Gesellschaftswissenschaften
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Die Forschungsarbeit leistet einen kriminologischen Beitrag zur Systematisierung des Phänomens der sekundären Viktimisierung bei Opfern sexualisierter Gewalt und zeigt gleichzeitig Präventionsansätze auf, die sekundäre Viktimisierung verhindern sollen.
„Sekundäre Viktimisierung“ als die sogenannte „zweite Opferwerdung“ durch soziale Fehlreaktionen einzelner Personen oder gesellschaftlicher Gruppen sowie die Prävention dieses Phänomens ist im Detail noch wenig erforscht. Der Fokus des Forschungs- und Erkenntnisinteresses richtet sich auf die Zielgruppe der Opfer sexualisierter Gewalt, die in ihrer Kindheit sexuell missbraucht und als Erwachsene sekundär viktimisiert wurden. Es wird angenommen, dass Sexualstraftaten, die von den Opfern im Kindesalter erlitten werden, in besonderem Maße die persönliche Unversehrtheit verletzen und dass somit eine zusätzliche sekundäre Viktimisierung als besonders belastend empfunden wird.
Zunächst wird im theoretischen Teil auf wesentliche Begriffe wie sexualisierte Gewalt in Verbindung mit primärer und sekundärer Viktimisierung eingegangen und nimmt deren kriminologische Einordnung vor, stellt das Ausmaß sowie die Spezifika des Phänomens in den Fokus. Dabei wird zunächst der Opferbegriff ausführlich diskutiert, wobei der Opferperspektive viel Raum gegeben wird. Ein weiterer Schwerpunkt liegt auf der Darstellung des aktuellen Forschungsstandes zur sekundären Viktimisierung, insbesondere mit Bezug zu sexualisierter Gewalt.
Im Zentrum des qualitativen Forschungsansatzes stehen folgende Fragen: „Welche Strukturen prägen die Situationen sekundärer Viktimisierung?“ und „Wie ist Prävention von sekundärer Viktimisierung möglich?“. Auf der Grundlage der Forschungsergebnisse wurde ein Präventionskonzept mit praxisorientierten Empfehlungen entwickelt. Zunächst sind typische Strukturen sekundärer Viktimisierung analysiert und in einem Modell verdeutlicht worden. Es ist zu unterscheiden zwischen Strukturen, die sekundäre Viktimisierung begünstigen (Risikofaktoren) sowie Strukturen, die sekundärer Viktimisierung vorbeugen (Schutzfaktoren). Anhand der identifizierten Schutzfaktoren entstand das Modell zur Prävention sekundärer Viktimisierung, aus denen konkrete Präventionsansätze abzuleiten sind.
Hervorgehoben wird die kriminologische Orientierung der Arbeit; wenngleich die Kriminologie interdisziplinär einzuordnen ist, dominiert bei der Analyse die kriminalsoziologische Verortung und speziell die viktimologische Ausrichtung.
Die Auswirkungen der syrischen Flüchtlingskrise auf den zivilgesellschaftlichen Sektor im Libanon
(2021)
Die vorliegende Dissertation analysiert die Auswirkungen der syrischen Flüchtlingskrise auf den zivilgesellschaftlichen Sektor im Libanon, in Anbetracht einer historisch engverwurzelten Beziehung zwischen dem Libanon und Syrien. Die Dissertation wird von dem Interesse geleitet, die Rolle der lokalen zivilgesellschaftlichen NROs zu erforschen, die sich mit syrischen Flüchtlingen im Libanon befassen, und versuchen, die Leere des schwachen bzw. minimalistischen libaneischen Staatensystems zu füllen.Es wird untersucht, welche Effekte der syrische Konflikt auf die zivilgesellschaftliche Landschaft im Libanon gehabt hat und wie sich der Zufluss von internationaler Gelder auf die Aktivitäten dieser lokalen NROs sowie auf ihrer Beziehungen zu den libanesischen Staatsbehörden auf nationaler und lokaler Ebene ausgewirkt hat.
Auf Grundlage von acht Interviews und der Methodologie der Objektiven Hermeneutik geht diese professionssoziologische Studie sequenzanalytisch folgender Forschungsfrage nach:
„Inwieweit werden die Selbstbilder der Zootierpflegenden durch den Umgang mit Tieren bestimmt und welche expliziten oder auch impliziten Berufsphilosophien lassen sich bei ihnen finden?“
In den analysierten Interviewtranskripten spielen im erzählten Selbstverständnis der Befragten die Auswirkungen der täglichen Mensch-Tier-Interaktionen eine zentrale sinnkonstituierende Rolle. Aus den Interaktionen mit Tieren (mit entsprechenden kognitiven Fähigkeiten) entwickeln Zootierpflegende eine intuitive Hermeneutik und oft eine von Fachkundigkeit getragene Du-Evidenz, die ihnen auf einer prä- und paraverbalen Ebene ein Verstehen des tierlichen Gegenübers ermöglicht. Dieses Verständnis lässt sich weder auf naive Anthropomorphisierungstendenzen zurückführen noch gut Dritten vermitteln, da es sich auf einer unmittelbaren Erlebnisebene realisiert. Diese intuitive Hermeneutik stellt eine zentrale Kompetenz der Zootierpflegenden dar und prägt die Selbstbilder der Zootierpflegenden maßgeblich.
Ein solcher Phänomenzusammenhang lässt sich soziologisch bisher nur schwer erfassen, da unter anderem die Frage nach tierlicher Akteurschaft die Disziplin spaltet und nach wie vor eine konzeptionelle Konfusion auslöst. So wird sie beispielsweise in der sinnverstehenden Soziologie bisher nur in Form von „Als-Ob“-Ansätzen angegangen. (Wiedenmann)
Um die in den Analysen herausgearbeiteten Phänomene einordnen zu können, wird in dieser Arbeit ein sozial-theoretisches Fundament ausgebreitet, welches das Sinnverstehen ‚tiefer hängt‘, also für solche situierten, vorsprachlichen, präsymbolischen Stimmungen und Empfindungen öffnet, die für basalste Verständnisse unter anderem zwischen Tieren und Menschen kandidieren.
Diese Konzeption erhellt einige Grenzbereiche der Sinnstrukturiertheit sozialer Wirklichkeit, indem sie aufzeigt, wie sich das Kontinuum von natürlicher wechselseitiger Wahrnehmung (Georg Herbert Mead und Daniel Stern) hin zur kulturellen Sinnstrukturiertheit (Oevermann) soziologisch erschließen und verstehen lässt. Demnach können sich aus den unmittelbaren Interaktionen zwischen empfindungsfähigen Lebewesen in wechselseitiger Affektabstimmung Protosinnstrukturen realisieren, welche wiederum erst die Bedingung der Möglichkeit von Vermittlung darstellen.
Die Ergebnisse dieser Arbeit ermöglichen ein tiefgehendes Verständnis des bisher oft verkannten Kompetenzprofils der Zootierpflegenden und darüber hinaus lässt sich in Bezug auf die tierliche Akteurschaft mit dem entwickelten Ansatz der immer wieder erhobene menschliche Exklusivitätsanspruch auf Sinn, Bewusstsein und Identität aus einer soziologischen Perspektive hinterfragen.