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Das Gehirn weist in mehreren Bereichen anatomische Asymmetrien zwischen beiden Hemisphären auf, so auch in Bereichen der Hörrinde. Zudem ist bereits langjährig bekannt, dass menschliche Sprache vorrangig in der linken Gehirnhälfte, d.h. linksseitig lateralisiert, verarbeitet wird. Daraus folgend stellt sich die Frage, ob dies eine besondere Spezialisierung ist, oder ob es noch weitere lateralisierte Hirnfunktionen gibt. Viele akustische Signale haben dabei frequenzmodulierte (FM) Komponenten, die im Hörsystem für die Erkennung nach Parametern wie Richtung und Dauer der Modulation analysiert werden müssen. Ob die Analyse von FM-Komponenten oder einzelner Reizparameter im Gehirn lateralisiert stattfindet, wurde in der Literatur meist mit bildgebenden Verfahren untersucht.
Für das Erkennen und Unterscheiden der Modulationsrichtung weist eine Vielzahl von Studien auf eine erhöhte Aktivität in der rechten Hörrinde hin. Für die Analyse von Stimulusdauern ist es bisher allerdings noch unklar bzw. umstritten, ob diese lateralisiert erfolgt. Für die Untersuchung der Lateralisierung einfacher Sprachkomponenten werden häufig Konsonant-Vokal-Silben (CV-Silben) verwendet. In einer Vielzahl von Studien konnte eine linkslastige Lateralisierung, wie bei der Spracherkennung, gezeigt werden.
In der vorliegenden Arbeit wurde nun untersucht, ob ein eindeutigeres Muster von Lateralisierung zu finden ist, wenn diese in Wahrnehmungsexperimenten, untersucht wird. Dabei wurde ein zu untersuchender Teststimulus (FM-/CV-Stimulus) auf einem Ohr mit einem kontralateralen breitbandigen Rauschen auf dem anderen Ohr gleichzeitig präsentiert. Durch die Struktur der Hörbahn kann dabei davon ausgegangen werden, dass in einer Hemisphäre des Vorderhirns vorrangig Informationen aus dem kontralateralen Ohr verarbeitet und Informationen aus dem ipsilateralen Ohr unterdrückt werden und sich somit Rückschlüsse auf die Funktion/Beteiligung einer Hemishpäre ziehen lassen. Das Rauschen diente dabei zur unspezifischen Aktivierung der gegenüberliegenden Hemisphäre.
Die Lateralisierung wurde systematisch für unterschiedlich komplexe Reize untersucht. Dazu wurden in zwei Versuchsreihen Unterscheidungsexperimente durchgeführt, die sich in mehrere Messungen (mit mehreren Durchläufen) mit unterschiedlichen Parametereinstellungen gliederten. Pro Durchlauf musste sich die Versuchsperson immer zwischen zwei Antwortmöglichkeiten entscheiden (2-AFC-Verfahren). Der Schalldruckpegel des Rauschens war dabei für alle Messungen konstant. Der Schalldruckpegel der Teststimuli blieb zwar während einer Messung konstant, wurde jedoch innerhalb eines Experimentes von Messung zu Messung reduziert.
In einer gemeinsamen Analyse wurden jeweils die Fehlerraten und Reaktionszeiten beider Ohren, getrennt nach Seite und FM-/ CV-Stimulus, miteinander verglichen, um so auf eine mögliche Lateralisierung schließen zu können. Damit die Daten der Versuchspersonen bei vergleichbarer Schwierigkeit analysiert werden konnten, wurde als Vergleichswert zwischen allen Versuchspersonen der Schalldruckpegel der ersten Messung mit einer Fehlerrate von mindestens 15,0 % gewählt (15 %-Kriterium). Um auszuschließen, dass das Hörvermögen der Versuchspersonen Unterschiede zwischen beiden Ohren aufweist, wurde vor jeder Messung der „Punkt subjektiver Gleichheit“ für die Lautstärke-wahrnehmung zwischen linkem und rechten Ohr bestimmt.
In der ersten Versuchsreihe wurde dabei die Verarbeitung der Modulationsrichtung und der Stimulusdauer von FM-Stimuli untersucht. Es zeigte sich für beide Experimente, dass ein sinkender Schalldruckpegel des FM-Stimulus zu einer steigenden Fehlerrate führte. Unter Anwendung des 15 %-Kriteriums waren die Fehlerraten für die Unterscheidung der Modulationsrichtung signifikant geringer, wenn der FM-Stimulus auf dem linken Ohr präsentiert wurde. Dies ist ein deutlicher Hinweis für eine rechtslastige Lateralisierung.
Für die Unterscheidung der Stimulusdauer gab es dagegen keinen signifikanten Unterschied zwischen den Fehlerraten beider Ohren. Somit muss davon ausgegangen werden, dass beide Hemisphären für diese Aufgabe benötigt werden und eine bilaterale Verarbeitung stattfindet. In den Reaktionszeiten konnten in beiden Experimente keine signifikanten Unterschiede gezeigt werden. Die Unterscheidung der Modulationsrichtung wurde dabei von allen Versuchspersonen als einfacher eingestuft als die Unterscheidung der Stimulusdauer, was sich auch in niedrigeren Antwortschnelligkeit und Fehlerraten bei vergleichbaren Schalldruckpegeln zeigte.
In der zweiten Versuchsreihe wurde als Referenzmessung nochmals die Unterscheidung der Modulationsrichtungen von FM-Stimuli durchgeführt. Anschließend wurde die Unterscheidung von „da“ und „ga“ untersucht. Diese CV-Silben differieren ausschließlich in der FM-Komponente. Die Untercheidung von CV-Silben ohne Unterschied in der FM-Komponente wurde mittels „ta“ und „ka“ getestet. Für alle drei Experimente zeigte sich, dass ein geringerer Schalldruckpegel des FM- oder CV-Stimulus zu einer steigenden Fehlerrate führte. Unter Anwendung des 15 %-Kriteriums zeigte sich für die Unterscheidung der Modulationsrichtung ein Trend zu niedrigeren Fehlerraten bei der Präsentation des FM-Stimulus auf dem linken im Vergleich mit dem rechten Ohr. In den Reaktionszeiten konnten keine signifikanten Unterschiede gezeigt werden.
Für die Unterscheidung von „da“ und „ga“ ließ sich unter Anwendung des 15 %-Kriteriums in den Fehlerraten und Reaktionszeiten kein Vorteil eines Ohres nachweisen. Dagegen zeigten sich klare Unterschiede bei einzelnen Versuchspersonen. So waren die Fehlerraten für Versuchspersonen, die vorwiegend „da“ erkannt bzw. gehört hatten signifikant höher, wenn der CV-Stimulus auf dem rechten Ohr präsentiert wurde, für „ga“-Hörer war das Gegenteil der Fall. In den Reaktionszeiten konnte kein signifikanter Zusammenhang nachgewiesen werden. Somit ließ sich zeigen, dass je nach Strategie der Versuchsperson bzw. deren individueller Wahrnehmung der CV-Silben, Unterschiede in der Lateralisierung erreicht werden können.
Für die Unterscheidung von „ta“ und „ka“ zeigten sich unter Anwendung des 15 %-Kriteriums signifikant niedrigere Fehlerraten und Reaktionszeiten, wenn der CV-Stimulus auf dem linken Ohr präsentiert wurde. Dies weist deutlich auf eine rechtslastige Lateralisierung hin. Vergleicht man alle drei Experimente ließ sich zudem zeigen, dass die Unterscheidung der Modulationsrichtung einfacher war als die Unterscheidung verschiedener CV-Stimuli. Dabei war die Unterscheidung von „da“ und „ga“ für die Versuchspersonen schwieriger als die Unterscheidung von „ta“ und „ka“. Allerdings konnte in den Lateralisierungsdaten kein direkter Zusammenhang zwischen den FM- und „da“-/„ga“-Stimuli gezeigt werden.
Zusammenfassend konnte in allen fünf Experimenten eine verschieden stark lateralisierte Verarbeitung von akustischen Stimuli bei gleichzeitigem kontralateralen Rauschen gezeigt werden. Der Vorteil eines Ohres (bzw. einer Hemisphäre) war sowohl von der Aufgabe als auch vom Stimulustyp abhängig. Dabei gab es zum Teil starke Unterschiede in der Effektstärke und dem Grad der Lateralisierung zwischen den einzelnen Versuchspersonen. Insgesamt konnte gezeigt werden, dass sich die hier angewendete psychophysische Methode gut eignet, um Ergebnisse zur Lateralisierung von akustischen Stimuli zu gewinnen und somit die Verhaltensrelevanz von Ergebnissen aus Studien mit bildgebenden Verfahren zu überprüfen.
Lizards of Paraguay: an integrative approach to solve taxonomic problems in central South America
(2018)
Paraguay is located in the center of South America with drier and warmer climatic conditions in the western part of the country, and more temperate and humid in the eastern region. Biogeographically, Paraguay is a key spot in South America, where several ecoregions converge. In my study, I sampled most of the ecoregions of Paraguay. The main objective of my work is to solve taxonomic problems, identified through genetic barcoding analyses, in the central region of South America. To achieve this objective, I used selected taxa of the Paraguayan Squamata as models taking into consideration the crucial geographic position of the country, plus the scarce available genetic data of Paraguayan reptiles.
The collecting activities were performed in the framework of a barcoding inventory project of the Paraguayan herpetofauna and carried out mostly in rural areas searching for animals in different types of habitats using active search as the sampling technique.
For genetics, the extraction of DNA was performed with DNeasy® Blood & Tissue Kit of Qiagen® for sets of few samples, and the fiber glass plate protocol for sets of 96 samples. I assessed the quality of sequences after amplification in agarose gel electrophoresis. The first marker sequenced was 16S mtDNA, used for barcoding analysis. A DNA barcode is a genetic identifier for a species. Once a taxonomic problem was detected, I generate more gene sequences to target the issue.
All the analyses to test phylogenetic hypotheses (based on single genes or concatenated datasets) were performed under Maximum Likelihood and Bayesian approaches. To root the phylogenetic trees, I chose the available taxon (or taxa) most closely related to the respective studied group as outgroups. For the general tree of Paraguayan Squamata, based on barcodes of 16S, I chose Sphenodon punctatus.
I generated a total of 142 sequences of 64 species of Squamata from Paraguay (Appendix I). The final alignment of 615 bp comprised 249 samples. The best substitution model for the Barcoding dataset based on the gene 16S was GTR+G, according to the BIC.
To complement molecular evidence generated with the ML grouping of 16S barcodes, I took a morphological approach based on voucher specimens collected during fieldwork (usually the same specimens that I used for genetic analysis), supplemented by the revision of museum collections.
Summarizing my results, samples of Colobosaura exhibit large genetic distances, and accordingly I revalidated Colobosaura kraepelini (Appendix II). Tropidurus of the spinulosus group show two clades and among them there is little genetic and morphological variation, I synonymized T. tarara and T. teyumirim with T. lagunablanca, and T. guarani with T. spinulosus (Appendix III). I detected the presence of candidate species of Homonota, and I restricted the name H. horrida for Argentina, and described two new species of Homonota (Appendices IV and V), and a new species of Phyllopezus also in the Family Phyllodactylidae (Appendix VI).
In this work I present the most comprehensive analysis of genetic samples of Squamata from Paraguay. The results obtained here will be useful to help to clarify further taxonomic issues regarding the squamate fauna from the central region of South America. Moreover, the data generated for this study will have a positive impact in a larger geographic context, beyond Paraguayan borders.
