Beiträge zur Naturkunde zwischen Egge und Weser, Band 21 (2009)
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Die Grundlage der meisten in diesem Jahresbericht dargestellten Aktivitäten (Gliederungspunkte 2.-7., ohne 4.2) bildet ein mit den zuständigen Fachbehörden abgestimmter Arbeits- und Maßnahmenplan, in dem die Aufgaben der Landschaftsstation für das Jahr 2008 festgelegt wurden und dessen gebietsbezogene Erledigung den Fachbehörden in Form von umfangreichen „Fachdatenblättern“ übermittelt wurde. Der hier vorliegende Bericht ist daher nicht nur für die Aufsichtsbehörden gedacht. Allen anderen interessierten Leserinnen und Lesern soll er einen knappen Einblick in die Arbeit der Landschaftsstation des Jahres 2008 geben. Der Schwerpunkt der wissenschaftlichen Arbeiten lag 2008 im Monitoring verschiedener „Natura 2000“(Fauna-Flora-Habitat – FFH)-Arten, so des Kammmolchs im FFH-Gebiet „Steinheimer Holz“ (2.1), des Laubfroschs im FFH-Gebiet „Nieheimer Tongrube“ (2.2) oder der Schlingnatter im FFH-Gebiet „Kalkmagerrasen bei Willebadessen“ (2.3), sowie in der Optimierung der Betreuung der Gebiete und der Landnutzer (3.). Da das Jahr 2008 aber für alle Mitarbeiter auch durch die angelaufenen, v. a. wissenschaftlichen und touristisch orientierten Projekte des sog. „projektfinanzierten“ Stationsbereichs geprägt war, wollen wir am Ende dieses Jahresberichtes kurz aus diesen Vorhaben referieren (vgl. 8.). Auf ein Angebot unserer Öffentlichkeitsarbeit möchten wir an dieser Stelle besonders hinweisen: Als beliebt bei Volkshochschul-Kunden, Vereinen und Bürgern erwiesen sich unsere Vorträge und Powerpoint-Präsentationen über einzelne Gebiete, Lebensräume, Arten und Projekte im Kreis Höxter. Gerne können Sie uns betreffs einer solchen Veranstaltung ansprechen, die z. B. bei Ihnen, vor-Ort oder im dafür bestens geeigneten Steinernen Haus in Borgentreich stattfinden könnte - hier sowohl mit Führung und Besuch der Ausstellung als auch mit Ihrem Vereinsabend oder Ihrer Jahreshauptversammlung kombinierbar.
Der „Ornithologische Sammelbericht“ erscheint alljährlich und gibt erwähnenswerte Vogelbeobachtungen des Kreisgebietes und direkt angrenzender Bereiche wieder. Sofern es nicht gesondert angegeben ist, liegen den Daten keine gezielten Untersuchungen zugrunde – sie sind somit zufällig entstanden und erheben keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Die Veröffentlichung dient zur Dokumentation der Nachweise, zur aktuellen Information und kann als Grundlage für Auswertungen verwendet werden.
Zusammen mit dem Ackerbau gelangte eine Vielzahl von Ackerwildkräutern nach Mitteleuropa. Genau wie unsere Getreidearten stammen die meisten von ihnen aus den Steppen Südosteuropas und Kleinasiens, wo sie bis heute ihre Hauptverbreitung haben. Bei den meisten Ackerwildkräutern, insbesondere die Begleitarten des Wintergetreides, handelt es sich um einjährige Therophyten, welche die Fähigkeit haben, ungünstige Zeiten als Samen im Boden zu überdauern und dann schnell zum Blühen und Fruchten zu kommen. Hierdurch sind sie perfekt an die kurze Vegetationsperiode des Steppenklimas (extreme Winterkälte sowie Sommerhitze bei großer Trockenheit) angepasst und ebenso an den regelmäßigen Wechsel von Winterruhe, Vegetationsperiode und Umbruch auf dem bewirtschafteten Acker (ELLENBERG 1996). Durch die Notwendigkeit, in der kurzen zur Verfügung stehenden Zeit eine Bestäubung durch fliegende Insekten zu gewährleisten, hat in die Evolution oftmals prächtige Schauapparate hervorgebracht. Die Vielfalt der bunten Blüten übt auch auf den Menschen eine hohe Anziehungskraft aus.
