Geschichtswissenschaften
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Mitte der Woche haben sich die beiden CDU-Bundestagsabgeordneten Krings und Heveling in einer offiziellen Fraktions-Pressemitteilung mit den SOPA-Plänen solidarisiert. Das hat innerhalb der Internet-freundlichen CDU-/CSU-Abgeordneten wie Dorothee Bär, Peter Tauber, Thomas Jarzombek, Peter Altmaier und Michael Kretschmer zu Kritik geführt, die diese über Twitter und Zitate kommunzierten. ...
„Gallias et Hispanias provincias, item Germaniam qua includit Oceanus a Gadibus ad ostium Albis fluminis pacavi.“ Mit diesen Worten beschreibt Augustus u.a. sein Wirken in Gallien und Germanien und postuliert den Abschluss erfolgreicher Operationen. Auch die Etablierung grundlegender Verwaltungsstrukturen entlang des Rheins, der civitates, fällt in augusteisch-tiberische Zeit. Dazu zählen u.a. die civitas der Treverer, der Ubier, der Vangionen und der Nemeter. Doch fehlen derartige Strukturen im Raum zwischen Vinxtbach und Nahe am Mittelrhein. Dieses Gebiet gehörte vormals zum Stammesgebiet der Treverer. Nach Caesars Sieg über die Treverer und der Neuorganisation innerhalb Galliens unter Augustus wurde dieser Raum ager publicus und somit Eigentum des römischen Staates. Aber auch in den nachfolgenden Jahrzehnten und Jahrhunderten wurden hier keine civitates eingerichtet. "So kennen wir z.B. im nordwestlichen Obergermanien links des Rheins, d.h. nördlich der civitas Vangionum […] und der Caeracaten […] und südlich der Ubier bzw. der colonia Claudia Ara Agrippinensium in der hohen Kaiserzeit keine einzige civitas." Das sieht auch Raepsaet-Charlier so: "[…] son existence [= civitas] ne paraît pas faire de donte mais sa dénomination et sa capitale au moins font difficulté […]."
Doch wie wurde dann in diesen Gebieten Verwaltungsarbeit betrieben und auf welche Strukturen gründete sich diese? In der Forschung wurde und wird bislang angenommen, dass die Verwaltung über die Pachtwirtschaft der Domänen und ihre Großgrundbesitzer erfolgte. Raepsaet-Charlier hält eine Verwaltung über kaiserliche Domänen ohne civitas-Strukturen für eine „hypthèse qui nous paraît peu satisfaisante notament car elle supposerait soit des vici ‚autonomes‘ soit sous l’autorité militaire.“
Doch wären für die Bedürfnisse der römischen Provinzialverwaltung – Erhebung von Steuern und Abgaben, Rekrutierung von Soldaten, etc. – m.E. Zentralorte von Nöten, die wiederum ein sie umgebendes Umland kontrollierten. Am Beispiel des territorium metallum von Mayen, einem Distrikt im ager publicus zwischen Vinxtbach und Nahe, der sich seit der frühen Kaiserzeit auf den Bergbau gründete und in dem seit spätrömischer Zeit auch die Keramikproduktion eine wichtige Rolle spielte, können administrative Strukturen aufgezeigt werden. Das territorium metallum von Mayen dient somit exemplarisch der Darstellung der administrativen Organisation im ager publicus zwischen Vinxtbach und Nahe.
Im römischen Goldbergwerksdistrikt von Três Minas (Freg. Três Minas, Conc. Vila Pouca de Aguiar / Portugal) haben sich in einem seitlichen Treppenschacht der Galeria dos Alargamentos Spuren eines Grubenunglücks und einer darauf folgenden Rettungsaktion erhalten. Dieser bisher einmalige Befund stellt eine interessante Bereicherung für die antike Bergbauforschung dar.
Das Hessische Ried war nur dünn besiedelt, als die Römer kurz vor der Zeitenwende die Garnisonsstadt Mogontiacum/Mainz gründeten. Gelegen im rechtsrheinischen Vorfeld der neuen Metropole, profitierte das Ried von der Wirtschaftskraft der dort stationierten Legionen, denen es als Nutzland und Manövergebiet diente. Vollständig erschlossen wurde das Gebiet aber erst durch die zivile Besiedlungsphase im frühen zweiten Jahrhundert n. Chr. mit der Gründung von Dörfern und zahlreichen Gutshöfen. Nach zwischenzeitlichem Rückgang der Besiedlung erlebte das Ried im vierten Jahrhundert eine neue Blütezeit. Das Institut für Archäologische Wissenschaften hat die Entwicklung dieser Region bis um 500 n. Chr. in einem mehrjährigen Projekt rekonstruiert. Nach dem rheinischen Kohleabbaugebiet ist das Hessische Ried die am intensivsten
erforschte Landschaft im römischen Deutschland.
Zu einem Aspekt der Beziehungen zwischen lateinisch-christlicher und arabisch-islamischer Welt
(2011)
Wohl kaum eine Beziehungsgeschichte zwischen Kulturräumen zieht derzeit soviel Aufmerksamkeit auf sich wie die zwischen "dem Westen" und "der islamischen Welt". Gerade hier zeigt sich, wie sehr die Periode, die wir gemeinhin als "das Mittelalter" bezeichnen, heutige Diskurse beeinflusst. Einzelphänomene dieser Beziehungsgeschichte sind ein so fester Bestandteil der heutigen Vorstellungswelt, dass sie auch das Bild dieser Beziehungen bis heute maßgeblich prägen. Dies gilt insbesondere für die arabisch-islamische Expansion, die Kreuzzüge und die so genannte "Reconquista". Sie beschwören nicht nur Bilder von religiösen Fanatikern herauf, sondern sind – gerade die Kreuzzüge – so stark im konzeptuellen Denken verankert, dass sie für einen geradezu in epische Dimensionen reichenden Antagonismus zweier Kulturen stehen, für die eine Variante des Monotheismus (Christentum/Islam) und eine das Geistesleben bestimmende Sprache (Latein/Arabisch) grundlegend sind. ...
Webschau April 2011
(2011)
Das alljährliche Großereignis in der deutschen Internet-Welt ist die re:publica. Wir berichten unten über das Echo auf die Berliner Konferenz. Zu den für #pb21 interessanten Inhalten wird es eine Extra-Ausgabe der Webschau geben.
Eine der wohl wichtigsten Nachrichten von der diesjährigen re:publica ist, dass eine Bürgerrechtsorganisation für das Netz gegründet wurde. Der "Spiegel" findet, dass es höchste Zeit dafür ist: Mehrere spiegelonline-Autoren formulieren Forderungen an die Initiative "Digitale Gesellschaft". Doch es gibt auch deutliche Kritik. Mehr dazu am Ende dieser Webschau.
