besonderheiten, die als Anpassung an das Leben in Freinestern gedeutet werden könnten, konnten in der vorliegenden Arbeit bei keiner der untersuchten Arten festgestellt werden. Bei Bienen, Wespen und bei den Termiten wird überwiegend eine modellierende Bearbeitungstechnik angewandt. Die körpereigenen, flüssig-adhäsiven Substanzen (Wachs, Sekret und Kot) werden dazu oft noch mit Wasser verdünnt. Auch viele Ameisenarten verarbeiten wassergetränktes Material, nur einige wenige Vertreter der Gattung Crematogaster versetzen es allerdings mit klebenden Sekreten. Die durch das Baumaterial und dessen Fixierung am Substrat vorgegebene Verschiedenartigkeit der Bearbeitungstechniken hat bei den Ameisen zu sehr komplexen Verhaltensweisen geführt. So zum Beispiel das gezielte Verzahnen von Blatthaaren und das Verbinden von Baustoffen ohne die Zugabe von Leim. Weiter bearbeiten Ameisen Materialien, indem sie sie mit Fäkalien und anderen nährstoffreichen Substanzen düngen und so das Wachstum von Pilzhyphen und Wurzelfasern aktiv lenken. Die Seidenweber zeigen mit dem Verspinnen noch eine zusätzliche Möglichkeit der Materialbearbeitung bei Ameisen. Im Vergleich mit anderen sozialen Insekten findet man innerhalb der Ameisen eine mehr generalisierte Bautechnik, die möglicherweise variabler und effizienter ist als die Spezialisierung auf nur eine Materialkomponente. Generell sind die Freinestbauer, anders als die weitgehend deterministisch eingenischten obligaten Pflanzenameisen, bei der Auswahl des Nistplatzes nicht auf vorgegebene Hohlraumstrukturen (Domatien etc.) ganz bestimmter Pflanzen angewiesen, sondern erhöhen ihre Beweglichkeit in der Nistplatzwahl durch die Auswahl vergleichsweise häufig zu findender Substrattypen und Nestmaterialien. Bei allen untersuchten Freinestbauern konnte keine Spezialisierung auf eine bestimmte Pflanzenart festgestellt werden. Stochastische Besiedlungsprozesse gewinnen damit in dieser Ameisengilde, im Vergleich mit den myrmekophytischen Ameisenarten, an Bedeutung. In der vorliegenden Dissertation konnte erstmalig experimentell gezeigt werden, dass die bislang nur aus der Neotropis bekannten Ameisengärten auch im paläotropischen Faunengebiet zu finden sind. Die erstaunlichen Ähnlichkeiten zwischen neotropischen und paläotropischen Ameisengarten-Assoziationen deuten darauf hin, dass es in den unterschiedlichen tropischen Gebieten zu einer konvergenten und parallelen Entwicklung von ähnlich präadaptierten Ameisen und Pflanzen gekommen ist. Freinestbau ist mehrfach unabhängig voneinander entstanden. Sehr wahrscheinlich stand bei vielen Ameisen die Sicherung von Trophobiosestellen am Anfang der Entwicklung. Denkbar ist ebenso, dass die Vergesellschaftung von Epiphyten und Ameisen bei einigen Gruppen die Basis für die Evolution von Freinestbau war. Die Fertigung ausgedehnter Schutzbauten außerhalb der Nester, wie man sie beispielsweise bei der Myrmicinen-Gattung Pheidole findet, könnte ebenfalls die Evolution von frei gestalteten Nestern initiiert haben. Insgesamt wird deutlich, dass Konkurrenzvermeidung und die Erweiterung des Nistraum- und Nahrungsspektrums die drei bestimmenden Faktoren in der Evolution des Nestbauverhaltens von Ameisen waren. Anders als bei Wespen und Termiten fehlt den Ameisen jegliche Prädisposition für die Produktion von liquiden Klebesubstanzen. Sie haben vielfältige Wege gefunden, Wasser zum Nest zu transportieren und damit ihren Möglichkeiten entsprechende Verarbeitungs- mechanismen anzuwenden. Die fehlende gemeinsame Prädisposition der Ameisen für eine dauerhafte Fixierung von Baumaterialien, wie sie für freie Nestkonstruktionen notwendig ist, hat viele verschiedene Lösungen hervorgebracht und ist einer der Gründe für die hohe Variabilität der Freinestbauten bei Ameisen. Die in der vorliegenden Arbeit gezeigte variable Nistbiologie hat einen wichtigen Einfluss auf die Abundanzstrukturen tropischer arborealer Arthropodengemeinschaften und ist in hohem Maße für den großen Erfolg der Ameisen in diesem Habitat verantwortlich.
In dieser Arbeit wurde erstmals ein monokolonaler Antikörper gegen die GlyRbeta-Untereinheit (GlyRbeta) hergestellt. Zur Immunisierung der Mäuse wurde die 120 AS lange große cytoplasmatische Schleife (engl. loop) zwischen den transmembranen Domänen 3 und 4 von GlyRbeta gewählt, da diese nur geringe Sequenzhomologie zu GlyRalpha-Untereinheiten aufweist. Diese Schleifenregion wurde als GST-Fusionsprotein in Bakterien exprimiert und affinitätsgereinigt. Sowohl die Immunisierung der Mäuse als auch die Herstellung der Hybridoma-Klone wurde in Zusammenarbeit mit Synaptic Systems GmbH (Göttingen) durchgeführt. Die Spezifität der Antikörperbindung an GlyRbeta wurde zunächst in Western Blot-Experimenten mit affinitätsgereinigtem GlyR aus Rattenrückenmark demonstriert. Eine nachfolgende Untersuchung der Antikörperbindestelle führte zur Identifikation der ersten 20 AS des beta-loop (GlyRbeta336-355) als Epitop. Ein 20 AS kurzes, synthetisches Peptid, welches die Epitop-Sequenz enthielt, war ausreichend, um Färbungen von Western Blots und Gewebeschnitten durch den Antikörper effizient zu verhindern. Außerdem wurden Protokolle für die Antikörperfärbung von GlyRbeta in transfizierten Zelllinien und primären Neuronen aus Rattenrückenmark etabliert. Weiterhin ermöglichte die Herstellung dieses Antikörpers erstmals die direkte immunhistochemische Färbung von GlyRbeta-Protein im ZNS von Mäusen. GlyRbeta konnte hierbei im Hirnstamm, Rückenmark, dem Bulbus olfactorius und der Retina von Mäusen nachgewiesen werden, was zeigt, dass GlyRbeta-Protein weit weniger verbreitet ist als aufgrund von in situ Hybridisierungs-Studien vermutet. Die gefundene Verteilung von GlyRbeta-Protein unterscheidet sich demnach stark von der Verteilung der GlyRbeta-mRNA, was für eine posttranskriptionelle Regulation der GlyRbeta-Proteinmenge spricht. Weiterführende immunhistochemische Untersuchungen an der Retina von Mäusen zeigten, dass GlyRbeta in diesem Gewebe wie erwartet mit Gephyrin an inhibitorischen Synapsen kolokalisiert ist. In Bezug auf GlyRalpha-Untereinheiten geht man bislang davon aus, dass sie an Synapsen des adulten ZNS immer mit GlyRbeta assoziiert sind, und somit indirekt mit Gephyrin verbunden werden, wodurch das Clustering der Rezeptoren gewährleistet wird. Entgegen dieser Hypothese wurde in Doppelfärbungen von GlyRbeta und GlyRalpha-Untereinheiten gefunden, dass eine Ansammlung von GlyRalpha4-Clustern in der Retina adulter Mäuse vermutlich eine