In der vorliegenden Zusammenschau sollen ausgewählte archäologische und historische Quellen sowie die im Gelände erkennbaren Überreste der Kulturlandschaft vorgestellt werden. Die Darstellung endet in der Zeit vor dem Zweiten Weltkrieg, d. h. in einer Zeit, in der die Erinnerung der ältesten heute lebenden Mitbewohner einsetzt.1 Bis hierhin reichen die Erinnerungen der ältesten heute noch lebenden Menschen zurück. Berücksichtigung finden unterschiedliche Aspekte des Siedlungswesens und Befestigungsbaus, der land- und forstwirtschaftlichen Nutzung sowie der bürgerlichen Fest- und Freizeitkultur. Manche Objekte und Flächen, wie z. B. der Südosthang des Ziegenberges, zahlreiche Grabhügel oder die Brunsburg, wurden bereits unter den Schutz des Natur- oder Denkmalschutzgesetzes des Landes Nordrhein- Westfalen gestellt. In anderen Fällen, wie z. B. besonders deutlich ausgeprägten, ehemals landwirtschaftlich genutzten Terrassen, erscheint eine solche Unterschutzstellung jedoch exemplarisch ebenfalls empfehlenswert. Zu einer vollständigen Erfassung und Dokumentation der kulturlandschaftlichen Relikte im Stadtgebiet von Höxter bedarf es noch weiterer Erkundungen im Gelände. Hierfür ist die Hilfe von freiwilligen Mitstreitern erforderlich.2 Wünschenswert wäre für die gesamte Region eine Laserscan-Prospektion aus dem Flugzeug oder Hubschrauber heraus, wie sie im Frühjahr 2009 großflächig im benachbarten Südniedersachsen durchgeführt wurde.3 Durch das feinmaschige Abtasten der Geländeoberfläche gelingt es, vom Menschen bewirkte Veränderungen, wie etwa Wege- und Ackerrelikte, verlassene Siedlungsplätze und technische Anlagen in einem weiträumigen Zusammenhang ermitteln und darstellen zu können.
Am 2. Mai 2009 war es wieder so weit: Deutschlandweit machten sich 524 Teams auf den Weg, möglichst viele Vogelarten innerhalb der Grenzen eines Landkreises nachzuweisen. Ein Team, bestehend aus mindestens drei, aber höchstens fünf Personen, meldet sich vor Beginn des großen Rennens online beim Dachverband Deutscher Avifaunisten an und verpflichtet sich zur Fairness, ohne die solch ein Wettbewerb keinen Spaß machen würde. Auch im Kreis Höxter fand sich im diesem Jahr wieder ein Team, bestehend aus Herbert SCHRÖDER, Hans-Peter MENKE, Dirk SCHILLER und David SINGER. Begleitet wurden sie von zwei Studentinnen aus Höxter.
Lässt man heute den Blick über die nördlich von Willebadessen gelegene Hügellandschaft – die „Kalktriften“ – schweifen, kann man erahnen, wie es vor über 100 Jahren hier gewesen sein mag: Ein Hirte steht mit seiner Herde genüsslich wiederkäuender Ziegen im aufsteigenden Nebel des frühen Morgens. Die Sonne taucht alles in ein warmes Licht und erweckt die karge, fast strauch- und baumfreie Landschaft zu einem wahren Blütenmeer. Neben dem dunklen Blau des Kreuz-Enzians und dem satten Violett des Acker-Wachtelweizens blühen verschiedenste Orchideen, hier das Stattliche Knabenkraut und dort die Fliegen-Ragwurz, deren Blüten wie kleine Kunstwerke ein kleines Männchen nachbilden wollen. Leuchtend gelb recken sich die Sonnenröschen gen Himmel und leiten den Blick auf diesen sonst leicht zu übersehenen Zwergstrauch. Später an diesem strahlenden Junitag stutzt das Auge. Unter den vielen verschiedenen Schmetterlingen, die Blüte für Blüte besuchen, flattern scheinbar ziellos blaue Farbtupfer, der Kreuz-Enzian-Ameisenbläuling und der Himmelblaue Bläuling, während im Hintergrund der freundliche Gesang der Grasmücken ertönt. Hier findet der Neuntöter im überschaubaren Wechsel von offenen, kargen Landschaftsabschnitten und versprengten Gebüschen so manch ertragreiche Sitzwarte, an manchen Dorn nebenan hat er Insekten aufgespießt – für später. Im Frühjahr 2009 weiden nach jahrzehntelanger Brachephase wieder Tiere auf den inzwischen unter Naturschutz gestellten Kalktriften (vgl. Abb. 1 und 2). Es sind nicht mehr Ziegen, sondern Schafe. Und sie werden auch nicht mehr gehütet, sondern gekoppelt, d. h. ein mobiler Elektrozaun und nicht der Hirte oder die Hunde halten die Tiere auf der vorgesehenen Fläche. Die Zeit ist nicht stehen geblieben. Schaut man sich den Gerlan oder den Schleusenberg genauer an, fallen größere frisch entbuschte Bereiche und ausgedehnte Rohbodenflächen auf (vgl. Abb. 3). Deutlich sind Spuren schwerer Geräte zu erkennen, die andeuten, dass hier vor kurzem noch ein anderes Bild der Landschaft vorherrschend war und dass es viel Kraft und Zeit gekostet hat, den heutigen Zustand wieder herzustellen.