Opposition stellt einen integralen Bestandteil des modernen Staates dar. Die Freiheit des Andersdenkens zuzulassen,
erweist sich als schwieriger soziopolitischer Aushandlungsprozess. Wie sich die Grenzen zwischen
»Staatsfeind« und Opposition verschoben, wie sich fundamentale in systemimmanente Opposition wandelte,
wird derzeit von dem Historiker Dr. Torsten Riotte an der Goethe-Universität erforscht. Die Beispiele Großbritannien,
Frankreich und Deutschland zeigen, dass die Integration von Opposition eine der großen Herausforderungen
für den modernen Nationalstaat bedeutet.
In der postmodernen globalen Welt erweist sich gerade die Weiterentwicklung der normativen Ordnung im Bereich des transnationalen Strafrechts als problembehaftet. Das internationale Strafrecht im engeren Sinn supranationaler Kodifikationen und Institutionen ist noch immer auf wenige Tatbestände und internationale Gerichte beschränkt. Eine umfassendere, alle Elemente der grenzübergreifenden Interaktion von Strafrechtsregimen normierende internationale Strafrechtskodifikation scheint kaum realisierbar; bereits partielle Harmonisierungsbemühungen in der Europäischen Union stoßen an enge Grenzen und wurden – wie der europäische Haftbefehl oder das Übereinkommen über die Rechtshilfe in Strafsachen – nach 2002 nur unter dem Druck terroristischer Sicherheitsbedrohungen realisiert. Die normativen Grundlagen wie die staatliche Praxis des internationalen Strafrechts lassen zahlreiche Ambivalenzen, Regime-Kollisionen und Konflikte erkennen, vertragliche Vereinbarungen gehen dem Gesetzesrecht vor, polizeilich-politische Erfordernisse dominieren vor rechtsstaatlicher Einhegung und Individualrechten und insgesamt erweisen sich transnationale Strafrechtsregime als rechtlich eher gering normiert. ...
Die Collectio Thessalonicensis ist eine nur fragmentarisch überlieferte Sammlung von Papst- und Kaiserbriefen, angeblich vor dem Jahre 531 zusammengestellt. Sie ist seit langen Jahren nicht mehr (oder doch nur peripher) in der internationalen Forschung beachtet worden. Aber nicht nur dieser Umstand veranlasste uns zur eingehenderen Beschäftigung mit diesem Konvolut interessanter Texte. In den letzten Jahren und Jahrzehnten hat die wissenschaftliche Durchdringung der christlichen Spätantike enorme Fortschritte gemacht. Neue Hilfsmittel – nicht zuletzt die heute zur Verfügung stehenden elektronischen Ressourcen – stehen nunmehr zur Verfügung. Auch neue wissenschaftliche Fragestellungen evozieren eine erneute Beschäftigung mit dieser (angeblich oder tatsächlich) aus dem 6. Jahrhundert stammenden Sammlung wichtiger Dokumente. Die seit einigen Jahren erneut aufgeflammte Diskussion über die Umstände der endgültigen Unterstellung der Bistümer des sog. östlichen Illyricum in den 50er Jahren des 8. Jahrhunderts unter Rom erfordert es, die kirchengeschichtlichen Hintergründe dieser bis dahin lange zwischen Rom und Konstantinopel umstrittenen Region (man denke nur an das sog. Vikariat von Thessaloniki) erneut ins Auge zu fassen. ...
Am vergangenen Freitag gab es im Bundestag eine Debatte über Netzneutralität. Diese konnte ich leider nicht live verfolgen, weil parallel die Arbeitsgruppe Urheberrecht der Enquete-Kommission tagte. Heise berichtet aber über die Debatte und ich gehe hier nur mal auf die dort zitierten Beiträge und Argumente ein. Besonders eingeschlagen hat das plakative Statement der FDP "Netzneutralität ist Internet-Sozialismus". ...
Aus jüngeren konservativen Kreisen wurde die Initiative Faires Urheberrecht gestartet, um "den netzpolitischen Kurs der Union zu prägen". Zu den Initiatioren gehören u.a. die Bundestagsabgeordneten Thomas Jarzombek, Dorothee Bär und Peter Tauber. Das ist erfreulich, denn bisher wird der Kurs der Union vor allem von einigen einflussreichen Lobbys (Buch-, Film- und Musikindustrie samt Verwertungsgesellschaften) und Bundestagsabgeordneten wie Günter Krings bestimmt. Heraus kommen da in der Regel immer nur Forderungen nach Verschärfungen der Durchsetzung bis hin zu absurden Forderungen wie Internet wegnehmen für Urheberrechtsverletzungen, wofür Siegfried Kauder in letzter Zeit warb. ...
Das letzte neue Medium, dem man – egal ob Gegner oder Freund – zubilligen muss, dass es unsere Welt fundamental verändert (hat), ist das Internet. Technische und historische Entwicklungen erspare ich mir an dieser Stelle und verweise auf die entsprechenden Darstellungen im – na? – im Internet. Wenn man dumme oder sagen wir vielleicht lieber peinliche Zitate übers Internet bzw. die daraus resultierenden gesellschaftlichen Debatten sucht, dann stößt man auf wirklich überraschende Stilblüten. So entblödete sich Stephan Holthoff-Pförtner, Gesellschafter der WAZ, nicht, Bloggern den Schutz des Artikels 5 GG abzusprechen. Angesichts der heutigen Bedeutung sozialer Netzwerke im Alltag lag auch BILD-Kolumnist Franz Josef Wagner im Jahr 2006 falsch, als er erklärte: "Einem Menschen wird man auf seinem Weg zum Bäcker begegnen, aber niemals im Internet." ...
Das Wissen um eine antike Kultur ist nicht selten vom Stand der modernen Forschung geprägt. Auf dem Gebiet der Erforschung des antiken Westbalkan hat dieser keineswegs ein Optimum erreicht. Vielmehr haben der politische Umbruch in Osteuropa sowie die Kriege seit den 1990er Jahren in den Nachfolgestaaten des ehemaligen Jugoslawien ein negatives Licht auf jene Länder und seine Menschen geworfen. Diese Bewertung wird darüber hinaus bis in die heutigen Tage paradoxerweise auch auf die Kulturen der Antike übertragen. Dabei bildet die Region an der Adria mit ihren archäologischen Denkmälern aus verschiedenen Jahrtausenden der Menschheitsgeschichte eine der ältesten Kulturlandschaften Europas. In kaum einem anderen Teil des Kontinents finden sich Natur und Kultur derart eng beieinander. Die in albanischer, serbischer, kroatischer oder slowenischer Sprache verfassten wissenschaftlichen Abhandlungen sowie die von den Touristenrouten häufig abseits gelegenen Kulturgüter sind darüber hinaus in Westeuropa zumeist unbekannt. Aus diesem Grund soll dieser Aufsatz einen Beitrag zum kulturellen „Wiederaufbau“ des am Adriatischen Meer und im Dinarischen Gebirge gelegenen antiken Illyricum leisten. Zunächst wird zur allgemeinen Orientierung der geographische Rahmen abgesteckt. Des weiteren soll die geographische sowie topographische Situation der verschiedenen Kulturlandschaften entlang der Adria sowie des Dinarischen Hinterlandes exemplarisch aufgezeigt werden. Schließlich wird versucht, die sowohl historische als auch archäologische „Lücke“ zwischen Griechenland und Italien für die vorrömische Zeit zu schließen.