Regarding the conservation of the Paraguayan reptiles, and considering the taxonomic changes accomplished here, it is important to note that many species lack legal protection. In Paraguay, the major problem for conservation is habitat loss due to extensive crop farming. Thus, currently, the protected areas are the best strategy for conservation of biodiversity in the country. However, many such areas face legal problems (e.g., lack of official measurements, management plans, forest guards, infrastructure, etc.) so that the maintenance of their biodiversity over time is not guaranteed.
In conclusion, in this study I present contributions on the taxonomy of mostly lizards from Paraguay. Due to lack of samples, I was not able to deal with a deep taxonomic revision of the country's snakes. Based on my results, I can argue that analyses of Xenodontini and Pseudoboini are currently a pressing research issue. This barcoding project may continue since some colleagues in Paraguay are interested in collaboration. Given that the sequenced specimens are yet a small portion of the actual diversity of Paraguay, it will be of utmost importance to continue and expand these studies that will further improve our taxonomic knowledge. Furthermore, it is desirable to have Paraguayan scientists not only involved, but to see them taking the lead of high quality taxonomic research.
Precise regulation of gene expression networks is required to develop and maintain a healthy organism before and after birth and throughout adulthood. Such networks are mostly comprised of regulatory proteins, but meanwhile many long non-coding transcripts (lncRNAs) are shown to participate in these regulatory processes. The functions and mechanisms of these lncRNAs vary greatly, however they are often associated with transcriptional regulation. Three lncRNAs, namely Sweetheart RNA (Swhtr), Fetal-lethal noncoding developmental regulatory RNA / Foxf1 adjacent non-Coding developmental regulatory RNA (Fendrr) and lncFsd2, were studied in this work to demonstrate the variety of cellular and biological processes that require lncRNA-mediated fine-tuning, in regard to the cardiopulmonary system.
Swhtr was found to be expressed exclusively in cardiomyocytes and became critical for regeneration after myocardial injury. Mice lacking Swhtr did not show issues under normal conditions, but failed to undergo compensatory hypertrophic remodeling after injury, leading to increased mortality. This effect was rescued by re-expressing Swhtr, demonstrating importance of the RNA. Genes dependent on Swhtr during cardiac stress were found to likely be regulated by NKX2-5 through physical interaction with Swhtr. Fendrr was found to be expressed in lung and interacted with target promoters through its RNA:dsDNA binding domain, the FendrrBox, which was partially required for Fendrr function. Fendrr, together with activated WNT signaling, regulated fibrosis related target genes via the FendrrBox in fibroblasts. LncFsd2, an ubiquitously expressed lncRNA, showed possible interaction with the striated muscle specific Fsd2, but its exact function and regulatory role remain unclear in muscle physiology. Immunoprecipitation and subcellular fractionation experiments suggest that lncFsd2 might be involved in nuclear retention of Fsd2 mRNA, thus fine-tuning FSD2 protein expression. These investigations have shed light on the roles of these lncRNAs in stress responses, fibrosis-related gene regulation, and localization processes, advancing our understanding of cardiovascular and pulmonary maintenance, reaction to injury, and diseases. The diverse and intricate roles of these three lncRNAs highlight how they influence various cellular processes and disease states, offering avenues for exploring lncRNA functions in different biological contexts.
In the interest of understanding the development of a multicellular organism, subcellular events must be seen in the context of the entire three-dimensional tissue. In addition, events that occur within a short period of time can be of great importance for the relatively long developmental process of the organ. Thus, it is required to capture subcellular events in a larger spatio-temporal scale context, which has been up to now a technical challenge. In developmental biology, light microscopy has always been an important tool. The dilemma of light microscopy, in particular fluorescence microscopy, is that molecules receive high light intensities that might change the conformation of molecules, which can have signaling or toxic effects. In Light Sheet-based Fluorescence Microscopy (LSFM), the energy required for a single recording is reduced by several orders of magnitude compared to other fluorescence microscopy techniques. During the last ten years, LSFM has emerged as a preferred tool to capture all cells during embryogenesis of the zebrafish Danio rerio, the fruit fly Drosophila melanogaster or recently the red flour beetle Tribolium castaneum for a period of several days. The motivation of this work was to gain new insights in developmental related processes of plant organs. The aim of this work was to establish a protocol for imaging plant growth over a long period of time using LSFM and perform comprehensive analyses at the cellular level. Plants have to cope with a variety of environmental conditions, therefore the conditions inside the microscope chamber had to be brought under control. The sample preparation methods and the standardized conditions at a physiological level allowed the study of gravity response, day-night rhythms, organ shape development as well as the intracellular dynamic events of the cytoskeleton and endosomal compartments in an unprecedented manner. Several of these projects were successfully published in collaborations with Prof. Jozef Šamaj (Palacký University Olomouc, Czech Republic), Prof. Niko Geldner (University of Lausanne, Switzerland), Prof. Malcom Bennett (University of Nottingham, UK) and Dr. Jürgen Kleine-Vehn (University of Natural Resources and Life Sciences, Austria). The main part of my work focused on the formation of lateral roots in Arabidopsis thaliana and was conducted in close collaboration with Dr. Alexis Maizel (University of Heidelberg, Germany). Previously, most experiments that describe lateral root formation have been performed on a small number of cells and for short periods of time. Capturing the complete process of lateral roots is an ambitious goal, because first, the primordium of a lateral root is located deep inside the primary root and imaging quality is impaired due to scattering of the overlaying tissue. Second, the process takes about 48 h, i.e. the plant has to be kept healthy for the whole period. Third, the amount of excitation light required for the spatio-temporal might have phototoxic effects that lead to a stop of growth at least in conventional microscopic techniques. In Arabidopsis embryogenesis, the sequence of cell divisions is relatively invariant. However, whether lateral root organogenesis follows particular cell division patterns has been unknown. The complete process of lateral root formation was captured from the first cell division until after the emergence from the main root. Images of a nuclei marker and a plasmamembrane marker were recorded every 5 min for a time period of up to 64 h. The positions and cell divisions of all cells were tracked manually. In collaboration with Alexander Schmitz (Goethe University Frankfurt am Main, Germany) and Dr. Jens Fangerau (University of Heidelberg, Germany), comprehensive analyses of the data were performed. A lateral root forms from initially 8-15 founder cells, arranged in a patch of 5-8 parallel files. The occurrence of new cell layers by periclinal divisions, as well as the sequence of layer generation was conserved and resembles the sequence suggested by Malamy and Benfey in 1997. Besides this stereotyped occurrence of periclinal divisions, radial divisions were found to appear stochastically, following no particular pattern. A large variability was also found in the contribution of founder cells and cell files to the final lateral root. In summary, the results suggest that a stereotyped pattern of cell divisions at particular developmental stages and a dynamically adapted control of cell divisions exist in parallel. Both properties allow a controlled but flexible development of the organ according to variations in cell topology and mechanical properties of the surrounding tissue. This work shows that LSFM, the sample preparation methods and controlled environmental conditions allow to capture and analyse the development of plants over several days at high resolution in an unprecedented manner.
Die Differenzierung zwischen Teilpopulationen hin zu unterschiedlichen Arten kann nur erfolgen, wenn zwischen diesen Teilpopulationen reproduktive Isolation besteht. Wie die unterschiedlichen Arten von reproduktiver Isolation zusammenwirken und welche Voraussetzungen bestehen müssen, um neue Arten zu bilden, muss in jedem Studiensystem untersucht werden. Ein idealer Ansatzpunkt sind Arten, die sich mehrfach an anspruchsvolle Habitate angepasst haben, deren Artbildung also von ökologischen Habitatparametern bestimmt wird. Dieser Vorgang wird als Ökologische Artbildung bezeichnet. Im Artkomplex Poecilia spec., der im Süden Mexikos mehrere schwefelangepasste Ökotypen ausgebildet hat, wurden erste Hinweise auf eine Korrelation zwischen der Selektionsstärke von natürlicher und sexueller Selektion gefunden, deren Einfluss zusammen die bestehenden reproduktiven Barrieren zwischen Klarwasser- und Schwefelökotyp formen. Wie diese Reproduktionsbarrieren beschaffen sind und wie die Umweltvariable Schwefel auf die Morphologie und das Verhalten der Poeciliiden Einfluss nimmt, wurde in der vorliegenden Arbeit anhand von fünf Fragestellungen untersucht. (1) Die Körperfärbung kann ein aussagekräftiges Signal für die Qualität des potentiellen Partners bei der Fortpflanzung sein. Wie beeinflusst die extreme Umweltvariable Schwefel die Ausbildung von Färbung? (2) Sind die gefundenen Anpassungen der Färbung erblich oder werden sie plastisch entsprechend des Nahrungsangebots ausgebildet? (3) In einem der untersuchten Flusssysteme konnte unvollständige reproduktive Isolation zwischen der Klarwasser- und Schwefelpopulation nachgewiesen werden. Sind in den Mischzonen zwischen diesen beiden Habitaten Hybriden genetisch nachweisbar und bilden diese die Färbungsanpassungen der Klarwasser-, der Schwefelpopulation oder eine intermediäre Form aus? (4) Die Gelbfärbung der Flossen bei Männchen scheint ein geeignetes Merkmal für die Anzeige der Qualität zu sein, da es möglicherweise unabhängig vom Nahrungsangebot ausgebildet wird. Besteht eine weibliche Präferenz für dieses Merkmal? (5) Auch die weibliche Partnerwahlpräferenz wird vom Habitat und dem eigenen Zustand beeinflusst. Wie verändert sich die Präferenz für Männchen mit gutem Ernährungszustand bei Weibchen, die hungrig sind?
Um diese Fragen zu beantworten, wurden in mehreren Jahren Männchen und Weibchen der Arten Poecilia mexicana und Poecilia sulphuraria aus sieben Populationen im Studiengebiet in Südmexiko gefangen und auf ihre Färbung untersucht sowie Laborpopulationen getestet. Es konnten generelle Anpassungen der Färbung an die Umweltvariable Schwefel nachgewiesen werden. Dazu gehören die Aufhellung der Körperregionen, die durch Tarnung (konkret: countershading und background matching) vor Entdeckung durch Prädatoren schützen, und die Reduktion von Gelb- und Rottönen. Diese Anpassung ist vermutlich auf das geringe Angebot an Karotinoiden in den schwefelbelasteten Extremhabitaten zurückzuführen. Außerdem konnten zahlreiche flusssystem¬spezifische Anpassungen beschrieben werden, deren Ursachen in den Unterschieden zwischen den Schwefelhabitaten untereinander begründet sind. Das Flusssystem des Río Tacotalpa stellt hier eine Besonderheit dar, da Männchen eine besonders starke Gelbfärbung der Flossen aufweisen. Wildgefangene und laborgeborene Männchen dieses Flusssystems wurden verglichen, um einen Hinweis auf den Einfluss des Nahrungsangebots auf dieses Merkmal zu untersuchen. Tatsächlich ist die Ausprägung dieses Merkmals, die Gelbfärbung der Flossen, unabhängig vom Angebot an Karotinoiden. Während die hier verwendeten genetischen Analysen nicht geeignet waren, Hybriden aus den Mischzonen zwischen Schwefel- und Klarwasserhabitat nachzuweisen, ergaben die Untersuchungen von Individuen aus den Mischzonen keine eindeutigen Ergebnisse über eine etwaige intermediäre Ausbildung der Färbung. Die Präsentation von Männchen, deren Gelbintensität an den Flossenspitzen künstlich verändert wurde, konnte bei Weibchen keine eindeutige Präferenz für stärker gefärbte Männchen aufzeigen. Vielmehr weist dieses Ergebnis auf eine starke Korrelation zwischen mehreren Merkmalen (z. B. weitere morphologische Merkmale, Verhalten) hin, die für die Beurteilung der männlichen Qualität herangezogen werden. Die weibliche Präferenz für konditionsabhängige Merkmale wird bei schwefelangepassten Weibchen leicht verstärkt, wenn diese hungrig sind. Eine solche flexible Präferenz sollte gerade in Habitaten mit starken Fluktuationen im Nährstoffangebot existieren. Dabei waren Weibchen, denen Videoaufnahmen präsentiert wurden, eher in der Lage, das qualitativ hochwertigere Männchen zu identifizieren, als Weibchen, denen animierte Bilder präsentiert wurden. Auch hier wird davon ausgegangen, dass die Reduktion auf eines oder wenige Merkmale, die für die Partnerwahl zur Verfügung stehen, keine ausreichend starke Reaktion auslösen können. Vielmehr ist der Zugriff auf alle Aspekte der männlichen Erscheinung wichtig, um die Qualität des potentiellen Partners zu beurteilen.
