Tuexenia : Mitteilungen der Floristisch-Soziologischen Arbeitsgemeinschaft, Band 28 (2008)
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Ernst Preising (1911-2007)
(2008)
Das Bankett viel befahrener Straßen, ein sehr stark gestörter und belasteter Standort, wird in Europa von lückigen, artenarmen Pflanzengesellschaften besiedelt. Diese Gesellschaften verfügen in der Regel nicht über Kenn- oder Trennarten, sondern sind durch Dominanzen einzelner Arten gekennzeichnet. Für die Tallagen der kontinentalen Innenalpen in Nordtirol (Österreich) werden auf der Grundlage von pflanzensoziologischen Aufnahmen zwei Gesellschaften der Bankette beschrieben: die bisher nicht bekannte Plantago strictissima-Gesellschaft und die Anagallis arvensis-Gesellschaft. Die Bestände setzen sich aus einjährigen ruderalen Arten, Arten der Trittrasen sowie mehrjährigen Wiesen- und Ruderalarten zusammen. Übergänge zu angrenzenden Einheiten werden aufgezeigt und Entstehung, Verbreitung und Dynamik der Gesellschaften werden erörtert. Die hier aufgenommenen Bestände der Anagallis arvensis-Gesellschaft werden mit anderen mitteleuropäischen Ausbildungen der Einheit verglichen. Schließlich werden methodische Aspekte der Klassifikation kenn- und trennartenloser Gesellschaften diskutiert.
Die Auswirkung unterschiedlicher Bewirtschaftungsintensität des Grünlandes auf Populationen der in Deutschland gefährdeten Pflanzenart Dianthus seguieri Vill. ssp. glaber Celak. (Busch-Nelke) wurde im Raum Oelsen (Osterzgebirge) untersucht, insbesondere für den Zeitraum 1960 bis 1990, eine Zeit intensiver landwirtschaftlicher Nutzung. Gleichzeitig wurde die Populationsgröße als Einflussfaktor berücksichtigt. Erhebungen von morphologischen Merkmalen und Fitness-Parametern sowie der Populationsstruktur dienten als Grundlage für Vergleiche zwischen Populationen extensiv (Biotoppflege; einschürige Mahd) und intensiv (Beweidung mit Rindern; hohe Besatzdichte) genutzter sowie ungenutzter Bereiche (an Böschungen und an Hangseiten von Steinrücken). Es ergaben sich deutliche, von der Populationsgröße abhängige Differenzen zwischen Flächen unterschiedlicher Nutzungsgeschichte. Die höchste Vitalität zeigten die größeren Populationen (über 1000 blühende Sprosse) ehemals intensiv genutzter und ungenutzter Teilflächen, gefolgt von kleinen Populationen (unter 1000 blühende Sprosse) ungenutzter Bereiche. Die geringste Vitalität wurde in den Populationen ehemals extensiv genutzter Flächen beobachtet. Diese waren unabhängig von ihrer Größe etwa gleichrangig einzustufen. Populationen intensiv bewirtschafteter Flächen und ungenutzter Standorte wiesen größere Ähnlichkeiten hinsichtlich ihrer Wuchsparameter und Populationsstruktur auf, wogegen sich langjährig extensiv bewirtschaftete Flächen deutlich abgrenzten. Die ehemals intensivere Nutzung scheint sich nach der Nutzungsänderung in größeren Populationen von Dianthus seguieri nicht negativ auszuwirken. Die untersuchten Individuen früher intensiv genutzter Flächen zeigten eine höhere Fitness gegenüber solchen extensiver Nutzung. Die auf den seit langem geschützten Flächen durchgeführten Pflegemaßnahmen waren in den letzten Jahren möglicherweise nicht ausreichend an die Ansprüche von Dianthus seguieri angepasst.