In einer diachronen Vergleichsstudie sollen die Probleme des frühneuzeitlichen Seehandels Dänemarks und der Hansestädte gegenüber den Barbaresken beschrieben und verschiedene Lösungsmodelle wie auch die Implementierung derselben herausgearbeitet werden. Die Gefährdung der Schifffahrt auf dem vogelperspektivisch konzipierten Raum Meer mit einem nach Süden hin steigenden Risiko führte zu einer kartographischen Einteilung von Risikozonen. Die institutionelle Antwort auf diese Entwicklung kann mit den Begriffen Sklavenkasse und Türkenpässe idealtypisch zusammengefasst werden.
Am 1. Juni fanden im großen Konferenzsaal des DHI Warschau zum dritten Mal die mittlerweile fest im Veranstaltungs-Repertoire verankerten Lelewel-Gespräche statt. Sie sind als ein Diskussionsforum zu aktuellen Fragen der polnischen Forschung angelegt. Als Diskutanten waren auf das Podium die Mediävisten Bernhard Jussen (Frankfurt a.M.) und Jerzy Strzelczyk (Posen) sowie der Archäologe Przemysław Urbańczyk (Warschau) geladen. Gegenstand der kontroversen Debatte sollten Konzeptionen von Staatlichkeit und die Anwendbarkeit dieses Begriffes auf das frühmittelalterliche Herrschaftsgebilde der ersten Piasten sein. ...
Die folgende Übersicht an Addenda und Corrigenda entstand aus der Arbeit mit dem obengenannten Buch zwecks einer Rezension, die in Kürze in der Zeitschrift KLIO erscheinen wird. In der von Marco Traverso vorgelegten Inschriftensammlung finden sich eine Reihe von Einträgen, deren Darstellung und Interpretation teils aus formalen, teils aus inhaltlichen Gründen einiger Korrekturen und Anmerkungen bedürfen, die in einer Rezension für gewöhnlich nicht untergebracht werden können.
Musik als ethische Disziplin : zu einem zentralen Aspekt in Augustins früher Schrift De musica
(2010)
Augustins frühe Schrift De musica ist neben Boethius’ De institutione musica und weiteren Äußerungen Augustins über Musik in anderen Schriften eine der zentralen Quellen für die Frühzeit der christlich-abendländischen Musikanschauung und hat diese bis in die Neuzeit hinein geprägt. Die sechs Bücher dieses Werkes haben in der Rezeption allerdings unterschiedliche Beachtung gefunden, da das sechste mehr christlich-philosophisch ausgerichtete Buch sich in Stil und Inhalt von den anderen fünf eher technisch ausgerichteten Büchern deutlich unterscheidet. Dies hat in der Forschung zu unterschiedlichen Spekulationen über die literarische und inhaltliche Einheitlichkeit von De musica geführt, zumal sich eine Überarbeitung des sechsten Buches tatsächlich nachweisen lässt. Es hat auch dazu geführt, dass in Untersuchungen zu dieser Schrift oft nur vom sechsten Buch ausgegangen und von den ersten fünf Büchern abgesehen wurde. Auch der in der folgenden Darstellung akzentuierte – und bisher kaum beachtete – Aspekt wird hauptsächlich im sechsten Buch greifbar. Dennoch wird als Neuansatz versucht, diesen in die als einheitlich zu erweisende Gesamtkonzeption aller sechs Bücher einzubetten. Dieser Aspekt betrifft die ethische Dimension der Schrift. Sie, so die Grundthese, stellt vom ersten Buch an einen zentralen Strang des Werkes dar. ...
Bereits in der letzten Woche hat der rheinland-pfälzische Landtag den Gesetzentwurf zum "Vierzehnten Staatsvertrag zur Änderung rundfunkrechtlicher Staatsverträge" (kurz: die landesrechtliche Umsetzung des JMStV) ratifiziert.
Und zwar mit den Stimmen von CDU und SPD. Die FDP hat sich enthalten. Die Entscheidung im Beck’schen Königreich kam nicht wirklich überraschend, schließlich wurde der Staatsvertrag federführend von der Mainzer Staatskanzlei vorangetrieben.
Deutlich überraschender ist da schon, dass der Unionspolitiker Dr. Peter Tauber (MdB und Enquete-Mitglied) ausgerechnet einem Piraten Platz in seinem Blog einräumt, um ihn in einem Gastbeitrag gegen den Staatsvertrag argumentieren zu lassen. ...
apl. Prof. Dr. Jörg W. Busch (Goethe Uni Frankfurt) hat bisher 2 Vorträge in Trebur gehalten. Der erste am 14. Oktober 2004 mit dem Titel "Trebur ein Königshof am Mittelrhein" und am 6. Oktober 2005 mit dem Titel "Die Pfalz Trebur unter Heinrich IV. vom Schauplatz großer Politik zum gemiedenen Ort" ...
Der IT-Industrieverband Bitkom findet die Debatte um Netzneutralität nicht so gelungen und möchte lieber über etwas anderes reden: Deutsche IT-Branche ringt um Position zur Netzneutralität. Dass die Deutsche Telekom bei Bitkom eines der einflußreichsten Mitglieder ist, wenn nicht sogar das einflußreichste, dürfte damit sicher überhaupt nichts zu tun haben.
Raoul Sage
(2010)
Für die internationale Diskussion gibt es zunächst das Problem der Wissenschaftssprachen. In Polen spricht man, soweit ich das verstehe, stets vom "Staat der Piasten", selbst frühere Herrschaftsbildungen werden "Staat" genannt. Diese Gewohnheit der polnischen Kolleginnen und Kollegen steht in auffälligem Kontrast nicht nur zu deutschsprachigen, sondern auch zu frankophonen und anglophonen Historikern. In Frankreich unterscheidet man État und état. Die Orthographie (kleines oder großes "é") markiert das Konzept. Nur État mit Majuskel E bedeutet Staat, mit "l'état Carolingien" sagt niemand "der karolingische Staat". ...
Der Kopf des Magnus Maximus
(2009)
Nationales Stigma und persönliche Schuld : die Debatte über Kollektivschuld in der Nachkriegszeit
(2009)
Statt die Kollektivschulddebatte der Nachkriegszeit als Abwehr eines nicht erhobenen Vorwurfes zu verurteilen, wird hier vorgeschlagen, im von den Zeitgenossen als Kollektivschuld bezeichneten Phänomen ein nationales Stigma zu sehen. Darunter wird der Ehr- und Ansehensverlust verstanden, der aus den von Deutschen begangenen Verbrechen resultierte. Der mythologisch-archaische Begriff Stigma liefert zugleich einen Schlüssel zur Analyse der Reaktion auf deutscher Seite. Beobachtet wurden Leugnen und Beschweigen als Versuche der Abwehr des Stigmas, das ja durch das Aussprechen und Sichtbarmachen der Verbrechen entsteht. Diesem archaischen Verhaltensmuster wird ein christlich-psychoanalytisches gegenübergestellt, das umgekehrt im Benennen und Bekennen der Schuld den ersten Schritt zur Heilung bzw. Erlösung durch Vergebung sieht.