Färbung ist also generell geeignet, den Ökotyp eines Individuums zu bestimmen und ein solches Merkmal kann der Artbestimmung im ersten Schritt der Partnerwahl dienen. Dasjenige männliche Färbungsmerkmal, das über mehrere Generationen gleichbleibend ausgeprägt wurde – die Gelbfärbung der Flossen – reicht jedoch nicht aus, um bei der weiblichen Partnerwahl eine Reaktion auszulösen. Vielmehr deuten die Ergebnisse auf eine enge Korrelation der Färbung mit weiteren Merkmalen in Morphologie und Verhalten eines Individuums hin, die vom wählenden Weibchen stets gemeinsam entsprechend der Multiple-message-Theorie betrachtet werden. Auch der Vergleich zwischen Videoaufnahmen und animierten Fotografien als Stimuli bei der Partnerwahl ergab, dass der Aspekt Verhalten (nur verfügbar mit Videoaufnahmen) für eine Partnerwahlentscheidung von Bedeutung ist.
Meine Arbeit konnte den bestehenden Wissensschatz um die bestehenden reproduktiven Barrieren im Studiensystem um den Aspekt der Färbung erweitern. Meine Ergebnisse zeigen weitere spannende Fragestellungen auf. Je größer das Verständnis der vorliegenden Selektionskräfte und Mechanismen reproduktiver Isolation ist, desto besser kann die Wissenschaft verstehen, welche Umgebungsvariablen welchen Einfluss auf den Prozess der Artbildung haben.
The oleochemical and petrochemical industries provide diverse chemicals used in personal care products, food and pharmaceutical industries or as fuels, oils, polymers and others. However, fossil resources are dwindling and concerns about these conventional production methods have risen due to their strong negative impact on the environment and contribution to climate change.
Therefore, alternative, sustainable and environmentally friendly production methods for oleochemical compounds such as fatty acids, fatty alcohols, hydroxy fatty acids and dicarboxylic acids are desired. The biotechnological production by engineered microorganism could fulfill these requirements. The concept of metabolic engineering, which is the modification of metabolic pathways of a host organism for increased production of a target compound, is a widely used strategy in biotechnology to generate cell factories or chassis strains for robust, efficient and high production. In this work, the versatile model and industrial yeast Saccharomyces cerevisiae was manipulated by metabolic engineering strategies for increased production of the medium-chain fatty acid octanoic acid and de novo production the derived 8-hydroxyoctanoic acid.
Octanoic acid production was enabled by the fatty acid biosynthesis pathway by use of a mutated fatty acid synthase (FASRK) in a wild type FAS deficient strain. The yeast fatty acid synthase (FAS) consists of two polypeptides, α and β, which assemble to a α6β6 complex in a co-translational manner by interaction of the subunits. Because this step might be subject to cellular regulation, the α- and β- subunits of fatty acid synthase were fused to form a single-chain construct (fusFASRK), which displayed superior octanoic acid production compared with split FASRK. Thus, FASRK expression was identified as a limiting step of octanoic acid production. But the strains that produce octanoic acid have a severe growth defect that is undesirable for biotechnological applications and could lead to lower production titers. One reason is the strong
inhibitory effect of octanoic acid. Another possibility is that the mutant FAS no longer produces enough essential long-chain fatty acids. To compensate for this, the mutated split and fused FAS variants were co-expressed individually in a strain harboring genomic wild type FAS alleles. In
addition, mutant and wild type variants of fused and split FAS were co-expressed together in a FAS deficient strain. However, both cases resulted in decreased octanoic acid titers potentially by physical and/or metabolic crosstalk of the FAS variants.
The fatty acid biosynthesis relies on cytosolic acetyl-CoA for initiation and derived malonyl-CoA for elongation and requires NADPH for reductive power. To increase production of octanoic acid, engineering strategies for increased acetyl-CoA and NADHP supply were investigated. First, the flux through the native cytosolic acetyl-CoA and NADPH providing pyruvate dehydrogenase bypass was enhanced by overexpression of the target genes ADH2, ALD6 and ACSL461P from Salmonella enterica in combination or individually. Next, the acety-CoA forming heterologous phosphoketolase/phosphotransacetylase pathway was expressed and NADPH formation was increased by redirecting the flux of glucose-6-phosphate into the NADPH producing oxidative branch of the pentose phosphate pathway. In particular, the flux through glycolysis and pyruvate dehydrogenase bypass was reduced by downregulating the expression of the phosphoglucose isomerase PGI1 and deleting the acetaldehyde dehydrogenase ALD6. Glucose-6-phosphate was guided into the pentose phosphate pathway by overexpressing the glucose-6-phosphate dehydrogenase ZWF1. The first approach did not influence octanoic acid production but the latter increased yields in the glucose consumption phase by 65 %. However,
combining the superior fusFASRK with acetyl-CoA and NADPH supply engineering strategies did not result in additive production effects, indicating that other limitations hinder high octanoic acid accumulation. Limitations could be caused in particular by the strong inhibitory effects of octanoic acid or by intrinsic limitations of the FASRK mutant. To enlarge the octanoic acid production platform towards other derived valuable oleochemical compounds the de novo production of 8-hydroxyoctanoic acid was targeted. Since short- and medium-chain fatty acids have a strong inhibitory effect on Saccharomyces cerevisiae, the inhibitory effect of hydroxy fatty acid and dicarboxylic with eight or ten carbon atoms were compared and revealed only little or no growth impairment. Subsequently, the formation of 8-hydroxyoctanoic acid was targeted by a terminal hydroxylation of externally supplied octanoic acid in a bioconversion. For that, three heterologous genes, encoding for cytochromes P450 enzymes and their cognate cytochrome P450 reductases were expressed and 8-hydroxyoctanoic acid production was compared. In addition, the use of different carbon sources was compared.
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For thousands of years, S. cerevisiae has been employed by humans in brewing and baking. Nowadays, this budding yeast is more than that: it is a well investigated model organism and an established workhorse in biotechnology. S. cerevisiae serves as a production host for various applications such as i) bioethanol production ii) the biosynthesis of hormones including insulin or iii) cannabinoid biosynthesis. Hereby, the robustness of S. cerevisiae and its high tolerances regarding pH and salt concentrations qualifies it for a wide range of industrial applications. Moreover, products of S. cerevisiae are generally recognised as safe (GRAS), enabling diverse biotechnological applications. Various mechanisms for genetic engineering of S. cerevisiae are applicable and the engineering process itself is straightforward since methods are established and widely known. Due to the wide range of industrial applications of S. cerevisiae, this organism is an ideal candidate for applied research and implementation of the recombinant biosynthesis of tocochromanols in this study.
Tocochromanols encompass tocotrienols and tocopherols, which are lipid-soluble compounds that are commonly associated with vitamin E activity. Hereby, α-tocopherol is the most prevalent form, as it is an essential nutrient in the diet of humans and animals. Naturally, tocochromanols are almost exclusively synthesised by photoautotrophic organisms such as plants or cyanobacteria. They consist of an aromatic head group and a polyprenyl side chain which is saturated in tocopherols and 3-fold unsaturated in tocotrienols. The methylation status of the chromanol ring distinguishes α-, β-, γ- and δ-tocochromanol. All forms of tocochromanols represent a group of powerful antioxidants, scavenging reactive oxygen species (ROS) and preventing the propagation of lipid oxidation in lipophilic environments. Recently, attention has been drawn to tocotrienols, due to their benefits in neuroprotection as well as cholesterol-lowering and anti-cancer properties. Consequently, tocochromanols are valuable additives in the food, feed, cosmetic and pharmaceutical industries.
The metabolic engineering strategy of S. cerevisiae to enable tocochromanol biosynthesis was started in a preceding master thesis with the provision of the aromatic moiety, homogentisic acid (HGA), from the aromatic amino acid biosynthesis. Hereby, the upregulation and redirection of the native pathway was essential. Therefore, a strain with an engineered aromatic amino acid pathway for improved 4 hydroxyphenylpyruvate (HPP) production (MRY33) was utilised from Reifenrath and Boles (2018). Furthermore, a heterologous hydroxyphenylpyruvate dioxygenase (HPPD) was required to convert HPP into HGA. Thus, several heterologous HPPDs were expressed and characterised regarding their HGA production within the previous study. The best variant originated from Yarrowia lipolytica, YlHPPD, and was integrated into the genome of MRY33. The resulting strain JBY2, produced 435 mg/L HGA in a shake flask fermentation.
This work was started with the genetically highly modified strain JBY2, whose genome already contained a large number of genes artificially expressed behind strong promoters. For further strain development, it was advantageous to maintain a high degree of sequence variability in order to prevent genomic instabilities due to sequence homologies. Thus, 17 artificial promoters (AP1-AP17) were characterised regarding their strength of expression by the yellow fluorescent protein (YFP). These sequences were also part of a patent that was filed during this work (WO2023094429A1).
The key point of this study was the development of a metabolic engineering strategy for the strain JBY2. First, the sufficient supply of the second precursor, the polyprenyl side chain, was investigated. Natively, S. cerevisiae produces the precursor, geranylgeranyl diphosphate (GGPP), from the isopentenyl diphosphate pathway. However, without further engineering, GGPP was barely detectable in JBY2 (< 0.1 mg/L). Thus, engineering of the isopentenyl diphosphate biosynthesis was necessary. The limiting enzyme of the mevalonate pathway was the 3-hydroxy-3-methylglutaryl coenzyme A reductase (HMGCR), which is encoded by HMG1. Therefore, a truncation for feedback-resistance and its overexpression by a promoter exchange was performed. Furthermore, the promoter of the gene for the squalene synthase (pERG9) was exchanged by the ergosterol sensitive promoter pERG1 to limit the metabolic flux of the mevalonate pathway into the ergosterol pathway. The native GGPP synthase (BTS1) was another limitation that was observed throughout this study. To overcome this bottleneck, plasmid-based and integrative overexpression of the native BTS1 and a codon optimised BTS1 were investigated. Other strategies to improve GGPP production were the deletion of the gene for the diacylglycerol pyrophosphate phosphatase (DPP1) to prevent excessive dephosphorylation of GGPP to geranylgeraniol (GGOH), and the overexpression of the farnesyl pyrophosphate synthetase, encoded by ERG20. However, the best improvements of the GGPP biosynthesis, inferred through GGOH measurements, were achieved from the screening of several heterologous GGPP synthases in S. cerevisiae. The best performing strain was JBY61 (JBY2, hmg1Δ::pTDH3-HMG1tr[1573–3165], pERG9Δ::pERG1, ChrIV-49293-49345Δ::pTDH3-XdcrtE-tSSA1_LEU2), bearing the heterologous GGPP synthase crtE of Xanthophyllomyces dendrorhous and produced 64.23 mg/L GGOH. Consequently, this engineering strategy improved the GGOH production by a factor of 642 compared to the parent strain JBY2.