Ausnahme hierzu bildet. Für GlyRalpha4-Cluster in Stratum 3 und 4 der IPL konnte gezeigt werden, dass sie teilweise nicht mit GlyRbeta, und zu ebenso großem Teil nicht mit Gephyrin kolokalisiert sind. Dennoch scheinen diese GlyRalpha4-Untereinheiten in Clustern angereichert und zudem synaptisch lokalisiert zu sein. Der Mechanismus, durch den GlyRalpha4 in Abwesenheit dieser beiden Proteine an Synapsen immobilisiert wird, ist bislang völlig unklar. Funktionell wäre denkbar, dass derartige Rezeptorkomplexe den synaptischen Eingängen von ON-Starburst-Amakrinzellen besondere Leitungseigenschaften verleihen und somit maßgeblich an der Verarbeitung richtungsselektiver Signale in der Retina beteiligt sein könnten. In dieser Arbeit wurden außerdem Mutagenesestudien durchgeführt, um zu klären, über welchen Mechanismus die Inhibition der Proteinphosphatasen 1 und 2A (PP1 und PP2A) zum Verlust von synaptischem Gephyrin führt. Es konnte gezeigt werden, dass eine direkte Dephosphorylierung von Gephyrin durch PP1 hierfür wahrscheinlich nicht verantwortlich ist, da die Mutation etablierter Phosphorylierungsstellen von Gephyrin keinen, oder nur einen marginalen Einfluss auf dessen synaptische Lokalisation und das Clustering von GABAARs hatte. Dies spricht dafür, dass PP1/PP2A abhängige Dephosphorylierungs-/Phosphorylierungsprozesse wahrscheinlich andere Gephyrin- oder Cytoskelett-assoziierte Proteine beeinflussen, jedoch nicht direkt an Gephyrin wirken. Die Erstellung von genomweiten Expressionsprofilen ist eine effiziente Methode zur Identifikation neuer Regulationsmechanismen und potentieller Interaktionspartner von Genprodukten und wurde in dieser Arbeit auf Vorderhirnproben von WT- und Gephyrin-KO-Mäusen vergleichend angewendet. Hierbei wurde gefunden, dass die Transkription bekannter Gephyrin-Interaktionspartner durch den Verlust des Gephyrin-Gens nicht messbar verändert wird. Weil die ermittelten Unterschiede in Transkriptmengen generell sehr gering waren, ist zu vermuten, dass Gephyrin keine wesentlichen genregulatorischen Funktionen im Mausgehirn ausübt. Andererseits ergab die Expressionchip-Analyse Hinweise auf neue Genprodukte, für die in WT- und Gephyrin-KO-Mäusen signifikant verschiedene Transkriptionsmengen gefunden wurden. Die Validierung dieser Daten mit anderen Methoden steht jedoch noch aus.
Hypoxie entsteht, wenn das Sauerstoffangebot bzw. die Sauerstoffversorgung unter ein Niveau sinkt, das benötigt wird, um physiologische O2-Drücke des betreffenden Gewebes aufrecht zu erhalten. Sinkt der Sauerstoff-Partialdruck, so werden adaptive Mechanismen aktiviert. Neben der Anpassung durch das kardiovaskuläre System werden auch verschiedene Gene aktiviert. Die Forschung der letzten Jahre hat gezeigt, dass Hypoxieinduzierte Genexpression insbesondere von zwei Transkriptionsfaktoren, HIF (hypoxia inducible factor) -1 und -2 , gesteuert wird. Man kennt über 70 Gene, die von HIF transaktiviert werden. Dabei handelt es sich um Modulatoren von Angiogenese und Vasodilatation, Erythropoese sowie der Umstellung des Stoffwechsels von oxidativer Phosphorylierung auf Glykolyse. Die Hypoxie-induzierbare Genexpression wird sowohl über eine Steigerung der Transaktivierungsaktivität als auch der Proteinmenge der HIF- -Untereinheiten reguliert. Die Regulation der HIF-Proteinmenge erfolgt über eine vom O2-Partialdruck abhängige Stabilisierung der -Untereinheit des Proteins. Unter normoxischen Bedingungen wird das Protein durch die Prolylhydroxylasen (PHD) O2-abhängig hydroxyliert, pVHL-vermittelt (VHL = von Hippel-Lindau), ubiquitiniert und proteosomal abgebaut. Unter hypoxischen Bedingungen dagegen wird das Protein stabilisiert, akkumuliert im Zellkern und bindet an eine spezifische Zielsequenz, das Hypoxia-responsive element oder HRE, imPromotor von Hypoxie-aktivierten Genen. Die PHDs gehören zu einer Familie von Eisen- und 2-Oxoglutarat-abhängigen Dioxygenasen. Neben diesen Faktoren wird eine Regulation von HIF durch Sauerstoffradikale (ROS, reactive oxygen species) in der Literatur sehr kontrovers diskutiert, da die Wirkung von ROS auf HIF sich unter Normoxie, Hypoxie oder dem Einfluss von Wachstumsfaktoren unterscheidet. Im Rahmen dieser Arbeit sollte die Frage, welche Rolle die PHDs bei der ROS-vermittelten HIF-Regulation spielen, beantwortet werden. Der zugrunde liegende Mechanismus wurde anhand von Glioblastom-Zelllinien untersucht. Die vorliegende Arbeit zeigt eine Stabilisierung von HIF nach Verringerung der ROS-Konzentration unter Normoxie. Eine Erhöhung der ROS-Konzentration führt dagegen zu einer dosisabhängigen Verminderung von HIF und der HIF-Targetgen-Expression. Es konnte eine direkte Abhängigkeit der Destabilisierung von VHL und den Prolylhydroxylasen gezeigt werden, da sowohl eine VHL-Defizienz als auch eine Mutation der Prolylreste oder eine Inhibition der PHDs zu einer Aufhebung des Effekts führen. Eine vergleichbare destabilisierende Wirkung auf HIF übt Ascorbat aus. Überraschenderweise führt sowohl die Zugabe von H2O2 mit seiner oxidativen Wirkung als auch die Zugabe des Reduktionsmittels Ascorbat zu einer Erhöhung des intrazellulären Fe2+-Gehaltes. Dieser Befund kann durch eine Aktivierung von Enzymen mit eisenreduzierenden Eigenschaften erklärt werden. Im Rahmen dieser Arbeit wurde die Proteinfamilie der Ferrireduktasen (FR) identifiziert und fünf Enzyme, die eine Homologie zur cytb561-Domäne aufweisen, kloniert. Eine detaillierte Charakterisierung zeigte, dass die Enzyme tatsächlich eine eisenreduzierende Aktivität aufweisen, die durch die exogene Zugabe von ROS noch erhöht wird. Eine Überexpression der FR führt zu einem erhöhten Abbau von HIF. Ein knock down mittels siRNA führt dagegen zu einer Akkumulation von HIF und die destabilisierende Wirkung von ROS ist nach einemknock down der FR deutlich reduziert. Aufgrund der in dieser Doktorarbeit gezeigten Daten kann folgendes Modell aufgestellt werden: Die primäre oxidative Wirkung von ROS führt vermutlich zu einer Aktivierung der Ferrireduktasen, die in Abhängigkeit von Ascorbat dann vermehrt Eisen reduzieren, so dass dies den PHDs als Substrat zur Verfügung steht. Der regulierende Einfluss auf HIF wird somit vermutlich über eine erhöhte Aktivität der Prolylhydroxylasen durch eine Erhöhung des intrazellulären Fe2+-Gehaltes vermittelt. Die erhobenen Daten deuten an, dass die Familie der Ferrireduktasen ein zentrales Bindeglied im O2-Sensing darstellt, das in Abhängigkeit von Redox-Signalen homeostatische Antworten auf Hypoxie moduliert.
