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Die aktuelle, sechste Kirchenmitgliedschaftsuntersuchung (KMU) lässt sich auf eine Hauptbotschaft reduzieren: Die Mitgliederentwicklung scheint „an einem Kipppunkt angelangt zu sein, der schon in den nächsten Jahren in erhebliche Instabilitäten und disruptive Abbrüche hineinführen kann.“ Die bildungspolitischen Konsequenzen, die aus dieser Diagnose resultieren, werden in den kommenden Jahren nicht nur die Kirchenleitungen, sondern auch die Theologie beschäftigen. Im Zentrum steht dabei u.a. die Frage, wie die Kirche angesichts sinkender Ressourcen weiterhin soziale Verantwortung übernehmen und einen Beitrag zur Bildungsgerechtigkeit leisten kann.
Das Buber-Rosenzweig-Institut, das Forschungskolleg Humanwissenschaften und die Stadt Bad Homburg widmen die „Bad Homburg Conference“ (BHC) 2023 dem Thema „Flucht und Migration. Herausforderungen für Religionen und (post)säkulare Gesellschaften.“ Silvia Richter berichtet über neue Impulse für eine der drängendsten Fragen der Gegenwart.
Neu am Fachbereich begrüßen wir Prof. Dr. Nathan Gibson als Professor für Religionswissenschaft mit dem Schwerpunkt „Jüdisch-Islamische Beziehungen“. Ein Gespräch über Forschung auf drei Kontinenten, „Facebook für Verstorbene“ und Begegnungen zwischen den drei abrahamitischen Religionen in Geschichte und Gegenwart.
Rezensionen zu:
Johannes Diehl, Markus Witte Hebräisches und aramäisches Wörterbuch zum Alten Testament Begründet von Georg Fohrer. 4., völlig neu bearb. Aufl., De Gruyter, Berlin/Boston 2021.
Miriam von Nordheim-Diehl Streit um Korach. Eine biblische Figur zwischen Numeri, den Psalmen und der Chronik (Wissenschaftliche Monographien zum Alten und Neuen Testament, Bd. 176), Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2023.
Stefan Alkier, Thomas Paulsen (Hg.): Das Evangelium nach Lukas und die Taten der Abgesandten. Neu übersetzt (Frankfurter Neues Testament Bd. 4), Brill, Schöningh, Paderborn 2023
Stefan Alkier (Hg.): Zuversichtsargumente. Biblische Perspektiven in Krisen und Ängsten unserer Zeit Biblische Argumente in öffentlichen Debatten Bd. 3 (in zwei Bänden)
Stefan Alkier, Martin Keßler und Stefan Rhein (Hg.): Evangelische Kirchen und Politik in Deutschland. Konstellationen im 20. Jahrhundert. (Christentum in der modernen Welt, Bd. 5), Mohr Siebeck, Tübingen 2023.
Stefan Michels: Testes veritatis. Studien zur transformativen Entwicklung des Wahrheitszeugenkonzepts in der Wittenberger Reformation. (SMHR, Bd. 129), Mohr Siebeck, Tübingen 2022.
Volker Leppin, Stefan Michels (Hg.): Reformation als Transformation? Interdisziplinäre Zugänge zum Transformationsparadigma als historiographischer Beschreibungskategorie. (SMHR, Bd. 126), Mohr Siebeck, Tübingen 2022.
Tugrul Kurt, Felix Machka, Johannes Müller, Christoph Rogers (Hg.): Grenzgänge wissenschaftlicher Reflexivität in Judentum, Christentum und Islam. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 2023.
Heiko Schulz, Jon Stewart, Karl Verstrynge (Hg.): Kierkegaard Studies Yearbook 2023. De Gruyter, Berlin/Boston 2023.
Heiko Schulz (Hg.): Das Böse – die Scham – das Opfer. Drei religiöse Kernphänomene in philosophisch-theologischer Perspektive. (Kleine Schriften des Fachbereichs Evangelische Theologie der Goethe-Universität Frankfurt am Main, Bd. 14), Evangelische Verlagsanstalt Leipzig 2023.
Harmjan Dam: Kirchengeschichte kompetenzorientiert unterrichten. Ein
Arbeitsbuch. Verlag W. Kohlhammer, Stuttgart 2023.
David Käbisch, Juliane Keitel (Hg.): Religion und Populismus. (Religion unterrichten, Bd. 2/2), Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2021.