In Europe, the sugar refinery is largely based on sugar beets. This route for obtaining household sugar results in a large amount of biomass waste, consisting mainly of the insoluble beet resi-dues, e.g., cell wall fragments. To a vast moiety this debris consists of the polymer pectin (up to 20% in the dry total solids). The structure of pectin is based on a backbone of D-galacturonic acid units (GalA), but also contains various other sugar monomers, predominantly L-arabinose, D-galactose, L-rhamnose and D-xylose. The amount of GalA adds up to a moiety of up to 70% with-in this sugar cocktail. So far, this debris is only fed to cattle or simply burnt. In nature, pectin is a common substrate for various organisms. The degradation of pectin-rich biomass is often per-formed by filamentous fungi like Hypocrea jecorina (also known as Trichoderma reesei) and As-pergillus niger, which evolved pectinases to degrade the pectin backbone and pathways to con-sume the monomer GalA as a sole carbon source. The fungal catabolism of pectin residues starts with the reduction of GalA to L-galactonate (GalOA) by a GalA-reductase. Even though filamen-tous fungi are native hosts of the GalA-catabolism and certain engineering approaches have al-ready been demonstrated, this class of organisms remains challenging with regard to bioreactor cultivation and tedious genetic accessibility. In contrast, the yeast S. cerevisiae is well known in fermentation processes and easily modified by a versatile set of genetic tools. So far, first ap-proaches have already been conducted to transfer the GalA utilization pathways into S. cerevisiae, but these approaches indicated limitations regarding GalA-uptake and redox cofac-tor replenishment due to the relatively high oxidative state of GalA compared to other sugars like glucose and galactose. Furthermore, the generally strongly increased demand for redox co-factors must be met by GalA reduction by finding new cofactor sources or redirecting reactions of the core metabolism.
This work aimed at the production of GalOA, which is the first intermediate of the fungal GalA catabolism. This compound shows an interesting range of potential applications, for instance as a food and cosmetic additive. To overcome the oxidized character of GalA, the presence of a more reduced co-substrate as a redox donor and as a carbon and energy source was required. To further enhance the reduction of GalA, modulation of the redox-cofactor supply and enzyme engineering were performed.
Xylose, an abundant sugar fraction of lignocellulosic biomass, is a five-carbon skeleton molecule. Since decades, utilization of this sugar has gained much attention and has been in particular focus as a substrate for production of biofuels like ethanol by microbial hosts, including Saccharomyces cerevisiae. In this yeast, xylose is naturally not used as a carbon source, but its utilization could be achieved by metabolic engineering either via the oxidoreductive route or through the isomerase pathway. Both pathways share xylulose as a common intermediate that must be phosphorylated before entering the endogenous metabolism via the non-oxidative pentose phosphate pathway (noxPPP). Besides this, in some bacteria a non-phosphorylating oxidative pathway for xylose degradation exists, known as Weimberg pathway, where a molecule of xylose is converted by a series of enzymes - xylose dehydrogenase (XylB), xylonate dehydratase (XylD), 3-keto-2-deoxy-xylonate dehydratase (XylX) and α-ketoglutarate semialdehyde dehydrogenase (KsaD) - to form α-ketoglutarate (AKG). Besides having several useful properties as a product, AKG could also be used for cell growth as an intermediate of the tricarboxylic acid (TCA) cycle. One target of the present study is to establish a functional Weimberg pathway in S. cerevisiae. Previous studies have shown that this task is not trivial, for instance due to the toxicity of xylonate (the first metabolite of the pathway) and the involvement of an iron-sulfur cluster dependent enzyme, the D-xylonate dehydratase. The assembly of iron-sulfur clusters on a heterologous protein in yeast is known to be challenging.
To establish the Weimberg pathway in yeast, the genes xylB, xylD, and xylX were obtained from Caulobacter cresentus and ksaD was from Corynebacterium glutamicum. In a variant, the dehydratase xylD was replaced with orf41 from Arthrobacter nicotinovorans, which is believed to be independent of iron-sulfur clusters. Growth of yeast cells on xylose as a sole carbon source was expected as an indicator of a functional Weimberg pathway. However, the heterologous expression of the codon optimized genes was not sufficient to reach this goal. Due to the complexity of the interactions of the heterologous pathway with the endogenous cellular processes, it was assumed that potential limitations could be overcome by adaptive laboratory evolution, using xylose as a sole source of carbon. Increasing selection pressure was applied on a strain with Weimberg pathway genes integrated into the genome over several generations. As a variant of the evolutionary engineering approach, mutator strains were generated. For this, RAD27 and MSH2 genes were deleted, which are involved in nucleotide excision and mismatch repair mechanisms, respectively. Some of the resulting strains PRY24, PRY25, PRY27 and PRY28 were able grow in xylose as a sole carbon source after evolutionary engineering. As a control, a non-mutator strain PRY19 was also included. Strikingly, only the mutator strains were able to consume xylose as a sole carbon source, which shows the feasibility of the approach.
In addition to the mutator strain strategy, a further approach employed in the present study was the simultaneous expression of the Weimberg pathway in the cytosol and mitochondria. This was based on the reasoning that the iron-sulfur cluster biogenesis on XylD may be improved in the organelle and that the AKG is an intermediate of the TCA cycle. In the strain AHY02, all enzymes of the pathway were tagged with mitochondrial targeting signals in addition to a full cytosolically localized pathway. The localization of the mitochondrial variants was confirmed by fluorescence microscopy. Together with AHY02, CEN.PK2-1C wild type strain was also included as a control for evolution. When a selection pressure on xylose was applied, both strains - AHY02 and CEN.PK2-1C - were able to grow in the course of evolution. Deletion of the xylulokinase (XKS1) gene was found to be detrimental for both evolved strains in xylose-containing media. This suggests that the evolution of the endogenous oxidoreductive and noxPPP genes is responsible for growth of the evolved cells. For the evolved strain AHY02, it could also be possible that the Weimberg pathway genes supported to growth in addition to the oxidoreductive route. To elucidate the underlying molecular mechanisms, genome sequencing and reverse engineering approaches would be necessary in future.
In addition to screening for growth on xylose as a sole carbon source, a less stringent screening system was created to examine even a minor flux of xylose towards AKG. For this, all genes necessary for conversion of isocitrate to AKG where deleted, yielding a glutamate auxotrophic strain. In this system, the cells can grow on other carbon sources, whereas xylose is only provided as a source of AKG for the synthesis of glutamate...
Die Substitution von klassischen, mit der Nahrungsmittelproduktion in Konkurrenz stehenden, Substraten wie Glukose durch alternative Kohlenstoffquellen in der Biotechnologie ist sowohl aus ethischer, als auch aus ökonomischer Sicht erstrebenswert. Diese Arbeit beschreibt die Synthese von Bulkchemikalien in Form zweier Dicarboxylsäuren und einer Feinchemikalie in Form eines Sesquiterpens aus dem alternativen Substrat Methanol mit Hilfe genetisch veränderter Stämme des methylotrophen α-Proteobakteriums Methylobacterium extorquens.
Mesacon- und (2S)-Methylsuccinsäure sind Dicarboxylsäurederivate der CoA-Ester Mesaconyl- und (2S)-Methylsuccinyl-CoA, die als Intermediate im Ethylmalonyl-CoA- Weg (EMCP) vorkommen. M. extorquens nutzt den EMCP für die Regeneration von Glyoxylat, das für das Wachstum auf C1-Substraten wie Methanol obligatorisch ist. In dieser Arbeit konnte erstmals Mesacon- und (2S)-Methylsuccinsäure de novo durch die Expression einer für die Vorstufen Mesaconyl- und (2S)-Methylsuccinyl-CoA aktiven Thioesterase produziert werden. Ein kobaltlimitiertes Wachstum von M. extorquens führte aufgrund mangelnder Cofaktorversorgung zweier Vitamin-B12-abhäniger Mutasen im EMCP zu einer Akkumulation der beiden CoA-Ester-Vorstufen, womit eine Produktion von 0.65 g/l Mesacon- und (2S)-Methylsuccinsäure erreicht wurde. Weitergehende Untersuchungen belegten außerdem einen positiven Effekt eines ausgeschalteten PHB-Zyklusses auf die Produktion der beiden EMCP- Dicarboxylsäurederivate.
Diese Arbeit beinhaltet zusätzlich grundlagenwissenschaftliche Untersuchungen zur Substitution der EMCP-katalysierten Glyoxylatregeneration durch einen heterologen Glyoxylatzyklus in EMCP-negativen M. extorquens-Stämmen. Dabei konnte erstmals ein methanolverwertendes, methylotrophes Bakterium identifiziert werden, das einen Serin-Zyklus in Kombination mit dem Glyoxylat-Zyklus zur Kohlenstoffassimilation verwendet, ohne dabei zusätzliche Stoffwechselwege zur CO2-Fixierung wie den EMCP, RuMP oder CBB-Zyklus zu verwenden.
Die Präsenz einer nativen C30-Carotinoidbiosynthese, ausgehend von der Vorstufe Farnesylpyrophosphat (FPP), empfiehlt M. extorquens als Produktionsorganismus für (Sesqui-)Terpene. In dieser Arbeit wurde mit Hilfe einer induzierbar gesteuerten Expression einer Terpensynthase in Form einer α-Humulen-Synthase, einer FPP-Synthase und eines prokaryontischen Mevalonatweges, erstmals die de novo Synthese eines Terpens aus Methanol am Beispiel des α-Humulens etabliert. Durch optimierte Expressionen der Terpensynthase, FPPS und einzelner MVA-Gene mit Hilfe angepasster Translationsinitiationsraten der jeweiligen ribosomalen Bindestellen und der Verwendung eines in der nativen Carotinoidbiosynthese inhibierten M. extorquens-Stammes wurden finale Produkttiter von bis zu 1.65 g/l α-Humulen in Fed-Batch-Fermentationen erreicht.
Diese kumulative Dissertation beinhaltet außerdem einen Reviewartikel, in dem der verwendete Mikroorganismus M. extorquens in mikrobiologischer, genetischer, biochemischer und auch biotechnologischer Hinsicht ausführlich beschrieben wird. Zudem gibt ein Buchkapitel eine Übersicht über die Verwendung von Methanol in der Biotechnologie.
In recent years, several neuronal differentiation protocols were published that circumvent the requirement of embryoid body (EB) formation under serum-deprivation and simplified medium conditions. But a neuronal default model to establish an approach that works efficiently for all pluripotent cells and neuronal precursors is still lacking. Whether such a default neural mechanism exist and how this is implemented across a broad spectrum of cell source, is addressed in several studies and still controversially discussed. It was proposed that the default neuronal fate is initiated in the absence of extrinsic signals and is achieved by eliminating extracellular inhibitors of neuroectodermal fate and suppressing cell-cell signalling through limited cell density. Previous studies reported that ESC and ECC grown at low density and in absence of exogenous factors or feeder layers die within 24 h but acquire a neural identity as indicated by expression of the neural marker Nestin. Thus, this application is not suitable for generating neural cultures. Furthermore, it was reported that P19 cells survive and express neuroectodermal marker genes in serum-free DMEM/F12 medium containing transferrin, insulin, and selenite, although no neurites were identified.