Stechmücken (Dipteren: Culicidae) sind weltweit mit über 3500 Arten und mit Ausnahme der arktischen Regionen ubiquitär vertreten. Die medizinische Relevanz dieser Tiergruppe, begründet durch die hämatophage Lebensweise der Weibchen, erschloss sich bereits Ende des 19. Jh. und hat bis heute Bestand. Jedes Jahr sterben rund 600.000 Menschen an den Folgen der Malaria und fast 100 Mio. Menschen infizieren sich mit dem Denguefieber. Zwar beziehen sich diese Zahlen fast ausschließlich auf die Entwicklungsländer, aber im Zuge des Klimawandels und des immer stärkeren Welthandels kommt es auch in Europa und den USA immer wieder zu Ausbrüchen vorher nicht relevanter Krankheiten. So hat sich das West-Nil- Virus seit 1999 in Nordamerika rasant verbreitet. Im Jahr 2013 gab es dort rund 2500 Fälle, von denen 119 zum Tod führten. In Europa traten hingegen Krankheiten wie das Chikungunyafieber (Italien 2007) oder das Denguefieber (Frankreich 2010/2013) auf. Die Gründe für diese Ausbrüche sind vor allem in der Einschleppung neuer Vektorspezies und Krankheitserreger sowie in den veränderten Wirtspräferenzen einheimischer Stechmückenarten zu suchen. Das Wissen um das Vektorpotential der in Deutschland heimischen Stechmücken konnte vor allem durch die seit 2009 initiierten Monitoring-Programme stetig erweitert werden. Auch die Veränderung der heimischen Fauna durch invasive Arten wie Ochlerotatus japonicus japonicus oder Aedes albopictus wird intensiv erforscht. Dennoch ist hinsichtlich der Biologie, Ökologie sowie Genetik vieler Arten noch immer wenig bekannt.
Die vorliegende Dissertation, welche auf Basis von vier (ISI-) Einzelpublikationen kumulativ angefertigt wurde, beschäftigte sich mit der Analyse der genetischen Variabilität sowie der Zoogeographie der untersuchten Arten und der Etablierung einer schnellen und kostengünstigen Methode zur Artdiagnostik. Besonderes Augenmerk wurde bei den Analysen auf die beiden heimischen Arten Culex pipiens und Culex torrentium sowie die invasive Art Ochlerotatus japonicus japonicus gelegt. Ziel war es, die noch bestehenden Wissenslücken zu füllen, um zukünftige Monitoring-Programme besser koordinieren sowie Analysen zur Vektorkompetenz und Genetik dieser Arten gezielter durchführen zu können.
Es konnte gezeigt werden, dass Cx. pipiens und Cx. torrentium deutliche Unterschiede in ihren Populationsstrukturen aufwiesen welche auf verschiedene evolutive Prozesse hindeuten. Die geringere genetische Variabilität in Cx. pipiens lässt auf positive Selektion durch z.B. Insektizidresistenz im Zuge durchgeführter Bekämpfungsmaßnahmen oder die Infektion mit Wolbachien schließen. Die analysierte Populationsstruktur von Cx. torrentium spricht hingegen für eine geringe Ausbreitung, wodurch der genetische Austausch reduziert wurde und so die untersuchten Populationen genetisch stärker voneinander abwichen. Des Weiteren ließen die Analysen des Cytochrom c Oxidase Untereinheit 1-Fragmentes (cox1) Rückschlüsse auf die Zoogeographie dieser Arten in Deutschland zu - wobei beide Arten über das Untersuchungsgebiet verteilt waren, Cx. torrentium jedoch in den neuen Bundesländern weniger häufig nachgewiesen wurde als in den alten und eine geringere gefangene Individuenzahl aufwies. Basierend auf der ökologischen Nischenmodellierung konnten potentiell neue Verbreitungsgebiete für die Art Ochlerotatus japonicus japonicus identifiziert werden. Als klimatisch besonders günstig zeigten sich dabei Südhessen, das Saarland sowie nördliche Teile Nordrhein-Westfalens. Mit Hilfe der etablierten Methode der direct-PCR wird in Zukunft eine schnellere und kostengünstigere Identifizierung von Stechmücken erfolgen können, welche aufgrund bestimmungsrelevanter Merkmale nicht mehr morphologisch zu identifizieren sind.
Um das Wissen über die Stechmücken in Deutschland fortlaufend zu intensivieren, ist sowohl das Weiterführen der Monitoring-Programme als auch die molekularbiologische Aufarbeitung der Proben nötig. Durch die Anwendung neuer Techniken und weiterer molekularer Marker wird es möglich sein, weitere Krankheitserreger sowie genetische Besonderheiten der heimischen Stechmückenfauna nachzuweisen. Aber auch die Überwachung invasiver Stechmückenarten durch die Modellierung potentieller Verbreitungsgebiete und die Anwendung molekularbiologischer Analysemethoden zum Detektieren der Arten und möglicher Krankheitserreger wird ein wichtiger Bestandteil der weiteren Forschung sein.