Ann-Kathrin Knittel: Predigt und Exegese im Atelier. Kohlhammer, Stuttgart 2023.Walter Pohl, Andre Gingrich, Nathan P. Gibson (Hg.): Knowledge Collaboration among Jews, Christians, Zoroastrians, and Muslims in the Abbasid Near East I. Medieval Worlds 17 (2022), https://doi.org/10.1553/medievalworlds_no17_2022.
Walter Pohl, Andre Gingrich, Nathan P. Gibson (Hg.): Knowledge Collaboration among Jews, Christians, Zoroastrians, and Muslims in the Abbasid Near East II. Medieval Worlds 18 (July 2023),
https://doi.org/10.1553/medievalworlds_no18_2023.
Christian Wiese, Stefan Vogt, Mirjam Wenzel, Doron Kiesel, Gury SchneiderLudorff (Hg.): Das jüdische Frankfurt. Von der Emanzipation bis 1933. (Kontexte zur jüdischen Geschichte Hessens, Bd. 2), De Gruyter, Berlin / Boston 2023.
Claudio Carvalho, Ephraim Meir und Christian Wiese (Hg.): Rosenzweig Jahrbuch / Rosenzweig Yearbook 13: Transzendenz und Offenbarung / Transcendence and Revelation. Verlag Karl Alber, Freiburg i. Br. 2023.
Andrea Kirchner: Emissär der jüdischen Sache. Eine politische Biografie Richard Lichtheims. Instituts, Bd. 35), Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2023.
Andrea Kirchner (Hg.): Von Konstantinopel nach Genf. Quellen zum Wirken Richard Lichtheims. (Archiv jüdischer Geschichte und Kultur, Bd. 7), Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2022.
Ende der 1990er Jahre begann Angela Rascher in Frankfurt ihr Theologiestudium. Heute ist die promovierte Neutestamentlerin Referentin für Hospizarbeit und diakonisch-kirchliche Kultur bei der Diakonie Hessen. Im Gespräch berichtet sie über den sehr kleinen „Campus“ in Frankfurt-Hausen, wie viel Theologie in der diakonischen Praxis steckt und die sozialpolitischen Herausforderungen der Gegenwart.
Die ökonomische Ungleichheit nimmt weltweit zu. Schon bei seiner ersten Audienz forderte Papst Franziskus im Jahr 2013 „Ich möchte eine arme Kirche und eine Kirche für die Armen.“ Kann dies eine sinnvolle Perspektive auch für die evangelische Kirche sein? Christine Wenona Hoffmann und Lukas Ohly beleuchten diese Frage aus der Perspektive ihrer jeweiligen Fachdisziplinen.
Diakonie, Mission, Kolonialismus : Ambivalenzen der neueren Christentumsgeschichte auf der Spur
(2023)
Während die Globalgeschichte der christlichen Mission zunehmend kritisch beurteilt wird, gilt das diakonische Handeln einzelner exzeptioneller Persönlichkeiten wie Albert Schweitzer (1875-1965) weiterhin als vorbildlich. Doch so einfach ist es nicht. Ein Rückblick auf kirchenhistorische Erkundungsreisen zu Albert Schweitzers jungen Jahren im Elsass und zur Verflechtung von Kolonialismus und Missionsgeschichte in Windhuk, Namibia.
Seelsorge und Diakonie betreffen als Themenfelder nicht nur die Praktische Theologie Gemeinsam mit Annette Haußmann (Heidelberg lud die Frankfurter Professur für Praktische Theologie deshalb zu einer interdisziplinären Fachtagung in das Heidelberger Schmitthennerhaus. Christine Wenona Hoffmann und Silvie Pölzer berichten.
Hagar und Sara - zwei bedeutende Frauen des Alten oder Ersten Testaments. Hagar weniger Sklavin als eine Frau, die eine Verheißung erfährt. Im historisch-kritischen Zusammenhang entfächern sich die wahrscheinlichen und weniger plausiblen Umstände der biblischen Geschichte/n zu diesen zwei Frauen und ihrem Verhältnis zueinander, das im Alltag möglicherweise von mehr Teamarbeit geprägt war als es auf den ersten, vermeintlich modernen Blick im patriarchalen Kontext scheinen mag.