Based on this background, in this study, a novel approach to induce neuronal differentiation in vitro was developed that implements a nutrient-poor environment, which, in contrast to previous studies, ensures the survival of neuronally differentiated cells over a long period of time and allows normal formation of neurites. Neither the formation of free-floating aggregates nor supplementation of growth factors or known inducers was required to establish a reliable neuronal differentiation protocol. A simple medium, consisting of DMEM/F12+N2 that was highly diluted in salt solution, was sufficient to drive a fast neuronal differentiation in monolayer cultures. Serum deprivation and strong dilution of DMEM/F12+N2 medium cause a nutrient-poor environment in which the influence of growth factors and inducers is minimized. This medium creates a metabolically defined environment that is presumably free of extrinsic signals that prevent the decision of neuronal fate. Analysis of the medium components discovered no actual inducer. Hence, it was suggested that the metabolic composition of the medium exclusively covers specific cell requirements of neurons, therefore ensures their survival, and drives the switch from pluripotent cells to neurons. The self-developed method was established by usage of the murine embryonal carcinoma cell line P19 and could be transferred to murine ESC. Consequently, the method could provide a feasible protocol for a generally valid neuronal default model.
The established protocol provides several advantages such as the possibility to generate stable pure neuronal cultures by a fast, simple, and highly reproducible one-step induction under defined medium conditions with a minimum of exogen effectors. The method is characterised by clear and steady medium conditions that makes the investigation of specific cell requirements during differentiation accessible. It is therefore expected to be a useful tool to investigate the molecular basis of neuronal differentiation as well as for high throughput screenings. The phenotype of mature postmitotic neurons was arising within one week and cultures were shown to stay stable at least for three weeks. The neuronal identity was confirmed by expression of neuronal markers through immunofluorescence staining and mass spectrometry analysis. Furthermore, increased levels of axon markers were detected in early neuronal differentiation and functionality of the synapses of the P19-derived neurons was ascertained by detection of calcium activity. Axonal laser ablation, immediately followed by fast regrowth of connections in the neuronal network, revealed a strong regeneration potential under the given conditions. Furthermore, the generated neurons showed a morphologically distinct phenotype and the formation of neural rosettes. Immunofluorescence staining demonstrated the generation of pure and homogeneous neuronal cultures, free of glial cells.
Retinoic acid (RA) plays an essential role in cell signalling during embryogenesis and efficiently induces neuronal differentiation in vitro in a concentration dependent manner. Neither retinol nor retinoic acid was included in any of the components of the self-prepared medium in this work. However, I observed, dependence on RARβ- and/or RARγ-regulated RA signalling in serum-free monolayer cultures. Nevertheless, neuronal differentiation in serum-free monolayer cultures was assumed to be RARα-independent because (i) RARα was slightly downregulated after neuronal induction, (ii) the truncated RARα of the RAC65 mutant had no effect on induction efficiency, and (iii) a pan-RAR inhibitor suppressed neuronal differentiation. In contrast to serum-free monolayer cultures, the truncated RARα prevented neuronal differentiation by application of the conventional protocol where cells are grown in free floating cell aggregates in serum-containing medium. Proteome analysis of P19 cells, treated by the self-developed differentiation protocol over five days showed increased levels of cellular RA binding proteins that mediate the cellular RA transport and are involved in canonical as well as non-canonical RA signalling.
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Terrestrische Säugetiere werden von unterschiedlichen Parasiten als Wirte genutzt. Dabei kann ihre Parasitenfauna je nach Art, Lebensweise, Verbreitung, Gesundheitszustand und Reproduktionsstatus des Wirts abweichen. Ein weiterer bestimmender Faktor, ist der Einfluss des Menschen in Form von Regulierungsmaßnahmen und Schaffung urbaner Lebensräume. Domestizierte Haustiere bzw. Nutztiere weisen daher in der Regel andere Parasiten auf als ihre wildlebenden Artgenossen. Gleichzeitig können sich sowohl Wildtiere als auch domestizierte Tiere und Menschen gegenseitig Parasitenarten teilen und wechselseitig aufeinander übertragen. Daraus resultierende Krankheiten werden als Zoonosen bezeichnet.
Insbesondere Fledermäuse (Unterordnung Microchiroptera) zeigen weltweit eine enorme Parasitendiversität, die noch weitgehend unerforscht ist. Ebenfalls Forschungsbedarf besteht für die Sandfloh-Gattung Tunga in Süd- und Mittelamerika in Hinblick auf ihr Wirtsspektrum, welches auch Menschen einschließt. Die Art Tunga penetrans und zahlreiche weitere Parasitenarten, parasitieren gleichzeitig auch bei Hunden. Daher stellen diese Wirte eine direkte Gesundheitsgefahr für Menschen in ihrer unmittelbaren Umgebung dar.
Die vorliegende Dissertation ist in kumulativer Form zusammengefasst und beinhaltet drei Einzelpublikationen sowie einen Reviewartikel.
Ziel war es, die Parasitendiversität von Hunden aus urbanen tropischen Gebieten und die Parasitendiversität des Großen Ameisenbären (Myrmecophaga tridactyla) mit Hilfe morphologischer und molekularbiologischer Methoden zu analysieren. Die jeweiligen Parasitenfaunen wurden in Hinblick auf die soziale bzw. solitäre Lebensweise der beiden Wirtsarten verglichen und ihr zoonotisches Potenzial bewertet.
Ein weiteres Ziel war die Zusammenfassung der Ektoparasitennachweise süd- und mittelamerikanischer Microchiroptera und für die europäischen Arten der Fledermaus-Gattung Myotis (hier Endo- und Ektoparasiten) auf Basis der verfügbaren Literatur. Des Weiteren sollten eigene Parasitennachweise aus Bolivien bzw. Deutschland erfolgen. Für die Nachweise aus Deutschland wurden M. myotis untersucht, deren Artzugehörigkeit vorher bestimmt wurde. Zusätzlich wurden diese Individuen auf humanpathogene Lyssaviren untersucht.
Die Nachweise erfolgten über molekularbiologische und morphologische Methoden.
Das Vorkommen von Kunststoffmaterialien <5 mm, sogenanntem Mikroplastik
(MP), in marinen Ökosystemen wurde bereits eingehend untersucht. Im Gegensatz dazu existieren erhebliche Wissenslücken hinsichtlich der Abundanz und der Auswirkung von MP in limnischen Ökosystemen. Vor diesem Hintergrund steht das Umweltvorkommen, mögliche Eintragspfade und die Auswirkungen von MP auf aquatische Invertebraten im Fokus dieser Arbeit. Zur Bestimmung der MP-Abundanz in Fließgewässern sind Sedimente der Elbe untersucht worden. Hierfür wurde zunächst eine Methode zur Extraktion und Identifizierung von MP aus Umweltproben entwickelt, optimiert und validiert. In der anschließenden Analyse konnten in elf Probenahmestellen 55–17400 MP kg-1 in den Sedimenten nachgewiesen werden. Der Einfluss der Gezeitenströmung wurde anhand der abnehmenden MP-Abundanz in der Tideelbe deutlich. Insgesamt weisen die Ergebnisse darauf hin, dass Sedimente von Fließgewässern eine Senke für MP darstellen. Für die Evaluation von Eintragspfaden von MP in Oberflächengewässer wurden die
Einleiter von fünf Kläranlagen beprobt und 240–897 MP m-3 in den Einleitern detektiert. Die Detailuntersuchung einer Kläranlage zeigte, dass >99% der MP-Fracht im Verlauf der Abwasseraufbereitung entfernt wird. Hierbei erfolgte die Hauptentfernung
bereits in der Vorklärung. Somit stellen Kläranlagen effektive Barrieren für den Eintrag von MP dar.
Insgesamt wird ersichtlich, dass die getesteten Arten C. riparius und G. pulex relativ insensitiv gegenüber einer MP-Exposition sind. So konnten bei G. pulex keine und bei C. riparius erst bei sehr hohen MP-Konzentrationen adverse Effekte detektiert werden. Hierbei ist die Autökologie der Spezies eine mögliche Erklärung für die Toleranz gegenüber partikulären Stressoren. Auf Basis dieser Daten sowie der ermittelten MPAbundanz kann das Umweltrisiko von MP in limnischen Ökosystemen vorläufig als
gering eingeschätzt werden. Hierbei gilt es jedoch zu beachten, dass eine abschließende
Bewertung aufgrund der nach wie vor existierenden Unsicherheiten nicht möglich ist. Diese Unsicherheiten betreffen die Umweltkonzentration von MP <80 μm, das Verhaltensowie das Wirkpotential dieser heterogenen und dynamischen Stressorenklasse
in umweltrelevanten Szenarien.
Seit den 1950er Jahren hat sich Plastik als unverzichtbare Ressource im menschlichen Alltag etabliert. Als negative Folge dieses Booms wird seit einigen Jahrzehnten jedoch eine zunehmende Belastung aquatischer Ökosysteme mit Plastikmüll bzw. dessen Degradationsprodukten, sogenanntes „Mikroplastik“ (MP, < 5 mm) bzw. „Nanoplastik“ (NP, < 1 µm), beobachtet. Ziel dieser Arbeit war die Untersuchung des aktuellen Vorkommens von MP in limnischen Gewässern, die Analyse der Interaktion zwischen MP und limnischen Wirbellosenarten und der daraus resultierenden Toxizität sowie eine erste Risikoabschätzung.
Das Vorkommen von Mikroplastik in limnischen Gewässern wurde exemplarisch anhand der Elbe als großes Fließgewässer in Deutschland untersucht. Durch die Auswertung von elf Probestellen entlang des Verlaufs der Mittel- und Unterelbe konnte gezeigt werden, dass die MP-Konzentrationen im Sediment (2,26x10^4 – 2,27x10^7 P m^-3) im Mittel fast 150.000-fach höher sind als in der Wasserphase (0,88–13,24 P m^-3). Sedimente sind somit eine Senke für MP. Die Zusammensetzung der Polymerarten sowie MP-Formen deuten zudem an, dass die Partikel sowohl aus diffusen wie auch aus Punktquellen (z.B. Industrieabwässer) stammen. Im globalen Vergleich können die MP-Konzentrationen in deutschen Fließgewässern z. Z. als durchschnittlich betrachtet werden. Allerdings muss insgesamt davon ausgegangen werden, dass die bisher bestimmten MP-Umweltkonzentrationen die realen Konzentrationen möglicherweise unterschätzen. So zeigte die Elbestudie, dass die Sedimentfeinfraktion < 100 µm einen bedeutenden Polymeranteil enthielt. Die meisten bisher durchgeführten Studien zur Bestimmung von MP-Partikeln in Flüssen haben Partikel < 100 µm jedoch nicht in ihrer Analyse berücksichtigt.