Ein in der europäischen Archäologie bislang wenig bekanntes Denkmal ist die Anlage der „gradina“. Dabei handelt es sich um ein monumentales Bauwerk auf Anhöhen mit einer oder mehreren Ringmauern aus großen Steinblöcken. Derartige Stätten erscheinen bereits sehr früh im Illyricum und können dem bisherigen Forschungsstand nach zu urteilen jeweils in Höhensiedlungen, Burgberge (Akropoleis), Wallburgen (Kastelle) sowie in „öffentliche Denkmäler“ oder Heiligtümer unterschieden werden. Das für den antiken Westbalkan charakteristische Bauwerk soll nun erstmals in seinen Grundzügen gebietsübergreifend vorgestellt werden. Zudem werden Beispiele aus den Bereichen Siedlungsstruktur und Urbanistik entnommen. In Hinblick auf eine über tausendjährige Kulturgeschichte der verschiedenen Landschaften entlang der Adria sowie des Dinarischen Hinterlandes aus vorrömischer Zeit wird zunächst ein zeitlicher Abriss zur historischen Entwicklung der Region gegeben.
Seit März 2006 ist die Zeitschrift „Frankfurter elektronische Rundschau zur Altertumskunde“ online unter www.fera-journal.eu abrufbar. Nach nunmehr gut vier Jahren und mit dem Erscheinen der zehnten Ausgabe sehen die Herausgeber die Möglichkeit gegeben, mit Blick auf das bisher Geleistete ein erstes Fazit zu ziehen und auf der Grundlage ihrer Erfahrungen die gegenwärtigen Rahmenbedingungen und Perspektiven des Publizierens elektronischer Zeitschriften in der Altertumskunde zu diskutieren.
Während des Ersten Weltkriegs sollen allein in Deutschland 28 Milliarden Feldpostbriefe zwischen Front und Heimat gewechselt worden sein. Erhalten und für die historische Forschung zugänglich ist jedoch nur ein Bruchteil dieser riesigen Menge an Ego-Dokumenten, die Aufschluss über Mentalitäten und deren Wandel in Zeiten des Krieges geben können. Einem glücklichen Zufall ist es zu verdanken, dass Historiker nun 1800 Briefe, die das Hamburger Ärzteehepaar Anna und Lorenz Treplin von 1914 bis 1918 schrieb, umfassend analysieren und somit einen Beitrag zur bürgerlichen Briefkultur leisten konnten.
Der Merkantilismus, ein Hauptgegenstand der älteren dogmenhistorischen Literatur, lässt sich inhaltlich nur schwer definieren. Der Begriff bezeichnet weder ein historisches Wirtschaftssystem, noch eine einheitliche zeitgenössische Wirtschaftstheorie. Es handelt sich vielmehr um ein retrospektives Konstrukt der ökonomischen Dogmengeschichtsschreibung, die ihren Ausgangspunkt in der Kritik Adam Smiths am "mercantile system" seiner Zeit fand. Merkantilismus ist zunächst eine Sammelbezeichnung für die ökonomischen Ideen und Vorstellungen des 17. und frühen 18. Jahrhunderts. Allerdings zeichnet sich das ökonomische Denken dieser Zeit durch eine außerordentliche Vielfalt und Unterschiedlichkeit aus. Auch entstanden unterscheidbare nationale "Schulen", die, selbst wiederum uneinheitlich, starken Veränderungen unterlagen. Zu Recht wurden den spezifischen nationalen Ausprägungen sogar unterschiedliche Bezeichnungen verliehen. ...
Die folgenden Überlegungen gelten dem Zusammenwachsen von räumlichen und rechtlichen Vorstellungen im frühmittelalterlichen Sachsen. Es soll dabei weniger um die Übertragung fränkischer Konzeptionen gehen als darum, wie die Sachsen selbst als Folge ihrer Integration in das christliche Reich eine Vorstellung entwickelten, den ihnen eigenen Raum mit einem Recht zu verbinden, das selbst Ergebnis dieser Niederlage war. Um diesen Prozess zu verfolgen, ist es nötig, auf die wichtigsten Interpretationen der Unterwerfung Sachsens durch die Historiographie des 9. Jahrhunderts zu schauen. ...
Im Jahr 1921 kam ein 16-jähriger, ursprünglich aus der Ölstadt Baku stammender jüdischer Reisender namens Lev Nussimbaum in Konstantinopel an. Lev wurde 1905 als Sohn eines Ölunternehmers und einer Mutter mit bolschewistischen Neigungen geboren. 1917 ergriffen Lev und sein Vater – die Mutter war um 1911 gestorben, möglicherweise durch Selbstmord – die Flucht. Ihre Reise führte über Turkmenistan und Persien zunächst in die Türkei, dann nach Frankreich, schließlich in das Deutschland der Weimarer Republik. Dort entdeckte der fast mittellose Student einen Markt für Artikel und (ab 1929) Bücher über den Orient, den er als ›echter‹ Araber bediente. »Essad Bey«, wie er sich seit etwa 1924 nannte, erlangte mit einer Fülle von Publikationen, darunter Biographien Mohammeds und Stalins, internationale Bekanntheit, bis die Machtergreifung der Nationalsozialisten seine Lage prekär machte. Denn die falsche Familiengeschichte des Konstrukts Essad Bey, dessen Vater angeblich Mohammedaner und dessen Mutter angeblich eine christliche Adelige waren, wurde nun durch missgünstige Konkurrenten genau untersucht und drohte als Fälschung entlarvt zu werden. Während Nussimbaums jüdische Ehefrau nach Amerika auswanderte und sich dort scheiden ließ, ging er selbst zunächst nach Wien, wo er 1937 als »Kurban Said« das später in Aserbeidschan als Nationaldichtung betrachtete Buch »Ali und Nino« verfasste, dann nach Italien, wo er 1941 an einer Wundinfektion starb. ...