Das Vorkommen von Kalk-Halbtrockenrasen oder Kalkmagerrasen ist im Wesentlichen auf diejenigen Regionen beschränkt, die basenreiche Ausgangsgesteine aufweisen. Es handelt sich hierbei vorrangig um die aus Sedimentgesteinen des Muschelkalks bzw. des Juras und der Kreide aufgebauten Kalkgebirge, die sich in Mitteleuropa v. a. in der Frankenalb, der Schwäbischen Alb, an den Muschelkalkhängen von Kocher, Jagst, Tauber und Main mit Nebenflüssen, in der thüringischen und bayerischen Rhön, an den Hängen des Mittleren Saaletales in Thüringen und im Dreiländereck Ostwestfalen, Südniedersachsen und Nordhessen finden. In Nordrhein-Westfalen befinden sich die größten Vorkommen der Kalkmagerrasen in den Kreisen Euskirchen (Eifel) und Höxter sowie im Raum
Marsberg (Hochsauerlandkreis).
Die Grenze der Kreise Höxter und Paderborn wird durch den Kamm des Nord-Süd verlaufenden Eggegebirges markiert. Nach Süden hin geht die Egge in ein stark bewegtes, kompaktes Waldbergland über, welches bis an die Diemel heranreicht und die Wälder der Egge mit denen des Rothaargebirges verbindet. Dieses vielfältig strukturierte, durch schmale, scharf eingeschnittene Täler gegliederte Waldgebiet wurde aufgrund seiner Bedeutung für zahlreiche seltene und bedrohte Waldvogelarten in das europäische Schutzgebietssystem NATURA 2000 als Vogelschutzgebiet (VSG) „Egge" (7.169 ha) aufgenommen.
Mit den recht großen Vorkommen von Maculinea rebeli im Kreis Höxter – sie bilden zusammen mit den benachbarten niedersächsischen und nordhessischen Populationen einen Verbreitungsschwerpunkt, der im norddeutschen Raum einzigartig ist – weist der Kreis eine faunistische Besonderheit auf. Denn durch den Verlust seines Lebensraumes, des Kalkmagerrasens, zählt der Kreuzenzian-Ameisenbläuling mittlerweile zu den stark gefährdeten Arten: Fast alle Populationen von Maculinea rebeli (Hirschke, 1904), der wissenschaftlich auch als Phengaris rebeli (Hirschke, 1904) und in der Vergangenheit als Glaucopsyche rebeli (Hirschke, 1904) bzw. Maculinea alcon ssp. rebeli (Hirschke, 1904) bezeichnet wird bzw. wurde, sind in Deutschland heute hochgradig in ihrer Existenz bedroht! Die von der Autorin im Jahr 2008 erstellte Diplomarbeit „Der Kreuzenzian-Ameisenbläuling Maculinea rebeli – Auswertung faunistischer und populationsökologischer Untersuchungen im Hinblick auf die Entwicklung eines Artenschutzkonzeptes“ beschäftigt sich daher eingehend mit dem aktuellen Zustand der hiesigen Vorkommen und deren Entwicklung seit 1990. Ziel der Arbeit war die Erarbeitung geeigneter Schutzmaßnahmen in Form eines auf die Biologie des Bläulings und die jeweilige Fläche abgestimmten Managements. Die wichtigsten Ergebnisse der Arbeit sollen im Folgenden wiedergegeben werden.
Im Kreis Höxter stellt sich die Situation entgegen vielen anderen Landesteilen NRWs recht günstig dar. Grund ist der relativ geringe Verbauungsgrad der größeren Fließgewässer wie Nethe, Aa, Emmer oder Beber. Hinzu kommt, dass sich v. a. in den Auen von Nethe, Aa und Emmer mächtige Lehmablagerungen finden, in die sich die Gewässer tief eingeschnitten haben. Überall dort, wo die Gewässer die Ufer unterspülen können, bilden sich Steilufer aus, die sich ideal für die Anlage der Brutröhren eignen. Weiterhin finden sich in den Fließgewässern hinreichend Kleinfische (u. a. Elritzen), die vom Eisvogel bevorzugt aufgenommen werden. Für die Bevölkerung des Kreises ist es somit nicht allzu schwer, die fliegenden Juwelen an den heimischen Gewässern zu beobachten. Aber nicht nur an den Fließgewässern ist der Eisvogel anzutreffen. Er sucht auch gerne die zahlreichen Baggerseen im Wesertal zur Nahrungssuche auf. Selbst die Badeseen zwischen Höxter und Godelheim werden von ihm regelmäßig besucht. Dass der Eisvogel ausgerechnet im Jahr 2009, in dem er zum Vogel des Jahres auserwählt wurde, nur selten anzutreffen war, ist auf den sehr harten Winter 2008/2009 zurückzuführen, den zahlreiche Vögel nicht überlebt haben.