Im Jahr 2007 wurde die letzte in Deutschland existierende Population der Finger-Küchenschelle, Pulsatilla patens (L.) Mill., im Naturschutzgebiet „Garchinger Heide“ und auf angrenzenden Renaturierungsflächen, auf denen die Art durch Ansaat neu etabliert worden ist, untersucht. Ziel der Untersuchung war, die Populationsgröße und Populationsstruktur der neu etablierten Teilpopulationen zu erfassen und diese mit der historisch alten Population im Naturschutzgebiet zu vergleichen. Die Populationsgröße wurde mit Hilfe einer GPS-gestützten Kartierung ermittelt. Zur Analyse der Populationsstruktur wurde auf ausgewählten Flächen die Individuendichte nach Entwicklungsstadien getrennt erfasst und die Deckung der umgebenden Vegetation aufgenommen. Außerdem wurden die Sameneigenschaften (Anzahl, Gewicht, Keimfähigkeit) untersucht. Die Keimfähigkeit der Samen wurde unter Laborbedingungen bei 12h Licht 25°C und 12h Dunkelheit 15°C getestet. Auf den Renaturierungsflächen konnten jeweils sehr erfolgreich große Populationen mit mehren tausend Pulsatilla-Individuen etabliert werden. Die Population auf der Fläche 520A, aber auch die Teilpopulation auf dem sogenannten Rollfeld im Naturschutzgebiet können wegen der hohen Anzahl junger Individuen als dynamisch bezeichnet werden. Die Teilpopulation der sogenannten Altheide im Naturschutzgebiet ist aufgrund ihrer ausgewogenen Populationsstruktur und der 2003 ermittelten Populationsgröße von ca. 10.000 Individuen als stabil einzustufen. Auf der Renaturierungsfläche 2526A wurden nur adulte Individuen gefunden, die zudem nicht blühten. Aufgrund dessen und wegen der geringen Größe dieser Population wird eine Nachsaat der Art auf dieser Fläche dringend empfohlen. Die Dichte der Pulsatilla-Individuen mit mehreren Blüten pro Pflanze war negativ mit der Deckung der umgebenden Vegetation korreliert. Die Individuen mit den meisten Blüten wurden auf der vegetationsarmen Renaturierungsfläche 520A gefunden. Dort wurden auch die meisten Samen pro Fruchtstand ermittelt, was auf die geringe ober- und unterirdische Konkurrenz durch andere Pflanzenarten zurückgeführt werden kann. Die Wiederansiedlung durch Ansaat von Pulsatilla patens auf ehemaligen Ackerstandorten sollte auf Flächen mit Oberbodenabtrag und Mähgutauftrag mit einer hohen Saatdichte erfolgen. Wenn durch schlechte Wetterbedingungen die Keimung und Etablierung von Pulsatilla patens fehlschlägt, sollte eine Nachsaat erfolgen.
Das Protokoll der Jahresversammlung am 15.06.2007 in St. Wendel beinhaltet unter anderem die Themenpunkte Begrüßung, Feststellung der Beschlussfähigkeit, endgültige Tagesordnung, künftige Tagungsorte, Berichte des Vorstandes, Satzungsänderung zur Erweiterung des Vorstandes und Satzungsanpassung und Entlastung des Vorstandes.
Struktur und Artenzusammensetzung beweideter Auenwälder entlang der Kura in Aserbaidschan (Kaukasus)
(2008)
Am Mittellauf der Kura in Aserbaidschan wurde ein beweideter, aber wasserbaulich unbeeinflusster Auenwaldkomplex an der östlichen Verbreitungsgrenze von Populus nigra und Quercus robur untersucht. Den Analysen liegen 37 Vegetationsaufnahmen in Kombination mit Daten zur Bestandesstruktur zugrunde. Mittels Clusteranalyse wurden die folgenden fünf Waldgesellschaften ausgeschieden: Tamarix ramosissima-Populus nigra-Gesellschaft, Carex divulsa-Populus alba-Ges., Alliaria petiolata-Populus alba-Ges., Ranunculus bulbosus-Quercus robur-Ges. und Centaurea calcitrapa-Quercus robur-Ges. Die Einflüsse von abiotischen Standortbedingungen und unterschiedlichem Grad der Auflichtung der Baumschicht auf die Vegetation wurden mittels Ordination (DCA) aufgezeigt. Dabei wird ein Gradient von feuchten Standorten am Fluss hin zu trockenen Bereichen auf den Terrassen deutlich. Der zweite Gradient führt von Beständen mit dichtem Kronendach zu lichten Standorten und zeigt den Einfluss von Beweidung und Holzeinschlag. Vorkommen von Populus nigra sind auf kiesige Standorte mit starker Dynamik beschränkt, wohingegen Populus alba in weiten Bereichen der Aue auf feineren Sedimenten dominiert und in späteren Sukzessionsstadien von Quercus robur und Ulmus minor ersetzt wird. Quercus kann sich bei mäßiger Beweidung im Schutz dorniger Sträucher etablieren. Anspruchvolle Gehölzarten der Hartholzaue wie Acer campestre, Carpinus betulus und Fraxinus excelsior werden durch Beweidung unterdrückt, Wildobst (Crataegus rhipidophylla, Malus orientalis, Pyrus sp.,) hingegen gefördert.
Das Naturschutzgebiet „Kanzelstein bei Eibach“ ist ein Relikt der früher ausgedehnten Allmendeweiden des Dorfes Eibach (Stadt Dillenburg, Lahn-Dill-Bergland, Hessen). Die historische Nutzungsvielfalt, die sich bis in die frühindustrielle Zeit (um 1850) zurückverfolgen lässt, umfasste offene Bereiche, die vorrangig beweidet wurden, sowie Waldbereiche, in denen Bucheckern- und Eichelmast, die Schneitelung ausgewählter Baumarten sowie Niederwaldwirtschaft praktiziert wurden. Durch die über Jahrhunderte andauernde degradierende land- und forstwirtschaftliche Nutzung entwickelte sich ein kleinräumiges Mosaik aus Pioniergesellschaften (Airo caryophylleae-Festucetum ovinae), mageren Glatthaferwiesen (Arrhenatheretum hypochaeridetosum radicatae) und deren Versaumungsstadien, mesophilen Schlehengebüschen (Crataego-Prunetum spinosae), Hudewald- und Niederwaldformen des Hainsimsen-Waldmeister-Buchenwaldes (Galio odorati-Fagetum luzuletosum).