Um molekulare Mechanismen in biologischen Prozessen zu verstehen, ist es unerlässlich biologisch aktive Verbindungen zu kontrollieren. Dabei spielt besonders die Aktivierung bzw. Desaktivierung von Genabschnitten eine zentrale Rolle in der gegenwärtigen chemischen, biologischen und medizinischen Forschung. Nukleinsäuren sind dabei offenkundige Zielmoleküle, da sie die Genexpression auf unterster Ebene regulieren und auf vielfältige Art und Weise an biologischen Prozessen beteiligt sind. Um solch eine genaue Steuerung zu erreichen, werden Nukleinsäuren häufig photolabil modifiziert und unter die Kontrolle von Licht gebracht. Da hochentwickelte Technologien es erlauben Photonen bestimmter Energie unter präziser räumlicher und zeitlicher Auflösung zu dosieren, ist Licht als nicht invasives Triggersignal ein besonders geeignetes Werkzeug um molekulare Prozesse zu kontrollieren.
Die Verwendung photolabiler Schutzgruppen („cage“) ermöglicht es, diese lichtaktivierbaren Nukleinsäuren („caged compound“) herzustellen. Üblicherweise werden Oligonukleotide damit an funktionsbestimmenden Stellen versehen, woraufhin die Funktion der Oligonukleotide unterdrückt wird. Die biologische Aktivität kann durch Bestrahlung mit Licht wieder hergestellt werden, da die photolabile Schutzgruppe durch den Lichtimpuls abgespalten wird. Neben der zeitweiligen Maskierung der Nukleinsäureaktivität existiert auch eine Methode, die als „photoaktivierbarer Strangbruch“ (‘‘caged strand break‘‘) bezeichnet wird. Dabei werden mit Hilfe von photolabilen Linkern (‘‘Verknüpfer‘‘) lichtinduzierte Strangbrüche in Oligonukleotiden ausgelöst, um so beispielsweise die Struktur eines Nukleinsäurestrangs zu zerstören. Die Idee der photoaktivierbaren Strangbrüche ist nicht neu, dennoch werden photolabile Schutzgruppen überwiegend nach der erstgenannten Strategie verwendet. Im Rahmen dieses Promotionsvorhabens wurden neue photosensitive Linkerbausteine für Oligonukleotide entwickelt und hergestellt, welche sich vor allem im Hinblick auf die Anwendbarkeit in lebenden biologischen Systemen von den bisherigen photolabilen Linkern unterscheiden.
Im ersten Projekt wurde ein nicht-nukleosidischer, photolabiler Linker, basierend auf dem Cumaringrundgerüst, entwickelt. Das Ziel war hier, vor allem, einen zweiphotonenaktiven Linker für biologische Anwendungen und Zweiphotonen-Fragestellungen nutzbar zu machen. Bisherige Zweiphotonen-Linker konnten hauptsächlich nur für Proteinverknüpfungen bzw. Neurotransmitter verwendet werden oder mussten chemisch umständlich (z.B. Click-Chemie) und postsynthetisch in Oligonukleotide eingeführt werden. Der neu entwickelte Zweiphotonen-Linker wurde als Phosphoramiditbaustein für die Oligonukelotid-Festphasensynthese synthetisiert, was einen problemlosen und automatisierten Einbau garantiert. Mit einem modifizierten Oligonukleotid konnten die photochemischen Eigenschaften des Linkers bestimmt und mit Hilfe eines fluoreszenzbasierten Verdrängungsassays und Lasertechniken der Zweiphotonen-Effekt visualisiert werden. Dazu wurde ein Hairpin-DNA-Strang hergestellt, welcher eine Linkermodifikation im Bereich der Loopregion enthält. Durch eine Thiolmodifikation am 5‘-Ende des Oligonukleotidstranges war es möglich, diesen in einem Maleimid-funktionalisierten Hydrogel zu fixieren. Ein DNA-Duplex mit einem Fluorophor/Quencherpaar und einer korrespondierenden Sequenz zum modifizierten Hairpin-Strang wurde ebenfalls dem System zugegeben, allerdings wurde dieser nicht fixiert, um Diffusion zu ermöglichen. Durch die räumliche Nähe des Fluorophors zum Quencher konnte im unbelichteten Zustand zunächst keine Fluoreszenz gemessen werden. Mit einem (Femtosekunden-)gepulsten Laser und dem damit verbundenen Bindungsbruch im Hairpin-Strang durch Zweiphotonen-Effekte wurde es dem fluoreszierenden Strang des DNA-Duplex ermöglicht, sich vom Quencher-Strang zu lösen und an den fixierten Strang zu hybridisieren. Das Photolyse-Ereignis konnte so in ein lokales Fluoreszenzsignal übersetzt und detektiert werden.
Der eindeutige Beweis, dass es sich tatsächlich um ein Zweiphotonen-induziertes Ereignis handelt, konnte durch die dreidimensional aufgelöste Photolyse und über die quadratische Anhängigkeit des Fluoreszenzsignals von der eingestrahlten Laserleistung erbracht werden.
Die generelle Kompatibilität des Cumarin-Linkers mit biologischen Systemen konnte in Zellkulturexperimenten gezeigt werden. Dazu wurde eine Transkriptionsfaktor-DNA Decoy-Strategie entwickelt, in der Linker-modifizierte DNA Decoys an regulatorische Transkriptionsfaktoren binden und diese aber auch photochemisch wieder freisetzen können („catch and release-Strategie“). Zellkulturexperimente, um mit dieser Methode das Transkriptionsfaktor-gesteuerte und endogene Gen für Cyclooxygenase-2 (COX2) zu regulieren, lieferten keine aussagekräftigen Ergebnisse. Daher wurden die verwendeten Zellen dahingehend manipuliert, sodass sie das Protein GFP (grün fluoreszierendes Protein) in Abhängigkeit von der Anwesenheit eines Transkriptionsfaktors exprimieren. Das so durch die Zellen verursachte Fluoreszenzsignal steht in direkter Abhängigkeit zur Decoy-Aktivität. Mit Hilfe modifizierter GFP-Decoys konnte hierbei eine Regulation auf Transkriptionsebene in biologischen Organismen erreicht werden. Mit dem Electrophoretic Mobility Shift Assay (EMSA), einer molekularbiologischen in vitro-Analysetechnik, wurden die Interaktionen zwischen modifizierten Decoys und dem Transkriptionsfaktor untersucht.
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Der Fokus der Arbeit liegt auf der Untersuchung von Wechselwirkungen zwischen Molekülen in selbst-anordnenden Monolagen (SAMs) auf Goldoberflächen mittels Rastertunnelmikroskopie und komplementären Methoden wie z.B. Infrarot-Reflektions-Absorptions-Spektro-skopie.