Bis Ende des 19. Jahrhunderts waren in den Gewässern Deutschlands drei Flusskrebsarten beheimatet. Während der Edelkrebs (Astacus astacus; Abb. 1) ursprünglich in ganz Deutschland anzutreffen war, beschränkten sich die Vorkommen des Dohlenkrebses (Austropotamobius pallipes; Abb. 2) schon immer auf die Gewässer im äußersten Südwesten Deutschlands (Oberund Hochrhein sowie die Vorberge des Schwarzwaldes). Auch der ca. 8 cm große Stein- Abb. 2: Dohlenkrebs (Austropotamobius pallipes; Foto: C. LUKHAUP) krebs (Austropotamobius torrentium; Abb. 3) war nicht in ganz Deutschland zu Hause. Man fand ihn v. a. in Süddeutschland. In Nordrhein-Westfalen erreicht der Steinkrebs auf der Höhe von Köln seine nördliche Verbreitungsgrenze. Insbesondere Edelkrebse waren früher häufig in dichten Beständen anzutreffen, so dass sie fischereilich genutzt wurden. In vielen Regionen hatten sie eine große wirtschaftliche Bedeutung (GROß et al. 2008).
Die Bocks-Riemenzunge (Himantoglossum hircinum) ist mit einer Größe von bis zu 60 cm – in Ausnahmefällen gar bis zu 100 cm (ROTHMALER 1995) – eine der stattlichsten Orchideen der mitteleuropäischen Flora (Abb. 1). Ihren Gattungsnamen verdankt die Pflanze dem mehrere Zentimeter lang ausgezogenen Mittellappen des Labellums (der „Lippe“, Abb. 4). Ihr Artname verweist auf den der Pflanze entströmenden intensiven Geruch nach Ziegenbock.
War das ein Wendehals oder ein Steinkauz? Das war die erste Frage, die ich mir stellte, als ich am 17. Juli 2009 vom Fahrrad aus einen Vogel in einen Obstbaum bei Ottbergen fliegen sah. Als ich genauer hinsah, saß dort tatsächlich ein Steinkauz im Baum. Zum Glück hatte ich Fernglas, Digitalkamera und Camcorder dabei, sodass ich gleich Aufnahmen vom etwa 20 Meter entfernten Vogel mit der Digitalkamera durch das Fernglas machen konnte (Abb. 1), wobei der Steinkauz keine Anzeichen von Beunruhigung zeigte. Nachdem ich eine Zeit lang beobachtet hatte, fuhr ich schließlich weiter in Richtung Godelheim. Am nächsten Tag konnte ich dann sogar bei der Fütterung von drei Jungvögeln zuschauen, und in den nächsten Tagen traf ich bei jeder Kontrolle Steinkäuze an. Es gibt also wieder einen aktuellen Brutnachweis des Steinkauzes aus dem Nethetal. Aus diesem aktuellen Anlass möchte ich mich in diesem Artikel etwas genauer mit dem Steinkauz im Kreis Höxter beschäftigen.
Unsere reichhaltige und wunderschöne Kulturlandschaft bietet für alle Generationen einen breiten Fundus an Schätzen. Viele Naturschützer sind unterwegs und setzen sich für den Erhalt unserer natürlichen Ressourcen ein, indem sie z. B. an Vogelzählungen teilnehmen oder Pflegeeinsätze organisieren. Jegliche Naturschutzarbeit ist willkommen, ja notwendig, um die Natur für unsere nachfolgenden Generationen zu erhalten. Genauso wichtig ist es, mit den jüngeren Generationen in die Natur zu gehen und sie erlebbar zu machen. Dies wird seit dem Sommer 2004 auch vom NABU und UND gemeinschaftlich im Rahmen einer „Kinderspaß“-Veranstaltung der Stadt Höxter praktiziert. Und auch nach fünf Jahren gemeinsamer Arbeit ist das Team von Maria und Klaus MENGEL (BUND) und Doris BELTER (NABU) dem Motto treu geblieben, mit Freuden die Natur zu erleben. Die gemeinsame Entdeckungstour am 12. August 2009 wurde mit einem Spiel zum Kennenlernen eröffnet. Gemeinsam ging es dann hinein in den Wald am Ziegenberg in Höxter.