Die Folgen der französischen Vorherrschaft in Westdeutschland um 1800 sind ganz unterschiedlich bewertet worden. Manchmal schien der Verlust ‚nationaler‘ Selbstbestimmung entscheidend, so dass sie als düstere Jahre der Unterdrückung beschrieben wurden; manchmal stand der Aufbruch im Vordergrund, den die Modernisierung von Recht, Verwaltung und Wirtschaft, das Ende korporativer Autonomien und der Zuwachs an individuellen Mobilitätschancen zu ermöglichen schien. Auch im Bildungsbereich tritt beides vor Augen. Der Ersatz der ‚alten‘ Universitäten auf dem linken Rheinufer in Mainz und Köln durch neue Schultypen, zunächst Zentralschule und, in Köln, Sekundärschule, später durch preußische Gymnasien, ging mit zukunftsweisenden Reformen des Lehrplans und dem partiellen Abbau von Standesschranken einher. Zudem verzichteten die französischen Behörden auf die Verstaatlichung des bislang für die Bildung vorgesehenen Vermögens, und ermöglichten somit die Konsolidierung einer in Köln bis heute selbständigen Stiftung. Diese Neuordnung war aber zugleich Teil einer besatzungsähnlichen Politik, welche die in mancherlei Hinsicht erreichte Öffnung des höheren Schulwesens wieder einschränkte. Sie führte in beiden Städten zu vielen Jahren, in denen die Bürgerschaft auf den Komfort und das Prestige einer eigenen Universität verzichten musste: in Köln war das bis nach dem Ersten, in Mainz bis nach dem Zweiten Weltkrieg der Fall. ...
Zeit ist einer jener Begriffe, für die man die Augustinische Charakterisierung gelten lassen wollte, es sei klar, was sie bedeuten, solange nicht danach gefragt werde (Augustinus Confessiones Lib. XI, 17). Die Frage aber nach dem, was "Zeit" eigentlich ist, erscheint umso berechtigter, als es insbesondere die Naturwissenschaften sind, die für sich in Anspruch nehmen, hier Antworten geben zu können. Die zu erwartenden Antworten wären danach wesentlich empirischer Natur – also direkt oder indirekt experimentell gestützt und mithin Ergebnis dieser Forschung. ...
Die vorliegende Arbeit entspringt der Tätigkeit des Verfassers im Rahmen des am Arbeitsbereich Alte Geschichte der Universität Hamburg beheimateten Projekts “Epigraphische Datenbank zum antiken Kleinasien”1. Zielsetzung dieses Projekts ist die Sammlung von bereits edierten griechischen und lateinischen Inschriften aus verschiedenen Regionen Kleinasiens (Ephesos, Lydien, Galatien). Seit 2002 werden die epigraphischen Zeugnisse der römischen Provinz Galatien aufgenommen und in einer Kombination der Texte mit dazugehörigen Kurzkommentaren (Lemmata) über das Greek Epigraphy Project des Packard Humanities Institute (PHI)2 publiziert. Das Kernstück der im Süden der Provinz Galatien gelegenen Großregion Phrygia Proseilemmene mit einer Vielzahl griechischer und lateinischer Inschriften bilden dabei die Stadtterritorien von Laodiceia Combusta und Iconium (Konya). Die Inschriften dieser beiden Städte mitsamt ihrem Territorium wurden im Bearbeitungszeitraum 2004 bis 2007 erfasst und für die Bereitstellung über die Datenbank des PHI vorbereitet. Die im Jahre 2002 in der Reihe Regional epigraphic catalogues of Asia Minor von Bradley McLean herausgegebene Edition der griechischen und lateinischen Inschriften des archäologischen Museums von Konya bildete dabei die Grundlage für die umfassende Sammlung der Inschriften aus dieser Stadt und ihrem Territorium. In diesem Corpus finden sich 241 vornehmlich griechische Inschriften, welche die epigraphische Sammlung des Museums von Konya ausmachen, sowie knappe bibliographische Angaben zu 191 weiteren Inschriften, die aus dem Stadt-Territorium stammen, aber aufgrund der Zielsetzung der Edition nicht aufgenommen wurden. Im Rahmen der Sammlung und Aufbereitung der Inschriften für die Datenbank wurden die Texte und Kommentare der einzelnen Inschriften zur inhaltlichen Arbeit, die Indices v.a. zur Kontrolle des bearbeiteten Materials herangezogen. Die Arbeiten mit dem Corpus sowie die nachträglichen Kontrollen fielen derart umfassend aus, dass letztlich alle Einträge in den Indices der Personen-, Orts- und Götternamen überprüft wurden. Dabei wurde festgestellt, dass einige Einträge fehlerhaft und Namen teilweise nicht im relevanten Index aufgenommen waren. Aus diesem Grund erschien es ratsam, diese drei o.g. Indices zu überarbeiten und in einer revidierten Fassung vorzulegen. ...
Durch die Möglichkeit der schnellen und kostengünstigen Publikation haben in den letzten Jahren Online-Zeitschriften sowohl in den Altertumswissenschaften als auch in anderen geisteswissenschaftlichen Fächern eine immer größere Bedeutung erlangt. In der Mehrzahl der Fälle verstehen sich diese elektronischen Zeitschriften entweder als die Online-Versionen zu den auf konventionellem Weg parallel veröffentlichten Ausgaben oder ausschließlich als Rezensionsjournale. http://publikationen.ub.uni-frankfurt.de/volltexte/2006/2637/ http://www.fera-journal.eu/
Während römische Glasgefäße schon häufig Objekte ausführlicher archäologischer und in jüngster Zeit zunehmend auch archäometrischer Untersuchungen waren, ist römisches Fensterglas noch vergleichsweise wenig erforscht. Monographien, Sammelbände und Ausstellungskataloge zu antiken Hohlgläsern vermögen ganze Regalmeter zu füllen, zum Flachglas sind dagegen nur wenige allgemeine Abhandlungen erschienen, die sich auf kürzere Aufsätze oder Kolloquiumsbeiträge beschränken (Haevernick 1954, Havernick/Hahn-Weinheimer 1955, Baatz 1990). Darüber hinaus findet römisches Fensterglas fast nur Erwähnung im Zusammenhang mit einzelnen Fundkomplexen an denen es in mehr oder minder großer Zahl angetroffen wird. Durch eine jeweils auf die lokalen Fundumstände begrenzte Betrachtung sind jedoch keine neuen, verallgemeinernden Aussagen zu dieser Materialgattung zu gewinnen. Möglich wird ein solcher Erkenntnisgewinn erst durch die Einbeziehung eines größeren Kontextes, z.B. einer Vielzahl von Befunden innerhalb einer Region. ...