Die Interaktion von MP mit limnischer Biota wurde anhand der Artgruppen der Muscheln (Bivalvia), Schnecken (Gastropoda) sowie Krebstiere (Crustacea) näher untersucht. Die Intensität der Interaktion ist maßgeblich von der Aufnahme von MP durch die verschiedenen Arten abhängig. Anhand von zahlreichen Aufnahmestudien mit verschiedenen limnischen Arten, darunter den Muschelarten Dreissena polymorpha, Sinanodonta woodiana und Anodonta anatina, der Lungenschnecke Lymnaea stagnalis sowie der Amphipodenart Gammarus pulex, wurde nachgewiesen, dass die MP-Aufnahme von den Eigenschaften der exponierten Arten bzw. Individuen, den MP-Charakteristika sowie den Expositionsbedingungen abhängt. Die Experimente mit Muscheln verdeutlichten die rasche Aufnahme, aber auch Exkretion von MP-Partikeln innerhalb weniger Stunden. In allen drei Artgruppen war die Aufnahme konzentrationsabhängig mit zunehmender Aufnahme bei steigenden MP-Konzentrationen. Die Muschelexperimente zeigten jedoch auch, dass eine gleichzeitige Exposition mit anderen Partikeln (z.B. Nahrung) zu einer reduzierten Aufnahme führt. Auch die Größe der Testorganismen beeinflusste die Aufnahme: So nahmen im Fall der Muscheln und Krebse kleinere Individuen (bzw. im Fall der Muscheln auch Arten) relativ pro Körpermasse mehr MP-Partikel auf als größere Individuen bzw. Arten. Für alle untersuchten Arten wurde darüber hinaus gezeigt, dass die MP-Größe relevanten Einfluss auf die Menge an aufgenommenen Partikeln hat.
Ein Vergleich zwischen den Artgruppen zeigte, dass Muscheln als filtrierende Organismen in den Laboruntersuchungen bei gleicher Expositionskonzentration mehr MP aufnahmen als Krebse (Zerkleinerer) und Schnecken (Weidegänger). Im Gegensatz zu Muscheln nutzen Krebstiere und Schnecken allerdings die Grenzschicht zwischen Wasser- und Sedimentphase als Suchraum für ihre Nahrung und sind in der Umwelt (auf Grund des höheren MP-Vorkommens in Sedimenten) somit möglicherweise gegenüber höheren MP-Konzentrationen exponiert als Muscheln. Die Extrapolation der gewonnenen Labordaten sowie der Vergleich mit publizierten Umweltdaten legen allerdings nahe, dass das MP-Vorkommen in Individuen aller drei Artgruppen bisher auf einige wenige MP-Partikel begrenzt ist. Ausgeprägte Unterschiede zwischen den Artgruppen sind bisher nicht erkennbar.
MP-Toxizitätsstudien mit G. pulex, L. stagnalis sowie D. polymorpha konnten trotz der Berücksichtigung einer Vielzahl an Endpunkten (Mortalität, Reproduktion, Nahrungsaufnahme, oxidativer Stress, Energiereserven, Immunzellaktivität) und trotz des Einsatzes zum Teil sehr hoher MP-Konzentrationen weit oberhalb aktueller Umweltkonzentrationen nur sehr wenige MP-induzierte Effekte nachweisen, darunter eine Steigerung der Filtrationsaktivität (D. polymorpha) bzw. Veränderung der Immunfunktion von Hämolymphzellen (L. stagnalis).
Zur weiteren Risikoabschätzung wurden diese Studienergebnisse mit publizierten Daten für marine und limnische Muschel- und Krebsarten in Artenempfindlichkeitsverteilungen (Species Sensitivity Distributions, SSD) zusammengeführt und jeweils eine SSD für Muscheln und Krebstiere erstellt. Die Erstellung einer SSD nur für limnische Arten ist zum jetzigen Zeitpunkt auf Grund der geringen Datenlage noch nicht möglich.
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Morbus Parkinson (abgekürzt als PD vom Englischen Parkinson’s disease) ist nach Alzheimer die zweithäufigste neurodegenerative Erkrankung. Die Hauptmerkmale sind Rigidität und Bradykinesie, sowie Tremor und posturale Instabilität. Im Gehirn lässt sich bei Parkinsonpatienten post mortem ein Verlust an Neuronen in der Substantia nigra feststellen, was zu den ersten beiden Anzeichen führt. Zudem gibt es intrazelluläre Einschlüsse in den betroffenen Nervenzellen – Lewy-Körperchen genannt – die aus Alpha-Synuklein und anderen Proteinen wie Ubiquitin zusammengesetzt sind. Außerdem ist der Eisenmetabolismus in Gehirnen von Parkinsonpatienten gestört und man findet Eisen-Ablagerungen, vor allem im Mittelhirn. Die Ursachen für PD sind bislang nicht abschließend geklärt. Der Großteil der Fälle ist sporadischer Natur mit unbekannter Ursache und nur bei einem geringen Anteil liegt eine Mutation in einem einzelnen Gen zugrunde. Die häufigsten Mutationen tritt in den Genen für Alpha-Synuklein (SNCA), PINK1 und PARKIN auf.
Die Serin-Threonin-Kinase PINK1 und die E3-Ubiquitin-Protein-Ligase PARKIN sind zwei Proteine, die in Stresssituationen an der Mitochondrien-Außenmembran am Abbau von alten oder nicht richtig funktionierenden Mitochondrien beteiligt sind. Dieser Vorgang nennt sich Mitophagie.
Die dieser Arbeit zugrunde liegenden Publikationen gehen den Zusammenhängen zwischen mitochondrialen Fehlfunktionen und der Pathogenese von PD nach. Da die Krankheit meist erst im hohen Alter auftritt, davon größtenteils ohne direkte Ursache, liegt der Schluss nahe, dass neben genetischen Ursachen auch Umweltfaktoren eine größere Rolle spielen könnten. Um dies näher zu analysieren, wurden experimentell verschiedene Stressoren eingesetzt.
Insgesamt wurden folgende Aspekte untersucht:
I. Welche Auswirkungen hat das Fehlen von PINK1 auf die Zelle? Gibt es einen Biomarker, der mit höherem Alter immer stärker verändert ist?
II. Welchen Einfluss haben Umweltfaktoren wie veränderte Eisen-Exposition auf die Zelle und was verändert sich beim Fehlen von PINK1?
III. Wie können mitochondriale Fehlfunktionen präferentiell das Nervensystem betreffen, wenn es nicht um respiratorische Insuffizienz geht?
Die einzelnen Studien zeigten folgende Ergebnisse:
Torres-Odio/Key et al. 2017 widmete sich der Suche nach molekularen Biomarkern, wodurch PD präsymptomatisch erkannt und die Progression der Erkrankung eingeschätzt werden kann. Die Transkriptom-Analyse der Kleinhirne von Mäusen mit Pink1-/--Mutation in drei verschiedenen Altersstufen zeigte eindrücklich, dass nicht ein einzelner Faktor immer stärker verändert war, sondern, dass immer mehr Faktoren und daher auch eine steigende Zahl an
Signalwegen mit höherem Alter beteiligt waren. Diese Veränderungen betrafen inflammatorische Signalwege, insbesondere Faktoren, die mit der Erkennung und Verarbeitung von zellfremden Nukleinsäuren assoziiert sind. Aufgrund der evolutionären Herkunft von Mitochondrien als frühere Protobakterien haben mitochondriale Nukleinsäuren und Proteine zum Teil bakterielle Ähnlichkeiten, und könnten bei Fehlfunktionen ins Zytosol gelangen. Vor diesem Hintergrund lassen die Ergebnisse der Studie den Schluss zu, dass das angeborene Immunsystem in Neuronen durch eine PINK1-assoziierte mitochondriale Störung aktiviert wird.
In der Publikation Key et al. 2020 wurde Eisen als ein im täglichen Leben vorkommender Stressor eingesetzt und es wurden systematisch Faktoren des Eisenstoffwechsels bei hohen und niedrigen Eisenspiegeln im Zusammenhang mit Parkinson-Mutationen untersucht. Da Eisen für die Gesundheit von Mitochondrien eine große Rolle spielt und Eisen-Chelatoren als Therapie bei PD Patienten bereits diskutiert werden, haben die molekularen Befunde große Relevanz. Die Ergebnisse zeigen, dass unter niedrigen Eisenspiegeln Proteine reduziert waren, die am Nukleotid-Stoffwechsel beteiligt sind, sowie Faktoren, die Eisen-Schwefel-Cluster als Cofaktoren haben und wichtig für die Nukleotid-Qualitätskontrolle sind. Das Fehlen von Eisen führte zu einer Induktion von Pink1 und Prkn, was auf verstärkte Mitophagie hindeutet. Insgesamt konnte gezeigt werden, dass die mitochondriale Eisen-Schwefel-Cluster Biogenese und die post-transkriptionelle Eisenregulation entscheidend für die Pathogenese von PD, bzw. das gesunde Fortbestehen einer Zelle und letztlich auch eines Organismus sind.
In Key et al. 2019 wurde erstmalig das Gesamt-Ubiquitylom aus Gehirnen von gealterten Parkin-knockout (KO) Mäusen erhoben und analysiert, um Ubiquitylierungs-Substrate von PARKIN zu identifizieren. Hierbei zeigte sich eine veränderte Ubiquitylierung von mehreren Faktoren, die an der zellulären Calcium-Homöostase beteiligt sind. Weitere elektrophysiologische Experimente in Gehirnen von gealterten Parkin-/--KO Mäusen ergaben, dass in Nervenzellen im Locus coeruleus die Geschwindigkeit der spontanen Taktgeber erhöht, dass die langsame Nachhyperpolarisation reduziert und, dass die Dauer der Aktionspotentiale erniedrigt war, ohne Veränderung der Kaliumkanal-Ströme.
Insgesamt geht aus den drei Studien hervor, dass mitochondriale Fehlfunktionen bei dauerhaftem Bestehen weitreichende Folgen für die Gesundheit des Nervensystems haben können, denn auch kleine Veränderungen, seien es durch Mutationen oder Umweltfaktoren wie Eisen, können in einer so großen Lebensspanne wie der des Menschen über Krankheit oder Gesundheit entscheiden!
Modellierung der klimatischen Habitateignung verschiedener krankheitsübertragender Vektorarten
(2018)
Der Klimawandel hat einen starken Einfluss auf die Verbreitungsgebiete von Arten. Infolgedessen kann sich das Verbreitungsgebiet von Arten verschieben, einschränken oder ausweiten. Bei thermophilen Arten wird vermutet, dass sie von den klimatischen Änderungen profitieren und sie sich wahrscheinlich ausbreiten werden. Eine solche Ausbreitung, wozu auch die Einwanderung von gebietsfremden Arten zählt, hätte nicht nur zahlreiche Konsequenzen für diese Ökosysteme, sondern könnte sich auch zu einem ernsten Gesundheitsrisiko entwickeln, wenn es sich bei den einwandernden Neobiota um Vektorarten handelt.
Stechmücken und Sandmücken, als blutsaugende Insekten, zählen zu den bekanntesten Vektorarten. Sie sind in der Lage, eine Vielzahl von Infektionskrankheiten wie das Denguefieber oder das Gelbfieber, aber auch protozoische Parasiten wie "Leishmania"-Arten zu übertragen. Als thermophile Arten sind viele dieser Vektoren aktuell in ihrer Verbreitung weitgehend auf tropische und subtropische Gebiete beschränkt. Eine Einwanderung in gemäßigtere Gebiete kann zu einer Einschleppung der durch sie übertragenden Erreger führen und damit zum Ausbruch von Infektionskrankheiten. Aufgrund der medizinischen Relevanz dieser Arten ist es essentiell, die räumliche Verbreitung, sowie die abiotischen Ansprüche der Vektorarten zu kennen, um deren mögliche Ausbreitung nachzuvollziehen.