Ṭarīqas (die mystischen Orden) in der Tradition des Sufismus, welche neben der äußeren Dimension der Religion ihre innere, spirituelle Tiefe und ihre Gemütszustände sowie den charakterlichen Reifungsprozess umfasst, treten im Hinblick auf ihre Lehre als auch auf ihren institutionellen Charakter durch mancherlei Begriffe und Elemente hervor. Während der Gründer einer der ältesten ṭarīqas „Rifā`iyya“ Ạhmad ar-Rifā´ī (gest. 578/1182) für seine Armut und Demut berühmt war, sind die treibenden Kräfte der auf Mawlānā Jalāluddīn Rūmī (gest. 672/1273) zurückgehenden Mawlawiyya göttliche Liebe und Sehnsucht. Gottesdienst und Ausdauer in den Handlungen sind Prinzipien, die bei der Naqšbandiyya im Vordergrund stehen. Auch wenn all diese Elemente als unverzichtbare Prinzipien des Sufismus für alle ṭarīqas gültig sind, ist erkennbar, dass sich bei jedem einzelnen Pfad ein bestimmtes Wesensmerkmal hervorhebt. Diese Pfade, die trotz unterschiedlicher Benennungen und Kennzeichen sowie eigenständiger Methoden und Praktiken ein und denselben Geist aufweisen wie auch denselben Zweck verfolgen, werden unter dem Oberbegriff ṭarīqāt al-Muḥammadīyya (die mohammedanischen Wege) zusammengefasst. Sie alle stimmen darin überein, dass sie den Propheten als das einzige und vollkommenste Vorbild ehren. Die im 16. Jahrhundert auf dem Herrschaftsgebiet der Osmanen entstandene ṭarīqa Ǧalwatiyya wird auf den Terminus ǧalwa zurückgeführt. Während ḫalwa die Isolation und Klausur beschreibt, ist mit dem Begriff ǧalwa, was in Erscheinung treten bedeutet, im Sufismus die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben gemeint. Gemäß den Sufis kommen die ersten Ausdrucksformen von ḫalwa und ǧalwa an der Person des Propheten zum Vorschein. Während er vor seiner Berufung zur Prophetie die sogenannte ḫalwa in Form vom Rückzug von der Gesellschaft in die Höhle Ḥirā´ bevorzugte, entschied er sich für die ǧalwa und begab sich unters Volk, nachdem er den Auftrag der Verkündung und Einladung erhalten hatte. Die Grundsätze der Ǧalwatiyya, die durch die Person und das Wissen von Mehmed Muhyiddîn Üftâde (gest. 1580) regelrecht verkörpert werden, wurden von dessen Schüler Aziz Mahmûd Hüdâyî (1541-1628), der vielen osmanischen Sultanen, Oberbefehlshabern und Scheichulislams als spiritueller Führer diente, dokumentiert. Das Werk, das in der Zeit der dreijährigen spirituellen Erziehung Hüdâyîs durch seinen Scheich Üftâde in Bursa aus dessen [Hüdâyîs] Notizen in Form von Tagebucheinträgen zustande kommt und unter dem Titel Vâkıât-ı Üftâde bekannt ist, bildet regerecht das Standardwerk der ṭarīqa und bietet die sicherste und umfassendste Quelle über das Leben und die Sufi-Lehren Üftâdes sowie über die Methoden und Grundsätze seines Pfades.
Gemäß Üftâde, der das Prinzip der ǧalwa nahezu mit dem tawḥīd (Bekennen der Einheit Gottes) gleichsetzt, ist es gut, sich in das Gesellschaftsleben einzubringen. Üftâde glaubte fest daran, dass sein Pfad ein prophetischer Pfad sei, er auf die Welt gekommen sei, um der Menschheit nützlich zu sein und dass die Gotteserkenntnis (ma‛rifa) sowie die Vervollkommnung (kamâl) lediglich im Diesseits vollendet werden können.
Die wesentliche Glaubenslehre des Islam ist das Bekenntnis der Einheit Gottes (Tawḥīd). Jalāluddīn Rūmī (g. 1273) erzählt in einer der längsten Geschichten seiner Maṯnawī die geistige Entwicklung des Menschen, bis er von Zwiespalt, Zweifel und Sorge befreit wird und so Tawḥīd, d.h. Einheit und Frieden in sich erreicht. Die Geschichte des Wüstenarabers (A‛rābī) und seiner Frau, welche in diesem Artikel behandelt wird, legt die Stufen der geistigen Reise, das Voranschreiten der Seele zur Einheit und hierbei das Verhältnis von Vernunft und Seele des Menschen, die als ein Ehepaar versinnbildlicht werden, dar.