In dieser Arbeit wurde das kürzlich etablierte Konzept von eingebetteten Dipolmomenten in aromatischen, SAM-bildenden Molekülen eingehender untersucht. Das Ausmaß des Dipol-moments und die Größe der SAM-bildenden Moleküle wurden synthetisch variiert und der Einfluss auf die Struktur und elektronischen Eigenschaften der SAMs untersucht. Binäre, gemischte Monolagen aus SAM-bildenden Molekülen mit "entgegen gerichteten", Dipolmomenten wurden hergestellt und charakterisiert. Zur Herstellung der binären, gemischten Monolagen wurden zwei Methoden verwendet: die Monolagen wurden a) aus bereits gemischten Lösungen der Moleküle abgeschieden oder b) eine reine SAM in die Lösung des anderen Moleküls eingelegt, so dass ein Austausch stattfand. Der Vergleich der beiden Methoden ermöglicht Rückschlüsse über die Abscheidungsprozesse. Die Charakterisierung der SAMs dieser Mischungsreihen gab Aufschluss über Eigenschaften wie Packungsdichte, Austrittsarbeit, elektronischen Ladungstransport in Monolagen und Orientierung der Moleküle relativ zur Oberfläche und erlaubte Schlussfolgerungen über die Mischbarkeit und das Ausmaß der Dipolwechselwirkungen der Moleküle in der Monolage. In einem ähnlichen Ansatz zu dem oben beschriebenen Vorgehen wurden Quadrupolwechselwirkungen zwischen SAM-bildenen, Benzol-, Naphtalin- und Anthracenderivaten untersucht. In Mischungsreihen wurden SAMs von nicht- und teilweise (hoch)fluorierten, SAM-bildenden Molekülen auf Goldoberflächen charakterisiert. Die Ergebnisse der Untersuchungen können bei der gezielten Einstellung der elektronischen Eigenschaften in elektronischen Bauteilen wie OFETs Anwendung finden.
In einem weiteren Projekt wurde der Einfluss von polaren Endgruppen auf die in situ Abspaltung von Schutzgruppen an Terphenylthiol-Derivaten untersucht, wobei die Ergebnisse zum Aufbau größerer, aus organischer Elektronik bestehender, Netzwerke verwendet werden können.
Stressorinduzierte ökotoxikologische Effekte und Genexpressionsveränderungen bei Chironomus riparius
(2008)
Die Effekte von Stressoren auf Chironomus riparius wurden im Lebenszyklustest und auf genomischer Ebene mit dem Ziel untersucht, ein auf einem DNA-Mikroarray („ChiroChip“) basierendes Screeningverfahren zu entwickeln. Die empfindlichsten Endpunkte der Lebenszyklustests waren die Mortalität, der Anteil fruchtbarer Eigelege, der mittlere Schlupfzeitpunkt der Weibchen sowie das Gewicht der Männchen. Temperaturveränderungen um ± 6°C gegenüber einer normalen Hälterungstemperatur von 20°C führten in allen Endpunkten zu hochsignifikanten Effekten. Eine LC10 konnte nur für die Salinität berechnet werden (0,66‰, KI: 0,26 − 1,68‰). Aufgrund der nicht-linearen Konzentrations-Wirkungs-Beziehungen konnte nur für den mittleren Schlupfzeitpunkt der Weibchen nach einer Exposition gegenüber Cadmium eine EC50 (0,53 mg/kg, KI: 0,29 − 0,97 mg/kg) bestimmt werden. In den Versuchen mit Methyltestosteron, Ethinylöstradiol, Carbamazepin, Fluoxetin, Blei und Tributylzinn (mit denen auch molekularbiologische Untersuchungen durchgeführt wurden) waren die empfindlichsten Endpunkte die Mortalität, der Anteil fruchtbarer Eigelege, der mittlere Schlupfzeitpunkt der Weibchen sowie die Populationswachstumsrate. Carbamazepin (CBZ) wirkte schlupfverzögernd bei den Weibchen. 10 mg CBZ/kg führte zu einer höheren Mortalität, weniger Eigelegen, die vermehrt unfruchtbar waren, sowie zu einer geringeren Populationswachstumsrate. Fluoxetin (FX) wirkte bei beiden Geschlechtern schlupfverzögernd. 0,9 mg FX/kg führte zu einer erhöhten Mortalität, weniger und vermehrt unfruchtbaren Eigelegen und einer geringeren Populationswachstumsrate. In der höchsten Konzentration (5,9 mg/kg) waren die Weibchen leichter als die Kontrolltiere. Tributylzinn (in µg Sn/kg angegeben) bewirkte eine höhere Mortalität und geringere Populationswachstumsrate bei 100 µg Sn/kg und führte zu einer Verzögerung im Schlupfverlauf bei den Weibchen. Bei 160 µg Sn/kg gab es weniger Eigelege, die vermehrt unfruchtbar waren. Die Männchen, die gegenüber Konzentrationen von 120 und 160 µg Sn/kg exponiert wurden, waren leichter als die Kontrolle. Expositionen gegenüber Blei (Pb) in Konzentrationen von 0,65 − 65 mg/kg führten bei 6,5 mg Pb/kg zu einer erhöhten Mortalität und zu mehr unfruchtbaren Gelegen. Bei 0,65 mg Pb/kg waren die Männchen leichter und bei 6,5 mg Pb/kg schwerer. Die Anzahl der fruchtbaren Gelege pro Weibchen war bei 3,25 und 6,5 mg Pb/kg geringer als in der Kontrolle. Die gegenüber 17alpha-Methyltestosteron (MET) exponierten Mücken hatten geringere Mortalitäten als in der Kontrolle und zeigten einen verfrühten Schlupf beider Geschlechter. Ab 27 µg MET/kg gab es weniger unfruchtbare Gelege, leichtere Männchen sowie erhöhte Populationswachstumsraten. 17alpha-Ethinylöstradiol (EE2) führte zu einem verfrühten Schlupf bei beiden Geschlechtern sowie zu erhöhten Populationswachstumsraten. Bei 9 µg EE2/kg gab es weniger unfruchtbare Gelege. Die Exposition von Chironomus-Larven gegenüber Methyltestosteron, Ethinylöstradiol, Fluoxetin, Carbamazepin, Tributylzinn und Blei führte zur differenziellen Expression von neun (Methyltestosteron) bis 49 (Carbamazepin) Genen. Bei der Untersuchung der exprimierten Proteine fällt auf, dass kaum bekannte Stressproteine (z.B. Glutathion-S-Transferase oder Cytochrom P450) differentiell reguliert wurden. Bei der Exposition wurden verschiedene Prozesse durch eine veränderte Genexpression beeinflusst. Eine Exposition gegenüber Methyltestosteron führte zu einer Beeinträchtigung von drei identifizierten biologischen Prozessen, während bei den anderen Substanzen sieben bis acht Prozesse beeinflusst waren. Die am häufigsten beeinflussten Prozesse waren der Protein- und der Energiemetabolismus. Der Sauerstofftransport ist ein Prozess, der bei allen Substanzen beeinflusst wurde, jedoch mit unterschiedlichen Anteilen. Bei einer Exposition gegenüber Methyltestosteron war der Anteil des Sauerstofftransports an den beteiligten Prozessen mit 84,6% am größten und mit 10,5% bei Fluoxetin am geringsten. Die veränderte Genexpression der Globine kann möglicherweise aufgrund der schadstoffspezifischen Veränderungen als Biomarker für das Monitoring von Freilandgewässern angewendet werden. Da Tubulin und Aktin häufig nach einer Exposition gegenüber Stressoren differenziell exprimiert wird (bei Tributylzinn und CBZ in der vorliegenden Arbeit und bei Antidepressiva und Östrogenen in anderen Studien) wären die beiden Proteine möglicherweise ebenfalls als Biomarker für Chemikalienstress geeignet. Vor der Verwendung des ChiroChips als Screeninginstrument für die Chemikalienuntersuchung und das Biomonitoring müssen noch Untersuchungen zur konzentrationsabhängigen Genexpression und zur Expression in unbehandelten Larven und weiteren Lebensstadien erfolgen. Des Weiteren müssen die vorliegenden Daten verifiziert und die Funktion der differentiell regulierten Gene vertieft untersucht werden.