Das Odeion des Perikles am Südabhang der Athener Akropolis – in direkter Nachbarschaft zum Dionysostheater – stellte mit seinem nahezu quadratischen Grundriss, dem pyramidalen Dach und den neun zu zehn Säulenreihen im Inneren eine architektonische Besonderheit innerhalb der Gattung der hypostylen Gebäude dar, worunter rechteckige bis quadratische Hallen zu verstehen sind, deren Dach von meist zahlreichen Säulen getragen wird1. Derlei Gebäude können geschlossen oder offen konzipiert sein. Die Athener Anlage gilt mit 68 x 62 m als größter überdachter Bau, der in der griechischen Antike fertig gestellt wurde und ist zudem das einzige in Resten überlieferte Odeion dieser Zeit (Abb. 1). Dieses Beispiel muss allerdings deutlich vom römischen odeum abgesetzt werden, denn es besitzt keinerlei Ähnlichkeit mit allen späteren Odeia, als welche spätestens ab dem 2. Jh. n. Chr. gemeinhin die überdachten Theater galten, die sich durch ansteigende Sitzreihen und eine meist halbrunde Orchestra mit Bühne auszeichneten6.Eine bauliche Übereinstimmung ist somit trotz des gleichen Terminus nicht gegeben. Über die Gestaltung des Odeion ist von Plutarch zu erfahren, dass es „im Inneren eine große Zahl von Sitzen und viele Säulen enthielt, während sich das Dach, von einer Spitze ausgehend, in ringsum gleichmäßiger Neigung herabsenkte.“ Die Umzeichnung einer Münze stellt das einzige Abbild der Anlage dar (Abb. 2). Sie ist jedoch wegen der verkürzten Darstellung für eine Rekonstruktion nur bedingt heranzuziehen. Auch ist das Münzbild aufgrund der Umzeichnung in seiner Authentizität einschränkt. So bleibt zudem offen, ob es sich bei dem die Spitze des Daches bekrönenden Aufsatz um ein Opaion, eine Öffnung zur Beleuchtung, handelt. Dass die optische Wirkung des Bauwerkes indes beträchtlich gewesen sein muss, spiegelt sich in den Worten des Pseudo-Dikaiarch, der in der Mitte des 4. Jhs. v. Chr. das Odeion als „das Schönste der Welt“ bezeichnet.
Im Folgenden sollen zwei zoomorph gestaltete Keramiken aus dem Umfeld der römischen Töpfereien von Mainz-Weisenau vorgestellt werden. Beide Stücke wurden bereits 1965 bzw. 1972 von privater Seite geborgen und stammen aufgrund der überlieferten Fundortangaben aus dem nördlichen Teil der römischen Siedlung.
Aus den zehn Jahrhunderten antiker Münzgeschichte gibt es Millionen an Fundmünzen. Jedes Jahr kommen zahllose Neufunde hinzu. Wozu haben Griechen, Römer, Kelten und andere Völker Münzen geprägt, und wie haben sie diese gebraucht? Wer Einsichten in staatliches Handeln, gesellschaftliche Vorstellungen und Verhaltensweisen, ökonomisches Denken sowie Kultpraktiken gewinnen will, kommt am Studium von Münzen (Numismatik) und ihres Gebrauchs als Geld (Geldgeschichte) nicht vorbei. An der Universität Frankfurt forschen Numismatiker, Archäologen, Althistoriker und Mineralogen aus neun verschiedenen Ländern über Münze und Geld in der antiken Welt.
Nichts als Kunst : archäologische Forschungen zur früheisenzeitlichen Nok-Kultur in Zentral-Nigeria
(2006)
In den Jahren 1992-1999, 2001 und 2002 wurden vom Landesmuseum Kärnten am Zollfeld (KG Maria Saal, pol. Bez. Klagenfurt Land) archäologische Untersuchungen im westlichen Stadtrandbereich des Municipium Claudium Virunum durchgeführt. Dabei wurde der Ostteil zweier Insulae erfasst, die durch den Ost-West verlaufenden Cardo Maximus voneinander getrennt werden. Im Zuge der Ausgrabungen konnte auch eine große Zahl an Wandmalereifragmenten geborgen werden. Der überwiegende Teil kam zwar nur noch in Form von klein- bis kleinstteiligen Fragmenten zu Tage, die Menge der Fundstücke und die Tatsache, dass es sich bei diesen um die ersten stratifizierbaren Wandmalereien der Provinzhauptstadt Noricums handelt, machte eine ausführliche Bearbeitung des Materials notwendig. Im Zuge der Bearbeitung konnten auch zwei Rekonstruktionsversuche erarbeitet werden, die hier im Anschluss vorgestellt werden sollen
Wer im August oder September die antiken Sehenswürdigkeiten der türkischen Westküste besucht, wird in der Regel auch nach Priene kommen. Dort erblickt er vermutlich am Ausgang des modernen Orts Güllübahçe Personen, die Holzkisten voller Keramikscherben über die Dorfstraße tragen, und im Antikengelände stößt er auf Arbeitsgruppen, die mit archäologischen Ausgrabungen beschäftigt sind, Mauerzüge vermessen oder Gebäude restaurieren. Die Wahrscheinlichkeit, dass es sich dabei um Mitglieder oder Studierende des Instituts für Archäologische Wissenschaften, Fach Klassische Archäologie, der Johann Wolfgang Goethe-Universität handelt, ist hoch, denn das antike Priene ist der Schauplatz eines größtenteils von der Deutschen Forschungsgemeinschaft geförderten und an diesem Institut angesiedelten Grabungs- und Forschungsprojekts.
Das Gedächtnis arbeitet nicht für Historiker. Es dient dem Leben, und dieses bedarf fließender Anpassungen des erworbenen Wissens an die Anforderungen der Gegenwart und Zukunft. Die Erkenntnisse der Hirnforschung fordern die Historiker heraus: Sie sollten nicht nur erforschen, wie es war, sondern wie Erinnerungskulturen funktionieren. Dazu bedürfen sie der Kooperation mit den Kognitionswissenschaften.
In Namibia, der ehemaligen deutschen Kolonie Südwestafrika, findet alljährlich ein großes Spektakel statt: Die Gemeinde der deutschen Namibier feiert in der Hauptstadt Windhoek Karneval. Während dieser "fünften Jahreszeit", die nota bene in den Monat Mai fällt, geht es ähnlich närrisch wie in Deutschland zu. Es gibt eine Karnevalsgesellschaft, ein Prinzenpaar nebst Prinzengarde, Festsitzungen mit Büttenreden und natürlich einen Straßenumzug. In den letzten Jahren nahmen daran im Schnitt an die 30 Wagen teil, von denen es "Kamelle" und "Strüßche" regnete ("Bonbons" und "kleine Blumengebinde"). Die "tollen Tage" von Windhoek sind eine Miniaturausgabe des Kölner Modells. Für einige Tage dreht sich alles um Tanz und Tabubruch. ...
Am 15. Dezember 1967 hielt Jochen Bleicken seine Frankfurter Antrittsvorlesung zu dem ihn in den kommenden Jahren beherrschenden Thema "Staat und Staatsrecht in der römischen Republik". Geleitet vom Dekan zog er zur akademischen Stunde mittags 12 Uhr cum tempore in die Alte Aula der jungen Frankfurter Universität ein – ohne Talar: für die noch existierende Philosophische Fakultät Grund für Gespräche im Vorfeld. Dabei akzeptierte Bleicken, daß der ihn geleitende Dekan den Talar trug. ...
"Eines der schwierigsten geschichtlichen Probleme stellt sich mit der Frage, wie der Aufstieg Roms zu erklären ist und wie sein Untergang. Das Verständnis für diese weltgeschichtlichen Vorgänge wird erleichtert, wenn man sich vergegenwärtigt, dass sie nicht eine, sondern viele Ursachen hatten. Der Untergang des Römischen Weltreiches war kein Ereignis, sondern ein Prozess, der sich über 300 Jahre erstreckte. Es gibt Nationen, die nicht so lange existiert haben, wie Rom allein brauchte, um unterzugehen." So die bedeutungsvollen Worte aus dem Off über dem Vorspann des fast dreistündigen Hollywood-Filmes "Der Untergang des Römischen Reiches" (1963) von Anthony Mann – in den Hauptrollen Alec Guinness als Marc Aurel und Sophia Loren als dessen Tochter Lucilla. ...