Vor diesem Hintergrund beschäftigte sich die vorliegende kumulative Dissertation mit den klimawandelinduzierten Änderungen der Habitateignung verschiedener medizinisch relevanter Vektorarten. Dabei wurden die zwei invasiven Stechmückenarten "Aedes albopictus" (I-III) und "Aedes japonicus" (III), sowie zehn in Europa bereits vorkommende Sandmückenarten der Gattung "Phlebotomus" (IV), untersucht. Die Arbeit basiert auf vier (ISI-) Publikationen. Unter Verwendung ökologischer Nischenmodellierung wurden geeignete Gebiete unter aktuellen und zukünftigen Klimabedingungen bestimmt. Um dabei sowohl räumliche als auch zeitliche Aspekte zu berücksichtigen, wurden mehrere räumliche Skalen (Deutschland und Europa), sowie Zeitperioden (2030, 2050 und 2070) betrachtet. Des Weiteren wurden verschiedene Ansätze (einzelne Algorithmen und Ensemble-Modelle) zur Modellierung der Habitateignung verwendet.
Die Ergebnisse dieser Dissertation zeigen eine zukünftige klimawandelbedingte Ausweitung der geeigneten Gebiete für viele der betrachteten Vektorarten. So konnte gezeigt werden, dass die Habitateignung für "Aedes albopictus" in Deutschland (I) und in Europa (III) zukünftig deutlich zunimmt. Auch für die Sandmückenarten "Phlebotomus alexandri", "Phlebotomus neglectus", "Phlebotomus papatasi", "Phlebotomus perfiliewi" und "Phlebotomus tobbi" konnte eine deutliche Zunahme der klimatisch geeigneten Gebieten projiziert werden (IV).
Lediglich Arten, wie die Asiatische Buschmücke "Aedes japonicus" (III) und auch kältetolerantere Sandmücken, wie "Phlebotomus ariasi" und "Phlebotomus mascittii" (IV) scheinen weniger von diesen klimatischen Veränderungen zu profitieren und könnten in Zukunft sogar aktuell geeignete Gebiete verlieren (klimawandelinduzierte Arealverkleinerung). Bei "Aedes japonicus" konnte dies auf eine engeren Nische mit einem Optimum bei vergleichsweise niedrigen Temperaturen zurückgeführt werden (III).
Am Beispiel von "Aedes albopictus" wurden ferner Umweltfaktoren identifiziert, die die Verbreitung der Art limitieren (II). Als wärmeliebende Art spielen bei "Aedes albopictus" in Mitteleuropa insbesondere die niedrigen Temperaturen eine Rolle, während in Zukunft die Sommertrockenheit in Südeuropa zunehmend eine Rolle spielen könnte.
Nischenmodellierung stellt trotz ihrer vereinfachenden Annahmen und Unsicherheiten, eine hilfreiche Methode zur Untersuchung klimawandelinduzierter Arealverschiebungen dar. Mit Hilfe der Modellierungsergebnisse konnten Gebiete mit einem hohen Etablierungsrisiko für die Vektorarten identifiziert werden, welche daher im Fokus künftiger Überwachungsprogramme stehen sollten. In Zukunft könnten mehr Vektorarten geeignete Bedingungen in Mitteleuropa finden, wodurch die Vektordiversität zunehmen wird. Dadurch könnte auch das Risiko für einen Ausbruch der durch die Vektoren übertragenen Krankheiten steigen.
Auch wenn das Vorhandensein eines kompetenten Vektors eine unerlässliche Voraussetzung für den Ausbruch einer Infektionskrankheit darstellt, gibt es noch weitere Faktoren, wie das Vorhandensein des Erregers. In Bezug auf die Risikoabschätzung vektorassoziierter Krankheiten sollten neben der Verbreitung des Vektors und des Erregers auch die abiotischen Bedingungen für die Entwicklung des Erregers berücksichtigt werden. Neben neu eingewanderten Arten sollten zudem auch die heimischen Arten in Bezug auf ihre Vektorkompetenz untersucht werden, da diese ebenfalls als potentielle Vektoren dienen und somit das Gesundheitsrisiko weiter erhöhen könnten.
Eine überlebenswichtige Eigenschaft von Mensch und Tier ist es, sich bei Gefahr durch eine Schreckreaktion in Sicherheit zu bringen. Doch woran erkennt ein Organismus, in welcher Situation es „sinnvoll“ wäre, sich zu erschrecken und welche Eigenschaften sensorischer Stimuli tragen zu dem Gefahreneindruck bei? Bei plötzlich eintretenden, lauten auditorischen Reizen kann es zur Auslösung der akustischen Schreckreaktion kommen. Dies führt bei Menschen, aber auch bei kleineren Säugetieren zu einer reflexartigen Kontraktion der Nacken-, Gesichts- und Skelettmuskulatur. Die Erforschung der akustisch evozierten Schreckreaktion (ASR) dient dem besseren Verständnis der neurobiologischen Grundlagen sensorischer Verarbeitung. Modulationen der ASR mithilfe von Präpulsen (Präpulsinhibition) ermöglichen Einblicke in die Funktion der Kochlea, des Hörnervs, der Hirnstammstrukturen und anderer beteiligter Gehirnregionen.
In dieser Arbeit wurden kurzzeitige Änderungen von Frequenz oder Intensität des akustischen Hintergrundes als neuartige Präpulse untersucht. Die Bedeutung verschiedener Reizparameter dieser Präpulse wurde in der vorliegenden Arbeit zum ersten Mal systematisch erforscht. Um zu prüfen, welche Präpulsstimulationen eine Inhibition der ASR auslösen können, wurde eine Reihe von Parametern umfassend getestet. In einem weiteren Schritt wurde analysiert, ob es mithilfe von gezielten Änderungen von Frequenz oder Intensität möglich sein könnte, Unterscheidungsschwellen, oder gar Hörschwellen von Versuchstieren zu bestimmen.
Die Experimente zur Modulation der ASR wurden mit weiblichen Sprague Dawley-Ratten durchgeführt. Dabei wurde eine Vielzahl von Verhaltensparadigmen untersucht. Dazu zählten Präpulse mit unterschiedlichem Frequenzgehalt und variabler Dauer. Zusätzlich wurden neuartige Paradigmen etabliert, um die Fähigkeit zur Frequenz- und Intensitätsdiskriminierung zu untersuchen. Hierbei wurde der Frequenzgehalt oder die Intensität einer kontinuierlichen Hintergrundstimulation verändert, um eine Präpulswirkung zu erzeugen. Um die Möglichkeiten der Bestimmung von Hörschwellen mittels der Präpulsinhibition (PPI) zu ergründen, wurde die Intensität von Präpulsen systematisch verändert. Die so generierten Schwellenwerte wurden durch die Messung früher akustisch evozierter Hirnstammpotenziale verifiziert. Schließlich sollten, unter Zuhilfenahme der Signaldetektionstheorie, aus den erhobenen Daten diverse Schwellen bestimmt werden: Für die Intensitätsänderungen der Präpulse in Stille wurden Hörschwellen bestimmt, während bei Änderungen der Frequenz und Intensität Unterscheidungsschwellen bestimmt werden sollten.
Mit steigender Größe eines Frequenzsprungs in einer kontinuierlichen Hintergrundstimulation war eine stärkere Inhibition der ASR feststellbar; ein Effekt, der stark von der Hintergrundfrequenz abhängig war. Bei einer Stimulation mit 8 kHz konnten signifikant höhere Inhibitionswerte erzielt werden als mit 16 kHz. Bei der Untersuchung des Zeitablaufs der Stimulation ergab sich, dass eine abgesetzte Stimulation mit einer Abweichung von 80 ms Dauer bis 50 ms vor dem Schreckreiz für die höchsten Inhibitionen sorgte.
Die durch eine Intensitätsänderung einer kontinuierlichen Hintergrundstimulation ausgelöste PPI hing primär von der Größe und Richtung des Intensitätssprungs ab. Mit zunehmender Sprunggröße stiegen die Inhibitionswerte an. Eine Erhöhung der Hintergrundintensität um 10 dB hatte einen signifikanten Einfluss auf die Inhibitionswerte. Auch hier zeigte sich eine höhere Sensitivität in Form von höheren Inhibitionen für Stimuli mit einer Hintergrundfrequenz von 8 kHz als für alle anderen getesteten Hintergrundfrequenzen.
Die Bestimmung von Hörschwellen mittels intensitätsabhängiger PPI wies im Vergleich mit den elektrophysiologisch bestimmten Hörschwellen ein heterogenes Bild mit starken individuellen Schwankungen auf: Bei etwa der Hälfte der Tiere waren die Hörschwellen beider Messungen sehr vergleichbar, bei den übrigen Tieren konnten mittels PPI für eine oder mehrere Frequenzen keine aussagekräftigen Hörschwellen erzielt werden. Die elektrophysiologisch bestimmten Hörschwellen waren am sensitivsten, während PPI-Stimulationen signifikant höher waren. Außerdem bewirkten PPI-Stimulationen mit Reintönen signifikant sensitivere Hörschwellen im Vergleich zu einem Schmalbandrauschen.
Für die Bestimmung der Unterscheidungsschwellen von Frequenzänderungen konnte beobachtet werden, dass die Tiere auf Frequenzsprünge hin zu niedrigeren Frequenzen signifikant sensibler reagierten, als hin zu Aufwärtssprüngen (-1.2 bzw. +4.5%). Bei der Intensitätsunterscheidung hingegen konnte beobachtet werden, dass die Tiere signifikant sensitiver auf Intensitätserhöhungen als auf Erniedrigungen reagierten (-5.9 bzw. +2.7 dB).
Zusammenfassend konnte in der vorliegenden Arbeit festgestellt werden, dass die PPI zur Bestimmung von absoluten Hörschwellen starken Schwankungen unterlag, sodass diese Methode nur eingeschränkt als Alternative zu operanter Konditionierung oder elektrophysiologischen Ableitungen in Frage kommt. Des Weiteren erzeugten bereits kleine Änderungen des Frequenzgehalts oder der Intensität einer Hintergrundstimulation eine robuste PPI. Somit können reflexbasierte Messungen mit überschwelligen Stimuli genutzt werden, um Unterscheidungsschwellen in Versuchstieren zu bestimmen. Diese Herangehensweise stellt also eine vielversprechende Methode dar, um Hörstörungen zu untersuchen, die nach einem Schalltrauma auftreten können. In einem nächsten Schritt könnte sie zur weiteren Charakterisierung von verstecktem Hörverlust beitragen.
In times of a growing world population and the associated demand for high crop yield, the understanding and improvement of plant reproduction is of central importance. One key step of plant reproduction is the development of the male gametophyte, which is better known as pollen. In addition, the development of pollen was shown to be very sensitive to abiotic stresses, such as heat, which can cause crop damage and yield loss. To obtain new insights in the development and heat stress response of pollen, a combined transcriptome and proteome analysis was performed for three pollen developmental stages of non- and heat-stressed tomato plants.
The analysis of the transcriptomes of non-stressed pollen developmental stages enabled the determination of mRNAs accumulated in certain developmental stages. The functional analysis of these mRNAs led to the identification of protein families and functional processes that are important at different times of pollen development. A subsequent comparison of the transcriptomes of non- and heat-stressed pollen revealed a core set of 49 mRNAs, which are upregulated in all three developmental stages. The encoded proteins include among other things different heat stress transcription factors and heat shock proteins, which are known key players of the plant heat stress response.