Organisation und Steuerung des Treiberameisenverhaltens südostasiatischer Ponerinen der Gattung Leptogenys Treiberameisen zeichnen sich durch eine einzigartige Kombination aus Wanderverhalten (häufige Umzüge) und koordinierter Massenjagd (kollektive Raubzüge) aus. Obwohl allgemein angenommen wird, daß die Kommunikation dieser Ameisen zu einem bedeutenden Teil durch Spurpheromone erfolgt, sind bisher in den drei Unterfamilien Ecitoninae, Dorylinae und Aenictinae nur wenige Drüsen bekannt, die derartige Pheromone produzieren. Welche Rolle einzelne Pheromonkomponenten bei der Koordination des komplexen Schwarmverhaltens spielen, wurde bislang noch nicht untersucht. In der Gattung Leptogenys gibt es ein weites Spektrum verschiedener Ökotypen, u.a. auch Arten, die echtes Treiberameisenverhalten zeigen. Bei sieben malaiischen Leptogenys-Arten wurde die Koordination des kollektiven Verhaltens auf Basis der Kommunikation zwischen den Einzelindividuen untersucht. Bei allen Arten wurden mehrere Spurpheromone entdeckt, die in den Gift- und in den Pygidialdrüsen lokalisiert waren. Ökologisch verschiedene Arten wiesen Unterschiede im Kommunikationssystem auf. Die Koordination des Treiberameisenverhaltens von L. distinguenda wurde besonders ausführlich untersucht. Diese Art besitzt ein Mehr-Komponenten-Signalsystem, bei dem die einzelnen Pheromone multiple Funktionen erfüllen. Die Pygidialdrüse enthält eine Pheromonkomponente, die ca. 20 min lang gute Spurfolge bewirkt. Sie dient der Orientierung einzelner Individuen und damit dem Koloniezusammenhalt. Aufgrund konzentrationsabhängiger Spurfolge und durch Modulation der Spurkonzentration kann eine langsame Rekrutierung auf neues Territorium mit diesem Pheromon koordiniert werden. Die Giftdrüse enthält zwei Pheromone. Eine sehr flüchtige Substanz (4-Methyl-3-Heptanon) bewirkt nur 1-2 min lang eine außerordentlich starke Attraktion sowie Erregung, Beschleunigung der Fortbewegung und Aggressivität. Mit dieser Komponente werden Beuterekrutierungen koordiniert. Die starke Wirkung kann das Verhalten zahlreicher Tiere und auf diese Weise sogar die Vorstoßrichtung ganzer Raubzüge beeinflussen. Aufgrund der extremen Flüchtigkeit des Pheromons ist dieser Einfluß jedoch nur momentan, so daß die Raubzugformation außerordentlich dynamisch ist. Eine zweite Komponente der Giftdrüse bewirkt bis zu 5 min lang gute Spurfolge ohne Erregung. Diese Substanz dient ebenfalls dem Koloniezusammenhalt. In den chemischen Spuren können Komponenten gemischt und der Informationsgehalt dadurch variiert werden. Zudem reagieren einzelne Tiere je nach Motivation nur auf bestimmte Komponenten, was situationsspezifisches Verhalten ermöglicht. Beute eintragende Arbeiterinnen folgen selektiv einer Komponente der Pygidialdrüse und ignorieren Komponenten der Giftdrüse. Auf diese Weise steuern sie gezielt das Nest an. In ähnlicher Weise fungieren beim Nestumzug hoch konzentrierte Spuren aus Pygidialdrüsensekret als Leitlinie zum neuen Nest. Umziehende Tiere meiden zudem sehr empfindlich das Sekret der Giftdrüse. Auf diese Weise werden Raubzugspuren klar unterschieden und nicht betreten, so daß beide für Treiberameisen charakteristischen Verhaltensweisen synchron ausgeführt werden können. Der Nestumzug wird mit einem distinkten, mechanischen Signal ausgelöst. Im Notfall kann ein Umzug oder Raubzug mit einer spezifischen Alarmsubstanz aus der Mandibeldrüse abrupt beendet werden. Dies ist z.B. von Bedeutung, wenn sich artgleiche Kolonien begegnen. Das Kommunikationssytem von L. distinguenda zeigt, wie komplexes Verhalten mit einem minimalen Satz an Signalen koordiniert werden kann. Nach den Ergebnissen der vorliegenden Arbeit reicht ein einziges Pheromon bei weitem nicht aus, um treiberameisentypisches Verhalten zu realisieren. Treiberameisen sind besonders reich an Myrmekophilen. Die Integration dieser Ameisengäste vor allem in das Kommunikationssystem ihrer Wirte wurde in der vorliegenden Arbeit ebenfalls untersucht. Dabei wurden unterschiedliche Strategien vorgefunden, mit denen Myrmekophile den häufigen Umzügen ihrer Wirtskolonie folgen. Ein Teil der Arten läßt sich von den Ameisen auf der Brut aufsitzend in das neue Nest tragen. Diese Arten reagieren i.d.R. nicht auf die Pheromonspuren der Ameisen. Ein anderer Teil ist in der Lage, den Pheromonspuren aktiv zu folgen. Diese Fähigkeit ist erstmalig bei einer Spinne (Gamasomorpha maschwitzi) nachgewiesen worden. Einen besonders bemerkenswerten Gast stellt die neu beschriebene Lungenschnecke Allopeas myrmecophilos dar. Sie sondert selektiv bei Kontakt mit L. distinguenda ein spezifisches Attraktionssekret ab, welches die Ameisen dazu veranlaßt, die Schnecke mit den Mandibeln aufzunehmen und ins Nest zu tragen. A. myrmecophilos ist der erste nachgewiesene Fall eines Myrmekophilen aus dem Stamm der Mollusken.