Wohl kaum wird der amerikanische "Imperator" den gefangenen "Barbaren von Bagdad" im Triumphwagen durch die Straßen von Washington ziehen lassen, auch wenn sich die publizistische Rhetorik seit den Kriegen gegen Afghanistan und den Irak mit Vergleichen zwischen dem antiken Rom und dem neuen Amerika förmlich überschlägt. "Sind die Amerikaner die Römer unserer Zeit?", fragt sich als einer unter vielen der Publizist und Althistoriker Peter Bender. Expansionen der alten wie der neuen Imperatoren werden miteinander verglichen, Parallelen und Unterschiede in der geographischen Lage, in den Interessen und Willen der Akteure ausgemacht. So habe bei den Amerikanern der Sendungsglaube als universale Macht schon am Anfang des Imperiums und nicht erst an dessen Ende wie bei den Römern gestanden. Roms Ostkriege und der kalteOst-West-Krieg hingegen zeitigten dasselbe historische Ergebnis: "Davor waren Rom und Amerika die ersten Weltmächte ihrer Zeit, danach waren sie die einzigen." Von "Aufstiegen" ist die Rede, nicht aber von "Untergängen", wie es die zyklischen Zivilisationsgeschichten der Kulturmorphologen verkünden. Das hat seinen Grund. Hinter der Analyse kommt Normatives zum Vorschein, wenn es um den Schutz der "Zivilisation des Abendlandes" in "einer künftigen Welt" geht, "in der andere Kulturen sich gegen den 'Westen' behaupten, stärken und vordringen …" Bender lässt das imperium romanum nicht untergehen, weil er das amerikanische Imperium als Bollwerk westlicher Kultur braucht. ...
Es gibt sogenannte "Fakten" oder "Tatsachen" der Geschichte, die sich nach intensiver Überprüfung als Fiktionen erweisen. Es gibt Vorstellungen, die jahrhundertelang als gesichertes Wissen galten und bis heute in Enzyklopädien und einschlägigen Handbüchern zu finden sind. Ihre Faktizität gilt als gesichert; man sieht sie als "wirklich bestehende Sachverhalte" an. Und doch entpuppen sich immer wieder vermeintlich gesicherte Tatsachen als fiktiv. Jedoch können solche "fiktiven Tatsachen" in verschiedenen Zusammenhängen – und sei es "nur" in der Wissenschaftsgeschichte – ein Eigenleben entwickeln. Der traditionelle Begriff der Fälschung greift hier nicht mehr. Neuerdings verbreitet sich der Begriff der "imaginären Tatsache". ...
Nach Hause … [enth.: Olympia – Rom – New York / Michael Kempe ; Athen – Bagdad / Marie Theres Fögen]
(2003)
Geplünderte, rauchende Paläste, umgestürzte Statuen, ausgeweidete Museen – anders als die Ruinen von Bagdad, an die uns der TV-Jahresrückblick Ende 2003 erinnern wird, verweist die nur noch auf Bildern existierende Ruine der New Yorker Twin Towers nicht auf die Folgen eines Krieges, in dem auch das Völkerrecht ruiniert wurde, sondern auf die Folgen eines Terroranschlags, der das einstige stolze Symbol Manhattans in weniger als zwei Stunden in Schutt und Staub verwandelte. ...
So geht es einer Stadt, die Frieden schaffen sollte – selbst, aus eigner Kraft! – und für den Sieg gebetet hat. Als ob es Siege gäbe, wenn die Menschen sterben.
Wer diese Euripides-Verse in der Übertragung von Walter Jens im März 2003 am Vorabend, buchstäblich am Vorabend, eines Krieges gelesen hat, kann sich über den Titel des Buches, in dem sie stehen, nur wundern: "Ferne und Nähe der Antike". Wieso denn "Ferne"? Euripides- Jens ist so nah wie der Krieg nah war. Mehr gibt es dazu nicht zu sagen. ...
Frösche in Prinzen zu verwandeln, das wär’s doch.Was bislang nurMärchenprinzessinnen zu gelingen schien, traut sich nun auch die neue deutsche Intelligenz zu. In seinem jüngsten Suhrkamp- Bändchen möchte Peter Sloterdijk das tief schlummernde Europa aus seiner »Absence« wachküssen. "Falls Europa erwacht", werde es sich in ein post-imperiales "Reich" der Mitte verwandeln, damit zugleich den zweitausendjährigen Verwandlungsreigen europäischer Imperien überwinden. Sloterdijks Europa-Vision entspringt jedoch keiner neuen Utopievorstellung, vielmehr setzt der Philosoph aus Karlsruhe auf bereits vorhandene, kulturell tief verankerte Potentiale. Gemeint ist die Fähigkeit der Verwandlung, die Kraft der Metamorphose. ...
Auf die Fragen kommt es an: "Woher kommt der Mensch? wo will er hin? – und warum um alles in der Welt ist er da nicht geblieben?" Der Meister zirkulärer Sinnsuche hat als Fragender seine beste Rolle gefunden und damit den postheroischen Typus Mensch erschaffen, der in der Vieldeutigkeit der Welt erleichtert seinen Unfrieden findet: damit, dass Pazifisten Kriege verteidigen, dass die Außerparlamentarischen eine Partei gründen, dass die Konservativen die interessanteren Zeitungen machen und die Komik zur wirksamsten Waffe gegen Dummheit und Schmerz geworden ist. Matthias Beltz hat beiläufig mit Lebensweisheiten und assoziativ aufgetürmtem Scharfsinn nicht nur seine Fragen bewaffnet, in denen gewagte Antworten ihren vitalen Keim austreiben, sondern auch das Misstrauen gesät gegenüber politisch korrekten, nachgeplapperten und smarten Antworten. ...
Nach Hause…
(2002)
Wer kennt ihn nicht, den leisen, herzzerreißenden Klagelaut einer displaced person namens E.T.: "nach Hause…". Die übergroßen Augen sehnsuchtsvoll ins Weltall gerichtet, jammert jenes kleine, auf der Erde vergessene, unglückliche Wesen nach seiner Heimat, die fern und den Erdenbewohnern fremd und unbekannt ist – ein Nichtort, der gleichwohl der Ort des Ursprungs, des Zuhauseseins und aller Wehmut ist. ...
Konnte Michael Stolleis noch 1985 im Rechtshistorischen Journal beklagen, dass die Strafrechtsgeschichte ein blinder Fleck in der (rechts-)historischen Forschung sei, so ist seit etwa 1990 geradezu ein Boom der historischen Kriminalitätsforschung zu verzeichnen, der inzwischen auch die Rechtsgeschichte erfasst hat ...