Aufgrund der seit ca. 1960 aufgegebenen Nutzung sind die Nutzungs- und Vegetationsvielfalt durch Wiederbewaldung akut gefährdet. Zur Erhaltung und Entwicklung der Biodiversität des Naturschutzgebietes wird eine Wiedereinführung von Nutzungen in Anlehnung an das traditionelle Nutzungssystem empfohlen. Um ein Landschaftsbild zu entwickeln, wie es für 1959 rekonstruiert werden konnte, ist in den offenen Bereichen die kontinuierliche Weidenutzung mit Schafen und Ziegen und im Wald die Freistellung und -haltung der Schneitel- und Mastbäume unerlässlich.
We give a report of the fourth annual symposium of the Dry Grassland Working Group, which was organized in conjunction with the second workshop ‘Floristics and geobotany - Contributions to applied questions’, from 6 to 8 Sept. 2007 in Freising-Weihenstephan. The symposium was entitled ‘Restoration and spontaneous establishment of dry and semi-dry grasslands at traditional and urban-industrial sites’. Additionally, the aims of the Dry Grassland Working Group are shortly outlined and the next symposia of both groups are announced.
Weiden (Salix spp., Salicaceae) gehören zu den typischen Gehölzarten der Flussauen in Mitteleuropa. Viele Arten dieser Gattung haben ähnliche Eigenschaften (life history traits) und Strategien bei der Besiedelung frisch entstandener Rohböden. In Auenhabitaten kommen deshalb häufig mehrere Weidenarten gemeinsam vor und treten deshalb miteinander in Konkurrenz. In der vorliegenden Arbeit wurde untersucht, ob interspezifische phänologische Unterschiede in der Zeit der Samenausbreitung in Verbindung mit wechselnden Pegelständen des Flusses dazu führen, dass sich koexistierende Weidenarten räumlich differenziert ansiedeln und so die interspezifische Konkurrenz zwischen den Weiden reduziert wird. Auf frisch sedimentierten Auenböden an der Rodach und am Oberlauf des Mains (Oberfranken, Nordostbayern) wurde der Einfluss der Zeit des Samenfluges und der Schwankung der Pegelstände auf die räumliche Verteilung der Keimlinge von Salix fragilis s.l., S. purpurea, S. triandra und S. viminalis auf zwei Aufnahmeflächen untersucht. Ergänzt wurden diese Freilandstudien durch Untersuchungen zur Keimfähigkeit von Samen dieser Arten unter verschiedenen Bedingungen im Labor. Die Keimfähigkeit der Samen betrug unmittelbar nach ihrer Reife mindestens 80-100%. Bei trockener Lagerung (20 °C) erlosch die Keimfähigkeit von S. fragilis und S. triandra nach 4 Wochen, bei S. purpurea und S. viminalis nach spätestens 6 Wochen. Die Samen aller Arten können auch im Wasser keimen.
Anhand des Zeitraumes der Samenausbreitung lassen sich die im Freiland untersuchten Weiden in eine früh (S. purpurea und S. viminalis) und in eine spät fruktifizierende Gruppe (S. fragilis s.l. und S. triandra) unterscheiden. Die Keimlinge aller Arten traten jeweils nur in einem schmalen Saum entlang des Ufers auf. Die Pegel von Main und Rodach an den Untersuchungsflächen waren während des Samenfluges der früh fruktifizierenden Gruppe höher als während des Samenfluges der spät fruktifizierenden Gruppe. Keimlinge beider Gruppen etablierten sich deshalb in unterschiedlichen Reliefbereichen und in unterschiedlicher Entfernung zum Ufer: bezogen auf einen sommerlichen Tiefstand des Wassers waren die Keimlinge der früh fruktifizierenden Arten (S. purpurea und S. viminalis) höher auf der Kiesbank und weiter vom Ufer entfernt als die der spät fruktifizierenden Arten (S. fragilis s.l. und S. triandra). Phänologische Unterschiede ermöglichen somit in Kombination mit sinkenden Wasserständen eine räumlich differenzierte Verteilung von Keimlingen verschiedener Weidenarten auf engstem Raum. Dies trägt zur Verringerung interspezifischer Konkurrenz und zu einer hohen Diversität von Salix-Arten in alluvialen Habitaten bei.