Die Haarzellen des Innenohrs setzen durch Schallreize ausgelöste Schwingungen der Basilarmembran in elektrische Impulse um, die über Nerven an das Gehirn geleitet werden und dort nach komplexer neuronaler Verarbeitung die Hörwahrnehmung auslösen. Gleichzeitig erhalten die äußeren Haarzellen über absteigende Nervenverbindungen, die olivo-cochleären Neurone, auch Informationen vom Gehirn, durch die ihre Empfindlichkeit verändert werden kann. Über die Mechanismen dieser efferenten Beeinflussung der Reizverarbeitung im Innenohr ist noch wenig bekannt und auch ihre biologische Funktion ist noch nicht geklärt. Diskutiert wird eine Rolle bei der Verbesserung des Signal-Hintergrundrausch-Verhältnisses und im Zusammenhang mit selektiver Aufmerksamkeit, durch die relevante Anteile der akustischen Umwelt gezielt „herausgehört“ werden können. Ziel dieser Promotionsarbeit ist die Untersuchung der efferenten Beeinflussung der Vorgänge im Innenohr mithilfe der nicht-invasiven Messung von akustischen Beiprodukten der aktiven Reizverstärkung durch die äußeren Haarzellen, den otoakustischen Emissionen. Bei dieser Methode werden mit einem empfindlichen Mikrophon im Gehörgang Schallereignisse aufgenommen, die das Ohr selbst produziert. Die olivo-cochleären Efferenzen können experimentell durch Applikation von Rausch-Stimuli auf dem kontralateralen Ohr aktiviert werden und ihre Wirkung auf die Empfindlichkeit des Innenohrs anhand der Veränderungen der otoakustischen Emissionen auf dem anderen, ipsilateralen Ohr gemessen werden. In Messungen unterschiedlicher Typen von otoakustischen Emissionen am Menschen und an der Mongolischen Wüstenrennmaus konnten deutliche Veränderungen der otoakustischen Emissionen bei gleichzeitiger Beschallung des kontralateralen Ohrs gezeigt werden, die als Modulation der Haarzelleigenschaften und Beeinflussung der cochleären Verstärkung durch Aktivierung der absteigenden Nervenbahnen interpretiert werden können: Spontane otoakustische Emissionen (SOAE), die ohne jegliche akustische Stimulation vom Innenohr generiert werden, zeigten bei kontralateraler akustischer Stimulation eine Verminderung ihres Pegels und eine Erhöhung ihrer Frequenz. Die Pegelverminderung deutet auf eine Dämpfung der cochleären Verstärkungsmechanismen und die Frequenzerhöhung auf eine Erhöhung der Steifigkeit im Corti-Organ und hierdurch veränderte Resonanzeigenschaften nach Aktivierung der efferenten Neurone hin. Distorsionsprodukt-otoakustische Emissionen (DPOAE), die bei Stimulation mit zwei Reintönen (f1 und f2) in Folge der nichtlinearen Verstärkung durch die äußeren Haarzellen entstehen, waren durch kontralaterale akustische Stimulation ebenfalls klar in ihrem Pegel beeinflusst. Die Effekte, sowohl auf SOAE als auch auf DPOAE, waren abhängig vom Pegel des kontralateralen Stimulus und traten bereits bei niedrigen kontralateralen Stimuluspegeln, deutlich unter der Schwelle des Mittelohrreflexes, auf. Durch ihren Zeitverlauf konnten die Effekte den in der Literatur beschriebenen efferenten Vorgängen zugeschrieben werden. Bei anhaltender akustischer Stimulation traten Adaptationsphänomene auf. Weiterhin zeigte sich in Experimenten mit kontralateralem Schmalbandrauschen und Reintönen, dass die efferente Modulation selektiv auf bestimmte Bereiche des tonotop organisierten Innenohrs zielt, also frequenzspezifisch agiert, wobei Reintöne mit Frequenzen, die etwas tiefer als die Stimulationsfrequenz lagen, die größten Effekte erzielten. Dies steht in guter Übereinstimmung zu anatomischen Daten. Besonders interessant an den DPOAE-Messungen war, dass das quadratische Distorsionsprodukt der Frequenz f2-f1 wesentlich empfindlicher reagierte als das kubische Distorsionsprodukt der Frequenz 2f1-f2. Bisher gibt es kaum Daten zu Veränderungen der f2-f1-DPOAE durch efferente Mechanismen. Die beiden DPOAE-Typen sind durch unterschiedliche Parameter der dem Verstärkungsprozess zu Grunde liegenden Transferfunktion beeinflusst, und die experimentell nachgewiesenen Unterschiede deuten darauf hin, dass die Aktivierung der olivo-cochleären Efferenzen ihre dämpfende Wirkung auf die Schallverarbeitung im Innenohr durch eine Verschiebung des Arbeitspunktes der Transfercharakteristik des cochleären Verstärkers entfaltet. Diese Hypothese wurde an der Wüstenrennmaus durch einen ergänzenden methodischen Ansatz unterstützt, bei dem zusätzlich zur Evozierung und Messung von DPOAE mit und ohne gleichzeitiger kontralateraler Aktivierung der Efferenzen ein sehr tieffrequenter „Bias“-Ton mit hohem Pegel appliziert wurde, der das Corti-Organ und damit den Arbeitspunkt des cochleären Verstärkers periodisch auslenkte. Diese Tieftonstimulation hatte eine sehr starke, von der Phase des Bias-Tons abhängige Modulation des f2-f1-Pegels zur Folge, während 2f1-f2 kaum beeinflusst wurde. Das Muster der f2-f1-Pegelmodulation änderte bei zusätzlicher kontralateraler Schallapplikation deutlich seinen Charakter. Entsprechende Veränderungen in den Verzerrungsmustern konnten mithilfe eines einfachen Modells zur DPOAE-Generation, das auf der Beschreibung des Verstärkungsmechanismus durch eine Boltzman-Funktion basierte, simuliert werden. Die Befunde der vorliegenden Arbeit zeigen, dass die Schallverstärkung im Innenohr durch efferente Mechanismen moduliert wird und dies anhand der nicht-invasiven Messung von otoakustischen Emissionen nachweisbar ist. Dabei deuten die Ergebnisse auf eine Verschiebung des Arbeitspunktes der Transfercharakteristik des cochleären Verstärkers als Mechanismus der olivo-cochleären Modulation der Reizverarbeitung im Innenohr hin.