"Meine Ungeduld ist ein Crocodill, das läßt sich nicht bezähmen ..." : der Kanonenkönig Alfred Krupp
(2000)
Die "Relatio de legatione Constantinopolitana" des Liudprand von Cremona und seine Gesandtschaft des Jahres 968 nach Konstantinopel zum Kaiser Nikephoros II. Phokas ist von byzantinistischer Seite bereits mehrfachi untersucht worden. Daß Liudprand und seine Schriften hauptsächlich Gegenstand der mediävistischen Forschung geblieben sind, ist nur natürlich. Und daß dabei die im engeren Sinne byzantinistischen Belange zweitrangig sind, ist ebenfalls normal. Gelegentlich jedoch können - so scheint mir - Informationen, die Liudprand über Byzanz mitteilt, auch in einem westlichen Kontext gesehen werden. Der Bischof von Cremona schrieb ja schließlich nicht für die Byzantiner; sondern sah als sein vorrangiges Publikum Otto I. und dessen Hof an. Ich werde deshalb an dieser Stelle versuchen, zunächst die Hintergründe für Liudprand von Cremonas Kapitel 39-41 der "Relatio" auf der Basis des eben angesprochenen byzantinischen Hintergrunds auszuleuchten und werde in einem zweiten Teil, der allerdings aufs engste mit dem Background für diese Kapitel der "Relatio" des Liudprand zusammenhängt, auf zwei Schriften eines bedeutenden byzantinischen Gelehrten des 10. Jhs. - Niketas Paphlagon - aufmerksam machen, die nicht nur einen sehr interessanten Hinweis auf Kontakte dieses byzantinischen Theologen mit westlichen Bischöfen enthalten, sondern durch ihren Inhalt endzeitliche Erwartungen in Byzanz wie im lateinisclien Westen belegen. Sie sind bisher völlig unbeachtet geblieben. Ich beabsichtige allerdings nicht, in die alte Debatte der Mediävistik um den "terreur de l'an mille" einzugreifen. Mir geht es allein darum, zu zeigen, daß auch in Byzanz ein Wissen um die Gefahren der Zeit um das Jahr 1000 a.D. existierte, auch wenn dieses sich teilweise aus ganz anderen Quellen als analoge Phänomene im Westen speiste. ...
Elsbet Orth (1937–1991)
(1993)
Nachruf auf Elsbet Orth (1937 – 1991): Mit ELSBET ORTH, die am 16. November 1991 nach langem und mit außerordentlicher Tapferkeit ertragenem Leiden starb, hat unser Fach eine Wissenschaftlerin und Kollegin verloren, die viel geleistet hat und von der, insbesondere auf dem Feld der Frankfurter und der hessischen Geschichtsforschung, noch mehr zu erwarten stand. ...
Nachrufe auf Theodor Schieffer (11.VII.1910 – 9.IV.1992): Mit Theodor Schieffer, der am 9. April 1992 in seiner Heimatstadt Bad Godesberg starb, ist ein bedeutender Mediävist dahingegangen, dessen Lebenslauf und wissenschaftliches Wirken mit Mainz und dem Rheinland eng verbunden waren: An der neugegründeten Johannes Gutenberg-Universität wirkte er von 1946 bis 1954, der Gesellschaft für mittelrheinische Kirchengeschichte stand er von 1952 bis 1955 als Präsident vor, und in vielen seiner Publikationen spielt dieser Raum eine gewichtige Rolle. ...
Kunibert steht am Anfang der Kölner Kirchengeschichte des Mittelalters: Mit ihm beginnt jene lange Reihe von Bischöfen und Erzbischöfen, die auch am Königshof und im Reich von Bedeutung waren. Er band Stadt und Bistum in das regnum Francorum ein, er entwickelte weitausgreifende missionarisch-politische Aktivitäten, von denen heute noch seine Grabkirche am Rhein Zeugnis ablegt. Allein, schon seine ungesicherten Lebensdaten deuten an, daß jene Zeit zu den quellenärmsten Epochen der europäischen Geschichte gehört. Vieles läßt sich wohl nie mehr dem Dunkel entreißen, vieles läßt sich nur noch vermutend erschließen. Der Versuch, »Leben und Werk« nachzuzeichnen und zu würdigen, muß mithin zwangsläufig ein Versuch bleiben.
Vorliegender Beitrag ist die etwas erweiterte Fassung meiner öffentlichen Antrittsvorlesung an der Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main vom 24. Mai 1989. JOHANNES HALLER zählt zu den meislgelesenen deutschsprachigen Historikern unseres Jahrhunderts; seine Bücher, vor allem die bis in unsere Tage vielaufgelegten "Epochen der deutschen Geschichte", aber auch die ",Tausend Jahre deutsch-französischer Beziehungen", haben über Historikerzunft und akademisches Burgertum hinaus weite Kreise erreicht. Sie waren meinungsbildend und -prägend, zumal Haller über eine glänzende Formulierungsgabe verfügte und seine Meinung mit geradezu suggestiver Wortmächtigkeit vorzubringen verstand. Letzteres gilt besonders für seine Tätigkeit als Universitätslehrer vor großem Auditorium, wie Hörer von Theodor Eschenburg bis zu Kurt Georg Kiesinger immer wieder übereinstimmend betonten. Auch vom Katheder formte Johannes Haller also uber Jahrzehnte bis zu seiner Emeritierung 1932 in Deutschland sehr wesentlich die Vorstellungen von Frankreich und französischer Geschichte. Und die bekanntesten seiner - überraschend wenigen - Schüler: Heinrich Dannenbauer, Reinhard Wittram und Fritz Ernst sollten später ihrerseits allesamt Themen aus der französischen Geschichte in der Tradition ihres Lehrers aufgreifen. Dessen Frankreichbild hat also auch in der deutschen Geschichtswissenschaft Spuren hinterlassen - in Rezeption wie Ablehnung noch bis hin zu Karl Ferdinand Werner, einem Schüler von Fritz Ernst. Der Universalhistoriker Johannes Haller mit seiner großen thematischen Spannweite handelte über fränkische und französische Geschichte durch fast alle Epochen von der Völkerwanderung bis in unser Jahrhundert. Neben den ihn persönlich bewegenden Ereignissen der eigenen Zeit war es vor allem das Mittelalter, dem sein Interesse galt; er schrieb und lehrte nicht nur, doch vornehmlich als Mediävist. Und schon innerhalb des ersten großen Forschungsunternehmens - seine Dissertation kann hier vorerst außer Betracht bleiben -, nämlich der Herausgabe der Akten des Basler Konzils, hat Haller sich denn auch als Mittelalierhistoriker mit französischer Geschichte beschäftigt. Die Art und Weise, mit der er in diesein Rahmen ein scheinbar spezielles Problem traktierte, darf generelle Aufmerksamkeit beanspruchen, läßt sich doch daran exemplarisch zeigen, in welchem Maße persönliche Erfahrungen und zeitbedingte Stimmungen das Urteil des Historikers prägen und trüben können.