Furthermore, 793 potential miRNAs could be identified in the transcriptome of non- and heat-stressed pollen. Interestingly, 38 out of the 793 miRNAs have already been identified in plants. For more than half of these miRNAs potential target mRNAs were identified and the interactions between miRNAs and mRNAs linked to the development and heat stress response of pollen. In total, 207 developmentally relevant interactions could be determined, out of which 34 have an effect on transcriptional-networks. In addition, 24 of the interactions contribute the heat stress response of pollen, whereby this mainly affects post-meiotic pollen.
An initial correlation of the proteome and transcriptome of the developmental stages revealed that transcriptome analyses are not sufficient to draw exact conclusions about the state of the proteome. A closer look on the relationship of the transcriptome and proteome during pollen development revealed two translational modes that are active during the development of pollen. One mode leads to a direct translation of mRNAs, while the second mode leads a delayed translation at a later point in time. Regarding the delayed translation, it could be shown that this is likely due to a short-term storage of mRNAs in so-called EPPs. The comparison of the proteome and transcriptome response to heat stress revealed that the proteome reacts much stronger and that the reaction is mainly independent from the transcriptome. Finally, the comparison of the proteome of non- and heat-stressed pollen provided first indications for changes in the ribosome composition in response to heat stress, as 57 ribosomal proteins are differentially regulated in at least one developmental stage.
Autophagy, meaning “self-eating”, is an important cellular waste disposal mechanism. Thereby, damaged proteins, lipids and organelles are enclosed by autophagosomes and subsequently transported to the lysosomes for degradation into basic, cellular building blocks. Under basal conditions autophagy prevents the accumulation of defective and harmful material and generally promotes cell survival. However, several studies reported that hyperactivated autophagy, e.g. during developmental processes in lower eukaryotes, or during chemotherapeutic treatment of cancer cells, can also trigger cell death.
In recent years, autophagic cell death (ACD) has been considered as an alternative cell death pathway for tumor therapy, especially for solid tumors with high apoptosis resistance such as glioblastoma. Glioblastoma (GBM) is a very aggressive, malignant primary brain tumor with a median survival of ~ 15 months despite surgery and chemoradiotherapy. Accordingly, there is a great interest in improving GBM therapy through alternative cell death mechanisms. Interestingly, it has been shown that various substances, e.g. AT 101, cannabinoids and the combination of imipramine and ticlopidine (IM+TIC), induce ACD in GBM cells.
The aim of this project was to identify the underlying mechanisms of stress- and drug-induced ACD and its therapeutic potential for glioblastoma treatment. For detailed investigation of ACD, a CRISPR/Cas9-based approach was used to generate ATG5 and ATG7 knockouts as genetic models of autophagy deficiency. In a previous study of our lab it was demonstrated that administration of AT 101 triggers ACD in glioblastoma cells, which was associated with early mitochondrial fragmentation but no signs of apoptosis. Since mitochondrial fragmentation often precedes mitophagy, the first part of this thesis explored the potential role of mitophagy in AT 101-induced cell death.
ATG5-depleted cells confirmed that AT 101 induces ACD. In addition, treatment with AT 101 resulted in a pronounced mitochondrial depolarization, which was at least partly caused by the opening of the mitochondrial permeability pore. Global proteome analysis of AT 101-treated GBM cells revealed a robust decrease in mitochondrial protein clusters as well as a strong increase in the enzyme heme oxygenase-1 (HMOX1). Subsequent experiments for detailed investigation of mitophagy following AT 101 treatment (western blot, flow cytometric MTG and mt-mKeima, qRT-PCR of mitochondrial vs nuclear DNA) consistently indicated strong mitophagy induction by AT 101, which could be reduced by genetic or pharmacological inhibition of autophagy. Furthermore, siRNA-mediated knockdown experiments revealed that the selective mitophagy receptors BNIP3 and BNIP3L and the HMOX1 enzyme play an essential role in AT 101-induced mitophagy and subsequent cell death. Taken together, these data demonstrate that AT 101-induced mitochondrial dysfunction and HMOX1 induction synergize to promote excessive mitophagy with a lethal outcome in glioma cells.
The second part of this thesis focused on the identification of new substances that cause ACD and the investigation of the underlying cell death pathways. Using a cell death screen of the ENZO Screen-Well™ autophagy library in MZ-54 wild-type vs ATG5 and ATG7-depleted cells, loperamide, pimozide, and STF-62247 were identified as ACD-inducing agents. The increase of the autophagic flux and the induction of ACD by these substances was confirmed by using different ATG5 and ATG7 knockout cell lines and the already established positive control IM+TIC.
In contrast to AT 101, IM+TIC, STF-62247, loperamide and pimozide produced neither mitochondrial dysfunction nor mitophagy. Interestingly, it has been described that imipramine, loperamide and pimozide inhibit the lysosomal enzyme acid sphingomyelinase, which is associated with impaired lipid transport. Global proteome analysis and cholesterol staining confirmed that all four substances, but especially loperamide and pimozide, inhibit cellular lipid transport, leading to massive lipid accumulation in the lysosomes. In the further course of the experiments, the connection between defective lipid transport and autophagy was investigated in more detail. On the one hand, the defective lipid transport contributed to the induction of autophagy, on the other hand the massive accumulation of lipids led to lysosomal membrane damage, inhibition of lysosomal degradation at later time points and finally to a lysosomal cell death. Remarkably, it has been shown that hyperactivated autophagy by IM+TIC, loperamide and pimozide massively promotes lysosomal membrane damage. This result highlights the difficulties of a clear distinction between autophagic and lysosomal cell death.
In summary, two new signaling pathways that induce autophagic cell death in GBM cells and may be relevant for glioblastoma therapy were investigated in this study.
Die rheumatoide Arthritis (RA) ist eine idiopathische chronisch-entzündliche Systemerkrankung, mit primärer Gelenkmanifestation. Die fortschreitende Gelenkentzündung ist die Folge einer immunologischen Fehlerkennung von Gelenkstrukturen durch dysregulierte B- und T-Lymphozyten. So lassen sich in bis zu 70% der entzündeten Gelenke von RA-Patienten IgG-Autoantikörper gegen das knorpelspezifische Kollagen Typ II (CII) nachweisen.
In dieser Arbeit wurde die CII-Epitop-spezifische humorale Autoimmunantwort in der Pathogenese der RA auf molekularer Ebene analysiert. Im Mittelpunkt stehen hierbei bereits gut charakterisierte B-Zell-Epitope auf dem CII, die über die Speziesbarrieren hinweg evolutionär konserviert sind und sowohl in der humanen RA als auch in der murinen Experimentalerkrankung des CIA-Modell (Collagen-Induced-Arthritis) immundominante Strukturen der humoralen arthritogenen Autoimmunität darstellen.
Ein Teilaspekt der Arbeit war die Aufklärung des molekularen Mechanismus, der den katabolen Effekten des murinen arthritogenen CII-Autoantikörper (UL-1) auf den chondrozytären Matrixmetabolismus zugrunde liegt, gewidmet. Der gegen ein immundominantes Epitop (U1-Epitop) auf dem CII gerichtete monoklonale Antikörper kann unabhängig von seinen Fc-vermittelten inflammatorischen Effektorfunktionen, eine direkte Schädigung der Knorpelmatrix über eine Modulation des Chondrozytenmetabolismus im CIA-Modell bewirken. Basierend auf der Analyse von Sequenzhomologien des U1-Epitopes konnte eine immunologische Kreuzreaktivität mit dem LIF (Leukemia-Inhibitory-Factor)-Rezeptor auf Chondrozyten nachgewiesen werden. Weitergehende funktionelle Studien haben jedoch gezeigt, dass die Rezeptorbindung durch den Antikörper keine intrazellulären Signalwege aktiviert, die an der aus der Literatur bekannten Proteoglykan-depletierenden Wirkung des Zytokins LIF beteiligt sind. Während somit eine UL-1 abhängige Aktivierung des LIF-Rezeptors als Erklärungsmodell der katabolen Antikörperwirkung ausscheidet, konnten die funktionellen in vitro Studien eine spezifische UL-1 Antikörper abhängige Src-Kinaseaktivierung in den humanen Chondrozyten als Ansatzpunkt für zukünftige Studien nachweisen.
In der RA-Pathogenese wird die Bedeutung posttranslationaler Modifikationen, insbesondere der Deiminierung von Argininresten unter Bildung von Citrullin für die Neoepitopgenerierung diskutiert. Autoantikörper gegen citrullinierte Peptide (ACPA, anti-citrullinated-peptides-antibody) gelten als diagnostische und verlaufsprädiktive Marker der RA. Zielstrukturen für ACPAs sind nicht nur einige ubiquitär exprimierte Proteine, sondern auch das knorpelspezifische CII. In dieser Arbeit konnte erstmals die in vitro Bindung CII-spezifischer ACPAs an Knorpelgewebe von RA-Patienten, das als asserviertes Biomaterial aus Synovektomie- bzw. Gelenkersatzoperationen zur Verfügung stand, nachgewiesen werden. Darüber hinaus gelang der erstmalige Nachweis einer chondrozytären Expression der für die posttranslationale Modifikation verantwortlichen Peptidylarginin-Deiminasen (PAD) PAD2 und PAD4 im Knorpelgewebe und ihre Hochregulation in den Chondrozyten unter oxidativem und genotoxischem Stress. Diese Stressoren sind an degenerativen Knorpel-veränderungen in der Pathogenese der Osteoarthrose (OA) beteiligt, sodass die Ergebnisse dieser Arbeit die Hypothese stützen, dass Degenerationsprozesse des alternden Knorpels zur Expression kollagenmodifiziernder PAD-Enzyme führen und damit die immunologische Selbsttoleranz des Knorpelgewebes durch Neoepitop-Generation in der Knorpelmatrix schwächen können.
Ein zentraler Aspekt der Arbeit galt der Analyse der CII-spezifischen humoralen Immunantwort im Blut und in der entzündlich veränderten Synovialmembran von RA-Patienten über die vergleichenden Analyse der rearrangierten Immunglobulingene in epitopspezifisch über biotinylierte CII-Peptide markierten B- und Plasmazellen. Die Isolation der markierten Zellen erfolgte mittels Laser-Mikrodissektion aus dem Gewebe und durchflusszytometrisch aus dem peripheren Blut. Die anschließende Sequenzanalyse der mittels semi-nested Einzelzell-PCR amplifizierten, für die variable Region der leichten und schweren Antikörperkette kodierenden V-Gene, ergab für die Erkennung des immundominanten CIIC1-Epitopes eine präferentielle V-Genverwendung. Darüber hinaus spricht der Nachweis höherer Mutationsraten in synovialen Plasmazellen im Vergleich zu CII-spezifischen B-Zellen im Blut für eine lokale synoviale Affinitätsreifung der Antikörperantwort. Die Klonierung der amplifizierten V-Gene in einen eukaryotischen Expressionsvektor ermöglicht die Expression rekombinanter Antikörper und deren Validierung im ELISA. Zukünftige Affinitätsbestimmungen und Kristallstrukturanalysen dienen dem verbesserten molekularen Verständnis der CII-Antikörpererkennung und murine Antikörper-transferexperimente der Evaluation der Arthritogenität der humanen CII-Antikörperantwort. Fernziel ist die Entwicklung einer auf der CII-Antigenspezifität beruhenden immunmodularischen Therapie der RA.