Die Makrophytenvegetation eines stillgelegten Kanalabschnittes ("Alte Fahrt") bei Senden in Westfalen hat sich seit Beginn der 90er Jahre drastisch verändert. Aus einem typischen Potamogetonetum lucentis sind Reinbestände von Myriophyllum spicatum geworden, denen stellenweise Ceratophyllum demersum beigemischt ist. Die Ursachen für diese gravierenden Vegetationsveränderungen sind nicht klar. Da es sich um einen der bedeutendsten westfälischen Standorte des Potamogetonetum lucentis, einer in Nordrhein-Westfalen stark gefährdeten Pflanzengesellschaft, handelte, sind weiterführende Untersuchungen und Versuche zur Wiederansiedlung zu fordern.
Die Arachidonsäurekaskade spielt bei Entzündungsprozessen und der Schmerzentstehung eine wichtige Rolle. Deren primäre Produkte, die Leukotriene und die Prostaglandine, sind entzündungsfördernde Mediatoren und nehmen Einfluss auf den Entzündungs-auflösendenprozess und sind bei einer Dysregulation für diverse Erkrankungen wie z.B. Asthma bronchiale und allergische Rhinitis mitverantwortlich. Die Kaskade gliedert sich mit ihren beiden Hauptenzymen, Cyclooxygenase und 5-Lipoxygenase (5-LO), in zwei Wege auf. Beide Enzyme sind außerdem in der Lage entzündungsauflösenden Mediatoren zu bilden. Die Mediatoren wie z.B. Lipoxin können im Zellstoffwechsel einerseits über die Lipoxygenase-Route, oder andererseits wie „aspirin-triggered“-Lipoxin von der durch geeignete Wirkstoffe acetylierten Cyclooxygenase-2 (COX-2) katalysiert werden. Diese Mediatoren werden benötigt, um (chronische) Entzündungen und beschädigtes Gewebe zurück zur Homöostase zu führen.
Die Pharmakotherapie chronisch entzündlicher Erkrankungen mit guter Wirksamkeit und verträglichem Profil bei Langzeiteinnahme stellt jedoch eine Herausforderung dar. Die Therapie verzögern oft, z. B bei Einnahme von nicht-steroidalen Antirheumatika (NSAR), die Entzündungsauflösung, da die Bildung von entzündungshemmenden und entzündungs-auflösenden Lipidmediatoren gehemmt werden. Die gezielte Modulation und Einflussnahme auf die Arachidonsäurekaskade an einem der beiden Enzyme, stellt daher einen guten Ansatz für eine verbesserte Therapiemöglichkeit von (chronischen) entzündlichen Krankheiten dar. Diese Arbeit beschäftigt sich mit der Synthese von Modulatoren und Inhibitoren der Arachidonsäurekaskade. Zum einen befasst sie sich mit der Entwicklung von irreversiblen COX-2-acetylierenden Substanzen als neues anti-entzündliches und entzündungsauflösendes Prinzip. Zum anderen mit der Untersuchung der Struktur-Wirkungsbeziehung (SAR) von 2-Aminothiazolen als direkte 5-LO-Inhibitoren ausgehend von SKI-II, welches zuvor als Leitstruktur zur Entwicklung von 5-LO-Inhibitoren entdeckt wurde.
Als Leitstrukturen für die irreversiblen COX-2-acetylierenden Substanzen wurden bekannte COX-2 selektive Substanzen ausgewählt sowie vereinzelte nicht-selektive NSAR. Es wurden an der COX-2 Kristallstruktur Docking-Studien durchgeführt, um die geeignetsten Positionen für die Einführung einer (labilen) Acetylgruppe zu identifizieren. Aufgrund dieser Studien wurden drei Positionen ausgewählt zur Derivatisierung. Es wurden daraufhin zahlreiche Derivate synthetisiert von Celecoxib, Valdecoxib, Rofecoxib, Etericoxib, als Vertreter der (COX-2) selektive Inhibitoren, sowie von Acetylsalicylsäure, Diclofenac und Nimesulid-Analoga als Vertreter der nicht-selektiven NSARs. Zusätzlich wurden Derivate synthetisiert mit Michael-Akzeptoren als kovalente bindende Komponente. Alle synthetisierten Substanzen wurden sukzessiv auf ihre COX inhibitorischen Eigenschaften hin untersucht und auf COX-2 Selektivitäten überprüft. Weiterhin wurden von allen Derivaten Auswaschungs-Studien durchgeführt als Vorversuche welche Derivate eine irreversible COX-2-Inhibition hervorrufen. In den Vorversuchen zeigte die Verbindung ST-1650 am deutlichsten eine COX-2-Selektivität sowie eine starke irreversible Inhibition der COX-2. Die Verbindung ST-1650 wurde weiterhin auf indirekte Hinweise zur Entstehung von heilungsfördernden Mediatoren untersucht anhand von: M1-Macrophagen Polarisation und einem Schmerzmodell, dem Zymosan-Überempfindlichkeit Pfotenmodell. Im Makrophagen-Modell konnte ST-1650 keine Phänotypverschiebung hinzu entzündungsauflösenden M2-Makrophagen bewirken, sowie in den Schmerzmodellen leider keine schnellere Schmerzauflösung als die Kontrollgruppe. Ob diese Effekte durch mangelnde oder zu geringer Entstehung von entzündungshemmenden Mediatoren zurückzuführen ist, ist noch unklar.
Für die SAR der 2-Aminothiazole als direkte 5-LO-Inhibitoren wurden über 60 Verbindungen synthetisiert und untersucht. Zu Beginn erfolgte eine Optimierung der Grundstruktur als 5-LO-Inhibitor. Es wurden die Einflüsse der Substituenten des Thiazolsrings und des Aminolinkers auf die 5-LO-Aktivität ermittelt, um die SAR initialer Arbeiten zu vertiefen. Nach der SAR-Untersuchung im intakten Zellsystem konnten durch Kombination bevorzugter Strukturelemente die zwei Verbindungen ST-1853 und ST-1906, als neue potente 5-LO-Inhibitoren entwickelt werden, die sich als nicht-toxisch herausstellten. Diese beiden 5-LO-Inhibitoren wirken um einen Faktor 10 potenter und sind weniger toxisch verglichen mit der Leitstruktur SKI-II. ST-1853 wurde innerhalb der Arachidonsäurekaskade auch auf Off-targets getestet, deren Aktivitäten sie erst bei 100-fach höherer Konzentration beeinflusst, sowie in humanem Vollblut, wo sie sich ihre 10-fach bessere Wirksamkeit im Vergleich zu SKI-II bestätigte. Darüber hinaus erwies sich ST-1853 bei den ersten Überprüfungen seiner Stabilität unter physiologischen Bedingungen wie bei der in vitro Metabolisierung durch Rattenlebermikrosomen als ausreichend stabil und daher zur weiteren Charakterisierung gut geeignet.